Arbeitsrecht (1985)
Siehe auch die Jahre 1953 1954 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979
Unter A. wird die Gesamtheit der Rechtsnormen verstanden, welche die A.-Verhältnisse der Arbeiter, Angestellten und Angehörigen der Intelligenz (Werktätige im Sinne des A.) regeln. Das A. wird als eigenständiger Rechtszweig angesehen. Es bildet einen Teil des einheitlichen sozialistischen Rechtssystems der DDR (Rechtswesen).
I. Die Quellen des Arbeitsrechts
Das grundlegende arbeitsrechtliche Gesetzeswerk ist das Arbeitsgesetzbuch (AGB) der Deutschen Demokratischen Republik vom 16. 6. 1977, das am 1. 1. 1978 das Gesetzbuch der Arbeit der Deutschen Demokratischen Republik (GBA) vom 12. 4. 1961 (GBl. I, S. 27) mit seinen Ergänzungs- und Änderungsgesetzen abgelöst hat.
1. Das AGB gilt für alle Arbeiter und Angestellten, einschließlich Heimarbeiter und Lehrlinge (Werktätige) in den sozialistischen Betrieben. Es findet auch Anwendung auf die A.-Verhältnisse der Werktätigen in Betrieben und Einrichtungen anderer Eigentumsformen und auf A.-Verhältnisse zwischen Bürgern, etwa für Dienstleistungen im Haushalt, soweit dafür keine besonderen Rechtsvorschriften beste[S. 73]hen. Dasselbe gilt für A.-Verhältnisse zwischen Bürgern der DDR und in der DDR tätigen internationalen Organisationen bzw. in der DDR tätigen Betrieben anderer Staaten, Bürgern anderer Staaten, die ihren ständigen Wohnsitz in der DDR haben, und in der DDR tätigen internationalen Organisationen sowie Bürgern anderer Staaten und Betriebe der DDR, wenn sich der Arbeitsort in der DDR befindet, es sei denn, völkerrechtliche Verträge oder Rechtsvorschriften der DDR sehen etwas anderes vor. Besonderheiten können für Zivilbeschäftigte im Bereich der bewaffneten Organe, Werktätige, die im Auftrag ihres Betriebes bzw. des zuständigen Staatsorgans außerhalb der DDR tätig sind, Rehabilitanden, Absolventen von Hoch- und Fachschulen sowie Schüler und Studenten, die während der Ferien arbeiten, geregelt werden. Für die in kirchlichen Einrichtungen beschäftigten Arbeiter und Angestellten bleibt es bei der Anordnung vom 18. 1. 1958 (GBl. I, S. 84).
2. Staatsorgane und wirtschaftsleitende Organe sowie rechtlich selbständige staatliche Einrichtungen, gesellschaftliche Organisationen und ihre selbständigen Einrichtungen gelten als Betriebe im Sinne des AGB. Dasselbe gilt für Betriebsteile und nichtrechtsfähige Organe und Einrichtungen unter bestimmten, im AGB festgelegten Voraussetzungen, für Handwerks- und Gewerbebetriebe sowie für rechtsfähige Organisationen und Vereinigungen, die A.-Verhältnisse begründen.
3. Das AGB ist wesentlich umfangreicher und besser durchdacht sowie formuliert, als es das GBA war. Trotzdem sind für seine Durchführung arbeitsrechtliche Bestimmungen vorgesehen, die teils vom Ministerrat im Rahmen seiner Verantwortung, teils von den Ministern und den Leitern der anderen zentralen Staatsorgane, wenn das in Rechtsvorschriften vorgesehen ist oder sie durch den Ministerrat hierzu besonders beauftragt sind, zu erlassen sind.
Für deren Erlaß ist Übereinstimmung mit dem Bundesvorstand des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes (FDGB) bzw. den Zentralvorständen der Industriegewerkschaften und der übrigen Einzelgewerkschaften erforderlich. Ferner sind notwendige besondere Bestimmungen über den Arbeitslohn, die Arbeitszeit und den Erholungsurlaub sowie weitere arbeitsrechtliche Bestimmungen, insbesondere im Zusammenhang mit der Intensivierung der Produktion, für die Werktätigen der Zweige bzw. Bereiche der Volkswirtschaft, für bestimmte Personengruppen oder für bestimmte Gebiete zwischen den Ministern und Leitern der anderen zentralen Staatsorgane mit den Zentralvorständen der Industriegewerkschaften und Gewerkschaften in Rahmenkollektivverträgen (RKV) zu vereinbaren. Die Beteiligung des FDGB an der Rechtsetzung hat seine konstitutionelle Grundlage in Art. 45 Verfassung und ist Ausdruck der Stellung des FDGB im Herrschaftssystem der DDR unter der Suprematie (Vorherrschaft) der SED (Verfassung, III.).
II. Die Grundsätze des sozialistischen Arbeitsrechts
1. Das AGB hat die Aufgaben des A. neu definiert. In erster Linie soll es der Verwirklichung der Hauptaufgabe (der weiteren Erhöhung des materiellen und kulturellen Lebensniveaus des Volkes auf der Grundlage eines hohen Entwicklungstempos der sozialistischen Produktion, der Erhöhung der Effektivität, des wissenschaftlich-technischen Fortschritts und des Wachstums der Arbeitsproduktivität) (Verfassung, II. A.) dienen. Zu den weiteren Aufgaben sollen gehören: Gestaltung der verfassungsmäßig garantierten sozialistischen Grundrechte (Verfassung, III.), Garantie für die Werktätigen auf freiwillige und bewußte Teilnahme am Arbeitsprozeß, Gewährleistung des Rechts auf Mitgestaltung des Lebens im Betrieb und auf Mitwirkung an der Leitung und Planung, Sicherung des gleichen Lohnes für gleiche Arbeit, planmäßige Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen, insbesondere der Schutz der Arbeitskraft und der Gesundheit, geistig-kulturelle Betreuung, Erweiterung der Voraussetzungen für die sinnvolle Freizeitgestaltung und Erholung, materielle Versorgung bei Krankheit, Invalidität und im Alter, Förderung der allseitigen Entwicklung der sozialistischen Persönlichkeit und des sozialistischen Lebens. Der Regelungsbereich des A. ist deshalb umfangreicher als der des herkömmlichen A., weil es sowohl wirtschaftsrechtliche Regelungen (Leitung des Betriebes) als auch sozialrechtliche Regelungen (Sozialversicherung) enthält.
2. Gegenstand des 2. Kapitels des AGB ist die Leitung des Betriebes und Mitwirkung der Werktätigen, also das Recht der Betriebsverfassung (Mitbestimmungs-, Mitgestaltungs-, Mitwirkungsrechte).
III. Abschluß, Änderung und Auflösung des Arbeitsvertrages
1. Die Regelform der Begründung eines A.-Verhältnisses ist der Arbeitsvertrag zwischen dem Werktätigen und dem Betrieb. Zur Wahrnehmung besonders verantwortlicher staatlicher oder gesellschaftlicher Funktionen (z.B. als Mitglieder des Ministerrates oder der örtlichen Räte [Gemeinde, Stadt, Kreis, Bezirk], Richter, Staatsanwälte [Staatsanwaltschaft], Generaldirektoren der Kombinate [Betriebsformen und Kooperation], Betriebsdirektoren [Betriebsformen und Kooperation], Hauptbuchhalter, hauptberuflich tätige Vorsitzende von Massenorganisationen) werden A.-Verhältnisse durch Wahl oder Berufung begründet, soweit es in staatlichen Rechtsvorschriften oder in [S. 74]Beschlüssen zentraler Organe gesellschaftlicher Organisationen vorgesehen ist.
Arbeitsverträge mit Jugendlichen bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres bedürfen der vorherigen Zustimmung der Erziehungsberechtigten (Familienrecht). Sie dürfen abgeschlossen werden, wenn der Jugendliche das 16. Lebensjahr vollendet und seine Pflicht zum Besuch der 10klassigen allgemeinbildenden polytechnischen Oberschule (Einheitliches sozialistisches Bildungssystem) erfüllt hat; ausnahmsweise kann er schon mit Vollendung des 14. Lebensjahres einen Arbeitsvertrag abschließen, z.B. zur Ausübung einer freiwilligen produktiven Tätigkeit während eines Teils der Ferien (Feriengestaltung).
Im Arbeitsvertrag werden nur die Arbeitsaufgabe (Lohnformen und Lohnsystem), der Arbeitsort und der Tag der Arbeitsaufnahme als notwendiger Vertragsinhalt vereinbart. Weitere Vereinbarungen dürfen nur im Rahmen der arbeitsrechtlichen Bestimmungen getroffen werden. Diese können betreffen: a) eine Teilbeschäftigung, b) die zeitliche Begrenzung des Arbeitsvertrages bis zur Dauer von 6 Monaten oder bei der Einstellung von Aushilfskräften für die erforderliche Zeit, c) besondere Kündigungsfristen und -termine, d) Heimarbeit, e) die Übernahme der besonderen materiellen Verantwortlichkeit, f) eine Werk- oder Dienstwohnung. Alle übrigen Arbeitsbedingungen (z.B. Lohn, Prämien, Arbeitszeit, Urlaub) folgen aus den gesetzlichen oder kollektivvertraglichen Bestimmungen ohne die Möglichkeit einer abweichenden vertraglichen Regelung, auch nicht zugunsten des Werktätigen. Das „Günstigkeitsprinzip“ gilt nicht.
