DDR von A-Z, Band 1985

Mutterschutz/Fürsorge für Mutter und Kind (1985)

 

 

Siehe auch:


 

Die Bestimmungen zum Schutz der erwerbstätigen Frauen in der Erwerbstätigkeit, während einer Schwangerschaft und in den ersten Wochen nach Entbindung (mittelbar auch zum Schutz des Kindes in den ersten Lebenswochen) sind teils im Gesetzbuch der Arbeit (1961), teils schon im Gesetz über den Mutter- und Kinderschutz und die Rechte der Frau (27. 9. 1950) [S. 922]festgelegt, diese letzten allerdings seitdem vielfältig geändert und erweitert worden. Der M. in der DDR ist bestimmt von dem Bestreben, verfügbare Arbeitskraft zu nutzen, dabei aber eine unter bevölkerungspolitischen Gesichtspunkten genügende Zahl von Schwangerschaften zu erreichen sowie Schwangere und Kind vor Schäden und Gefahren zu schützen (Bevölkerung). Schwangere und stillende Frauen dürfen vom 4. Schwangerschaftsmonat an zu Nachtarbeit und Überstunden nicht herangezogen werden (während sonst Frauen beides nur ablehnen dürfen, wenn sie im Haushalt Kinder bis zu 6 Jahren oder pflegebedürftige Haushaltsangehörige versorgen und dafür keine ausreichende Hilfe haben). Schwangere und stillende Frauen dürfen (wie auch aus anderen Gründen Frauen und Jugendliche überhaupt: Arbeitsschutz-AO Nr. 5 — ASAO 5 — vom 9. 8. 1973 — GBl. I, S. 465) mit bestimmten, allgemein als gesundheitlich bedenklich bewerteten Arbeiten nicht beschäftigt werden, außerdem nicht mit Arbeiten, die nach dem Gutachten des Betriebsarztes oder des Arztes der Schwangerenberatungsstelle das Leben oder die Gesundheit der Frau oder des Kindes gefährden könnten.

 

Der Schwangerschafts- und Wochenurlaub mit Weiterzahlung des Nettoverdienstes umfaßt die Zeit von 6 Wochen vor bis 20 Wochen nach der Entbindung (bei Mehrlings- und komplizierten Entbindungen 22 Wochen). Daran anschließend hat die Mutter („wenn sie das Kind in häuslicher Pflege selbst betreut“) vom 2. Kinde an Anspruch auf bezahlte Freistellung von der Arbeit bis zum Ende des 1. Lebensjahres des zuletzt geborenen Kindes mit der Zahlung einer Mütterunterstützung in Höhe des Krankengeldes, jedoch mindestens 300 (bei 3 oder mehr Kindern 350) Mark („Babyjahr“); bei Teilbeschäftigung vor dem Schwangerschaftsurlaub wird der Mindestbetrag anteilig gezahlt. Der Anspruch auf Sachleistungen der Krankenversicherung bleibt erhalten, ebenso ist der Anspruch auf Rückkehr auf den alten Arbeitsplatz garantiert (VO über die Verlängerung des Wochenurlaubs … vom 27. 5. 1976 nebst DB dazu vom 4. 6. und vom 14. 7. 1976 — GBl. I, S. 269, 271 und 369). Für weibliche Studierende sind ähnlich günstige Sonderregelungen getroffen worden (AO über die Verbesserung von Leistungen bei Mutterschaft für Studentinnen … vom 14. 7. 1976 — GBl. I, S. 369).

 

Beim 1. Kind kann eine zeitlich entsprechende, unbezahlte Freistellung in Anspruch genommen werden. Anstelle der Mutter kann diese auch dem Vater oder anderen Personen gewährt werden, sofern sie mit der Pflege des Kleinkindes betraut sind. Dabei werden sowohl die Zeit der Freistellung im Rahmen des gesetzlichen M. als auch die Zeit der darüber hinausgehenden Freistellung als Beitragszeit innerhalb der Sozialversicherung angerechnet. Müttern wird darüber hinaus für jedes geborene Kind eine Zurechnungszeit von einem weiteren Jahr zu ihrer Versicherungsdauer gewährt (Renten).

 

Frauen, die mehr als 2 Kinder geboren oder erzogen haben, erhalten für jedes weitere Kind jeweils 1 Jahr auf die geforderte Mindestversicherungszeit von 15 Jahren angerechnet; für Frauen, die 5 und mehr Kinder geboren haben, besteht seit dem 1. 7. 1973 Anspruch auf Alters- oder Invalidenrente unabhängig von den erreichten Versicherungszeiten.

