Gesellschaftliche Gerichte (1985)
Siehe auch die Jahre 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979
1. Gesetzliche Grundlagen. Neben den staatlichen Gerichten (Gerichtsverfassung) üben nach Art. 92 der Verfassung im Rahmen der ihnen durch Gesetz übertragenen Aufgaben die GG. die Rechtsprechung in der DDR aus. Ihre Stellung und Tätigkeit sind durch das Gesetz über die GG. (GGG) vom 25. 3. 1982 (GBl. I, S. 269) geregelt, das am 1. 1. 1983 in Kraft getreten ist und damit das erste GGG vom 11. 6. 1968 (GBl. I, S. 229) abgelöst hat. Als GG. bestehen in volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben, in Einrichtungen des Gesundheitswesens, der Kultur und Volksbildung, in kommunalen Einrichtungen der Berufsbildung, in kooperativen Einrichtungen der Landwirtschaft, in staatlichen Organen und Einrichtungen sowie in gesellschaftlichen Organisationen die Konfliktkommissionen (§ 4 GGG), in Städten und Gemeinden, in landwirtschaftlichen und gärtnerischen Produktionsgenossenschaften und Produktionsgenossenschaften der Fischer und Handwerker die Schiedskommissionen (§ 5 GGG). Nach § 3 des Gesetzes soll die Tätigkeit der GG. gesellschaftliche Aktivitäten „zur Durchsetzung der Sozialistischen Gesetzlichkeit und zur Gewährleistung von Ordnung, Disziplin und Sicherheit in den Kombinaten, Betrieben, Städten und Gemeinden“ fördern. Die Aufgabenstellung entspricht nunmehr der der staatlichen Gerichte (Gerichtsverfassung; Rechtswesen, II.), wobei der Erziehungsgedanke im Vordergrund der gesellschaftlichen Gerichtsbarkeit steht. Neben dem GGG bestehen als gesetzliche Grundlagen die vom Staatsrat erlassene „Konfliktkommissionsordnung“ (KKO) und „Schiedskommissionsordnung“ (SchKO) vom 12. 3. 1982 [S. 549](GBl. I, S. 274 u. 283). Das Strafgesetzbuch faßt die Konflikt- und Schiedskommissionen unter der Bezeichnung „gesellschaftliche Organe der Rechtspflege“ zusammen und regelt in § 28 die Voraussetzungen für ihr Tätigwerden und in § 29 die Erziehungsmaßnahmen, die von ihnen im Einzelfall festgelegt werden können.
2. Entstehung der GG. Konfliktkommissionen waren 1953 in den volkseigenen Betrieben mit der Aufgabe gebildet worden, Arbeitsstreitigkeiten im Betrieb zu entscheiden. Auf dem 4. Plenum des ZK der SED (15.–17. 1. 1959) forderte Ulbricht, den Konfliktkommissionen größere Verantwortung und Befugnisse zu übertragen. Entsprechend diesem Vorschlag wurden strafwürdige Handlungen von geringer Gesellschaftsgefährlichkeit (Strafrecht, III.) nicht mehr durch die staatlichen Gerichte verhandelt und abgeurteilt, sondern in den VEB den Konfliktkommissionen zur Behandlung zugewiesen. Diese Praxis wurde 1961 durch das Gesetzbuch der Arbeit (§ 144 e) legalisiert, und in § 10 des Gerichtsverfassungsgesetzes vom 17. 4. 1963 (GBl. I, S. 45) fanden neben den Konfliktkommissionen auch die Schiedskommissionen ihre gesetzliche Verankerung. Bildung und Tätigkeit der Schiedskommissionen wurden am 21. 8. 1964 durch den Staatsrat festgelegt (GBl. I, S. 115). Am 31. 3. 1967 stellte der Staatsrat fest, daß die Bildung der Schiedskommissionen per 31. 12. 1966 abgeschlossen war (GBl. I, S. 47). Im Jahr 1982 bestanden in der DDR 26.744 Konfliktkommissionen mit 237.821 Mitgliedern und 5.237 Schiedskommissionen mit 54.290 Mitgliedern. Der Anteil der Frauen wird mit ca. 44,5 v.H. angegeben (Statistisches Jahrbuch der DDR 1983, S. 395).
