DDR von A-Z, Band 1985

 

Preissystem und Preispolitik (1985)

 

 

Siehe auch:

 

I. Grundsätze des Preissystems

 

 

Die Preisbildung folgt in der DDR anderen Prinzipien als in marktwirtschaftlichen Wirtschaftssystemen. In diesen führt prinzipiell der Preismechanismus unter der Voraussetzung, daß wirksamer Wettbewerb vorliegt, eine Angleichung der Angebots- und Nachfragebeziehungen herbei und signalisiert den weitgehend autonomen Marktparteien (Wirtschaftseinheiten), was zu produzieren ertragreich ist bzw. welche Güter von Nutzen sind. Das bedeutet, die Koordination der Entscheidungen der Wirtschaftseinheiten erfolgt weitgehend über die Preise auf den Märkten.

 

Im Gegensatz dazu ist das Ps. in der DDR — genauso wie in anderen Wirtschaftssystemen des Ostblocks — Instrument der zentralen staatlichen Wirtschaftsführung und dient der Durchsetzung zentraler Ziele. Es ist Bestandteil des Gesamtsystems „ökonomischer Hebel“, zu dem u.a. die Steuern, Kredite, Zinsen, Fonds und Prämien (Lohnformen und Lohnsystem, V.) gehören. Die Preise sind sowohl Gegenstand der Planung — deshalb erfolgt ihre Festsetzung generell auch durch staatliche Instanzen — als auch Instrumente zur Durchsetzung der Planziele. Die Wirksamkeit des Ps. zur Unterstützung der Planerfüllung hängt von seiner Übereinstimmung mit den jeweiligen Planzielen und den angewendeten Methoden des Planungssystems ab (Planung).

 

Unter den Bedingungen einer Zentralplanwirtschaft würden dann ökonomisch optimale Planpreise innerhalb einer Planperiode vorliegen, wenn diese in Abhängigkeit von den für diese Periode aufgestellten Planzielen die relative Knappheit der betreffenden Güter zum Ausdruck brächten. Hier knüpft das von Novožilov und Kantorovič entwickelte „Modell der optimalen Planung“ mit den daraus abgeleiteten „Schattenpreisen“ an. Es versucht, auf der Grundlage staatlich festgesetzter Zielfunktionen einerseits sowie der gegebenen Ressourcen (Arbeitskräfte, Kapazitäten, Rohstoffe, Importmöglichkeiten) andererseits einen optimalen Plan auszuarbeiten und aus diesem dann durch entsprechende Matrixoperationen Preise zu ermitteln, die das Angebot an die vorgegebene Nachfrage angleichen. Auch unter Zuhilfenahme bestimmter mathematisch-statistischer Verfahren (z. B. Input-Output-Analyse und lineare Programmierung) ist es jedoch bisher weder in der DDR noch in anderen sozialistischen Staaten in Osteuropa gelungen, auch nur annähernd derartig optimale Preise zu bestimmen. Erschwerend kommt hinzu, daß sich die staatlich gesetzten Einzelziele im Zeitverlauf ständig ändern, so daß die Modelle laufend korrigiert werden müßten.

 

Da die Bildung solcher „Optimalpreise“ bisher noch weitgehend unmöglich erscheint, blieb als praktikable Lösung grundsätzlich lediglich die Schaffung von Preisen auf der Basis des volkswirtschaftlich erforderlichen Aufwands. Unabhängig davon, wie man dabei wesentliche Probleme löst, z.B. die Bestimmung des notwendigen Aufwands, die Bewertung der Knappheit der Produktionsfaktoren, die Gewinnzurechnung als Entgelt für die Leistung des Betriebes, die Reduzierung der betriebsindividuellen auf die als „gesellschaftlich notwendig“ von den zentralen Organen anerkannten Selbstkosten, es bleibt der Vorzug des Preises als Meßfunktion: Der gesamtwirtschaftlich erforderliche Aufwand wird zum Orientierungsmaßstab für Leistungen und für Zielentscheidungen. Da der sozialistische Staat jedoch seine z. T. politisch bestimmten Wirtschaftsziele nicht ausschließlich am notwendigen Aufwand messen will, ließ er nicht in jedem Falle die Berechnung aufwandsgleicher Preise zu, strebt sie aber grundsätzlich an. Hinzu kam, daß zur Erreichung von gebrauchswerterhöhenden Neuerungen seit Mitte der 70er Jahre bis Ende 1983 die Preisbildung für neue bzw. weiterentwickelte Produkte vornehmlich auch an der erreichten Gebrauchswerterhöhung orientiert wurde. Damit erweist sich als zentrales — im Grunde unlösbares — Problem die Bestimmung von Wertkategorien, die sowohl aufwandsgleich sind und gleichzeitig Qualitätsverbesserungen initiieren als auch den staatlichen Zielvorstellungen entsprechen.

 

Für die tatsächliche Preisfestsetzung bedeutet dies, daß sich Grundsätze der Preisbildung widersprechen [S. 1033]können. Zudem können die Preise, die zwangsläufig bei zentraler Preisfestsetzung für längere Zeit terminiert sind, durch Änderungen der Planziele laufend in Gegensatz zu ihrer Funktion als Instrument der Plandurchsetzung gelangen. So hatte man nach dem Krieg die Preise wichtiger Grundstoffe mit Hilfe von Subventionen weit unter den Selbstkosten festgelegt, um den Investitionsgüterbereich durch Unterbewertung der Vorprodukte zu begünstigen. Für Konsumgüter galten hingegen meist überhöhte Preise, um dadurch die Entwicklung des Konsums zugunsten der Investitionen zu hemmen. Damit standen die Preise jedoch bis zum Beginn der Industriepreisreform bewußt im Gegensatz zu dem grundsätzlich angestrebten Prinzip der Kostendeckung, was wiederum die Messung der Wirtschaftlichkeit alternativer Produktionen nahezu unmöglich machte.

 

Bei Konsumgütern ist ferner von Bedeutung, daß Preisdifferenzierungen aus sozialpolitischen Gründen durchgeführt werden mußten: So werden seit Jahren die Preise einer Reihe von Grundnahrungsmitteln (z. B. Brot, Kartoffeln, Fisch, Fleisch, Backwaren), aber auch von Kinderbekleidung und Dienstleistungen (z. B. Mieten, Verkehrstarife, Leistungen der Friseure und Wäschereien) durch staatliche Subventionen niedrig gehalten. Demgegenüber werden Erzeugnisse des gehobenen Bedarfs (z.B. Fernsehgeräte, Autos, Waschmaschinen, Kühlschränke) mit hohen Produktionsabgaben belastet. Den Preisen kommt in diesem Fall eine gewisse Verteilungsfunktion zu.

 

Als besondere Schwierigkeit erweist sich, daß bei unterbewerteten Produkten im Zeitverlauf die erforderlichen Preissubventionen in der Regel zunehmen. Ihr Abbau in besonders krassen Fällen würde aber wiederum kurzfristige Substitutionsprozesse auslösen, denen die dann bevorzugten Erzeugnisgruppen mangels zureichender Kapazitäten möglicherweise nicht gewachsen wären. Um solche Störungen sowie generell aus Preisänderungen resultierende Einflüsse zu vermeiden, tendieren Zentralplanwirtschaften zu einer Preisstarrheit, die über einen längeren Zeitraum hinweg wiederum nicht einmal die Übereinstimmung einiger wichtiger Preise mit bestimmten zentralen Zielvorstellungen gewährleisten kann. Z.B. mußten — ebenfalls seit Mitte der siebziger Jahre — zur Erreichung von Einsparungen bei den weltweit verteuerten Rohstoffen und der Energie auch die DDR-Inlandspreise für die verarbeitenden Bereiche stufenweise erhöht werden. Damit wurden aber die zur Planabrechnung verwendeten konstanten Planpreise fiktiv, das bedeutet, die tatsächlichen Wertrelationen gerieten in Widerspruch zur Funktion des Preises als Instrument der Planung und Planabrechnung: So konnten weder die Planpreise von 1975 (kPP75) — für die Jahre 1976 bis 1980 — die innerhalb dieser Planperiode auftretenden Veränderungen der Preisrelationen berücksichtigen, noch gelingt es gegenwärtig im Jahrfünft 1981 bis 1985 — mit den Planpreisen von 1980 (kPP80) — zureichend die erzielten Leistungen den Planwerten gegenüberzustellen. Dies bedingt, bei der Planabrechnung verschiedene Preisbasen nebeneinander anwenden zu müssen, die oft nur über grobe Umrechnungsschlüssel miteinander zu verbinden sind, was wiederum die Übersichtlichkeit der Planung stark beeinträchtigt.

