Sozialfürsorge (1985)
Siehe auch die Jahre 1953 1954 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979
Rechtsgrundlage ist seit dem 1. 1. 1980 die (1.) VO über Leistungen der Sozialfürsorge — Sozialfürsorgeverordnung — vom 23. 11. 1979 (GBl. I, S. 422) sowie die 2. VO über Leistungen der Sozialfürsorge vom 26. 7. 1984 (GBl. I, S. 283), die zum 1. 12. 1984 in Kraft treten wird. (Bis 31. 3. 1956 galten die VO vom 22. 4. 1947, erlassen aufgrund des Befehls Nr. 92 der SMAD, bis zum 30. 6. 1968 die VO über die Allgemeine S. vom 23. 2. 1956 [GBl. I, S. 233], bis zum 30. 6. 1974 die VO über die Allgemeine S. vom 15. 3. 1968 [GBl. II, S. 167] und bis zum 31. 12. 1979 die VO über Leistungen der Sozialfürsorge — Sozialfürsorgeordnung — vom 4. 4. 1974 [GBl. I, S. 224]; Leistungsverbesserungen wurden im Februar 1971, zum 1. 9. 1972, zum 1. 7. 1973, zum 1. 12. 1976 und zum 1. 12. 1979 vorgenommen. Weitere Leistungsverbesserungen sollen zum 1. 12. 1984 eintreten.)
Anspruch auf S.-Unterstützung (SU.) haben Personen, die nicht in der Lage sind, ihren Lebensunterhalt durch Arbeitseinkommen zu bestreiten, die über kein sonstiges ausreichendes Einkommen oder Vermögen verfügen und auch keinen ausreichenden Unterhalt von unterhaltspflichtigen Angehörigen erlangen können. Als ausreichend wird ein Nettoeinkommen angesehen, das die Höhe der SU. erreicht oder übersteigt.
Der Gewährung von SU. geht die Geltendmachung anderer Ansprüche vor. SU.-Empfänger, die noch nicht das Rentenalter erreicht haben, haben sich darum zu bemühen, daß die Notwendigkeit der SU. so bald als möglich entfällt. Durch die örtlichen Behörden sind diese Bemühungen durch Bereitstellung eines geeigneten Arbeitsplatzes, eines Kinderkrippen- oder -gartenplatzes zu unterstützen.
SU. werden gewährt als a) Unterstützung für Alleinstehende, Ehepaare und unterhaltsberechtigte Kinder, b) Mietbeihilfe, c) Pflegegeld, Blindengeld und Sonderpflegegeld, d) Beihilfen für Tuberkulose-, Geschwulst- und Zuckerkranke, e) Unterstützung bei Krankenhausaufenthalt, f) Versicherungsschutz für Sachleistungen der Sozialversicherung, g) einmalige Beihilfen.
Die monatlichen SU. betragen seit dem 1. 12. 1979 für a) Alleinstehende 230 Mark (ab 1. 12. 1984 260 Mark), b) Ehepaare 360 Mark (ab 1. 12. 1984 420 Mark), c) minderjährige Kinder und volljährige Kinder, die noch die zehnklassige allgemeinbildende polytechnische Oberschule, erweiterte Oberschule, Spezialschule, Spezialklasse oder Sonderschule besuchen, 45 Mark.
Zur SU. wird eine monatliche Mietbeihilfe für 1–2 Personen von grundsätzlich bis zu 30, für 3–4 Personen von bis zu 40 und für mehr als 4 Personen von bis zu 45 Mark in Höhe der vom Empfänger zu zahlenden Miete gewährt. SU. und Mietbeihilfe dürfen einen Höchstbetrag von 420 Mark monatlich (ohne Kinderbeihilfen, Pflegegeld usw.) pro Familie nicht überschreiten. Die Höchstbetragsregelung soll mit Wirkung zum 1. 12. 1984 ersatzlos entfallen. SU.-Empfänger erhalten ggf. zusätzlich monatliche Beihilfen bei Tuberkulose- (22 Mark), Geschwulst- (22 Mark) und Zuckerkrankheit (31 Mark).
Bei Krankenhausbehandlung wird SU. bis zu 6 Monaten, danach Unterstützung von 30 Mark gezahlt, während der Ehegatte Hauptunterstützung und die Mietbeihilfe erhält. Unbemittelte Bewohner von Feierabend- und Pflegeheimen bekommen neben Unterkunft, Bekleidung und Verpflegung eine Unterstützung von 120 Mark.
Weitere Leistungen bestehen in einmaligen Beihilfen verschiedener Art (z.B. für Heizmaterial) und in der Übernahme der Kosten für eine evtl. erforderliche Hauswirtschaftspflege dann, wenn das monatliche Einkommen bei Alleinstehenden 400 und bei Ehepaaren 600 Mark nicht übersteigt.
Seit dem 1. 12. 1976 werden Unterhaltspflichtige mit einem Nettoeinkommen von unter 900 Mark (vorher 750) monatlich nicht mehr zur Erstattung der SU. herangezogen; dieser Freibetrag erhöht sich um 100 Mark für den Ehegatten und jedes unterhaltsberechtigte Kind; bezieht der andere Elternteil Einkünfte, wird nur ein Kinderfreibetrag von 50 Mark gewährt.
Anträge auf Leistungen werden bei den örtlichen Behörden (Räte der Gemeinden, Städte, Stadtbezirke), z. T. auch bei den Kreisbehörden gestellt, die auch über die Leistungsgewährung entscheiden.
Seit Februar 1979 gibt es an der Fachschule für Gesundheits- und Sozialwesen „Prof. Dr. Karl Gelbke“ in Potsdam den Studiengang Sozialfürsorge. Die Ausbildung erfolgt u.a. in den Fächern Sozialpolitik, Soziologie (Soziologie und Empirische Sozialforschung), [S. 1156]Pädagogik, Psychologie, kulturelle Betreuung, Verwaltungsorganisation und Recht. Zunächst wurde zweimal in Form von Lehrgängen ein 1½jähriges Sonderstudium für langjährige Mitarbeiter im Sozialwesen durchgeführt. Im September 1980 begann der allgemeine Lehrbetrieb mit einem 3jährigen Direktstudium und 1981 mit einem 4jährigen Fernstudium. Zum Aufgabengebiet der so ausgebildeten Sozialfürsorger zählen die soziale Betreuung (älterer) Bürger, psychisch und physisch geschädigter Menschen (Geschädigte) sowie kinderreicher Familien. Die Sozialfürsorger sollen dabei mit den Ärzten, Gemeindeschwestern, Gesundheitsfürsorgerinnen, der Jugendfürsorge, Betrieben und gesellschaftlichen Organisationen (Volkssolidarität) zusammenarbeiten.
Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 1155–1156
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