Der Arbeitsvertrag kommt durch übereinstimmende Willenserklärung des Werktätigen und des Betriebes über den notwendigen Vertragsinhalt zustande. Sollen im Arbeitsvertrag weitere Vereinbarungen getroffen werden, muß die Willensübereinstimmung sich auch auf diese beziehen. Der Betrieb hat die Pflicht, die mit dem Werktätigen getroffenen Vereinbarungen in einen schriftlichen Arbeitsvertrag aufzunehmen. Außerdem sind im schriftlichen Arbeitsvertrag mindestens die für die vereinbarte Arbeitsaufgabe zutreffende Lohn- und Gehaltsgruppe und die Dauer des Erholungsurlaubs zu deklarieren.
Der Arbeitsvertrag muß den arbeitsrechtlichen Bestimmungen entsprechen. Abweichende Vereinbarungen sind unwirksam. An ihre Stelle treten die Rechte und Pflichten, die den einschlägigen arbeitsrechtlichen Bestimmungen entsprechen. Davon macht das AGB eine Ausnahme. Hat nämlich der Betrieb dem Werktätigen eine höhere als die rechtlich zulässige Lohn- und Gehaltsgruppe zugesagt, ist er verpflichtet, dem Werktätigen unverzüglich eine zumutbare andere Arbeit anzubieten, die der zugesagten Lohn- und Gehaltsgruppe entspricht. Wenn erforderlich, sind dem Werktätigen Qualifizierungsmaßnahmen vorzuschlagen. Bis zur Übernahme einer anderen Arbeit muß der Betrieb die Differenz zwischen der rechtlich zulässigen und der zugesagten Lohn- und Gehaltsgruppe zahlen. Nur wenn der Werktätige die Übernahme der anderen Arbeit oder erforderliche Qualifizierungsmaßnahmen ablehnt, besteht dieser Anspruch nicht. Ist im Arbeitsvertrag eine Arbeitsaufgabe vereinbart, die der Werktätige aus rechtlichen Gründen nicht ausüben oder mit der ihn der Betrieb nicht beschäftigen darf, oder schließt ein nichtbefugter Mitarbeiter des Betriebes einen Arbeitsvertrag ab oder fehlt die rechtlich geforderte Zustimmung dazu, ist der Vertrag nicht unwirksam; der Mangel ist vielmehr zu beseitigen. Ist das nicht möglich, ist der Arbeitsvertrag aufzulösen. Mit Angehörigen der Intelligenz können unter bestimmten Voraussetzungen besondere Rechte und Pflichten in einem Einzelvertrag vereinbart werden.
2. Die im Arbeitsvertrag getroffenen Vereinbarungen dürfen nur durch einen Änderungsvertrag geändert werden, der auch befristet abgeschlossen werden kann. Eine besondere Form des Änderungsvertrages ist der Delegierungsvertrag. Er hat den zeitweiligen Einsatz des Werktätigen in einem anderen Betrieb zum Inhalt und ist zwischen dem Werktätigen, dem Einsatzbetrieb und dem delegierenden Betrieb abzuschließen.
3. Die Auflösung eines Arbeitsvertrages soll grundsätzlich durch Vereinbarung zwischen dem Werktätigen und dem Betrieb (Aufhebungsvertrag) oder durch Vereinbarung zur Überleitung des Werktätigen in einen anderen Betrieb zwischen dem bisherigen Betrieb, dem Werktätigen und dem übernehmenden Betrieb (Überleitungsvertrag) erfolgen. Der Abschluß eines Aufhebungsvertrages setzt voraus, daß der Betrieb dem Werktätigen einen Änderungsvertrag über die Aufnahme einer zumutbaren anderen Arbeit oder, soweit das nicht möglich ist, einen Überleitungsvertrag angeboten und der Werktätige dieses Angebot abgelehnt hat. Wenn dann ein Aufhebungsvertrag nicht zustande kommt, darf der Betrieb kündigen. Auch wenn der Werktätige aus dem Betrieb ausscheiden will, hat er um einen Aufhebungsvertrag nachzusuchen. Hierin liegt eine gewisse Erschwerung für eine Kündigung. Willigt der Betrieb jedoch in einen Aufhebungsvertrag nicht ein, so darf der Werktätige kündigen.
Der Betrieb darf nur unter bestimmten Voraussetzungen kündigen. Diese sind: Änderung der Produktion, der Struktur oder des Stellen- bzw. Arbeitskräfteplanes des Betriebes, die Nichteignung des Werktätigen für die vereinbarte Arbeitsaufgabe, Mängel im Arbeitsvertrag, die durch die Beteiligten nicht beseitigt werden können.
Die Kündigungsfrist beträgt für beide Seiten mindestens 2 Wochen. Es dürfen jedoch im Arbeitsvertrag Kündigungsfristen bis zu 3 Monaten und als Kündi[S. 75]gungstermin das Monatsende vereinbart werden. In Rechtsvorschriften können für bestimmte Personengruppen besondere Kündigungsfristen und -termine festgelegt werden.
Die fristgemäße Kündigung durch den Betrieb bedarf der Schriftform. Gleichzeitig müssen die Gründe angegeben werden. Für die Kündigung durch den Werktätigen ist die Schriftform nur Ordnungsvorschrift; eine Verletzung führt also nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung.
Der Betrieb kann fristlos bei schwerwiegender Verletzung der sozialistischen Arbeitsdisziplin oder staatsbürgerlicher Pflichten, d.h. aus politischen Gründen, entlassen. In der Regel müssen der fristlosen Entlassung erfolglos gebliebene Erziehungs- und Disziplinarmaßnahmen vorangegangen sein. Die fristlose Entlassung bedarf der Schriftform unter gleichzeitiger Angabe der Gründe. Eine fristlose Kündigung durch den Werktätigen ist nicht zulässig. Jede vom Betrieb ausgesprochene fristgemäße Kündigung und fristlose Entlassung bedarf der vorherigen Zustimmung der zuständigen Betriebsgewerkschaftsleitung (Betriebsgewerkschaftsorganisation [BGO]). Diese Schutzbestimmung ist jedoch in ihrer Wirkung fraglich, soweit sich die betrieblichen Gewerkschaftsleitungen in Abhängigkeit von der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) befinden (Freier Deutscher Gewerkschaftsbund [FDGB]).
Ein Kündigungsverbot besteht für Kämpfer gegen den Faschismus und Verfolgte des Faschismus, Schwangere, stillende Mütter, Mütter mit Kindern bis zu einem Jahr, Mütter während der Zeit der Freistellung nach dem Wochenurlaub (Mutterschutz/Förderung von Mutter und Kind), alleinstehende Werktätige mit Kindern bis 3 Jahren, Werktätige während der Dauer des Grundwehrdienstes als Soldat, Unteroffiziere auf Zeit und des Reservedienstes (Nationale Volksarmee [NVA]) sowie Werktätige während der Dauer der Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit, Arbeitsunfall oder Berufskrankheit, während einer Quarantäne sowie während des Erholungsurlaubs.
Zur fristgemäßen Kündigung und fristlosen Entlassung von Schwerbeschädigten, Tuberkulosekranken und -rekonvaleszenten sowie Rehabilitanden, Werktätigen ab 5. Jahr vor Erreichen des Rentenalters, Jugendlichen bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres und Facharbeitern bis zum Ende des ersten Jahres nach Lehrabschluß durch den Betrieb ist die vorherige schriftliche Zustimmung des für den Betrieb zuständigen Rates des Kreises bzw. Stadtbezirks erforderlich. Die Kündigungsfrist für die fristgemäße Kündigung durch den Betrieb beträgt in diesen Fällen mindestens einen Monat.
4. Will der Werktätige die Rechtsunwirksamkeit eines Änderungsvertrages, eines Auflösungsvertrages, eines Überleitungsvertrages, einer fristgemäßen Kündigung oder eine fristlose Entlassung geltend machen, muß er Einspruch bei der Konfliktkommission (Gesellschaftliche Gerichte) bzw. der Kammer für Arbeitsrecht des Kreisgerichts (Gerichtsverfassung) einlegen. Bei einer fristgemäßen Kündigung und bei einer fristlosen Entlassung beträgt die Einspruchsfrist 2 Wochen, bei einem Änderungsvertrag, einem Überleitungsvertrag oder einem Aufhebungsvertrag 3 Monate. Wird die Einspruchsfrist versäumt, werden fristgemäße Kündigung, fristlose Entlassung oder die genannten Verträge trotz ihrer Mängel rechtswirksam.
5. A.-Verhältnisse, die durch Berufung begründet werden, enden durch Abberufung. Der Werktätige kann einen Antrag auf Abberufung stellen. Dem Antrag muß entsprochen werden, wenn der Werktätige aus gesundheitlichen, altersmäßigen oder anderen zwingenden Gründen seine Funktion nicht mehr ausüben kann. Vor der Abberufung ist die Stellungnahme der Betriebsgewerkschaftsleitung einzuholen. Das gilt nicht bei Abberufungen durch den Staatsrat, den Vorsitzenden des Ministerrates, die örtlichen Räte und die gewählten Organe der gesellschaftlichen Organisationen. Die Abberufung bedarf der Schriftform und muß begründet werden. Gegen die Abberufung ist nur die Verwaltungsbeschwerde möglich. Sie ist nicht zulässig bei Abberufung oder Ablehnung des Auftrages auf Abberufung durch den Staatsrat, den Vorsitzenden des Ministerrates, die Minister und Leiter der anderen zentralen Staatsorgane und die Räte der Bezirke.
6. A.-Verhältnisse, die durch Wahl begründet werden, enden grundsätzlich durch Zeitablauf. Im übrigen gelten sinngemäß die Bestimmungen über die Abberufung.
7. Im Falle der Beendigung des A.-Verhältnisses oder eines berechtigten Interesses ist der Betrieb verpflichtet, eine Beurteilung des Werktätigen anzufertigen und ihm unverzüglich auszuhändigen. Darin sind die Tätigkeit, die Leistungen und die Entwicklung des Werktätigen während der gesamten Zugehörigkeit zum Betrieb zusammenfassend einzuschätzen. Die Beurteilung muß wahrheitsgemäß sein und die wesentlichen, charakteristischen und ständigen Verhaltensweisen des Werktätigen enthalten. Diese Bestimmungen schließen nicht aus, daß in den Kaderakten (Kaderpolitik) der Werktätige anders, d.h. schlechter beurteilt wird als in der betrieblichen Beurteilung.
