DDR von A-Z, Band 1985

 

Sozialistischer Wettbewerb (1985)

 

 

Siehe auch:

 

I. Ideologische, politische und ökonomische Grundlagen

 

 

Der SW. gilt im Marxismus-Leninismus als objektive Gesetzmäßigkeit der sozialistischen Produktionsweise und des sozialistisch/kommunistischen Aufbaus. In ihm komme der prinzipielle Wandel der Arbeit im Sozialismus und das daraus resultierende veränderte Gesellschaftliche ➝Bewußtsein der arbeitenden Menschen zum Ausdruck. Der Sozialismus sei von der Dialektik zwischen zentralem Plan und schöpferischer Masseninitiative gekennzeichnet. Die Abschaffung des Privateigentums an Produktionsmitteln — so behauptet der Marxismus-Leninismus — habe zu einer Übereinstimmung von gesamtgesellschaftlichen Erfordernissen mit den individuellen und kollektiven Interessen geführt (Interesse/Interessenübereinstimmung). Diese historisch neue Situation habe nicht nur die Voraussetzungen geschaffen für die Beteiligung aller Gesellschaftsmitglieder am Produktionsprozeß, sondern mache diese auch notwendig. Daraus folgt für den Marxismus-Leninismus jedoch nicht, daß die einzelnen und die Kollektive gleichsam selbständig, „spontan“ tätig werden. Vielmehr bleibt der SW., d.h. die „Masseninitiative“ eingebunden in das Prinzip des Demokratischen Zentralismus. Auch für den SW. bleibt das Führungsmonopol der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) unangetastet. Er ist zudem in die zentral geleitete und geplante Volkswirtschaft integriert und wird von den Massenorganisationen, insbesondere vom Freien Deutschen Gewerkschaftsbund (FDGB) organisiert und getragen.

 

Die Bezeichnung SW. geht auf einen Hinweis von Marx (MEW, Bd. 23, S. 345) zurück. Der dort gebrauchte, das Wesen des SW. zutreffend bezeichnende Terminus „Wetteifer“ wurde auf dem Weg über die Übersetzung in das Russische (socialisticeskoe sorevnovanie) und deren Rückübertragung ins Deutsche zum „Wettbewerb“. In der marxistisch-leninistischen Politischen Ökonomie gilt er als das positive, sozialistische Gegenstück zur Konkurrenz unter marktwirtschaftlichen Bedingungen. „Der Sozialismus erstickt keineswegs den Wettbewerb, im Gegenteil, er schafft erstmalig die Möglichkeit, ihn auf breiter Grundlage wirklich im Massenumfang anzuwenden“ (Lenin, Werke, Bd. 26, Berlin [Ost] 1961, S. 401). Im Unterschied zum Konkurrenzverhalten in einer Marktwirtschaft soll der SW. durch die kameradschaftliche gegenseitige Hilfe und die solidarische Verbundenheit aller „Miteigentümer der Produktionsmittel“ gekennzeichnet sein (Moral, Sozialistische). Diese neuen Verhaltensprinzipien sorgten für eine planmäßige und somit gleichmäßige Mehrleistungsverpflichtung aller am Produktionsprozeß und am sozialen Leben Beteiligten. Als entscheidendes Kriterium für einen erfolgreichen SW. wird daher auch nicht der Leistungsvorsprung einzelner Beschäftigter oder Kollektive angesehen, sondern der koordinierte, gesamtgesellschaftliche Erfolg in Form der optimalen Planübererfüllung.

 

In der Politischen Ökonomie des Sozialismus, der Sozialistischen Betriebswirtschaftslehre, aber auch in der marxistisch-leninistischen Staatslehre gilt der SW. als Hauptform der Mitwirkung der Werktätigen an der Leitung und Planung der Betriebe wie der Volkswirtschaft insgesamt (Demokratie, Sozialistische; Mitbestimmungs-, Mitgestaltungs-, Mitwirkungsrechte). Der SW. bildet somit ein wesentliches Element des gesamten Betriebsprozesses im Sinne der sog. dialektischen Einheit von Einzelleitung und Mitwirkung (§ 18 AGB). In der Betriebspraxis bleibt die Beteiligung am SW. also grundsätzlich an den Plan gebunden; er dient der Plandurchführung bzw. der Planoptimierung. Entsprechend werden die Wettbewerbsaufgaben aus den Kombinats- bzw. Betriebsplänen abgeleitet. Der Plan bestimmt demnach Form, Inhalt und Ziel der Masseninitiative ebenso wie die Mitwirkungsfunktionen der Beschäftigten überhaupt. Die Anbindung an den Plan ist in jüngerer Zeit vor allem darin deutlich geworden, daß die betrieblichen Wettbewerbsprogramme ebenfalls Plancharakter gewonnen haben, d.h. im SW. stehen nicht Einzelinitiativen nebeneinander, sondern sie sind zu einem koordinierten Gesamtvorhaben verdichtet. Besonders deutlich wurde das bei den in den 70er Jahren entwickelten Vorstellungen zum „Gegenplan“, der jedoch als Bezeichnung 1980 abgeschafft wurde (vgl. dazu SW. II.).

 

[S. 1193]Mit dem Oberbegriff Masseninitiative werden im Betrieb sowohl die Methoden und Formen des Wettbewerbs verstanden als auch andere Institutionen (z.B. sozialistischer Berufswettbewerb, Betriebskollektivvertrag (BKV)). Andere Wettbewerbsformen erstrecken sich auf die Wohngebiete: z.B. „Mach-mit-Wettbewerb“ (vgl. SW. III. E.), Wettbewerb für die Anerkennung als „Bereich vorbildlicher Ordnung, Disziplin und Sicherheit“ (vgl. SW. IV., F.).

