DDR von A-Z, Band 1985

Außenwirtschaft und Außenhandel (1985)

 

 

Siehe auch:

 

I. Allgemeine Grundlagen

 

 

Unter Aw. wird die Gesamtheit der internationalen wirtschaftlichen Beziehungen einer Volkswirtschaft einschließlich der Produktionssphäre verstanden. Der Ah. ist wichtigster Teilbereich der Aw. Über den Ah. werden die meisten anderen Formen der Aw.-Tätigkeit wie wissenschaftlich-technische Beziehungen, Spezialisierungs-, Investitions- und Kooperationsvorhaben, die Plankoordinierung mit den Mitgliedsländern des Rates für Gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW), der Austausch von kommerziellen und nichtkommerziellen Dienstleistungen (Transport, Touristik u.a.), die auswärtigen Kreditbeziehungen und die Erschließung internationaler Märkte realisiert.

 

Für die gesamten Aw.-Beziehungen der DDR gilt das Ah.-Monopol des sozialistischen Staates, das auch in Art. 9 Ziff. 5 der Verfassung von 1968 (unverändert i. d. F. vom 7. 10. 1974) staatsrechtlich fixiert wurde. Es bedeutet die Beherrschung der gesamten Aw.-Tätigkeit durch den sozialistischen Staat. In einer Planwirtschaft sozialistischen Typs erweisen sich Planung und Kontrolle auch dieses Wirtschaftssektors durch zentrale, damit beauf[S. 123]tragte Instanzen (Ministerium für Außenhandel [MAH]; Kammer für Außenhandel [KfA]; Außenhandelsbetriebe [AHB] usw.) als notwendig, wenn keine schwerwiegenden Störungen auf dem zentral geplanten Binnenmarkt auftreten sollen. Die Aw. kann ihrer funktionalen außenpolitischen Bedeutung für den sozialistischen Staat nur entsprechen, wenn ihre zentrale Lenkung gesichert ist.

 

Das Aw.-Monopol umschließt das Valuta-, Transport- und Ah.-Monopol, das die staatliche Planung, Durchführung und Kontrolle des gesamten Ah. bedeutet. Damit sichert der sozialistische Staat zugleich die Übereinstimmung von Ah. und zentraler Volkswirtschaftsplanung, die Durchsetzung einer den Zielen seiner Außenpolitik dienenden und den binnenwirtschaftlichen Erfordernissen angepaßten Volkswirtschaftspolitik. In der DDR wird darüber hinaus betont, daß nur das Aw.- bzw. Ah.-Monopol unerwünschte Einflüsse des Weltmarktes von der eigenen Wirtschaft fernhalten könne. Trotz uneingeschränkter Beibehaltung des Aw.-Monopols ist in den letzten Jahren in der DDR eine stärkere Verlagerung außenwirtschaftlicher Funktionen auf zentral- und bezirksgeleitete Kombinate (157 bzw. 66) festzustellen, womit eine größere Flexibilität in der Aw.-Politik angestrebt wird.

 

Die DDR ist vor allem aus zwei Gründen auf die außenwirtschaftliche Tätigkeit angewiesen. Einmal bedarf sie der Importe von Roh- und Brennstoffen, um die traditionell stark vertretene verarbeitende Industrie zu versorgen, zum anderen kann sie die Enge des Binnenmarktes, die die Herausbildung effizienter Produktionsstrukturen verhindert, überwinden. Die allseitig wachsenden Anforderungen an das Wirtschaftspotential haben zu einem Wandel auch der Aufgabenstellung der Aw. im volkswirtschaftlichen Leistungsprozeß geführt. War ursprünglich die Aw.-Tätigkeit mehr auf die Importseite fixiert, um hierüber vor allem binnenwirtschaftliche Engpässe infolge mangelnder Selbstversorgung, Flexibilität oder Unterplanerfüllung zu beseitigen (Lückenbüßerfunktion des Ah.), so erlangte im Zuge zunehmender Intensivierung des Wirtschaftsprozesses seit Mitte der 60er Jahre die Exportseite eine eigenständigere Position. Dieser kommt nicht mehr allein die Aufgabe zu, die zur Bezahlung der Importe notwendigen Devisen zu beschaffen. Vielmehr sollen vor allem über den Export das volkswirtschaftliche Wachstum und die volkswirtschaftliche Effektivität durch die Entwicklung führender Zweige und dynamischer Produktionsstrukturen, die Herabsetzung der Fondsintensität und die verbesserte Kapazitätsausnutzung stimuliert werden. Gegenwärtig, wird in der DDR die erreichte Intensität und Struktur der außenwirtschaftlichen Verflechtung jedoch immer noch als unbefriedigend angesehen. Die nominell hohe Steigerung der Ah.-Verflechtung pro Kopf der Bevölkerung von 2.319 Valuta-Mark im Jahr 1970 auf 7.174 Valuta-Mark im Jahr 1980 ist nicht zuletzt auf das in diesem Zeitraum um rd. 56 v.H. gestiegene Ah.-Preisniveau zurückzuführen.

 

Als Ursache für die noch — etwa im Vergleich zu führenden westlichen Ah.-Ländern — geringe Verflechtung der DDR sind vor allem der schwergängige und für binnen- und außenwirtschaftliche Störungen anfällige Bilateralismus im Handelsverkehr, das lange Zeit für alle Länder des RGW typische Autarkiestreben (breites Produktionssortiment bis Ende der 60er Jahre!) und die starke Orientierung der Wirtschaftsbeziehungen auf die sozialistischen Länder mit einem überwiegend noch komplementären und für die DDR zuweilen ineffizienten Güteraustausch zu nennen.

 

II. Außenwirtschaftspolitik

 

 

Die Aw.-Politik ist sowohl der allgemeinen Wirtschafts- als auch der Außenpolitik untergeordnet. Neben dem bis Anfang der 70er Jahre wichtigsten politischen Ziel — gegenüber den Entwicklungsländern und westlichen Industriestaaten das Streben nach völkerrechtlicher Anerkennung zu unterstützen — kam ihr jedoch stets die wichtige wirtschaftliche Aufgabe zu, über den Import den volkswirtschaftlich notwendigen Bedarf an Investitions- und Verbrauchsgütern zu decken. Als Bestandteil der Wirtschaftspolitik der SED-Führung ist das Bemühen der Aw.-Politik seit Beginn der 70er Jahre eindeutig darauf gerichtet, die Aw.-Beziehungen zur Durchsetzung des „wissenschaftlich-technischen Fortschritts“ zu intensivieren, d.h. die Aw.-Politik ist gegenwärtig vor allem Instrument der nationalen Wachstums- und Strukturpolitik.