IV. Arbeitsorganisation und sozialistische Arbeitsdisziplin
Erstmals in einer Kodifikation des A. in der DDR enthält das AGB ein geschlossenes Kapitel über die Arbeitsorganisation und die sozialistische Arbeitsdisziplin — ein Zeichen für die Bedeutung, die diesen Bereichen für die Verwirklichung der „Hauptaufgabe“ zugemessen wird.
[S. 76]1. „Der Betrieb ist verpflichtet, solche Arbeitsbedingungen zu schaffen, die den Werktätigen hohe Arbeitsleistungen ermöglichen, die bewußte Einstellung zur Arbeit und das Schöpfertum fördern, die Arbeitsfreude erhöhen und zur Entwicklung sozialistischer Persönlichkeiten sowie zur sozialistischen Lebensweise beitragen“, heißt es einleitend. Der Arbeitsprozeß soll nach arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen gestaltet werden, und es sollen alle Voraussetzungen für eine hohe Arbeitsdisziplin, für Ordnung und Sicherheit im Arbeitsprozeß geschaffen werden. Es sind sowohl die Initiativen der Werktätigen zur Anwendung der Wissenschaftlichen ➝Arbeitsorganisation (WAO) zu fördern und anzuerkennen, als auch zu sichern, daß die Erkenntnisse der wissenschaftlichen Arbeitsorganisation angewendet werden. Wenn es sich hier auch um Pflichten des Betriebes handelt, die vor allem durch den Betriebsleiter zu erfüllen sind, so lassen bereits diese erkennen, was von den Werktätigen erwartet wird. Das AGB enthält die Rahmenbestimmungen zu den Arbeitsaufgaben (Lohnformen und Lohnsystem), der Organisation der Arbeit, den Arbeitsnormen und anderen Kennzahlen der Arbeitsleistung (Arbeitsnormung) sowie der Arbeitsklassifizierung.
2. Mit den Pflichten des Betriebes korrespondieren die gesetzlichen Arbeitspflichten der Werktätigen. Sie sollen diese mit Umsicht und Initiative wahrnehmen. Insbesondere sind sie verpflichtet, ihre Arbeitsaufgaben ordnungs- und fristgemäß auszuführen, die Arbeitszeit und die Produktionsmittel voll zu nutzen, die Arbeitsnormen und andere Kennzahlen der Arbeitsleistung zu erfüllen, Geld und Material sparsam zu verwenden, Qualitätsarbeit zu leisten, das sozialistische Eigentum vor Beschädigung und Verlust zu schützen und die Bestimmungen über den Gesundheits- und Arbeitsschutz und den Brandschutz sowie über Ordnung, Disziplin und Sicherheit einzuhalten. Für bestimmte Bereiche bestehen schärfere Vorschriften über die Arbeitsdisziplin (Deutsche Reichsbahn [DR]; Post- und Fernmeldewesen; Richter; Staatsfunktionär).
3. Das AGB regelt eingehend das Weisungsrecht. Danach ist der Betriebsleiter gegenüber allen Betriebsangehörigen und sind die leitenden Mitarbeiter gegenüber den ihnen unterstellten Mitarbeitern weisungsberechtigt. Darüber hinaus sind Mitarbeiter weisungsberechtigt, soweit das in Rechtsvorschriften oder in der Arbeitsordnung festgelegt ist. Weisungen sind nur zulässig zur Konkretisierung der im Arbeitsvertrag vereinbarten Bedingungen, insbesondere der Arbeitsaufgabe und des Verhaltens des Werktätigen im Zusammenhang mit der Arbeit und soweit das in Rechtsvorschriften ausdrücklich festgelegt ist. Die Werktätigen haben die Weisungen mit Umsicht und Initiative auszuführen. Ein Werktätiger kann die Ausführung ablehnen, wenn sie von einem nicht dazu Befugten erteilt wurde. Das gilt auch, wenn durch eine Weisung Arbeitspflichten begründet werden sollen, die über die sich aus dem Arbeitsvertrag oder den Rechtsvorschriften ergebenden Pflichten hinausgehen. Besteht in diesen Fällen ein Wahlrecht für den Werktätigen, ist er verpflichtet, Weisungen nicht zu befolgen, wenn deren Durchführung eine Straftat darstellen würde.
4. Eine besondere Art der Weisung ist die vorübergehende Übertragung einer anderen Arbeit. Für die Dauer von 4 Wochen im Kalenderjahr darf dem Werktätigen auch ohne sein Einverständnis eine andere Arbeit im Betrieb (einschließlich eines Betriebsteiles an einem anderen Ort) oder in einem anderen Betrieb am selben Ort übertragen werden, wenn das zur Erfüllung wichtiger betrieblicher oder volkswirtschaftlicher Aufgaben erforderlich ist. Die Übertragung einer anderen Arbeit im Betrieb über 4 Wochen hinaus ist nur mit Einverständnis des Werktätigen zulässig. Beim Einsatz von Werktätigen in einem anderen Betrieb am selben Ort über 4 Wochen hinaus ist ein Delegierungsvertrag abzuschließen. Nur mit Einverständnis des Werktätigen darf ihm eine andere Arbeit in einem Betriebsteil an einem anderen Ort übertragen werden. Das gilt auch für Werktätige ab dem 5. Jahr vor Erreichen des Rentenalters. Wenn ein Werktätiger infolge Betriebsstörungen oder Warte- und Stillstandszeiten daran gehindert ist, seine Arbeitsaufgabe zu erfüllen, darf ihm eine andere Arbeit im Betrieb oder, wenn das nicht möglich ist, in einem anderen Betrieb am selben Ort ohne zeitliche Begrenzung, allerdings nur mit seiner Zustimmung, übertragen werden. Das gleiche gilt, wenn in der Person des Werktätigen liegende Gründe es erfordern, ihn im Interesse der Einhaltung des Gesundheits- und Arbeitsschutzes oder der Hygienebestimmungen vorübergehend anderweitig einzusetzen.
Jede ununterbrochene Übertragung einer anderen Arbeit im Betrieb für länger als 2 Wochen bedarf der Zustimmung der zuständigen Betriebsgewerkschaftsleitung.
Für bestimmte Gruppen von Werktätigen (z.B. in staatlichen Organen, im Schulwesen, im Verkehrswesen oder bei der Deutschen Post) können in Rechtsvorschriften abweichende Regelungen festgelegt werden.
5. In jedem Betrieb ist zur Gewährleistung einer hohen Effektivität der Arbeit, zur Festigung der Arbeitsmoral und -disziplin, zur Durchsetzung von Ordnung und Sicherheit sowie zur „Entwicklung sozialistischer Kollektivbeziehungen“ eine Arbeitsordnung zu schaffen. Sie ist vom Betriebsleiter unter Mitwirkung der Werktätigen auszuarbeiten und mit Zustimmung der Betriebsgewerkschaftsleitung zu erlassen.
6. Werktätige können für hervorragende Arbeitsleistung, insbesondere im Sozialistischen Wettbe[S. 77]werb, für vorbildliche Arbeitsmoral und Arbeitsdisziplin und für langjährige Arbeit im Betrieb auch durch betriebliche Auszeichnungen geehrt werden. Solche sind insbesondere: Schriftliche Belobigung, Ehrenurkunden, Würdigung der Leistungen an der Ehrentafel des Betriebes oder des Bereiches, betriebliche Titel, z.B. „Brigade der vorbildlichen Qualitätsarbeit“, „Bester Meister“, „Bester Neuerer“, Geld- und Sachprämien.
V. Grundsätze für Lohn und Prämie
Das AGB enthält die normativen Grundlagen der Arbeitseinkommenspolitik und gibt Rahmenbestimmungen für Lohn und Prämie.
1. Es wird als Sache des sozialistischen Staates betrachtet, daß das materielle und kulturelle Lebensniveau der Werktätigen hauptsächlich über das Arbeitseinkommen erhöht und das Leistungsprinzip als Grundprinzip der Verteilung im Sozialismus konsequent durchgesetzt wird sowie das Arbeitseinkommen der Werktätigen in Übereinstimmung mit der Entwicklung der Volkswirtschaft planmäßig wächst. Dem soll die leistungsorientierte Lohnpolitik dienen (Lohnformen und Lohnsystem, I., Lohnformen und Lohnsystem, II.). Als Hauptbestandteil ihres Arbeitseinkommens erhalten die Werktätigen Lohn entsprechend den Anforderungen ihrer Arbeitsaufgabe an die Qualifikation und Verantwortung, der tatsächlichen Arbeitszeit, den erzielten Arbeitsergebnissen nach Menge und Qualität sowie den Bedingungen der Arbeit. Zusätzlich zum Lohn werden den Werktätigen für individuelle und kollektive Arbeitsleistungen Prämien gewährt.
2. Die uneingeschränkte Geltung des Leistungsprinzips wird durch die Garantie eines monatlichen Mindestbruttolohnes durchbrochen und so eine soziale Komponente in die Lohnpolitik eingeführt. Seit dem 1. 10. 1976 beträgt der Mindestbruttolohn 400 Mark monatlich (VO vom 29. 7. 1976, GBl. I, S. 377).
3. Für den Tariflohn, die Eingruppierung und die Lohnformen (Lohnformen und Lohnsystem, III., Lohnformen und Lohnsystem, IV.) sind im AGB die Rahmenbestimmungen enthalten.
