Arbeitskräfte (1985)
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Kriegsfolgen (Zerstörungen, Demontagen, Zustrom von Vertriebenen aus den Ostgebieten) führten auch in der SBZ zu Arbeitslosigkeit. Mit dem Wiederaufbau der Wirtschaft und den starken Abwanderungen in die Bundesrepublik Deutschland wurden seit Mitte der 50er Jahre jedoch die A. in der DDR knapp. Durch den Bau der Mauer in Berlin gelang es 1961, den Beschäftigtenrückgang zu stoppen und in der Folgezeit die Zahl der A. leicht zu erhöhen, obwohl die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter bis 1969 weiter zurückging. Danach stieg die Zahl der Personen im erwerbsfähigen Alter an, weil geburtenstarke Jahrgänge nachrückten und relativ schwach besetzte Altersgruppen die Rentengrenze erreichten. Diese Entwicklung hält noch an, wird aber in der zweiten Hälfte der 80er Jahre zum Stillstand kommen.
Zunächst (nach 1961) wurde die Beschäftigungsausweitung in erster Linie durch eine zunehmende Beanspruchung des weiblichen A.-Potentials erreicht, später (seit Ende der 70er Jahre) erhöhte sich aus demographischen Gründen die Zahl der männlichen Erwerbstätigen.
Die Quote der berufstätigen Frauen (einschl. beschäftigter Rentnerinnen und der in der amtlichen Statistik nicht ausgewiesenen Beschäftigungsgruppen — z.B. im Sicherheitsbereich; nach Berechnungen des DIW) — gemessen an der Zahl der Frauen im erwerbsfähigen Alter — stieg bis 1982 auf 85 v.H. (1960: 67 v.H.).48 von 100 Beschäftigten waren Frauen (1960: 43). Damit dürften fast alle Frauen dieser Altersklassen bis auf Schülerinnen, Studentinnen, Mütter von Kleinkindern usw. berufstätig gewesen sein. Mit dem Ansteigen des Beschäftigungsgrades nahm allerdings die Teilzeitbeschäftigung zu; über ein Viertel aller Frauen arbeitete verkürzt.
[S. 62]Das Arbeitskräftepotential bei den Männern ist völlig ausgeschöpft. Die Quote der männlichen Berufstätigen — bezogen auf die Männer im erwerbsfähigen Alter — betrug 1982 90 v.H. Gut 55 v.H. der Bevölkerung der DDR ist berufstätig (Bundesrepublik Deutschland: 45 v.H.) — eine Erwerbsquote, die zu den höchsten in der Welt zählt.
Seit 1960 hat ein bedeutender Strukturwandel in der Verteilung der A. auf Wirtschaftsbereiche stattgefunden. Die Beschäftigung in der Landwirtschaft nahm ab, während sie in der Bauwirtschaft und im Dienstleistungsbereich zunahm und in den übrigen Bereichen nahezu konstant blieb. Die Veränderungen entsprachen den typischen Tendenzen wachsender Industriegesellschaften. Die Industrie hatte mit 41 v.H. 1982 den höchsten Anteil an der Beschäftigung, gefolgt vom Dienstleistungsbereich, der 25 v.H. der A. auf sich vereinigte. In der Landwirtschaft war ein mit 10 v.H. immer noch relativ hoher Anteil gebunden.
Auch die sozioökonomische Struktur der Erwerbstätigen hat sich verändert. Die Zahl der Selbständigen und der mithelfenden Familienangehörigen sank, während die Arbeitnehmer ihren Anteil an der Gesamtbeschäftigung erhöhten. Typisch für die DDR ist der hohe Anteil der Genossenschaftsmitglieder. Die genossenschaftliche Beschäftigung nahm allerdings seit Mitte der 60er Jahre wegen der aus Altersgründen ausscheidenden LPG-Mitglieder ständig ab. Die Umwandlung der industriell produzierenden Genossenschaften des Handwerks in volkseigene Betriebe führte 1972 zur Reduzierung auch der PGH-Mitglieder.
An der angespannten A.-Situation wird sich auch in den nächsten Jahren kaum etwas ändern: Die Nachfrage der Wirtschaft nach A. steigt ständig. Aufgrund der zu erwartenden Erhöhung der Bevölkerungszahl im erwerbsfähigen Alter rechnen DDR-Stellen mit einer Zunahme der A. um 275.000 (ohne Lehrlinge) im Planungszeitraum von 1981 bis 1985. Der überwiegende Teil des Zustroms wird aller Voraussicht nach in den ersten Jahren dieser Periode liegen, danach ist mit einer [S. 63]Abschwächung in den Steigerungsraten zu rechnen. In der Phase von 1986 bis 1990 dürfte dann nur noch eine geringfügige Beschäftigungsausweitung eintreten, nach 1990 wird der A.-Bestand ungefähr konstant bleiben.
Gegenwärtig (1982) beteiligen sich etwa 370.000 Altersrentner (ca. 10 v.H. aller Altersrentner) am Erwerbsleben; Mitte der 70er Jahre waren es noch über 650.000. Diese Entwicklung ist zum einen auf die zahlenmäßige Verringerung der Bevölkerung im Rentenalter zurückzuführen, zum anderen die Folge zweier Rentenerhöhungen (1976 und 1979); offensichtlich besteht für diesen Personenkreis nicht mehr im gleichen Maße die Notwendigkeit, aus wirtschaftlichen Gründen weiter berufstätig sein zu müssen.
An eine merkliche Ausweitung des Einsatzes von Gastarbeitern ist offensichtlich nicht gedacht. Im Jahre 1977 sind rd. 50.000 ausländische A. in der DDR tätig gewesen. Viele von ihnen hielten sich allerdings lediglich zu Ausbildungszwecken in der DDR auf. Neuere Angaben über die Zahl der ausländischen A. insgesamt liegen nicht vor; die damals genannte Größenordnung dürfte sich indes nicht wesentlich geändert haben. Arbeitskräfte, Ausländische; Arbeitslosigkeit.
Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 61–63
Arbeitsklassifizierung | A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z | Arbeitskräfte, Ausländische |