 

Nach den Bestimmungen des geltenden Fünfjahrplans (1981–1985) werden die Aw.-Beziehungen mit den Mitgliedsländern des RGW, insbesondere mit der UdSSR (siehe dazu Punkt VI.), als entscheidende Grundlage für die gesamten Aw.-Beziehungen der DDR betrachtet. Auf dieser Grundlage sollen die Beziehungen zu den Entwicklungsländern und den — im Plan an letzter Stelle genannten — westlichen Industriestaaten auf der Grundlage der Gleichberechtigung und des gegenseitigen Vorteils weiterentwickelt werden.

 

Die angestrebten Formen praktischer außenwirtschaftlicher Tätigkeit sind gegenüber den einzelnen politisch-geographischen Regionen von unterschiedlicher Art. Mit den westlichen Industrie- und den Entwicklungsländern werden vor allem langfristige Handels- und Zahlungsabkommen abgeschlossen; lediglich mit ausgewählten nichtsozialistischen Schwerpunktländern bzw. „progressiven“ Entwicklungsländern sollen „vorteilhafte Kooperationsbeziehungen“, fixiert durch Rahmenkooperationsabkommen und Kooperationsverträge auf betrieblicher Ebene, entwickelt werden. Das Hauptgewicht [S. 124]bei der Gestaltung der Wirtschaftsbeziehungen zum RGW liegt auch weiterhin bei den bilateralen Abkommen über Warenaustausch und Zahlungsverkehr.

 

Neben diesen traditionellen außenwirtschaftlichen Verkehrsformen ist seit Beginn der 70er Jahre das Bemühen um den Abschluß von Kooperations- und Spezialisierungsabkommen im Bereich von Wissenschaft, Technik und Produktion und die im „Komplexprogramm“ vorgesehene zwei- und mehrseitige Plankoordinierung aller RGW-Länder, einschließlich des „Fünfjahrplans der mehrseitigen Integrationsmaßnahmen für die Jahre 1976–1980“ und des „Programms für die Koordinierung der Volkswirtschaftspläne für den Zeitraum 1986–1990“, stark in den Vordergrund gerückt. Besonders seit den weltweiten Rohstoffpreisverteuerungen hat die DDR ein starkes Interesse, ihre Rohstoff-, Brennstoff- und Energiebasis im RGW weiterzuentwickeln. Die im Plan 1981–1985 enthaltenen Mittel an Investitionsbeteiligungen im RGW sind vornehmlich für diesen Zweck vorgesehen. Die DDR gilt innerhalb des RGW als engagierter Befürworter der sozialistischen Integration.

 

Die wirtschaftlichen Aktivitäten gegenüber den westlichen Industriestaaten führten unter anderem zum Abschluß von Handelsabkommen, die bis 1973 bzw. 1974 auf Kammer- oder Bankebene bzw. auf der Ebene des Amtes für Außenwirtschaftsbeziehungen und danach auf Regierungsebene wirksam wurden.

 

Langfristige bilaterale Regierungsabkommen, die z. T. über mehrere Jahre laufen (in der Regel „Verträge über wissenschaftliche, technische und industrielle Zusammenarbeit“), konnten seit 1969 mit Frankreich, Italien, Finnland, Island, Großbritannien, Österreich, Japan, Australien, Schweden, den Niederlanden, Belgien und Dänemark (in dieser Reihenfolge) geschlossen werden. Darüber hinaus wurden die Westbeziehungen durch die Einrichtung staatlicher Handelsvertretungen, Niederlassungen und Servicestellen der Außenhandelsbetriebe (AHB) sowie durch die Teilnahme an international bedeutsamen Ausstellungen und Messen intensiviert, an denen die DDR 1980 in 111 (1976: 168) Fällen beteiligt war. Dieser Rückgang gegenüber den Vorjahren ist nicht als Abwendung vom Markt, sondern als Schwerpunktbildung anzusehen.

 

Zu den vielfältigen außenwirtschaftlichen Beziehungen der DDR mit Staaten der westlichen Hemisphäre läßt sich zusammenfassend feststellen, daß sie ein wirtschaftlich bedeutendes Element der gesamten Aw.-Beziehungen sind, da die DDR auf diese Weise technologisches Know-how und eine Reihe von Engpaßgütern (u.a. Lebensmittel und Lebensmittelrohstoffe) beziehen kann. Der Westhandel ist aufgrund dieser Entwicklung gegenwärtig von einem hohen Importüberschuß auf seiten der DDR gekennzeichnet, der jedoch langsam abgebaut wird.

 

Auch die Wirtschaftsbeziehungen mit den kommunistisch regierten Staaten, vor allem den RGW-Mitgliedern, beruhen auf dem Abschluß von Abkommen über den Warenaustausch und Zahlungsverkehr. Diese mit den sozialistischen Ländern geschlossenen Handelsverträge sind der Laufzeit der langfristigen Perspektivpläne (1976–1980, 1981–1985) angepaßt und werden innerhalb des RGW zur Zeit noch bilateral koordiniert.

 

Darüber hinaus ist von der DDR eine Vielzahl von zwei- und mehrseitigen Kooperations- und Spezialisierungsabkommen im RGW geschlossen worden. Die Integrationspolitik der DDR in und gegenüber dem RGW zeigt sich u.a. darin, daß sie, im Rahmen der Produktionsspezialisierung, die Fertigung wichtiger Erzeugnisse zugunsten anderer RGW-Länder eingestellt hat. Hervorzuheben ist die Einstellung der Flugzeugproduktion (bereits seit Anfang der 50er Jahre), von Bereichen des Lokomotiv-, des Straßenbahnwagen-, Webmaschinen-, Elektrogabelstapler-, Traktoren- und Omnibusbaus.