4. Entsprechend dem Leistungsprinzip wird der Lohn nach der Qualität des Arbeitsergebnisses differenziert. Ist diese nicht bereits in der Lohnform berücksichtigt, erhält der Werktätige bei schuldhaft (fahrlässig oder vorsätzlich) verursachtem Ausschuß keinen Lohn. Bei schuldhaft verursachter Qualitätsminderung richtet sich der Lohn nach der Brauchbarkeit des Arbeitsergebnisses bzw. nach festgelegten Qualitätsstufen oder nach dem durch Nacharbeit erreichten Grad der Brauchbarkeit. Garantiert werden in derartigen Fällen aber 50 v.H. des monatlichen Durchschnittsverdienstes, mindestens der Mindestlohn.
5. Bei Nichterfüllung von Leistungsmaßstäben infolge von Veränderungen der Arbeitsbedingungen, z.B. durch Einsatz anderer Roh- oder Hilfsstoffe, ist dem Werktätigen ein Ausgleich bis zum Durchschnittslohn zu zahlen, wenn keine neuen Leistungsmaßstäbe festgelegt werden.
6. Bei besonderen Arbeitserschwernissen ist für die Dauer der Arbeit unter diesen Bedingungen ein Erschwerniszuschlag zu zahlen. Diese Arbeiten und die Höhe der Zuschläge sind in den Rahmenkollektivverträgen festzulegen (Lohnzuschläge).
7. Prämien (Lohnformen und Lohnsystem, V.) werden zur „materiellen Stimulierung und Anerkennung hoher individueller und kollektiver Leistungen bei der Erfüllung und gezielten Übererfüllung der Volkswirtschaftspläne im Sozialistischen Wettbewerb, vor allem bei der Intensivierung, der Steigerung der Arbeitsproduktivität, der Erhöhung der Qualität und Effektivität der Arbeit (Qualität der Erzeugnisse), der Durchsetzung des wissenschaftlich-technischen Fortschritts (Wissenschaftlich-technische Revolution [WTR]) und der Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen“ gezahlt. Prämienformen können sein: Jahresendprämie, auftragsgebundene Prämie, Initiativprämie, Zielprämie. Prämienformen und -bedingungen werden im Betriebskollektivvertrag (BKV) vereinbart.
8. Werktätige, die infolge Rationalisierungsmaßnahmen oder Strukturveränderungen eine andere Arbeit im Betrieb oder in Abstimmung mit dem zuständigen örtlichen Rat in einem anderen Betrieb übernehmen und dadurch in absehbarer Zeit ihren bisherigen Durchschnittslohn auch durch Qualifizierungsmaßnahmen nicht wieder erreichen können, werden dadurch abgesichert, daß sie einmaliges Überbrückungsgeld in Höhe der Jahressumme der voraussichtlichen Minderung des Durchschnittslohnes erhalten. Auch hier liegt eine Durchbrechung des Leistungsprinzips aus sozialen Gründen vor.
9. Entschädigungszahlungen werden geleistet für die im Zusammenhang mit der Arbeit auftretenden notwendigen Mehraufwendungen, insbesondere bei Montageeinsätzen, Dienstreisen, angeordneter Teilnahme an Lehrgängen und Schulungen, arbeitsbedingter doppelter Haushaltsführung und Wohnungswechsel im Interesse des Betriebes.
10. Die Lohnzahlungsperiode ist der Kalendermonat. Abschlagzahlungen sind möglich und üblich. Die Lohnzahlungsperioden und die Lohnzahltage werden in der Arbeitsordnung festgelegt. Der Lohn ist grundsätzlich während der Arbeitszeit auszuzahlen.
11. Der Betrieb kann zuviel ausgezahlten Lohn zurückfordern, wenn a) bei Vorauszahlungen die Voraussetzungen für den Anspruch nicht eingetreten sind, b) vom Werktätigen verursachte Ausschußarbeit oder Qualitätsminderung erst nach Abschluß der Lohnabrechnungsperiode festgestellt wird, c) Lohn fehlerhaft errechnet oder unrichtig ausge[S. 78]zahlt wurde. Die Rückforderung muß innerhalb von 2 Monaten nach der Auszahlung bei der Konfliktkommission oder gerichtlich geltend gemacht werden. Anderenfalls erlischt der Rückforderungsanspruch. Nur wenn der Werktätige die Überzahlung schuldhaft verursacht hat oder sie erheblich war und dadurch so offensichtlich, daß er sie erkennen mußte, gelten die Verjährungsfristen des AGB, bei Vorliegen einer Straftat die der Strafverfolgung.
12. Die Ansprüche des Werktätigen auf Arbeitseinkommen sowie die Rückzahlungsansprüche des Betriebes (in den geschilderten Fällen) unterliegen der Verjährung. Die Verjährungsfrist beträgt 3 Jahre.
VI. Berufsbildung, Aus- und Weiterbildung
1. Nach dem AGB wird die Berufsausbildung vom sozialistischen Staat geleitet und erfolgt unmittelbar in Betrieben und Einrichtungen der Berufsausbildung. Sie soll als planmäßiger und systematisch gestalteter Bildungs- und Erziehungsprozeß verwirklicht werden. Sie steht unter dem Zeichen der Einheit von praxisverbundener theoretischer und berufspraktischer Ausbildung und baut auf den Bildungs- und Erziehungsergebnissen der allgemeinbildenden polytechnischen Oberschule auf. Obgleich es im AGB nicht ausdrücklich gesagt wird, ist die Berufsausbildung ein Bestandteil des einheitlichen sozialistischen Bildungssystems der DDR. Das Ziel der Ausbildung besteht darin, die Lehrlinge im vereinbarten Ausbildungsberuf zu „allseitig entwickelten klassenbewußten und hochqualifizierten Facharbeitern“ heranzubilden. Die Berufsausbildung erfolgt im Rahmen eines Lehrverhältnisses als A.-Verhältnis besonderer Art. Die Ausbildungsberufe und die Ausbildungsdauer sind in den Rechtsvorschriften über die Systematik der Ausbildungsberufe festgelegt. Für die Leitung und Planung der Berufsausbildung tragen die Betriebe die Verantwortung. Das AGB legt die Rechte und Pflichten des Betriebes und des Lehrlings fest, regelt die Begründung des Lehrverhältnisses, bestimmt Inhalt und Abschluß des Lehrvertrages, dessen Änderung, Verlängerung und Auflösung. Lehrlinge haben Anspruch auf monatliches Lehrlingsentgelt. Sie können nach den arbeitsrechtlichen Bestimmungen Prämien erhalten.
2. Die Aus- und Weiterbildung der Werktätigen (Erwachsenenqualifizierung) im A.-Verhältnis soll der Erweiterung und dem Erwerb hoher Kenntnisse und Fertigkeiten zur Erfüllung der vertraglich vereinbarten oder einer anderen vorgesehenen Arbeitsaufgabe dienen. Durch die Erwachsenenqualifizierung sollen die Werktätigen befähigt werden, „die Effektivität ihrer Arbeit zu erhöhen und mit größerer Sachkenntnis schöpferisch an der Leitung des Betriebes mitzuwirken“. Sie soll zur „Entwicklung sozialistischer Persönlichkeiten“ (sozialistische ➝Persönlichkeitstheorie) beitragen. Auch die Aus- und Weiterbildung der Werktätigen ist, ohne daß das ausdrücklich gesagt wird, ein Bestandteil des einheitlichen sozialistischen Bildungssystems geblieben. Für die rechtzeitige und kontinuierliche Aus- und Weiterbildung der Werktätigen ist der Betrieb entsprechend dem Betriebsplan verantwortlich. Mit den betrieblichen Gewerkschaftsleitungen ist zusammenzuarbeiten. Der Betrieb hat die Werktätigen für geplante Qualifizierungsmaßnahmen zu gewinnen. Frauen (III.) sind besonders zu fördern. Rechtliche Grundlage der Aus- und Weiterbildung ist der Qualifizierungsvertrag zwischen Betrieb und Werktätigem. Das AGB regelt Abschluß, Inhalt, Änderung und Beendigung des Qualifizierungsvertrages. Die Kosten für die Schaffung und Unterhaltung von Einrichtungen der Aus- und Weiterbildung hat der Betrieb zu tragen. Andere Kosten (Gebühren, Reisekosten, Kosten für Literatur und persönliche Arbeitsmittel) sind dagegen vom Werktätigen aufzubringen. Der Werktätige ist verpflichtet, „die Aus- und Weiterbildung gewissenhaft durchzuführen“.
VII. Arbeitszeit
1. Die Dauer der Arbeitszeit wird „entsprechend dem Entwicklungstempo der sozialistischen Produktion, der Erhöhung der Effektivität, des wissenschaftlich-technischen Fortschritts und des Wachstums der Arbeitsproduktivität“ durch den Ministerrat in Übereinstimmung mit dem Bundesvorstand des FDGB festgelegt. Als Ziel der Arbeitszeitpolitik wird der weitere schrittweise Übergang zur 40-Stunden-Woche durch Verkürzung der täglichen Arbeitszeit ohne Lohnminderung bei Beibehaltung der 5-Tage-Woche vom AGB festgelegt. Das AGB legt als Grundsatz fest, daß für Mehrschichtenarbeiter und vollbeschäftigte Mütter mit mehreren Kindern bis zu 16 Jahren oder mit einem schwerstgeschädigten Kind sowie für Werktätige, die besonders schwere Arbeit leisten oder unter bestimmten gesundheitsgefährdenden Bedingungen arbeiten, stets eine kürzere Arbeitszeit als für die übrigen Werktätigen zu gelten hat, wobei für die Verkürzung ein Lohnausgleich zu gewähren ist. Mit Alters- und Invalidenrentnern sowie vorübergehend mit Frauen darf Teilzeitbeschäftigung vereinbart werden.