 

 

Wenngleich für den SW. noch keine allgemeinverbindliche wissenschaftliche Definition vorliegt, wird als SW. in der Regel die Masseninitiative der Werktätigen in allen wirtschaftlichen und gesellschaftspolitischen Bereichen bezeichnet. Das engmaschig geknüpfte Netz des inner- und überbetrieblichen SW. in Form eines komplizierten Lenkungs-, Anreiz- und Kontrollsystems soll als wesentlicher Motor der Leistungsmotivation im System zentraler Lenkung und Planung der DDR dienen. In der Alltagspraxis besteht eine moralische Beteiligungspflicht für jeden einzelnen. Im Mittelpunkt der Wettbewerbsaufgaben stehen die Erhöhung der Arbeitsproduktivität, die Senkung der Selbstkosten und die Erhöhung der Qualität der Erzeugnisse. In jüngerer Zeit haben daneben Aufgaben bei der Einsparung von Material, Energie und Arbeitskraft sowie bei der Beschleunigung des wissenschaftlich-technischen Fortschritts erheblich an Bedeutung gewonnen. Derartige Wettbewerbsziele orientieren sich an den Zielen der SED, wie sie in deren „ökonomischer Strategie der 80er Jahre“ zum Ausdruck kommen. (Vgl. z.B.: Wettbewerbsorientierung der 6. Tagung des FDGB-Bundesvorstandes 1983 in: Tribüne vom 13. 12. 1983.) (Wirtschaft).

 

II. Zur Entwicklung und Leitung des SW.

 

 

Als historischer Ausgangspunkt des SW. gilt die Bewegung der Subbotniki im Jahre 1919 in Rußland. Als Subbotniki wurden freiwillige Arbeitseinsätze einzelner Arbeitsgruppen an einem Sonnabend (Subbota) bezeichnet. Sie gelten noch heute als Vorbild der organisierten Wettbewerbsbewegung in den weiteren Entwicklungsphasen der sowjetischen Wirtschaft wie auch für den SW. in der DDR. Lenin sagte seinerzeit: „Jetzt, da eine sozialistische Regierung an der Macht ist, besteht unsere Aufgabe darin, den Wettbewerb zu organisieren“ (Lenin, Werke, Bd. 26, Berlin [Ost] 1961, S. 405).

 

Mit dem Aufbau eines zentral geplanten und gelenkten Wirtschaftssystems in der SBZ/DDR nach 1945 wurde auch dort die Wettbewerbsbewegung nach sowjetischem Muster ins Leben gerufen. Den Auftakt für die Aktivisten- und Wettbewerbsbewegung in der SBZ/DDR gab die arbeitstechnisch besonders vorbereitete, mehrfache Schichtnorm-Übererfüllung (387 v.H.) des Hauers Adolf Hennecke am 13. 10. 1948. Die von der SMAD und der DWK gleichermaßen initiierte Aktion orientierte sich am Vorbild des sowjetischen Hauers A. G. Stachanow, der im Jahre 1935 vergleichbare Leistungen erbracht hatte. In der Mehrzahl der Fälle waren seitdem die jeweiligen neuen Formen der Mehrleistungsverpflichtungen von Aktivisten oder Schrittmachern durch sowjetische Vorbilder bestimmt. Neben den Spitzenleistungen einzelner sind heute die Wettbewerbsverpflichtungen auf die Lösung komplexer inner- und überbetrieblicher Aufgaben orientiert. Zunehmend ist ferner die politisch-ideologische Bedeutung des SW. unterstrichen worden. Die Beteiligung und die Leistung im SW. gelten als Gradmesser für den jeweiligen Entwicklungsstand des „sozialistischen Bewußtseins“ der Werktätigen.

 

Der Beginn einer organisierten, rechtlich normierten und umfassenden SW.-Konzeption geht auf das Gesetz der Arbeit … vom 19. 4. 1950 zurück. In diesem Gesetz wurden dem FDGB im Bereich der sozialistischen Wirtschaft zur Förderung und Lenkung der Aktivisten- und Wettbewerbsbewegung und zur Erzielung von „Pionier- und Spitzenleistungen“ (IV. § 18) wesentliche Aufgaben übertragen.

 

Die Anstrengung, von den einzelnen Wettbewerbsinitiativen zu einer koordinierten Form des SW. zu kommen, fanden einen besonderen Ausdruck in dem zum Jahresbeginn 1974 in Kraft getretenen Gegenplan (G.) (GBl. I, 1974, S. 1). Dieser galt bis Ende der 70er Jahre als die fortschrittlichste Form der Verbindung von Planung und Masseninitiative. Dessen Benennung (eine Übersetzung aus dem Russischen) könnte die Vermutung nahelegen, daß es sich bei ihm um ein Gegenangebot zum eigentlichen Betriebsplan handeln könne. Dieser Eindruck täuscht jedoch. Im Gegenteil war der G. gedacht als ein auf der Basis zentral vorgegebener Leitlinien aufbauendes, zusätzlich zum Plan zu erstellendes und mit diesem abzustimmendes Programm zur Mobilisierung aller betrieblichen Produktionsreserven. [S. 1194](Mit derartigen Vorhaben wurde bereits seit 1972 in der DDR experimentiert.) Mit dem G. war beabsichtigt, im SW. das Element der Planung zu stärken. In seiner ersten Phase war er jedoch lediglich eine nach Beginn des Planjahres organisierte zusätzliche Aktion. In seiner zweiten Phase — etwa seit Mitte des Jahres 1974 einsetzend — erhielten dann die Betriebe zusammen mit der Übergabe der staatlichen Plankennziffern für das Jahr 1975 erstmalig auch Orientierungsziele zur Ausarbeitung des G. In einer dritten Phase (2. Halbjahr 1976) erfolgte dann durch Beschluß des Politbüros des ZK der SED die Koppelung der beiden bereits eingeführten Verfahren zu einem „doppelten G.“ Der G. sollte die gleiche rechtliche Verbindlichkeit haben (u.a. Bilanzvertragsabschlußpflicht) wie der Jahresplan. Das Prinzip des G. wurde auch auf andere Wettbewerbsformen zu übertragen versucht. So wurde der einzelne persönlich-schöpferische Plan (vgl. IV. A. 1.) als G. des einzelnen Beschäftigten gewertet (auch als „persönliches Gegenangebot“ bezeichnet). Das Ziel, das die Wirtschaftsführung mit dem G. verfolgte, nämlich ein auf den zentral festgelegten Planzielen beruhendes, in sich ausgewogenes, inner- wie überbetrieblich abgestimmtes, bilanziertes (und damit voll in die Planung integriertes) Programm zusätzlicher Leistungsverpflichtungen zu erstellen, wurde jedoch nur in Ausnahmefällen erreicht. Auch der G. erwies sich nicht als geeignetes Instrument, um den „Widerspruch zwischen der geringen persönlichen Teilnahme der Arbeiter an der Ausarbeitung des Wettbewerbsprogramms der Arbeitskollektive“ und den Forderungen der SED nach engagierter Teilnahme aller Beschäftigten am Produktionsprozeß zu lösen.

