
Sozialistische Betriebswirtschaftslehre (1985)
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1. Wesen und Grundlagen der Sozialistischen Betriebswirtschaft (SBW). werden nach herrschender Lehre in der DDR durch die Wirtschafts- und Eigentumsordnung sowie durch Stellung und Funktion Volkseigener Betriebe bestimmt. Sie gelten als juristisch selbständige, arbeitsteilige Glieder der Volkswirtschaft in Gestalt sozialistischer Warenproduzenten und als „politisch-soziale Einheiten der Gesellschaft“. Grundsätzlich wird das Kombinat, als Großbetrieb verstanden, in gleicher Weise gesehen; ihm wird darüber hinaus jedoch zunehmend „eine neue Qualität“ infolge übergreifender Kompetenzen unterstellt. Daher ist die SBW. als primär praxisbezogene Unterweisung zum wirtschaftlichen, sozialen und betrieblichen Geschehen durch 2 Grundfunktionen gekennzeichnet: eine „produktive“ einerseits und eine [S. 1158]„ideologische“ oder „gesellschaftsgestaltende“ Funktion andererseits. In ihrer „produktiven Funktion“ wurde die SBW. 1975 (ähnlich auch im Ökonomischen Lexikon Bd. I, 1978) definiert „als gesellschaftlich bewußt organisierte, durch die Ziele des Staatsplans bestimmte Arbeit sozialistischer Produzentenkollektive zur effektiven Nutzung und Vermehrung des im betrieblichen Reproduktionsprozeß organisierten gesamtgesellschaftlichen Eigentums auf der Grundlage der objektiven ökonomischen Gesetze des Sozialismus“ (Lehrbuch „Sozialistische Betriebswirtschaft“, 3. Aufl. 1975). Ein Verzicht auf diese Definition in der 4. Auflage des Lehrbuches von 1980 sowie andere Hinweise auf „Mehrdeutigkeiten“ in der Bezeichnung signalisierten zu Beginn der 80er Jahre eine Abkehr vom strengen Grundsatz einer einheitlichen Betrachtungsweise. Zur Verwirklichung des gesamtgesellschaftlichen Rationalitätsprinzips werden als Hauptziele neben einer konsequenten „Intensivierung der gesellschaftlichen Produktion“ u.a. eine planmäßige Bedarfsdeckung und Erhöhung des Lebensstandards der Bevölkerung, eine ständige Wachstums- und Effektivitätssteigerung insbesondere durch technischen Fortschritt und sozialistische ökonomische Integration (Rat für Gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW)) sowie eine höchstmögliche Gewinnerzielung proklamiert. Seit Beginn der 80er Jahre wächst auch der Stellenwert der Außenhandelseffizienz. Wichtigste Methoden zur Realisierung dieser ökonomischen Funktion der SBW. sind das System der operativen Betriebsführung (Leitung und Planung), die Wirtschaftliche Rechnungsführung, der Sozialistische Wettbewerb, das Rechnungswesen sowie die Methoden und das Instrumentarium zur Intensivierung und Rationalisierung (Elektronische ➝Datenverarbeitung (EDV); Information; Netzplantechnik; Sozialistische Wirtschaftsführung).
Demgegenüber umfaßt die „gesellschaftsgestaltende Funktion“ der SBW. wichtige ideologisch-pädagogische Aspekte wie die Erziehung zur sozialistischen Persönlichkeit, Steigerung des sozialistischen Bewußtseins und die Gestaltung des kulturellen und gesellschaftlichen Lebens im Betrieb (Gesellschaftliches ➝Bewußtsein). Gleichermaßen gehören hierzu die „Weiterentwicklung des Einheitlichen sozialistischen Bildungssystems“ und die „Sicherung der sozialistischen Landesverteidigung“. Im Rahmen der Landesverteidigung ist den Betrieben die Funktion eines Organisators der zivilen Landesverteidigung im Betriebsbereich durch Betriebskampfgruppen zugewiesen (Kampfgruppen). Über den Betriebsbereich hinaus soll sich der betriebliche Einfluß auch regional auf den Wohnbereich der Belegschaft und die wechselseitige Zusammenarbeit mit der für den Betrieb zuständigen staatlichen Administration erstrecken (Örtliche Organe der Staatsmacht; Staatsapparat). Hauptfunktionsträger für die gesellschaftsgestaltenden Aufgaben sind die Vertretungen gesellschaftlicher Organisationen in Betrieb und Kombinat (Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (SED); Freier Deutscher Gewerkschaftsbund (FDGB); Freie Deutsche Jugend (FDJ)). Hierzu gehören gleichfalls die Kommissionen der Arbeiter-und-Bauern-Inspektion (ABI).
