Betriebsformen und Kooperation (1985)
I. Betriebsformen (allgemeine Merkmale)
An die Stelle der verschiedenartigen früheren Rechtsformen im gewerblichen Bereich ist in der DDR ein einheitlicher Typ getreten: der Volkseigene Betrieb (VEB) als eine rechtsfähige Organisation mit staatlich begrenztem Aufgabengebiet. Die Dispositionsmöglichkeiten der VEB bewegen sich in den Grenzen lang- und kurzfristiger Planungen. Diese Merkmale gelten auch für das, Kombinat, einen Zusammenschluß mehrerer volkseigener Betriebe unter einer einheitlichen Kombinatsleitung. In der Rechtsform ähnelt das Kombinat dem Trust, im Hinblick auf die verbliebene Selbständigkeit der Kombinatsbetriebe weist es Ähnlichkeiten mit dem Konzern auf. Der VEB als einzelner Betrieb bzw. als Zusammenschluß mehrerer Betriebe in der Form des Kombinats ist die dominierende B. in der Wirtschaft der DDR (vgl. Tabelle „Beschäftigte nach betrieblichen Eigentumsformen und Wirtschaftsbereichen“). Als Übergangslösung (zumeist in der Form einer Kommanditgesellschaft) bestanden von 1956 bis 1972 Betriebe mit staatlicher Beteiligung (BSB). Gegenwärtig existiert eine nennenswerte Anzahl nur noch im Handel (als Kommissionshandel; Binnenhandel), im Dienstleistungsbereich (Hotel- und Gaststättenwesen) und im Verkehrswesen. Als eine Übergangsform werden grundsätzlich auch die heute noch existierenden privaten Betriebe, hauptsächlich Handwerks- und Einzelhandelsbetriebe, angesehen (Handwerk). Vorherrschende B. in den nichtindustriellen Wirtschaftszweigen sind die Genossenschaften. Sie sind juristische Personen mit begrenzter Rechtsfähigkeit, die auf der Grundlage staatlicher Statuten [S. 194]und staatlicher Planauflagen arbeiten. Zu nennen sind die Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG), die Gärtnerischen Produktionsgenossenschaften (GPG), die Produktionsgenossenschaften des Handwerks (PGH), die genossenschaftlichen Baueinrichtungen der Landwirtschaft, die Produktionsgenossenschaften werktätiger Fischer (PWF), die Konsumgenossenschaften und die Bäuerlichen Handelsgenossenschaften (BHG). Neben den LPG mit gemischt genossenschaftlich-privatem Eigentum bestehen landwirtschaftliche Großbetriebe als volkseigene Güter (VEG). Daneben gibt es eine ganze Reihe spezieller Landwirtschaftlicher Betriebsformen.
Die wirtschaftlich — und im allgemeinen auch juristisch — selbständige Wirtschaftseinheit im Einzelhandel ist der in unterschiedlichen Eigentumsformen organisierte Einzelhandelsbetrieb. Dazu gehören Warenhäuser, HO-Kreisbetriebe (Handelsorganisation [HO]), Konsumgenossenschaften und Verkaufsstellen im Binnenhandel, Außenhandelsbetriebe im Außenhandel sowie Gaststätten.
Die bisher genannten B. stellen die grundlegenden Wirtschaftseinheiten für die Produktion und Distribution dar. Auf der übergeordneten mittleren Leitungsebene im Gesamtaufbau der Wirtschaftsverwaltung existieren verschiedenartige staatliche Instanzen — wirtschaftsleitende Organe — zur einheitlichen Leitung und Planung von relativ abgegrenzten Wirtschaftsbereichen und -zweigen. Sie arbeiten nach den Grundsätzen der wirtschaftlichen Rechnungsführung und bilden eigene Finanzfonds. Derartige mittlere wirtschaftsleitende Organe sind die Vereinigung Volkseigener Warenhäuser „Centrum“ und die Vereinigung Interhotel. Im Handel rechnen dazu ferner die Staatlichen Kontore für Roh- und Betriebsstoffe, Maschinen und technische Ausrüstungen, die Zentralen Warenkontore und die Großhandelsdirektion Textil- und Kurzwaren für Konsumgüter und die Militärhandelsorganisation (MHO). Bis zur Reorganisation der Wirtschaftsverwaltung Ende der 70er Jahre, nach deren Abschluß nahezu alle zentralgeleiteten Industriebetriebe in Kombinate zusammengefaßt waren, bestanden auch in der Industrie in der Form der Vereinigungen Volkseigener Betriebe (VVB) mittlere Leitungsinstanzen. Mit ihrer Umwandlung in Kombinate wurde die mittlere Leitungsebene in die den Industrieministerien direkt unterstellten Kombinate verlagert.
Für den materiell produzierenden Wirtschaftsbereich sind die VEB und Kombinate, die sich in der Regel aus mehreren Kombinatsbetrieben zusammensetzen, von überragender Bedeutung. Eine Akzentverschiebung hat sich insofern ergeben, als nach der Um- und Neubildung der Kombinate seit 1978 diese als die „grundlegenden Wirtschaftseinheiten der materiellen Produktion“ gelten (VO über die volkseigenen Kombinate, Kombinatsbetriebe und volkseigenen Betriebe, GBl. I, 1979, Nr. 38, § 1), während in den 60er Jahren noch der VEB als primäre Wirtschaftseinheit fungierte.
Seit 1949 sind der organisatorische Aufbau der Kombinate und Betriebe, ihre Einfügung in die Planungs-, Finanz-, Informations- und Konsultationsbeziehungen der Planwirtschaft sowie auch ihre interne organisatorische Ablaufstruktur mehrfach erheblich verändert worden. Ihre Einbindung in eine [S. 195]zentrale Mengenplanung und in eine von der politischen Führung geleitete Personalpolitik bei der Ausbildung, Einsetzung und Abberufung des Leitungspersonals wurde davon nicht berührt. Verändert hat sich jedoch die Größenstruktur der Betriebe. Bestanden zunächst neben einigen, schon in der Vergangenheit weltweit bekannten Großbetrieben wie Carl Zeiss Jena und den Leuna-Werken zahlreiche kleinere Betriebe, so wuchs mit dem industriellen Ausbau die Zahl der größeren Fertigungsstätten, und über Zusammenlegungen der Betriebsverwaltungen, weniger der Betriebsstätten, sank zudem die Zahl der eigenständigen, in das „Register der volkseigenen Wirtschaft“ eingetragenen Wirtschaftseinheiten. (Vgl. Tabelle „Entwicklung der Betriebe, Beschäftigten und der Bruttoproduktion in der Industrie“.)