 

Solange die Preise der einzelnen Güter weder als Maßstab des erforderlichen volkswirtschaftlichen Aufwands noch der Dringlichkeit des im Plan festgelegten Bedarfs angesehen werden können, ist eine auf annähernd optimale Leistungsfähigkeit ausgerichtete Planung unmöglich, weil ihr der Orientierungsmaßstab für den Grad der ökonomischen Effizienz der verschiedenartigen Leistungen fehlt.

 

Im Rahmen des Neuen Ökonomischen Systems (NÖS) und des Ökonomischen Systems des Sozialismus (ÖSS) versuchte man mit einer Reihe von aufeinanderfolgenden Schritten Verbesserungen des damaligen, recht widersprüchlichen Ps. in Richtung der Orientierung am volkswirtschaftlich erforderlichen Aufwand durchzusetzen. In der Folgezeit auftretende Schwierigkeiten bewirkten jedoch, daß man seit den siebziger Jahren wieder davon abwich.

 

II. Die Industriepreisreform

 

 

In mehreren Stufen wurden als wichtige Maßnahme im Rahmen des NÖS in den Jahren 1964–1967 in der DDR sämtliche Industriepreise auf der Basis der vorausgeschätzten Selbstkosten des Jahres 1967 neu festgelegt. Das Ziel dieser umfangreichen Preisreform war es, einen bedeutenden Teil der vordem erheblichen Preisverzerrungen zu beseitigen. Da das bis 1964 geltende Ps. — besonders für Vorleistungen und Materialien — zum großen Teil auf Preisen des Jahres 1944 basierte, spiegelte es die in der DDR bestehenden volkswirtschaftlichen Kosten- und Knappheitsverhältnisse nur erheblich verzerrt wider. Vor 1964 lagen die Preise wichtiger Grundstoffe beträchtlich unter den Herstellungskosten. Dies erforderte umfangreiche staatliche Subventionen. So wiesen beispielsweise die Preise für Rohstoffe wie Kohle, Gas, Elektroenergie, Holz, Eisen, Mauersteine und Dachziegel ein Niveau von nur 45–60 v.H. der effektiven Erzeugungskosten auf. Demgegenüber galten für Konsumgüter z. T. überhöhte Preise, weil die konsumnahen Bereiche hohe Steuern in Form der Produktionsabgaben zu tragen hatten.

 

Diese Preisverzerrungen bewirkten volkswirtschaftliche Fehlentwicklungen: Es traten Rohstoffverschwendungen auf — sowohl als Folge zu niedrig bewerteter Rohstoffe als auch wegen zu seltener Nutzung technisch günstigerer, aber häufig überbewerteter substitutiver Einsatzgüter. Die Sortiments[S. 1034]struktur der von den Betrieben erzeugten Fertigprodukte konzentrierte sich bei der vom Mengendenken beherrschten Planung z.T. auf Güter, deren volkswirtschaftlicher Aufwand die betrieblichen Kosten weit überstieg, weil der je Produkt ausgewiesene Gewinn kein echter Maßstab der betrieblichen Leistung sein konnte. Schließlich wurde der technische Fortschritt behindert, weil infolge der verzerrten Preise bei neuen Produktionsverfahren und Investitionsprojekten nicht die tatsächlich zu erwartende Wirtschaftlichkeit bestimmbar war; realisiert wurden daher z.T. Projekte mit vermeintlich hohem Nutzen, der sich bei kostengerechten Preisen als nur gering erwiesen hätte.

 

Der Industriepreisreform war eine Neuberechnung der viel zu niedrigen Abschreibungen vorausgegangen; sie entsprachen infolge einer uneinheitlichen Unterbewertung der Anlagegüter nicht dem Wert des tatsächlichen Verschleißes. Zu ihrer Neufestsetzung war deshalb eine Neubewertung des Brutto-Anlagevermögens (Grundmittelumbewertung) notwendig, die 1963 nach umfangreichen Vorarbeiten durchgeführt worden war.

 

Die Industriepreisreform wurde in den in der Tabelle dargestellten 3 Etappen durchgeführt.

 

 

Da ein wichtiges Merkmal der Industriepreisreform darin bestand, die Konsumgüterpreise unverändert zu lassen, mußten die Betriebe der verbrauchsnahen Branchen Kostensteigerungen ihrer Vorprodukte durch vermehrte Rationalisierungen bzw. Gewinneinbußen ausgleichen. Allerdings wurden vereinzelt auch Minderungen der Produktionsabgaben vorgenommen bzw. Subventionen eingeführt, wenn die eingetretenen Kostenerhöhungen die Betriebe zu stark belastet hätten. Somit wirkte sich die letzte Etappe der Industriepreisreform vor allem auf die Preise der Investitionsgüter aus, die sich durchschnittlich um 16 v.H. erhöhten. Bei den Ausrüstungen stiegen die Preise im Durchschnitt um 8 v.H., bei den Bauinvestitionen um 33 v.H. Allgemein nahmen die Baupreise um 26 v.H. zu.

 

Als positives Ergebnis der Preisreform läßt sich vermerken, daß die staatlichen Preissubventionen in verschiedenen Bereichen von vorher etwa 13,5 Mrd. Mark auf 7,5 Mrd. Mark reduziert werden konnten. Damit wurden auch wesentliche Preisdisproportionen zwischen den Erzeugnissen verschiedener Wirtschaftszweige z.T. bereinigt.

 

III. Ungelöste Probleme der Preisreform

 

 

Obwohl die Industriepreisreform merklich bessere Preisverhältnisse geschaffen hatte, wiesen auch die neuen Preise Mängel auf. Sie entsprachen dem volkswirtschaftlich notwendigen Aufwand noch immer nicht und berücksichtigten die in der DDR gegebenen Knappheitsverhältnisse nur unzureichend. Insbesondere zeigten sich folgende Mängel:

 

1. Der Preisreform hatte man die voraussichtlichen Kosten von 1967 zugrunde gelegt, die wiederum aufgrund vorausgeschätzter Durchschnittswerte für die Verarbeitungskosten sowie anhand globaler Umrechnungskoeffizienten für Rohstoffgruppen ermittelt worden waren. Dabei mußten zwangsläufig Schätzfehler auftreten.

 

[S. 1035]2. In den Industriepreisen waren zwar die Abschreibungen, nicht jedoch der Kapitalzins für Eigen- und Fremdmittel enthalten, so daß die Erzeugnisse kapitalintensiver Zweige generell unterbewertet waren. Ursache der Vernachlässigung des Kapitalzinses war die vor den Reformen praktizierte kostenfreie Zuweisung von Staatshaushaltsmitteln für Investitionen.

 

3. Demgegenüber führte das Festhalten an den teilweise überhöhten Konsumgüterpreisen — trotz starker staatlicher Abschöpfungen — zu einer überhöhten Rentabilität entsprechender Konsumgüterproduktionen.

 

4. Da das Ps. grundsätzlich nur starre Preisrelationen kennt, erbrachten die im Zeitverlauf auftretenden Veränderungen der Kostenrelationen erneute Verzerrungen der Preisstruktur. So entsprachen beispielsweise die bei der Grundmittelumbewertung benutzten Wertmaßstäbe von 1962 schon 1968 — nach der Preisreform — nicht mehr den damaligen Wiederbeschaffungspreisen, so daß die Produktionsfondsabgabe auf eine nicht mehr einheitliche Bemessungsgrundlage bezogen und die Abschreibungen falsch ausgewiesen wurden.

 

5. Auch die neuen Preise stimulierten Neuentwicklungen nur unzureichend, da deren Produzenten nur den durchschnittlichen Kalkulationsgewinn erzielten, während sie bei älteren Erzeugnissen infolge von Kosteneinsparungen höhere Gewinne erreichen konnten.

 

6. Die mit der Industriepreisreform geschaffenen Preise berücksichtigten weder die in der DDR gegebenen Knappheitsrelationen der Produktionsfaktoren noch die Dringlichkeit der Nachfrage.

