DDR von A-Z, Band 1985

Kreisparteiorganisationen der SED (1985)

 

 

Siehe auch die Jahre 1975 1979


 

Entsprechend dem Statut der SED von 1976 (Punkt 49) tragen die K. für die Durchführung der Beschlüsse und Direktiven der zentralen Parteiorgane in ihrem Organisationsbereich die Verantwortung. Sie organisieren u.a. die „ideologische Arbeit, die Propaganda des Marxismus-Leninismus in der Partei und unter den Massen“, sie leiten die „staatlichen Organe“ an, ebenso die Tätigkeit der Massenorganisationen.

 

1984 gab es 261 K. Dabei ist zwischen territorialen (in Kreisen, Städten, Stadtbezirken) und funktionalen (in Großbetrieben, großen Universitäten, verschiedenen Ministerien usw.) K. zu unterscheiden. 1984 existierten 241 territoriale K., zu denen sowohl die K. in Landkreisen als auch in Städten und Stadtbezirken gerechnet werden. Die Stadtbezirksleitungen haben erst seit 1971 die gleichen Rechte und Pflichten wie die SED-Leitungen in Landkreisen und kreisfreien Städten. Stadtbezirksleitungen gibt es in Leipzig, Karl-Marx-Stadt, Dresden, Halle und Magdeburg. Trotz ihrer Aufwertung in der Organisationshierarchie bleiben sie aber den jeweiligen Stadtleitungen untergeordnet. Berlin (Ost) nimmt eine Sonderstellung ein, da in den Verwaltungsbezirken immer K. bestanden haben (8 K. in den traditionellen Verwaltungsbezirken und eine neue im 1979 gebildeten Stadtbezirk Marzahn).

 

20 nach dem Produktionsprinzip gebildete K. bestehen in wichtigen Großbetrieben (z.B. VEB Leuna-Werke „Walter Ulbricht“, VEB Kombinat Carl Zeiss Jena, VEB Mansfeld-Kombinat „Wilhelm Pieck“), an deren Spitze Industrie-Kreisleitungen stehen. Ferner gibt es K. an einigen Akademien und Universitäten (Akademie der Wissenschaften der DDR [AdW]; Humboldt-Universität zu Berlin [Ost]; Technische Universität Dresden), bei einigen zentralen Einrichtungen des Staatsapparates (Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten; Ministerium für Staatssicherheit) sowie im Zentralkomitee (ZK) der SED, beim Zentralrat der Freien Deutschen Jugend (FDJ) und beim Bundesvorstand des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes (FDGB).

 

In der Zahl der 261 K. sind die Parteiorganisationen in der Nationalen Volksarmee (NVA) (ca. 3.000 Grundorganisationen), die von der politischen Hauptverwaltung der NVA angeleitet werden, nicht enthalten. Die K. werden grundsätzlich von den Bezirksleitungen bzw. der Gebietsleitung Wismut angeleitet.

 

Die Zentralen Parteileitungen (ZPL), die seit längerer Zeit in der NVA und seit ca. 1980 in mindestens 44 Großbetrieben der Industrie und des Bauwesens sowie an 8 Universitäten und Hochschulen gebildet wurden, haben einen Sonderstatus. Sie nehmen zwar Aufgaben von Kreisleitungen wahr, sind aber eigentlich Leitungsorgane von sehr großen und weitverzweigten Grund[S. 754]organisationen der SED; sie werden von der jeweiligen SED-Bezirksleitung angeleitet.

 

Wahl, Struktur und Aufgaben der K. sind im Parteistatut der SED von 1976 in den Punkten 49–55 geregelt. Wahlen zur Delegiertenkonferenz der K. finden zweimal in 5 Jahren auf den Mitgliederversammlungen bzw. Delegiertenkonferenzen der Grundorganisationen statt. Die Zahl der zu wählenden Delegierten wird durch die Wahldirektive des ZK festgelegt (Parteiwahlen der SED). Eine außerordentliche Delegiertenkonferenz wird „durch Beschluß des jeweiligen Parteiorgans oder des Zentralkomitees oder auf Verlangen eines Drittels der Gesamtzahl der Mitglieder der jeweiligen Parteiorganisationen“ einberufen. Ein solcher Fall ist jedoch bisher nicht bekanntgeworden.