 

Das mit der ČSSR geplante Spezialisierungsgroßprojekt einer gemeinsamen Pkw-Produktion scheiterte vor allem an Finanzierungsschwierigkeiten und an nationalen Unabhängigkeitserwägungen. Multi- und bilaterale Großprojekte im RGW, an denen die DDR beteiligt ist, wie die Erdgas-Transit-Leitung „Nordlicht“, der Bau eines Zellstoffkombinats in Sibirien, einer Olefinproduktions- und -verarbeitungsanlage in der ČSSR, eines metallurgischen Kombinats in der UdSSR (Iljimsk-Kursk) usw. deuten jedoch auf eine stärkere Einbindung der DDR in die östliche Wirtschaftsregion hin (Internationale ➝Wirtschaftsverträge).

 

III. Die Organisation der Außenwirtschaft

 

 

Mit dem sich allmählich vollziehenden Übergang zur verstärkten Nutzung intensiver Wachstumsfaktoren und mit der Einführung des NÖSPL bzw. des ÖSS in der DDR wurde auch das bestehende System der Aw. reformiert (Wirtschaft). Im Rahmen der bis etwa zum VI. Parteitag der SED (1963) praktizierten Aw.-Politik wurde der außenwirtschaftliche Bereich monetär und organisatorisch vom binnenwirtschaftlichen derart getrennt, daß die Industriebetriebe zu Binnenpreisen fakturierten und den Ah.-Betrieben nahezu ausschließlich der Kontakt mit den Außenmärkten überlassen wurde. Hauptanliegen der damaligen Reformmaßnahmen war es nun, diese Trennung bei grundsätzlicher Beibehaltung des Aw.-Monopols zu überwinden.

 

Zur Durchsetzung dieses Monopols ist eine Reihe von Organisationen und Institutionen notwendig, deren Funktionen sich z. T. im Laufe der Änderungen am Aw.-System gewandelt haben. Das zentrale Organ ist das Ministerium für Außenhandel [S. 125](MAH) — bis 31. 12. 1973 Ministerium für Außenwirtschaft —, das im Auftrage des Ministerrates die Gesamtinteressen des Staates auf dem Gebiete der Aw. wahrzunehmen hat (VO Außenhandel GBl. I, Nr. 35, 1976) und dem eine Reihe von Ah.-Organen untergeordnet ist. Laut Statut des Ministeriums für Außenwirtschaft vom 9. 8. 1973 (GBl. I, Nr. 41, 1973) sind dies: die Handelsvertretungen und handelspolitischen Abteilungen der DDR in anderen Staaten, die Ah.-Betriebe (soweit sie nicht von VVB, Kombinaten oder Industrieministerien angeleitet werden), die Kammer für Außenhandel (KfA), die Zollverwaltung (Zollwesen), der VEB Leipziger Messeamt (Leipziger Messe), die Außenhandelswerbegesellschaft mbH, das Amt für Außenwirtschaftsbeziehungen der DDR, das Zentrum für Information und Dokumentation der Außenwirtschaft, das Forschungsinstitut beim Ministerium für Außenhandel und die Fachschule für Außenwirtschaft „Joseph Orlopp“.

 

Die Ende der 60er Jahre geplanten Reformmaßnahmen des Aw.-Systems sollten das Aw.-Monopol effektiver gestalten. Im organisatorischen Bereich sollten die AHB den Charakter von Verkaufsorganen einzelner oder mehrerer VVB, Kombinate oder VEB erhalten. Diese Maßnahmen ließen sich aufgrund der befürchteten Aufweichung des Aw.-Monopols jedoch nicht realisieren.

 

Erst gegen Ende der 70er Jahre gab es Auflockerungen im Aw.-System, die die bis dahin dominierende Position der zentral vom MAH angeleiteten AHB relativierte. Die Hauptform des gegenwärtigen AHB ist der juristisch selbständige, dem Kombinat bzw. Industrieministerium und dem MAH doppelt unterstellte Betrieb. Nach Vorstellung der DDR-Wirtschaftsorganisatoren entstehen mit der Einordnung der Exporte und Importe in die Verantwortung der Kombinate günstigere Bedingungen für die Steigerung vor allem des Exports. Tätigkeiten, die vorher vornehmlich in den Bereich der AHB gehörten, werden nun von AHB und vom Kombinat gemeinsam durchgeführt. Hierzu gehören Markt- und Preisarbeit, internationale Spezialisierung und Kooperation und Weiterentwicklung von Erzeugnissen, Gestaltung der äußeren Absatz- und Bezugsorganisation, Entsendung von Fachkräften ins Ausland, Sicherung der Ersatzteilversorgung und Durchführung des Kundendienstes.

 

Der Beitrag der Kombinate zur Lösung der außenwirtschaftlichen Aufgaben soll auch in der wirtschaftlichen Rechnungsführung wirksam gemacht werden. Den Kombinaten werden schrittweise staatliche Aufgaben und Auflagen für Valutaeinnahmen übergeben. Für mehr Valutaeinnahmen bzw. deren Sicherung sind neben Auslieferung und Produktion von Exportwaren die Generaldirektoren der Kombinate verantwortlich. Das Betriebsergebnis der den Kombinaten zugeordneten AHB wird jetzt in das einheitliche Betriebsergebnis der Kombinate einbezogen. Das einheitliche Betriebsergebnis als Summe der Erlöse aus abgesetzter Warenproduktion und von Exportstimulierungsmitteln ist bereits Ende der 60er Jahre eingeführt worden. Die Einbindung der Kombinate in den Aw.-Prozeß geht soweit, daß die Generaldirektoren die erwirtschafteten Exportgewinne für die Finanzierung der bei einzelnen Betrieben entstandenen Exportverluste einzusetzen haben. Nach wie vor schließen die AHB sogenannte Exportkommissionsverträge mit den jeweiligen Exportbetrieben ab. Die Geschäfte der AHB erfolgen damit im eigenen Namen, aber auf Rechnung der Kombinate bzw. des Exportbetriebes. Die AHB arbeiten nach den Prinzipien der wirtschaftlichen Rechnungsführung und erhalten für ihre Tätigkeit eine Handelsspanne.