 

IV. Preispolitik in den Jahren 1968--1970

 

 

In den letzten Jahren der NÖS- bzw. der ÖSS-Periode wurde zur Beseitigung einiger der bereits erwähnten Preismängel eine Reihe von interessanten preispolitischen Maßnahmen realisiert:

 

a) Die Einführung des Fondsbezogenen Preises (GBl. II, 1968, S. 497): Mit diesem Preistyp sollte im Gegensatz zur bisherigen Preisbildung (sog. kostenbezogener Preistyp) auch der volkswirtschaftlich erforderliche Kapitalaufwand im Preis berücksichtigt werden, um damit die Zahlung der Produktionsfondsabgabe für kapitalintensive Betriebe zu ermöglichen. Bei diesem Preistyp wurde der Gewinnanteil ausschließlich als Prozentsatz (höchstens 18 v.H.) des notwendigen — und nicht des tatsächlichen — Kapitalaufwandes kalkuliert, der wiederum am Kapitaleinsatz der günstigsten Betriebe einer Erzeugnisgruppe bemessen war. Da der Preis somit nur den „optimalen“ Kapitaleinsatz sowie die „günstigste“ Höhe der Umlaufmittelbestände berücksichtigte, die Produktionsfondsabgabe aber auf den effektiven Kapitalaufwand bezogen war, konnte der Betrieb seinen Nettogewinn (Bruttogewinn minus Produktionsfondsabgabe) bei gegebenen Verarbeitungskosten nur durch Entscheidungen zur Verbesserung seiner Kapitalnutzung maximieren.

 

b) Die Schaffung von Preisdynamisierungsmaßnahmen (GBl. II, 1968, S. 497): Ausgelöst durch im Zeitverlauf auftretende Kostenminderungen sollte beim Industriepreisregelsystem eine Überschreitung der festgelegten Obergrenze des fondsbezogenen Gewinns automatisch Preissenkungen auslösen, bis die vorbestimmte Gewinnuntergrenze erreicht war. Den Generaldirektoren der VVB oblag die Feststellung, inwieweit sich die Rentabilität der jeweiligen Erzeugnisgruppe an den Höchstgewinn annäherte; bei Überschreiten desselben sollten sie Preisherabsetzungen für Einzelerzeugnisse bzw. Erzeugnisgruppen vorschlagen oder selbst durchführen. Preissenkungen sollten jedoch ausgeschlossen sein, wenn die dann eintretenden Nachfrageerhöhungen bei bestehenden Kapazitäten nicht hätten befriedigt werden können oder wenn verfälschte Preisrelationen für Substitutionsgüter entstanden wären.

 

Um zu erreichen, daß die Betriebe auch tatsächlich an Kosten- und Preisminderungen interessiert waren, durften sie — gemäß den für 1969 und 1970 geltenden Bestimmungen — die aufgrund von Preisreduktionen eintretenden Gewinneinbußen voll von der an den Staat zu zahlenden Nettogewinnabführung abziehen.

 

Zur Förderung der Entwicklung neuer sowie der Ausschaltung veralteter Güter wurde weiterhin eine Preisdegression für neu- und weiterentwickelte Erzeugnisse eingeführt, die bei zunächst erhöhtem Gewinn und danach folgenden kontinuierlichen Preis- und Gewinnminderungen dem Hersteller ei[S. 1036]nes Gutes schließlich dann Verluste bringen sollte, wenn das Produkt nicht mehr dem allgemeinen technischen Niveau entsprach.

 

 

An der Festlegung sowohl des Ausgangspreises als auch an der Preisdegression waren neben dem Hersteller und den Abnehmern vor allem die zuständigen Preiskontrollorgane beteiligt (z. B. Amt für Preise beim Ministerrat, Industrieministerium, VVB). Die Preisdegression sollte sich nach der voraussichtlichen „ökonomischen Lebensdauer“ des Erzeugnisses, also der Periode richten, in der das Produkt dem in der DDR erreichten durchschnittlichen technischen Niveau entsprach. Dabei war vorgesehen, eine stärkere Preisdegression im Zeitverlauf festzulegen, als Kosteneinsparungen zu erwarten waren, um beim Produzenten einen wirksamen Druck auf die Kosten auszulösen. Nach Ablauf der „ökonomischen Lebensdauer“ des Erzeugnisses sollte sein Hersteller durch Verluste zur Produktionseinstellung des nunmehr „veralteten“ Produktes veranlaßt werden.

 

c) Die Einführung differenzierter Preisformen: Um eine größere Beweglichkeit der Preisbildung zu erreichen, wurden neben den bis dahin fast ausschließlich geltenden Festpreisen auch Preisformen wie Höchstpreise und Vereinbarungspreise eingeführt (GBl. II, 1967, S. 153 sowie 1968, S. 971). Während Festpreise, die weder über- noch unterschritten werden durften und nur durch planmäßige Preisänderungen (z.B. Industriepreisregelsystem) verändert werden konnten, vor allem bei Erzeugnissen Anwendung fanden, die als Vorleistungen Niveau und Struktur der Kosten weiter Abnehmerkreise beeinflußten, wurden Höchstpreise für verschiedenartige Güter festgelegt. Diese Preisform war für alle Konsumgüter sowie für Erzeugnisse, die einer raschen technischen Entwicklung unterliegen, vorgesehen.

 

 

Mit den Höchstpreisen, die unter-, aber nicht überschritten werden durften, wurde den Betrieben ein gewisser eigenverantwortlicher Entscheidungsspielraum hinsichtlich Preissenkungen zur Erzielung von Absatzsteigerungen eingeräumt.

 

Unter Vereinbarungspreisen sind solche Preise zu verstehen, die ohne Bestätigung der Preisorgane auf der Grundlage der geltenden Kalkulationsrichtlinien, jedoch mit höherem bzw. niedrigerem als dem vorgesehenen kalkulatorischen Gewinnsatz frei zwischen Herstellern und Abnehmern (insbesondere für Einzelanfertigungen, Spezialmaschinen usw.) vereinbart werden durften.

 

d) Preisprognose und Preisplanung (GBl. III, 1968, S. 29): Ein wichtiges Problem der Planung zu konstanten Preisen besteht darin, daß bei auftretenden Preisänderungen die im Plan festgelegten Strukturentscheidungen überprüft und der neuen Preissituation angepaßt werden müssen. Zur Überwindung dieser Schwierigkeiten sollten Preisprognosen auf betrieblicher Ebene sowie eine gesamtwirtschaftliche Preisplanung dienen. Zu diesem Zweck wurden für den Fünfjahrplanzeitraum 1971–1975 probeweise unter Leitung des Amtes für Preise in einigen zentralgeleiteten Betrieben entsprechende Planinformationen erarbeitet. Es war dabei die 1969 bestehende Kostenstruktur zu ermitteln sowie die für den Zeitraum 1971–1975 zu erwartende Entwicklung der Selbstkosten, des Brutto-Anlagevermögens und der Umlaufmittel einzuschätzen. Die ermittelten Daten wurden in ein zentrales, 1150 Erzeugnisgruppen umfassendes Preisverflechtungsmodell übertragen. Unter Berücksichtigung zentraler Entscheidungen (z.B. über Außenhandel, Strukturänderungen, Lohnerhöhungen) sollten dann aus dem dynamisierten Preisverflechtungsmodell Preisänderungskoeffizienten für die einzelnen Erzeugnisgruppen erarbeitet werden, die dann eine der Grundlagen für die Fünfjahrplanentwürfe bilden sollten.

 

Während bis 1970 tatsächlich für rd. ein Drittel der industriellen Warenproduktion fondsbezogene Preise eingeführt worden waren, zeigte sich bei den Preisdynamisierungsinstrumenten als deutliche Schwäche, daß statt der angestrebten Preisminderungen faktisch Preiserhöhungen eintraten. Dies dürfte seine Ursache darin haben, daß leistungsfähige Betriebe bis dahin keinen genügenden Anreiz zu Preissenkungen hatten: Eine formale Kostenverrechnung im bisher üblichen Umfang war für sie auch im Falle echter Kosteneinsparungen günstiger als die Erhöhung des Nettogewinns, weil auf diese Weise unauffällig Leistungen für Investitionen finanziert werden konnten, ohne den Weg über die betriebliche Fondsbildung nehmen zu müssen; denn vom Nettogewinn blieb ihnen nach Abzug der Nettogewinnabführung (Gewinn) sowie der zweckgebundenen Fonds nur ein kleiner Teil zur Verwirklichung eigener Investitionsvorhaben übrig. Bei [S. 1037]der Preisdegression für neue Güter konnten die Betriebe auf Kostensteigerungen von Vorleistungen verweisen, die die eigenen Einsparungen infolge von Produktivitätsfortschritten übertrafen; sie konnten aber auch durch erneute Produktveränderungen versuchen, die Produktion der bisherigen Erzeugnisse auslaufen zu lassen, bevor sie überhaupt in den Bereich stärkerer Preisdegression gelangten.