2. Allgemeine und spezielle Sozialistische Betriebswirtschaftslehre (SBWL). Der wissenschaftlichen Durchdringung dieses breit gefächerten Aufgabenkataloges dient die SBWL. Als spezielle Disziplin der marxistisch-leninistischen Wirtschaftswissenschaft umfaßt sie die „Lehre vom effektiven Wirtschaften sozialistischer Betriebe“ und wird definiert als die wissenschaftliche Verallgemeinerung der Prinzipien und Erfordernisse der SBW. Ihre Untersuchungsgegenstände sind, unter dem Aspekt der Interdependenz zwischen Betrieb und Volkswirtschaft, die inner- wie zwischenbetrieblichen, politischen, ökonomischen, ideologischen und sozialen Beziehungen des Wirtschaftsprozesses. Dabei wird der betriebliche Reproduktionsprozeß „vorwiegend als konkreter Wirkungsbereich der ökonomischen Gesetze des Sozialismus“ (Reproduktion; Politische Ökonomie) verstanden. Die Forschungsbereiche der SBWL. betreffen danach sowohl die Erforschung dieses Wirkungsmechanismus und seine wissenschaftliche Interpretation als auch die Analyse und Bestimmung der Bedingungen und Erfordernisse des Ausnutzungsmechanismus dieser Gesetze im Sinne einer optimalen Gestaltung betrieblicher Leitung, Planung, Organisation und ökonomischer Stimulierung. Der Zusammenhang von SBWL. und politischer Ökonomie wird als Relation des Besonderen zum Allgemeinen erklärt.
In der Diskussion der 70er Jahre wurde zwischen allgemeiner und spezieller SBWL. von Wirtschaftsbereichen unterschieden. Das DDR Lehrbuch „Sozialistische Betriebswirtschaft“ (3. Aufl., Berlin [Ost] 1973) warnte allerdings ausdrücklich vor einer „Überbetonung von Besonderheiten einzelner Industriezweige“ (S. 36). In der wirtschaftswissenschaftlichen Diskussion der 80er Jahre haben sich jedoch größere Abweichungen von dieser Anschauung (z. T. mit politischem Hintergrund) herausgebildet (z.B. Polaschewsky von der Hochschule für Ökonomie „Bruno Leuschner“: „Tatsächlich gibt es eine derartige allgemeine Betriebswirtschaftslehre nicht“). Die 4. Auflage des o. g. offiziösen Lehrbuches verzichtet daher auf eine theoretische Fundierung.
Die allgemeine SBWL. sollte bisher auf der Basis der politischen Ökonomie des Sozialismus und in enger Wechselwirkung mit der sozialistischen Volkswirtschaftslehre, der sozialistischen Wirtschaftsführung und Erkenntnissen anderer Wissenschaftsdisziplinen (z.B. Recht, Soziologie, Naturwissenschaften) allgemeine theoretische Prinzipien für rationelles Verhalten der Beschäftigten, rationelle Verfahren und ein den betrieblichen wie den gesellschaftlichen Interessen gleichermaßen dienendes ökonomisches Instrumentarium für den Betrieb entwickeln. Dabei gelten bestimmte Elemente, wie z.B. die Preisbildung (Preissystem und Preispolitik), die in der westlichen BWL. eindeutig dem Kompetenzbereich Betrieb zugeordnet sind, für die SBWL. als weitgehend überbetrieblich vorgegeben. Der Prozeß der Kombinatsneugründung und -umbildung seit 1978 mit einer weitgehenden Unterordnung formal selbständiger VEB unter eine straffe Kombinatsleitung war [S. 1159]wesentliches Motiv für die Betonung der Notwendigkeit eines eigenen betriebswirtschaftlichen Systemaspektes zur theoretischen Behandlung großer Wirtschaftseinheiten.
