
Bezirkswirtschaftsrat (BWR) (1985)
Siehe auch:
- Bezirkswirtschaftsräte: 1963
Übliche Bezeichnung für Wirtschaftsrat des Bezirks. Der BWR ist das für die Planung und Leitung der Bezirksgeleiteten Industrie aller Eigentumsformen zuständige Fachorgan des Rates des Bezirks. Gleichzeitig ist er dem Ministerium für Bezirksgeleitete Industrie und Lebensmittelindustrie nachgeordnet und somit „doppelt unterstellt“ (Anleitung und Kontrolle).
Die Beziehungen der bezirksgeleiteten Betriebe zum BWR differieren entsprechend der jeweiligen Eigentumsform: Volkseigene Betriebe sind dem BWR unterstellt, während Privatbetriebe und industriell produzierende Produktionsgenossenschaften des Handwerks (PGH) ihm lediglich zugeordnet sind. Inzwischen hat die Kombinatsbildung auch auf der Ebene der Bezirke eingesetzt. 1981 gab es 93 derartige Kombinate.
In seiner gegenwärtigen Form geht der BWR auf einen Beschluß des VI. Parteitags der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) (Januar 1963) zurück. Seine Hauptaufgabe besteht in der Ausarbeitung, Durchführung und Erfüllung der staatlichen Pläne der Bezirksgeleiteten Industrie. Da er keinen geschlossenen Teil eines Produktionszweiges leitet, kann er seine Aufgaben nur in Zusammenarbeit und unter maßgeblicher Einflußnahme der jeweiligen Kombinate erfüllen. So arbeitet der BWR mit den Kombinaten bei der Aufstellung der wissenschaftlich-technischen und anderer längerfristiger Konzeptionen und ihrer Verwirklichung, z.B. durch die Erzeugnisgruppenarbeit, zusammen (Betriebsformen und Kooperation, V.; Erzeugnisgruppen). Eine weitere wesentliche Aufgabe des BWR besteht in der Konzipierung eines eigenen Planprojektes für die ihm unterstellte Industrie.
Weitere Bereiche seiner Tätigkeit sind die Aufsicht über eine rationelle geographische Verteilung der Betriebe im Bezirk, die Festlegung von Standorten für Neuinvestitionen oder die Auflockerung von Ballungsgebieten; die Lösung dieser Probleme erfordert jedoch — wegen Kompetenzüberschneidungen — eine Zusammenarbeit mit den Bezirks- und Kreisplankommissionen (Planung) und mit den Bezirks- und Kreisbauämtern.
Zur Erfüllung seiner Aufgaben verfügt der BWR über verschiedene eigene Fonds. Die Organisationsstruktur der BWR ist nicht starr und detailliert festgelegt. Ihre wichtigsten Merkmale sind:
a) Der Vors. als Mitglied des Rates des Bezirks wird vom Bezirkstag gewählt. Die Berufung in seine Funktion erfolgt durch den Minister für die Bezirksgeleitete und Lebensmittelindustrie. Er leitet den BWR nach dem Prinzip der Einzelleitung. Als Beratungsorgan können spezielle zeitweilige (z.B. Neuererrat) oder ständige Gremien gebildet werden.
b) Der Stellv. für bestimmte Querschnittsbereiche, z.B. Abteilung Technik, Materialwirtschaft, Leit-Büro für Neuererbewegung (BfN), Finanzen. Auch diese Abteilungen sind Beratungsorgane für den Vorsitzenden.
c) Die Industrieabteilungen, die nach dem Produktionsprinzip aufgebaut sind. Die jeweilige Industrieabteilung ist der direkte Partner der Betriebe eines Produktionszweiges im Bezirk.
d) Das Neuererzentrum als Koordinierungsorgan für das Neuererwesen aller Betriebe im Bezirk (z.B. Erfahrungsaustausch über territoriale Rationalisierung).
e) Den BWR sind in der Regel ein VEB für Rationalisierung bzw. ein Ingenieurbüro für Rationalisierung und ein Organisations- und Rechenzentrum unterstellt.
Über seine Industrieabteilungen nimmt der BWR gegenüber den unterstellten Betrieben eine ähnliche Stellung ein wie bis 1978 die VVB und seitdem die Kombinatsleitungen gegenüber den Betrieben ihres Produktionszweiges; er besitzt Weisungsrecht. Bei nicht unterstellten (zugeordneten) Betrieben bestehen Möglichkeiten der indirekten Einwirkung (z.B. Materialkontingente, Bestätigung von Baubilanzen usw.). Da der BWR bei privaten Betrieben nicht weisungsberechtigt ist, müssen alle Vorstellungen über die perspektivische Gestaltung dieser Betriebe durch gegenseitige Ver[S. 225]einbarungen ausgehandelt werden. In steigendem Maße nehmen diese Vereinbarungen die Form vertraglicher Beziehungen an. Wirtschaft, V.
Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 224–225
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