 

Auch die Preisplanung verlief nicht erwartungsgemäß. Offensichtlich gab es bei der praktischen Anwendung des Preisverflechtungsmodells erhebliche Schwierigkeiten: Die Betriebe konnten nicht mit ausreichender Genauigkeit künftige Entwicklungen der Kosten und Preise prognostizieren; häufig wurde mangels entsprechender Daten lediglich von einer Extrapolation der bisher beobachteten Entwicklungen ausgegangen; schließlich waren weder die zentralen Planungsorgane noch die Betriebe — mangels entsprechender Erfahrungen — in der Lage, künftige Bedarfsentwicklungen für wichtige Konsumgüter vorauszusagen.

 

V. Preispolitik in den Jahren 1971--1975

 

 

Die Rezentralisierung des Wirtschaftssystems von Ende 1970 wirkte sich besonders ungünstig auf das Ps. aus. Gerade als dieses begann, aktives Instrument der Planung zu werden, indem es stimulierend auf Kostensenkungen und eine bessere Nutzung des technischen Fortschritts hinwirken sollte, wurde das NÖS- bzw. ÖSS-Modell abgebrochen. Angesichts der geschilderten Unzulänglichkeiten ist das Industriepreisregelsystem sowie die Preisdegression bei neuen und weiterentwickelten Erzeugnissen aufgehoben und die weitere Einführung fondsbezogener Preise ausgesetzt worden (GBl. II, 1972, S. 761). Ohne nachhaltige Kostenminderungen sah man keine Möglichkeit, für kapitalintensive Produktionen — bei Vermeidung von Preisheraufsetzungen — zu fondsbezogenen Preisen zu gelangen. Besonders ungünstig wirkte der generelle Preisstopp für alle 1971 produzierten Güter (GBl. II, 1971, S. 669 ff. und S. 674 ff.). Er war ursprünglich bis zum Jahre 1975 begrenzt, wurde dann aber verlängert, bei Ausnahme jener Erzeugnisse, für die planmäßig Preiskorrekturen vorgesehen waren. Damit wurden die Preise wieder passives Systemelement, das kaum effizienzsteigernde Impulse auszulösen vermochte. Mit dem Preisstopp ergaben sich für kapitalintensive Produktionen Finanzierungsprobleme, soweit für sie noch keine fondsbezogenen Preise galten: Die Betriebe der betroffenen Branchen waren gar nicht in der Lage, die Produktionsfondsabgabe in Höhe von 6 v.H. des Anlagevermögens und der Umlaufmittel zu bezahlen, ohne z.T. beträchtliche Einbußen bei ihrer Fondsbildung hinnehmen zu müssen. Dem ist offenbar durch Minderungen der Nettogewinnabführung bzw. durch Subventionen begegnet worden.

 

Da bei einem Preisstopp die Preisfestsetzung für neue oder weiterentwickelte Produkte zum Problem wurde, haben die zentralen Wirtschaftsorgane ein umständliches und äußerst bürokratisches Preisantrags- und Preisbestätigungsverfahren entwickelt (GBl. II, 1972, S. 257 ff.) sowie die dafür erforderliche einheitliche Kalkulationsrichtlinie (GBl. II, 1972, S. 741 ff.) in Kraft gesetzt. Gleichzeitig wurde die Vielzahl stark differenzierter früherer Preisverordnungen aufgehoben (GBl. I, 1973, S. 9 ff.). Die neuen Bestimmungen verlangten einen exakten Kostennachweis und die Einhaltung vorgegebener Normative für Verarbeitungs- und Gemeinkosten.

 

Das Preisantrags- und -bestätigungsverfahren wurde wie folgt gehandhabt:

 

a) Preise für neue oder verbesserte Konsumgüter mußten nach eingehender Kontrolle der Preis- und Kostenkalkulation von zentralen Organen (z.B. durch das Amt für Preise, dem ein Zentraler Preisbeirat beigeordnet ist) bestätigt werden. Ausgangspunkt des komplizierten Preisbestätigungsverfahrens war ein vom Betrieb zu stellender Preisantrag, der neben Angaben über Produktionsvolumen und dem zu erwartenden Bedarf sowohl die nach den geltenden Kalkulationsvorschriften ermittelten Kosten als auch einen mit den Hauptabnehmern abgestimmten Preisvorschlag enthalten sollte. Dieser ging nacheinander den wirtschaftsleitenden Organen der Industrie, des Handels, die ihrerseits durch einzelne Preisbeiräte unterstützt wurden, und dann dem Ministerium für Handel und Versorgung sowie schließlich — bei wichtigen Erzeugnissen — dem Amt für Preise bzw. dem Ministerrat zu. Alle Instanzen hatten eine eingehende Prüfung und Stellungnahme sowie dem jeweils übergeordneten Organ einen Preisvorschlag zu unterbreiten, bis schließlich von der letzten Instanz die endgültige Preisentscheidung von Waren in einem schon bestehenden Preiskatalog ähnlicher Güter getroffen wurde. Lediglich bei der Preiseinstufung endete der Prozeß bereits beim wirtschaftsleitenden Organ des Handels (z. B. Zentrales Warenkontor; Binnenhandel, III. A.), sofern der Betrieb anhand von Preisberechnungsvorschriften nicht selbst einstufen durfte.

 

b) Bei den Industriepreisen verlief das Verfahren der Preisbestätigung im Prinzip genauso, nur standen in der Mitte der Kette der zentralen Prüfungsinstanzen statt der Organe des Handels und des Ministeriums für Handel und Versorgung die jeweils zuständigen Fachministerien, die durch Arbeitskreise bzw. zeitweilige Expertenkommissionen unterstützt wurden. Die Preiseinstufung erfolgte auch hier durch das Preiskoordinierungsorgan der Industrie bzw. die Betriebe selbst. Bei neuen Produkten wurde grundsätzlich für 3 Jahre ein höherer Gewinnzuschlag zugestanden, jedoch durften sie nur um weniger verteuert werden, als ihrer Qualitätsverbesserung zum bisherigen Erzeugnis entsprach. Zur [S. 1038]Stimulierung besserer Qualitäten wurden bei Produkten mit dem amtlichen Gütezeichen „Q“ oder „1“ Preiszuschläge gewährt. Um aber grundsätzlich auf möglichst niedrige Preise hinzuwirken, wurden für Neuentwicklungen bereits im Entwicklungsstadium unter Mitwirkung der Hauptabnehmer und Zulieferer Preislimite festgelegt. Bei ganzen Investitionsprojekten durften Auftraggeber sowie General- und Hauptauftragnehmer entsprechend der geltenden Kalkulations- und Kostenregelungen im Rahmen verbindlicher Angebote Vereinbarungspreise bilden. Dabei durfte der Auftraggeber Einsicht in die Berechnungsunterlagen der Anbieter nehmen.

 

 

Damit folgte die Preisbildung für Neuerungen dem in dem Schema dargestellten Prinzip: Entscheidend waren einerseits ein auf 3 Jahre begrenzter, sich vermindernder Gewinnzuschlag und der Verzicht auf eine darüber hinausgehende, im voraus festgelegte Preisdegression. Ferner bestimmte die Kalkulationsrichtlinie, daß im Fall erheblicher Kostensenkungen durch Rationalisierungen — zur Vermeidung von ungerechtfertigten Übergewinnen — auf Antrag (z.B. der Industrieminister bzw. anderer wirtschaftsleitender Organe) eine Herabsetzung des Betriebspreises durch das Amt für Preise durchgesetzt werden konnte.

 

Für die Hersteller bedeutete dies, daß ein Festhalten an veralteten Erzeugnissen unerwünschte Preisreduktionen bewirken konnte. Für tatsächliche Neuerungen war der Anreiz aber ebenfalls noch immer zu gering, da ein erheblicher Teil des ohnehin nur relativ kleinen Zusatzgewinns an den Staatshaushalt abzuführen und der Rest genau vorgeschriebenen Zwecken (Fonds) zuzuführen war. Deshalb hatten leistungsfähige Betriebe auch kein Interesse an der Aufdeckung ihrer Reserven, denn angesichts des komplizierten Verfahrens der Preisbestätigung für neue oder verbesserte Produkte gelang ihnen vielfach die Durchsetzung von Preisvorteilen auf dem Wege des bloßen Produktwandels, d.h. ohne tatsächliche Verbesserung des Erzeugnisses.