 

Mit der „Anordnung zur Stimulierung der Überbietung staatlicher Aufgaben für die Ausarbeitung des einheitlichen Planvorschlags zum Volkswirtschaftsplan 1980“ (GBl. I, 1979, S. 247 f.) wurde der G. zumindest als Bezeichnung außer Kraft gesetzt. Die Gründe für diese Regelung sind im einzelnen nicht bekannt. Es gab jedoch nach Einführung des G. kritische Stimmen, die meinten, daß mit der Verwendung des Planbegriffes im SW. der Plan in seiner Eigenschaft als verbindliches „Gesetz“ abgewertet werden könnte. Die mit dem G. verfolgten Absichten, zu einer Vereinheitlichung und stärkeren organisatorischen Integration der verschiedenen Formen und Ziele des SW. zu kommen, sind jedoch bis heute nicht aufgegeben worden.

 

Heute werden die Prinzipien, die Formen und die Ziele des SW. zentral festgelegt. In den letzten Jahren hat der Bundesvorstand des FDGB jeweils einen Beschluß über das Wettbewerbskonzept des folgenden Wirtschaftsjahres gefaßt. Auf dieser Grundlage werden von ausgewählten Betrieben erste Wettbewerbsprogramme mit Vorbildfunktion für alle verabschiedet. Betont wird darüber hinaus die einheitliche und straffe Leitung des SW. Die planmäßig und sich kontinuierlich ablösenden Wettbewerbskampagnen gelten im allgemeinen für eine Planperiode; dabei bestimmen die Jahrespläne die jeweiligen konkreten Wettbewerbsziele. Erfolgt die Auslösung des jeweiligen Wettbewerbs von „oben“ (Beschlüsse der Führungsgremien von SED und Gewerkschaft), antworten darauf auf der Grundlage gesteuerter, zentral initiierter und kanalisierter Wettbewerbsaktionen von „unten“ in der Regel Wettbewerbsaufrufe eines Betriebes, einer Brigade oder einer Einzelperson. Derartige Aufrufe stehen häufig im Zusammenhang mit konkreten Bestleistungen, die auf den aktuell besonders propagierten neuen Arbeitsmethoden beruhen. Diese zur allgemeinen Nachahmung bestimmten Methoden tragen vielfach den Namen des Initiators (z.B. Hennecke-Bewegung, Frieda-Hockauf-Bewegung u.a.). Im Verlauf der letzten Jahre haben sich jedoch für eine Reihe neuerer Wettbewerbsinitiativen auch Sachbezeichnungen durchgesetzt.

 

Vielfach werden besondere politische Ereignisse (Parteitag, Tagung des ZK der SED), Ehrentage oder Gedenkdaten (u.a. Jahrestag der Gründung der DDR, Lenins Geburtstag, Karl-Marx-Jahr) zum Anlaß genommen, um zeitlich terminierte Wettbewerbskampagnen auszulösen. Die Auszeichnungen, die im Verlauf des SW. vergeben werden, tragen dann vielfach auf diesen Anlaß bezogene besondere Bezeichnungen.

 

Die Bedeutung der Betriebsgewerkschaftsorganisation (BGO) im Rahmen der Durchführung des SW. wurden in jüngerer Zeit verstärkt. Nach § 34 des Arbeitsgesetzbuches (AGB) von 1977 (GBl. I, S. 185 ff.) ist es deren Aufgaben, den SW. im Betrieb zu organisieren. Der Betriebsleiter ist seinerseits verpflichtet, die Voraussetzungen „für eine wirksame Führung“ des SW. zu schaffen (§ 35). In zahlreichen im Gesetz im einzelnen aufgeführten Fällen sind diese Voraussetzungen von der Zustimmung der Gewerkschaftsleitung abhängig, der das neue AGB ausdrücklich eine stärkere Einflußnahme und Mitwirkung im Betriebsgeschehen eingeräumt hat. Dementsprechend wurden in der neuen Fassung des AGB die Durchführungsbestimmungen des SW. differenzierter und deutlicher aufgenommen als im zuvor geltenden Gesetzbuch der Arbeit von 1966. Die jeweils erarbeitete Wettbewerbskonzeption wird nach Zustimmung durch die Betriebsgewerkschaftsleitung der Vertrauensleutevollversammlung zur Beschlußfassung zugeleitet. Die Wettbewerbskonzeption enthält sowohl die Ziele, Verpflichtungen und Maßnahmen des SW. als auch zugleich die Formen und den Umfang der ideellen und materiellen Anerkennungen für diejenigen, die sich besonders erfolgreich an seiner Durchführung beteiligt haben. In der Regel ist die Wettbewerbskonzeption integraler Bestandteil des Betriebskollektivver[S. 1195]trages (BKV), dessen Ausarbeitung mit der Plan- und Wettbewerbsdiskussion zeitlich wie sachlich eine Einheit bilden soll.

 

 

Als wesentliche Voraussetzungen des SW. gelten die Aufschlüsselung aller Planaufgaben, möglichst bis auf den einzelnen Arbeitsplatz, sowie seine exakte Koordinierung mit dem Prinzip der Wirtschaftlichen Rechnungsführung.

 

Sind die Betriebs-, Gewerkschafts- und Kombinatsleitungen gemeinsam maßgebende Träger der zu erarbeitenden Wettbewerbskonzeption eines Betriebes oder Kombinats, so ist doch zu sehen, daß hierbei den Wirtschaftsleitungen besonderes Gewicht zukommt. Sie sind es, die auf der Grundlage des jeweils geltenden Jahresplanes die Grundstruktur der Wettbewerbskonzeption vorgeben, während der gewerkschaftlichen Betriebsorganisation in erster Linie die Aufgabe zukommt, die Werktätigen davon zu überzeugen, daß es in ihrem Interesse liegt, sich aktiv an dem Wettbewerb zu beteiligen.

 

Besondere Beachtung haben in jüngerer Zeit die Aufgaben der Kombinatsleitungen für die Vereinheitlichung des SW. in den ihnen unterstellten Kombinatsbetrieben gefunden.

