
Kreis (1985)
Siehe auch die Jahre 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979
Die K. sind territoriale und politisch-administrative Einheiten im Staatsaufbau der DDR. Die Neugliederung der K. erfolgte 1952 mit dem Gesetz über die weitere Demokratisierung des Aufbaus und der Arbeitsweise der staatlichen Organe in den Ländern der DDR. Bestimmend für die Festlegung der neuen K.-Grenzen waren politische, wirtschaftliche und administrative Gesichtspunkte. Die traditionelle Gliederung wurde als den Erfordernissen einer zu errichtenden sozialistischen Gesellschaftsordnung nicht entsprechend angesehen.
Seitdem wurden 194 Land-K. gebildet, von denen gegenwärtig noch 191 bestehen, und 28 Stadtkreise (sog. kreisfreie Städte).
Die Struktur, die Aufgaben und Arbeitsweise der staatlichen Organe im K. finden ihre Regelung vor allem in der Verfassung von 1968, i. d. F. von 1974 (Art. 81 ff.), im Gesetz über die örtlichen Volksvertretungen (GÖV) und ihre Organe vom Juli 1973 (GBl. I, 1973, S. 313) und im Beschluß über die Zusammensetzung der Räte der örtlichen Volksvertretungen vom Februar 1974 (GBl. I, S. 102).
Örtliche Volksvertretungen sind im Land-K. der Kreistag, im Stadt-K. die Stadtverordnetenversammlung. Große Stadt-K. wie Leipzig, Dresden, Magdeburg, Karl-Marx-Stadt, Erfurt, Halle untergliedern sich in Stadtbezirke, ihre Volksvertretungen heißen Stadtbezirksversammlungen.
Laut Verfassung der DDR und dem GÖV entscheidet die Volksvertretung des K. eigenverantwortlich über alle grundlegenden Angelegenheiten, die ihr Territorium und seine Bürger betreffen. In Wahrnehmung ihrer Aufgaben hat sie von den gesamtstaatlichen Interessen auszugehen. Ihre Beschlüsse sind für nachgeordnete Volksvertretungen (in der kreisangehörigen Stadt und der Gemeinde) verbindlich; in gleicher Weise gelten für den Kreistag (bzw. die Stadtverordnetenversammlung) die Beschlüsse des Bezirkstags als bindend.
Die Volksvertretung des K. wählt als ihre Organe den Rat und die Kommissionen. Der Rat ist ein kollektiv arbeitendes Organ; er leitet im Auftrag des Kreistags bzw. der Stadtverordnetenversammlung den staatlichen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Aufbau im K. auf der Grundlage der Beschlüsse seiner Volksvertretung und der übergeordneten Staatsorgane. Er ist der Volksvertretung des K. und dem ihm übergeordneten Rat des Bezirkes verantwortlich und rechenschaftspflichtig. Der Rat des K. wird durch den Vorsitzenden geleitet. Er ist dafür verantwortlich, daß die Beschlüsse der SED, die Gesetze der Volkskammer, die Verordnungen und Beschlüsse des Ministerrates sowie die Beschlüsse des Bezirkstages und des Rates des Bezirkes der Arbeit des Rates des K. zugrunde gelegt werden. Der Vorsitzende ist gegenüber den Mitgliedern des Rates, den Leitern der Fachorgane des Rates und den Leitern der dem Rat unterstellten Betriebe und Einrichtungen weisungsberechtigt. Die Mitglieder des Rates üben die Anleitung und Kontrolle gegenüber den zu ihrem Aufgabengebiet gehörenden Fachorganen, Betrieben und Einrichtungen aus. Im Rahmen ihrer Kompetenz sind sie weisungsberechtigt. Der Rat des K. hat die nachgeordneten Räte der kreisangehörigen Stadt und der Gemeinde anzuleiten, zu unterstützen und zu kontrollieren. Er muß die nachgeordneten Räte in die Vorbereitung von Entscheidungen, die Auswirkungen auf deren Verantwortungsbereiche haben, einbeziehen. Der Vorsitzende des Rates des K. übt die Anleitung und Kontrolle der Vorsitzenden der nachgeordneten Räte aus und ist ihnen gegenüber weisungsberechtigt.
Zur Erfüllung seiner Aufgaben bildet der Rat des K. Fachorgane; diese werden nach dem Prinzip der Einzelleitung bei kollektiver Beratung von Grundfragen des Tätigkeitsbereiches geleitet. Die Fachorgane unterstehen ihrem Rat und dem zuständigen Fachorgan des Rates des Bezirkes, sie sind „doppelt unterstellt“.