 

Insgesamt nahmen mit dem Wegfall wichtiger Preisbildungskonzeptionen des NÖS und dem 1971 verhängten Preisstopp die Preisverzerrungen wieder zu. Denn nunmehr galten 3 Gruppen von Preisen nebeneinander: Für einen großen Teil der Erzeugnisse wurden noch die mit der Industriepreisreform geschaffenen Preise angewandt, bei einer Gruppe von Produkten bestanden fondsbezogene Preise, und für eine weitere Gruppe neuer oder weiterentwickelter Güter wurden neue — in der Regel allerdings nicht fondsbezogene — Preise angewandt.

 

Wegen dieser Uneinheitlichkeit der Preise hatten die einst mit der Industriepreisreform verminderten Preismängel wieder deutlich zugenommen: Bei formal konstanten Preisen blieben die infolge laufend auftretender Kosten- und Aufwandsveränderungen entstehenden Verschiebungen der Wert-Relationen zwischen den Gütern verborgen. Auch inflationäre Erscheinungen wurden verdeckt, da Preiserhöhungen vermittels Produktwandels auftraten, indem billige Erzeugnisse aufgegeben und durch neue — im Preis überhöhte — Produkte ersetzt wurden. Eine wirtschaftlich sinnvolle — d.h. wenigstens annähernd kostengerechte — Leistungsbewertung war daher kaum noch möglich. Dies wiederum erwies sich als Störfaktor der Planung, da die bestehenden Preise volkswirtschaftliche Verlustproduktionen induzierten und notwendige Innovationsprozesse behindern oder in falsche Richtungen lenken konnten. Hinzu kam, daß es den Preisbildungsorganen nicht gelang, die Preise für neuentwickelte oder verbesserte Erzeugnisse mit den divergierenden Preisen der bisherigen Warensortimente in Einklang zu bringen.

 

Das Amt für Preise war trotz seiner umfangreichen Kompetenzen schon wegen der übermäßigen Verwaltungsarbeit überfordert, die Prinzipien der Preisfestsetzung konsequent durchzusetzen.

 

VI. Preispolitik in den Jahren 1976--1979

 

 

A. Preisänderungen aufgrund verteuerter Inputs

 

 

Zusätzlich zu den geschilderten Preisverzerrungen im Inland kam extern ein entscheidendes neues Problem hinzu: die weltweiten Energiepreissteigerungen. Obwohl zwischen Binnen- und Außenpreisen in der DDR grundsätzlich keine Verbindung besteht, mußte die Wirtschaftsführung der DDR entscheiden, ob und wie sie die z.T. erhebliche Verteuerung der Rohstoffimporte sowie die Ver[S. 1039]schlechterung der geologischen Bedingungen der heimischen Braunkohle bei den Binnenpreisen berücksichtigen sollte. Eine bloße Subventionierung ohne Preiserhöhung kam nicht in Frage, da aus einem derartigen Verfahren keine Impulse zu Materialeinsparungen erwachsen wären, die zentralen Planinstanzen der DDR aber zwei Drittel des für den Produktionszuwachs bis 1980 erforderlichen Energiebedarfs über Einsparungen zu realisieren hofften. Aber auch eine sofort in Kraft tretende Veränderung aller Preise von Halb- und Fertigerzeugnissen der Rohstoffverwender in der Industrie (soweit nicht Konsumgüter) war nicht möglich, da sonst das — ohnehin gestörte — Preisgefüge vollends durcheinandergekommen wäre und bereits im ersten Jahr der Fünfjahrplanperiode 1976–1980 der Jahresplan 1976 auf einer wesentlich anderen Preisgrundlage hätte aufgebaut werden müssen als der Fünfjahrplan. Deshalb entschied sich die Wirtschaftsführung für schrittweise Preisveränderungen: Seit 1. 1. 1976 wurden höhere Preise für Rohstoffe und rohstoffintensive Erzeugnisse (z.B. Erdöl, Elektroenergie, Gas, Wärme, Brennstoffe, Baustoffe) festgelegt (GBl. I, 1975, S. 369 ff.) sowie seit 1. 1. 1977 neue Preise für Halbfabrikate, Ersatzteile und einige Fertigprodukte (z.B. metallurgische und chemische Produkte, Holz, Glas, Wolle, Baumaterialien, Maschinenbauerzeugnisse) bestimmt (GBl. I, 1976, S. 264 ff.). Der Umfang der Verteuerungen ist nur für einige wenige Erzeugnisse bekannt geworden: Elektroenergie 33 bis 66 v.H., Erdgas 200 v.H., Heizöl 155 v.H., Braunkohle 50 v.H. sowie Dampf 45 bis 66 v.H.

 

Am 1. 1. 1978 erfolgten weitere Preiskorrekturen (z.B. für chemische Spezialerzeugnisse, Pharmazeutika, Farben, Garne, Spinnstoffe, Lederprodukte, Kunststofferzeugnisse, Geräte, Ersatzteile sowie eine Reihe von Maschinen und Ausrüstungen) (vgl. GBl. I, 1977, S. 153 f.). Seit 1. 1. 1979 traten neue Preise für Neubau- und Montageleistungen, Wohnraumtextilien, Konfektionserzeugnisse, Textilien, Wirk- und Strickwaren, für Kunstleder- und Lederwaren, Schuhe, Tonwaren, für Holzkohle und Holzteer, Hopfen, Hopfenprodukte sowie für bestimmte Maschinen und Ausrüstungen (vgl. GBl. I, 1978, S. 182 f.) in Kraft.

 

Wegen der politischen Entscheidung, die Preise für Konsumgüter nach wie vor konstant zu halten, waren die neuen Preise nur für die Verwender in der Industrie wirksam. Die entstandenen Kostensteigerungen wurden bei den Herstellern von Konsumgütern sowie von solchen Produkten, für die bestimmte Substitutionsbeziehungen angestrebt waren, über staatliche Preisstützungen bzw. Änderungen der produktgebundenen Abgaben ausgeglichen.

 

Bei industriellen Abnehmern wurden Verteuerungen u.a. durch Minderungen der Nettogewinnabführung sowie durch Produktivitätsanstrengungen der Betriebe abgefangen (GBl. I, 1975, S. 419 ff., S. 422 ff. und S. 424 ff. sowie 1976, S. 373 f. und 1978, S. 54 ff.). Damit entstanden neue Probleme: die zusätzliche Belastung des Staatshaushaltes, ein erheblicher Verwaltungsaufwand und die Schwierigkeiten eines doppelten Preisniveaus, indem gleiche Erzeugnisse für Konsumenten billiger blieben als für andere Verwender. Schließlich trat das Problem auf, diese Preisrevisionen auch in Zukunft wegen der inzwischen weiter gestiegenen Importpreise für Energierohstoffe weiterführen zu müssen.

 

B. Preisbildung für Neuerungen (Preis-Leistungs-Verhältnis)

 

 

Da auch mit den neuen Rohstoffpreisen zunächst noch keine ausreichenden Materialeinsparungen erreichbar waren und die Betriebe nach wie vor die Produktion veralteter Erzeugnisse Neuerungen vorzogen, wurden Mitte 1976 kurzfristig zusätzliche Neuregelungen (GBl. I, 1976, S. 317 ff.) durchgesetzt: Danach durfte der Betrieb den Betriebspreis bei Kosteneinsparungen bis zum Jahre 1980 konstant halten; das bedeutete, daß Materialeinsparungen die Planabrechnung nicht mehr negativ beeinflußten, sondern durch Gewinnvorteile belohnt wurden. Für neue bzw. weiterentwickelte Erzeugnisse wurden seitdem Preise nach dem Preis-Leistungs-Verhältnis gebildet, d.h. in Relation zur Gebrauchswertverbesserung gegenüber Vergleichserzeugnissen. Da mit dieser Regelung die rein kostenmäßige Preisbildung verlassen wurde, mußte die Kalkula[S. 1040]tionsrichtlinie von 1972 aufgegeben und durch eine neue ersetzt werden (GBl. I, 1976, S. 321 ff.). Diese Kalkulationsrichtlinie gewährte dem Hersteller einen größeren Anteil an der Nutzensteigerung des neuen Erzeugnisses (70 v.H.) als dem Verwender (30 v.H.). Für den Hersteller erhöhte sich der Gewinn, für den Anwender ergab sich — bezogen auf den Gesamtnutzen des Produktes — eine Verbilligung.