 

[S. 1196]Die seit 1979 geltende VO über die Volkseigenen Kombinate, Kombinatsbetriebe und Volkseigenen Betriebe vom 8. 11. 1979 (GBl. I, S. 355 ff.) verstärkte das Prinzip der Durchsetzung eines einheitlich geführten und aufeinander abgestimmten SW. innerhalb des Kombinates. Eine neue Form spezifischer Kombinatsordnungen und Kombinatsbetriebsordnungen (§ 29, 6 Kombinats-VO) erlaubt es den Kombinatsleitungen, besser als zuvor — gemäß den zentralen Auflagen und Leitlinien — innerhalb ihres Kombinates für alle Betriebe einheitliche Wettbewerbsrahmenbedingungen zu schaffen sowie diesen genaue Vorschriften über die Wettbewerbsführung zu machen. Es gilt als Ziel der 80er Jahre, eine optimale Abstimmung von Planaufschlüsselung, Plandiskussion, Kostenrechnung, Wettbewerbsführung, ökonomische Stimulierung und Rechenschaftslegung zu erreichen. Dabei kommt der innerbetrieblichen wirtschaftlichen Rechnungsführung besondere Bedeutung zu. Die Bemühungen, den SW. verstärkt in das betriebswirtschaftliche Instrumentarium einzubinden, unterstreichen bisher vorhandene wesentliche Schwachstellen. So propagieren Wirtschaftsführung und Gewerkschaft gemeinsam seit 1983 erneut mit besonderem Nachdruck den inner- und überbetrieblichen Leistungsvergleich als Teil des SW., obwohl derartige Vergleiche grundsätzlich schon immer eine zentrale Bedeutung im Funktionsmechanismus des SW. hätten haben sollen.

 

Aus Sicht der politischen Führung der DDR gilt die Entwicklung des SW. als „gesetzmäßiger Prozeß“, in dessen Verlauf sich immer erneut gegenseitig ergänzende Wettbewerbsformen entwickeln sollen. Die Inhalte des SW. werden aus der wirtschaftspolitischen Linie der SED jeweils neu abgeleitet. In den Formen und Methoden des SW. der 80er Jahre spiegeln sich daher die aktuellen wirtschaftlichen Probleme der Volkswirtschaft. So bilden z.B. die Einbeziehung von Zielstellungen aus dem Bereich von Forschung und Entwicklung in Form der Pflichtenhefte (Kammer der Technik (KdT); Planung, II.; Qualität der Erzeugnisse, III.) einen neuen wesentlichen Schwerpunkt des SW. Weitere derartige Formen und Methoden des SW. in der Produktionsvorbereitung sind: Forscherkonten, Themenkollektive, Überleitungsgarantien usw. Entsprechend den Prinzipien des Staatsplans Wissenschaft und Forschung, wonach ausgewählte Planaufgaben Vorrang genießen, ist auch der SW. im Produktionsbereich stärker als zuvor auf die gezielte Förderung von Spitzenerzeugnissen oder -verfahren vor allem für Exportgüter gerichtet (z.B. als themengebundenes persönliches Planangebot oder als Verpflichtung zur Erhöhung der Zahl exportfähiger Erzeugnisse). Hinzu kommen intensive Bemühungen zur flexibleren und rascheren Anpassung von Methoden und Programmen an die wirtschaftspolitisch und produktionstechnisch veränderten Bedingungen. Weiter gehören hierzu erneute Bemühungen zur Abkehr vom offensichtlich noch immer häufig praktizierten „Schematismus“ (vgl. die Kritik auf dem 10. FDGB-Kongreß 1982) und den vielfach bloß formalen (also leicht erfüllbaren) Wettbewerbsverpflichtungen. Rechnerisch schwer erfaßbare Programme und Vorhaben oder nicht produktive Verpflichtungen (wie z.B. Solidaritätsbeiträge, Blutspenden) sollen heute nicht mehr oder nur noch am Rande bei der Bewertung von Wettbewerbsergebnissen herangezogen werden.

 

III. Grundprinzipien und Hauptformen des SW.

 

 

Die Formen und die Organisation des SW. sollen sich an 5, auf Lenin zurückgehende Grundprinzipien orientieren:

 

1. Öffentlichkeit des SW.;

 

2. Vergleich der Ergebnisse;

 

3. Erfahrungsaustausch und Wiederholung der besten Leistungen im Massenumfang;

 

4. Übernahme abrechenbarer Verpflichtungen im Zusammenhang mit der Intensivierung (Intensivierung und Rationalisierung) und neuerdings der Wissenschaftlichen ➝Arbeitsorganisation (WAO);

 

5. richtige Verbindung von moralischer und materieller Anerkennung der erzielten Wettbewerbsergebnisse.

 

Allgemein lassen sich die Formen des SW. nach mehreren Aspekten unterteilen. Zum einen gemäß dem Umfang der Teilnahme: so gibt es einerseits den individuellen Wettbewerb zwischen einzelnen Beschäftigten als eine Grundform des SW. und andererseits den kollektiven Wettbewerb zwischen Arbeitsgruppen, Brigaden, Meisterbereichen, Betrieben und Kombinaten. Der kollektive Wettbewerb gilt heute als die vornehmlich anzustrebende und auch in der Praxis vorherrschende Form. Zum zweiten ist nach dem räumlichen Wirkungsbereich zu differenzieren, also zwischen inner- und zwischenbetrieblichem SW. Beide Formen können sowohl individuell als auch kollektiv geführt werden. Im Zeichen der sozialistischen ökonomischen Integration (Rat für Gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW)) hat auch die Form des kollektiv geführten internationalen SW. zwischen Wirtschaftseinheiten verschiedener Mitgliedsländer des RGW zunehmend an Bedeutung gewonnen.

 

Die Wettbewerbspraxis ist durch eine Reihe meist wechselseitig eng verflochtener Verfahrensformen und -methoden charakterisiert. Ihnen entspricht ein differenziertes System von Maßnahmen und Regelungen zur moralischen Anerkennung (Auszeichnungen) und der Kritik und Selbstkritik sowie der finanziellen Stimulierung (Einkommensgestaltung, Leistungslohn und Prämie; Lohnformen und Lohnsystem), der Kontrolle (Haushaltsbuch, persönliche und kollektiv-schöpferische Pläne) und der [S. 1197]Produktionspropaganda (Wettbewerbslosungen, Tafel der Besten usw.). Alle Instrumente zur materiellen bzw. moralischen Stimulierung sowie der gegenseitigen Kontrolle sollen gleichermaßen der Förderung und Intensivierung des SW. dienen.