 

Verheiratete Mütter mit einem Kind bis zu 3 Jahren, die wegen der Geburt dieses Kindes vorübergehend ihre Berufstätigkeit unterbrechen mußten, weil kein Krippenplatz zur Verfügung gestellt werden konnte und die keinen Anspruch auf Mutterunterstützung haben, erhalten von der Sozialversicherung bei der Geburt eines weiteren Kindes bis zum Ende des 1. Lebensjahres des zuletzt geborenen Kindes einen monatlichen Zuschuß zum Familienaufwand in Höhe von 200 Mark. Alleinstehende berufstätige Mütter, für deren Kind nach dem Wochenurlaub kein Krippenplatz zur Verfügung gestellt werden kann, erhalten für die Dauer der Freistellung eine Unterstützung in Höhe des Krankengeldes, auf das die Mutter bei eigener Arbeitsunfähigkeit Anspruch hat, wenn sie länger als 6 Wochen im Jahr krank ist (bei Vollbeschäftigung mit 1 Kind mindestens 250 Mark, mit 2 Kindern 300 Mark und mit 3 oder mehr Kindern 350 Mark monatlich).

 

Kündigungsverbot besteht für Schwangere, stillende Mütter, Mütter mit Kindern bis zu 1 Jahr bzw. während der Freistellung im Anschluß an den Wochenurlaub sowie für alleinstehende Werktätige mit Kindern bis zu 3 Jahren.

 

Die Entbindung verschafft jeder Frau Anspruch auf eine Geburtenbeihilfe von (seit 1972 einheitlich bei jedem Kind) 1000 Mark. Zusätzlich werden von einem eventuell in Anspruch genommenen Familiengründungs-Kredit (Kredit, 4.) von 5.000 Mark mit der Geburt des 1. Kindes 1000 Mark getilgt, mit der Geburt des 2. Kindes 1500 Mark und mit der Geburt des 3. Kindes die restlichen 2.500 Mark.

 

Für die medizinische Vorsorge gegen Schwangerschaftsstörungen und für deren Früherkennung bestehen Schwangerenbetreuungsstellen (1982: 877). Darin fanden sich 1981 vor Ablauf des 4. Schwangerschaftsmonats 89,2 v.H., von den berufstätigen Schwangeren 89,7 v.H. ein; insgesamt viermal oder öfter besuchten 96,4 v.H. der Frauen die Beratungsstellen. Alle Schwangerschafts- und Mutterschaftsleistungen sind davon abhängig, daß die Beratungsstellen in Anspruch genommen werden.

 

97,5 v.H. der Beratenen standen in Erwerbstätigkeit; 15,6 v.H. der erwerbstätigen Schwangeren erhielten einen Schonarbeitsplatz.

 

Die Beratungsstellen arbeiten nach dem Dispensaire-Prinzip, d.h. bei Schwangerschaftsstörungen behandeln sie selbst; schwierigen Fällen gehen sie durch Hausbesuche nach (1979 bei 16,3 v.H. aller Schwangerschaften, davon ein Drittel bei Unverheirateten). In den 14 Schwangeren-Erholungsheimen (mit 762 Betten) erhielten 7.062 Frauen einen Platz, das sind 3,0 v.H. aller Schwangeren. Die Zahl der Entbindungsbetten in Krankenhäusern beträgt (1982) 7.565 bei 254.028 Entbindungen; Hausentbindungen sind die Ausnahme.

 

Die Fürsorge für die Säuglinge und Kleinkinder wird [S. 923]von 9.920 Mütterberatungsstellen wahrgenommen; 1982 wurden 246.781 Kinder in 3.446.021 Beratungen betreut, davon 87 v.H. durch Ärzte; regelmäßig werden Hausbesuche durch Fürsorgerin oder Gemeindeschwester vorgenommen, im Durchschnitt 2,0 pro betreutes Kind. Angesichts der — im Vergleich mit westlichen Gesellschaften — extrem hohen Erwerbsquote der Frauen (1979 waren 85,2 v.H. aller Frauen zwischen 16 und 60 Jahren erwerbstätig, Schülerinnen und Studentinnen nicht gerechnet) kommt den Möglichkeiten der Versorgung von Säugling und Kleinkind große Bedeutung zu. 1982 standen in 6.812 Krippen 309.840 Plätze zur Verfügung, davon 15,6 v.H. in betrieblichen Einrichtungen. Auf je 1000 „für die Betreuung in Betracht kommende Kinder bis zu 3 Jahren“ waren das 657 Plätze (Kinderkrippe, Kindergarten). Für alle anderen Kinder erwerbstätiger Frauen müssen Behelfslösungen mit Verwandten usw. gesucht werden. Eine Vermehrung der Krippenplätze ist vorgesehen; in den letzten Jahren hat sich die Zunahme jedoch von etwa 9 auf 4,5 v.H. pro Jahr verringert. Die Zahl der Mütter, die von dem Anspruch auf unbezahlten Urlaub im 1. Lebensjahr des Kindes Gebrauch machen, wird nicht veröffentlicht. Arbeitsrecht; Gesundheitswesen.


 

Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 921–923


 

Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

Ausführliche Informationen zu den Handbüchern finden Sie hier.