3. Bildung der GG. Nach den Bestimmungen des GGG werden in den in Ziff. 1 genannten Betrieben und Organen Konfliktkommissionen (KK) bei einer Belegschaftsstärke von über 50 Betriebsangehörigen gebildet, in kleineren Betrieben usw. ist ihre Bildung zulässig, jedoch nicht zwingend vorgeschrieben. Auf Vorschlag der Betriebsgewerkschaftsleitung (BGL) werden 8–15 Betriebsangehörige nach den Grundsätzen der Gewerkschaftswahlen (Freier Deutscher Gewerkschaftsbund [FDGB]) für die Dauer der Wahlperiode der gesellschaftlichen Vorstände und Leitungen gewählt. In Großbetrieben entstehen so viele KK, wie betriebliche Gewerkschaftsleitungen (BGL und AGL) bestehen. Der Tätigkeitsbereich einer KK soll in der Regel nicht mehr als 300 Betriebsangehörige umfassen. Das Gesetz legt fest, daß für eine Schiedskommission (SchK) 8–15 Bürger zu wählen sind. Die Zahl kann ausnahmsweise auf 6 verringert oder auf 20 erhöht werden. Die Kandidaten werden in den Wohngebieten der Städte und Gemeinden auf Vorschlag der Ausschüsse der Nationalen Front der DDR von den zuständigen örtlichen Volksvertretungen, in den Produktionsgenossenschaften auf Vorschlag ihrer Vorstände von den Mitgliederversammlungen für die Dauer der Wahlperiode der örtlichen Volksvertretungen gewählt. Nach der Wahl werden die Mitglieder der KK und SchK in feierlicher Form verpflichtet, „gerecht und unvoreingenommen zu entscheiden, ihre ganze Kraft für die Verwirklichung der sozialistischen Gesetzlichkeit und die Festigung von Ordnung, Disziplin und Sicherheit einzusetzen“ (§ 6, Abs. 3 GGG). Die Mitglieder der KK und SchK wählen aus ihrer Mitte den Vorsitzenden und einen oder mehrere Stellvertreter. Ebenso wie die Richter an den staatlichen Gerichten können die Mitglieder der GG. von den wählenden Gremien vor Ablauf ihrer Amtszeit abberufen werden, wenn sie gegen die Verfassung oder die Gesetze verstoßen oder sonst ihre Pflichten gröblich verletzen.
4. Zuständigkeit. Die GG. sind zuständig für die Behandlung von a) Arbeitsrechtssachen in erster Instanz (ausschließliche Zuständigkeit der KK); b) Vergehen, wenn die Tat im Hinblick auf die eingetretenen Folgen und die Schuld des Täters nicht erheblich gesellschaftswidrig ist und eine wirksame erzieherische Einwirkung durch das GG. zu erwarten ist. Voraussetzung ist weiter, daß die staatlichen Organe der Rechtspflege (Untersuchungsorgane, Staatsanwaltschaft, Gericht) die Sache an das GG. durch eine schriftlich begründete Entscheidung übergeben haben, weil der Sachverhalt vollständig aufgeklärt ist und der Täter seine Rechtsverletzung zugibt. Bei Fahrlässigkeitsdelikten darf Übergabe an die GG. auch bei Vorliegen eines erheblichen Schadens erfolgen, wenn die Schuld des Täters infolge außergewöhnlicher Umstände gering ist. Unter diesen Voraussetzungen entscheiden die GG. über alle Vergehen, insbesondere über Vergehen gegen das sozialistische und persönliche Eigentum, Körperverletzungen, Verletzungen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes (§ 25 KKO, § 23 SchKO); c) Verfehlungen, nämlich Eigentumsverfehlungen, Beleidigung, Verleumdung und Hausfriedensbruch; d) Ordnungswidrigkeiten, wenn die Beratung durch das GG. eine bessere erzieherische und vorbeugende Einwirkung erwarten läßt; e) Verletzungen der Schulpflicht; f) einfachen zivilrechtlichen und anderen Rechtsstreitigkeiten, wobei die Zuständigkeit der GG. bei Streitigkeiten wegen Geldforderungen „bis zur Höhe von etwa 1000 Mark“ begrenzt ist (§ 50 KKO, § 17 SchKO).