 

Gegenüber der bisherigen Preisfestlegung war der Zusatzgewinn für den Hersteller nicht nur höher, er wurde auch für 2 Jahre in voller Höhe und erst in den folgenden 3 Jahren — also langsamer — abgebaut. Ferner war festgelegt, daß Kostensenkungen bis zum Jahre 1980 keinerlei Preisreduktionen mehr zur Folge hatten.

 

 

Als Vorteil des neuen Verfahrens erhofften sich die Planungsorgane der DDR einerseits Erleichterungen bei den ihnen im Rahmen der Preisantrags- und Preisbestätigungsverfahren zufallenden Kontrollaufgaben. Statt einer eingehenden Überprüfung der Kosten glaubten sie den neuen Preis schneller und einfacher direkt aus dem bisher bereits anerkannten Aufwand je Leistungseinheit von Vergleichserzeugnissen ableiten zu können. Andererseits gelang eine bessere Einordnung der neuen Güter in bestehende Sortimente, da die Preise in Relation zu vergleichbaren Erzeugnissen gebildet wurden.

 

Die neuen Regelungen stellten indessen nur einen kleinen Schritt in Richtung auf die gewünschten Verbesserungen dar, und zwar aus drei Gründen:

 

1. Der Anreiz der Betriebe zu Neuentwicklungen war bei den gegebenen Vorschriften der Gewinnverwendung relativ gering; 2. häufig fehlten objektive Maßstäbe zur Messung der Gebrauchseigenschaften neuer Güter, d.h. aber, die Betriebe versuchten alle positiven Eigenschaften ihrer Erzeugnisse herauszustellen bei gleichzeitiger Vernachlässigung der Nachteile. Die zentralen Organe standen damit vor der Aufgabe, statt der bisher undurchführbaren Kontrolle der Kosten die genauso schwierige Messung der Gebrauchswerte durchführen zu müssen. 3. Mit den neuen Preisen wurden die Preisverzerrungen keineswegs aufgehoben, sondern neue Güter besser in bestehende Sortimente eingefügt.

 

Hinzu kam, daß neben die bereits erläuterten und nebeneinander stehenden drei Gruppen von Preisen noch eine vierte trat: Preise, die nach dem Preis-Leistungs-Verhältnis gebildet sind.

 

Zur Durchsetzung der Preisantragspflicht für neue Erzeugnisse (Produktionsmittel und Konsumgüter) sind 1978 einheitliche Preisantragsverfahren entwickelt, entsprechende Formblätter geschaffen, Antragstermine (Zeit vor Aufnahme der Produktion) bestimmt und Ordnungsstrafen bei Verletzung der Antragspflicht in Höhe von 10 bis 1000 Mark festgelegt worden (GBl. I, 1978, S. 44 ff. sowie SDr. Nr. 941/1978).

 

VII. Preispolitik seit 1980

 

 

A. Neuorientierung bei den Konsumgüterpreisen

 

 

Während andere sozialistische Staaten Verteuerungen von Energie und Rohstoffen zumindest teilweise auch auf die Verbrauchsgüterpreise durchschlagen ließen, hatte die DDR die eingetretenen Kostenerhöhungen bei der Konsumgüterherstellung zunächst noch durch zusätzliche Preisstützungen und Subventionen abgefangen. Dies führte allerdings zu stark zunehmenden Belastungen des Staatshaushaltes. Im Dezember 1979 entschloß sich die Wirtschaftsführung der DDR deshalb zu einem neuen preispolitischen Grundsatz (vgl. ND 14. 12. 1979, S. 5): „Unsere Preispolitik wird die Stützungen für die Waren des Grundbedarfs, für Dienstleistungen und Mieten weiter ansteigen lassen. Bei den neuen hochwertigen Industriewaren muß der Preis (aber) die Kosten decken und einen normalen Ertrag einschließen.“

 

Das bedeutet, daß man die Preise bei Gütern des Grundbedarfs zwar unangetastet ließ, dafür aber den Weg für nunmehr auch offene Preissteigerungen — neben den bisher üblichen versteckten Preiserhöhungen über Produktwandel — geebnet hat, und zwar im Falle verteuerter Inputs. Wenig später wurden die Vorschriften zum bisherigen Preisstopp aufgehoben (GBl. I, 1980, S. 66).

 

Für die Bevölkerung ist es nunmehr, abgesehen von völlig unveränderten Produkten, schwierig, den genauen Umfang der Verteuerungen erkennen zu können. Denn gleichzeitig mit echten (und scheinbaren) Gebrauchswertverbesserungen werden bei neuen bzw. verbesserten Produkten auch die eingetretenen Kostensteigerungen — zumindest teilweise — verrechnet. Damit dürfte sich das Preisniveau der Güter mit einem Hauch von Luxus immer stärker von dem der einfachen Güter abheben.

 

B. Beschleunigung der planmäßigen Preisänderungen

 

 

Da die Preiskorrekturen hinter den Inputverteuerungen zurückblieben, mußten zum 1. 1. 1980 erneute Preisänderungen für einen großen Teil jener Rohstoffe und Materialien beschlossen werden, die bereits 1976 geändert worden waren. Aber auch diese neuen Preise dürften allenfalls an der Kostensituation zu Anfang 1979 orientiert und deshalb bei Einführung bereits überholt gewesen sein. Um zumindest weitere zeitliche Verzögerungen für die nachfolgenden Stufen zu vermindern, hat man neben wichtigen Roh- und Brennstoffen sowie Baumaterialien auch die Preise für Neubau- und Montageleistungen, für Baureparaturen, für Investitionen sowie für eine Reihe von Maschinenbauerzeugnissen, Ersatzteilen und Instandsetzungen an Ausrüstungen korrigiert (GBl. I, 1979, S. 120 ff.; S. 131 ff.; S. 165 f.; S. 167; S. 172 ff.; S. 176 f. und S. 191 f.). Mit Wirkung vom 1. 5. 1980 wurde die Preisbildung [S. 1041]für die Erzeugnisse der „1000 kleinen Dinge“ neu geregelt (GBl. I, S. 99 ff.), seit 20. 9. 1980 traten neue Preise für den individuellen Innenausbau in Kraft (GBl. I, S. 231–233). Vermehrt wurden also auch Konsumgüter von den planmäßigen Preisänderungen betroffen.

 

Am 1. 1. 1981 traten für eine außerordentliche Fülle von Gütern (Grundstoffe, Halbfabrikate und Fertigerzeugnisse) neue Preise in Kraft. Ihre Aufzählung reicht von Erdöl, Elektroenergie, Gas, Wärmeenergie und festen Brennstoffen bis hin zu Verpackungsmaterialien, Brot und Kleingebäck, Jagd- und Sportmunition sowie Weihnachtsbaumschmuck (GBl. I, 1980, S. 185 ff. sowie SDr. Nr. 1038–1053).

 

Am 1. 1. 1982 folgten neue Preise für Erdöl, Elektroenergie, feste Brennstoffe, Torf, Erzeugnisse der anorganischen und der organischen Grundchemie, Kunststoffe, Produkte der Fotochemie, Wälzlager und Normteile, Felle und Häute, Neubauleistungen, Leistungen des Bauhandwerkes sowie Produkte des Schwermaschinenbaus und der polygraphischen Industrie und Raumheizer (einschl. Ersatzteile) (GBl. I, 1981, S. 146 ff. und S. 448 sowie SDr. Nr. 1060 sowie 1062–1070). Daneben wurden neue Preise für Nutzfahrzeuge und Schienenfahrzeuge sowie für Transportleistungen festgelegt. Im Konsumgüterbereich wurden Preisänderungen wirksam für Federn, Milch, Erfrischungsgetränke (ohne und mit Alkohol), Stärke, Zucker, Fleisch, Fisch und Tabak.

 

Mit Wirkung vom 1. 1. 1983 wurden erneute Preisanhebungen für eine ganze Reihe von Erzeugnissen festgesetzt: Grundstoffe (feste Brennstoffe, Schnittholz, Schafwolle) und Materialien (Kunststoffe, synthetischer Kautschuk, Produkte der anorganischen und organischen Grundchemie, Agrochemikalien, Farben und Druckfarben, feuerfestes und optisches Glas) sowie zahlreiche Halbprodukte und Ersatzteile. Daneben waren eine Fülle von Fertigerzeugnissen betroffen (GBl. I, 1982, S. 419 sowie S. 435–439; SDr. Nr. 1081–1084 sowie 1086 und 1087).