Sie haben eine plan- und vertragsgerechte Fertigung auf hohem wissenschaftlich-technischem Niveau zu organisieren, die Produktionssortimente nach den Ergebnissen der Forschung und Entwicklung, der Bedarfsforschung und internationaler Spezialisierungsabkommen zu gestalten, die Produktionsfaktoren (Anlagevermögen, Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe; Arbeitskräfte) kostengünstig und effizient einzusetzen sowie besondere politisch-staatliche Aspekte wie die Intensivierung der Zusammenarbeit innerhalb des RGW, Lieferungen für militärische Zwecke, die Förderung der „sozialistischen Wehrerziehung“ und den Schutz des Volkseigentums besonders zu beachten.
Volkseigene Betriebe, Kombinate und Kombinats betriebe sind rechtsfähige Organisationen, die einen Namen tragen, in dem die Bezeichnung „VEB“ enthalten sein muß. Sie verfügen über eigene Finanzmittel und arbeiten nach den Grundsätzen der wirtschaftlichen Rechnungsführung, das heißt sie stellen eigene Gewinn-und-Verlust-Rechnungen an. [S. 196]Die Finanzmittel werden in Fonds für unterschiedliche Zwecke bereitgestellt (vgl. Schaubild „Finanzielle Fonds der volkseigenen Betriebe und Kombinate“. Aus dem 1974 eingerichteten Fonds „Konto junger Sozialisten“ werden Jugendheime und jugendpolitische Maßnahmen der Freien Deutschen Jugend [FDJ] finanziert).
Die typische Organisationsstruktur der Betriebe und Kombinate ist hierarchisch nach dem Stab-Linien-Prinzip angelegt und weist verschiedene Ebenen auf (vgl. Schemata „Leitungsstruktur eines Großbetriebes“, „Organisationsstruktur eines Industriekombinats“). An der Spitze der Kombinate und Betriebe steht kein Kollegialorgan oder ein Rat, sondern der alleinverantwortliche Generaldirektor bzw. Betriebsdirektor (Prinzip der Einzelleitung). Die General- und Betriebsdirektoren werden durch Sekretariate sowie verschiedene Stabsabteilungen unterstützt, zum Beispiel den Justitiar, den Hauptbuchhalter oder die Technische Kontrollorganisation. Ihnen unterstehen die Fachdirektoren für Technik, Ökonomie, Produktion, Forschung sowie Beschaffung und Absatz mit ihren Unterabteilungen. Das Neue Ökonomische System (NÖS) führte zur Herausbildung der Direktorate für Beschaffung und Absatz sowie für Ökonomie; hinzu kam später das Direktorat für Forschung bzw. Wissenschaft.
Problematisch ist das Verhältnis der weisungsbefugten Linie zu den nur beratenden Stäben. Häufig besteht eine Tendenz, den in den Stabsstellen arbeitenden Sachverständigen auch Linienfunktionen zu übertragen und das Leitungssystem damit stärker zu dezentralisieren. Die Leitung gemäß dem „Prinzip der Einzelleitung“ erleichtert solche Tendenzen, da der Einzelleiter immer wieder auf Expertenwissen angewiesen ist.
Die Generaldirektoren und Betriebsdirektoren werden jeweils von dem Leiter der übergeordneten Leitungsinstanz in ihre Rolle als staatlicher Leiter berufen und sind diesem gegenüber weisungsgebunden und rechenschaftspflichtig.
Entsprechend können nach dem Fortfall der mittleren Leitungsebene der VVB die Kombinate und volkseigenen Betriebe seit 1981 in der Regel nur noch einem Ministerium oder einem Bezirkswirtschaftsrat (BWR) unterstellt werden. Die Direktoren der Kombinatsbetriebe werden von den Generaldirektoren der Kombinate ernannt. Die Kombinatsbetriebe sind dem Kombinat jedoch nicht „untergeordnet“, sondern „eingeordnet“.
II. Volkseigener Betrieb (VEB)
Die VEB setzen sich zusammen aus Betrieben, die 1945 beschlagnahmt und später zu „Volkseigentum“ erklärt wurden, sowie den seit Kriegsende neu errichteten staatlichen Betrieben. Durch den Befehl 124 der Sowjetischen Militäradministration in Deutschland vom 30. 10. 1945 „Über die Beschlagnahme und provisorische Übernahme einiger Eigentumskategorien in Deutschland“ waren mehrere zehntausend gewerbliche Unternehmungen „sequestriert“ worden, die in der Folge durch die SMAD nach 3 Gruppen gegliedert wurden. In einer „Liste A“ wurden solche Betriebe zusammengestellt, die einem Volksentscheid über eine Enteignung unterworfen werden sollten. Ein solcher Volksentscheid fand jedoch nur im Lande Sachsen (Juni 1946) statt. — In eine „Liste B“ waren solche Betriebe aufgenommen worden, deren geringere Bedeutung eine schnelle Enteignung nicht notwendig machte (kleinere gewerbliche Unternehmen). Sie wurden den Inhabern wegen fehlender politischer „Belastung“ zurückgegeben. — Die „Liste C“ enthielt schließlich diejenigen Betriebe, die für den Übergang in sowjetisches Eigentum als SAG-Betriebe vorgesehen waren und durch den Befehl 167 vom 5. 6. 1946 „auf Grund der Reparationsansprüche der [S. 197]SU in sowjetisches Eigentum“ übergingen (Reparationen). Als Rechtsträger der VE-Betriebe waren Vereinigungen Volkseigener Betriebe, Kreis- und Kommunalbehörden, Genossenschaften und die Vereinigung der gegenseitigen Bauernhilfe (VdgB) vorgesehen. Knapp 10.000 gewerbliche Unternehmungen, darunter zahlreiche kleine und mittlere Handwerks-, Transport- und Handelsunternehmen, wurden endgültig enteignet.
Bis 1951 waren die VEB unselbständige Filialbetriebe der ihnen vorgeordneten VVB. Zum 1. 1. 1952 wurden alle größeren Betriebe zwar in selbständig wirtschaftende Einheiten umgewandelt, die aber weiterhin Realisierungsinstanzen für detailliert vorgegebene Plandaten blieben. Sie erhielten jedoch eine eigene finanzielle Grundausstattung und einen eigenen Umlaufmittelfonds; sie entrichteten seitdem auch selbständig die Abgaben an den Staatshaushalt (Steuern).
Die juristisch und wirtschaftlich aus den VVB herausgelösten VEB wurden Industrieministerien unterstellt, während die kleineren Betriebe weiterhin von den VVB, die zwischen 1952 und 1957 als „Verwaltung Volkseigener Betriebe“ fungierten, zusammengefaßt wurden.