Im Vergleich zu dem früheren Rechtszustand (1963–1968) fehlen in dem für die GG. geschaffenen Katalog der Zuständigkeiten die Verstöße gegen die sozialistische ➝Moral und die Streitigkeiten über die Gewährung von Leistungen der Sozialversicherung. Letztere werden von den Beschwerdekommissionen der Sozialversicherung bei den Kreisvorständen des FDGB entschieden, während die Behandlung von Moralverstößen in Wegfall gekommen ist, weil es sich bei diesen nicht um Verletzungen von Rechtsnormen handelt, die Tätigkeit der GG. sich aber ausschließlich an Rechtsnormen orientieren soll. Das neue GGG von 1982 beseitigte die Zuständigkeit der GG. für „arbeitsscheues Verhalten“, was aber keine inhaltliche Änderung bedeutet, da „arbeitsscheues Verhalten“ nach § 249 StGB ein strafrechtliches Vergehen ist und als solches (s. o. lit. b) in die Zuständigkeit der GG. fällt.
5. Verfahren. Die GG. werden nicht von sich aus tätig, sondern es bedarf dazu eines Antrages des Geschädigten oder eines sonst zur Antragstellung Berechtigten in den [S. 550]Fällen Ziff. 4 a, e, f oder einer Übergabeentscheidung durch staatliche Organe (in den Fällen Ziff. 4b, c. d). Die Beratungen der GG. sind öffentlich, und die Beratungen der KK finden in der Regel außerhalb der Arbeitszeit statt (§ 7 KKO), damit möglichst alle Angehörigen des Betriebskollektivs daran teilnehmen können. Alle Anwesenden haben das Recht, ihre Auffassung zum Sachverhalt, zum Verhalten der Beteiligten und zur Überwindung des Konflikts darzulegen. Antragsteller, Antragsgegner oder der beschuldigte Bürger sind mindestens 1 Woche vor der Beratung einzuladen. Sie sind verpflichtet, zum festgesetzten Termin zu erscheinen; ihr Erscheinen kann jedoch nicht mit staatlichen Zwangsmitteln herbeigeführt werden. Bei Nichterscheinen der Genannten ist ein zweiter Beratungstermin festzusetzen. Mit Hilfe der Gewerkschaftsleitung und des Arbeitskollektivs bzw. gesellschaftlicher Kräfte soll darauf hingewirkt werden, daß der Beschuldigte, der Antragsteller oder Antragsgegner an dieser zweiten Beratung teilnimmt. Gegen einen vor der SchK ein zweites Mal ausbleibenden Beschuldigten kann Ordnungsstrafe bis zu 50 Mark verhängt werden. Im übrigen ist die (Straf-)Sache an das übergebende Staatsorgan zurückzugeben, wenn der Beschuldigte unbegründet auch der zweiten Beratung fernbleibt.
Eine förmliche Verfahrensordnung für die GG. besteht nicht. Gesetzlich festgelegt ist lediglich, daß die GG. in der Besetzung von mindestens 4 Mitgliedern beraten und entscheiden müssen (§ 5 KKO, § 5 SchKO). § 18 GGG bestimmt, daß der betroffene Bürger selbst vor den GG. auftreten muß. Er ist zwar berechtigt, sich u.a. auch durch Rechtsanwälte beraten zu lassen, von einer Prozeßvertretung vor den GG. durch einen Anwalt ist jedoch nicht die Rede. Großer Wert wird darauf gelegt, daß das Arbeits- oder Nachbarschaftskollektiv möglichst vollzählig in die Auseinandersetzung einbezogen wird, um vor allem in Beratungen wegen Vergehen eine „Atmosphäre der Unduldsamkeit“ entstehen zu lassen. Die abschließende Beratung über den durch das GG. zu fassenden Beschluß ist ebenfalls öffentlich (§ 12 KKO, § 12 SchKO), und das Kollektiv wird auch in diese Beratung einbezogen. Der Beschluß wird dann von Mitgliedern des GG. gefaßt, wobei die Fassung eines einstimmigen Beschlusses als erstrebenswert gilt.
Neu in das Gesetz (§ 17) ist die Bestimmung aufgenommen worden, daß die Mitglieder der GG. ratsuchenden Bürgern Auskünfte zu erteilen, ihnen bei der Klärung rechtlicher Angelegenheiten zu helfen und bei der Erläuterung von Rechtsvorschriften mitzuarbeiten haben. Ferner haben sie das Recht, „zur Vermeidung und Beseitigung von Rechtsstreitigkeiten und Rechtsverletzungen Aussprachen durchzuführen“.
