DDR von A-Z, Band 1985

Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten (1985)

 

 

Siehe auch die Jahre 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979


 

Das MfAA. ist ein Organ des Ministerrates, der als ganzer für die „Durchführung der Außenpolitik“ (§ 5 des Statuts des Ministerrates) verantwortlich ist. Im Zuge der internationalen Anerkennung der DDR, die nach dem Abschluß des Grundlagenvertrages wischen der DDR und der Bundesrepublik Deutschland zur Aufnahme Diplomatischer Beziehungen zu mehr als 130 Staaten (insgesamt 132, einschließlich der 1973 unterbrochenen Beziehungen zu Chile, ohne Bundesrepublik Deutschland, Stand: 31. 12. 1983) führte, hat die politische Bedeutung des MfAA. noch zugenommen.

 

Das geltende 2. Statut des MfAA. von 1970 (GBl. II, Nr. 23), welches das erste von 1950 ablöste, bindet das MfAA. an die grundlegenden Beschlüsse der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED), der Volkskammer, des Staats- und Ministerrates (§ 1). Es überträgt dem MfAA. die Planung, Leitung und Koordinierung der „Forschung auf dem Gebiet der Außenpolitik, des Völkerrechts und der Regionalwissenschaften“ (§ 2) und weist dem MfAA. eine Koordinierungsfunktion gegenüber allen anderen Ministerien zu, die ebenfalls in bestimmten außenpolitischen Bereichen tätig werden (§ 3). Dies gilt vor allem für das Ministerium für Nationale Verteidigung und das Ministerium für Außenhandel (MAH).

 

Zu den Aufgaben des MfAA. gehören ferner u.a.:

 

die Planung (Vorbereitung von Entscheidungen) auf außenpolitischem Gebiet;

 

die Analyse und Prognose der Entwicklung der internationalen Beziehungen;

 

die Durchführung der von Partei- und Staatsführung beschlossenen Aktivitäten auf außenpolitischem Gebiet;

 

die Organisierung des diplomatischen Dienstes;

 

die Vorbereitung völkerrechtlicher Verträge (das MfAA. ist in der Regel verhandlungsführendes Organ);

 

die Durchführung und Kontrolle internationaler Verträge, Vereinbarungen und Absprachen (Freundschaftsverträge);

 

die Zusammenarbeit mit den diplomatischen Vertretungen anderer Staaten in der DDR;

 

[S. 900]die Koordination und Pflege der Beziehungen zu ausländischen Staaten auf kulturellem und wissenschaftlichem Gebiet einschl. der Betreuung der in der DDR akkreditierten ausländischen Journalisten;

 

die Durchführung des diplomatischen Protokolls (auf der Grundlage der auch von der DDR angewandten Wiener Konventionen von 1961);

 

die Erteilung von Konsularpatent und Exequatur.

 

Dem MfAA. zugeordnet ist das Institut für Internationale Beziehungen (IIB), das formal zur Akademie für Staats- und Rechtswissenschaft der DDR in Potsdam-Babelsberg gehört.

 

Direktor ist seit Oktober 1982 Prof. Dr. Gerhard Hahn, der gleichzeitig die Funktion eines Generalsekretärs bzw. Vizepräsidenten des Komitees für europäische Sicherheit der DDR wahrnimmt. Das IIB ist „Leitinstitut“ für die gesamte außenpolitische Forschung in der DDR und zugleich Ausbildungsstätte für angehende Diplomaten. Bisher haben nach westlichen Schätzungen etwa 1000 Studenten, d.h. 90 v.H. des Diplomaten-Nachwuchses, ein 5jähriges Studium bzw. mehrmonatige Fortbildungskurse des IIB absolviert; ihre Ausbildung besteht vor allem in Sprachkursen und dem Studium der politischen wie sozio-kulturellen Verhältnisse des Landes, in das sie später entsandt werden.

 

Die Länderforschung ist in der DDR konzentriert auf die Universität Rostock (Lateinamerika), Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald (Nordeuropa), Karl-Marx-Universität Leipzig (Afrika und Nahost), Humboldt-Universität in Berlin (Ost) (Asien).

 

Minister für AA. ist (seit 20. 1. 1975) das Mitglied des Zentralkomitees (ZK) der SED Oskar Fischer. Er löste den seit 1965 amtierenden Otto Winzer ab (gestorben 3. 3. 1975). Staatssekretär und 1. Stellvertreter des Ministers ist Herbert Krolikowski (ebenfalls Mitglied des ZK der SED), Stellvertretende Minister sind Peter Florin, Gerd König, Bernhard Neugebauer und Kurt Nier. Generalsekretär des MfAA. ist Alfred Bruno Neumann (alle SED). Soweit bekannt, unterstehen ihnen folgende Hauptabteilungen und Abteilungen:

 

a) Funktionale Abteilungen für: Grundsatzfragen und Planung, Auslandsinformation, Internationale ökonomische Organisationen, Kader und Schulung, Konsularische Angelegenheiten, Konsularrecht, Presse, DDR-Presse, Journalistische Beziehungen, Kulturelle Auslandsbeziehungen, Reiseverkehr, Protokollfragen. Rechts- und Vertragswesen, Informationsdienst und Presseauswertung, Dolmetscherdienst, Verwaltung; ferner gibt es ein Dienstleistungsamt für die ausländischen diplomatischen Vertretungen und ein Zentrum für Information und Dokumentation;

 

b) regionale Abteilungen für: UdSSR, Benachbarte Länder (ČSSR, Polen), Südosteuropa (Balkan), Nordeuropa, Westeuropa, Bundesrepublik Deutschland, sowie 6 außereuropäische Abteilungen für: Fernost (ohne Japan), Süd- und Südostasien, Nah- und Mittelost (arabische Staaten), Nord- und Westafrika, Ost- und Zentralafrika, Nordamerika (USA, Kanada und Japan), Lateinamerika; ferner gibt es besondere Abteilungen für die UN, für die UNESCO und für „Westberlin“.

 

Eine Besonderheit des MfAA. stellt die Einrichtung eines sog. Kollegiums dar, dessen Mitglieder (mit beratender Funktion) der Minister beruft. Es setzt sich aus Vertretern wissenschaftlicher Institutionen und gesellschaftlicher Organisationen zusammen und soll grundsätzlich Probleme der internationalen Politik beraten. (Ähnliche Kollegien der Ministerien gibt es inzwischen auch bei zahlreichen anderen Ministerien.) Ferner gibt es beim MfAA. eine Kommission für die kulturellen Beziehungen (mit dem Ausland) und einen wissenschaftlichen Beirat.


 

Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 899–900


 

Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

Ausführliche Informationen zu den Handbüchern finden Sie hier.