War bis 1954 der gesamte Gewinn an den Staatshaushalt abzuführen, so wurde die zentralisierte Verfügung über die betrieblichen Gewinne ab 1955 etwas gelockert: ein Teil des Gewinns verblieb nunmehr in den Betrieben und konnte für Investitionen und Generalreparaturen verwendet werden. Für die Finanzkontrolle und Abrechnung des Betriebsplans übernahmen Hauptbuchhalter der Betriebe die Verantwortung. Mit der Reorganisation der Wirtschaftsverwaltung im Jahre 1958 wurden die VEB erneut gegründeten VVB unterstellt, die die selbständige, verwaltungsmäßige und operative Leitung der zentralgeleiteten Betriebe übernahmen. Die übrigen VEB werden seitdem von den örtlichen Staatsorganen verwaltet, wofür bei den Räten der Bezirke mit den neugegründeten Bezirkswirtschaftsräten (BWR) besondere Instanzen geschaffen wurden.
Diese Reorganisation änderte jedoch nichts daran, daß die VEB vor allem verwaltungsförmig geleitet wurden. Wirtschaftliches Denken z.B. in Richtung einer stärkeren finanzwirtschaftlichen Eigenverantwortung, der Absatzsicherung und der wissenschaftlich-technischen Erneuerung der Produktion brachte erst das 1963 begonnene Neue Ökonomi[S. 198]sche System (NÖS) sowohl in die VEB wie in die sich erneut wandelnden VVB. Da die VVB zu Lasten der Industrieministerien zusätzliche Führungskompetenzen als „ökonomische Führungsorgane“ gewannen, verstärkte sich ihre Anleitung der VEB. Ihre im Rahmen vorgegebener Plankennziffern verstärkten Entscheidungskompetenzen (z.B. über Investitionen) sollten eine stärkere wirtschaftliche Optimierung sowie erhöhte Initiativen auslösen. Zu diesem Zweck wurde eine Reihe von — auf den Gewinn und die Gewinnverwendung — wirkenden ökonomischen Hebeln eingeführt. Da in der Folge die betrieblichen Strukturziele zunehmend von den gesamtwirtschaftlichen Zielen abwichen und auch die 1968 entwickelte „Strukturpolitische Konzeption“ des Ministerrates erhebliche Störungen auslöste, wurden den VEB mit der Rezentralisierung von Ende 1970 wieder Entscheidungskompetenzen — insbesondere über Investitionen — genommen. Die ökonomischen Hebel (und damit auch die Fondsbildung) wurden so umgestaltet, daß sie einen starken Druck zur Planerfüllung auf die Betriebe ausübten (Fonds). Bezüglich wissenschaftlich-technischer Weiterentwicklungen galt häufig, daß sowohl Aufgaben der VEB als auch Finanzmittel aus dem betrieblichen Fonds Wissenschaft und Technik bei den übergeordneten VVB zentralisiert wurden. Seit der Reorganisation der Wirtschaftsverwaltung 1978–1981 wird zwar an der Dominanz der mengenwirtschaftlichen Plankennziffern und ökonomischen Hebel festgehalten, zugleich werden die VEB über zusätzliche Plankennziffern zu einem sparsameren Material- und Energieeinsatz wie generell zu einem günstigeren Verhältnis von Aufwand und Nutzen angehalten.
Eine im Frühjahr 1972 durchgeführte Sozialisierungsaktion erhöhte kurzfristig die Zahl der VEB um 2.910 Betriebe. Der seit Mitte der 50er Jahre anhaltende Trend, die Zahl der Betriebe durch Zusammenlegungen zu reduzieren, wurde durch diese Verstaatlichung jedoch nicht aufgehalten. Die Verstaatlichung erfaßte alle Betriebe mit staatlicher Beteiligung (BSB) und private Betriebe in der Industrie (einschl. Bauindustrie) sowie einen Teil der Produktionsgenossenschaften des Handwerks (PGH). Die BSB hatten bis zur Verstaatlichung ca. 10 v.H. der industriellen Bruttoproduktion und 12,5 v.H. der Bruttoproduktion in der Bauindustrie aufgebracht. Die entsprechenden Anteile der privaten Betriebe lagen bei 1,3 v.H. und 0,9 v.H. Der Anteil der VEB an der Warenproduktion in der Industrie stieg von 83,1 v.H. im Jahr 1971 auf 94,9 v.H. im Jahr 1972. VEB, einschließlich der in Kombinaten zusammengeschlossenen Betriebe, sind seitdem endgültig zum Regelfall unter den B. geworden. Im Jahr 1981 entfielen 96,5 v.H. des Nettoproduktes auf die volkseigenen und genossenschaftlichen Betriebe (Wirtschaft).
III. Kombinat
Das Kombinat (K.) besteht aus Betrieben, in denen die Güterherstellung technologisch und ökonomisch zusammenhängender Produktionszweige zusammengefaßt ist. Die ersten K. entstanden 1946 im Bereich der Sowjetischen Aktiengesellschaften (SAG), als vorhandene Großbetriebe wieder in Gang gesetzt wurden, und Anfang der 50er Jahre als industrielle Neugründungen (z.B. Eisenhüttenkombinat Ost). In den 50er Jahren wurden K. vor allem in der Grundstoffindustrie und Metallurgie sowie der chemischen und elektrotechnischen Industrie gebildet. Der zum Neuen Ökonomischen System hinführende VI. Parteitag der SED (1963) forderte die Gründung von zusätzlichen vereinigten Industriebetrieben und K. Im Rahmen einer forcierten Wachstums- und Strukturpolitik kam es in den Jahren 1968–1970 zu einer weiteren Gründungswelle. In Produktionsgebieten mit hohem Innovationstempo, wie beispielsweise dem Werkzeugmaschinenbau, sollten sie durch optimale Betriebsgrößen, durch Bevorzugungen bei der Planung und die direkte Unterstellung unter Industrieministerien die schnellere Umsetzung wissenschaftlich-technischer Erfindungen in die Produktionspraxis und damit den Anschluß an die international führenden Industriestaaten erreichen. So arbeiteten 1970 bereits fast ⅔ der Beschäftigten der zentralgeleiteten Industrie in 120 K. Bis zu diesem Zeitpunkt folgte die K.-Bildung vor allem dem Prinzip, horizontal wichtige oder auch alle Produktionsstätten einer Branche zusammenzufassen. Demgegenüber folgt die jüngste Phase der K.-Bildung in den Jahren 1978–1981 dem Ziel, den horizontalen Zusammenschluß vertikal zu ergänzen, indem auch die wichtigsten Lieferanten und Absatzorganisationen, einschließlich des Großhandels, sowie Forschungsinstitutionen und Ingenieurbüros einbezogen werden. Die einheitliche Leitung des Zusammenhangs zwischen Lieferanten, Hauptproduzenten und Endabnehmern durch das K. verspricht eine bessere Kenntnis der Nachfrage auf den Binnen- und Außenmärkten, die effizientere Planung und Leitung von Investitionen und Sortimentserneuerungen sowie die wirkungsvollere Förderung technischer Neuheiten sowohl bei den Produkten wie den Herstellungsverfahren.