Für die spezielle SBWL. galt prinzipiell eine Differenzierung nach a) Industrie, b) Bauwesen (Bau- und Wohnungswesen), c) Landwirtschaft, d) Verkehrswesen und e) Binnenhandel für ausreichend. Daneben bestanden (nach sowjetischem Vorbild) einzelne Industrieökonomiken für einige Wirtschaftszweige oder -bereiche. Das Prinzip der Zweigökonomiken wird neuerdings faktisch reaktiviert durch Vorstellungen über eine „tiefer spezialisierte“ BWL., z.B. „nach Industriezweiggruppen“ (Polaschewsky) sowie durch Überlegungen zugunsten einer wirtschaftsbereichsbezogenen BWL. neben einer besonderen BWL. des Kombinats. In offiziellen Verlautbarungen der SED oder in gesetzlichen Bestimmungen (z.B. Planungsordnung) ist bisher nur von „sozialistischer Betriebswirtschaft“ bzw. „Betriebswirtschaftslehre“ die Rede.
Anders als in der westlichen Betriebswirtschaftslehre (BWL.) gelten grundsätzlich alle betriebswirtschaftlichen Sachverhalte als ideologisch determiniert. Daher wird die Möglichkeit systemindifferenter betriebswirtschaftlicher Tatbestände und Methoden (selbst auf dem Gebiete des Rechnungswesens) ausgeschlossen und die SBWL. nachdrücklich von der angeblich „technizistischen Betrachtungsweise“ der „bürgerlichen“ BWL. abgegrenzt. Unbeschadet dessen läßt sich die systemgerechte Transformation und Adaption mancher Ergebnisse der westlichen BWL. kaum von der Hand weisen. Zugleich unterscheidet sich — unabhängig von ideologischen Vorzeichen — die SBWL. grundsätzlich von der westlichen BWL., da ein autonom wirtschaftendes Unternehmen als wissenschaftliches Erkenntnisobjekt nicht existiert. Daher erscheint eine generelle Unterscheidung zwischen westlicher und sozialistischer BWL. auch sachlich begründet. Dies gilt um so mehr, als gleichlautende Termini in Ost und West vielfach ein anderes betriebswirtschaftliches Begriffsverständnis beinhalten.
3. Zur Geschichte der SBWL. Historisch gesehen steht die Entwicklung der SBWL. in der DDR im Zeichen einer ambivalenten Einschätzung. Die lange Tradition deutscher betriebswirtschaftlicher Forschung und ihre wissenschaftliche Selbständigkeit wurden nach 1945 mit der Rezeption des sowjetischen Wirtschaftsmodells im sowjetisch besetzten Teil Deutschlands unterbrochen. Ein besonders deutlicher Ausdruck hierfür war eine Auseinandersetzung um die Jahreswende 1949/50 über das Verhältnis der politischen Ökonomie zur BWL. und ihrer wissenschaftlichen Eigenständigkeit zwischen Wirtschaftstheoretikern des Marxismus-Leninismus (Winternitz, Behrens, Berger) auf der einen und einem maßgeblichen Vertreter der „klassischen“ BWL. auf der anderen Seite (Mellerowicz). Mit der Negierung der modernen westlichen Nationalökonomie als Wissenschaft wurde auch die BWL. als unwissenschaftlich und falsch abgelehnt. Ihr wurde vorgeworfen, sie stelle nicht mehr als eine technische Disziplin dar; eigenständige Lehrstühle für BWL. an den Hochschulen der DDR wurden aufgelöst.
Eine Reihe betriebswirtschaftlicher Methoden und Erkenntnisse wurde in der Folgezeit im Rahmen von Untersuchungen der in der UdSSR entstandenen Lehre der „Ökonomik der sozialistischen Industrie“ wie auch der Ökonomiken anderer Wirtschaftsbereiche und -zweige entwickelt. Infolge ihrer relativ engen fachlichen Begrenzung (Verwaltungsstruktur, Betriebsorganisation, Planmethodik) konnten sie jedoch nur bedingt als Weiterführung einer BWL. angesehen werden.
