
A. Die Besteuerung der Produktionsgenossenschaften des Handwerks (PGH)
Steuern (1985)
I. Begriff
Nach der Abgabenordnung der DDR sind St. „… Geldleistungen (an den Staat), die nicht eine Gegenleistung für eine besondere Leistung darstellen und (die) von den zuständigen staatlichen Organen allen auferlegt werden, bei denen der Tatbestand zutrifft, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft. Nicht darunter fallen Zölle, Gebühren und Beiträge“ (GBl., SDr. Nr. 681, 1970, S. 1, Abs. 1). Diese Wesenserklärung der St. stimmt teilweise wörtlich mit der Kennzeichnung überein, die in der Bundesrepublik Deutschland Gültigkeit besitzt.
Die zitierte Begriffsbestimmung der St. ist jedoch nur für einen kleinen Teil der in der DDR erhobenen Abgaben maßgebend. Entsprechend den politischen Vorgaben der SED-Führung werden die Haupt-St. des Abgabensystems der DDR, die von den Betrieben der Staatswirtschaft aufgebracht werden, nicht als St. bezeichnet. Aus politisch-ideologischen Gründen werden nur diejenigen Pflichtzahlungen als St. bezeichnet, die a) aus dem nicht-staatseigenen Sektor der Wirtschaft stammen oder die b) von der Bevölkerung entrichtet werden.
Alle Pflichtzahlungen, welche dagegen die staatseigenen Betriebe aller Wirtschaftsbereiche an die öffentlichen Haushalte leisten, werden als „Staatseinnahmen aus der volkseigenen Wirtschaft“ bezeichnet. Dieser staatlichen Sprachregelung wird von einzelnen Finanzwissenschaftlern in der DDR ab und an widersprochen. Sie weisen darauf hin, daß die Abgaben der staatseigenen Betriebe alle Kennzeichen einer St. erfüllen. Wie jede andere St. auch ist z.B. die Nettogewinnabführung der staatlichen Kombinate ein regelmäßig verlangter zwangsweiser Werttransfer an den Fiskus, ohne daß damit eine spezielle oder generelle Gegenleistung des Staates an den abgabenpflichtigen Großbetrieb verbunden ist.
Ganz offenkundig St.-Charakter hätten die produktgebundenen Abgaben, die bei nahezu allen Konsumgüterumsätzen fällig werden (= kombinierte Umsatz- und Verbrauchs-St.). Die durch diese Abgaben erzielten Einnahmen werden zwar durch die Betriebe kassiert und von ihnen an den Staatshaushalt weitergeleitet, gezahlt und getragen würden sie jedoch von den privaten Haushalten, welche die mit Abgaben belasteten Verbrauchsgüter kaufen.
Angesichts dieser Sachlage hätte man auch in der Sowjetunion für die produktgebundenen Abgaben die korrekte Bezeichnung „differenzierte Umsatzsteuer“ gewählt.
Gegen diese Auffassung wird von den orthodoxen [S. 1312]marxistisch-leninistischen Politökonomen in der DDR vorgebracht, daß „der Begriff der Steuer einen Wechsel im Eigentum am betreffenden Teil des Nationaleinkommens voraussetzt“ (Ökonomisches Lexikon, Bd. II, L-Z, 2. Aufl. Berlin [Ost] 1970, S. 744). Diese Bedingung sei bei den Abgaben der Staatswirtschaft an den Staatshaushalt nicht erfüllt. Über die Aufteilung und Verwendung des Bruttogewinns der in Gemeineigentum befindlichen Betriebe könne der Staat als Eigentümer nach seinem Ermessen verfügen.
In der 3. Aufl. des offiziösen „Ökonomischen Lexikons“ von 1980 hat die SED-Führung die Auseinandersetzung darüber, ob es sich bei den Abgaben der Staatswirtschaft um St. handelt, wie folgt entschieden: „Der Begriff der Steuer schließt in der DDR nicht die Abführungen der volkseigenen Wirtschaft an den Staatshaushalt ein, für die in anderen sozialistischen Ländern ebenfalls der Steuerbegriff verwendet wird.“
Für die in der Bundesrepublik vom Staat erhobenen nicht-rückzahlbaren Geldleistungen wird in der westdeutschen Finanzwissenschaft und Finanzpraxis häufig auch neben dem Etikett „Steuer“ der synonyme Begriff „Abgaben“ benutzt. Diese Bezeichnung ist auch vielfach in der Fachliteratur der DDR anzutreffen. Allerdings hat sie sich nicht als Oberbegriff eingebürgert, der sowohl die St. der Bevölkerung und der nicht-volkseigenen Wirtschaft als auch die Abführungen der Staatswirtschaft an den Fiskus umfaßt. In der Abgabenordnung vom 2. 11. 1970 bezieht sich diese Umschreibung nur auf die St. im engeren Sinne und auf die Verbrauchsabgaben genannten Verbrauchs-St., die in der DDR nur noch für wenige ausgewählte Konsumwaren erhoben werden. In der Regel sind die Anfang der 50er Jahre eingeführten Verbrauchsabgaben in den Produktions- und Dienstleistungsabgaben (= produktgebundene Abgaben) aufgegangen.
Abweichend vom Sprachgebrauch des DDR-Abgabenrechts wird in einigen RGW-Ländern die Bezeichnung „Abgaben“ aber auch bei der Namengebung für einzelne Abführungen verwendet, welche die Staatsbetriebe an die öffentlichen Etats zu überweisen haben. So erhielt z.B. die auf das Produktivvermögen bezogene Kapital-St. der Handels- und Produktionsbetriebe in der DDR den Namen Handelsfondsabgabe bzw. Produktionsfondsabgabe.
Als Sammelbegriff für alle Pflichtzahlungen, die an die Staatskasse geleistet werden, hat sich in den letzten 10 Jahren immer mehr die Umschreibung „Staatseinnahmen“ durchgesetzt. Dieser Begriff deckt alle Formen der staatlichen Mittelbeschaffung ab. Er umschließt auch die Weiterleitung der Erlöse der Einrichtungen der Gesellschaftlichen ➝Konsumtion an die öffentlichen Haushalte (z.B. der Eintrittsgelder für den Besuch kultureller Veranstaltungen) und die Einkünfte aus Gebühren, Beiträgen und Zöllen.
II. Funktionen der Steuern
Die Dienste, welche die St. im Sinne der Staatsführung zu erfüllen haben, können 1. fiskalischer Art und/oder 2. finanzpolitischer Natur sein. Im ersten Fall helfen sie bei der Beschaffung der Geldmittel, welche die Regierung benötigt, um die Produktion von öffentlichen Gütern für ihre eigenen Zwecke zu bezahlen und um das Angebot von öffentlichen Leistungen zu finanzieren, welche für die Bevölkerung bestimmt sind. Im zweiten Fall dienen die St. der Verwirklichung wirtschafts- und sozialpolitischer Zielsetzungen. In Übereinstimmung mit den Funktionen des gesamten Finanzsystems werden in der DDR die St. dazu genutzt, um folgende 5 finanzpolitischen Aufgaben zu erfüllen:
A. Mittelbeschaffungsfunktion
Auch der sowjet-sozialistische Staat nutzt Steuern als Instrument der Mittelbeschaffung. Seit 1976 werden jedes Jahr rd. 70 v.H. des Volkseinkommens der DDR im wesentlichen mit Hilfe von St. im Öffentlichen Gesamthaushalt konzentriert und dann für die Finanzierung öffentlicher Aufgaben eingesetzt (Staatsquote = Anteil der Einnahmen des einheitlichen Staatshaushalts der DDR am materiellen Nettoinlandsprodukt [Gesamtprodukt, Gesellschaftliches] ohne den Beitrag der als unproduktiv betrachteten Dienstleistungsbereiche).
B. Allokations- und Lenkungsfunktion
Die Wirtschaftsführung bedient sich ferner ausgiebig der St.-Politik, um die Produktionsressourcen der Volkswirtschaft in die als vorrangig ausgewählten Verwendungen zu lenken. Zu diesen Maßnahmen gehört z. B, daß die Wirtschaftsführung über variable steuerliche Teuerungszuschläge auf ausgewählte Verbrauchsgüter (= Umsatz- und Verbrauchs-St.) bestimmte Einkommensverwendungen der privaten Haushalte diskriminiert (darunter den Kauf von Autos, Pelzen, Alkohol und Importwaren) und bestimmte Verbrauchsausgaben begünstigt (darunter den Kauf von Büchern und Kinderbekleidung). Ziel dieser steuer- und preispolitischen Beeinflussung der Kaufentschlüsse der Konsumenten ist, die Verbraucher dazu zu bewegen, einen Warenkorb zu wählen, welchen der Staat ex ante aufgrund seiner Prioritäten als den besten für seine Bürger ausgesucht hat. Gelingt diese steuer- und preispolitische Formierung der privaten Kaufentschlüsse, so erfolgt die Allokation der Ressourcen in der Konsumgüterindustrie entsprechend den Präferenzen der Staatsführung (Preissystem und Preispolitik).
C. Stimulierungsfunktion
Gezielte St.-Erleichterungen und St.-Vergünstigungen dienen außerdem in großem Umfang zur Stimu[S. 1313]lierung von Leistungen und zur Stabilisierung des Arbeitseinsatzes auf einem hohen Leistungsniveau. Zu diesen steuerlichen Anreizmaßnahmen gehört, daß zumeist der Gewinnsteuersatz für Gewinne, welche die Wirtschaftsunternehmen über das Plansoll hinaus erzielt haben, niedriger ist als der Prozentanteil vom Nettogewinn, den der Staat vom Plangewinn der Betriebe als normale Nettogewinnabführung beansprucht.