 

A. Aktivistenbewegung

 

 

Durch die Aktivistenbewegung sollen ausgehend von individuellen oder kollektiven Verpflichtungen zu gezielter Planübererfüllung verbesserte, intensivere und neue Arbeitsmethoden propagiert werden, um zu höheren Arbeitsleistungen zu kommen. Gefordert werden Initiativen nicht nur im unmittelbaren Produktionsprozeß, sondern — zur besseren Nutzung der verfügbaren Ressourcen — bereits in der Phase der Produktionsvorbereitung. Die erwarteten Ergebnisse sollen dabei bereits Eingang in die jeweiligen Jahrespläne der Betriebe finden.

 

Derartige quantitative Spitzenleistungen wurden und werden vielfach unter besonders günstigen, z. T. künstlich geschaffenen optimalen Arbeitsbedingungen erreicht, um bis dahin geltende Normen zu überbieten und diese danach allgemein zu erhöhen. Von Anbeginn wurde großer Wert auf den Erfahrungsaustausch und die Verallgemeinerung erfolgreicher Arbeitsmethoden gelegt. Dieser Aufgabe dienen sowohl innerbetriebliche Aktivistenschulen als auch überbetriebliche Aktivistenkonferenzen.

 

Im Zusammenhang mit der Aktivistenbewegung wurden zahlreiche Auszeichnungen geschaffen. Besondere Bedeutung hat der Titel „Aktivist“ erlangt. Die Benennung hat sich im Zeitverlauf mehrfach geändert (z.B. Aktivist des 2-Jahrplanes, Aktivist des 7-Jahrplanes, Aktivist des 3-Jahrplanes).

 

1982 wurden folgende Auszeichnungen verliehen: 45 erhielten den Ehrentitel „Held der Arbeit“, 4.097 den Titel „Verdienter Aktivist“ und 281.405 den Titel „Aktivist der sozialistischen Arbeit“.

 

B. Sozialistische Gemeinschaftsarbeit

 

 

In Weiterentwicklung der Aktivistenbewegung entstand 1958/59 als neue Form des SW. die Sozialistische Gemeinschaftsarbeit (SG.). Sie gilt als Ausdruck einer „höheren Qualität“ der schöpferischen Masseninitiative. Zum einen waren es nunmehr die Arbeitsbrigaden, die zum eigentlichen Träger des SW. wurden. Unter der Losung „sozialistisch arbeiten, lernen und leben“ wurden in den SW. auch Aufgaben der Aus- und Weiterbildung sowie der Freizeitgestaltung einbezogen. Zum zweiten sollten Formen der SG. die Zusammenarbeit von Intelligenz und Produktionsarbeitern fördern. Anlaß für diese veränderte Zielrichtung des SW. war die Einsicht, daß die zunehmende Kompliziertheit der technischen und wirtschaftlichen Probleme gemeinschaftliche (kollektive) Anstrengungen voraussetzt, während Lösungen, die im „Alleingang“ erreicht werden, den gewachsenen Anforderungen häufig nicht mehr genügen.

 

Die SG. gilt als die wirksamste Form gesellschaftlicher Arbeit im Sozialismus, in der durch gegenseitige Erziehung zu „sozialistischen Persönlichkeiten“ (Persönlichkeitstheorie, Sozialistische) bereits „Keime für eine kommunistische Einstellung zur Arbeit“ gelegt werden würden. Mit dieser politisch-ideologischen Aussage soll zugleich ein deutlicher Unterschied zum marktwirtschaftlichen „teamwork“ markiert werden.

 

Die Funktionen von Betriebsleiter und Betriebsgewerkschaftsorganisation zur Förderung der SG. sind im AGB (§§ 35, 22) im einzelnen festgelegt. Ziel der SG. ist ebenfalls die Steigerung der Arbeitsproduktivität, die vor allem in jüngerer Zeit durch Erhöhung der Wirksamkeit des wissenschaftlich-technischen Fortschritts und durch eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen Arbeitern und wissenschaftlich-technischer Intelligenz („Bündnis zwischen Arbeiterklasse und Intelligenz“) erreicht werden soll (Intensivierung und Rationalisierung).

 

Eine spezielle Form der SG. waren lange Zeit die „sozialistischen Arbeits- und Forschungsgemeinschaften“ (Kooperation von Produktionsarbeitern und Angehörigen der wissenschaftlich-technischen Intelligenz in den Bereichen Forschung, Konstruktion und Produktion); sie werden in dieser Form neuerdings nicht mehr erwähnt. Sie scheinen durch differenziertere Wettbewerbsformen abgelöst worden zu sein, zu denen u.a. gehören: Themenkollektive, Überleitungskollektive (Forschung, I. C.; Forschung, IV.), Intensivierungsverträge, planmäßige kollektive Neuerertätigkeit, WAO-Kollektive und erzeugnisgebundene Komplexwettbewerbe. Allerdings wird auch in den Medien der DDR eingeräumt, daß der Aufwand für die Vielzahl derartiger Programme „oft größer als der entstehende Nutzen“ sei. Auch soll die Vielzahl sehr spezialisierter Auszeichnungen für bestimmte einzelne Wettbewerbsziele verringert werden.

 

Im Mittelpunkt der Auszeichnungen innerhalb des SW. in Form der SG. steht der Staatstitel „Kollektiv der sozialistischen Arbeit“ (1963 erstmalig verliehen; vorher gab es die Titel „Brigade der sozialistischen Arbeit“ bzw. „Gemeinschaft der sozialistischen Arbeit“ als Auszeichnungen). Er wird nicht nur an Kollektive in der Volkswirtschaft, sondern auch an Verwaltungen, wissenschaftliche Institutionen usw. verliehen. Eine zusammenfassende Regelung über die Vielzahl von Ehrentiteln und Medaillen, die im SW. verliehen werden, erfolgte in der „Bekanntmachung der Ordnungen über die Verleihung der bereits gestifteten staatlichen Auszeichnungen“ vom 28. 6. 1978 (GBl. SDr. 952 vom 28. 7. 1978, S. 1 ff.). Gegenwärtig gilt eine vom Ministerrat der DDR beschlossene Neufassung der „Ordnung über die Verleihung und Bestätigung der erfolgreichen Verteidigung des Ehrentitels ‚Kollektiv der sozialistischen Arbeit‘“ (GBl. I, 1982, S. 607 ff.). [S. 1198]Im Jahre 1983 standen 270.251 Kollektive (1982: 265.114) mit 4.847.200 Mitgliedern (1982: 4,76 Mill.) im Wettbewerb um diesen Titel. (Darunter waren 1982 117.444 Kollektive mit rd. 2,5 Mill. Mitgliedern aus dem Bereich der sozialistischen Industrie.)

