DDR von A-Z, Band 1985

Heimatgeschichte (1985)

 

 

Siehe auch die Jahre 1965 1966 1969 1975 1979


 

H. ist Teil der Regionalgeschichte; beide Begriffe werden aber in der DDR häufig synonym verwendet. Ausgehend von lokalen und regionalen Traditionen, Bräuchen, geschichtlichen Ereignissen (mit den Schwerpunkten: Traditionen und Geschichte der örtlichen Arbeiterbewegung sowie Geschichte seit 1945), hat die H. zur Herausbildung und Pflege eines sozialistischen Heimatgefühls beizutragen. Dieses soll sich vom „bürgerlichen“ vor allem dadurch unterscheiden, daß „Heimat“ und „H.“ in das Gesamt der jeweiligen DDR-Situation (Patriotismus) und das offizielle Verständnis deutscher Geschichte (Nationale Geschichtsbetrachtung) eingebunden werden. — Im Rahmen der Aufgabe der Geschichtswissenschaft, die „Gesetzmäßigkeiten des historischen Entwicklungsprozesses zu erforschen“, hat die H. „das Wirksamwerden dieser Gesetzmäßigkeiten im regionalen Bereich sowie diejenigen regionalgeschichtlichen Entwicklungen oder Ereignisse, welche die nationale oder internationale Entwicklung stimuliert, modifiziert oder gehemmt haben“, zu untersuchen (Karl Czok, Forschungen zur Regionalgeschichte, in: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft, Sonderband 1980, S. 720).

 

Träger der örtlichen, ehrenamtlichen H.-Forschung waren bis 1979 vor allem die Arbeitsgemeinschaften Natur und Heimat des Kulturbundes der DDR (KB), insbesondere deren Fachrichtung H. und Ortschronik. Die Fachrichtungen H./Ortschronik, Kulturgeschichte/Volkskunde, Ur- und Frühgeschichte, Numismatik und kulturhistorische Zinnfiguren wurden am 17. 1. 1979 in Berlin zu einer eigenen Gesellschaft für H. im Rahmen des KB zusammengefaßt. Sie hat nach ihrer Satzung die Aufgabe, „heimatgeschichtliche Erscheinungen und Prozesse, insbesondere die revolutionären und anderen progressiven Traditionen zu erforschen und zu propagieren, das historische Selbstverständnis der Bevölkerung unseres Landes erweitern und ihr Geschichtsbewußtsein allseitig ausprägen zu helfen“ (Magdeburger Blätter 1982, Magdeburg 1982, S. 83). Auf ihrer 1. Zentralen Delegiertenkonferenz am 23./24. 11. 1981 in Neubrandenburg wählte die Gesellschaft für H. einen 44 Mitglieder zählenden Zentralvorstand und bestätigte Prof. Dr. Willibald Gutsche (SED) als Vorsitzenden; die Mitgliederzahl wurde mit etwa 22.000 angegeben. Bei der Historikergesellschaft der DDR besteht seit 1966 eine Fachkommission Regionalgeschichte (Vors.: Prof. Dr. Karl Czok, Leipzig). 1981 wurde im Zentralinstitut für Geschichte der Akademie der Wissenschaften der DDR (AdW) eine von Prof. Dr. Gutsche geleitete Forschungsstelle für Regionalgeschichte eingerichtet. Politische Anleitungsfunktionen hat ferner die Abteilung Geschichte der örtlichen Arbeiterbewegung und Betriebsgeschichte des Instituts für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED (IML).

 

In den regionalen Untergliederungen der Gesellschaft für H. sind neben interessierten Bürgern vor allem Lehrer, aber auch Fachhistoriker an der H.-Forschung beteiligt. Eine besonders enge Zusammenarbeit besteht mit den Kommissionen zur Erforschung der Geschichte der örtlichen Arbeiterbewegung der SED, den Kommissionen für Betriebsgeschichte, den Schulen und den Heimatmuseen. Ein Arbeitsschwerpunkt der Mitglieder der Gesellschaft für H. auf örtlicher Ebene ist deren Beteiligung an den von den Gemeinden zu führenden Ortschroniken. Die Ortschroniken umfassen eine zeitlich und systematisch geordnete Sammlung von Dokumenten und Materialien zur politischen, ökonomischen, sozialen und kulturellen Entwicklung, über Veränderungen in Natur und Umwelt des jeweiligen Dorfes bzw. der Stadt. (1982 hatte jede 3. Gemeinde in der DDR eine solche Chronik.)

 

Studien zur H. werden von Archiven, Heimatmuseen, Räten der Kreise und Gemeinden, den Bezirksverbänden der Gesellschaft für H. usw. teils in regelmäßig erscheinenden Reihen oder Zeitschriften, teils als einzeln veröffentlichte Monographie herausgegeben. In diesen Veröffentlichungen leben auch die Bezeichnungen und landsmannschaftlichen Traditionen der alten Länder Thüringen, Brandenburg, Mecklenburg. Sachsen usw. fort, wobei die aus ihnen entstandenen jetzigen (Verwaltungs-)Bezirke zusammenarbeiten (z.B. die seit 1954 erscheinenden „Sächsischen Heimatblätter“, Dresden, für die Bezirke Dresden, Karl-Marx-Stadt und Leipzig).


 

Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 598


 

Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

Ausführliche Informationen zu den Handbüchern finden Sie hier.