Ein K. entsteht gewöhnlich durch den fusionsartigen Zusammenschluß einzelner VEB, wobei der qualifizierteste bzw. größte Betrieb zum Sitz des K. wird. Die Vereinigung kann zusätzlich auch eine räumliche Zusammenlegung beinhalten. Die K.-Betriebe arbeiten — unter ihrem traditionellen Namen — nach dem Prinzip der wirtschaftlichen Rechnungsführung. Ihnen verbleiben Kompetenzen im Arbeitsrecht sowie bei der Betriebsplanung, der Finanzwirtschaft, der Forschung und Entwicklung sowie bei der Kooperation und Abstimmung mit örtlichen Räten.
[S. 199]Verbreitet sind K. im Gewinnungs- und Verarbeitungsbereich der Braunkohle, wo die Produktionszweige der Kohlenindustrie, Energieerzeugung und chemischen Industrie vereinigt wurden (z.B. VEB Braunkohlen-K. Schwarze Pumpe, Kreis Spremberg; VEB Elektrochemisches K. Bitterfeld; VEB Leuna-Werke „Walter Ulbricht“). K. bestehen weiterhin in der Eisen- und Stahlindustrie (z.B. VEB Bergbau- und Hütten-K. „Maxhütte“, Unterwellenborn), in der Nichteisenmetallindustrie (z.B. VEB Mansfeld-Hütten-K. „Wilhelm Pieck“, Eisleben) und in den Branchen der weiterverarbeitenden Industrie (z.B. Fisch-K. Rostock; VEB Uhren-K. Ruhla; VEB Kabelwerk Oberspree, Berlin-Oberschöneweide; VEB K. Chemieanlagenbau, Leipzig; VEB K. für Haushaltsgroßgeräte, Schwarzenberg). K. der weiterverarbeitenden Industrie wurden besonders in den Jahren 1967–1970 gebildet. Damit wurden Voraussetzungen für die zur Sicherung eines ausreichenden Wirtschaftswachstums erforderliche Intensivierung und Rationalisierung in der Form von Mechanisierungen, der Standardisierung von Baugruppen (Einheitssysteme), Automatisierung und der Anwendung der elektronischen Datenverarbeitung geschaffen. Seit Mitte der 70er Jahre sollen K. vorzugsweise dann gebildet werden, wenn sie von der angewandten Forschung bis zum Kundendienst alle Kapazitäten zur Entwicklung, Pflege und Verbreitung moderner Technologien zusammenfassen und effizient einsetzen können. Um die Ersetzung der herkömmlichen Elektronik durch material- und energieeinsparende mikroelektronische Lösungen zu beschleunigen, wurde z.B. im Jahr 1978 ein K. Mikroelektronik in Erfurt gegründet.
Die K. werden heute auch als Grundform für die territorial geleitete Industrie sowie ebenso für die örtliche Versorgungswirtschaft und das örtliche Verkehrswesen angesehen. Ende 1981 wurden in den Bezirken Verkehrs-K. gebildet, die Kraftverkehrsbetriebe, den städtischen Nahverkehr (Straßenbahnen, Busse, Taxen) und Instandsetzungsbetriebe vereinen (Kombinat Kraftverkehr, VEB). K. sind damit zur dominierenden Wirtschaftsorganisation geworden (vgl. Tabelle „Kombinate in der Industrie“).
Die Organisationsstruktur ist stark abhängig von der Form der Vereinigung. Sie ist besonders kompliziert bei K., die unterschiedliche Verarbeitungsprozesse vereinen (z.B. elektro-chemisches K.).
Als Grundformen lassen sich unterscheiden: K. als die Zusammenfassung von 1. aufeinanderfolgenden Stufen der Rohstoffverarbeitung (z.B. Eisenhütten-K. mit den Stufen Erzförderung, Roheisen-, Stahl- und Walzguterzeugung), 2. verschiedenartigen Verarbeitungsprozessen eines Rohstoffes (z.B. Chemie-K., Kupfer-K.), 3. Haupt- und Nebenfertigung (z.B. Fisch-K. einschließlich Fischmehlherstellung), 4. technologisch gleichartigen Produktionen (z.B. Uhren-K. als Zusammenschluß von Betrieben einer Erzeugnisgruppe), 5. verwandte Dienstleistungen und Versorgungsangebote (z.B. Verkehrs-K.).
In der Regel werden K. über Stammbetriebe (1980 rd. 65 v.H. der K.) geleitet (vgl. Schema „Organisationsstruktur eines Industriekombinats“). Der Betriebsdirektor des Stammbetriebs leitet zugleich als Generaldirektor das K. (z.B. K. Haushaltsgeräte, Karl-Marx-Stadt, Reifen-K. Fürstenwalde, K. Esda, Thalheim). Als zwei weitere Typen bestehen K., in denen nur ein Betrieb über eine zentrale K.-Leitung (z.B. Leuna-Werke, Leuna) oder mehrere Betriebe über einen selbständigen Leitungsapparat (z.B. K. Carl Zeiss Jena) gesteuert werden. Verbreiteter ist als vierter Typ (1980 rd. 15 v.H. der K.) die Leitung mehrerer Betriebe über Leitbetriebe (z.B. K. Deko, Plauen), die die Produktion bestimmter Erzeugnisgruppen leiten (vgl. Schema „Kombinatsleitung über Leitbetriebe“).
Die Hauptaufgabe der K.-Bildung liegt in der Schaffung größerer Produktionseinheiten mit günstigeren [S. 200]Produktionsstrukturen. Als wirtschaftliche Organisationsform dient das K. — ähnlich den Kooperationsverbänden und den Erzeugnisgruppen — der mehrere Betriebe wie ganze überbetriebliche Fertigungssysteme erfassenden Spezialisierung und Konzentration sowie der „Ökonomisierung“ der Leitung. K. sollen die Zersplitterung der Industrieproduktion wie der Forschung und Entwicklung verringern und die Verbesserung betrieblicher Fertigungsorganisation ermöglichen. K. sollen ferner die Fertigung von Rationalisierungsmitteln sowie auch von Konsumgütern in eigene Regie übernehmen.
