DDR von A-Z, Band 1985

Warschauer Pakt (1985)

 

 

Siehe auch:


 

Im Westen gebräuchliche Kurzform für den „Vertrag über Freundschaft, Zusammenarbeit und gegenseitigen Beistand“, der am 14. 5. 1955 zwischen UdSSR, Albanien, Bulgarien, DDR, Polen, Rumänien, ČSSR und Ungarn als militärischer Beistandspakt abgeschlossen wurde. Die Nationale Volksarmee (NVA), durch Gesetz vom 18. 1. 1956 geschaffen (faktisch aus den bereits bestehenden Verbänden der „Kasernierten Volkspolizei“ hervorgegangen), wurde am 28. 1. 1956 dem Vereinten Oberkommando unterstellt. Albanien ist im September 1968 aus Protest gegen den Einmarsch von WP.-Truppen in die ČSSR am 21. 8. 1968 aus der Paktorganisation ausgetreten. Der WP. soll ausschließlich bei einem Angriff auf einen oder mehrere Unterzeichnerstaaten „in Europa“ wirksam werden. Er wurde auf die Dauer von 20 Jahren abgeschlossen und bleibt, da er 1975 nicht gekündigt wurde, weitere 10 Jahre bis Mai 1985 in Kraft. Eine weitere automatische Verlängerung ist laut Vertragstext nicht vorgesehen. Über die Fortgeltung bzw. Erneuerung dieses Vertrages muß daher zwischen den Bündnispartnern verhandelt werden. Organe des WP. sind:

 

Der Politische Beratende Ausschuß (PBA); ihm gehören die Ersten Sekretäre der kommunistischen Parteien, die Regierungschefs, die Außen- und Verteidigungsminister der Mitgliedstaaten, der sowjetische Generalstabschef, der sowjetische Oberkommandierende der Vereinten Streitkräfte und dessen Stabschef an. Dem PBA stehen Hilfsorgane zur Verfügung: a) die Ständige Kommission (für Logistik, Rüstungsforschung usw.), b) das Vereinigte Sekretariat; Vorsitzender ist in Personalunion der Chef des Stabes des Vereinten Oberkommandos. Die Position ist stets mit einem hohen sowjetischen Armeeführer besetzt, gegenwärtig (seit Oktober 1976) mit Armeegeneral A. Gribkow, dem bisherigen Befehlshaber des Leningrader Militärbezirkes. Der PBA gilt formal als höchstes Organ des WP.

 

Das Vereinte Oberkommando mit Sitz in Moskau; an der Spitze steht seit 1956 stets ein sowjetischer General, seit November 1976 Marschall W. G. Kulikow. Die Verteidigungsminister der Mitgliedstaaten fungieren als seine Stellvertreter. Sie leiten gelegentlich auch gemeinsame Manöver der Paktstreitkräfte.

 

Das Komitee der Verteidigungsminister (seit 1969); sie sind gleichzeitig stellvertretende Oberbefehlshaber der Vereinten Streitkräfte und Oberste Befehlshaber der Streitkräfte des eigenen Landes. Es wird ebenfalls vom sowjetischen Oberkommandierenden geleitet. Ihm gehören ferner die stellvertretenden Verteidigungsminister und hohe sowjetische Militärs an. Außerdem delegiert jedes Mitgliedsland einen hochrangigen Offizier als Vertreter in das Vereinte Oberkommando; das Oberkommando entsendet einen „Vertreter des Vereinten Oberkommandos“ in jedes Teilnehmerland (mit Ausnahme Rumäniens).

 

Der Stab des Vereinten Oberkommandos mit Sitz in Moskau. Chef des Stabes war bisher stets ein sowjetischer Militärführer. Konferenzen mit den Stabschefs bzw. den Chefs der Hauptstäbe der Armeen der Mitgliedstaaten finden regelmäßig statt.

 

Als beratendes Organ fungiert der Militärrat der Vereinten Streitkräfte; Vorsitzender ist ebenfalls der Oberbefehlshaber des Vereinten Oberkommandos. Ihm gehören ferner die Generalstabschefs bzw. die Chefs der Hauptstäbe der Mitgliedsländer und die Verbindungsoffiziere beim Vereinten Oberkommando an.