 

C. Neuererbewegung

 

 

Inhalt und Aufgaben der Neuererbewegung (N.) werden durch das AGB (§§ 36, 37) und durch die N.-Verordnung (NVO) von 1972 (GBl. II, S. 1) sowie durch eine Reihe von Durchführungsbestimmungen (zuletzt: 5. DB vom 24. 2. 1981, GBl. I, S. 122) und eine Reihe von Folgebestimmungen (diese betreffen u.a. Nutzenabrechnung, Aufgaben bei Abschluß von Neuerervereinbarungen, Schutzrechtsbestimmungen usw.) geregelt. Mit diesen Rechtsnormen wurde die gleichnamige VO von 1963 und eine Reihe einschlägiger Bestimmungen zur N. abgelöst.

 

Die N. gilt als eine Kernform des SW., die sowohl auf eine qualitative Leistungssteigerung des einzelnen als auch — in besonderem Maße — auf eine planmäßige Kooperation zwischen Arbeitern und Intelligenz gerichtet ist. Die Tätigkeit eines Neuerers oder eines N.-Kollektivs richtet sich auf das betriebliche Erfindungs- und Vorschlagswesen. Nach dem Selbstverständnis der DDR geht es in aller Regel um die „schöpferische Lösung“ eines bisher ungeklärten technischen, organisatorischen oder wissenschaftlichen Problems, wobei die damit zusammenhängenden Arbeiten außerhalb der normalen Arbeitsleistung erbracht werden müssen. „Hauptinhalt der Neuerertätigkeit ist die weitere Intensivierung der Produktion durch sozialistische Rationalisierung“ (§ 2 NVO). Im Unterschied zum betrieblichen Vorschlagswesen in einer Marktwirtschaft ist der weit überwiegende Teil der Aufgabenstellungen der N. plangebunden und wird auf diese Weise weitgehend staatlich gelenkt und gefördert. In die gesamtstaatliche Leitung der „thematischen und kennziffermäßigen Planung“ der N. teilen sich das Amt für Erfindungs- und Patentwesen sowie der Bundesvorstand des FDGB. In der N. steht nicht der allgemeine Aspekt der schöpferischen Arbeit an sich im Vordergrund, sondern es geht in ihr in erster Linie um zeitlich fixierte und thematisch präzise umrissene Aufgaben. Als vereinbarte und geplante Lösungen dienen die Neuereraufgaben eines oder mehrerer Beschäftigter der Erfüllung der Volkswirtschaftspläne (in jüngerer Zeit speziell des „Staatsplans Wissenschaft und Technik“). Entsprechend fixiert der Planteil Wissenschaft und Technik des Betriebsplans (Rahmenrichtlinie für die Jahresplanung, GBl., SDr. 1021, S. 97) in seinem Abschnitt 3.5 die Aufgabe der N. Mit der NVO hat der FDGB größere Einflußmöglichkeiten für die Entwicklung der N. in den Betrieben erhalten. Gleichzeitig sind die Rechte der Neuerer stärker abgesichert worden; ferner wurde der finanzielle Anreiz (N.-Vergütung) erhöht. Allerdings sind damit Umfang und Kompliziertheit der N.-Regelungen erheblich gewachsen und vielfach nur noch für Spezialisten überschaubar. Die besondere Bedeutung, die der N. beigemessen wird, kommt auch in der Vielzahl betrieblicher und überbetrieblicher Instanzen zum Ausdruck, die sich ihrer leitend und fördernd annehmen sollen. Auf seiten der Betriebsleiter nehmen die Betriebsbüros für die N. (BfN) wesentliche Funktionen wahr. Sie sind ein wichtiges Beratungs- und Koordinierungsorgan. Ihnen obliegt die Planung, Registrierung und rasche Nutzbarmachung von Neuerungen. Das BfN organisiert betriebliche Neuererkonferenzen und sorgt für die Weiterleitung schutz- und patentfähig erscheinender Ergebnisse an das Amt für Erfindungs- und Patentwesen. Neuerdings wird auch die Errichtung eines BfN auf der Ebene des Kombinates angestrebt.

 

Bei den Betriebsgewerkschaftsorganisationen (BGO) bestehen Neuereraktivs. (Bis 1972 gab es mit ähnlicher Aufgabenstellung sog. Neuererräte.) Die Mitglieder des Neuereraktivs werden durch die Betriebsgewerkschaftsleitung (BGL) berufen; sie haben den organisationsrechtlichen Status einer Kommission der BGL. Es wird auch als „ehrenamtlich arbeitendes beratendes und kontrollierendes Organ der BGL“ bezeichnet und ist gegenüber der BGL rechenschaftspflichtig. Neuereraktivs (Mitgliederzahl: 5–21) bestehen in der Mehrzahl der Betriebe und Institutionen mit mehr als 50 Beschäftigten. Für die Förderung des Erfahrungsaustausches, aber auch zur Anleitung der Kommissionen der BGL werden bei den Gewerkschaftsvorständen auf Kreis- und Bezirksebene ebenfalls Neuereraktivs gebildet.

 

Die Neuereraktivs sind zur engen Zusammenarbeit mit den Kontrollposten der Freien Deutschen Jugend (FDJ), der Bewegung der Messen der Meister von Morgen (MMM), den Sektionen der Kammer der Technik (KdT) und den Gruppen der Gesellschaft für deutsch-sowjetische Freundschaft (DSF) im Betrieb verpflichtet. Neben speziellen Neuererbrigaden auf Meister- oder Abteilungsebene gibt es vielfach betriebliche Neuererzirkel; sie sollen die Kooperation verbessern und nehmen darüber hinaus eine beratende Funktion wahr. In größeren Betrieben gibt es Neuererinstrukteure, mit deren Hilfe eine Beschleunigung bei der Einführung betrieblicher Neuererlösungen erreicht werden soll. (In den LPG bestehen besondere Neuererkommissionen mit ähnlichen Funktionen, wie sie das BfN in den Betrieben wahrnimmt.)