Die K.-Bildung kann im einzelnen mit folgenden Vorzügen verbunden sein: 1. Beschleunigung und erhöhte Kontinuität der Fertigungsprozesse, 2. bessere Anordnung der Produktionsstufen und -verfahren, 3. leichtere Mechanisierung und Automatisierung, 4. Vereinfachung des Produktionsprogrammes einzelner Werke durch Sortimentsbereinigung und Standardisierung, 5. Zentralisierung von Teilaufgaben wie Vertrieb, Marktforschung, Lagerwirtschaft, Forschung und Entwicklung, Personalwesen, 6. rationelle Ausnutzung der Rohstoffe, 7. Einsparung von Transport-, Energie-, Verwaltungs- und Vertriebskosten. Mit der K.-Bildung sind verkürzte Informationswege und planungstechnische Vereinfachungen verbunden. Ob jedoch die in der DDR typische Zersplitterung der Produktion auf zahlreiche kleine und mittlere Fertigungsstätten entscheidend verringert werden kann, hängt davon ab, inwieweit es auch zu räumlichen Betriebszusammenlegungen kommt. So konnte die Zahl der selbständigen Industriebetriebe zwischen 1950 und 1980 zwar um rd. 80 v.H. reduziert werden, die der örtlich getrennten Produktionsstätten jedoch nur um 10–15 v.H. Auch die vertikale Arbeitsteilung zwischen den K.-Betrieben bleibt zu entwickeln, da die K.-Bildung in der Regel nicht mit Produktionseinstellungen bzw. -verlagerungen — vor allem bei überalterten, unrentabel arbeitenden und/oder weit verstreut liegenden Betrieben — verbunden wird.
IV. Vereinigung Volkseigener Betriebe (VVB)
Die VVB ist eine wirtschaftliche Leitungsinstanz der mittleren Ebene, der VEB, Kombinate und staatliche Einrichtungen (z.B. Forschungsinstitute) unterstellt sind. Als neuartige Produktionsverbände waren sie insbesondere in den 60er Jahren von großer wirtschaftsorganisatorischer und -politischer Bedeutung, die sie jedoch inzwischen aufgrund der Aus[S. 201]dehnung der Kombinate und deren direkter Unterstellung unter Ministerien verloren haben; sie wurden bis auf einige VVB im Bereich des Ministeriums für Land-, Forst- und Nahrungsgüterwirtschaft (MfLFN) aufgelöst (Landwirtschaftliche Betriebsformen, IV. C.). VVB führen die materielle Produktion nicht unmittelbar durch. Finanzwirtschaftlich sind sie das Zwischenglied zwischen dem Staatshaushalt und den unterstellten Betrieben. Die wirtschaftliche Rechnungsführung der VVB ist abgeleitet von der Gewinn-und-Verlust-Rechnung der unterstellten Betriebe. Ihre Kosten finanzieren die VVB aus Betriebsumlagen. Aufgrund eigener finanzieller Fonds sind die VVB in der Lage, die unterstellten Betriebe bei der Lösung volkswirtschaftlich bedeutsamer Projekte entsprechend den geltenden Rechtsvorschriften direkt finanziell zu unterstützen. Die VVB haben eine doppelte Leitungsfunktion: Sie sind einerseits staatliche Leitungsinstanz der ihnen unterstellten Betriebe und Einrichtungen; sie sind andererseits „Führungsorgan“ der jeweiligen Industriebranche.
Im Bereich der unterstellten VEB und Kombinate sind neben den Planungs- und Bilanzierungsverfahren die finanziellen Regelungen die wichtigsten Instrumente der Zusammenarbeit. Über diese Grenzen hinaus stellen die Erzeugnisgruppenarbeit und die Anleitung von Kooperationsverbänden und -gemeinschaften bedeutsame Leitungsinstrumente der VVB dar.
Von 1948 bis 1951 waren Leitung und Kontrolle der verstaatlichten Betriebe Aufgabe der VVB. Es gab damals ca. 75 VVB unterschiedlicher Branchen, denen jeweils eine größere Anzahl von juristisch und finanziell abhängigen Betrieben unterstellt war. Die VVB stellte aus den Teilbilanzen der einzelnen VEB eine Gesamtbilanz zusammen, in der Gewinne bzw. Verluste gegeneinander aufgerechnet werden konnten.
Anfang 1952 wurden im Rahmen der ersten größeren Reorganisation die VEB zu selbständig wirtschaftenden Einheiten. Die VVB wurden in „Verwaltungen Volkseigener Betriebe“ umbenannt. Sie verloren ihre direkten Leitungs- und Kontrollbefugnisse und galten nur noch als Anleitungs- und Aufsichtsorgane der zugeordneten, fachlich übereinstimmenden Betriebe; die Weisungen der Hauptverwaltungen der zuständigen Industrieministerien waren für ihre Tätigkeit bindend.
Mit der Reform des Jahres 1958, deren Hauptmerkmal die Konzentration der Planungs- und Leitungsbefugnisse bei der Staatlichen Plankommission war, wurden die Verwaltungen Volkseigener Betriebe wieder in Vereinigungen Volkseigener Betriebe umbenannt und den Fachabteilungen der Staatlichen Plankommission unterstellt. Im Unterschied zu den VVB vom Jahr 1948 waren sie nun keine direkt wirtschaftenden Organe mehr, sondern wurden zu zentralen Staatsorganen. Sie übernahmen die Aufgaben der aufgelösten Industrieministerien, d.h. die operative und produktionsnahe Anleitung der unterstellten volkseigenen Industriebetriebe.
1961 wurden die VVB dem neugebildeten Volkswirtschaftsrat (VWR) unterstellt: sie leiteten die Zentralgeleitete Industrie an, doch waren bereits Ansätze zur Zusammenarbeit mit der örtlichen Industrie vorhanden. An dieser Form der VVB wurde kritisiert, sie arbeiteten zu sehr „administrativ“ und zu wenig „ökonomisch“, und ihre bürokratische Struktur stehe einer Anpassung an die wachsenden Bedürfnisse der Volkswirtschaft häufig entgegen.
Im Zuge der Einführung des Neuen Ökonomischen Systems (1963) wurden die VVB in „Ökonomische Führungsorgane“ ihrer Industriebranche umgewandelt, d.h. sie sollten nicht verwalten, sondern die Betriebe nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten führen und in Produktion, Absatz, Forschung usw. unterstützen. Neben den ihnen unterstellten zentralgeleiteten volkseigenen und gleichgestellten Betrieben wurden auch private und halbstaatliche Betriebe durch die Mitgliedschaft in Erzeugnisgruppen in den Leitungsbereich der VVB einbezogen.
