DDR von A-Z, Band 1985

Landeskulturgesetz (1985)

 

 

Siehe auch die Jahre 1975 1979


 

Als Staat mit hochentwickelter Industrie und intensiver Landwirtschaft, engmaschigem Siedlungsnetz — ca. drei Viertel der Bevölkerung leben in Städten und Gemeinden mit mehr als 2.000 Einwohnern — sowie hoher Bevölkerungsdichte (1981: 154 Einwohner je qkm) ist die DDR genötigt, der Landeskultur und dem Umweltschutz erhöhte Aufmerksamkeit zu schenken. Obwohl rd. 60 v.H. des Bodens von der Landwirtschaft und 27 v.H. von der Forstwirtschaft beansprucht werden, beträgt die für landwirtschaftliche Produktionen zur Verfügung stehende Fläche nur 0,37 ha pro Einwohner. Hinzu kommt, daß durch den Braunkohlentagebau zwangsläufig weite Gebiete der landwirtschaftlichen Nutzung — zumindest für einen längeren Zeitraum — entzogen werden müssen; in den vergangenen 20 Jahren waren es mehr als 250.000 ha. Weiterhin ist die ökologische Lage in der DDR durch einen angespannten Wasserhaushalt (Wasserwirtschaft) sowie in weiten Bereichen auch durch eine nachhaltige Wasser- und Luftverschmutzung gekennzeichnet.

 

Diese Situation zwingt zum Schutz der Natur — vor dem Menschen —, um die natürlichen Ressourcen für die Bevölkerung erhalten zu können. Aufgabe der Landeskultur ist es, für eine rationellere Nutzung und Erhaltung der Naturreichtümer, für die Reinhaltung von Wasser und Luft, für einen besseren Einsatz des Bodens, für die Verschönerung der Landschaft, für die Gestaltung von Erholungsgebieten sowie die Schaffung und Sicherung von Naturschutzgebieten und Landschaftsschutzgebieten (Naturschutz) Sorge zu tragen. Im Rahmen der „sozialistischen Landeskultur“ ist jeder Bürger aufgerufen, sich für den Schutz und die Pflege der Natur einzusetzen. Dazu gehören auch die Beseitigung und Verwertung des Siedlungsmülls sowie der industriellen Abfallprodukte.

 

Zu den wesentlichen gesetzlichen Regelungen über den Umweltschutz gehörten das L. vom Mai 1970 (Gesetz über die planmäßige Gestaltung der sozialistischen Landeskultur in der DDR, GBl. I, S. 67 ff.) sowie dazu erlassene Durchführungsbestimmungen (GBl. II, 1970, S. 595 ff. und S. 604 f.; I, 1973, S. 162 ff.; I, 1974, S. 353 ff.; I, 1976, S. 465 ff.; I, 1977, S. 161 ff. sowie 1978, SDr. Nr. 945; I, 1979, S. 283 ff. sowie I, 1980, S. 227) und Durchführungsverordnungen (GBl. II, 1970, S. 331 ff. und I, 1973, S. 157 ff. sowie I, 1975, S. 662 ff.; I, 1977, S. 161 ff.; I, 1979, S. 283 ff.; I, 1980, S. 127 ff.). Daneben gibt es eine Fülle spezieller Verordnungen. In den letzten Jahren wurden beispielsweise mehrere Gesetze allein bezüglich der Reinhaltung des Wassers erlassen (GBl. II, 1970, S. 659 ff.; II, 1971, S. 25 ff.; I, 1974, S. 349 ff.; I, 1978, S. 50 ff.). Hinzukommen auch international wirkende Bestimmungen hinsichtlich der Verhütung und Haftung für Umweltschädigungen (GBl. II, 1978, S. 74 f.; II, 1978, S. 395 f.; II, 1979, S. 29 ff. und S. 33 ff., SDr. Nr. 1023; II, 1980, S. 31 ff. und S. 92 ff.). Dem L., das das Naturschutzgesetz von 1954 ablöste, kommt besondere Bedeutung zu, da es die bis Ende der 60er Jahre erlassenen Einzelbestimmungen zusammenzufassen suchte. In seinen Abschnitten II–IV wird insbesondere der Landschaftsschutz geregelt; dabei geht es neben dem Naturschutz, der Einrichtung und Erhaltung von Erholungsgebieten sowie dem Schutz der Küsten darum, neu zu errichtende Gebäude oder Verkehrsanlagen der Landschaft anzupassen sowie Eingriffe in die Natur abzuwenden oder daraus entstandene Schäden wieder zu beseitigen. Darüber hinaus wird in diesen Abschnitten die Nutzung von Boden und Wäldern angesprochen: Entsprechend den gegebenen Standortbedingungen sollen alle Bodenflächen optimal genutzt werden, vor allem die land- und forstwirtschaftlichen Nutzflächen sowie die dafür geeigneten, aber anderweitig genutzten Bodenflächen. Dabei soll die Bodenfruchtbarkeit durch entsprechende Maßnahmen (z.B. durch Meliorationen) verbessert sowie der Boden vor Schadwirkungen (z.B. Austrocknung, Wind- und Wassererosionen) geschützt werden. Die Wälder sollen bei Einsatz von Forstschutzmaßnahmen so entwickelt wer[S. 783]den, daß ein möglichst großer Holzvorrat erreicht wird. Der sowohl die Nutzung als auch den Schutz der Gewässer regelnde Abschnitt beschäftigt sich vor allem mit Maßnahmen zur Gewährleistung der Wasserversorgung für Bevölkerung, Industrie, Landwirtschaft, Binnenschiffahrt und Fischerei. Zur Deckung des Bedarfs der Bevölkerung wurden Wasserschutzgebiete eingerichtet; Abwässer dürfen in die natürlichen Gewässer nur bei Einhaltung bestimmter Grenzwerte der Gewässerbelastung geleitet werden. Gefahren sind unverzüglich zu melden; unzulässige Schadstoffzuführungen werden bestraft. Die Industrie ist zu sparsamer Wasserverwendung verpflichtet; sie hat bei neuen Betriebserrichtungen dem gesamten Wasserhaushalt des Gebietes Rechnung zu tragen und muß vorgeschriebene Abwasserbehandlungsanlagen betreiben bzw. neu errichten. Für die Entnahme von Oberflächen- bzw. von Grundwasser ist ein in bestimmter Höhe festgelegtes Wassernutzungsentgelt zu entrichten. Bei Wasserverschmutzungen wird ein Abwassergeld erhoben.