Zur Zeit beträgt seit dem 28. 8. 1967 die allgemeine Arbeitszeit immer noch 43¾ Stunden wöchentlich, nachdem die Regelarbeitszeit 1957 in den volkseigenen Betrieben sowie im Verkehrs- und Nachrichtenwesen von 48 auf 45 Stunden wöchentlich verkürzt und seit dem 1. 4. 1966 die wöchentliche Arbeitszeit für alle Werktätigen auf 45 Stunden wöchentlich festgelegt worden war. Seit dem 1. 5. 1977 beträgt die Arbeitszeit für Werktätige, die im Drei- oder durchgehenden Schichtsystem arbeiten, statt 42 Stunden 40 Stunden wöchentlich. Für Werktätige, die im Zweischichtsystem arbeiten, wurde die wö[S. 79]chentliche Arbeitszeit von 43¾ Stunden auf 42 Stunden verkürzt. Auf 40 Stunden wurde die wöchentliche Arbeitszeit für alle vollbeschäftigten werktätigen Mütter, zu deren eigenem Haushalt 2 Kinder bis zu 16 Jahren gehören, beschränkt. Die verkürzte Arbeitszeit von 40 Stunden wöchentlich gilt auch für werktätige Mütter, die in ihrem Haushalt ein schwerstgeschädigtes Kind oder ein blindes oder praktisch blindes Kind ab Vollendung des 3. Lebensjahres zu versorgen haben (VO vom 29. 7. 1976, GBl. I, S. 385). Der schrittweise Übergang zur allgemeinen 40-Stunden-Arbeitswoche wird im AGB versprochen.
2. Die wöchentliche Arbeitszeit ist auf die Arbeitstage Montag bis Freitag zu verteilen, soweit das AGB nicht ausdrücklich etwas anderes festlegt. Das ist für Werktätige im Dreischichtsystem, im durchgehenden Schichtsystem, für solche in Bereichen, die für die Versorgung und Betreuung der Bevölkerung verantwortlich sind, für die in der Landwirtschaft, der Schiffahrt, der Hochseefischerei Tätigen bereits geschehen, z. T. so, daß die erforderlichen Arbeitszeitregelungen in den Rahmenkollektivverträgen vereinbart sind.
Die wöchentliche Arbeitszeit ist gleichmäßig auf die Arbeitstage zu verteilen. Eine unterschiedliche Dauer der täglichen Arbeitszeit darf nur festgelegt werden, wenn es das Schichtsystem, die Versorgung und Betreuung der Bevölkerung, die Verkehrsbedingungen oder die Vegetation und andere Besonderheiten der Arbeit erfordern. Grundsätzlich darf die tägliche Arbeitszeit 10 Stunden nicht überschreiten. Andere Höchstgrenzen können in Rahmenkollektivverträgen vereinbart werden.
Es kann unter den gleichen Voraussetzungen auch eine unterschiedliche Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit festgelegt werden. Die Arbeitszeit der einzelnen Wochen darf jedoch 56 Stunden nicht überschreiten. Sie muß sich innerhalb von 6 Wochen ausgleichen. In Rahmenkollektivverträgen können andere Höchstgrenzen festgelegt werden.
Die tägliche Arbeitszeit muß zur Erholung der Werktätigen durch ausreichende Pausen unterbrochen werden. Der Werktätige darf nicht länger als 4½ Stunden hintereinander ohne Pause arbeiten. Die Mindestdauer einer Pause beträgt 15 Minuten, die zur Einnahme der Hauptmahlzeit mindestens 30 Minuten. Die Pausen rechnen nicht zur Arbeitszeit. Eine Ausnahme gilt für die Kurzpausen für Werktätige in ununterbrochener Produktion oder im Dreischichtsystem.
Die arbeitsfreie Zeit zwischen 2 Arbeitswochen hat in der Regel mindestens 48 Stunden zu umfassen. Zwischen 2 Schichten muß eine arbeitsfreie Zeit von in der Regel mindestens 12 Stunden liegen, für Jugendliche unter 18 Jahren von mindestens 13 Stunden.
Die betriebliche Regelung der Arbeitszeit ist in Arbeitszeitplänen zwischen dem Betriebsleiter und der zuständigen Betriebsgewerkschaftsleitung zu vereinbaren.
3. Sonn- und Feiertage sind Tage der Arbeitsruhe. Jedoch ist Arbeit an diesen Tagen zulässig, wenn es die Versorgung und Betreuung der Bevölkerung, der ununterbrochene Produktionsablauf, die volle Ausnutzung von Anlagen oder die Durchführung volkswirtschaftlich besonders wichtiger Aufgaben erfordern. Für Sonntagsarbeit, die nicht im Arbeitszeitplan vorgesehen ist, ist ein Zuschlag von 50 v.H. und für die Arbeit an Feiertagen ein Zuschlag von 100 v.H. des Tariflohnes zu zahlen. Für die durch Feiertage ausfallende Arbeitszeit erhalten die Werktätigen einen Ausgleich in Höhe des Tariflohnes.
4. Für Nachtarbeit (Arbeit in der Zeit von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr) von mindestens 6 Stunden wird eine Schichtprämie gezahlt. Besteht kein Anspruch auf Schichtprämie, ist für Nachtarbeit ein Zuschlag von 10 v.H. des Tariflohnes zu zahlen. Ist die Nachtarbeit dem Werktätigen nicht mindestens 48 Stunden vor Beginn angekündigt worden, beträgt der Zuschlag 50 v.H. des Tariflohnes.
Die Beschäftigung von Jugendlichen unter 18 Jahren ist in der Zeit von 18.00 Uhr bis 6.00 Uhr verboten. Ausnahmen können für Lehrlinge gemacht werden, wenn es die Ausbildung erfordert. Nachtarbeit ist für Schwangere und stillende Mütter verboten.
5. Überstunden dürfen nur in Ausnahmefällen (Notfälle — d.h. Katastrophen, Verkehrs- und Betriebsstörungen, unmittelbare Gefahren, saisonbedingte Bergung und Verarbeitung von Nahrungsgütern, besonders wichtige betriebliche Aufgaben zur Versorgung und Betreuung der Bevölkerung, unaufschiebbare Arbeiten zur Aufrechterhaltung der Produktion und zur termingerechten Erfüllung besonders wichtiger Planaufgaben) geleistet werden. Überstundenarbeit darf nur vom Betriebsleiter und den nach der Arbeitsordnung befugten leitenden Mitarbeitern angeordnet werden. Vor der Anordnung ist die Zustimmung der zuständigen betrieblichen Gewerkschaftsleitung einzuholen. Für den Werktätigen dürfen für 2 aufeinanderfolgende Tage nicht mehr als 4 und jährlich nicht mehr als 120 Überstunden angeordnet werden. Ausnahmen dürfen in Notfällen gemacht werden.
Diese dehnbaren Bestimmungen haben in der Vergangenheit oft dazu geführt, daß besonders zur Planerfüllung im letzten Quartal eines Planjahres zahlreiche Überstunden gemacht wurden. Das wird zwar kritisiert, weil es die Produktion verteuert, aber ob sich daran künftig etwas ändern wird, erscheint fraglich. Für Jugendliche unter 16 Jahren, Lehrlinge, Schwangere und stillende Mütter ist Überstundenarbeit verboten. Das gilt auch für Schwerbeschädigte, wenn ärztlich festgestellt ist, daß die Überstundenarbeit nicht geleistet werden [S. 80]kann. Im übrigen dürfen sie nur unter Berücksichtigung der Art und des Grades ihres Körperschadens zur Überstundenarbeit herangezogen werden. Tuberkulosekranke und -rekonvaleszenten, Altersrentner, Rehabilitanden sowie Frauen mit Kindern im Vorschulalter dürfen Überstunden ablehnen.
Für Überstundenarbeit ist ein Zuschlag von 25 v.H. des Tariflohnes zu zahlen. Hat der Werktätige Anspruch auf Bezahlung der Überstundenarbeit, kann ihm der Überstundenarbeit entsprechende Freizeit gewährt werden, wenn er damit einverstanden ist. Auch in diesem Falle ist der Überstundenzuschlag zu zahlen.
6. Arbeitsbereitschaft kann zur Versorgung und Betreuung der Bevölkerung, zur Sicherung des ungestörten Produktionsablaufs oder zur Einleitung von Maßnahmen bei unvorhergesehenen Ereignissen vereinbart werden. Ist sie planmäßig zu leisten, muß sie in den Arbeitszeitplan aufgenommen werden. Die Arbeitsbereitschaft ist in der Regel wie die Leistung von Überstunden zu vergüten. In Rahmenkollektivverträgen kann anstelle der Vergütung eine angemessene Freizeitgewährung festgelegt werden.
7. Eine Freistellung von der Arbeit darf erfolgen:
a) zur Wahrnehmung staatlicher und gesellschaftlicher Funktionen, wozu auch Wehrübungen und ähnliches gehören, sowie zur Weiterbildung, soweit die Ausübung außerhalb der Arbeitszeit nicht möglich ist,
b) zu ärztlichen Untersuchungen oder Behandlungen, soweit das in rechtlichen Bestimmungen festgelegt oder infolge eines Arbeitsunfalles oder einer Berufskrankheit notwendig ist, falls die medizinische Betreuung während der Arbeitszeit stattfinden muß — dazu gehört auch das Aufsuchen einer Schwangeren- oder Mütterberatungsstelle oder, wenn der Werktätige einen Arzt während der Arbeitszeit sofort in Anspruch nehmen muß,
c) aus persönlichen Gründen (Eheschließung, Niederkunft der Ehefrau, Wohnungswechsel, Tod eines Familienangehörigen, Ladung als Zeugen, Begleitung von physisch schwerst- oder psychisch schwergeschädigten Familienangehörigen zur medizinischen Betreuung). In den Fällen a) und b) erhält der Werktätige einen Ausgleich in Höhe des Durchschnittslohnes, im Falle c) in Höhe des Tariflohnes. Vollbeschäftigte werktätige Frauen mit eigenem Haushalt erhalten monatlich einen Hausarbeitstag, wenn sie verheiratet sind, Kinder bis zu 18 Jahren oder pflegebedürftige Familienangehörige zum Haushalt gehören oder sie das 40. Lebensjahr vollendet haben. Der Hausarbeitstag wird auch vollbeschäftigten alleinstehenden Vätern mit Kindern bis zu 18 Jahren, wenn es deren Betreuung erfordert, und vollbeschäftigten Männern bei ärztlich bescheinigter Pflegebedürftigkeit der Ehefrau gewährt. Der Hausarbeitstag wird nicht gewährt, wenn der Arbeit unentschuldigt ferngeblieben wird. Für die durch den Hausarbeitstag ausfallende Arbeitszeit wird ein Ausgleich in Höhe des Tariflohnes gezahlt. Eine Abgeltung in Geld ist unzulässig.