 

Ein 1974 gegründetes Technisches Komitee berät in Fragen der Standardisierung, der Rüstungsindustrie (der Beziehungen zum Rat für Gegenseitige Wirtschaftshilfe [RGW]) und der Militärhilfe.

 

Um den höchstens einmal jährlich tagenden PBA bei seiner Aufgabe der Koordinierung der Außenpolitik der Mitgliedstaaten zu unterstützen, wurde auf der Tagung vom November 1976, die erstmals seit 10 Jahren wieder in Bukarest stattfand, der weitere institutionelle Ausbau des WP. beschlossen. Zu diesem Zweck ist ein Komitee der Außenminister konstituiert worden, dessen bisher nicht näher beschriebene Kompetenzen z. T. von regelmäßigen Konferenzen der Stellvertretenden Außenminister der Mitgliedstaaten wahrgenommen werden.

 

Eine weitere Stärkung der politischen Funktionen des WP. ist in den bis zum Tode Breschnews (November 1982) zur Regel (Ausnahme: 1975) gewordenen Krim-Konferenzen der Ersten und Generalsekretäre der kommunistischen Parteien der WP.-Staaten zu sehen. Die Nachfolger Breschnews, Andropow und Tschernenko, haben die Praxis der Krim-Treffen nicht fortgesetzt.

 

Dem Vereinten Oberkommando unterstehen im Kriegsfall (in dem alle Kommandogewalt allerdings auf den sowjetischen Verteidigungsminister bzw. den Generalsekretär der KPdSU übergehen dürfte) alle Land- und Luftstreitkräfte der Teilnehmerstaaten; die Seestreitkräfte Polens, der DDR und der sowjetischen Ostseeflotte auch zu Friedenszeiten der Vereinten Ostseeflotte mit Sitz in Leningrad. In Friedenszeiten unterstellen die Teilnehmerstaaten nur Teile ihrer Streitkräfte dem Vereinten Oberkommando. Ständig unterstellt sind:

 

die sowjetischen Truppen in Polen (Gruppe Nord, Hauptquartier Liegnitz — 2 Divisionen), in Ungarn (Gruppe Süd, Hauptquartier Budapest — 4 Divisionen); in der ČSSR (Zentrale Gruppe, Hauptquartier Milovice [S. 1460]— 5 Divisionen); die Gruppe Sowjetischer Streitkräfte in Deutschland (GSSD) (Hauptquartier Wünsdorf bei Berlin — 20 Divisionen mit rd. 380.000 Mann, einschließlich 20 Raketen-Bataillonen, die mit taktischen Kurzstreckenraketen ausgerüstet sind. Ferner untersteht der GSSD die 24. Taktische Luftflotte, die als modernste Luftstreitmacht der sowjetischen Armee gilt);

 

alle bewaffneten Verbände der Nationalen Volksarmee der DDR (NVA, Hauptquartier Strausberg bei Berlin, insgesamt rd. 211.000 Mann, einschließlich Grenztruppen der DDR) ohne Einheiten der Territorialverteidigung (ca. 500.000 Mann).

 

Bei den folgenden Ausführungen über die Kampfkraft von Streitkräften und bei den zahlenmäßigen Vergleichen ist zu beachten, daß derartige Bewertungen und tabellarische Aufstellungen nur begrenzte Aussagekraft haben. Die Kampfmoral militärischer Verbände, die technische Qualität und Störanfälligkeit militärischen Geräts, die Zerstörungskraft von Waffen usw. sind nicht nur vielfach unbekannt bzw. bedürften einer sehr eingehenden, differenzierenden — hier nicht zu leistenden — Darstellung, sondern hängen vor allem auch von den konkreten Bedingungen ihres Einsatzes ab.

 

 

In der konventionellen Bewaffnung scheint der WP. [S. 1461]dem Nordatlantischen Verteidigungsbündnis (NATO) zahlenmäßig weit überlegen zu sein.

 

Allerdings ist die Kampfkraft der Verbände nur schwer einzuschätzen; Vorteile auf seiten des WP. bestehen aber darin, daß die Waffensysteme im Gegensatz zur NATO weitgehend standardisiert und bei einzelnen Typen (schwere Artillerie, Panzer) vollständig vereinheitlicht worden sind.