 

Die Eigengeschäftstätigkeit von Exportbetrieben ist erweitert worden. Nachdem bis 1976 die Exporteigengeschäfte an Bedeutung verloren hatten, wurde ab 1978 die Eigengeschäftstätigkeit wieder belebt. Sie erstreckt sich unter bestimmten Umständen (vor allem Ersatzteilbeschaffung) auch auf die Importseite. Einem Kombinatsbetrieb darf die Eigengeschäftstätigkeit nur vom AHB übertragen werden. Die Zahl der ursprünglich rd. 30 AHB hat sich bis zum Jahre 1982 auf 60 AHB, davon der größte Teil kombinatseigen, erhöht (ohne Dienstleistungs- und Vertretergesellschaften). Im Bereich der Planung und Leitung der Aw. ist im Zuge der Reformen der 60er Jahre die Mengen- durch die kombinierte Wert-Mengenplanung abgelöst worden, wobei der Wertaspekt deutlich in den Vordergrund tritt, obwohl Valutaanrechte für Exportbetriebe seit Beginn der 70er Jahre nicht mehr eingeräumt werden. Die nachfolgend aufgeführten Kennziffern sind von den Betrieben zu berücksichtigen: Ex- und Importe in Mark und Valuta-Mark nach Wirtschafts- und Währungsgebieten und zu Betriebspreisen bzw. Importpreisen, fob, nach sozialistischem und nichtsozialistischem Wirtschaftsgebiet (SW und NSW). Das sozialistische Wirtschaftsgebiet wird planerisch weiter in Export in die Sowjetunion und andere sozialistische Länder gegliedert, das nichtsozialistische je nach Export- (Devisenländer, Verrechnungsverkehr, Bundesrepublik Deutschland, Berlin [West]) und Importtätigkeit (Planung wie Export, nur in VM und Importabgabepreis). Der Ex- und Import wichtiger Erzeugnisse ist in Mark (SW) und VM (NSW) sowie in Mengeneinheiten zu planen. In die Planung gehen auch Waren für Kompensationsgeschäfte ein. Wirtschaftspolitisch richtet sich die Planung auf eine stärkere Ablösung von Importen (u.a. aus dem NSW) und auf eine forcierte Exporttätigkeit.

 

Der Gesamtcharakter der Aw.-Organisation in den 80er Jahren ist durch eine im Vergleich zum Vorjahrzehnt aufgelockerte Gestaltung des Ah.-Monopols gekennzeichnet. Zwar bleibt nach wie vor die [S. 126]Kontrolle über das MAH, doch steht dem die gestärkte Kompetenz der Kombinate, der Fachministerien und der bezirksgeleiteten Industrie entgegen. So werden wichtige ökonomische Grundparameter wie Preis und Menge von den Kombinaten festgelegt bzw. entscheidend mitgestaltet. Der „klassische“ AHB behält seine Existenzberechtigung dort, wo das Verkaufsprogramm heterogen und von einer Vielzahl von Produzenten gestaltet wird. Die von E. Honecker geforderte organische Verbindung von Produktion und Absatz im In- und Ausland durch Kombinate ist erst noch zu schaffen, nicht zuletzt wegen der Abgrenzungsprobleme zwischen Industrie und Ah. und dem durch die Planwirtschaft gegebenen Erfordernis, das Ah.-Monopol beizubehalten.

 

IV. Entwicklung des Außenhandels

 

 

Eine hinreichend spezifizierte Aufstellung in der statistischen Berichterstattung der DDR ist weder über die gesamte außenwirtschaftliche noch über die nach Ländern gegliederte Warenstruktur bekannt. Ferner werden weder Zahlungsbilanzen noch — außer der Handelsbilanz — deren Teilbilanzen veröffentlicht. Es ist darüber hinaus unmöglich, die exakte Ah.-Verflechtung (Anteil der Ex- und Importe am Nationaleinkommen) zu ermitteln, da die Valuta-Mark (VM) eine Verrechnungsgröße darstellt, deren Umrechnungsverhältnis zu den Ex- und Importbinnenpreisen nicht bekanntgegeben wird. Seit 1970 ist das Nationaleinkommen (in vergleichbaren Preisen) um 59 v.H., der Ah.-Umsatz jedoch um rd. 303 v.H. (vgl. Tabelle 1) gestiegen; daraus kann eine zunehmende Ah.-Verflechtung der Wirtschaft der DDR abgelesen werden.

 

 

Während der Ah.-Umsatz bis Ende der 60er Jahre real noch schneller als nominal stieg, haben die nominalen Wachstumsraten seit Anfang der 70er Jahre schneller als die realen zugenommen. Seit 1970 stieg das Ah.-Preisniveau insgesamt um 56 v.H., wobei sich die Exportpreise langsamer als die Importpreise erhöhten. Dadurch verschlechterten sich die realen Austauschverhältnisse — die terms of trade — im Ah. der DDR.

 

Während die Handelsbilanz in den 60er Jahren überwiegend aktiv gestaltet werden konnte, so daß sich bis einschließlich 1972 ein kumulierter Handelsbilanzüberschuß von 6,8 Mrd. VM ergab, mußte die DDR von 1973 an in jedem Jahr Handelsbilanzdefizite hinnehmen. Diese Defizite sind zunächst durch eine Passivierung der Handelsbeziehungen mit westlichen Ländern entstanden. Sie wurden jedoch von 1975 an in erster Linie durch die Handelsbeziehungen mit der Sowjetunion verursacht. Allein im Zeitraum 1973–1976 bildete sich ein kumuliertes Handelsbilanzdefizit in Höhe von insgesamt 14,855 Mrd. VM (Basis: laufende Preise), von 1976 bis 1980 erhöhte es sich auf rund 29 Mrd. VM, allein gegenüber der Sowjetunion auf 10 Mrd. VM. Damit einhergehend wuchsen auch die Gesamtverbindlichkeiten gegenüber westlichen Ländern stark an (bis 1981 knapp 10 Mrd. US-$).

 

Obwohl der Ah. — auch nach den Wirtschaftsreformen — über das Ah.-Monopol der DDR gelenkt wird, konnte er in der Vergangenheit nicht immer planmäßig entwickelt werden.