Die Räte der Land-K. sind wie folgt zusammengesetzt: 1. Vors. des Rates, 2. Erster Stellv. des Vors. des Rates, 3. Stellv. des Vors. des Rates und Vors. der Kreisplankommission, 4. Stellvertreter des Vors. des Rates und Vors. des Rates für Landwirtschaft und Nahrungsgüterwirtschaft, 5. Stellv. des Vors. des Rates für Inneres, 6. Stellv. des Vors. des Rates für Handel und Versorgung, 7. Sekretär des Rates, 8. Mitglied des Rates für Finanzen und Preise, 9. Mitglied des Rates K.-Baudirektor, 10. Mitglied des Rates für Wohnungspolitik, 11. Mitglied des Rates und Direktor Amt für Arbeit, 12. Mitglied des Rates für örtliche Versorgungswirtschaft, 13. Mitglied des Rates für Verkehrs-, Energie- und Nachrichtenwesen, 14. Mitglied des Rates für Umweltschutz und Wasserwirtschaft, 15. Mitglied des Rates für Kultur, 16. Mitglied des Rates für Jugendfragen, Körperkultur und Sport, 17. Mitglied des Rates K.-Schulrat, 18. Mitglied des Rates K.-Arzt.
[S. 753]Die Räte der Stadt-K. und der Stadt-K. mit Stadtbezirken (in Städten über 200.000 Einwohner) sind, unter Berücksichtigung der Spezifik ihrer Aufgaben, vergleichbar zusammengesetzt, wobei z.B. der Bereich Landwirtschaft naturgemäß entfällt. Der Vorsitzende des Rates des Stadt-K. trägt zugleich den Titel Oberbürgermeister, der des Rates des Stadtbezirkes den Titel Stadtbezirksbürgermeister.
Abweichungen von der Zusammensetzung der Räte in Land-K., Stadt-K. und Stadtbezirken und der Zahl ihrer Mitglieder bedürfen der Zustimmung des Rates des Bezirkes.
Die Volksvertretung des K. bildet zur Durchführung ihrer Aufgaben für die Dauer der Wahlperiode ständige Kommissionen und für zeitlich begrenzte Aufgabenstellungen zeitweilige Kommissionen (Kommissionen der örtlichen Volksvertretungen). Mitglieder der Kommissionen sind Abgeordnete und Nachfolgekandidaten sowie von der Volksvertretung des K. berufene Bürger; mindestens die Hälfte der Kommissionsmitglieder müssen Abgeordnete oder Nachfolgekandidaten sein. Zur Durchführung bestimmter Aufgaben können Aktive gebildet werden.
Die Kommissionen kontrollieren die Durchführung von Gesetzen und anderen Rechtsvorschriften sowie von Beschlüssen der Volksvertretung durch den Rat und seine Fachorgane. Sie haben das Recht, der Volksvertretung und dem Rat Vorlagen und Vorschläge zu unterbreiten. Eine wichtige Aufgabe der Kommissionen ist, die Mitwirkung der Bürger an der Vorbereitung, Durchführung und Kontrolle der Beschlüsse der Volksvertretung zu organisieren.
Die Volksvertretung des K. und ihre Organe sollen als arbeitende Körperschaften die Einheit von Beschlußfassung, Durchführung und Kontrolle verwirklichen. Folgende Kompetenzbereiche sind ihnen im K. zugeordnet: 1. Leitung und Planung des gesellschaftlichen Lebens, 2. Arbeitskräftelenkung und -planung, 3. Haushalts- und Finanzwirtschaft, 4. Preisbildung und -kontrolle, 5. örtlich geleitete Industrie, Handel, Versorgung und Dienstleistungen, 6. Bauwesen, Städtebau und Wohnungswesen, 7. Landwirtschaft und Nahrungsgüterwirtschaft, 8. Verkehr, Energie, Umweltschutz und Wasserwirtschaft, 9. Bildungswesen, 10. Jugendfragen, 11. Kultur, 12. Körperkultur, Sport und Erholungswesen, 13. Hygiene, medizinische und soziale Betreuung, 14. Sicherheit, Ordnung, Zivilverteidigung.
Von besonderer Bedeutung für den K. ist die Leitung der Entwicklung der Landwirtschaft. Die Volksvertretung und der Rat des K. sind für die staatliche Leitung und Planung der Landwirtschaft und Nahrungsgüterwirtschaft im K. verantwortlich. Bei der Vorbereitung und Durchführung diesbezüglicher Entscheidungen wirkt der Rat für Landwirtschaft und Nahrungsgüterwirtschaft (RLN) des K. als kollektives Beratungsorgan des Rates des K. unterstützend mit.
Die spezifische Rolle des K. im Staatsaufbau der DDR ergibt sich aus seiner Stellung zwischen den Bezirken einerseits und Städten und Gemeinden andererseits (Staatsapparat). Für den Bezirk ist der K. das Verbindungsglied, über das gesellschaftliche Prozesse in den Kommunen gesteuert werden können; Städte und Gemeinden wiederum können über den K. jene Interessen durchsetzen, die aus eigenen Mitteln nicht realisierbar sind, so z.B. Theater, Naherholungszentren usw.
Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 752–753
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