 

 

Die Bewaffnung aller Verbände der Mitgliedstaaten des WP. wurde auch qualitativ der der sowjetischen Armee angeglichen und wird von westlichen Militärexperten als modern und teilweise der NATO gleichwertig eingeschätzt. Obwohl die UdSSR sowohl der Ausrüstung als auch der Reorganisation der Armeen des WP., insbesondere nach der Invasion der ČSSR 1968, größere Aufmerksamkeit widmete, hat sie bisher weder Atomwaffen noch strategische und taktische Trägersysteme an die Armeen der übrigen Mitgliedstaaten weitergegeben. Unbekannt ist, ob sie Personal der anderen „Bruderarmeen“ an atomaren Waffen ausbildet.

 

Seit Mitte 1976 sind verstärkte militärische Aufrüstungen im Rahmen des WP. festzustellen. So wird z.B. die Umrüstung der GSSD auf den modernsten sowjetischen Panzertyp, den T-72/80 durchgeführt. Ferner wurden rd. 380 (Stand: 31. 7. 1984) der mehr als 650 in den westlichen Militärbezirken der UdSSR stationierten Mittelstreckenraketen (Reichweite: 2.000 bis 7.400 km) mit modernsten Mehrfachsprengköpfen (3 × 150 KT MIRV) ausgestattet. Als Reaktion auf den für Anfang 1984 geplanten Beginn der Stationierung landgestützter amerikanischer Mittelstreckenraketen (Pershing II, Reichweite 1800 km) in einigen Ländern Westeuropas einschließlich der Bundesrepublik Deutschland hat die UdSSR ihren bereits im Herbst 1983 verkündeten Beschluß bezeichnet, „nach Vereinbarung“ mit der DDR und der ČSSR in beiden Ländern neue Raketensysteme „operativ-taktischer Reichweite“ zu stationieren. Faktisch dürfte es sich dabei jedoch um die Durchführung eines umfassenden, lange vorbereiteten Modernisierungsprogramms für bereits in beiden Staaten disloziert, inzwischen aber veraltete Trägersysteme kurzer Reichweite (bis 900 km Reichweite) handeln.

 

Seit 1961 werden gemeinsame Manöver der WP.-Staaten abgehalten, an denen jedoch seit 1968 Rumänien nicht mehr teilnimmt. Neben einer großen Zahl von Kommando- bzw. Kommandostabs-, Nachschub- und Flottenübungen fanden u.a. folgende größere Landmanöver bzw. kombinierte Land- und Luftlandemanöver unter Beteiligung der NVA statt:

  • September 1962 „Vito“ (UdSSR, DDR, ČSSR),
  • September 1963 „Quartett“ (UdSSR, DDR, Polen, ČSSR),
  • April 1965 „Manöverübung Berlin“ (UdSSR, DDR),
  • Oktober 1965 „Oktobersturm“ (UdSSR, DDR, Polen, ČSSR),
  • September 1966 „Moldau“ (UdSSR. DDR, ČSSR, Ungarn),
  • September 1967 „Dnjepr“ (UdSSR, ČSSR, Ungarn, DDR),
  • Juni/Juli 1968 „Böhmerwald“ (UdSSR, Polen, DDR, ČSSR, Ungarn),
  • Juli/August 1968 „Njemen“ (UdSSR, DDR, Polen, Ungarn),
  • September/Oktober 1969 „Oder-Neiße“ (UdSSR, Polen, DDR),
  • Oktober 1970 „Waffenbrüderschaft“ (UdSSR, DDR, ČSSR, Ungarn, Bulgarien),
  • Oktober/November 1972 „Schild 72“ (UdSSR, DDR, ČSSR, Polen, Ungarn),
  • September 1976 „Schild 76“ (UdSSR, Polen, ČSSR, DDR),
  • August 1980 „Waffenbrüderschaft 80“ (UdSSR, DDR, Bulgarien, Ungarn, ČSSR, Polen, rumänische Stäbe), März/April 1981 „Sojus 81“ (Kommandostabsübung mit Truppenbeteiligung aus der UdSSR, DDR, Polen und der ČSSR),[S. 1462]
  • September/Oktober 1982 „Schild 82“ (alle WP.- Staaten ohne Rumänien),
  • September 1984 „Schild 84“ (alle WP-Staaten ohne Rumänien).