 

Seit 1. 1. 1984 wurden die Preise für Energie und Brennstoffe sowie für bestimmte Rohstoffe (z.B. Zellstoff, Wolle) erneut angehoben. Daneben sind aber auch die Preise für Sekundärrohstoffe und für viele Halbprodukte (z.B. metallische Produkte, Garne, Fasern, Halbleiterelemente) verändert worden (GBl. I, 1983, S. 171 ff., S. 175, S. 178 ff. und S. 189 ff.; SDr. Nr. 1129–1133). Zudem wurden die Industriepreise im Zuge der Agrarpreisreform seit Anfang 1984 auch für die Landwirtschaft voll wirksam, Subventionen entfielen.

 

Auffällig ist bei diesen neuen Preisrevisionen nicht nur, daß von ihnen alle Produktionsstufen betroffen sind, sondern auch das Bemühen, gerade solche Produkte zu verteuern, bei denen importierte Inputs direkt oder indirekt eine große Rolle spielen. In der jetzigen Periode höchster Anstrengungen zur Einsparung von Rohstoffen, Materialien und Energie sollen auch die Preise diese Bemühungen unterstützen. Zugleich wird versucht, gewünschte Substitutionsbeziehungen über den Preis zu erreichen: Behinderung material- und insbesondere importintensiver Produktionen zugunsten der Förderung veredelungsintensiver (möglichst auf Basis heimischer Vorleistungen erzielbarer) Produkte.

 

C. Preis-Leistungs-Verhältnis und Intensivierung

 

 

Seit 1978 wurde zunächst versucht, Betriebe und Kombinate bei Neuerungen sowohl zu Vergleichen mit dem Weltmarkt als auch zu exaktem Nachweis der Kosten zu verpflichten (GBl. I, 1978, S. 336 ff.). Wegen des erheblichen Verwaltungsaufwands entschloß man sich jedoch mit Wirkung von Jahresanfang 1980 wieder zu Erleichterungen (GBl. I, 1979, S. 119 f.). Damit wurden Weltstandsvergleiche auf Güter mit einem 10 v.H. übersteigenden Exportanteil sowie auf wichtige Neuerungen beschränkt. Hier sollte den Preisen eine gewisse Exportförderungsfunktion zukommen.

 

Die wissenschaftliche Diskussion in der DDR argumentierte auf der einen Seite, daß zur besseren Durchsetzung von Intensivierungsaufgaben (z.B. Materialeinsparungen, Beschleunigung des technischen Fortschritts) Preise benötigt werden, die nicht nur am volkswirtschaftlich notwendigen Aufwand orientiert sind, sondern durch den Gebrauchswert auch an qualitativen Faktoren. Ordnet man neue Erzeugnisse entsprechend der in ihnen gegenüber bisherigen Produkten enthaltenen Gebrauchswertverbesserung (bei Gewährung eines Nutzenvorteils an den Verwender) in das gegebene Preisniveau ein, so wird der Gebrauchswert zum Maßstab des maximal vertretbaren volkswirtschaftlichen Aufwandes. Da Produkte, die mehr kosten als ihrem Gebrauchswert entspricht, nicht erzeugt werden sollen und dürfen, erhoffte man über Neuerungen laufende Aufwandsminimierungen (= Kosteneinsparungen je Leistungseinheit). Hierbei blieb allerdings außer acht, daß über den Gebrauchswert eine derartige Auswahl nur gelänge, wenn sowohl der Gebrauchswert als auch der tatsächliche Aufwand richtig bemessen werden könnten.

 

DDR-Theoretiker kritisierten auf der anderen Seite, daß beim Preis-Leistungs-Verhältnis mit der vorrangigen Orientierung am Gebrauchswert die Berücksichtigung des volkswirtschaftlich erforderlichen Aufwands vernachlässigt würde. Deshalb schlagen sich vom Betrieb bzw. Kombinat erzielbare Kostenminderungen nicht im Preis nieder; bei gleichem Aufwand erreichbare Gebrauchswertverbesserungen führten sogar zu Preisheraufsetzungen. Dieser als Anreiz zu Neuentwicklungen und Kosteneinsparungen zunächst zwar erwünschte Prozeß bewirke in den folgenden Perioden jedoch keine aus[S. 1042]reichende Weitergabe der Aufwandseinsparungen an die Verwender. Es wurde deshalb — neben die Preise nach dem Preis-Leistungs-Verhältnis — die Einführung von Berechnungspreisen vorgeschlagen. In ihnen werden die Kostenminderungen und nur ein „normaler Gewinn“ berücksichtigt. Dies würde allerdings einen hohen Verwaltungsaufwand bedingen, da zur Leistungsabrechnung zwei Preise — noch dazu in Verknüpfung — herangezogen werden müßten. Außerdem wäre das Interesse der Betriebe an Kosteneinsparungen, die sie nach kurzer Zeit weitgehend wieder weitergeben müßten, recht gering.

 

Als problematisch erwies sich beim Preis-Leistungs-Verhältnis letztlich, daß objektive Maßstäbe zur Messung der Gebrauchseigenschaften neuer Erzeugnisse häufig fehlten, weshalb die Hersteller alle wirklichen und vermeintlichen positiven Merkmale überzubewerten und alle Nachteile hingegen zu verdecken suchten. Damit konnte das zur Durchsetzung der Intensivierung angestrebte Ziel, über das Preis-Leistungs-Verhältnis zu laufenden Kostenminderungen je Leistungseinheit zu gelangen, in der Praxis keinesfalls ausreichend verwirklicht werden. Das dürfte der entscheidende Grund dafür gewesen sein, daß man dieses Preisbildungsverfahren ohne große Erklärung Ende 1983 aufgab.

 

 

VIII. Die gegenwärtige Situation

 

 

A. Die heutigen Preisarten

 

 

Die heute gebräuchlichen Preisarten, die sich sowohl nach der Anzahl der Preiselemente als auch nach unterschiedlichen Funktionen unterscheiden, lassen sich durch das folgende Schaubild charakterisieren.

 

Im Gegensatz zu den bei Konsumgütern wirksamen Großhandels- oder Einzelhandels-Verkaufspreisen (EVP) gelten für Investitionsgüter, Rohstoffe, Materialien, Halbprodukte und Vorleistungen in den zwischenbetrieblichen Wirtschaftsbeziehungen sowie zwischen den Betrieben und dem Produktionsmittelhandel die sog. Industriepreise. Hierzu rechnen einmal der Betriebspreis, der sich aus den kalkulierbaren Kosten zuzüglich des gemäß den Kalkulationsvorschriften zulässigen Gewinns zusammensetzt, und zum anderen der Industrieabgabepreis (Betriebspreis + produktgebundene Abgabe ./. produktgebundene Preisstützung). Da für Investitionsgüter in der Regel keine produktgebundene Abgabe zu zahlen ist und keine Preisstützung gewährt wird, fallen bei diesen Betriebspreis und Industrieabgabepreis zusammen.

 

B. Die Preisbildung für Neuerungen

 

 

Nach der seit Jahresanfang gültigen Kalkulationsrichtlinie (GBl. I, 1983, S. 341 ff.) werden die Preise neuer Erzeugnisse nach Höhe der kalkulationsfähigen Kosten (einschl. Beitrag für gesellschaftliche Fonds) und unter Berücksichtigung der vorgegebenen Materialeinsatznormen festgelegt. Zur Stimulierung von echten Neuerungen — und nicht nur scheinbaren Verbesserungen — gewährt man drei Jahre lang Extragewinne. Sie werden allerdings differenziert nach Höhe der mit dem neuen Produkt erreichten Effizienz — bemessen z. B. am Grad der Materialeinsparung, am Veredlungsgrad und an der Höhe der Exportrentabilität. Allerdings gelten für technologische Neuerungen bereits in der Entwicklungsphase festgelegte Obergrenzen für Kosten und Preise, die von zentralen Organen zu bestätigen sind (GBl. I, 1983, S. 131 ff.). Für Zulieferungen müssen verbindliche Kennziffern der Preisentwicklung eingehalten und für eine Reihe weiterer Produkte Preisvergleiche nach einem Qualitätsindex gegenüber bisherigen Erzeugnissen durchgeführt werden.