 

So sind zwar die in den langfristigen Perspektivplänen vorgesehenen Umsatzvolumina meist erreicht worden, jedoch nicht immer die Jahrplanvorgaben und die angestrebten Ex- und Importrelationen. Das gilt sowohl für den abgebrochenen Siebenjahrplan (1959–1965), in dessen Zeitraum die Exporte um 60 v.H. (Plan 86 v.H.) und die Importe um 65 v.H. (Plan 57 v.H.) gestiegen waren, als auch für den abgelaufenen Fünfjahrplan für die Jahre 1971–1975. Einem Soll in Höhe von 160–170 v.H. stand ein Ist in Höhe von 186 v.H. gegenüber; dabei waren die über den Exportsteigerungen liegenden Importerhöhungen möglicherweise nicht eingeplant. Aus den Jahrplan- und -ergebnisdaten für 1976–1980 ist zu schließen, daß der Umsatzzuwachs von 61,5 v.H. unterhalb der Planvorgabe lag.

 

V. Entwicklung der Waren- und Länderstruktur

 

 

Die Warenstruktur des Ah. der DDR entspricht der einer hochentwickelten Volkswirtschaft (siehe Tabelle 2). Sowohl bei den Exporten als auch bei den Importen dominieren Maschinen, Ausrüstungen und Transportmittel. Von geringerer Bedeutung sind bei den Exporten die Rohstoffe und Halbfabrikate; die Rohstoffabhängigkeit der DDR ist an dem [S. 127]hohen Importanteil dieser Warengruppe ablesbar. Die Gruppe der industriellen Konsumgüter und die der chemischen Erzeugnisse haben einen beachtlichen Exportwert erreicht.

 

 

Die Warenstruktur im Handel mit den OECD-Ländern unterlag seit 1960 einem deutlich erkennbaren Wandel. Auf der Ausfuhrseite ist der gestiegene Anteil der Investitionsgüter und der immer noch hohe Anteil der Grundstoffe/Produktionsgüter hervorzuheben, der in etwa dem volkswirtschaftlichen Produktionsprofil entspricht. Auf der Einfuhrseite vollzogen sich mit der Zunahme des Investitionsgüteranteils und der Abnahme des Anteils der landwirtschaftlichen und Ernährungsgüter die deutlichsten Änderungen, die einen Funktionswandel im Westhandel der DDR signalisieren. Seine Funktion als „Lückenbüßer“ — vor allem bei Konsumgütern — ist zugunsten der Rolle eines Wachstums- und Produktivitätsfaktors aufgegeben worden.

 

Die regionale Ah.-Entwicklung in den Jahren zwischen 1960 und 1980 ist besonders durch einen schnell anwachsenden Westhandel (+ 745 v.H.) und einen wesentlich geringeren Anstieg des Handels mit den sozialistischen Staaten gekennzeichnet (+ 478 v.H.). Diese Entwicklung ist Ausdruck des Strebens der Staatsführung der DDR, über den Westhandel den Bedarf an hochproduktiven Industrieanlagen und technisch-organisatorischem Know-how zu decken. Seit dem Anstieg der Rohstoffpreise im Jahre 1973, dem sich vergrößernden Defizit im Westhandel und einer daraus resultierenden restriktiven Einfuhrpolitik hat sich auch die Dynamik des Osthandels der DDR an die ihres Westhandels angepaßt. Daneben ist — preisbedingt — der Handel mit den Entwicklungsländern seit 1973 schnell angestiegen.

 

 

Die Regionalstruktur des Ah. der DDR ist von einem hohen Anteil der sozialistischen Länder gekennzeichnet, der bis zu den starken Preisanhebungen im RGW im Jahre 1975 langsam abgenommen hatte. Bis zu diesem Zeitpunkt stieg der Anteil des Westhandels — zu laufenden Preisen bewertet — kontinuierlich an. Der relativ bescheidene Anteil des Handels mit den Entwicklungsländern in den 60er Jahren konnte auch in den 70er Jahren nicht wesentlich vergrößert werden, obwohl er absolut seit etwa 1974 rasch angewachsen ist.

 

 

VI. Besondere Bindungen an die UdSSR

 

 

Mit keinem anderen Land des RGW ist die wirtschaftliche Verflechtung der DDR so eng wie mit der UdSSR. 1981 wickelte die DDR rd. 38 v.H. des Ah. [S. 128]— das entspricht rd. 9,7 v.H. des Ah. der Sowjetunion — mit der UdSSR ab. Die Sowjetunion ist damit auch auf wirtschaftlichem Gebiet der wichtigste Partner der DDR. Diese Entwicklung erklärt sich aus der Tatsache, daß die UdSSR als Folge der Kriegsereignisse maßgeblich die Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik sowie den Aufbau, die Besetzung und die Organisation des gesamten Staatsapparates einschließlich des Wirtschaftssystems der DDR bestimmt hat und auf diesem Wege auch eine enge wirtschaftliche Bindung zwischen beiden Staaten herbeiführte.

 

Gegenwärtig — vor allem nach Abschluß des Freundschaftsvertrages zwischen beiden Staaten im Oktober 1975 — gilt für die Parteiführung der DDR das Bekenntnis in der Direktive zum X. Parteitag der SED (1981): „Eine entscheidende Voraussetzung für die weitere stabile ökonomische und soziale Entwicklung in der DDR bildet die zielstrebige Vertiefung der sozialistischen ökonomischen Integration mit der UdSSR und den anderen Bruderländern des RGW.“ (Protokoll des X. Parteitages …, Berlin [Ost] 1981, 2. Bd., S. 297). Der Außenhandel mit der UdSSR ist nach wie vor sehr hoch und weist, da wohl die UdSSR ihre Außenwirtschaftsaktivitäten verstärkt auch mit westlichen Ländern abwickelt, wertmäßig steigende Tendenz auf (vgl. Tabelle 5).