Um die Werktätigen zu Höchstleistungen im Produktionsprozeß anzuspornen, werden z.B. Prämien zum tariflichen Zeitlohn, der durch Stückakkord erzielte Mehrverdienst und die Leistungslöhne der Arbeitnehmer, die ihre individuellen Normen erfüllt haben, nur mit einem Steuersatz von gleichbleibend 5 v.H. belastet (Lohnformen und Lohnsystem).
D. Stabilisierungspolitische Funktionen
St. werden in allen Zentralplanwirtschaften sowjetischen Typs immer dann als Stabilisierungsmittel eingesetzt, wenn die Wirtschaftsführung zur Verteidigung des Geldwertes und zur Unterbindung von illegal finanzierten Handelsgeschäften gezwungen ist, den bei den privaten Haushalten und bei den Betrieben entstandenen Geldüberhang abzuschöpfen (Geldtheorie und Geldpolitik).
Um einen bei der Bevölkerung entstandenen Kaufkraftstau (z.B. in Form von Bargeldhorten) wieder abzubauen, benutzt die Regierung der DDR — um Widerstände in der Bevölkerung zu vermeiden — jedoch nicht die Lohn- und Einkommen-St. als Stabilisierungsinstrument. Statt dessen schöpft die Wirtschaftsführung den Geldüberhang vorzugsweise mit Hilfe von steuerlichen Teuerungszuschlägen auf die Herstellerabgabepreise ausgewählter Gruppen von Konsumgütern ab. Diese schärfere Besteuerung der Einkommensverwendung der Bürger bleibt zwar nicht unbemerkt, sie erfolgt jedoch verdeckt, kann von den St.-Pflichtigen in ihrem Ausmaß nicht ermittelt werden und ruft daher auch keine massenhaften St.-Widerstände hervor. — Bei stabilitätspolitisch motivierten Verbrauchssteueranhebungen werden die Güter des Grundbedarfs zumeist ausgespart. In der Regel nimmt der Fiskus vielmehr Verbrauchs- und Umsatzsteueranhebungen bei neuen und weiterentwickelten Erzeugnissen, bei Importwaren und ganz allgemein bei Verbrauchsgütern des gehobenen Bedarfs (Luxusgüter, Genußmittel) vor.
Dem Abbau der Zwangssparbeträge der VEB und Kombinate auf den Finanzfondskonten bei den Banken (Giralgeldüberhang) können die kombinierten Umsatz- und Verbrauchssteuern nicht dienen. Produktgebundene Abgaben werden in der DDR nur in die Industrieabgabepreise (IAP) bei Fertigwaren der Konsumgüterindustrie einkalkuliert (einphasige Steuereintreibung nur beim Fertigwarenhersteller, der die St. auf den Letztverbraucher überwälzt).
Will die Wirtschaftsführung den VEB und Kombinaten unverwertbare Kaufkraftmengen entziehen, so erhöht sie stattdessen die Gewinnsteuersätze bei der Nettogewinnabführung.
Im Jahre 1981 stammten in der DDR rd. 57 v.H., 1982 rd. 60 v.H. und im folgenden Jahr 1983 rd. 58 v.H. der Einnahmen des Öffentlichen Gesamthaushaltes aus folgenden beiden St.-Quellen: a) der kombinierten Umsatz- und Verbrauchs-St. und b) aus der von den VEB, Kombinaten und den staatlichen Banken gezahlten Gewinn-St. Fast zwei Drittel seiner Einkünfte erzielt somit der Fiskus der DDR aus St.-Arten, für die in den von der Volkskammer verabschiedeten Abgabengesetzen keine St.-Sätze festgelegt werden. Bei diesen Haupt-St. kann die Staatsführung für jedes Haushaltsjahr ohne Einschaltung der Volksvertretung neue St.-Sätze dekretieren, sofern dies im Interesse der Erfüllung staats- und wirtschaftspolitischer Ziele für zweckmäßig angesehen wird. Darüber hinaus kann die Regierung sogar im Laufe des Haushaltsjahres Änderungen der St.-Sätze verfügen, wenn die Einnahmenpolitik an plötzliche Änderungen des Finanzbedarfes angepaßt werden muß. Infolge dieser und anderer Vollmachten besitzt die Regierung der DDR eine derart große finanzpolitische Flexibilität, daß sie — im Unterschied zu den parlamentarischen Demokratien des Westens — gar nicht darauf angewiesen ist, Ergänzungs- oder Nachtragshaushalte aufzustellen und dem Parlament zur Bewilligung vorzulegen, wenn sie sich plötzlich entschließt, ihre staats- und wirtschaftspolitischen Prioritäten — und damit den laufenden Volkswirtschafts- und Staatshaushaltsplan — zu ändern. Aus den gleichen Gründen ist sie auch nicht darauf angewiesen, die zur Überbrückung zeitweiliger Finanzierungsengpässe fehlenden Einnahmen durch die Ausgabe von Staatsanleihen zu beschaffen.
E. Verteilungspolitische Funktionen
Genauso wie in der Bundesrepublik Deutschland werden auch in der DDR die St. dazu benutzt, um über Korrekturen der personellen Einkommens- und Vermögensverteilung ein höheres Maß an sozialer Gerechtigkeit herzustellen und um über eine gleichmäßigere Wohlstandsverteilung die sowjet-sozialistische Gesellschaftsordnung zu stabilisieren (Distributionsfunktion).
Im Unterschied zur Bundesrepublik Deutschland ist jedoch in der DDR die Lohn- und Einkommen-St. nicht das Hauptinstrument der Regierung bei der Verwirklichung verteilungspolitischer Ziele. Diese Aufgabe hat man in erster Linie der schon erwähnten kombinierten Umsatz- und Verbrauchs-St. übertragen (produktgebundene Abgaben). Dementsprechend werden in der DDR aus den Einnahmen durch die Besteuerung des gehobenen Verbrauchs und des Luxuskonsums die Preissubventionen zur [S. 1314]Verbilligung der Nahrungsgüter und das Angebot von Wohlfahrtsleistungen für die Bevölkerung im Sozial-, Gesundheits- und Bildungswesen finanziert.
F. Kontrollfunktionen
Zu den systemtypischen Aufgaben der St. gehört ferner die Überwachung der Planerfüllung durch die staatseigenen Wirtschaftsunternehmen. Vor jedem neuen Plan- und Wirtschaftsjahr wird für jede einzelne Produktionsorganisation genau errechnet, wie hoch ihre St.-Pflicht a) bei den produktgebundenen Abgaben, b) bei der Nettogewinnabführung und c) bei der Produktionsfondsabgabe ist, sofern der betreffende Betrieb den ihm vorgegebenen Betriebsplan voll erfüllt. Produziert nun der Betrieb teurer, als dies vor Beginn des neuen Wirtschaftsjahres vorherzusehen war, und kann er auch seine im Plan vorgeschriebene Auflage zur Senkung der Stückkosten nicht erfüllen, so entstehen für ihn Finanzierungsengpässe. Falls er dadurch mit seinen planmäßigen Gewinnabführungen an den Staat in Verzug gerät, ist dies für die Wirtschafts- und Finanzbehörden ein Signal, um nachzuprüfen, aus welchen Gründen die Planstörungen entstanden sind und wie man Abhilfe schaffen könnte.
Auch die laufend eingehenden Erträge bei den kombinierten Umsatz- und Verbrauchs-St. (produktgebundene Abgaben) sind für die Wirtschaftsbehörden und Banken eine Auskunftsquelle, der sie entnehmen können, ob die Produzenten von industriellen Konsumgütern ihre Produktions- und Absatzpläne erfüllen (Finanzkontrolle und Finanz[S. 1415]revision) (vgl. zu den Funktionen der St. in der DDR Schaubild 1).
III. Anknüpfungspunkte der Besteuerung (Steuerquellen)
Anders als in der Bundesrepublik werden in der DDR die St.-Quellen danach eingeteilt, welchem Eigentumssektor sie zugehören (Eigentum). Es gibt daher kein Einteilungsschema, welches die St. danach unterscheidet, ob Anknüpfungspunkt der Besteuerung a) Bestandsgrößen in Form von Geld- und Sachkapital sind oder ob b) das Objekt der Besteuerung die Wertschöpfung ist (Ressourcenzuwachs in der laufenden Periode).
In der DDR haben vor allem im Zeitraum von 1949 bis 1961 steuerpolitische Vergünstigungen für Betriebe der Staatswirtschaft und für sozialistische Produktionsgenossenschaften auf der einen und steuerpolitische Diskriminierungsmaßnahmen für die Privatwirtschaft auf der anderen Seite eine große Rolle dabei gespielt, die überkommene individualistische Eigentums- und Wirtschaftsordnung in eine Zentralplanwirtschaft sowjetischen Typs umzuwandeln. Entsprechend dieser sozial-revolutionären Zielsetzung wurde die Besteuerungspolitik von Anfang an danach differenziert, zu welcher Eigentumsform der jeweilige steuerpflichtige Betrieb gehörte. Je nachdem, ob das St.-Subjekt ein Staatsbetrieb, eine Produktionsgenossenschaft oder ein privater Gewerbebetrieb ist, gelten jeweils andere St.-Gesetze und Besteuerungsformen. Auch die Anfang der 50er Jahre neugestaltete Besteuerung der individuellen Einkommen ist bis heute maßgeblich von klassenkämpferischen Zielsetzungen beeinflußt. So werden z.B. persönliche Einkommen aus Produktivvermögen und selbständiger Unternehmertätigkeit durch Erhebung exorbitant hoher St. diskriminiert, während demgegenüber die Einkünfte aus unselbständiger Tätigkeit im Arbeitsprozeß nur einer gelinden Besteuerung unterworfen werden.
Eine Konsequenz dieses Kategoriensystems der St.-Arten ist, daß dadurch die Bevölkerung zu einer eigenen St.-Quelle wird.
