
Reservisten (1985)
Siehe auch die Jahre 1958 1959
1. Zugehörigkeit. Alle wehrpflichtigen Bürger der DDR bilden die Reserve der Nationalen Volksarmee (NVA), sofern sie nicht im aktiven Wehrdienst stehen, Dienstuntauglichkeit festgestellt wurde oder ein Ausschluß vom Wehrdienst erfolgte. Frauen, die sich freiwillig zum Dienst bei der NVA gemeldet haben, gehören nach ihrem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst ebenfalls bis zum 50. Lebensjahr zur Reserve der NVA. Die Grenztruppen der DDR haben keine eigene Reserve. Leisten die aus dem aktiven Dienst Entlassenen erneut aktiven Wehrdienst oder R.-Wehrdienst bzw. einen anderen dem Wehrdienst gleichgestellten Dienst, werden sie in dieser Zeit nicht zur Reserve gezählt.
Nach abgeleistetem „Ehrendienst in den bewaffneten Organen der DDR“ erfahren die aus dem aktiven Wehrdienst Entlassenen besondere Förderung bei der Wiederaufnahme ihrer Berufstätigkeit, in Fragen der Aus- und Weiterbildung, bei der Berechnung der Jahresendprämie usw. (Förderungsverordnung, GBl. I, 1982, S. 256). Nach ihrer Entlassung werden die R. in R.-Kollektiven zusammengefaßt.
2. Reservistenkollektive. R.-Kollektive werden in Betrieben aller Eigentumsformen, in den Verwaltungseinheiten des Staatsapparates (Ausnahmen: Dienststellen der NVA, der Grenztruppen, der Zivilverteidigung, der Volkspolizei, der Zollverwaltung, der Feuerwehr und des Strafvollzuges), in den Hoch- und Fachschulen sowie in den Gemeinden (Orts-Reservistenkollektive) gebildet. Sie umfassen alle gedienten R. der NVA. Innerhalb eines R.-Kollektives können als Untergliederung R.-Gruppen und ein Reserveoffiziersaktiv eingerichtet werden.
Das R.-Kollektiv besitzt eine eigene Leitung, bestehend aus: Leiter, Stellv. für Agitation/Propaganda sowie Unterstützung der Wehrdienstvorbereitung der Jugend, Stellv. für Wehrkampfsport, Stellv. für Arbeit mit den Offizieren d. R. sowie 2–3 weiteren Mitgliedern. Der Leiter ist Offizier d. R., wird durch den Leiter des Wehrkreiskommandos nach Absprache mit dem Werkleiter bzw. dem Verantwortlichen der staatlichen Einrichtung sowie der zuständigen Parteileitung der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) eingesetzt. Bestehen in größeren Organisationseinheiten (z. B. Kombinaten) mehrere R.-Kollektive, ist die Einrichtung einer zentralen Leitung vorgesehen. Bei den Leitern der Wehrkreiskommandos (Wehrbezirkskommando) bestehen R.-Beiräte mit jeweils 5–7 Mitgliedern (in der Regel Offiziere d. R. bzw. a. D.); diesen Beiräten gehört ferner ein leitender Funktionär des betreffenden Kreisvorstandes der Gesellschaft für Sport und Technik (GST) an.
Die Arbeit in den R.-Kollektiven wird ehrenamtlich geleistet. Ihre wichtigste Aufgabe besteht in der Organisation und Durchführung der R.-Arbeit, des R.-Wettbewerbs, der Zusammenarbeit mit den Grundorganisationen der GST, der Förderung des Wehrsports und weiteren wehrpolitischen Maßnahmen. Die R.-Kollektive sind ferner an der Organisation von Hilfen der Betriebe für Familien beteiligt, in denen die Väter Reservedienst leisten. Die Leitungen der R.-Kollektive sowie die R.-Beiräte besitzen innerhalb ihres speziellen Aufgabenbereiches eine Reihe von Vorschlagsrechten sowohl gegenüber einzelnen als auch gegenüber den staatlichen Leitern; ihre Beschlüsse haben jedoch nur empfehlenden Charakter.
3. Reservistenarbeit. An der R.-Arbeit sollen sich alle R. beteiligen. Hierzu gehören u.a. die Beteiligung an wehrsportlichen Aktivitäten im Rahmen der GST, die Mitarbeit in der sozialistischen Wehrerziehung, die Unterstützung des Wehrunterrichts in den Schulen und die Werbung für den militärischen Nachwuchs. Den Offizieren d. R. wird hierbei eine besondere Verantwortung zugewiesen.
Die R.-Arbeit, die territorial von dem zuständigen Wehrkreiskommando koordiniert und geführt wird, konzentriert sich innerhalb der R.-Kollektive auf bildungs- und militärpolitische Informationsveranstaltungen (einschl. besonderer Veranstaltungen für R.-Offiziere), Wehrsporttraining, Wettkämpfe im Schieß- und Wehrkampfsport, R.-Konferenzen, aber auch gesellige Veranstaltungen.
4. Reservistenwehrdienst. Die Einberufung von R. zum Wehrdienst vollzieht sich seit dem 1. 5. 1982 in 3 Formen: 1. R.-Ausbildung, 2. R.-Qualifizierung, 3. R.-Übung.
Zur Ausbildung werden wehrpflichtige R. einberufen, die noch keinen bzw. nur sehr kurzen (weniger als 4 Wochen) aktiven Wehrdienst geleistet haben. Die Dauer kann in diesen Fällen bis zu 3, bei Offiziersausbildungen bis zu 6 Monate betragen.
Die R.-Qualifizierung soll der militärischen Weiterbildung dienen und kann bis zu 3 Monate jährlich betragen. Die Gesamtdauer derartiger Einberufungen innerhalb der Zeit ihrer Zugehörigkeit zur Reserve beträgt bei Wehrpflichtigen mit einer Dienstzeit von mehr als einem Jahr 24 Monate, bei Wehrpflichtigen mit geringerer bzw. keiner regulären Dienstzeit bis zu 36 Monate.
Die R.-Übung dient der Überprüfung der Kampffähigkeit und Einsatzbereitschaft. Zu diesem Zweck können die R. kurzfristig einberufen werden. Dauert eine derartige Übung länger als 8 Tage, wird die darüber hinausgehende Zeit auf die Gesamtdauer der für die R.-Qualifizierung vorgesehenen Zeiten angerechnet. R.-Wehrdienstleistende sind in dieser Zeit Angehörige der NVA und unterliegen den Bestimmungen für den aktiven Wehrdienst. Die aktuellen personellen Engpässe in der NVA haben dem R.-Wehrdienst eine wesentliche Bedeutung für die Sicherung der Aufgabenerfüllung der NVA verschafft.
Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 1125