Freistellung von der Arbeit wird auch einem Werktätigen gewährt, wenn es zur ärztlich bescheinigten Pflege eines erkrankten Kindes oder zum Arztbesuch des Kindes erforderlich ist. Das gilt auch für eine Betreuung des Kindes, die wegen einer vorübergehenden Quarantäne einer Kinderkrippe oder eines Kindergartens erforderlich ist. Von der Arbeit freizustellen sind auch Werktätige, wenn bei Erkrankung des Ehegatten die notwendige Betreuung der zum Haushalt gehörenden Kinder durch diesen oder durch andere nicht möglich ist. In diesen Fällen wird von der Sozialversicherung Unterstützung oder Krankengeld gezahlt (Sozialversicherungs- und Versorgungswesen).
Werktätige können in Ausnahmefällen aus dringenden familiären oder anderen gerechtfertigten Gründen stunden- oder tageweise unbezahlt freigestellt werden.
VIII. Erholungsurlaub
Nach dem AGB erhalten alle Werktätigen einen bezahlten Erholungsurlaub. Seine Dauer ergibt sich aus dem Grundurlaub sowie dem Zusatzurlaub, der entsprechend den in Rechtsvorschriften festgelegten Voraussetzungen gewährt wird. Einzelheiten regelt die VO über den Erholungsurlaub vom 28. 9. 1978 (GBl. I, S. 365). Danach beträgt seit dem 1. 1. 1979 der Grundurlaub 18 Arbeitstage. Einen erhöhten Grundurlaub erhalten: Jugendliche bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres 21 Arbeitstage; Lehrlinge 24 Arbeitstage; vollbeschäftigte Mütter, zu deren Haushalt 3 und mehr Kinder bis zu 16 Jahren oder ein schwerstgeschädigtes bzw. blindes Kind ab Vollendung des 3. Lebensjahres gehören, 21 Arbeitstage und, wenn diese im Mehrschichtsystem arbeiten, 23 Arbeitstage. Einen arbeitsbedingten Zusatzurlaub von 1 bis 5 Arbeitstagen erhalten Werktätige, die überwiegend besonderen Arbeitserschwernissen ausgesetzt sind oder eine besondere verantwortliche Tätigkeit ausüben. Die Tätigkeiten, für die arbeitsbedingter Zusatzurlaub zu gewähren ist, und die Dauer des Zusatzurlaubs sind in den Rahmenkollektivverträgen festzulegen (Urlaubskataloge). In einer Liste sind die Tätigkeiten, für die im Betrieb auf der Grundlage des Urlaubskatalogs arbeitsbedingter Zusatzurlaub eingeräumt wird, und die Dauer des Zusatzurlaubs zu erfassen.
Werktätige, die ständig im Mehrschichtsystem arbeiten, erhalten einen Zusatzurlaub im unterbrochenen Zweischichtsystem von 3 Arbeitstagen, im durchgehenden Zweischichtsystem von 4 Arbeitstagen, im unterbrochenen Dreischichtsystem von 5 Arbeitstagen und im durchgehenden Dreischichtsystem von 6 Arbeitstagen. Schwerbeschädigte, Tuberkulosekranke und -rekonvaleszenten erhalten ei[S. 81]nen Zusatzurlaub von 3 Arbeitstagen, Blinde von 5 Arbeitstagen. Gesondert sollen die Voraussetzungen für die Gewährung und die Dauer des Zusatzurlaubs für Arbeiten unter klimatisch erschwerten Bedingungen geregelt werden. Kämpfer gegen den Faschismus und Verfolgte des Faschismus erhalten einen Erholungsurlaub von 27 Arbeitstagen.
Werktätige, die nur während eines Teils des Kalenderjahres in einem A.-Verhältnis stehen, erhalten Anteilurlaub. Eine Karenzzeit bis zur Entstehung des Urlaubsanspruchs gibt es nicht.
Der Erholungsurlaub ist grundsätzlich innerhalb des Kalenderjahres zu gewähren und zu nehmen. Aus dringenden betrieblichen Gründen oder auf Wunsch des Werktätigen kann festgelegt werden, daß der Erholungsurlaub bis zum 31. 3. des folgenden Jahres angetreten wird. Im Betrieb ist ein Urlaubsplan aufzustellen, der gewährleisten soll, daß der Erholungsurlaub die planmäßige Erfüllung der betrieblichen Aufgaben nicht gefährdet, die Wünsche der Werktätigen weitgehend berücksichtigt werden und mindestens 3 Wochen zusammenhängend als Erholungsurlaub gewährt werden. Er bedarf der Zustimmung der zuständigen betrieblichen Gewerkschaftsleitung.
Für die Zeit des Erholungsurlaubs erhält der Werktätige eine Urlaubsvergütung in Höhe des Durchschnittsverdienstes. Zusätzliches Urlaubsgeld ist unzulässig.
Anspruch auf Abgeltung des Erholungsurlaubs in Geld besteht nur dann, wenn a) die Gewährung des Erholungsurlaubs infolge Invalidität nicht mehr möglich ist, b) der Werktätige ihn bis zum 31. 3. des folgenden Jahres infolge ärztlich bescheinigter Arbeitsunfähigkeit, Quarantäne oder Freistellung von der Arbeit nicht antreten konnte, c) bei befristeten A.-Verhältnissen er infolge der genannten Gründe bis zur Beendigung des A.-Verhältnisses nicht genommen werden kann.
IX. Gesundheits- und Arbeitsschutz
Die grundsätzlichen Bestimmungen über den Gesundheits- und Arbeitsschutz und die über die Sozialversicherung enthält das AGB in zwei voneinander gesonderten Kapiteln.
1. Der Betrieb ist nach dem AGB verpflichtet, den Schutz der Gesundheit und Arbeitskraft der Werktätigen vor allem durch die Gestaltung und Erhaltung sicherer, erschwernisfreier sowie die Gesundheit und Leistungsfähigkeit fördernder Arbeitsbedingungen zu gewährleisten. Speziell die Betriebsleiter und die leitenden Mitarbeiter haben die Erfordernisse des Gesundheits- und Arbeitsschutzes sowie des Brandschutzes als Bestandteil der Leitung und Planung des Reproduktionsprozesses (Reproduktion) zu verwirklichen.
In Ausübung ihres Mitwirkungsrechtes haben die betrieblichen Gewerkschaftsleitungen, die ehrenamtlichen Arbeitsschutzinspektoren, die Arbeitsschutzkommissionen und die Arbeitsschutzobleute das Recht, Arbeitsmittel, Arbeitsverfahren und Arbeitsstätten zu überprüfen, Ermittlungen und Untersuchungen über Ursachen von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten, sonstigen arbeitsbedingten Erkrankungen und Arbeitserschwernissen durchzuführen und die Beseitigung von Mängeln zu fordern. Der Betriebsleiter hat der zuständigen betrieblichen Gewerkschaftsleitung die Einsichtnahme in wissenschaftlich-technische Arbeitsunterlagen zur Prüfung, ob bei neuen Projekten den Erfordernissen des Gesundheits- und Arbeitsschutzes Genüge geleistet ist, zu ermöglichen.
Der Betrieb hat ferner entsprechend den Rechtsvorschriften Einrichtungen des Betriebsgesundheitswesens (Gesundheitswesen, III. C.) zu schaffen und zu unterhalten.
2. Im einzelnen wird der Arbeitsschutz in der Arbeitsschutzverordnung (ASVO) vom 1. 12. 1977 (GBl. I, S. 405) und zahlreichen Arbeitsschutzanordnungen, die oft gleichzeitig Brandschutzanordnungen sind, geregelt. Insgesamt ist damit eine ausreichende gesetzliche Grundlage für den Arbeitsschutz vorhanden.
3. In den Betrieben sind zur Wahrnehmung von Aufgaben auf dem Gebiet des Gesundheits- und Arbeitsschutzes Sicherheitsinspektoren einzusetzen, Sicherheitsinspektionen oder andere Organe zu bilden, die den Betriebsleiter bei der Erfüllung seiner Pflichten auf diesem Gebiet unterstützen und ihm unmittelbar unterstellt sind.
4. Arbeitsmittel, Arbeitsverfahren und Arbeitsstätten müssen so entwickelt, projektiert, konstruiert, errichtet, in Betrieb genommen und instandgesetzt werden, daß die geforderte Arbeitssicherheit gewährleistet ist. Körperlich schwere und gesundheitsgefährdende Arbeit soll planmäßig eingeschränkt werden. Der Betrieb hat die erforderlichen Körperschutzmittel kostenlos zur Verfügung zu stellen.
Eingehend wird die arbeitsmedizinische Betreuung geregelt (Gesundheitswesen, V.).