 

Die Delegiertenkonferenz nimmt die Rechenschaftsberichte für die vergangene Wahlperiode entgegen und diskutiert auf der Grundlage der Erfahrungen der Delegierten über die bisherige Arbeit der Partei, der Staats- und Wirtschaftsorgane und der Massenorganisationen sowie über die zukünftigen Aufgaben. Der Delegiertenkonferenz obliegt die Wahl der Kreisleitung, der Revisionskommission (Revisionskommissionen der SED) sowie der Delegierten für die Bezirksdelegiertenkonferenz. Der zahlenmäßige Umfang und die soziale Zusammensetzung der Kreisleitungen werden in der Wahldirektive des Zentralkomitees (ZK) der SED in den Grundzügen geregelt. Nach den Parteiwahlen 1981 hatten die Kreisleitungen im Durchschnitt 61 Mitglieder und 14 nicht stimmberechtigte Kandidaten. Der Anteil der Arbeiter (nach erster Ausbildung) an den Leitungen betrug 61,7 v.H., der der Frauen 35,7 v.H. 14,6 v.H. waren jünger als 25 Jahre. 65,4 v.H. hatten eine Hoch- bzw. Fachschule besucht, 86,9 v.H. eine Parteischule (Dokumente der SED, Bd. XVIII, Berlin [Ost] 1982, S. 287). Während als Mitglieder und Kandidaten der Bezirksleitungen nur Mitglieder gewählt werden können, die der SED mindestens 3 Jahre angehören, ist für die Wahl in die Stadt- und Kreisleitungen nur eine 2jährige Parteimitgliedschaft Voraussetzung.

 

Auf der 1. (konstituierenden) Sitzung der Kreisleitung wählt diese die Sekretäre und bildet damit das Sekretariat der Kreisleitung. Sie bestätigt ferner die Leiter der Abteilungen des Apparates des Sekretariats und die Redakteure der örtlichen Presseorgane der Partei. Die in den Parteiwahlen 1981 gewählten Mitglieder der Sekretariate verfügten alle über einen Hoch- bzw. Fachschulabschluß, 83,4 v.H. absolvierten eine Parteischule; der Frauenanteil lag bei 11,5 v.H. Von den 1. Sekretären waren 66,7 v.H. länger als 15 Jahre Mitglied der Partei (a.a.O.).

 

Die Sekretariate der Kreisleitungen setzen sich in der Regel wie folgt zusammen: 1. Sekretär, 2. Sekretär, Sekretär für Wirtschaft, Sekretär für Landwirtschaft, Sekretär für Agitation und Propaganda, Sekretär für Volksbildung und Kultur. Zu diesen 6 hauptamtlichen Sekretären kommen hinzu: der Vors. der Kreisparteikontrollkommission, der Vors. des Rates des Stadt- oder Landkreises, der Vors. der Kreisplankommission, der Stellv. des Vors. des Rates des Kreises und Produktionsleiter für Landwirtschaft und Nahrungsgüterwirtschaft, der Vors. des FDGB-Kreisvorstandes, der 1. Sekretär der FDJ-Kreisleitung. Je nach Struktur der K. gibt es Abweichungen in der Zusammensetzung der Kreisleitungen; so wählen z.B. Stadtleitungen oder Industrie-Kreisleitungen keinen Sekretär für Landwirtschaft.

 

Die Universitäts-Kreisleitungen umfassen nur ca. 40 Mitglieder und ca. 15 Kandidaten. Ihre Sekretariate bestehen aus: 1. Sekretär, 2. Sekretär, Sekretär für Wissenschaft, Sekretär für Propaganda (zuständig für die Universitätszeitung und das Parteilehrjahr), Rektor, Vors. der Universitätsgewerkschaftsleitung, 1. FDJ-Sekretär der Kreisleitung der Universität.