Ihre Kompetenzen wurden mit der Rezentralisierung von Ende 1970 geringfügig verringert. Die Anzahl der VVB sank, als ab 1967 einzelne VVB aufgelöst und durch Kombinate, die den Industrieministerien nunmehr direkt unterstanden, ersetzt wurden. Anfang 1968 bestanden in der Industrie (ohne Bauwesen) 85 VVB, die den 8 Industrieministerien unterstellt waren. In anderen Bereichen der Volkswirtschaft existierten weitere 20 VVB: Ministerium für Bauwesen (7), Staatssekretariat für Geologie (1), Landwirtschaftsrat (10), Amt für Wasserwirtschaft (1), Staatliche Zentralverwaltung für Statistik (1). Im Jahr 1972 gab es 115 den Industrieministerien direkt unterstellte VVB und Kombinate. Entsprechend dem in den 70er Jahren verfolgten Organisations- und Leitungskonzept wurde die Leitungsform der VVB Ende der 70er Jahre fast völlig durch die der Kombinate ersetzt, die nunmehr zwischen Zentralinstanzen und Produktionsstätten, zwischen volks-, zweig- und einzelwirtschaftlichen Gesichtspunkten zu vermitteln haben.
V. Kooperation in der Industrie
Der Intensivierung und Stabilisierung der zwischenbetrieblichen Verflechtung dienen die Erzeugnisgruppen. Daneben wurden seit Mitte der 60er Jahre weitere Formen der Zusammenarbeit von Beschäftigten bzw. von Betrieben im arbeitsteiligen Wirtschaftsprozeß entwickelt. Sie sind eine Reaktion auf die steigende betriebliche, volkswirtschaftliche und internationale Arbeitsteilung. Wichtige Probleme der K. sind die Nutzung von Spezialisierung und Konzentration in der Produktionssphäre sowie die Verbindung von Produktion und Wissenschaft. Dis[S. 202]positionsmöglichkeiten der wirtschaftenden Einheiten (Betriebe, Handelsorganisationen, landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften u.a.) sowie ein Instrumentarium zur vertraglichen Regelung der Zusammenarbeit (Wirtschaftsrecht) sind Voraussetzungen der K.
Formen der K. sind 1. die innerbetriebliche Zusammenarbeit zwischen Abteilungen, Bereichen, Arbeitsgruppen und einzelnen Arbeitskräften zum Zwecke der Fertigung eines bestimmten Produktes, 2. die Zusammenarbeit zwischen den Betrieben und Betriebsteilen eines Kombinats, 3. die Zusammenarbeit innerhalb und außerhalb von Kombinaten als Erzeugnisgruppe, 4. die zwischenbetriebliche K. zwischen juristisch selbständigen Betrieben, die Wirtschaftsgemeinschaften bilden. Die Wirtschaftsgemeinschaften können unterschiedliche Formen annehmen: Produktions- und Nutzergemeinschaften, Forschungsverbände und -gemeinschaften, Handelsverbände. Rechtlich geregelte Wirtschaftsgemeinschaften stellen die K.-Verbände und K.-Gemeinschaften dar. In beiden Organisationsformen können Betriebe aller Eigentumsformen die Mitgliedschaft erhalten, wodurch auch die Einbeziehung kleinerer, privater Betriebe in den industriellen Produktionsprozeß gefördert wird.
A. Erzeugnisgruppen
Erzeugnisgruppen stellen seit Beginn der 60er Jahre eine wirtschaftliche Organisationsform dar, nach der Gruppen von wirtschaftlich und juristisch selbständigen Betrieben unter Anleitung der VVB bzw. des Kombinats nach dem technologischen Prinzip der gleichartigen Produktion (gleiche oder verwandte Erzeugnisse oder Halbfabrikate) zu technisch-wirtschaftlichen Untergruppen des Industriezweiges zusammengefaßt werden. Sie gelten als Form der „sozialistischen Gemeinschaftsarbeit“ und sollen zur Erreichung folgender wirtschaftspolitischer Ziele beitragen: a) die einheitliche wirtschaftliche und technische Führung aller Betriebe eines Industriezweiges, b) die Aufdeckung und Ausnutzung aller Produktions- und Forschungskapazitäten, c) die Steigerung der Arbeitsproduktivität durch Spezialisierung und Standardisierung und die damit verbundene Einschränkung des Produktionssortiments und d) die fachliche Kontrolle auch der nicht zentralgeleiteten VEB sowie der privaten Betriebe. Nach der Überführung fast aller halbstaatlichen und privaten Industrie- und Baubetriebe sowie der industriell produzierenden Handwerksbetriebe in Volkseigentum im Jahr 1972 hat der zuletzt genannte Aspekt stark an Bedeutung verloren.
Erzeugnisgruppen sind Teil der Leitung nach dem Produktionsprinzip. Sie sind dort überflüssig, wo ein Betrieb alleiniger Hersteller eines Erzeugnisses oder alleiniger Anwender eines Fertigungsverfahrens in der DDR ist. Erzeugnisgruppen standen vor allem unter Anleitung der VVB, bis diese in zwei Schüben der Reorganisation der Wirtschaftsverwaltung Ende der 60er und 70er Jahre in Kombinate umgewandelt wurden. Seitdem werden sie entweder von Kombinaten, Bezirkswirtschaftsräten oder auch von Ministerien eingerichtet und geleitet. Diese bestimmen die Einteilung der Erzeugnisgruppen und üben entscheidenden Einfluß auf deren Zusammensetzung aus. Während die VEB zur Teilnahme an der „Erzeugnisgruppenarbeit“ rechtlich verpflichtet sind, soll für die privaten Betriebe und industriell produzierenden PGH das Prinzip der „Freiwilligkeit“ gelten. Die Zusammensetzung ist abhängig von den typischen, sich aus Zahlen und Größen der Betriebe, Sortimentsbreiten, Ferti[S. 203]gungsarten, Eigentums- und Unterstellungsverhältnissen ergebenden Produktionsbedingungen der Branchen.