5. Frauen (alle weiblichen Personen nach vollendetem 18. Lebensjahr) und Jugendliche (alle männlichen und weiblichen Personen vom vollendeten 14. bis zum vollendeten 18. Lebensjahr) werden besonders geschützt. Maßgebliche Rechtsgrundlage ist die Arbeitsschutzanordnung (ASAO) 5 vom 9. 8. 1973 (GBl. I, S. 465). Sie enthält absolute Verbote für bestimmte gesundheitsgefährdende Tätigkeiten für Frauen und Jugendliche.
6. Der Betrieb hat umfangreiche Belehrungspflichten gegenüber den Werktätigen in Fragen des Gesundheits- und Arbeitsschutzes. Sie müssen die erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten im Gesundheits- und Arbeitsschutz sowie Brandschutz besitzen und sind in regelmäßigen Abständen zu belehren.
[S. 82]7. Wird ärztlich festgestellt, daß ein Werktätiger wegen vorübergehender Minderung der Arbeitsfähigkeit oder zum vorbeugenden Gesundheitsschutz die vereinbarten Arbeitsaufgaben unter den bisherigen Bedingungen zeitweilig nicht ausführen kann, ist ihm „Schonarbeit“ zu übertragen, deren Dauer bis zu 12 Wochen betragen und mit Zustimmung der Ärzteberatungskommission bis zu weiteren 12 Wochen verlängert werden kann.
8. Der Betrieb hat Unfallgefahren bei der Arbeit und andere arbeitsbedingte Gesundheitsgefährdungen zu beseitigen oder, wenn das nicht möglich ist, weitestgehend zu mindern. Die Werktätigen haben Mängel im Gesundheits- und Arbeitsschutz sowie Brandschutz und Arbeitsunfälle (Verletzungen im Zusammenhang mit dem Arbeitsprozeß und Wegeunfälle) sofort zu melden und erste Sicherungsmaßnahmen zu ergreifen. Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten sind vom Betrieb im Zusammenwirken mit den betrieblichen Gewerkschaftsleitungen und der Einrichtung des Betriebsgesundheitswesens unverzüglich zu untersuchen und ihre Ursachen und begünstigenden Bedingungen zu beseitigen. Der Betrieb hat dem Werktätigen bei Schädigung seiner Gesundheit durch Arbeitsunfall oder Berufskrankheit Unterstützung und Hilfe zu gewähren. Beim Tode eines Werktätigen ist den Hinterbliebenen Hilfe zu leisten. Für die materielle Sicherheit bei Arbeitsunfall und Berufskrankheit gelten die Bestimmungen über Schadenersatzleistung des Betriebes (s. u. A. XIII.) und über Sach- und Geldleistungen der Sozialversicherung. Eine Entscheidung, ob ein Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit vorliegt, trifft die Betriebsgewerkschaftsleitung oder die Verwaltung der Sozialversicherung beim Kreisvorstand des FDGB (Unfälle).
X. Sozialpolitik im Betrieb
Wegen der Plangebundenheit der Betriebe sind diese nicht in der Lage, nach eigenem Ermessen Sozialpolitik zu betreiben. Das AGB bestimmt, auf welchen Gebieten Sozialpolitik betrieben werden soll und wie die Mittel dafür aufzubringen sind.
1. Zur Sozialpolitik im Betrieb im weitesten Sinne gehört auch die Förderung des geistig-kulturellen Lebens, der Körperkultur und des Sports. Nach dem AGB hat der Betrieb vor allem die materiellen, finanziellen und personellen Voraussetzungen für die Unterhaltung und Instandhaltung der betrieblichen Kultur-, Jugend- und Sporteinrichtungen zu schaffen und die dafür erforderlichen Maßnahmen in den Plan aufzunehmen. Im Rahmen seiner Möglichkeiten hat er den planmäßigen Ausbau dieser Einrichtungen zu gewährleisten. Die Kultureinrichtungen des Betriebes, wie Kulturhäuser, Klubs und Bibliotheken, stehen der Betriebsgewerkschaftsorganisation unentgeltlich zur Verfügung. Die Kultur- und Sporteinrichtungen des Betriebes dürfen von den Werktätigen, der Grundorganisation der Freien Deutschen Jugend (FDJ), der Grundorganisation des Deutschen Turn- und Sportbundes (DTSB) der DDR und anderen gesellschaftlichen Organisationen unentgeltlich genutzt werden.
2. Die Regelungen des AGB beziehen sich auf folgende Bereiche der sozialen Betreuung: Arbeiterversorgung (vor allem Versorgung mit einer vollwertigen warmen Hauptmahlzeit, Zwischenverpflegung und Erfrischungen, Erleichterung für die Inanspruchnahme von Dienstleistungen und den Einkauf), Schaffung und Gestaltung von sozialen und sanitären Einrichtungen (Speiseräume, Umkleideräume, Waschanlagen und Ruheräume), Sicherung eines günstigen Berufsverkehrs, Sicherung der Wochenend- und Naherholung mittels der betrieblichen Erholungseinrichtungen, Unterstützung bei der Wohnraumversorgung, Betreuung der Kinder von Betriebsangehörigen und sozialistische Erziehung der Schuljugend, Betreuung der Wehrpflichtigen und der Arbeitsveteranen sowie die Gewährung finanzieller Unterstützungen, wenn es die soziale Lage eines Werktätigen erfordert.
3. Die Finanzierung der Sozialpolitik im Betrieb (einschließlich der Förderung des geistig-kulturellen Lebens und des Sports) erfolgt durch den Kultur- und Sozialfonds. Jedoch können Rechtsvorschriften auch die Verwendung von Mitteln aus anderen Fonds zulassen.
4. Im Rahmen der Bestimmungen über die Sozialpolitik im Betrieb ist auch die Sicherung mitgebrachter Gegenstände geregelt. Danach muß der Betrieb für die von den Werktätigen im Zusammenhang mit der Arbeit und der gesellschaftlichen Tätigkeit in den Betrieb mitgebrachten Sachen ordentliche und sichere Aufbewahrungsmöglichkeiten bereitstellen. Das gilt aber nicht für Kraftfahrzeuge.
XI. Besondere Rechte der werktätigen Frau und Mutter
In einem geschlossenen Kapitel enthält das AGB die Bestimmungen über die besonderen Rechte der werktätigen Frau und Mutter (Mutterschutz/Förderung von Mutter und Kind). Die Bestimmungen über die Förderung und den Schutz der Jugend sind im AGB dagegen nicht in einem geschlossenen Kapitel enthalten, sondern auf die jeweiligen Sachgebiete verteilt. Offenbar soll so der besonderen Bedeutung der Frauenarbeit Rechnung getragen werden. Allerdings verweist auch das Kapitel über die Frauenarbeit häufig auf andere Stellen des AGB. Im einzelnen enthält dieses Kapitel Regelungen oder Hinweise auf Regelungen zur Dauer der Arbeitszeit vollbeschäftigter Mütter mit mehreren Kindern, zur Aus- und Weiterbildung von Frauen mit Kindern bis zu 16 Jahren, zum besonderen Schutz der werktätigen Frau im Interesse der Mutterschaft, zur Freistellung nach dem Wochenurlaub und zur [S. 83]Schwangeren- und Mütterberatung, über Stillpausen und über den besonderen Kündigungsschutz für Schwangere und Mütter.
In diesem Kapitel, das speziell arbeitenden Frauen gewidmet ist, gibt es jedoch auch eine Regelung für Männer. Die für vollbeschäftigte werktätige Mütter geltenden Bestimmungen über die Dauer der Arbeitszeit und des Erholungsurlaubs finden danach auch für vollbeschäftigte alleinstehende Väter Anwendung, wenn es die Betreuung des Kindes oder der Kinder erfordert. Die Entscheidung darüber trifft der Betriebsleiter mit Zustimmung der zuständigen betrieblichen Gewerkschaftsleitung (Frauen, II. B.).
XII. Arbeitsrechtliche Verantwortlichkeit der Werktätigen
1. Werktätige, die schuldhaft (fahrlässig oder vorsätzlich) gegen die Arbeitsdisziplin verstoßen oder das sozialistische Eigentum beschädigt haben, sind disziplinarisch und/oder materiell zur Verantwortung zu ziehen. Das AGB definiert die Fahrlässigkeit und den Vorsatz abweichend vom Strafrecht (IV.) und vom Zivilrecht. Danach handelt der fahrlässig, der aus mangelnder Sorgfalt, Leichtfertigkeit, Gleichgültigkeit oder ähnlichen Gründen seine Arbeitspflichten verletzt bzw. das sozialistische Eigentum schädigt, obwohl er die Möglichkeit zum pflichtgemäßen Verhalten bzw. zur Verhütung des Schadens hatte. Vorsätzlich im Sinne des AGB handelt, wer seine Arbeitspflichten bewußt verletzt bzw. das sozialistische Eigentum bewußt schädigt oder sich mit diesen Folgen seines Handelns bewußt abfindet.
2. Wenn ein Werktätiger seine Arbeitspflichten schuldhaft verletzt und andere Formen der Erziehung nicht ausreichen, kann gegen ihn eine Disziplinarmaßnahme ausgesprochen werden. Diese sind: Verweis, strenger Verweis, fristlose Entlassung. Eine Disziplinarmaßnahme darf nur vom Disziplinarbefugten ausgesprochen werden. Disziplinarbefugter ist der Betriebsleiter. In der Arbeitsordnung kann die Befugnis zur Erteilung eines Verweises oder eines strengen Verweises auf leitende Mitarbeiter übertragen werden. Über den Ausspruch einer Disziplinarmaßnahme muß in einem Disziplinarverfahren entschieden werden, zu dem das AGB Einzelheiten festlegt. Der Disziplinarbefugte darf auch einen Antrag bei der Konfliktkommission auf Durchführung eines erzieherischen Verfahrens stellen (Gesellschaftliche Gerichte). Der Werktätige kann gegen eine Disziplinarmaßnahme innerhalb von 2 Wochen nach Zugang Einspruch bei der Konfliktkommission bzw. Kammer für Arbeitsrecht des Kreisgerichts (Rechtswesen, V.) einlegen. Verweis und strenger Verweis erlöschen mit Ablauf eines Jahres, eine fristlose Entlassung nach 2 Jahren. Letzteres hat jedoch nur Bedeutung für die Personalpapiere, weil durch die Löschung einer fristlosen Entlassung das beendete A.-Verhältnis nicht wieder auflebt.