Entsprechend der in der DDR gebräuchlichen Unterscheidung der Abgaben nach ihrer sozialökonomischen Herkunft gibt es 4 Klassen von fiskalischen Pflichtzahlungen:
- Abgaben der Staatswirtschaft,
- St. der nichtverstaatlichten Wirtschaft,
- St. der Bevölkerung (Besteuerung persönlicher Einkünfte aus verschiedenen Einkommensquellen),
- Sonstige St. und Abgaben.
(vgl. Schaubild 2)
IV. Steuern und Abgaben der Staatswirtschaft
Die bei weitem ergiebigste St.-Quelle des Staatshaushalts der DDR sind die St. der Staatswirtschaft. In den fünf Jahren von 1978 bis 1983 stammten im Durchschnitt 45 v.H. der Gesamteinnahmen des DDR-Etats (ohne die Beitragseinnahmen der Sozialversicherung — Sozialversicherungs- und Versorgungswesen) aus der volkseigenen Wirtschaft (Staatshaushalt, VI.) (vgl. Tabelle 1). Infolge der 1982 im Vergleich zu den Vorjahren erheblich verschärften Gewinnbesteuerung nahm die Bedeutung der Unternehmens-St. als Instrument der Mittelbeschaffung erheblich zu. Die den staatlichen Produktionsorganisationen und Banken auferlegten Unternehmens-St. brachten erstmals 1982 rd. 50 v.H. der gesamten Etateinkünfte ein. 1983 erzielte der Fiskus der DDR rd. 49 v.H. seiner Gesamteinkünfte aus den Unternehmenssteuern.
In der jährlichen Berichterstattung des Ministerrates vor der Volkskammer über die Haushaltspolitik im abgelaufenen Wirtschaftsjahr (Haushaltsrechnung) werden die Budgeteinkünfte aus der differenzierten Umsatz- und Verbrauchs-St. zu den Abgaben der Staatswirtschaft gerechnet. Da diese St. jedoch eindeutig allein von der Bevölkerung getragen wird, zählt sie tatsächlich zu den Bevölkerungs-St. und nicht zu den Abgaben der volkseigenen Wirtschaft (vgl. Tabelle 1). Jede andere Abgrenzung verschleiert das Ausmaß der tatsächlichen direkten und indirekten St.-Belastung der privaten Haushalte.
Ausgehend von ihrer bisherigen fiskalischen Bedeutung umfassen die St. der Staatswirtschaft unter Berücksichtigung dieser Abgrenzung ab 1984 folgende 5 St.-Arten:
- a) Die Gewinn-St. (Nettogewinnabführung),
- b) die Produktionsfondsabgabe (PFA) (Kapital-St. auf das in den Produktionsbetrieben eingesetzte Anlage- und Umlaufvermögen),
- c) die Handelsfondsabgabe der Handelsbetriebe (Kapital-St.),
- d) die Bodennutzungsgebühr (Bodennutzung) und
- e) die mit Wirkung vom 1. 1. 1984 erhobene Lohnsummen-St. (Beitrag für gesellschaftliche Fonds).
Die beiden finanz- und wirtschaftspolitisch wichtigsten Abgabearten der Staatswirtschaft sind bisher die Gewinn-St. und die Kapital-St. (PFA und Handelsfondsabgabe). Seit 1980 ist die Nettogewinnabführung die für den Fiskus einträglichste Einzel-St. im St.-System der DDR. In der Ertragskraft überholte sie zu diesem Zeitpunkt erstmals die differenzierte Umsatz- und Verbrauchs-St. Gemessen an der finanziellen Ertragskraft war bislang die Kapital-St. die zweitwichtigste Unternehmens-St. Die Produktions- und Handelsfondsabgaben brachten dem Staat in den Jahren von 1976 bis 1983 zwischen 13 und 14 v.H. seiner Gesamteinnahmen ein (ohne Beiträge zur Sozialversicherung). Dieser Anteil ent[S. 1317]sprach 1983 einen St.-Ertrag von über 22,9 Mrd. Mark.
Geordnet nach der gegenwärtig bestehenden Reihenfolge ihrer fiskalischen Ergiebigkeit folgen auf Platz 3 und 4: a) die Abführungen der staatlichen Geschäftsbanken (Bankwesen) und Sparkassen an den Haushalt und b) die Einkünfte durch die Erhebung von Bodennutzungsgebühren. Unter den Einkunftsquellen des DDR-Staatsbudgets haben seit 1978/79 die Abgaben der Geld- und Kreditinstitute ständig an Bedeutung gewonnen. 1982 betrug der Beitrag der Banken zur Auffüllung der Staatskasse 4,5 v.H. der gesamten Einkünfte. Mit einem Einnahmebetrag von mehr als 7,4 Mrd. Mark 1982 erzielte der Fiskus in diesem Jahr durch die Abgabenbelastung der Banken und Sparkassen fast so hohe Einnahmen wie aus der Lohn- und Einkommen-St. der Arbeiter, Angestellten und der freiberuflich tätigen Selbständigen. Über die Formen der Besteuerung der Banken und Sparkassen werden in der Presse und Fachliteratur der DDR jedoch keine Angaben gemacht. Vermutlich bestehen die Abgaben der Geschäftsbanken an den Staatsetat zur Hauptsache aus Gewinn-St. und aus abgetretenen Einnahmen durch Strafzinsen, welche die Kreditinstitute als Sanktion von säumigen Kreditschuldnern eingetrieben haben (Zins und Zinspolitik).
1983 stammten 48,9 v.H. der Einnahmen des Öffentlichen Gesamthaushalts der DDR aus St. der staatseigenen Wirtschaft. Dieser Beitrag zum staatlichen Mittelaufkommen setzte sich wiederum zu 64,7 v.H. aus Gewinnsteuereinnahmen und zu 26,6 v.H. aus Einkünften durch die Besteuerung des in der Staatswirtschaft eingesetzten Kapitals zusammen.
Die Banken trugen zum St.-Aufkommen der Staatswirtschaft 8,5 v.H. bei. Die Erhebung von Bodennutzungsgebühren brachte nur einen bescheidenen Anteil von 0,2 v.H. ein (vgl. Tabelle 2). Aufgrund des 1984 neu eingeführten Beitrages für die gesellschaftlichen Fonds wird sich jedoch voraussichtlich eine neue Rangordnung hinsichtlich der Ergiebigkeit der Unternehmens-St. im Bereich der Staatswirtschaft ergeben.
A. Die Gewinnsteuer
Seit der Rückkehr zur straffen administrativen Befehlswirtschaft 1971 erhalten die Betriebe und Kombinate in der DDR erneut von zentraler Seite aus vorgeschrieben, wieviel Brutto- und wieviel Nettogewinn sie jährlich erwirtschaften sollen (Nettogewinn = Bruttogewinn minus Produktionsfondsabgabe). (Nettogewinnabführung)
Zugleich wird im Betriebsplan festgelegt, welche Gewinn-St. sie im jeweiligen Wirtschafts- und Haushaltsjahr an die Staatskasse abzuführen haben. Die Höhe der jährlichen St.-Schuld wird dabei als absoluter Betrag in Mark angegeben.
Neben der Zinspolitik (Zins und Zinspolitik) sind Änderungen der betriebsindividuell festgesetzten St.-Sätze bei der Nettogewinnabführung der wichtigste finanzpolitische Hebel, mit dem die Wirtschaftsführung die Ersparnis- oder Kapitalbildung der VEB und Kombinate reguliert und damit zugleich Einfluß auf ihre Investitionsaktivitäten nimmt. Im Rahmen dieser Regulierungsfunktion dient die Gewinn-St. dem Staat als Instrument zur Durchsetzung seiner struktur- und investitionspolitischen Prioritäten (Allokationsfunktion der Gewinn-St.; Investitionen; Investitionsplanung; Investitionsrechnung).
B. Abgaben auf das eingesetzte Kapital
Die Ende der 60er Jahre eingeführten St. auf das eingesetzte Produktivvermögen der Betriebe der Staatswirtschaft sind ein Ergebnis der Wirtschaftsreformen (1963–1970) (Neues Ökonomisches System [NÖS]; Ökonomisches System des Sozialismus [ÖSS]; Wirtschaft). Durch diese Neuerung wollte die Wirtschaftsführung der DDR eine seit langem als besonders nachteilig empfundene Lücke im Lenkungsinstrumentarium schließen. Im Unterschied zu den Marktwirtschaften gab es bis zu diesem Zeitpunkt in der Volkswirtschaft der DDR keinen finanzpolitischen Regulator, mit dessen Hilfe die Leitungen der Betriebsvereinigungen (VVB, Kombinate) und der Einzelbetriebe dazu veranlaßt werden konnten, das in ihren Unternehmen investierte Anlagen- und Umlaufvermögen so effektiv wie möglich zu nutzen.
Im Laufe der Wirtschaftsreform wurden insgesamt 4 neue „finanzökonomische Hebel“ (Kapital-St.) eingeführt:
1. Die Produktionsfondsabgabe (PFA),
2. die Handelsfondsabgabe bei den Handelsbetrieben und
3. die Bodennutzungsgebühr (Bodennutzung).
Zeitweise wurde
4. von den Volkseigenen Gütern (VEG)
auch eine Bodenfondsabgabe erhoben (1968–1972).
Allen 4 Abgaben wurde der gleiche Auftrag erteilt: Sie sollen die Betriebe der Staatswirtschaft dazu anspornen, die ihnen vom Staat zur Verfügung gestellten Produktionsfaktoren Kapital und Boden so effektiv wie möglich auszunutzen, um die staatlichen Wirtschaftspläne optimal zu erfüllen und um ständig neue Wohlfahrtsgewinne zu erzielen. Bei den Volkseigenen Gütern (VEG) haben diese Aufgabe inzwischen die ab 1973 umgestalteten Agrarsteuern übernommen.