 

Im Jahre 1983 (Mai) fand lediglich eine große Kommandostabübung „Sojus 83“ unter Beteiligung der DDR, Polens und der UdSSR im Süden der DDR statt.

 

Ferner fanden in Ungarn, Bulgarien, der ČSSR, in der Ostsee und im Schwarzen Meer eine Reihe von Manövern statt, an denen die NVA nicht teilnahm.

 

Die NVA nimmt im Rahmen der Vereinten Streitkräfte des WP. eine Sonderstellung ein: Sie gilt gegenwärtig als bestausgerüstete Truppe neben der sowjetischen Armee. Ihre Verbände gehören der 1965 gebildeten „1. Strategischen Staffel“, d.h. einer Gruppierung an, die vor allem aus Truppen der UdSSR, der DDR, Polens und der ČSSR besteht. Diese voll mobile, aufgefüllte und ständig einsatzbereite Formation hat im Fall einer kriegerischen Auseinandersetzung besondere Aufgaben zu erfüllen. Westliche Analysen ergeben, daß sie auch für offensive Einsätze gerüstet und gegliedert ist („Vorwärtsstrategie“ des WP.).

 

DDR-Verteidigungsminister H. Hoffmann hat bisher als einziger Stellvertreter des sowjetischen Oberkommandierenden (mindestens) 3 große Manöver geleitet („Quartett“, „Waffenbrüderschaft“ und ein Manöver im September 1971 in der DDR, an dem neben sowjetischen, polnischen und NVA-Stäben auch größere Truppenteile der 3 Länder teilnahmen).

 

Als einzige Armee ist die NVA voll in die Vereinten Streitkräfte integriert, sie besitzt keinen eigenen Generalstab. Größter, von einem NVA-Offizier selbständig geführter Verband ist die Division.

 

Die Analyse des Textes des Warschauer Vertrages zeigt eine entscheidene Benachteiligung der DDR: Während alle nichtdeutschen Fassungen festlegen, daß die Teilnehmerstaaten selbst Umfang und Zeitpunkt der von ihnen zu leistenden Hilfe (im Beistandsfall) bestimmen, heißt es in der deutschen Übersetzung, daß der von der DDR zugunsten der anderen Mitglieder zu leistende Beistand von diesen bestimmt wird (Art. 11 Abs. 3). Darüber hinaus sieht im Gegensatz zu dem Stationierungsvertrag, der den Aufenthalt sowjetischer Truppen in Polen regelt und der polnischen Regierung formell ein Mitspracherecht bei Truppenbewegungen einräumt, der Truppenstationierungsvertrag zwischen DDR und UdSSR (1957) nur eine „Verständigung“ vor.

 

Trotz dieser relativ größeren Souveränitätsbeschränkungen ist die enge Zusammenarbeit im WP. für die SED-Führung zu einem Grundpfeiler ihrer Außen- und Sicherheitspolitik geworden. Sie sieht im WP. („sozialistische Militärkoalition“, „Bündnis neuen Typs“) das wirksamste Instrument zum eigenen Schutz in ihrer exponierten Lage („an der Scheidelinie zwischen Sozialismus und Kapitalismus/Imperialismus“) und gehört daher, neben der ČSSR, zu den Mitgliedstaaten, die ein besonderes Interesse an Geschlossenheit und — gelegentlich — der Demonstration militärischer Stärke des Bündnisses nach innen und außen bekunden. Darüber hinaus sieht gerade die SED-Führung im WP. zunehmend ein militärisches und politisches Paktsystem, für das sie seit Beginn der 80er Jahre auch die militärökonomische Integration fordert. Für die DDR blieb der WP. gerade in der Entspannungsphase (1970–1980) jene übernationale Staatengemeinschaft, auf die sie wegen ihres eigenen nationalen Legitimationsdefizits auch die Loyalität ihrer Bürger zu konzentrieren suchte.