 

Seit 1950 entwickelte sich der Handel DDR-UdSSR wie folgt:

 

 

Die Warenstruktur des Ah. ist — obwohl Veränderungen zu beobachten sind — noch überwiegend komplementärer Natur. In ihrer wirtschaftlich bedeutendsten Funktion als Rohstofflieferant deckt die UdSSR den Importbedarf der DDR mit ca. 90 v.H. bei Baumwolle, Erdöl, Eisenerz, Buntmetallen und Holz, mit 80 v.H. bei Walzstahl und Blechen.

 

Auch gegenüber der Sowjetunion wurde die DDR ihrem Ruf als größter Investitionsgüterlieferant des RGW gerecht: rund ein Viertel des gesamten Maschinen- und Ausrüstungsimports der Sowjetunion kommt gegenwärtig aus der DDR.

 

Die herausragende Rolle der Investitionsgüterlieferungen der DDR kommt auch in dem hohen Anteil von rd. 70 v.H. an der Gesamtausfuhr der DDR in die UdSSR zum Ausdruck, dem ein Wert von 20 v.H. auf der Einfuhrseite gegenübersteht (1980). Bei den Einfuhren der DDR dominieren die Grundstoffe und Produktionsgüter mit einem Wert von rd. 50 v.H.

 

Das für den Fünfjahreszeitraum 1981–1985 geschlossene Handelsabkommen zwischen der UdSSR und der DDR ist auf eine Verbesserung der Warenstruktur gerichtet, wenn auch die starken Rohstoffsicherungsinteressen der DDR nicht zu verkennen sind. Das Abkommen sieht vor, ein — preisbereinigtes — Volumen von über 48 Mrd. Rubel im Fünfjahrplan[S. 129]zeitraum abzuwickeln. Die ursprünglich geplante Steigerung des Handels um 40 v.H. 1985 gegenüber 1980 wird wahrscheinlich überboten werden, da die bislang realisierten Steigerungsraten über den Planansätzen liegen.

 

Hauptlieferposten der DDR sind Schiffe, Schienenfahrzeuge, Landmaschinen, Werkzeugmaschinen, Hebe- und Fördermittel, Ausrüstungen für die chemische Industrie, bei Konsumgütern: Bekleidung, Möbel und Haushaltswaren. Hauptposten der UdSSR sind Pkws, Roh- und Grundstoffe wie Erdöl, Erdgas, Steinkohle, Walzstahl, Zellstoff, Baumwolle, Aluminium, Schnittholz, Papier, Getreide. Nicht gesichert ist die ursprünglich zugesagte Liefermenge von 19 Mill. t Erdöl pro Jahr. Eine verminderte Lieferung wäre mit erheblichen Preissteigerungen verbunden, die den finanziellen Spielraum der DDR weiter einengen würden.

 

Neben Handelsabkommen, welche die Grundlage für den Austausch von Waren und Dienstleistungen bilden, treten in zunehmendem Maße andere Formen wirtschaftlicher Zusammenarbeit, welche die Verflechtung der beiden Volkswirtschaften intensivieren sollen. So sind seit 1964 zahlreiche Regierungs- und Ministerabkommen über Forschungs- und Produktionskooperation zur Spezialisierung und langfristigen Vertiefung der gegenseitigen Beziehungen vor allem auf dem Gebiet der Rohstoffversorgung und der Entwicklung und Lieferung „entscheidender Industrieerzeugnisse“ abgeschlossen worden — davon mehr als die Hälfte seit dem VIII. Parteitag der SED (1971). Seit 1967 werden — als eine besondere Art der Zusammenarbeit — „Direktbeziehungen“, die abrechnungspflichtige Arbeitspläne einschließen, zwischen den Industrieministerien, anderen zentralen staatlichen Organen und Kombinaten der DDR und der UdSSR gepflegt. Um die engen Bindungen noch weiter zu vertiefen, wird die Angleichung der Planungssysteme beider Länder vorangetrieben. Dabei soll sowohl die Planung der Investitionen, des Arbeitsvermögens, der materiell-technischen Versorgung und des Ah. als auch der Aufbau des Kennziffersystems und die Untergliederung der Jahres-, Fünfjahr- und Perspektivpläne weitgehend abgestimmt werden. Von zentraler Bedeutung für die wirtschaftlich-technische Zusammenarbeit zwischen beiden Ländern ist die im März 1966 auf der Grundlage des (1975 völlig neugefaßten; GBl. II, S. 238) „Vertrages über Freundschaft, gegenseitigen Beistand und Zusammenarbeit zwischen der DDR und der UdSSR“ (12. 6. 1964) gebildete „Paritätische Regierungskommission für ökonomische und wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit DDR-UdSSR“ (PRK). Die DDR wird gegenwärtig von G. Schürer (SED), stellv. Vors. des Ministerrats und Vors. der Staatlichen Plankommission der DDR, die UdSSR von N. A. Tichonow, Ministerratsvorsitzender der Sowjetunion, vertreten. Abwechselnd finden in beiden Staaten wenigstens 2 Tagungen pro Jahr statt, denen ein jeweils abgestimmter Arbeitsplan zugrunde liegt.

 

Die wichtigsten Aufgaben der Kommission sind: Erweiterung und Vertiefung der Zusammenarbeit (vor allem in den sog. Wachstumsbranchen); Koordinierung der Volkswirtschaftspläne, insbesondere der Fünfjahrpläne; Erarbeitung von Entwicklungsprognosen; Zusammenarbeit zwischen Planungsorganen, Ministerien und Institutionen; Aufnahme von „Direktbeziehungen“; Koordinierung und Kooperation der Tätigkeit der wissenschaftlichen Forschungseinrichtungen; Vertiefung der Kooperation und Spezialisierung gemäß dem beiderseitigen Programm bis 1990.

 

Bis Mitte 1982 tagte die Kommission 30mal. Auf der 30. Tagung wurden 16 Abkommen geschlossen. Das wohl bedeutendste betrifft die Errichtung einer Eisenbahnfährverbindung zwischen den Häfen Saßnitz und Klaipeda in der Litauischen SSR. Diese Linie hat den Vorzug vor der Errichtung einer Verbindung aus der Bundesrepublik Deutschland (Lübeck oder Kiel) in die Sowjetunion erhalten. Der Fährverkehr auf der neuen Linie soll im Jahre 1986 aufgenommen werden. Einen Schwerpunkt der Tagung stellte die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Energiewirtschaft dar. Die gemeinsame Nutzung der Braunkohletechnologie soll vorangetrieben werden. Generell sind eine Reihe von Maßnahmen darauf gerichtet, die Erzeugnisqualität von Investitions- und Konsumgütern zu verbessern.