 

C. Die Preise für in der Produktion befindliche Erzeugnisse

 

 

In der neuen Kalkulationsrichtlinie wurde der bisherige Grundsatz beibehalten, daß die vom Hersteller erzielten Kosteneinsparungen mehrere Jahre lang nicht zu Preisherabsetzungen führen. Damit erhielt der Gewinnanreiz Vorrang vor einer kurzfristigen Weitergabe der Kosteneinsparung an den Verwender. Weiterhin wurde bestimmt, daß auch nach Einführung des Beitrags für gesellschaftliche Fonds die Preise aller in Produktion befindlichen Erzeugnisse unverändert bleiben, solange, bis die Güter in den nächsten Jahren schubweise von der planmäßigen Preisrevision erfaßt und die Effekte der Einsparung von Arbeitskraft abschätzbar werden.

 

Bei Gütern mit Gütezeichen wird ein Preiszuschlag bis zu 2 v.H. des Betriebspreises gewährt. Für Exquisit- und Delikaterzeugnisse sowie für Ersatzteile werden Gewinnzuschläge von 50 v.H. des normativen Gewinns kalkuliert (GBl. I, 1984, [S. 1043]S. 106 ff.). Bei veralteten, nicht dem allgemeinen Niveau entsprechenden Erzeugnissen sind hingegen Gewinnabschläge vorzunehmen, und bei nicht mehr den Qualitätsvorschriften entsprechenden Erzeugnissen werden Preisabschläge wirksam.

 

D. Gegenwärtige Probleme

 

 

Von vier wesentlichen Problemen des DDR-Preissystems wurde lediglich ein kleiner Teil gelöst:

 

a) Die Berücksichtigung der verteuerten Inputs im Preis. Mit der planmäßigen, stufenweisen und nachträglichen Einbeziehung der Rohstoffverteuerungen in die Preise der Güter der verschiedenen Produktionsstufen ist dieses Problem weitgehend gelöst worden. Allerdings gilt dies für Konsumgüter wegen der bei ihnen in vielen Fällen nach wie vor durchgeführten Subventionierung nur teilweise.

 

b) Die Orientierung der Preisrelationen am volkswirtschaftlichen Aufwand. Dieses Problem ist nicht gelöst, da nach wie vor völlig unterschiedlich kalkulierte Preisgruppen nebeneinander stehen, auf die bestimmte Kostenerhöhungen lediglich aufgepfropft worden sind. So bestehen selbst bei Erzeugnissen, bei denen über den „fondsbezogenen Preis“ der notwendige Kapitalaufwand berücksichtigt ist, Preisverzerrungen, da dieser an den längst veralteten Kapital-Werten zu Preisen von 1962 bemessen ist.

 

c) Das Problem der Berücksichtigung der Knappheit der Produktionsfaktoren im Preis. Mit der Einführung des Beitrags für gesellschaftliche Fonds wurde ein entscheidender Schritt gegen die Unterbewertung des Faktors Arbeit eingeleitet. Jedoch ist noch völlig offen, welche Auswirkungen die nur über die neuen Erzeugnisse eingeführte Höherbewertung von Arbeit im Preis letztlich auf die Preisstruktur haben wird, weil die Effekte der Einsparung von Arbeit in den einzelnen Produktionen nicht prognostizierbar sind. Weiterhin ist völlig unklar, wie daran angepaßt einmal der Kapitalaufwand der verschiedenen Produktionen bewertet werden sollte. Von der Bildung ökonomisch sinnvoller Ressourcenpreise scheint man somit noch weit entfernt zu sein.

 

d) Die Stimulierung der Intensivierung. Zweifellos werden Intensivierungsfortschritte dadurch ausgelöst, daß die bestehenden Preise bei Kosteneinsparungen über einen gewissen Zeitraum hinweg beibehalten werden. Dieser Anreiz zu Kostensenkungen wirkt grundsätzlich jedoch um so schwächer, je mehr die auf diese Weise erzielten Gewinne durch Abgaben wieder abgeschöpft werden. Er wirkt um so stärker, je größer die Verwendungsmöglichkeiten des dem Betrieb bzw. Kombinat verbleibenden Gewinns sind. Es sei denn, der von einer recht hoch angesetzten Hauptkennziffer Gewinn ausgehende Druck zur Gewinnerwirtschaftung ist so groß, daß der Betrieb oder das Kombinat zur Vermeidung von Finanzierungsschwierigkeiten zu Kosteneinsparungen gezwungen ist. Dann werden die Produktionseinheiten aber eher an schnell erreichbaren Kosteneinsparungen (also auch an weniger sichtbaren und sogar produktverschlechternden Aufwandssenkungen) denn an echten Neuerungen interessiert sein.

 

Das Dilemma der DDR-Preisbildung besteht für die Wirtschaftsführung nunmehr in zwei Faktoren: Einerseits erscheint eine umfassende, neue Preisreform unzweckmäßig, sowohl wegen der Unsicherheiten der künftigen Rohstoffpreisentwicklung auf dem Weltmarkt und innerhalb des RGW als auch wegen der bei erheblichen Preisanhebungen eintretenden Gefährdung der politisch gewollten Konstanz bestimmter Konsumgüterpreise. Deshalb beschränkt man sich darauf, wenigstens mit periodischen Preisrevisionen einige starke Veränderungen der Aufwandsrelationen zwischen den Gütern abzufangen.

 

Andererseits wurde mit der Einführung des Beitrags für gesellschaftliche Fonds, und damit der Höherbewertung des Faktors Arbeit, die Orientierung am volkswirtschaftlich notwendigen Aufwand zunächst einmal erheblich erschwert. Denn ohne Kenntnis des bei verteuerter Arbeitskraft erforderlichen Arbeitseinsatzes für die verschiedenen Produktionen läßt sich der volkswirtschaftlich notwendige Arbeitsaufwand auch nicht bewerten. Somit liegt gegenwärtig kein eindeutiger Bewertungsmaßstab mehr vor, an dem eine Preisreform ausgerichtet werden könnte.

 

Manfred Melzer

 

Literaturangaben

  • Ambrée, K., u. O. Köhler: Sozialistische Intensivierung und Preisplanung, in: Wirtschaftswissenschaft H. 5, 1980, S. 558 ff. Berlin (Ost). Die Wirtschaft 1980.
  • Baum, H., u. H. Mann: Industriepreisbildung und Leistungsbewertung, in: Wirtschaftswissenschaft H. 1, 1979, S. 21 ff. Berlin (Ost): Die Wirtschaft 1979.
  • Beyer, H.-J., u. G. Richter: Effektives Wirtschaftswachstum und Leistungsbewertung, in: Wirtschaftswissenschaft H. 12, 1982, S. 1781 ff. Berlin (Ost): Die Wirtschaft 1982.
  • Bösche, J., u. F. Matho: Zur Förderung des wissenschaftlich-technischen Fortschritts durch den Preis, in: Wirtschaftswissenschaft H. 9, 1977, S. 1324 ff. Berlin (Ost): Die Wirtschaft 1977.
  • Zur Einheit von materieller und finanzieller Planung. Autorenkoll. u. Ltg. v. G. Schilling. Berlin (Ost): Die Wirtschaft 1975.
  • Elz, P.: Theoretische Probleme des Zusammenhangs von Wert, Gebrauchswert und Preis, in: Wirtschaftswissenschaft H. 6, 1979, S. 655 ff. Berlin (Ost): Die Wirtschaft 1979.
  • Jakowez, J.: Die Preise in der Planwirtschaft. Berlin (Ost): Die Wirtschaft 1976.
  • Lexikon der Wirtschaft — Preise. 3. Aufl. Berlin (Ost): Die Wirtschaft 1979.
  • [S. 1044]Melzer, M.: Preisbildung und Preispolitik in der DDR, in: Vierteljahrshefte zur Wirtschaftsforschung des DIW, H. 1, 1977, S. 59 ff.
  • Melzer, M.: Wandlungen im Preissystem der DDR, in: G. Gutmann: Das Wirtschaftssystem der DDR. Stuttgart: Fischer 1983. (Schriften zum Vergleich von Wirtschaftsordnungen H. 30.)
  • Preisprobleme in der DDR, in: Analysen und Berichte aus Gesellschaft und Wissenschaft (abg), H. 1, 1980. Erlangen: Deutsche Gesellschaft f. zeitgeschichtl. Fragen e. V. 1980.

 

Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 1032–1044


 

Potsdamer Abkommen A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Presse

 

Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

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