 

Die Kreisleitungen sollen gem. Punkt 53 des Statutes von 1976 mindestens einmal in 3 Monaten zusammentreten. Dabei nehmen sie die Berichte des Sekretariates entgegen. Vielfach werden auf Kreisebene Kommissionen und Arbeitsgruppen gebildet, die in der Regel von einem Sekretär, seltener von einem Mitglied der Kreisleitung geleitet werden. Vielfach werden auch einzelne Kreisleitungsmitglieder regelmäßig oder zu bestimmten Aufgaben aufgrund ihrer politischen und fachlichen Qualifikation zu Entscheidungsprozessen innerhalb der Kreisleitung hinzugezogen. Das politisch entscheidende Gremium ist das Sekretariat. Die Wahl zum Sekretär der Kreisleitung setzt eine 3jährige Mitgliedschaft in der SED voraus; hierbei wird die Kandidatenzeit nicht mitgerechnet. Die Sekretäre, bereits zuvor von der jeweils zuständigen Kaderabteilung auf höherer Ebene ausgewählt, bedürfen nach ihrer Wahl nochmals der Bestätigung durch das übergeordnete Parteiorgan, die Bezirksleitung. Die 1. Sekretäre werden durch das ZK der SED bestätigt.

 

Die Sekretariate der Kreisleitungen werden von der jeweiligen SED-Bezirksleitung (Bezirksparteiorganisationen der SED) angeleitet und erstatten ihr regelmäßig Bericht. Sie berichten darüber hinaus regelmäßig im Rahmen der Parteiinformation über die Entwicklungen in ihrem Organisationsbereich an das ZK der SED. Die Sekretariate der Kreisleitungen stützen sich in ihrer Arbeit auf einen hauptamtlichen Apparat, der ca. 30–50 Mitarbeiter umfaßt. Ferner bestehen eine Reihe ständiger Kommissionen (u.a. für Frauenfragen und für Jugend und Sport). Außerdem gibt es eine Reihe von ad-hoc-Kommissionen und Arbeitsgruppen, z.B. für Wirtschaft, territoriale Rationalisierung, Versorgung, Verkehr usw. Ihre Aufgaben ergeben sich aus den jeweiligen örtlichen, politischen Schwerpunktaufgaben. Sie werden nicht nur von hauptamtlichen, sondern auch von ehrenamtlichen Funktionären geleitet. Ihre Beschlüsse, Vorschläge usw. bedürfen jeweils der Zustimmung des Sekretariats, um verbindlich zu werden.

 

Ein Hauptaufgabenbereich der Kreisleitungen liegt in der Anleitung der Grundorganisationen in ihrem Bereich. Die Bedeutung, die den K. hierbei zukommt, zeigt sich u.a. darin, daß der Generalsekretär der SED, Erich Honecker, mindestens einmal im Jahr zu Beratungen mit den 1. Sekretären der Kreisleitungen zusammenkommt, in deren Verlauf er ein grundlegendes [S. 755]Referat über die Politik der Partei hält. An diesen Beratungen nehmen auch Sekretäre von Grundorganisationen aus Großbetrieben und Kombinaten sowie Vertreter der Bezirksleitungen teil. Nicht selten werden einzelne Kreisleitungen vom Politbüro bzw. vom Sekretariat des ZK mit besonderen Aufgaben, Experimenten für Neuorganisationen im staatlichen und im Parteibereich beauftragt. Über derartige Vorhaben erstatten die Kreisleitungen vor dem Sekretariat des ZK Bericht. Die daraus abgeleiteten allgemeinen Schlußfolgerungen werden häufig im Funktionärsorgan der SED „Neuer Weg“ veröffentlicht.


 

Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 753–755


Kreis A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Krieg

 

Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

Ausführliche Informationen zu den Handbüchern finden Sie hier.