Hatte in der Sowjetunion das betriebswirtschaftliche Interesse im Zeitraum der „Neuen ökonomischen Politik“ der 20er Jahre einen großen Aufschwung erlebt, kam dieses nach 1930 mit zunehmender Zentralisierung der staatlichen Lenkung und Planung rasch zum Erliegen. Eine eigentliche betriebswirtschaftliche Betrachtung und Forschung gab es in der Folgezeit nur noch in Teilbereichen (z.B. Rechnungswesen, Arbeitswissenschaft). Trotz Einführung des Systems der wirtschaftlichen Rechnungsführung (einer der wichtigsten betriebswirtschaftlichen Kategorien) nach sowjetischem Muster (Chosrastschot) im Jahre 1951 blieb die BWL. als Wissenschaft in der DDR weiterhin verpönt. Dagegen brachten die Jahre 1952/53 in der UdSSR eine umfangreiche Diskussion „über Gegenstand und Inhalt einer SBWL“ und ihr Verhältnis zu den „Ökonomiken der Zweige“. Gleichwohl wurden auch in der DDR in den 50er Jahren gewisse betriebswirtschaftliche Entwicklungen auf Teilgebieten, insbesondere im Bereich des Rechnungswesens (Goll), gefördert.
Wachsende Arbeitsteiligkeit und zunehmende Kompliziertheit der wirtschaftlichen Zusammenhänge einerseits sowie die mangelnde Flexibilität des Wirtschaftssystems der DDR andererseits führten im Jahre 1963 zum „Neuen Ökonomischen System (NÖS) der Planung und Leitung der Volkswirtschaft“. Stationen auf diesem Weg waren vor allem die Kritik der sog. Revisionisten in den Jahren 1956/57 (Behrens, Benary, Oelßner) und die Liberman-Diskussion in der UdSSR 1962.
Wenn auch weitgehend unausgesprochen, waren an dieser Entwicklung nicht zuletzt die Erkenntnis über das unzureichende oder fehlende betriebswirtschaftliche Instrumentarium und das Eingeständnis derartiger Lücken in der entsprechenden wissenschaftlichen Forschung wesentlich beteiligt. Bedeutsame Funktionsschwächen des Wirtschaftssystems, wie das Verhältnis von betrieblicher zu gesamtwirtschaftlicher Planung, das mangelnde Interesse der Betriebe im Absatzbereich und der fehlende Zwang zur Übernahme des technischen Fortschrittes sowie die fehlende Steuerung betrieblicher Motivationen zur Erfüllung gesamtgesellschaftlicher Ziele hatten ihre Ursachen in der mangelnden wissenschaftlichen Durchdringung der betrieblichen Abläufe und Zusammenhänge. Unter der Bezeichnung eines in sich geschlossenen Systems ökonomischer Hebel als eines Kernstücks der NÖS rückten wichtige betriebswirtschaftliche Kategorien (Kosten, Preis, Umsatz, Rentabilität oder Gewinn) in den Mittelpunkt der Wirtschaftspolitik.
[S. 1160]Entscheidendes Datum für die Proklamation einer nunmehr gewollten, komplexen wissenschaftlichen SBWL. war der VII. Parteitag der SED im April 1967. Sie wurde im Gesetz über den Volkswirtschaftsplan 1968 verankert und damit die frühere Negierung dieser Disziplin aufgehoben. Die Auffassungen der Wissenschaftler über Gliederung und Einordnung irr den wirtschaftswissenschaftlichen Bereich blieben jedoch zunächst noch uneinheitlich. Als erster Versuch einer Gesamtdarstellung ist ein im Jahre 1968 vorgelegter Beitrag über „Die Rolle der sozialistischen Betriebswirtschaft bei der Gestaltung des ökonomischen Systems des Sozialismus“ (Schmidt) zu werten (1969 veröffentlicht). Die Abkehr von der mit dem Namen W. Ulbrichts verbundenen Wirtschaftsreform Ende 1970 führte auf dem VIII. Parteitag der SED (1971) zu einer Reihe von Korrekturen an diesem Programm für eine SBWL. Statt relativ ausgeprägter Akzentuierung von sozialistischen Management-Methoden und mathematisch-kybernetischen Verfahrenstechniken rückte bei der SBWL. nach 1971 eine verstärkte Betonung der Wechselwirkungen zwischen SBWL., Wirtschaftswissenschaften und politischer Ökonomie in den Vordergrund. In den gleichen Zusammenhang gehören der Fortfall des 1968 als ein Hauptanliegen deklarierten Prinzips der sozialistischen Geschäftstätigkeit und die Zurücknahme der Erwartungen an eine marxistisch-leninistische Organisationswissenschaft; auch die Anwendung der Methoden der Operationsforschung wurde stark reduziert. Nach der heute in der DDR vertretenen Auffassung war die Interdependenz des Gesamtprozesses betriebswirtschaftlicher Belange in der Konzeption von 1968 nur unzureichend berücksichtigt worden.
