DDR von A-Z, Band 1985

Textilindustrie (1985)

 

 

Siehe auch die Jahre 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979


 

Entsprechend der Industriezweigsystematik der DDR seit 1968 ein eigenständiger Industriebereich, zu dem folgende Zweige zählen: Industrien zur Aufbereitung textiler Rohstoffe; Spinnereien und Zwirnereien; Industrie textiler Flächengebilde; Wirkereien und Strickereien; Textilveredelungs- und -reparaturbetriebe. Anleitendes Organ für die zentralgeleitete T. ist das Ministerium für Leichtindustrie. In der Bezirksgeleiteten Industrie sind in der Textil- und Bekleidungsbranche (Bekleidungsindustrie) etwa 4.000 Arbeiter und Angestellte beschäftigt; in den Produktionsgenossenschaften des Handwerks (Handwerk, I. A.) ca. 12.000.

 

In der T. sind in insgesamt 205 Betrieben 223.828 Arbeiter und Angestellte (7 v.H. aller in der Industrie Beschäftigten) tätig (1982). Im Zeitraum 1970–1982 nahm die Zahl der Beschäftigten um 10 v.H. ab. Von 1970 bis 1982 hat sich die Bruttoproduktion der T. im Jahresdurchschnitt um 4,2 v.H. und damit im Vergleich zur gesamten Industrie unterdurchschnittlich erhöht (die industrielle Bruttoproduktion stieg im gleichen Zeitraum jahresdurchschnittlich um 5,3 v.H.). Der jahresdurchschnittliche Produktionszuwachs der T. betrug im Zeitraum 1961–1965 2,5 v.H., 1966–1970 4,4 v.H., 1971–1975 5,3 v.H., 1976–1980 3,9 v.H. und 1981–1982 2,5 v.H.

 

Die T. gehörte vor dem letzten Krieg zu den wichtigsten Industriezweigen Mitteldeutschlands. Gegenwärtig (1982) steht die T. mit 6,1 v.H. der industriellen Warenproduktion an achter Stelle aller 10 Industriebereiche. In der DDR führte die Vernachlässigung der Verbrauchsgüterindustrie zu erheblichem Rückstand auch in der T. In den letzten Jahren sind verstärkt Anstrengungen unternommen worden, moderne Technologien in der T. einzuführen. Das bisher dominierende Webverfahren bei der textilen Flächenherstellung wurde z.B. zunehmend durch eine Reihe effektiver Alternativtechnologien wie Wirken, Stricken, Nähwirken abgelöst. Die in der DDR entwickelte und mit großem Aufwand eingeführte Nähwirktechnik hat bisher — trotz produktionstechnischer Vorteile gegenüber der herkömmlichen Webtechnik — international aber keinen entscheidenden Durchbruch erzielen können. In der Gespinstherstellung wurde mit dem Turbinenspinnverfahren eine neue Generation der Baumwolltechnik zum Einsatz gebracht. Die Verarbeitung von Textilfäden und chemischen Endlosmaterialien zur Ablösung der arbeitsaufwendigen Gespinstherstellung stieg auf über 40 v.H. der gesamten Fadenverarbeitung. In der Raumtextilienindustrie wurde das klassische Baumwollbobinettverfahren fast vollständig durch die Rascheltechnik ersetzt. Der DDR-eigene Textilmaschinenbau (Kombinat Textima) stellt der T. vor allem Spinn- und Nähmaschinen sowie Flachstrick-, Kettenwirk- und Teppichwirktechnologien zur Verfügung. Webeautomaten und Spulmaschinen werden aus dem RGW bezogen.

 

Die bedeutendsten Kooperationspartner der zentralgeleiteten T. sind das Kombinat Textima, Karl-Marx-Stadt (Textil- und Konfektionsmaschinen), mit 33.000 und das Chemiefaserkombinat „Wilhelm Pieck“, Schwarza, mit 29.000 Beschäftigten. Die Chemiefaserindustrie der DDR stellt der T. etwa 70 v.H. der verwendeten textilen Rohstoffe zur Verfügung. Die Chemiefaserproduktion wurde in den letzten Jahren stetig erhöht; 1982 betrug sie 276.400 t (1970: 162.700 t). Pro Kopf der Bevölkerung produziert die DDR somit 16,5 kg pro Jahr und besetzt damit einen Spitzenplatz im internationalen Vergleich. Das Produktionsverhältnis von zellulosischen zu synthetischen Fasern ist aber weiterhin ungünstig (1:1,6).

 

 

Das Fehlen hochwertiger Natur- und Synthefasern begrenzt seit Jahren das Wachstum der T. ebenso wie die Drosselung von Neu- und Erweiterungsinvestitionen. Die Spinnereien und Zwirnereien, die in ihrer überwie[S. 1356]genden Zahl zu den Kombinaten Wolle und Seide/Meerane und Baumwolle/Karl-Marx-Stadt gehören, standen 1982 weniger Naturfasern zur Weiterverarbeitung zur Verfügung als noch 1970. Während die Baumwolleinfuhren durch eine Erhöhung um 23 v.H. 1982 gegenüber 1981 das Niveau des Jahres 1970 wieder erreichten, wurde die Einfuhr von Schurwolle gegenüber 1970 um 45 v.H. vermindert. Die annähernde Verdoppelung der heimischen Schafwollproduktion konnte den Einfuhrrückgang nicht ausgleichen.

 

 

Die T. ist vor allem im Bezirk Karl-Marx-Stadt konzentriert. Auf diesen Bezirk entfielen 1982 51,5 v.H. der Bruttoproduktion der T. der DDR. Der Bezirk Dresden stand mit 17 v.H. an zweiter und der Bezirk Erfurt mit 10,8 v.H. an dritter Stelle. Industrie.


 

Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 1355–1356


 

Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

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