 

Zur Verbesserung der regionalen Zusammenarbeit wurden 1972 bei den Wirtschaftsräten der Bezirke Bezirksneuerungszentren (BNZ) geschaffen (GBl. II, S. 422). Sie nehmen auf regionaler Ebene ähnliche Aufgaben wahr wie die BfN in den Betrieben (Beratung, Erfahrungsaustausch, Veranstaltungen [S. 1199]mit sowjetischen Neuerern, allgemeine Verbreitung von Neuerermethoden, Produktionspropaganda, Organisation von Schulungsveranstaltungen usw.). Der Abschluß einer Neuerervereinbarung (§§ 13 ff. NVO) für die geplante Lösung einer Neuereraufgabe erfolgt in Vertragsform schriftlich zwischen dem Betrieb und dem Neuerer bzw. dem Neuererkollektiv. In diesem Dokument werden detailliert die Aufgabenstellung, die zu erwartende Lösung, der Termin, zu dem die Neuerung vorliegen soll, sowie die Vergütung für die zu erbringende Neuererleistung festgelegt. Die Neuerervergütung ist für vertraglich vereinbarte Neuereraufgaben höher als für Neuerungen, die „spontan“ entstehen.

 

Die Neuerervorschläge, die nicht aufgrund voraufgegangener Vereinbarungen gemacht werden, sind beim BfN (oder Betriebsleiter) einzureichen und werden dort geprüft und registriert. Sie können entweder als vergütungspflichtige Vorschläge anerkannt oder abgelehnt werden. Die Höhe der in der NVO (§ 30 Abs. 2 NVO) geregelten Vergütung beträgt: bei Neuererlösungen mindestens 30 Mark, höchstens 30.000 Mark, bei Erfindungen mindestens 75 Mark, höchstens 200.000 Mark. Vorgesehen sind ferner u.a. Zuschläge, Nachvergütungen (wenn sich der Nutzen höher als ursprünglich vorgesehen erweist) sowie andere zusätzliche Leistungen. Für die Regelung von Streitigkeiten, die sich zwischen Neuerern und Betriebsleitung ergeben, sind die Konfliktkommissionen (Gesellschaftliche Gerichte) oder die Arbeitsgerichte zuständig. Die früher bestehenden speziellen Schlichtungsstellen wurden 1972 abgeschafft.

 

Für Jugendliche gibt es als besondere Form der N. die Bewegung der Messe der Meister von Morgen (MMM). Im Prinzip ähnlich organisiert wie die N., sind an dieser Form des SW. neben dem FDGB vor allem die Grundorganisationen der FDJ beteiligt. Mit Hilfe der MMM sollen Jugendliche frühzeitig an die Ideen der N. herangeführt und schwerpunktmäßig für eine Beschleunigung des wissenschaftlich-technischen Fortschritts gewonnen werden. 1982/83 war mehr als die Hälfte aller Aufgaben im Rahmen der MMM aus dem Staatsplan Wissenschaft und Technik abgeleitet (ND 12./13. 11. 1983). Die MMM gelten als Lehr- und Leistungsschauen der Jugend und werden auf Schul-, Hochschul-, Betriebs-, Kreis-, Bezirks- und DDR-Ebene durchgeführt. An der Organisation ist vor allem auch das Amt für Jugendfragen beim Ministerrat beteiligt. Im Ergebnis der MMM werden Auszeichnungen vergeben, besondere Leistungen prämiert und Förderungsverträge mit Jugendlichen abgeschlossen. Im Jahr 1983 gab es 44.800 Messen auf den verschiedenen Ebenen, an denen sich 2,67 Mill. Jugendliche beteiligt hatten, die 781.400 Exponate ausstellten.

 

An der N. in der volkseigenen Wirtschaft haben sich 1983 1,9 (1982: 1,8) Mill. Berufstätige beteiligt; das waren rd. 33,5 v.H. der Gesamtzahl der in diesem Bereich Tätigen. Der durchschnittliche Nutzen aus vereinbarten Neuererleistungen soll 1983 35.700 Mark, aus anderen Neuerervorschlägen 5.900 Mark betragen haben. Der volkswirtschaftliche Gesamtnutzen einschl. Nachnutzung für 1982: rd. 4,9 Mrd. Mark, für 1983 rd. 5,3 Mrd. Mark, das sind 2,5 v.H. des Gesellschaftlichen ➝Gesamtproduktes der DDR.

 

1982 erhielten 25 Neuerer den staatlichen Titel „Verdienter Erfinder“ (darunter keine Frau). Vielfach werden Neuerer aber auch mit dem Titel eines „Aktivisten“ oder „Verdienten Aktivisten“ ausgezeichnet. Daneben erhalten erfolgreiche Neuerer bei bedeutsamen Neuerervorschlägen oder wichtigen patentierten Erfindungen einen Neuererpaß als moralische Anerkennung, in der die Neuererleistungen des Inhabers eingetragen werden. Weitere Auszeichnungen sind u.a.: „Hervorragender Neuerer“ oder „Hervorragendes Neuererkollektiv“.

 

Obwohl die Neuerervergütungen erhöht, die propagandistischen Anstrengungen verstärkt wurden und die Teilnehmerzahlen an der N. angestiegen sind, haben sich die kritischen Stimmen an den bisherigen Ergebnissen der N. nicht merklich verringert. Beklagt werden unverändert u.a. die langen Bearbeitungszeiten innerhalb der betrieblichen Verwaltungen, die zögernde Umsetzung der Neuerervorschläge in die betriebliche Praxis, die ungenügende Nachnutzung (d.h. die Übernahme von Neuerervorschlägen durch andere Betriebe bzw. Kombinate), die Einreichung von Verbesserungsvorschlägen innerhalb der N., die von Angehörigen der wissenschaftlich-technischen Intelligenz im Rahmen ihrer normalen Arbeitspflichten erarbeitet worden sind. Die Ursachen für diese Situation sind mannigfach: die Betriebsleitungen sind offensichtlich nur wenig interessiert, die oft sehr speziellen Ergebnisse der N., die nicht selten trotz erheblichen Aufwandes nur einen begrenzten Nutzen versprechen, wesentlich zu fördern. Zudem bleiben die Neuerervorschläge trotz aller Bemühungen um Planbarkeit in ihren technischen und inhaltlichen Aspekten unberechenbar. Die Schwerfälligkeit bzw. das Desinteresse der Betriebsleitungen führt auch bei engagierten N. häufig zur Resignation. Die Bereitschaft in den Belegschaften, sich wirklich engagiert an der N. zu beteiligen, hält sich aber auch aus anderen Gründen in Grenzen. Da die Arbeit an Neuerungen außerhalb der normalen Arbeitspflichten zu verrichten ist, steht der zeitliche Aufwand häufig noch immer in einem ungünstigen Verhältnis zu der erwarteten Neuerervergütung.