Insbesondere unterscheiden sich Erzeugnisgruppen, in denen ausschließlich Betriebe der zentralgeleiteten Industrie zusammenarbeiten, von solchen, die in den territorialgeleiteten Wirtschaftsbereichen des Bau- und Wohnungswesens, des Verkehrswesens und der örtlichen Versorgungswirtschaft sowie der Landwirtschaft und der Nahrungsgüterwirtschaft bestehen:
1. Erzeugnisgruppen von Industriebetrieben, die entweder
- gleiche oder verwandte Produkte mit gleichen oder ähnlichen Verfahren oder
- verschiedenartige Erzeugnisse mit gleichen Verfahren oder
- gleiche oder verwandte Leistungen erbringen.
Die meisten Erzeugnisgruppen in der Industrie wurden nach den Gesichtspunkten „gleiche oder verwandte Produkte“ oder „gleiche oder ähnliche Verfahren“ gegründet. So wurden beispielsweise in dem aus der VVB Leichtchemie hervorgegangenen VEB Kosmetik-Kombinat Berlin (Ost) folgende vier Erzeugnisgruppen gebildet: Kosmetik, Riech- und Geschmackstoffe, Seifen- und Körperreinigungsmittel, Tenside (das sind Wirksubstanzen in Waschmitteln) und Vorprodukte.
Planungstechnisch ist es günstig, wenn eine Erzeugnisgruppe alle Betriebe innerhalb oder außerhalb der Kombinate erfaßt, die Produkte einer Bilanzposition der „Erzeugnis- und Leistungsnomenklatur“ der DDR (ELN) herstellt. So verteilen sich einige der Erzeugnisgruppen des Industriezweiges Schwarzmetallurgie wie folgt über Betriebe, Kombinate und Ministerien (vgl. Tabelle auf S. 202).
In der Praxis werden jedoch auch andere Kriterien berücksichtigt, wie etwa der Verwendungszweck oder wissenschaftlich-technische Voraussetzungen, so daß auch nach der Vereinheitlichung der industriellen Wirtschaftsverwaltung durch die Kombinatsbildung das Erscheinungsbild der Erzeugnisgruppen nach wie vor sehr vielfältig ist. So ist auch der Übergang zu den vertikal gegliederten Kooperationsgemeinschaften fließend; insbesondere dann, wenn sich innerhalb der Erzeugnisgruppen einzelne Produzenten auf die zentrale Fertigung nur von Teilerzeugnissen spezialisieren.
2. Erzeugnisgruppenverbände und Erzeugnisgruppen im Bauwesen, in denen Kombinate, Betriebe und PGH zusammenarbeiten, die überwiegend territorial (von den Bauämtern der Bezirke und Kreise) geleitet werden. Im Unterschied zu den Industriezweigen hat sich die zentrale zweiggemäße Leitung bisher nur in der Baustoffindustrie durchgesetzt.
3. Erzeugnisgruppenverbände im Verkehrswesen, die, gleich der Regelung im Bauwesen, zentral durch das Ministerium für Verkehrswesen eingesetzt und organisiert werden:
- Erzeugnisgruppenverband Straßenwesen mit 193 Betrieben, Einrichtungen und Instituten im Jahre 1979 (s. Schema),
- Erzeugnisgruppenverband Kraftfahrzeuginstandhaltung, dessen Arbeit zwischen dem Ministerium, den Räten der Bezirke, den Handwerkskammern der Bezirke und den Verkehrskombinaten vereinbart wird,
- Erzeugnisgruppenverband Gleisanlagenbau.
4. Erzeugnisgruppen in der Wohnungswirtschaft, denen die VEB Kommunale Wohnungsverwaltung, die VEB Gebäudewirtschaft, die Arbeiterwohnungsbaugenossenschaften (AWG) sowie Verwalter von privaten Wohnhäusern angehören.
5. Versorgungsgruppen in der örtlichen Versorgungswirtschaft, die Betriebe aller Eigentumsformen einer bestimmten Leistung nach zusammenfassen, z.B. Stadtreinigung, Gemeindebeleuchtung und Friedhofsverwaltung. Ähnlich den Erzeugnisgruppen in der Industrie wurden in der Land- und Nahrungsgüterwirtschaft K.-Verbände für die wichtigsten Erzeugnisse landwirtschaftlicher Produktion gebildet.
Die wichtigsten Aufgaben der Erzeugnisgruppen sind: a) Erarbeitung von Entwürfen für das Produktionsprogramm, b) Entscheidungen zur Spezialisierung und Kombination, c) Leistungsvergleiche und Verallgemeinerungen von Rationalisierungen, d) Bildung von Einrichtungen zur Lösung gemeinsamer Aufgaben (z.B. Einkaufs- und Verkaufsgemeinschaften), e) Koordinierung der vertikalen K.-Beziehungen, f) Vorbereitung von Wettbewerben, g) Leitung und Abstimmung der Forschung und Entwicklung innerhalb der Erzeugnisgruppen, Mitwirkung bei der Bedarfsforschung, Preisgestaltung, Planung und Bilanzierung. Diese Aufgaben werden in der Praxis ganz unterschiedlich intensiv wahrgenommen.
Erzeugnisgruppen sind sowohl Beratungs- wie Arbeitsgremien, wobei in der Vergangenheit gelegentlich Verselbständigungstendenzen der Erzeugnisgruppen gegenüber den VVB auftraten. Von den Kombinaten, Bezirkswirtschaftsräten und Ministerien erhalten sie verbindliche Rahmenarbeitspläne und Einzelanweisungen als Konkretisierungen der Fünfjahr- und Jahrespläne. Zur Durchführung und Organisation der Arbeit werden in der Regel die technisch und ökonomisch qualifiziertesten Betriebe zu Leitbetrieben und deren Werkdirektoren zu Leitern der Erzeugnisgruppen bestimmt. Die Leiter der Erzeugnisgruppen werden von den übergeordneten Organen berufen und abberufen und damit in ein besonderes Leitungsverhältnis gestellt. Sie erlangen bestimmte Rechte und Pflichten gegenüber den anderen Mitgliedern der Erzeugnisgruppe.
[S. 204]Der Leitbetrieb übernimmt die praktische Durchführung der allgemeinen technisch-wirtschaftlichen und organisatorischen Anleitung. Er ist kein rechtlich zu unterscheidendes Leitungsorgan mit genereller Anordnungsbefugnis gegenüber den Betrieben und Genossenschaften der Erzeugnisgruppe.