 

Die politische Bedeutung des WP. resultiert jedoch gegenwärtig vor allem aus seiner Funktion für die Blockpolitik der UdSSR. Aufgrund ihres militärischen und politischen Übergewichts in der Paktorganisation sichert er der sowjetischen Führung die vollständige Kontrolle über alle Streitkräfte der übrigen Staaten, die in Ausbildung, Ausrüstung, Bewaffnung und Logistik vollständig von der UdSSR abhängig sind. Darüber hinaus ist es der UdSSR möglich, durch direkte und indirekte Beeinflussung im Rahmen des WP. die „koordinierte Außenpolitik“ der östlichen Militärallianz so zu gestalten, daß auch bei zunehmender Berücksichtigung der Interessen der kleineren Bündnispartner diese mit ihren eigenen globalen außen- und sicherheitspolitischen Zielen in Übereinstimmung bleiben.

 

Bemerkenswert ist, neben dem Ausbau der politischen Organe des WP., die seit der Tagung der Stellvertretenden Außenminister im Juli 1976 in Moskau zu beobachtende konsultative Teilnahme von Vertretern anderer Staaten (Mongolei, Vietnam, Laos und Kuba) an den Beratungen der Mitgliedsländer.

 

In welchem Umfang die UdSSR die politischen Druckmittel des WP. einzusetzen gedenkt, zeigen die besonders zahlreichen Zusammenkünfte der sowjetischen Führung mit polnischen und rumänischen Partei- und Regierungsvertretern in den Jahren 1976 und 1981/82. Im Falle Rumäniens (1976), das keine Manöver der Paktstreitkräfte auf seinem Staatsgebiet zuläßt und seit 1968 an größeren Paktmanövern nicht mehr mit Kampfverbänden teilnimmt, ging es darum, eine stärkere Mitarbeit des Balkanstaates innerhalb der Paktorganisationen durchzusetzen. Die Rumänen ihrerseits fordern seit Anfang der 60er Jahre mehr Mitbestimmungsrechte auch in militärischen Fragen.

 

Nach Ausbruch der Krise in Polen im Herbst 1980 haben gerade die politischen Interventionen insbesondere der Nachbarn und „Bündnispartner“ UdSSR, DDR und ČSSR sowie größere Manöver u.a. an der Ostgrenze Polens (ohne Beteiligung der DDR) erneut gezeigt, daß der WP. nicht zuletzt ein Instrument zur innenpolitischen Disziplinierung seiner Mitglieder ist.

 

Die für den Ball der Auflösung der NATO dem Westen angebotene Kündigung des Warschauer Vertrages ist politisch ohne Bedeutung, da gegenwärtig zwischen allen Mitgliedstaaten und der UdSSR (wie zwischen den kleineren Teilnehmerländern untereinander) bilaterale Beistandsverträge geschlossen wurden, die von einer Auflösung des WP. nicht betroffen wären. Die DDR hat mit der UdSSR (1964), mit Polen, der ČSSR, Ungarn und Bulgarien (1967 und 1977) und Rumänien (1972) ebenfalls derartige zweiseitige Verträge unterzeichnet, deren Beistandsklauseln denen des WP. entsprechen.

 

[S. 1463]Die militärische Niederschlagung des ungarischen Aufstandes 1956 und die bewaffnete Invasion von Truppen des WP. in der ČSSR 1968 stellen bisher die einzigen Fälle der „Anwendung“ des Warschauer Vertrages dar. In beiden Fällen handelt es sich objektiv um einen Bruch des Vertrages, der nur gegen Angreifer „von außen“, also gegen Nichtmitglieder, wirksam werden sollte.

 

 

Die Militärstrategie des WP. (basierend auf der Militärdoktrin der UdSSR) ist defensiv angelegt. Eine Analyse der Paktmanöver, der Streitkräftestruktur und der Gefechtsausbildung zeigt jedoch auch offensive Elemente einer „Vorwärtsstrategie“. Sie kommt u.a. in der Taktik der „schnellen Vorstöße“ zum Ausdruck, die vorschreibt, nach Ausbruch eines Krieges die militärische Auseinandersetzung so schnell wie möglich auf das Gebiet des Gegners zu verlagern. Militärpolitik.


 

Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 1459–1463


 

Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

Ausführliche Informationen zu den Handbüchern finden Sie hier.