6. Erziehungsmaßnahmen. Alle von den GG. zu verhängenden Erziehungsmaßnahmen für Vergehen, Verfehlungen, Ordnungswidrigkeiten, Verletzungen der Schulpflicht und Verletzungen der sozialistischen Arbeitsdisziplin sind nunmehr in § 20 GGG (vorher in KKO und SchKO) aufgezählt:
1. Entschuldigung des Bürgers beim Geschädigten oder vor dem Kollektiv.
2. Leistung von Schadenersatz in Geld oder durch eigene Arbeit.
3. „Die Verpflichtung des Bürgers, in seiner Freizeit bis zu 20 Stunden unbezahlte gemeinnützige Arbeit zu leisten, wird bestätigt“ (neu ab 1. 1. 1983).
4. Bestätigung anderer (Selbst-)Verpflichtungen des Bürgers.
5. Erteilung einer Rüge.
6. Geldbuße von 10 bis 500 Mark (vor 1. 1. 1983: 5 bis 150 Mark).
Die GG. können darüber hinaus Verpflichtungen eines Arbeitskollektivs, einer Hausgemeinschaft, eines anderen Kollektivs (Kollektiv, sozialistisches) oder einzelner Bürger zur Erziehung des Rechtsverletzers bestätigen. Zur Gewährleistung ihrer ordnungsgemäßen Tätigkeit können die SchK ab 1. 1. 1983 Ordnungsstrafen bis zu 50 Mark aussprechen. Von Erziehungsmaßnahmen kann abgesehen werden, „wenn es die Schwere der Handlung zuläßt und das Gesamtverhalten des Bürgers nach der Tat sowie seine Anstrengungen zur Wiedergutmachung erkennen lassen, daß er künftig die sozialistische Rechtsordnung achten wird“ (§ 28 KKO, § 26 SchKO).
In arbeitsrechtlichen Streitigkeiten, zu denen nach dem neuen GGG seit 1. 1. 1983 auch Streitfälle aus dem Neuererrecht gehören, hat die KK eine den Grundsätzen des sozialistischen Rechts entsprechende Einigung der Parteien zu bestätigen. Wird keine Einigung erzielt oder deren Bestätigung abgelehnt, entscheidet die KK über den geltend gemachten Anspruch durch Beschluß. Bei erzieherischem Verfahren wegen Verletzung der Arbeitspflichten ist eine Einigung ausgeschlossen (§ 21 Abs. 4 KKO).
Ab 1. 1. 1983 haben die GG. eine gleichstarke Befugnis auch bei der Beratung wegen einfacher zivilrechtlicher Streitigkeiten. Während nach der früheren Regelung die GG. nur auf eine den Grundsätzen des sozialistischen Rechts entsprechende „Einigung“ hinwirken konnten und dann diese Einigung durch Beschluß zu bestätigen hatten, haben sie nunmehr das Recht, sofern eine Einigung nicht zu erzielen ist oder deren Bestätigung, weil den Grundsätzen des sozialistischen Rechts widersprechend, abzulehnen ist, über die Rechtsstreitigkeit auch auf alleinigen Antrag des Antragstellers zu entscheiden. Voraussetzung ist lediglich, daß der Sachverhalt einfach, umfassend aufgeklärt und rechtlich nicht schwierig zu beurteilen ist (§ 51 KKO, § 18 SchKO). Damit haben die GG. auch in zivilrechtlichen Streitigkeiten eine echte Entscheidungskompetenz erhalten.
7. Rechtsmittel. Gegen die Entscheidungen der GG. ist innerhalb von 2 Wochen nach Erhalt des Beschlusses der Einspruch zulässig, über den die Kreisgerichte entscheiden. Der Staatsanwalt des Kreises, in dessen Bereich sich das GG. befindet, kann gegen jede Entscheidung des GG. innerhalb von 3 Monaten nach Beschlußfassung Einspruch beim zuständigen Kreisgericht einlegen, „wenn die Entscheidung oder einzelne Verpflichtungen nicht dem Gesetz entsprechen“ (§ 53 KKO, § 48 SchKO). Das Kreisgericht entscheidet über den Einspruch durch Beschluß. Vor Beschlußfassung kann eine [S. 551]mündliche Verhandlung durchgeführt werden, zu der Vorsitzende oder Mitglieder der GG. oder andere Bürger geladen werden können. Das Kreisgericht kann den Einspruch als unbegründet zurückweisen, die Entscheidung des GG. aufheben und die Sache mit entsprechenden Empfehlungen an die KK oder SchK zur erneuten Beratung und Entscheidung zurückgeben oder endgültig in der Sache selbst entscheiden. In Arbeitsstreitfällen und zivilrechtlichen Streitigkeiten kann die Entscheidung des Kreisgerichts durch Berufung an das Bezirksgericht angefochten werden. In Verfahren wegen Verletzung der Arbeitspflichten und gegen Entscheidungen der Strafkammer als Einspruchsinstanz ist die Entscheidung des Kreisgerichts mit einem Rechtsmittel nicht angreifbar, nur Kassation ist immer möglich.