 

Der Abschnitt VI soll für die Reinhaltung der Luft Sorge tragen, indem die Betriebe zur Einhaltung der ihnen von den entsprechenden Staatsorganen vorgegebenen Grenzwerte für luftverunreinigende Stoffe verpflichtet wurden. Halten sie die Immissionsgrenzwerte (MIK-Werte) nicht ein, so wird seitens staatlicher Stellen ein differenziertes Staub- und Abgasgeld erhoben. Bei außergewöhnlichen Immissionssituationen können für Anlagen, die erhebliche Luftverunreinigungen verursachen, Beschränkungen des Betriebes bzw. zeitweilige Stillegungen verfügt und bei Nichteinhaltung von staatlichen Auflagen Ordnungsstrafen erhoben werden.

 

Im Abschnitt VII wird die Nutzbarmachung von Abfallprodukten oder Schadstoffen zu verwertbaren Stoffen bzw. die schadlose Beseitigung nicht zu nutzender Abfallprodukte geregelt. Dazu dienen die genaue Erfassung sowie ein umfassendes Informationssystem darüber, Abprodukte in gegebener Form bzw. nach entsprechender Umwandlung als Sekundärrohstoffe einzusetzen.

 

Der Abschnitt VII behandelt den Schutz vor Lärm. Dabei gilt für neue Produktionsverfahren, Verkehrsbauten und bei der Errichtung neuer Wohngebiete die Pflicht zur Einhaltung vorgegebener Lärmgrenzwerte. Weiterhin ist für bestimmte Gebiete (z.B. Kurorte, Erholungsgebiete) vorgesehen, diese durch Erklärung zu Lärmschutzgebieten besonders zu schützen.

 

Da das L. nur allgemeinen Charakter trägt, ist ein Teil der Verantwortung hinsichtlich des Umweltschutzes auf die Bezirksleitungen und die örtlichen Organe übertragen. Diese stehen dem Problem gegenüber, inwieweit sie jeweils der absoluten Planerfüllung vor dem Umweltschutz Vorrang geben sollen. Allerdings gibt es auch einige generelle Sanktionen, um insbesondere die Betriebe zur Einhaltung der gesetzlich festgelegten Umweltschutzmaßnahmen zu zwingen: So z.B. Ordnungsstrafen, das Abwassergeld sowie das Staub- und Abgasgeld. Sie reichen jedoch keinesfalls aus, um genügend wirksame Umweltschutzmaßnahmen durchzusetzen.

 

Seit einigen Jahren wird die landeskulturelle Entwicklung langfristig geplant, wobei Schwerpunkte (z.B. der industrielle Ballungsraum um Halle/Leipzig bzw. die Ostseeküste) konzentriert mit Kräften und Mitteln zur Umweltverbesserung bedacht werden.


 

Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 782–783


 

Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

Ausführliche Informationen zu den Handbüchern finden Sie hier.