Die Organisationsstruktur der Erzeugnisgruppen ist nicht einheitlich geregelt. Generell existieren Leitbetriebe, Sekretäre, Erzeugnisgruppenräte als Mitgliedervollversammlungen sowie 6–10 Arbeitsgruppen. Letztere erarbeiten Entwürfe, organisieren und kontrollieren, wobei die Arbeitsgruppen „Wissenschaft und Technik“ und „Absatz“ hervorzuheben sind. Die Gruppen bilden sich aus Vertretern der Mitglieder. Die Erzeugnisgruppenräte haben gegenüber dem Direktor des Leitbetriebes an Bedeutung verloren. Spezielle Formen der Zusammenarbeit sind gemeinsame Einrichtungen. Die Erzeugnisgruppen haben Kompetenzen vor allem beim Einkauf und Absatz, in der Forschung und Entwicklung sowie bei der Bilanzierung gewonnen. Die Konfliktmöglichkeiten, die sich aus der Überlappung der beiden Leitungsbereiche der entweder branchenmäßig oder territorial zusammengefaßten Betriebe und Genossenschaften für das Verhältnis zwischen Kombinat und BWR ergeben, konnten bisher nicht beseitigt werden. Die Zusammenarbeit von Betrieben in Erzeugnisgruppen wird in Industriezweigen unterschiedlich intensiv betrieben; einige Industriezweige scheuen den zusätzlichen, hohen Leitungsaufwand dieser Organisationsform.
B. Kooperationsverbände
(gelegentlich auch K.-Ketten genannt) bezeichnen eine seit Anfang des Jahres 1966 in einigen Industriezweigen eingeführte neue organisatorische Zusammenfassung von Industriebetrieben, die an der Fertigung bestimmter Enderzeugnisse beteiligt sind. K.-Verbände sind vertikale Zusammenfassungen, da sie Betriebe verschiedener Produktionsstufen enthalten. Sie werden gebildet, um den komplexen Produktionsprozeß von den Grund- und Hilfsstoffen über die zahlreichen Zwischenstufen und Zwischenerzeugnisse bis zum Absatz der Enderzeugnisse mit dem Ziel zusammenzufassen, das Zusammenwirken aller Stufen und Beteiligten reibungsloser und damit effektiver zu gestalten. Diese K. wird als „sozialistische Gemeinschaftsarbeit“ zwischen Finalproduzenten und wichtigen Zulieferbetrieben bezeichnet.
Durch Arbeitsteilung und Koordination lassen sich [S. 205]so Konzentrationseffekte erzielen, ohne daß die Betriebe fusionieren müßten. Verbreitet sind K.-Verbände zwischen Endproduzenten und Zulieferbetrieben in Branchen, die strukturpolitisch bedeutsam sind und in denen der Endproduzent das Fertigungsprogramm der Zulieferindustrie stark beeinflußt, z.B. im Großmaschinenbau (Schwermaschinen- und Anlagenbau; Schiffbau) und in der Elektrotechnischen und Elektronischen Industrie.
Die Zusammenarbeit wird in K.-Verträgen und -Statuten fixiert und von K.-Räten oder Bevollmächtigten-Tagungen in Arbeitspläne umgesetzt. Die Fachdirektorate der beteiligten Betriebe sind in Arbeitsgruppen, die sich mit Fragen der Marktforschung, der Forschung und Entwicklung, der Rationalisierung, der Preisbildung u.a. befassen, vertreten. K.-Verbände sind häufig Vorläufer derjenigen Kombinate, die mit Zulieferern und Absatzorganisationen einen vertikalen Zusammenschluß eingegangen sind, und haben deshalb nach der letzten Kombinatsbildungsphase Ende der 70er Jahre an Bedeutung verloren.
C. Kooperationsgemeinschaften
stellen im Gegensatz zu den K.-Verbänden horizontale Zusammenfassungen von Betrieben mit gleichen oder ähnlichen Produktionsprogrammen dar. K.-Gemeinschaften und Erzeugnisgruppen überschneiden sich im Aufbau und Ablauf. Während das Gründungsmotiv der K.-Gemeinschaften vor allem bei der effizienteren Lösung „gemeinschaftlicher Aufgaben“ liegt, sind Erzeugnisgruppen primär Bestandteil und Instrument der „zweigmäßigen Leitung“ der Industrie, die unnötige Parallelentwicklungen und -produktionen verhindern soll. Die K. erstreckt sich vor allem auf die Abstimmung der Sortimente und auf die Zentralisierung gemeinsamer Aufgaben, z.B. der Forschung, Produktion (Aufbau zentraler Fertigungen), Lagerhaltung, Werbung und Marktforschung. Die beteiligten Betriebe behalten ihre wirtschaftliche und juristische Selbständigkeit; auch die Unterstellungsverhältnisse verändern sich nicht. Innerhalb der K.-Gemeinschaft übernimmt ein größerer VEB bzw. ein größeres Kombinat die Funktion eines Leitbetriebes (ohne direkte Weisungsbefugnis). Entscheidungen fällt ein die Mitgliederbetriebe repräsentierender Rat im Rahmen der Planfestlegungen und vertraglichen Verpflichtungen.
Auch die K.-Gemeinschaften haben durch die Kombinatsbildungen 1978–1981 an Bedeutung verloren. Dies gilt weniger für territoriale Gemeinschaften, die sich aus der Nähe der Standorte oder aus der gemeinsamen Nutzung territorialer Ressourcen ergeben. In ihnen schließen sich Betriebe, z.B. des lokalen Transport-, Reparatur- und Energiewesens, des Bildungssystems und des Gesundheitswesens, mit benachbarten Standorten zur gemeinsamen Nutzung von Einrichtungen der Materialbeschaffung sowie der Infrastruktur zusammen.
D. Sozialistische Gemeinschaftsarbeit
als eine weitverbreitete Form der Zusammenarbeit zwischen Betrieben wird unter den K.-Partnern mit dem Ziel organisiert, wirtschaftliche und technische Informationen auszutauschen, Arbeitsberatungen durchzuführen und Arbeitsgruppen zu bilden. Darüber hinaus kontrollieren sie die Einhaltung der Verpflichtungen und können gemeinsame Fonds verwalten.
E. Internationale Kooperation
erfaßt vor allem sozialistische Länder. Seit Abschluß eines gemeinsamen langfristigen Aktionsprogramms der Mitgliedsländer des Rates für Gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW) im Jahre 1971 („Komplexprogramm“) hat die internationale wirtschaftliche und Wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit stark an Bedeutung gewonnen. Sie ist Bestandteil der Planabstimmung zwischen den Mitgliedsländern des RGW und soll die Voraussetzungen für die rationelle Auslastung bestehender Produktionskapazitäten und den Ausbau einer Massen- und Großserienfertigung schaffen. Ohne Bedeutung ist bisher die internationale K. mit „kapitalistischen“ Ländern. Binnenhandel; Landwirtschaftliche Betriebsformen; Organisationswissenschaft; Wirtschaftsrecht.
Ralf Rytlewski
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Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 193–206