8. Leitung der GG. Die im Prinzip des Demokratischen Zentralismus begründeten Grundsätze der Verantwortlichkeit und Rechenschaftspflicht sowie der Anleitung und Kontrolle gelten auch für die GG. und ihre Mitglieder. Das Oberste Gericht gewährleistet entsprechend seiner Verantwortung für die Leitung der Rechtsprechung der staatlichen Gerichte auch die einheitliche Rechtsanwendung durch die GG. Es stützt sich dabei auf die anleitende Tätigkeit der Bezirks- und Kreisgerichte und analysiert diese Tätigkeit in Plenartagungen. Für die Anleitung und Qualifizierung der SchK ist der Minister der Justiz, für die Anleitung und Qualifizierung der KK der Bundesvorstand des FDGB zuständig und verantwortlich (§ 22 GGG). Beide Organe haben wie der Präsident des OG und der Generalstaatsanwalt das Recht, beim OG Anträge auf den Erlaß von Richtlinien und Beschlüssen für die Tätigkeit der GG. zu stellen. Für die Anleitung und Schulung der Mitglieder der KK sind die BGL verantwortlich; ihnen ist aktive Unterstützung von den Betriebsleitern und den leitenden Mitarbeitern des Betriebes zu gewähren. Die BGL haben Berichte der KK über deren Tätigkeit entgegenzunehmen und zu analysieren (§ 28 GGG) und stehen in dieser Tätigkeit unter der Kontrolle der Kreis- und Bezirksvorstände des FDGB. Für die SchK erfolgen Anleitung und Kontrolle durch die Kreisgerichte, die mit der Staatsanwaltschaft, den zuständigen Dienststellen der Deutschen Volkspolizei, den örtlichen Volksvertretungen, den Ausschüssen der Nationalen Front und den Kreisvorständen des FDGB zusammenarbeiten sollen. Bei den Direktoren der Kreis- und Bezirksgerichte werden Beiräte für SchK gebildet, die den Direktor u.a. bei der Gewährleistung der einheitlichen Rechtsanwendung und der Förderung der gesellschaftlichen Wirksamkeit der Tätigkeit der SchK zu beraten und zu unterstützen haben. Die Direktoren der Kreis- und Bezirksgerichte haben auf der Grundlage der Ergebnisse der Beiratssitzungen die erforderlichen Entscheidungen zur weiteren Qualifizierung der Leitung und Tätigkeit der SchK zu treffen.
9. Praktische Bedeutung. Obwohl zusammenfassende statistische Übersichten über die Tätigkeit der GG. und ihre Ergebnisse nicht veröffentlicht werden, kann doch aus dem verstreut zur Verfügung stehenden Zahlenmaterial festgestellt werden, daß den GG. eine erhebliche praktische Bedeutung zukommt. Von 8.384 Beratungen im Jahre 1954 stieg die Anzahl der von den KK durchgeführten Beratungen auf 50.000 im Jahre 1973 und auf 65.282 im Jahre 1981 (Neue Justiz, 1982, S. 154). Annähernd 70 v.H. davon sind Arbeitsrechtssachen. Über 20 v.H. aller Strafsachen werden den GG. zur Bearbeitung und Entscheidung übergeben. Die SchK haben im Jahre 1981 19.164 Beratungen durchgeführt. Davon entfielen auf Verfehlungen 45 v.H., auf einfache zivilrechtliche und andere Rechtsstreitigkeiten 27 V. H., auf nicht erheblich gesellschaftswidrige Strafsachen 23 v.H. und auf Schulpflichtverletzungen 5 v.H. Einsprüche bei den Kreisgerichten gegen Entscheidungen der KK und SchK werden als „selten“ bezeichnet. Im Jahre 1981 hätten 84 v.H. der betroffenen Bürger, Betriebe und Organe die von den GG. getroffenen Entscheidungen akzeptiert. Die Staatsanwaltschaft hat 1266 Beschlüsse dieses Jahres angefochten, was „grundsätzlich zur Aufhebung der Beschlüsse“ führte (Neue Justiz, 1982, S. 154).
Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 548–551