1. Die Produktionsfondsabgabe
Die Produktionsfondsabgabe (PFA) ist eine Pflichtabführung der Staatsbetriebe der Industrie und Bauwirtschaft an den Staatshaushalt. Die jährlichen Zahlungsverpflichtungen gegenüber dem Fiskus [S. 1320]hängen vom jeweiligen Wertvolumen des Kapitalbestandes der Betriebe im Haushaltsjahr ab. Die Abgabenrate (Steuersatzbezogen auf das eingesetzte Kapital) beträgt seit 1971 in der Regel 6 v.H. (vgl. die VO über die Produktionsfondsabgabe vom 6. 12. 1970, GBl. II, S. 31 ff.).
„Ausnahmen davon werden durch den Ministerrat (bei der Beschlußfassung über die Ziele) des Jahresvolkswirtschaftsplanes festgelegt“ (vgl. § 3 der VO über die Produktionsfondsabgabe vom 14. 3. 1983, GBl. I, S. 106). (Zu den Einzelheiten: Produktionsfondsabgabe.)
Eine Prüfung der Wirkungen der Produktionsfondsabgabe auf die Steigerung der Kapitalproduktivität und die Kapitalrentabilität der Staatsbetriebe ergibt, daß diese Abgabe lediglich zu einer besseren Ausnutzung der in den Betrieben bereits vorhandenen Kapitalausstattung anspornt. Dagegen eignet sie sich nicht dazu, eine befriedigende Mindestrentabilität für neu investiertes Kapital zu sichern und dafür zu sorgen, daß die Verteilung der einsatzfähigen Kapitalressourcen jeweils in die ertragreichsten Verwendungen erfolgt. (Vgl. H. Buck, Technik der Wirtschaftslenkung in kommunistischen Staaten, Bd. II, Coburg 1969, S. 815 ff.) Investitionsrechnung. In welchem Maße es der Wirtschaftsführung gelingt, über die PFA für einen hohen Auslastungsgrad der Produktionskapazitäten zu sorgen, hängt im übrigen vor allem davon ab, ob die Abgabenrate von 6 v.H. — verglichen mit der effektiven Kapitalrentabilität der Industrie und Bauwirtschaft — für die meisten Betriebe dieser Wirtschaftsbereiche eine fühlbare Kürzung ihrer Nettogewinne zur Folge hat. Außerdem spielt eine entscheidende Rolle, wie häufig es den VEB und Kombinaten gelingt, im Falle einer spürbaren Kapitalsteuerbelastung von den Wirtschafts- und Finanzbehörden ermäßigte Steuersätze unter 6 v.H. bewilligt zu bekommen.
2. Handelsfondsabgabe. Entsprechend der Kapitalbesteuerung der Industrie- und Baubetriebe zahlen seit dem 1. 1. 1968 auch die staatlichen Groß- und Einzelhandelsbetriebe eine Abgabe auf den Wert des von ihnen genutzten Anlagevermögens und der von ihnen bewirtschafteten Umlaufmittel. Wie die PFA ist die Handelsfondsabgabe ein als „staatliches Normativ“ festgelegter Steuersatz.
Bezugsbasis sind die Jahresdurchschnittsbestände an eigenen und gemieteten Anlagen (Gebäude, Transportmittel usw.) und an Umlaufmitteln (Materialbestände, Halbwaren und Vorräte an Handelswaren). Wie in der Industrie beträgt auch im Handel die Abgabenrate für Anlagen (Lagerhäuser, Geschäftsgebäude, Kühlhallen, Verpackungseinrichtungen, Transportmittel usw.) in der Regel 6 v.H. des Anschaffungswertes dieser Grundmittel. Dagegen hat der Fiskus die Umlaufmittel der Handelsbetriebe (hauptsächlich Fertigwarenbestände) mit einem Steuersatz von nur 4 v.H. belegt.
Abweichend von diesen Steuersätzen brauchen die Betriebe des Hotel- und Gaststättenwesens nur eine Kapitalsteuer von einheitlich 1 v.H. auf eigene und gemietete Anlagengüter und auf ihre Bestände an Umlaufmitteln zu zahlen.
Ebenso wie bei der Produktionsfondsabgabe fließt bei der Handelsfondsabgabe auch nur das Steueraufkommen der zentral geleiteten Handelsbetriebe in den Republikhaushalt. Dagegen führen die den Räten der Bezirke und die den Bezirkswirtschaftsräten unterstellten Handelsorganisationen die von ihnen geschuldeten Handelsfondsabgaben an die Bezirkshaushalte ab. (Vgl. die VO über die Anwendung der Handelsfondsabgabe im Bereich des Ministeriums für Handel und Versorgung vom 24. 8. 1967, GBl. II, S. 685 ff., und die 4. DB zu dieser VO vom 4. 11. 1976, GBl. I, S. 494 ff.)
[S. 1321]3. Kapitalsteuern der staatseigenen Landwirtschaftsbetriebe und die Erhebung von Bodennutzungsgebühren
Von 1968 bis 1972 mußten die Volkseigenen Güter (VEG) eine „Bodenfonds- und Produktionsfondsabgabe“ an die Staatskasse zahlen. Diese Kapitalbesteuerung der staatlichen Landwirtschaftsbetriebe wurde mit Wirkung vom 1. 1. 1973 aufgehoben. Zu diesem Zeitpunkt trat ein neues System der Agrarsteuern in Kraft. Die VEG werden seitdem nach den gleichen Besteuerungsformen zur Abgabenleistung herangezogen wie die Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG).
Die Zahlung von Bodennutzungsgebühren wird dann verlangt, wenn VEB und Kombinate der Industrie, der Bauwirtschaft und des Handels land- und forstwirtschaftlich genutzte Flächen für ihre Produktionszwecke beanspruchen und damit ihrer ursprünglichen Verwendung entziehen. Je wertvoller die Flächen sind, die als Standort für Fabrikgebäude, Lagerhallen, Abraumhalden, Parkplätze usw. ausgewählt werden, um so höher ist die Gebühr. Die höchste Gebührenforderung von 400.000 Mark je Hektar entsteht, wenn Ackerland der höchsten Bodengüte (= Bodenwertzahl von 100) in Anspruch genommen wird. Die Bodennutzungsgebühr ist eine Zahlungsverpflichtung, die nur einmal an die Staatskasse entrichtet zu werden braucht. Die Einnahmen aus der Gebühr fließen dem zentralen Staatshaushalt zu (Bodennutzung).
C. Die Lohnsummensteuer
(Beitrag für gesellschaftliche Fonds) Mit Wirkung vom 1. 1. 1984 hat die Regierung der DDR die VEB und Kombinate der Industrie mit einer neuen Unternehmens-St. belastet. Für die Staatsbetriebe der Bauwirtschaft wird die neue St. erst zum Jahresbeginn 1985 wirksam. In der Staatswirtschaft der DDR hat diese St. keinen Vorläufer. Ihrer Art nach ist die neue Abgabe eine Lohnsummen-St. Diese Namengebung hielt die Regierung der DDR jedoch für politisch nicht tragbar. Daher erhielt die neue St. das werbewirksame Etikett „Beitrag für gesellschaftliche Fonds“. Hierdurch soll der Eindruck erweckt werden, als würden die durch diese St. erzielten Einnahmen ausschließlich für die Finanzierung von öffentlichen Leistungen auf dem Gebiet der sozialen Sicherung, der Gesundheitsfürsorge, der Volksbildung und der Kultur verwendet. Eine derartige Zweckbindung der Erträge hat jedoch der Gesetzgeber nicht im St.-Recht verankert. (Vgl. VO über den Beitrag für gesellschaftliche Fonds vom 14. 4. 1983, GBl. I, S. 105 ff., und die 1. DB zu dieser VO, ebenda, S. 106).
Mit der Einführung der Lohnsummen-St. wurde die Unternehmensbesteuerung in der DDR von dem bisher bestehenden „Zwei-Kanäle-“ auf ein „Drei-Kanäle-Abführungssystem“ umgestellt.
Besonders bei den arbeitsintensiv produzierenden Betrieben der DDR dürfte die neue Lohnsummenbesteuerung eine erhebliche Verteuerung des Produktionsfaktors „Arbeit“ (Einsatz von Arbeitskräften) zur Folge haben. Diese Wirkung ist gewollt. Denn das erklärte Ziel der Allokationspolitik der Wirtschaftsführung mit Hilfe der Lohnsummen-St. ist, „die lebendige Arbeit entsprechend ihrer volkswirtschaftlichen Bedeutung höher (zu bewerten) und damit den rationellen Einsatz des gesellschaftlichen Arbeitsvermögens und die sozialistische Rationalisierung (zu fördern)“.
Im Unterschied zur Nettogewinnabführung und zur Produktionsfondsabgabe ist diese neue St. eine Kosten-St. Die den Betrieben abverlangten St.-Leistungen dürfen diese ihren Produktionskosten hinzuaddieren. Anders als in den Marktwirtschaften mit überwiegend freier Preisbildung können jedoch in der DDR die Produktionsbetriebe bei Einführung einer neuen Kosten-St. nicht von sich aus den Versuch unternehmen, ihre Verkaufspreise zu erhöhen. In der DDR werden die Abgabepreise für Industrieerzeugnisse (= Industrieabgabepreise) durch die Regierung und die staatlichen Preisbehörden diktiert (= staatliche Festpreise). Preissystem und Preispolitik.
