Bauernkongreß der DDR (1985)
Siehe auch:
Konferenzen von Delegierten aus Betrieben und Verwaltungen der Landwirtschaft. Auf ihnen soll die Agrarpolitik der Partei- und Staatsführung propagiert, diskutiert und formal legitimiert werden.
Veranstaltungen mit dieser Zielrichtung werden in der SBZ/DDR seit 1947 unter wechselnden Bezeichnungen abgehalten, die letzte als XII. Bauernkongreß der DDR im Mai 1982 in Berlin (Ost). Die ersten 5 (November 1947, Berlin [Ost]; März 1949, Berlin [Ost]; Dezember 1951, Leipzig; Februar 1954, Görlitz; März 1957, Güstrow) fanden als Deutscher Bauerntag statt. Träger war die Vereinigung der gegenseitigen Bauernhilfe (VdgB). Seit Abschluß der Kollektivierung (1960) werden sie vom Ministerrat der DDR, dem Zentral[S. 150]komitee (ZK) der SED, der Demokratischen Bauernpartei Deutschlands (DBD), der VdgB und dem Nationalrat der Nationalen Front einberufen. Sie tagten zunächst als Deutscher Bauernkongreß (Dezember 1960, Rostock; März 1962, Magdeburg; Februar 1964, Schwerin; Februar 1966, Berlin [Ost]; Juni 1968, Leipzig), dann (Juni 1972, Leipzig; Mai 1982, Berlin [Ost]) als B. der DDR. 1982 fungierte auch die Freie Deutsche Jugend (FDJ) als Mitträger des B.
Zwischen dem Beginn (1952) und dem Abschluß der Kollektivierung (1960) organisierte die SED-Führung darüber hinaus 6 Konferenz(en) der Vorsitzenden und Aktivisten der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG-Konferenzen). Sie dienten der inhaltlichen Ausgestaltung der Kollektivierungspolitik, z.B. durch Beschlüsse über die ersten Musterstatuten für die LPG Typ I bis III, und sollten für die Genossenschaftsbildung mobilisieren (Landwirtschaftliche Betriebsformen). Die seither veranstalteten B. stehen in dieser Tradition.
Weshalb zwischen 1972 und 1982 auf die Veranstaltung von B. verzichtet wurde, ist nicht bekannt. Zur Beschlußfassung über neue Musterstatuten für die spezialisierten LPG Pflanzen- und Tierproduktion traten 1977 aber 2 Zentrale Konferenzen von Delegierten aus beiden Bereichen zusammen, die einstimmige Voten für die Satzungen und ergänzende Betriebsordnungen abgaben.
Während die Delegierten der ersten 5 Bauerntage von Vertreterversammlungen der VdgB bestimmt wurden, werden sie seit 1960 von Kreisbauernkonferenzen gewählt. Diese Gremien benennen seit 1966 zugleich die Mitglieder der (Kreis-)Räte für Landwirtschaft und Nahrungsgüterwirtschaft (RLN). Entsprechende Gremien bestehen auch auf Bezirksebene. Der erstmals 1966 vom IX. B. gewählte (zentrale) RLN (damals noch Landwirtschaftsrat) übte bis 1972 die Funktionen des (1962 aufgelösten) Ministeriums für Landwirtschaft. Erfassung und Forstwirtschaft aus. Nach der Neubildung einer zentralen Landwirtschaftsadministration (Ministerium für Land-, Forst- und Nahrungsgüterwirtschaft [MfLFN]) 1972 wurden seine Aufgaben auf die eines Beratungsgremiums reduziert. Auf dem XII. B. fanden Neuwahlen zum zentralen RLN nicht mehr statt.
Einen Bedeutungsverlust erfuhren offenbar auch die RLN der Bezirke. Auf der Kreisebene wurden sie dagegen reaktiviert — im Zusammenhang mit der Korrektur der strikten Spezialisierungspolitik der 70er Jahre (Agrarpolitik).
Seit 1962 wurden wiederholt Entscheidungen der B. als Beschlüsse des Ministerrats im Gesetzblatt der DDR verkündet. Allerdings veröffentlichen die Veranstalter seit 1960 regelmäßig vor Kongreßbeginn Entschließungsentwürfe oder andere Dokumente, die den Tenor der Diskussion und die Entscheidungen präjudizieren.
[S. 151]Den Delegierten des XII. B. (Mai 1982) lag der Entwurf des neuen LPG-Gesetzes vor. Er wurde zustimmend diskutiert und einstimmig gebilligt. Vom Ministerrat der Volkskammer zugeleitet, wurde das Gesetz im Juli 1982 verabschiedet.
Die eher repräsentativen Kongresse bilden den Abschluß von Mobilisierungskampagnen im Kongreßvorfeld. In diesen versucht die Parteiführung, ihre jeweilige agrarpolitische Konzeption zu vermitteln, gelangt aber auch durch die Aufforderung zur Diskussion aktueller ökonomischer oder organisatorischer Probleme zu zusätzlichen Informationen über die Situation der Landwirtschaft. Zugleich bietet die Zusammensetzung der B. (überwiegend Funktionsträger) Gewähr sowohl für die Durchsetzung seiner Beschlüsse gegenüber der Landbevölkerung wie für ihre Beachtung in den regionalen Leitungsgremien des Staatsapparats und der Landwirtschaftsbetriebe.
Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 149–151
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