 

Ob die DDR — vor allem was die geforderten Rohstoffpreise und die Qualität der von der UdSSR gelieferten Waren betrifft — ökonomisch von der UdSSR übervorteilt wird, läßt sich nicht eindeutig klären. Die tatsächliche Preisentwicklung bei Ex- und Importen Ende der 60er Jahre zeigt eine Verbesserung der terms of trade für die DDR, was die Behauptung von einer Preisausbeutung nicht stützt. Ferner macht die immer stärker werdende wirtschaftliche Position der DDR gegenüber der UdSSR derartige Praktiken, zumindest in der jüngeren Vergangenheit, nicht sehr wahrscheinlich. Wichtiger Grund hierfür ist, daß die UdSSR inzwischen in manchen Industriezweigen (Schiffsantriebe, Werkzeugmaschinen, Rechenmaschinen) in großem Umfang auf Importe aus der DDR angewiesen sein dürfte. Angesichts der hohen Kosten bei Förderung und Transport der sowjetischen Rohstoffe drängt die UdSSR seit Anfang der 60er Jahre jedoch darauf, von der DDR, wie auch von anderen Rohstoffbezugsländern im RGW, einen finanziellen und materiellen Kostenbeitrag zu erhalten. Ein derartiger Beitrag wird seitdem von der DDR in Form von Investitionsbeteiligungen auch geleistet. Insgesamt waren hierfür im Zeitraum 1976–1980 8 Mrd. Mark vorgesehen.

 

[S. 130]Die neuerliche Verschlechterung der terms of trade gegenüber der Sowjetunion ist im wesentlichen auf die stark angestiegenen Rohstoffpreise, vor allem für Erdöl, zurückzuführen. Die Gründe für das Handelsbilanzdefizit gegenüber der Sowjetunion in Höhe von 1,7 Mrd. VM sind vor allem hier zu suchen. Gegenwärtig (1980) hat die DDR für 19 Mill. Tonnen Erdöl (incl. Erzeugnisse) 1,42 Mrd. Rubel zu zahlen. Aufgrund von Investitionsbeteiligungen im RGW verfügte die DDR bis 1980 über ein Sonderkontingent in Höhe von rd. 5 Mill. Tonnen zu einem günstigen Preis in Höhe von 15 Rubel je Tonne Erdöl. Der Wegfall dieses Vorteils sowie die laufenden Preisanpassungen im RGW könnten zu mehr als einer Verdoppelung der Erdölrechnung der DDR führen. Das DIW schätzt für 1985 einen Tonnenpreis von gut 170 gegenüber 65 Transfer-Rubel im Jahre 1980. Dieser läge allerdings nach wie vor unter dem Weltmarktpreis, nach DDR-Angaben waren es in der Vergangenheit 40 bis 50 v.H.

 

VII. Außenhandelspreise und Verrechnungsverkehr

 

 

Die Preisbildung im Ah. wird in Ermangelung eigener Bewertungsmaßstäbe im sozialistischen System überwiegend nach den auf den „internationalen Märkten“ herrschenden Preisen (Weltmarktpreisen) vorgenommen. Diese bilden unter Berücksichtigung verschiedener ökonomischer Faktoren (Angebot und Nachfrage, Lieferfristen, Bestellmenge, Rabatte usw.) die Basis für die zwischen den Wirtschaftspartnern stattfindenden Preisverhandlungen, deren Ergebnis in der Regel in ausländischer Währung festgelegt und danach in Valuta-Mark bzw. Binnenwährung umgerechnet wird. Die Umrechnung der Ah.- in Binnenpreise erfolgt beim Warenimport nach festgelegten Umrechnungskursen: Die Kurse richten sich nach dem Umfang des Warenexports, der notwendig ist, um die zur Einfuhr benötigten Devisen zu beschaffen. Bei Exportwaren werden die Differenzen zwischen Ah.- und Binnenpreisen, die auch durch die Richtungskoeffizienten beeinflußt werden können, in die finanziellen Ergebnisse der Produzenten eingerechnet (Exportpreis). Die Preisbildung anhand der Weltmarktpreise erfolgt [S. 131]sowohl im Handel mit westlichen kapitalistischen Ländern als auch mit den RGW-Mitgliedsländern und anderen sozialistischen Volkswirtschaften sowie den Entwicklungsländern.

 

Innerhalb des RGW stellt die Preisgestaltung im Intrablockhandel ein vieldiskutiertes Problem dar, das vor allem aufgrund der Besonderheiten des sozialistischen Systems bis heute keiner Lösung zugeführt werden konnte. Im Komplexprogramm von 1971 war vorgesehen, von den gegenwärtig gültigen Preisbildungsprinzipien im gegenseitigen Handel auszugehen, d.h. die Preise auf der Grundlage der Weltmarktpreise „vom schädlichen Einfluß der konjunkturellen Faktoren des kapitalistischen Marktes bereinigt“ festzulegen, gleichzeitig aber „das Problem der Vervollkommnung des Außenhandelspreissystems gründlich zu analysieren“.

 

Um die andauernde Abhängigkeit von den „kapitalistischen“ Weltmarktpreisen zu verringern bzw. ganz zu vermeiden, ist deshalb häufig vorgeschlagen worden (z.B. J. Arojo, M. Sawow), eine eigene — weltmarktpreisunabhängige — Preisbasis für die sozialistischen Länder zu schaffen. Dies scheiterte jedoch bisher in Ermangelung brauchbarer, theoretisch fundierter Preisbildungskriterien. So kann ein Preissystem, das von den Kostenstrukturen der RGW-Länder ausgeht, deshalb keine Alternative sein, da diese Strukturen als Ausdruck staatlicher Politik ein viel zu weit reichendes Spektrum der Abweichung vom tatsächlichen Wert dieser Güter aufweisen. Eine Modifizierung des bestehenden Preissystems wird jedoch für notwendig erachtet, da sich herausstellte, daß die mengen- und wertmäßige Abstimmung der Pläne innerhalb des RGW häufig unabhängig voneinander erfolgte, die Entwicklung neuer Formen der Zusammenarbeit (gemeinsame Investitionen, Betriebe, Austausch wissenschaftlicher Leistungen usw.) es vielfach nicht mehr möglich machte, vergleichbare Preise der Hauptwarenmärkte zu ermitteln und die Langfristigkeit der Planung neue Anforderungen an Stabilität und Anpassungsfähigkeit der RGW-(Plan-)Preise stellte.