Die Einführung der neuen Lohnsummen-St. wird voraussichtlich folgende Auswirkungen auf die Entwicklung des Haushaltsvolumens und die Struktur der Einnahmen des Staatsetats haben:
a) Da die Staatsquote bereits einen Wert von über 75 v.H. erreicht hat, dürfte die Staatsführung voraussichtlich keine weitere kräftige Steigerung ihrer Budgeteinnahmen anstreben. Ein solches Vorhaben würde zwangsläufig die innerbetriebliche Kapitalbildung der Staatsunternehmen und ihre Möglichkeiten zur Selbstfinanzierung von Rationalisierungsmaßnahmen drastisch einschränken, die operativen unternehmenspolitischen Entscheidungsbefugnisse der Kombinats- und Betriebsleitungen weiter einengen und die Leistungsbereitschaft der Betriebskollektive drosseln.
b) Aus diesem Grunde wird die Einführung der neuen Abgabe hauptsächlich eine Änderung der Struktur der Einnahmenquellen des DDR-Staatsetats zugunsten der Lohnsummen-St. und zu Lasten der Gewinn-St. bringen. Die Gewinn-St. wird dadurch ihren Rang als ergiebigste Einzel-St. des DDR-St.-Systems, den sie seit 1980 innehat, wieder verlieren.
c) Bremsen die Preisplanungsbehörden durch eine nur zögerliche Anhebung der Produzentenpreise die Bestrebungen der VEB und Kombinate, die Belastungen durch die Lohnsummen-St. auf die Preise zu überwälzen, so wird dies sicher die Wirkung haben, daß die Unternehmensleitungen versuchen werden, den stark verteuerten Einsatz von Arbeitskräften durch einen vermehrten Einsatz von Kapital (Ma[S. 1322]schinen, Industrierobotertechnik, Rationalisierungsmittel) zu ersetzen. Dies wird vor allem in denjenigen Industriebranchen und Baubetrieben der Fall sein, deren Ertragslage (Kapitalrentabilität) so gut ist, daß bei ihnen die Kapital-St. keine einschneidende Kürzung der Nettogewinne bewirkt, wenn sie durch Mechanisierungs- und Automatisierungsinvestitionen ihren Kapitalbestand erhöhen. Langfristig dürfte daher dieser Substitutionsprozeß — ceteris paribus — zu einem schnelleren Anstieg der Einkünfte aus der Produktionsfondsabgabe führen als bisher.
V. Indirekte und direkte Steuern zu Lasten der privaten Haushalte (Bevölkerungssteuern)
A. Produktgebundene Abgaben
Produktgebundene Abgaben werden in der DDR seit 1955 erhoben. Bis zur Industriepreisreform (1964–1967) wurden derartige Verbrauchsabgaben nicht nur in die Endverbraucherpreise für Konsumgüter, sondern zum geringen Teil auch in die Verkaufspreise für Produktionsmittel einkalkuliert. Mehr als eineinhalb Jahrzehnte trugen die 1955 eingeführten steuerlichen Teuerungszuschläge auf die Betriebspreise der in den Staatsbetrieben hergestellten Güter die Bezeichnung Produktions- und Dienstleistungsabgaben (PDA). (VO über die Produktions- und Dienstleistungsabgabe der volkseigenen Industrie und der volkseigenen Dienstleistungsbetriebe vom 6. 1. 1955, GBl. I, S. 37 ff.) 1972 wurden die PDA in „produktgebundene Abgaben“ umbenannt. (VO über produktgebundene Abgaben und Subventionen vom 1. 3. 1972, GBl. II, S. 137 ff.) Die nach Warenarten spezifizierten Verbrauchsabgaben entsprechen jeweils der Differenz, die zwischen dem Verkaufspreis, den die Betriebe berech[S. 1323]nen dürfen (= staatlich diktierter Betriebsabgabe- oder Produzentenpreis), und dem höheren Industrieabgabepreis (IAP) für Konsumgüter und Dienstleistungen besteht (= Abnehmerpreis für den Groß- und Einzelhandel und alle Direktbezieher). Der St.-Aufschlag auf die Betriebsabgabepreise ist untrennbarer Bestandteil der für den Handel und die Letztverbraucher von Waren und Diensten geltenden amtlichen Industrieabgabe- und Einzelhandelsverkaufspreise (EVP). Die in jedem Einzelfall von der Wirtschaftsverwaltung festgelegte Belastung der Verbraucherpreise ist stets an das jeweilige Produkt oder die jeweilige Dienstleistung gebunden. Seitdem im Verlauf der Industriepreisreform ein neues System der Preisrelationen festgelegt worden ist, werden nur noch die Endverbraucherpreise von Erzeugnissen der Konsumgüterindustrie durch produktgebundene Abgaben belastet (Preissystem und Preispolitik). Mit dieser Beschränkung wird die Absicht verfolgt, die nach Einzelwaren spezifizierten Abgaben auf die Verbraucher von Konsumgütern zu überwälzen. Die produktgebundenen Abgaben belasten somit ausschließlich die Verbrauchsausgaben der privaten Haushalte. Sie tragen daher alle Merkmale einer Umsatz- und Verbrauchs-St. Um den Warenabsatz in die staatlich gewünschten Verbrauchsrichtungen zu lenken und die private Nachfrage jeweils den volkswirtschaftlichen Leistungsmöglichkeiten anzupassen, können die Industrie- und Einzelhandelsverkaufspreise und die Umsatz- und Verbrauchssteueraufschläge in ihrer Höhe je nach den angestrebten Lenkungseffekten differenziert werden.
Diese Preis- und St.-Politik hat zur Folge, daß es in der Volkswirtschaft der DDR zumindest so viele verschiedene Umsatz- und Verbrauchssteueraufschläge gibt, wie industrielle Konsumgüter und Genußmittel hergestellt und auf dem Binnenmarkt angeboten werden.
Berechnungsgrundlage für die Abgabenschuld ist der Absatz der Produktions- und Handelsbetriebe. Eine nach Dienstleistungsarten differenzierte Dienstleistungsabgabe zahlen in der DDR sowohl die reinen Dienstleistungsbetriebe als auch die Produktionseinheiten der Industrie, des Bau- und Wohnungswesens und der Land- sowie der Forst- und Holzwirtschaft, soweit sie Einnahmen durch den Absatz von Dienstleistungen beziehen, deren Verbrauch mit Steuern belastet wird.
Die Höhe der steuerlichen Teuerungszuschläge für die verschiedenen Konsumerzeugnisse wird geheimgehalten. Fast ausnahmslos werden mit hohen Abgaben Umsätze von Genußmitteln, Importwaren und von luxuriösen langlebigen Gebrauchsgütern belastet. Dagegen enthalten die Einzelhandelspreise für Grundnahrungsmittel und die Verbraucherpreise für sozialpolitisch bedeutsame Industriewaren (Babybekleidung, Kinderschuhe, Schulartikel, Arzneien) keine oder nur sehr geringe St.-Aufschläge. Dadurch bleiben die Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen mit einem entsprechend reduzierten Warenkorb von einer harten Verbrauchsbesteuerung verschont (Lebensstandard).
In der DDR ist es der Wirtschaftsführung bisher nicht geglückt, die Expansion von Geldmenge und kaufkräftiger Nachfrage dem Leistungsvermögen der Konsumgüterindustrie und der vergleichsweise niedrigeren Ausweitung des Verbrauchsgüterangebotes anzupassen. Dadurch ist es seit Beginn der 60er Jahre zu einem immer noch anwachsenden Geldüberhang gekommen, der sich in einer Kassenhaltungsinflation niederschlägt (Geldtheorie und Geldpolitik). Mit den produktgebundenen Abgaben und der Besteuerung des gehobenen Konsums verfügt die Wirtschaftsführung über ein vortreffliches Mittel, um einen Teil der überschüssigen Kaufkraft abzuschöpfen und in die Staatskasse zu leiten.
1976 betrug die durchschnittliche St.-Belastung der Konsumausgaben der privaten Haushalte beim Einkauf von Genußmitteln und industriellen Verbrauchsgütern rd. 60 v.H. (= Anteil der Verbrauchssteuereinnahmen am gesamten Einzelhandelsumsatz dieser beiden Warengruppen). Im Jahre 1983 erreichte die durchschnittliche Belastung des privaten Verbrauchs durch steuerliche Teuerungszuschläge in den Konsumentenpreisen einen Anteilssatz von fast 56 v.H. Hieraus folgt, daß 1983 der Fiskus der DDR bei jedem Einkauf von Genußmitteln und Industriewaren im Einzelhandel in Höhe von 100 Mark durchschnittlich mit 56 Mark Verbrauchssteuern beteiligt war. (Vgl. Tabelle 3; dazu die VO über produktgebundene Abgaben und Preisstützungen vom 1. 7. 1982, GBl. I, S. 547 ff.)
B. Steuern vom Arbeitseinkommen
1. Steuerobjekt. Zu den steuerpflichtigen Arbeitseinkommen rechnen 2 Einkommensarten:
a) Lohneinkünfte aus unselbständiger Erwerbstätigkeit und
b) Einkünfte der steuerlich begünstigten freischaffenden Intelligenz aus selbständiger Erwerbstätigkeit.
2. Steuerprinzipien. Steuertarife und Ziele der Lohnsteuerpolitik. Wie in der Bundesrepublik Deutschland wird auch in der DDR die tarifliche Belastung bei der Besteuerung der Arbeitseinkommen differenziert und nach sozialen Gesichtspunkten abgestuft, indem die St.-Pflichtigen je nach Familienstand und Kinderzahl in verschiedene St.-Klassen eingruppiert werden. Jede Umsetzung in eine höhere St.-Klasse — beginnend mit St.-Klasse I — bringt dem St.-Zahler eine monatliche St.-Ersparnis (Freibetrag) gegenüber der davorliegenden St.-Klasse von 50 Mark ein.