3. Die materielle Verantwortlichkeit bedeutet, daß der Werktätige dem Betrieb zum Ersatz des Schadens verpflichtet ist, den er durch Verletzung seiner Arbeitspflichten schuldhaft verursacht hat. Grundsätzlich ist der Schadenersatz in Geld zu leisten. Aufgrund einer Vereinbarung mit dem Betrieb darf der Werktätige den Schaden auch selbst beheben. Für einen fahrlässig verursachten Schaden besteht eine Haftungsbegrenzung bis zur Höhe des monatlichen Tariflohnes. Bis zur 3fachen Höhe des monatlichen Tariflohns ist der Werktätige für einen fahrlässig herbeigeführten Schaden haftbar: beim Verlust von Werkzeugen oder anderen Gegenständen, die ihm vom Betrieb zur alleinigen Benutzung gegen schriftliche Bestätigung übergeben wurden, und beim Verlust von Geld, anderen Zahlungsmitteln oder Sachwerten, die er ständig oder zeitweilig allein in Gewahrsam hat. In den Rahmenkollektivverträgen kann festgelegt werden, daß die erweiterte materielle Verantwortlichkeit auch eintritt, wenn ein Werktätiger vereinbarungsgemäß mit einem anderen Werktätigen Geld, andere Zahlungsmittel oder Sachwerte ständig in Gewahrsam hat und die Arbeitsaufgabe das erfordert. In voller Höhe ist der Werktätige für einen vorsätzlich verursachten Schaden und für einen fahrlässig verursachten Schaden haftbar, wenn dieser durch eine unter Alkoholeinfluß begangene Arbeitspflichtverletzung herbeigeführt wurde und diese gleichzeitig eine Straftat darstellt, für die der Werktätige strafrechtlich zur Verantwortung gezogen wurde. Die materielle Verantwortlichkeit ist ausgeschlossen, wenn sie nicht innerhalb von 3 Monaten nach dem Bekanntwerden des Schadens und des Verursachers, spätestens jedoch innerhalb von 2 Jahren nach dem Eintritt des Schadens geltend gemacht wird. Dies hat vor der Konfliktkommission bzw. der Kammer für A. des Kreisgerichts zu geschehen, es sei denn, der Schaden geht nur bis 10 v.H. des monatlichen Tariflohnes des Werktätigen, wenn dieser sich schriftlich zum Schadenersatz verpflichtet hat. Nur dann darf der Betrieb auf den Schadenersatzanspruch verzichten, wenn der Werktätige einen angemessenen Teil der Schadenersatzsumme vereinbarungsgemäß gezahlt hat und durch vorbildliche Arbeitsdisziplin erwarten läßt, daß er künftig das sozialistische Eigentum achten wird.
XIII. Schadenersatzleistungen des Betriebes
1. Bei einem Arbeitsunfall oder einer Berufskrankheit hat der Betrieb dem Werktätigen den dadurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Werktätige trotz ordnungsgemäßer Belehrung, Unterweisung und Kontrolle aus grober Mißachtung seiner Pflichten im [S. 84]Gesundheits- und Arbeitsschutz diese vorsätzlich verletzt, dadurch der Arbeitsunfall herbeigeführt worden ist und die Ursachen dafür nicht vom Betrieb zu verantworten sind. Sozialversicherungs- und Versorgungsleistungen sind anzurechnen. Im Todesfalle haben die Hinterbliebenen Anspruch auf Schadenersatz. Die Bestattungskosten sind zu ersetzen.
2. Im übrigen gilt generell, daß der Betrieb dem Werktätigen schadenersatzpflichtig ist, wenn er Pflichten aus dem A.-Verhältnis oder bei der Vorbereitung des Arbeitsvertrages verletzt und dadurch für den Werktätigen ein Schaden entsteht. Ein vom Betrieb zu vertretendes Verschulden braucht nicht vorzuliegen. Die Verpflichtung zum Schadenersatz entfällt nur dann, wenn der Betrieb die Umstände, die zum Schaden geführt haben, trotz Ausnutzung aller ihm durch die sozialistischen Produktionsverhältnisse gegebenen Möglichkeiten nicht abwenden konnte.
3. Der Werktätige hat Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen, die er zur Schadenminderung oder Gefahrenabwehr machen mußte, sowie auf Entschädigung für eingetretene Nachteile.
XIV. Kontrolle der Einhaltung des Arbeitsrechts
In einem geschlossenen Kapitel des AGB sind die Bestimmungen über die staatliche, betriebliche und gewerkschaftliche Kontrolle des A. sowie die Kontrolle des Gesundheits- und Arbeitsschutzes durch die Gewerkschaften und staatlichen Organe enthalten. Dieses Kontrollnetz zeigt, daß der ernsthafte Wille besteht, das A. in die Rechtswirklichkeit umzusetzen. Wegen seiner Bedeutung für die Erfüllung der „Hauptaufgabe“ gilt das in besonderem Maße für die Bestimmungen, die produktionsfördernd wirken sollen.
XV. Entscheidung von Streitfällen
Das AGB legt in Übereinstimmung mit dem Gerichtsverfassungsgesetz (Gerichtsverfassung; Rechtswesen) und der Zivilprozeßordnung (Zivilprozeß) die Organe zur Entscheidung von Arbeitsstreitfällen und deren Zuständigkeit sowie die Rechte der Gewerkschaften und des Staatsanwalts (Staatsanwaltschaft) im Verfahren und die Organe zur Entscheidung von Streitfällen auf dem Gebiete der Sozialversicherung der Arbeiter und Angestellten fest.
XVI. Arbeitskräftelenkung
Außerhalb des AGB und seiner Folgebestimmungen ist die überbetriebliche Arbeitskräftelenkung geregelt. Rechtsgrundlage ist seit dem 1. 6. 1979 die AO zur Erhöhung der Wirksamkeit des Arbeitsvermögens vom 25. 5. 1979 (GBl. I, S. 115) (zuvor: VO zur Verbesserung der Arbeitskräftelenkung und Berufsberatung vom 24. 8. 1961 — GBl. II, S. 347). Danach haben die VEB, Kombinate, sozialistischen Genossenschaften und Einrichtungen sowie Handwerks- und Gewerbebetriebe dem Rat des Kreises, Amt für Arbeit (AfA), auf Anforderung freie Arbeitskräfte zu melden und die Bedingungen für die jeweilige Tätigkeit anzugeben. Sie haben das AfA unverzüglich zu informieren, wenn gemeldete Arbeitsplätze besetzt werden. Das AfA kann die Besetzung freier Arbeitsplätze von seiner Zustimmung abhängig machen. Die Betriebe haben dem AfA auf Anforderung Angaben über die Arbeitskräfte und die eintretenden Veränderungen zu machen. Das AfA kann den Betrieben Auflagen zur Einstellung von Bürgern erteilen, wenn das aus gesellschaftlichen oder volkswirtschaftlich wichtigen Gründen erforderlich ist. Die Betriebe sind dann verpflichtet, dem Bürger einen seiner Qualifikation, seinen Kenntnissen und Fähigkeiten entsprechenden Arbeitsvertrag anzubieten. Ein Arbeitsloser oder jemand, dem die Auflösung des Arbeitsvertrages droht, ist genötigt, dieses Angebot anzunehmen, weil es eine Arbeitslosenversicherung nicht gibt, es sei denn, er wolle sich von Familienmitgliedern oder anderen Personen unterhalten lassen. Bei wiederholter Ablehnung eines angebotenen Arbeitsvertrages ist sogar Strafverfolgung wegen Asozialen Verhaltens möglich.
Das AfA kann den Betrieben auch zeitweilig die Einstellung von Arbeitskräften untersagen, also Einstellungsbeschränkungen anordnen.
Die öffentliche Werbung von Arbeitskräften durch Betriebe ist nur ausnahmsweise zulässig und bedarf in jedem Falle der Zustimmung des AfA.
Die Verantwortlichkeit für die Verteilung der Arbeitskräfte liegt beim Staatssekretariat für Arbeit und Löhne, in örtlichen Bereichen, bei den AfA, die als Fachorgane bei den Räten der Bezirke, der Kreise, der kreisfreien Städte (Stadtkreise) und der Stadtbezirke bestehen.
Siegfried Mampel
Literaturangaben
- Arbeitsrecht. Lehrbuch. Autorenkollektiv u. Ltg. v. Frithjof Kunz und Wera Thiel. Berlin (Ost): Staatsverlag der DDR 1983.
- Arbeitsrecht — Grundrisse. Berlin (Ost): Staatsverlag der DDR 1979.
- Sozialistisches Arbeitsrecht — Instrument zur Verwirklichung d. Einheit von gesellschaftlichen, kollektiven und persönlichen Interessen. Autorenkollektiv u. Ltg. v. F. Kunz. Berlin (Ost): Staatsverlag der DDR 1980.
- Mampel, Siegfried: Arbeitsverfassung und Arbeitsrecht in Mitteldeutschland. Köln: W. Kohlhammer 1966.
- Rüthers, Bernd: Arbeitsrecht und politisches System. Frankfurt a. M.: Fischer 1973. (Fischer Athenäum.)
Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 72–84