 

So sollen zur Förderung von Kooperation und Spezialisierung „wissenschaftlich begründete Preisprognosen“ erarbeitet werden, für die nicht nur der nationale Ist-Aufwand, sondern vor allem „internationale Wertgrößen“ (einschließlich der Berücksichtigung der Währungskurse; Währung/Währungspolitik, III. A.) die Basis bilden sollen.

 

Da eine eigene weltmarktpreisunabhängige Preisbasis im RGW bisher nicht verwirklicht werden konnte, muß weiterhin von den Weltmarktpreisen ausgegangen werden. Angesichts der weltweiten Rohstoffpreisänderungen wurde jedoch eine Änderung des Berechnungsmodus vorgenommen. Bildeten sich die Basispreise im RGW bislang auf der Grundlage der Preise auf den Hauptwarenmärkten des dem jeweiligen Fünfjahrplan vorangehenden Fünfjahresabschnitts und waren diese Preise für die Fünfjahresperiode dann prinzipiell konstant, wurde von 1975 an von den durchschnittlichen Preisen auf den Weltmärkten der dem jeweiligen Planjahr vorangegangenen 5 Jahre ausgegangen. Dieser Berechnungsmodus schließt daher nunmehr jährliche Preisänderungen ein.

 

Neben den Preisbildungsschwierigkeiten sehen sich die Wirtschaftsfachleute der DDR in der Frage des internationalen Verrechnungsverkehrs mit weiteren Problemen konfrontiert. Gegenüber westlichen bzw. nichtsozialistischen Ländern wurden in den 50er und 60er Jahren die gegenseitigen Forderungen sowohl im Rahmen von bilateralen Handels- und Zahlungsabkommen, d.h. auf dem Clearingwege, sowie über Kompensationen oder Switchoperationen beglichen. Seitdem wird auf der Grundlage von bilateralen Handels- oder Kooperations-(Rahmen-) Abkommen eine Zahlung in konvertibler Währung vorgenommen. Auch mit den RGW-Ländern wurden Zahlungstransaktionen bis 1964 vorwiegend auf bilateraler Ebene abgewickelt. Mit der Gründung der Internationalen Bank für Wirtschaftliche Zusammenarbeit (IBWZ) als internationale Verrechnungsinstanz und der Einführung des „transferablen Rubels“ (1964), der nicht mit westlichen konvertiblen Währungen vergleichbar, vielmehr lediglich als Verrechnungsgröße anzusehen ist, haben im RGW Bestrebungen begonnen, zu einer mehrseitigen Verrechnung überzugehen. Daß diese bislang nicht überzeugend funktionierte, lag nicht zuletzt in der Schwierigkeit und dem fehlenden Interesse der Mitgliedsländer begründet, die langfristigen, bilateral abgestimmten Ah.-Pläne und Handelsabkommen so auszurichten, daß entstehende Guthaben (bei der IBWZ) multilateral verwendet werden können. Auch Zahlung in konvertibler Währung innerhalb des RGW — besonders für „harte“ Waren wie z.B. Rohöl — ist künftig keinesfalls ausgeschlossen und wird z. T. bereits praktiziert.

 

Ulrich Diech

 

Literaturangaben

  • Absatzwirtschaft der Kombinate und Betriebe. Hrsg. P. Kohlert (u.a.). Berlin (Ost): Die Wirtschaft 1982.
  • Betriebswirtschaftliche Aufgaben im Außenhandel der DDR. Autorenkoll. u. Ltg. v. W. Kupferschmidt. Berlin (Ost): Die Wirtschaft 1982.
  • Außenhandel DDR. Handbuch. Hrsgg. v. d. Kammer f. Außenhandel der DDR. Berlin (Ost); Kammer f. Außenhandel 1977.
  • Sozialistische Außenwirtschaft. Autorenkoll. u. Ltg. v. E. Faude, G. Grote u. C. Luft. Berlin (Ost): Die Wirtschaft 1976.
  • Bethkenhagen, J., u. H. Lambrecht: Die Außenhandelsbeziehungen der DDR vor dem Hintergrund von Produktion und Verbrauch. Köln: Bundesinstitut für ostwissenschaftliche und internationale Studien 1979. (Berichte d. Bundesinst. f. ostwiss. u. internat. Studien. 1979.)
  • Dietsch, Ulrich: Außenwirtschaftliche Aktivitäten der DDR. Hamburg: Weltarchiv 1976. (Veröff. d. HWWA-Inst. f. Wirtschaftsforschung — Hamburg.)
  • Effektivität der Außenwirtschaftsbeziehungen der sozialistischen Volkswirtschaft. Autorenkoll. u. Ltg. v. H. Bleßing. Berlin (Ost): Die Wirtschaft 1977.
  • Haendcke-Hoppe, M.: Die Außenwirtschaftsbeziehungen der DDR. Grundzüge, Schwerpunkte, Perspektiven. Berlin: Forschungsstelle für gesamtdeutsche, wirtschaftliche und soziale Fragen 1980. (FS-Analysen. 1980, 4.)
  • Lieser-Triebnigg, E.: Das Recht des Außenhandels in der DDR. Organisation und Arbeitsweise. Köln: Wissenschaft und Politik 1978. (Abhandlungen zum Ostrecht. 15.)
  • Wörterbuch der Außenhandelspraxis. Ein Nachschlagewerk rund um das Außenhandelsgeschäft. Autorenkoll. u. Ltg. v. B. Stassen u. H. Schrader. Berlin (Ost): Die Wirtschaft 1977.

 

Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 122–131


 

Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

Ausführliche Informationen zu den Handbüchern finden Sie hier.