[S. 1324]Die steuerfreie Einkommensgrenze liegt bei Verheirateten (St.-Klasse II) bei 231 Mark im Monat und bei verheirateten Werktätigen mit 2 Kindern (St.-Klasse III/2) bei monatlich 330 Mark. Bei verheirateten Beschäftigten, die 2 Kinder haben, steigt die Lohnsteuer von der Untergrenze von 332 Mark im Monat bis zu 1400 Mark Monatseinkommen progressiv an. Über dieser Einkommenshöhe unterliegen die Einkünfte der Steuerpflichtigen nur noch einer gleichbleibenden St.-Belastung von 20 v.H. Das Lohnsteuersystem der DDR führt zu dem sozial nachteiligen Ergebnis, daß aufgrund der Proportionalbesteuerung der höheren Einkommen die kleinen und mittleren Einkommen relativ viel stärker mit Lohn-St. belastet werden als die Bezüge der Spitzenverdiener.
Durch diese Regelung, die vom Aspekt der sozialen Gerechtigkeit her gesehen nicht vertretbar ist, soll der Leistungswille der Erwerbstätigen gestärkt und vor allem die Aufstiegsbereitschaft der qualifizierten Arbeitnehmer gefördert werden. Wie dieses Beispiel zeigt, dienen in der DDR gezielte St.-Verschonungen und St.-Vergünstigungen als ein vielseitig genutztes Mittel, um die Werktätigen im Produktionsprozeß zu Höchstleistungen anzuspornen. Gemäß dieser Zielstellung werden die den Werktätigen für außerordentliche und überdurchschnittliche Leistungen gezahlten Entgelte in abgestuftem Ausmaß von der Lohnbesteuerung freigestellt.
3. Steuerbefreiungen. Zu den steuerfreien Einkünften der unselbständig Beschäftigten gehören:
a) Vergütungen und Sonderprämien für verwertete Neuerervorschläge bis zur Höhe von 10.000 Mark (Sozialistischer Wettbewerb, III. C.);
b) Vergütungen, die Inhabern von Wirtschaftspatenten für den Verkauf ihrer Nutzungsrechte oder für die zeitweise Verwertung ihrer Erfindung durch Dritte gezahlt werden, soweit das gezahlte Entgelt 10.000 Mark nicht übersteigt (Patentwesen);
c) Preise und Prämien, die in Verbindung mit der Verleihung von staatlichen Auszeichnungen an Preisträger und an Träger von Ehrentiteln für hervorragende Leistungen gezahlt werden (Auszeichnungen);
d) Vergütungen und Prämien, die für die Sammlung und Aufbereitung von Sekundärrohstoffen gezahlt werden;
e) Vergütungen für die außerhalb der gesetzlichen Arbeitszeit geleisteten zusätzlichen Arbeiten zur Durchführung von baulichen Erhaltungsmaßnahmen an Wohnhäusern und an öffentlichen Gebäuden und
f) Zinsen für Sparguthaben.
Anders als in der Bundesrepublik wird darüber hinaus auch der Nutzungswert eines selbst bewohnten Eigenheims nicht zum steuerpflichtigen Einkommen hinzugerechnet, soweit der Eigentümer ausschließlich Arbeitseinkommen bezieht.
Finanziell besonders vorteilhaft ist für die Werktätigen, daß der Staat völlig auf die Besteuerung der Überstundenzuschläge, der Zulagen für den Schichtdienst, die Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit und auf die Abgabenbelastung der Prämien verzichtet hat, welche die Belegschaften am Ende des Planjahres aus den betrieblichen Prämienfonds erhalten (Lohnformen und Lohnsystem, V.; Lohnzuschläge). Diese Freistellung der Jahresendprämie von der Lohnbesteuerung hat zur Folge, daß die Beschäftigten der Staatswirtschaft der DDR seit 1975 im Durchschnitt mehr als ein Monatseinkommen als steuerfreie Sondervergütung erhalten (vgl. u.a. die Lohnzuschlags-VO vom 28. 5. 1958, GBl. I, S. 417 ff.; AO über die Zulässigkeit, Vergütung und Kontrolle von zusätzlicher Arbeit … vom 25. 8. 1975, GBl. I, S. 632 ff. i. d. F. der AO Nr. 2 vom 27. 10. 1978, GBl. I, S. 419; AO zur Änderung der Richtlinie über die Besteuerung des Arbeitseinkommens vom 21. 12. 1979, GBl. I, 1980, S. 22 f.)
4. Ermäßigte Steuersätze. Mit einem ermäßigten Lohnsteuersatz von gleichbleibend nur 5 v.H. hat der Fiskus die Akkordzuschläge, die über den Leistungsgrundlohn hinaus gezahlten Mehrleistungslöhne und diejenigen Prämien belegt, die Erwerbstätigen ergänzend zu den nach Tarif gezahlten Zeitlöhnen ausbezahlt werden.
5. Werbungskosten und Sonderausgaben. Um das der Besteuerung zugrunde gelegte „steuerpflichtige Einkommen“ zu ermitteln, dürfen auch die Erwerbstätigen in der DDR ihre Geldeinkünfte um ausgewählte berufsbedingte Sonderaufwendungen und um außergewöhnliche finanzielle Belastungen z.B. infolge von körperlichen Gebrechen kürzen. So haben z.B. bei Vorlage eines amtlichen Beschädigtenausweises Geschädigte einen Anspruch auf eine St.-Ermäßigung von 70 Mark und Schwerbeschädigte einen Anspruch auf einen St.-Freibetrag von 140 Mark im Monat. Im Unterschied zur Bundesrepublik werden jedoch den unselbständigen Erwerbstätigen und den freiberuflich tätigen Selbständigen nur wenige Möglichkeiten geboten, um Werbungskosten und Sonderausgaben geltend zu machen.
6. Die Abgabenbelastung der steuerlich privilegierten freischaffenden Intelligenz. Zu der in der DDR steuerlich privilegierten Intelligenz gehören alle Schriftsteller, Künstler, die noch selbständig arbeitenden Forscher, Lehrer und Erfinder und sämtliche Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte (Freie Berufe). Die diesem Personenkreis eingeräumte steuerliche Vorzugsstellung soll nach dem erklärten Willen der Regierung dazu dienen, das Bündnis der sog. freischaffenden Intelligenz mit der [S. 1325]Arbeiterklasse und mit den werktätigen Bauern zu festigen. Bis zum Bau der Sperrmauer in Berlin erhoffte sich die SED-Führung ferner, daß die den Selbständigen gewährten St.-Privilegien als „ökonomische Barriere“ wirken würden, um diese Berufsgruppe an der Flucht in den Westen zu hindern.
Soweit die durch freiberufliche Tätigkeit erzielten Einkommen zu den steuerlich geschonten persönlichen Einkünften zählen, werden sie bis zu einem Jahreseinkommen von 15.100 Mark genauso besteuert wie die Löhne und Gehälter der Arbeiter und Angestellten. Im Unterschied zur Lohnbesteuerung steigt jedoch bei diesen Berufsgruppen darüber hinaus der St.-Tarif weiter progressiv an. Bei einem Jahreseinkommen von 34.000 Mark erreicht die Progression ihren Höchstsatz von 30 v.H. und geht dann auf diesem Belastungsniveau in eine gleichbleibende Proportionalbesteuerung über (Steuersatztabelle I; Steuerklasse I). (Vgl. das Gesetz zur Änderung der Besteuerung der steuerbegünstigten freischaffenden Intelligenz vom 28. 5. 1958, GBl. I, S. 453 ff.)
Bis Ende 1970 gehörten auch die selbständig arbeitenden Architekten, Ingenieure, Kunsthandwerker, Übersetzer, Werbefachleute und Gebrauchsgraphiker, soweit diese nicht mehr als 2 technische Hilfskräfte beschäftigten, zu den steuerlich bevorrechtigten freien Berufen. Diese für DDR-Verhältnisse zumeist sehr gut verdienenden Selbständigen wurden vom 1. 1. 1971 an einer etwas strengeren Besteuerung unterworfen. Beziehen diese Selbständigen ein Jahreseinkommen, das über 15.100 Mark liegt, so nimmt seitdem von dieser Verdienstschwelle an die St.-Progression merklich zu. Die St.-Satzerhöhungen erreichen bei einem Jahreseinkommen von über 100.000 Mark den Spitzensteuersatz von 60 v.H. (Jahressteuertabelle M). Noch höhere Einkommen werden dann gleichbleibend mit diesem St.-Satz belegt und zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben herangezogen (vgl. VO über die Besteuerung von Berufsgruppen freiberuflich Tätiger vom 15. 12. 1970, GBl. II, S. 690 ff.).
In den 13 Jahren von 1971 bis 1983 stiegen die Einnahmen des Staatshaushalts der DDR aus der Lohn-St. und aus der Einkommensteuer der freiberuflich tätigen Selbständigen um 112 v.H. von 3,71 Mrd. Mark auf 7,88 Mrd. Mark. Diese wachsende Ertragskraft der St. vom Arbeitseinkommen ergibt sich aus den seit 1953 konstanten St.-Tarifen und aus dem seit 1970 vergleichsweise rascheren Anstieg der Löhne und Gehälter, durch den eine immer größere Zahl von Einkommensbeziehern in die höheren Progressionsstufen gelangt. Trotz dieser steigenden Einkünfte der Staatskasse aus der Besteuerung der Arbeitseinkommen ist die relative Bedeutung dieser St.-Quelle für die Mittelbeschaffung des Staates jedoch leicht zurückgegangen, da das Einnahmenvolumen des Budgets insgesamt schneller gestiegen ist als die Erträge aus der Einkommenbesteuerung der Werktätigen (vgl. Tabelle 4).
Getrennte Angaben über die Zahlungsleistungen der Lohnsteuerzahler und die St.-Zahlungen der freischaffenden Intelligenz wurden bisher nicht veröffentlicht. Da jedoch in der DDR nur noch 0,1 v.H. aller Berufstätigen freiberuflich tätig sind, dürfte der Beitrag der Selbständigen zum gesamten St.-Ertrag [S. 1326]aus der Besteuerung des Arbeitseinkommens höchstens 2 v.H. betragen.