Die Forschung im Bereich der SBWL. wurde jedoch seit Anfang der 70er Jahre wieder stärker forciert. Nach Gründung eines Wissenschaftlichen Rates für Fragen der SBWL. am 30. 10. 1973 beim Wissenschaftlichen Rat für wirtschaftswissenschaftliche Forschung bei der Akademie der Wissenschaften der DDR (AdW) sind an verschiedenen Universitäten und Hochschulen der DDR betriebswirtschaftliche Lehrstühle eingerichtet worden. Ende 1973 erschien erstmals ein umfassendes Hochschullehrbuch „Sozialistische Betriebswirtschaft“, das jedoch auch in seiner 4. (wesentl. überarb.) Auflage (1980) den vielfältigen konkreten betriebswirtschaftlichen Problemen in der DDR noch immer nicht ausreichend Rechnung trägt, zumal problematische Themenbereiche entfallen oder erheblich gekürzt worden sind. Der Notwendigkeit einer intensiven Behandlung betriebswirtschaftlicher Fragen und Zusammenhänge für einen größeren Leserkreis ist aber seit der 2. Hälfte der 70er Jahre durch eine ganze Reihe weiterer Veröffentlichungen Rechnung getragen worden. In einer Anzahl neuerer Publikationen werden verschiedene, bislang oft vernachlässigte, betriebswirtschaftlich relevante Detailfragen oder -bereiche behandelt. Jedoch konnten dadurch die bestehenden Lücken in Theorie und Praxis keineswegs geschlossen werden. Die Einstellung bzw. umfangreiche Reduzierung wichtiger ökonomischer Fachzeitschriften seit Ende der 70er Jahre hat ein weiteres Defizit zur Folge.
Ein wesentlicher Grund für eine verstärkte (im Ergebnis allerdings unzureichende) Behandlung betriebswirtschaftlicher Themen in jüngster Zeit ist das Programm forcierter sozialistischer Intensivierung, das seinen Schwerpunkt im betriebswirtschaftlichen Bereich hat. Vor dem Hintergrund wachsender Wirtschaftsschwierigkeiten, zunehmender ideologischer Probleme sowie dem verstärkten Trend zur Zentralisierung in der Wirtschaftsführung der DDR sind Unsicherheiten in den Bemühungen um die Verbesserung betriebswirtschaftlicher Belange unverkennbar. Diese zeigen sich u.a. in den häufigen, relativ kurzfristigen Korrekturen eines breit gefächerten betriebswirtschaftlichen Instrumentariums und seiner Methodik unter der Leitlinie „Vervollkommnung der wirtschaftlichen Rechnungsführung“ in den Jahren seit 1982. Im Mittelpunkt derartiger Bemühungen stehen die unzureichend bewältigten Finanz- und Kostenprobleme, insbesondere die ungenügende rechnerische Durchdringung und Kontrolle in Kombinat und Betrieb (Finanzkontrolle und Finanzrevision; Finanzplanung und Finanzberichterstattung). Generell erfüllt deshalb der gegenwärtige Stand der SBWL. in der DDR noch nicht die Erwartungen, die an ein geschlossenes System methodisch gewonnener und systematisch geordneter Erkenntnisse über das wirtschaftliche, soziale und politische Geschehen in den Kombinaten und Betrieben der DDR gestellt werden.
Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 1157–1160
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