VI. Die Steuern der nicht verstaatlichten Wirtschaft
Zu diesen nach Eigentums- und Betriebsformen spezialisierten St. gehören:
a) die St. der Produktionsgenossenschaften des Handwerks (PGH),
b) die St. der privat wirtschaftenden Handwerker (Handwerkssteuer),
c) die Abgaben der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG) (Agrarsteuern),
d) die St. der Konsumgenossenschaften und der übrigen Genossenschaftsarten (Vereinigung der gegenseitigen Bauernhilfe [VdgB]),
e) die St. der Kommissionshändler (Binnenhandel, III. B. 1.) und
f) die St. der restlichen privaten Wirtschaft (= St. der privaten Gewerbebetriebe und Besteuerung der Einnahmen dieser kleinen privaten Produktionsorganisationen).
Um private Handwerker, deren Produktionsleistung fast 60 v.H. der gesamten Leistungen des Handwerks in der DDR ausmacht, zum Zusammenschluß in einer PGH zu veranlassen, verzichtet der Fiskus während der ersten 2 Jahre nach der Gründung einer Produktionsgenossenschaft auf sämtliche St.-Forderungen an den neuen Betrieb. Die eingesparten Betriebs-St. müssen allerdings für Erweiterungs- und Modernisierungsinvestitionen verwendet werden. Nach Ablauf der 2 Jahre haben die in dieser Rechtsform gegründeten Produktionsorganisationen eine Gewinn-St., eine Umsatz-St. und (seit 1. 1. 1971) auch eine Produktionsfonds-St. (= Kapital-St.) an die Staatskasse zu zahlen. (Vgl. Schaubild 3.) Darüber hinaus werden auch die persönlichen Einkünfte der PGH-Mitglieder mit einer Einkommensteuer belegt. (Vgl. Schaubild 4.)
Erbringen die PGH hauptsächlich Handwerkerleistungen für die Bevölkerung (einschließlich Repara[S. 1327]turen und Werterhaltungsmaßnahmen an Wohnhäusern und öffentlichen Gebäuden), beträgt die Gewinn-St. — je nach der Höhe des erwirtschafteten Gewinns je Genossenschaftsmitglied — zwischen 2 und 45 v.H. Werden dagegen von den PGH vorwiegend Waren erzeugt, die an Industriebetriebe weiterverkauft werden, so wird der pro Jahr auf die Mitglieder der Genossenschaft entfallende Gewinnanteil nach einem progressiv ansteigenden Tarif mit einer Gewinn-St. belastet. Die Abgabesätze reichen von 2 bis 60 v.H. der im Durchschnitt je Mitglied während des Wirtschaftsjahres erwirtschafteten Gewinnsumme.
Die Anwendung von 2 Gewinnsteuertarifen mit unterschiedlicher Belastung der Betriebsgewinne wird damit begründet, daß die Gewinne der industriell produzierenden PGH und derjenigen Genossenschaften, die sich auf Neubauleistungen spezialisiert haben, viel höher seien als die der allein mit der Ausführung von Dienstleistungen befaßten PGH. [S. 1328]Durch die ermäßigte Besteuerung der Gewinne allein aus Handwerkerleistungen soll verhindert werden, daß als Dienstleistungs-PGH gegründete Betriebe ihr Leistungsangebot nach kurzer Zeit einstellen, zur Herstellung von Industriegütern übergehen und damit die Versorgungsmängel im Dienstleistungsbereich weiter vergrößern.
Die Erlöse der PGH aus dem Absatz von Waren und Dienstleistungen sind generell umsatzsteuerpflichtig, es sei denn, daß bestimmte Warenumsätze von der St.-Pflicht befreit wurden. Die Zahlung von Umsatzsteuern entfällt auch dann, wenn durch die in Abständen durchgeführten Preisreformen in den Jahren von 1964 bis 1984 die Preise für bestimmte von den PGH hergestellte Produktionsmittel (Halbwaren, Investitionsgüter) mehrfach angehoben wurden (Preissystem und Preispolitik). In diesem Fall müssen die PGH anstelle der Umsatz-St. eine Produktionsfonds-St. zahlen.
Der St.-Aufschlag für den Umsatz der PGH beträgt in der Regel 3 v.H. auf den Verkaufswert der Lieferungen und Leistungen. Bei Umsätzen aus dem Verkauf von Brot und Backwaren sowie von Fleisch und Wurstwaren wird eine niedrigere Umsatz-St. fällig. Sie beträgt beim Absatz von Brot und Backwaren 1,5 v.H. und beim Verkauf von Fleischwaren 1,35 v.H. des Erlöses.
Alle PGH, die mit Hilfe industrieller Fertigungsverfahren Halbwaren und Endprodukte herstellen oder industrielle Leistungen erbringen, für die sie ab 1964 mehrfach heraufgesetzte Industrieabgabepreise erhalten, müssen seit 1971 eine Produktionsfonds-St. an die Staatskasse abführen. Der St.-Pflicht sind bei dieser Abgabe alle PGH des Bauhaupt- und des Baunebengewerbes sowie alle mit der Instandhaltung von Kraftfahrzeugen befaßten PGH unterworfen. St.-Bemessungsgrundlage ist dabei der Anschaffungswert der Anlagengüter und Umlaufmittel, die während des Wirtschaftsjahres in den PGH eingesetzt waren. Der St.-Satz der Kapital-St. beträgt in der Regel 6 v.H. des „Bruttowertes der produktiven Fonds“. Für die PGH des Kraftfahrzeughandwerks gelten niedrigere St.-Sätze als 6 v.H.
Die Produktionsfonds-St. ist kein Bestandteil der Produktionskosten und wird daher bei der Preiskalkulation nicht dem Abnehmer der Waren und Dienstleistungen in Rechnung gestellt. Die sich aus dieser Abgabe ergebenden St.-Forderungen müssen vielmehr von den PGH aus dem Bruttogewinn beglichen werden. Der danach verbleibende Nettogewinn ist Grundlage für die Ermittlung der Gewinnsteuerschuld.
Die Einkommen der Genossenschaftsmitglieder aus Arbeitsleistungen für die PGH (= Leistungsgrundvergütungen; Grundlöhne) werden in gleicher Weise besteuert wie die Einkommen der Arbeiter und Angestellten in den VEB, Kombinaten und staatlichen Behörden. (Vgl. ferner die Angaben zur Besteuerung der persönlichen Einkünfte der PGH-Mitglieder im Schaubild 4.)
B. Die Steuern der Konsumgenossenschaften
Die Besteuerung der Konsumgenossenschaften ist ähnlich wie die der Staatsbetriebe geregelt. Von diesen Genossenschaften zieht der Fiskus die von ihnen eingenommenen Umsatz- und Verbrauchs-St. ein, belastet ihre Gewinne mit einer Nettogewinnabgabe und verlangt zudem die Zahlung einer Kapital-St. in Höhe von 3 v.H. bezogen auf das in diesen Handelsbetrieben eingesetzte Anlagen- und Umlaufvermögen einschl. der Warenlager.
C. Die Steuerverpflichtungen der Kommissionshändler
Kommissionshändler sind private Einzelhändler oder Gastwirte, die ihre Handelstätigkeit auf der Grundlage eines Kommissionshandelsvertrages ausüben, den sie mit Zulieferbetrieben des staatseigenen Einzel- und Großhandels abgeschlossen haben (Binnenhandel, III. B. 1.; Kommissionsvertrag). Die Zahl der Angestellten, die in diesen Geschäftsbetrieben beschäftigt werden dürfen, wurde durch den Staat auf wenige Personen beschränkt. Das von den Kommissionshändlern erwirtschaftete steuerpflichtige Einkommen wird formal einer speziellen Einkommensteuer unterworfen. Der Ermittlung der St.-Schuld wird hierbei nicht die Höhe des erzielten Gewinns zugrunde gelegt, sondern das niedrigere „steuerpflichtige Einkommen“ dieser Händler. Der Ausgangsbetrag für die St.-Bemessung ergibt sich erst nach Abzug eines gesetzlich festgelegten Freibetrages, der gezahlten Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung und nach Abzug sonstiger außergewöhnlicher Belastungen vom Gewinn (Erlöse aus Provisionseinnahmen und sonstige Gelderträge abzgl. Betriebs- bzw. Handelskosten). Der zur Feststellung der St.-Schuld herangezogene St.-Tarif entspricht hinsichtlich der St.-Belastung dem Lohnsteuertarif für die Grundlöhne der Arbeiter und Angestellten. Übersteigt der Jahresgewinn eines Kommissionshändlers 24.000 Mark, so muß dieser allerdings für den über diese Summe hinausgehenden Gewinnbetrag eine um 50 v.H. höhere Einkommen-St. bezahlen. (Vgl. 1. VO über die Besteuerung der Kommissionshändler vom 24. 12. 1959, GBl. I, 1960, S. 19 ff.; 2. VO über die Besteuerung der Kommissionshändler vom 15. 12. 1970, GBl. II, S. 689 ff.)
D. Die Besteuerung der restlichen Privatwirtschaft
Die Eigentümer der wenigen, noch verbliebenen Privatbetriebe werden zur Zahlung einer Gewerbe-St., einer Beförderungs-St., einer Umsatz-St., einer Produktionsfonds-St., einer Einkommen-St. und einer Vermögen-St. herangezogen. Zum Kreis der Eigentümer von Privatbetrieben, der privaten [S. 1329]Gewerbetreibenden und freiberuflich tätigen Selbständigen (soweit sie nicht steuerlich privilegiert sind) zählen:
- Inhaber bestimmter Dienstleistungsbetriebe (z.B. Textilreinigungsbetriebe),
- private Einzelhändler und Gastwirte ohne Kommissionsvertrag sowie sonstige privat geführte Handelsbetriebe (z.B. Buchhandlungen, Kohlenhandlungen),
- Eigentümer von Gärtnereien,
- Inhaber kleiner Verkehrsbetriebe,
- Hauseigentümer und
- bestimmte freie Berufe (Rechtsanwälte, Helfer in Steuersachen; Steuerberater).
Die bei einem Teil dieser Betriebs- und Personen-St. angewendeten Besteuerungstechniken ähneln noch den aus der Bundesrepublik Deutschland vertrauten Abgabeformen gleichen Namens.
In der DDR werden die Bezieher von Einkünften aus privater Unternehmertätigkeit und aus Kapitalvermögen (einschließlich Mieten und Pachten) steuerlich diskriminiert. Deshalb müssen diese Einkommensbezieher im Unterschied zu den Beziehern von Arbeitseinkommen (Arbeiter und Angestellte) exorbitant hohe und progressiv ansteigende Ansprüche des Fiskus an ihre persönlichen Geldbezüge hinnehmen und erfüllen.
VII. Sonstige Steuern
Einnahmen aus sonstigen St. erzielt der DDR-Fiskus durch folgende St.-Arten:
- a) die Vermögen-St.,
- b) die Erbschaft-St.,
- c) die Grunderwerb-St.,
- d) die Lotterie-St.,
- e) die Kraftfahrzeug-St. und
- f) die Gemeinde-St.
Diese Abgaben dienen vorwiegend der Mittelbeschaffung zur Auffüllung der Staatskasse. Im Nebenzweck werden einzelne dieser St. auch dazu genutzt, bei der Verwirklichung von bestimmten Gerechtigkeitsforderungen Hilfestellung zu leisten. Die Feststellung der Zahlungspflicht der Bürger bei der Vermögensteuer erfolgt auch in der DDR auf der Grundlage der Zusammenveranlagung der in einem Haushalt lebenden Ehegatten und Kinder. Überschreitet das Vermögen eines alleinlebenden steuerpflichtigen Bürgers 10.000 Mark, so wird er zur Vermögen-St. veranlagt. Bei Verheirateten erhöht sich die Freigrenze für den Ehegatten und für jedes Kind unter 18 Jahren jeweils um weitere 5.000 Mark. Übersteigt das Vermögen eines alleinstehenden Bürgers die Freigrenze von 10.000 Mark, ist jedoch geringer als 25.000 Mark, so beträgt die Vermögensteuer 0,5 v.H. des in Geld bewerteten Vermögens. Ist das steuerpflichtige Gesamtvermögen größer als 25.000 Mark, bleibt aber unterhalb von 500.000 Mark, so steigt der Steuersatz auf 1,5 v.H.
Vermögen oberhalb dieser Wertgrenze werden mit einer Abgabenrate von 2,5 v.H. belastet. Die tarifliche Vermögenbesteuerung ist somit in der DDR erheblich höher als in der Bundesrepublik Deutschland.
Bisher hat die Wirtschaftsverwaltung allerdings noch niemals Angaben über die Zahl der in der DDR vermögensteuerpflichtigen Haushalte in den einzelnen St.-Klassen veröffentlicht. In der finanzwissenschaftlichen Literatur wird lediglich allgemein darauf hingewiesen, daß „die Mehrzahl der Bürger … keine Vermögensteuer zu zahlen … braucht“. Für diese Angabe spricht, daß in der DDR die Hauptformen der privaten Geldvermögensbildung, dazu zählen die auf den Sparbuch- und Spargirokonten angesammelten Guthaben sowie die Renten- und Versicherungsansprüche (Versicherungssparen), nicht zum steuerpflichtigen Vermögen rechnen (Sparen). Außerdem wird bei Kunstgegenständen und Sammlungen von Antiquitäten, deren Wert oft nur schwer zu schätzen ist, eine Freigrenze von 50.000 Mark anerkannt. Darüber hinaus werden heute auch den privaten Handwerkern und Kommissionshändlern für solche Vermögensteile Steuervergünstigungen eingeräumt, die nachweislich für die Erfüllung ihrer gewerblichen Aufgaben mit eingesetzt und genutzt werden (z.B. Grundstücke, Gebäude).
Ebenso wie in der Bundesrepublik unterliegt auch in der DDR das gemäß Erbrecht oder auf Veranlassung des Erblassers sowie des Schenkers übertragene Vermögen einer Erbschaft- und einer Schenkungs-St. Diese Abgabenbelastung ist nach der Höhe der empfangenen Erbschaft oder Schenkung und nach dem Verwandtschaftsgrad gestaffelt. Dabei ist die St.-Klasse I für Ehegatten und Kinder maßgebend, während die St.-Klasse II für alle übrigen Erben und Beschenkten gilt. (Siehe Erbschaftsteuergesetz der DDR vom 18. 9. 1970, GBl., SDr. Nr. 675.) Als Besonderheit des Erbschaftsteuerrechts ist hervorzuheben, daß in der DDR Sparguthaben von Inländern von der Erbschaft-St. befreit sind.
Die Kraftfahrzeug-St. wird in der DDR ähnlich wie in der Bundesrepublik nach dem Hubraum (bei Personenkraftwagen und Motorrädern), der PS-Höchstbremsleistung (bei Zugmaschinen) und nach dem Eigengewicht (bei Lastkraftwagen und Omnibussen) bemessen. Sie wird seit 1962 in einem zusammengefaßten Zahlungsverfahren zusammen mit den Beiträgen zur Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung eingezogen. Zur St.-Zahlung verpflichtet sind jeweils die Halter der Kraftfahrzeuge (Genossenschaften, Privatbetriebe, Privatpersonen). Staatsbetriebe und Betriebsvereinigungen aller Art sind seit 1962 von der Zahlung von Kraftfahrzeug-St. befreit. (VO über die Kraftfahrzeugsteuer vom 16. 11. 1961, GBl. II, S. 505, und 1. DB vom 17. 11. [S. 1330]1961, ebd., S. 506 ff., sowie VO über die Kraftfahr-Haftpflicht-Versicherung vom 16. 11. 1961, GBl. II, S. 503/504, und 1. DB, ebd., S. 504 ff.)
Gemeinde-St. sind die von den Räten der Städte und Gemeinden erhobenen St., die unmittelbar in die Haushalte der örtlichen Volksvertretungen fließen. Aus den „gemeindeeigenen“ St.-Quellen beziehen die Gemeinden der DDR seit Anfang der 60er Jahre direkte Einnahmen von rd. 500 bis 540 Millionen Mark im Jahr. Dieser Betrag entspricht dem bescheidenen Anteil von 0,4 bis 1,0 v.H. der Gesamteinnahmen des Gesamthaushaltes der DDR (nach westlicher Abgrenzung).
Zur Gruppe der Gemeinde-St. gehören die folgenden Abgaben:
- a) die Grund-St.,
- b) die Vergnügungs-St.,
- c) die Hunde-St. und
- d) einige sonstige steuerähnliche Abgaben (Kulturabgabe, Kurtaxen usw.).
In der Regel ist die Grund-St. für die Gemeinden die ergiebigste St. (Grundsteuergesetz i. d. F. vom 18. 9. 1970, GBl., SDr. Nr. 676).
VIII. Kirchensteuer
Die Kirchen-St. ist in der DDR trotz ihres irreführenden Namens eine freiwillige, nicht einklagbare Geldleistung der Mitglieder der Religionsgemeinschaften zur Finanzierung ihrer Kirchen, des Gemeindelebens und der karitativen Hilfsmaßnahmen. Da das Kirchengeld keine staatliche St. mehr ist, wird die gewünschte Abgabenleistung auch nicht durch die Wirtschafts- und Finanzverwaltung festgesetzt. Hierfür sind seit Gründung der DDR kircheneigene Verwaltungsstellen zuständig. Höhe und Bemessungsgrundlage der Kirchen-St. sind je nach Religionsgemeinschaft verschieden. So ist in den Bistümern der katholischen Kirche seit 1950 Bemessungsgrundlage der Kirchen-St. das Jahresbruttoeinkommen. Vor der Feststellung der tatsächlichen St.-Schuld können jedoch bestimmte, im Detail festgelegte Einkommenskürzungen vorgenommen werden, durch die berücksichtigt wird, wenn Kirchenmitglieder außerordentliche Belastungen zu tragen haben. In den Gliedkirchen des evangelischen Kirchenbundes ist dagegen das Nettogehalt der Gemeindemitglieder Bezugsgrundlage für die Bemessung der Abgabenleistung.
Bei der Einziehung dieser St. sind die Kirchenämter auf den guten Willen und die Mithilfe der Gemeindemitglieder angewiesen.
Im Juni 1972 hat die Leitung des evangelischen Kirchenbundes ihren 8 Landeskirchen empfohlen, die Kirchen-St. in Abhängigkeit vom Nettoeinkommen zu berechnen und bei der Feststellung der St.-Ansprüche die von den Kirchensteuerämtern erarbeitete einheitliche „Nettotabelle“ zu verwenden (s. Mitteilungsblatt des Bundes Evangelischer Kirchen Nr. 4/1972, S. 59 ff.). In der Tabelle sind die Tarifsätze nach Familienstand und Alter differenziert worden. Zum Beispiel müssen Verheiratete und Ledige über 40 Jahren je nach Einkommenshöhe einen Anteil von 0,3 v.H. (bei Nettoeinkommen von 150 Mark monatlich) bis 3 v.H. (bei einem Nettoeinkommen über 2.000 Mark monatlich) ihres Nettoverdienstes als Abgabe zahlen. Auch in der evangelischen Kirche werden bei der St.-Bemessung außerordentliche Belastungen der Gemeindemitglieder berücksichtigt. Als Mindestbetrag je Kirchenmitglied über 18 Jahren wünscht die evangelische Kirchenleitung die Zahlung von 5 Mark im Jahr. Die von den katholischen Bistümern berechneten Abgaben liegen im Niveau über denen der evangelischen Kirche (Kirchen, IV., Kirchen, VI.).
Hannsjörg F. Buck
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