 

Besonders zahlreich sind die Klagen über unzureichende Nachnutzungen. 1977 machten diese erstmals 5,3 v.H. des insgesamt aus der N. resultierenden Jahresnutzen aus (zuvor rd. 2–3 v.H.); seitdem stagniert dieser Anteil (1982: 5,4 v.H.).[S. 1200]

 

D. Produktionspropaganda

 

 

Um — wie angestrebt — Bestleistungen, Neuerermethoden, bewährte Formen des SW. usw. innerhalb des gleichen Betriebes, aber vor allem über diesen hinaus in ganzen Industriezweigen oder in der gesamten Volkswirtschaft wiederholen bzw. ebenfalls anwenden zu können, müssen diese veröffentlicht werden. Weiter ist es erforderlich, sie so weit aus den arbeitsplatzspezifischen Bedingungen herauszulösen, also sie zu formalisieren, daß sie vergleich- und übertragbar werden. Zudem erhofft sich die Wirtschaftsführung von dem Herausstellen und der Prämierung sowie der Bevorzugung verdienter einzelner und erfolgreicher Kollektive einen zusätzlichen Anreiz, um die Bereitschaft zur Nachahmung zu verstärken. Diesen Zwecken dient die Produktionspropaganda (P.). Die P. ist Instrument einer „systematischen, zweckbestimmten Aufklärungs-, Überzeugungs- und Erziehungsarbeit“, bei der ideologische und wirtschaftliche Ziele gleichermaßen zum Tragen kommen sollen. Sie soll alle Möglichkeiten zur Förderung des SW. durch Information, öffentliches Lob oder öffentlichen Tadel in Wort (periodische Rechenschaftslegungen, Beratungen zur Wettbewerbsauswertung, Betriebszeitung, Betriebsfunk, Veröffentlichungen in überbetrieblichen Medien, Berichte auf zentralen Versammlungen von Parteien und Massenorganisationen, Wettbewerbslosungen usw.) und Bild (zentrale Wettbewerbstafel, Straße der Besten, Tafeln der sozialistischen Kollektive, der Aktivisten, der besten Neuerer usw.) nutzen. Dabei spielt die moralische Anerkennung von Wettbewerbsleistungen eine besondere Rolle. Eine Vielzahl von staatlichen und betrieblichen Einzel- und Kollektivauszeichnungen, Anerkennungen und Belobigungen (Auszeichnungen) sowie Orden, Medaillen, Ehrenzeichen, -titel und -banner, Wanderfahnen und -wimpel stehen für diese Zwecke zur Verfügung. Die Formen der moralischen Anerkennung sind in aller Regel mit materiellen Vergünstigungen verbunden.

 

E. Mach-Mit-Wettbewerb

 

 

Die Prinzipien des SW. werden in Form des Mach-Mit-Wettbewerbs (MMW.) über den Wirtschaftsbereich hinaus auf die Wohngebiete übertragen (vgl. auch den Abschnitt IV. F.: Wettbewerb um die Anerkennung als „Bereich der vorbildlichen Ordnung, Disziplin und Sicherheit“). Sein jeweiliges Programm wird seit 1972 vom Nationalrat der Nationalen Front der DDR verabschiedet. Der MMW. steht unter der Wettbewerbslosung: „Schöner unsere Städte und Gemeinden — Mach mit“ (aber auch: „Schöner unser Betrieb — Mach mit“). Inhalt dieses Wettbewerbs innerhalb und zwischen Städten, Dörfern, Wohnbereichen, Betrieben und den kommunalen Volksvertretungen ist die Verbesserung der Arbeits-, Lebens- und Wohnbedingungen. Er stellt den Versuch dar, die bisherige ehrenamtliche Beteiligung der Bevölkerung an vergleichbaren Aktionen (Nationales Aufbauwerk (NAW)) zu intensivieren und planmäßig zu gestalten. Zu den Wettbewerbsaufgaben zählen in erster Linie (nicht immer ganz) freiwillige Leistungen beim Um-, Ausbau und der Renovierung von Wohnungen, Gaststätten und Gebäuden des öffentlichen Lebens sowie die Einrichtung und Pflege von Grünanlagen. Der wachsende Umfang, aber auch die zunehmende Bürokratisierung zeigen sich in dem von den örtlichen Staatsorganen ausgearbeiteten, immer differenzierter werdenden Programm des MMW. Es umfaßt u.a. Angebotskataloge, den Abschluß von Ortsgestaltungskonzeptionen, die Ausarbeitung von Mietermitwirkungsverträgen, Hausreparaturplänen oder Grünflächenpflegeverträgen. An dringlichen Instandsetzungsarbeiten wie z.B. an der Aktion „Dächer dicht“ in städtischen Wohngebieten (geplante Laufzeit bis 1987) sind vor allem FDJ-Stoßbrigaden beteiligt. Weitere Wettbewerbsaufgaben sind z.B. die Sammlung und Erfassung von Altmaterialien im Zuge der Sekundärrohstoffversorgung. Der MMW. stellt eine Form der sozialistischen Gemeinschaftsarbeit in den Wohngebieten dar, und es gilt als moralische Pflicht, sich an ihm zu beteiligen. Auch im Rahmen des MMW. soll die Lösung sozialer bzw. ökonomischer Aufgaben mit der ideologischen Erziehung der einzelnen zu „sozialistischen Persönlichkeiten“ und zur Festigung des „sozialistischen Patriotismus“ verbunden werden (Gesellschaftliche Tätigkeit; Persönlichkeitstheorie, Sozialistische).

 

Neue Aufgaben und Impulse werden in jüngerer Zeit von der Übernahme von Aufgaben aus der territorialen Rationalisierung (d. s. Maßnahmen der örtlichen Staatsorgane zur Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen in Territorien sowie zum Ausbau der Infrastruktur, um die ökonomischen Ziele in den Betrieben erreichen zu können) in den MMW. erwartet. In diesem Zusammenhang stehen die Bemühungen, die wechselseitige Ergänzung von Produktionswettbewerb und Wettbewerb im Wohngebiet zu verbessern. — 1983 belief sich laut offiziellen Angaben die Eigenleistung der Bevölkerung allein zur Wohnungserhaltung im Rahmen des MMW. auf rd. 3,6 Mrd. Mark (vgl. Tribüne vom 27. 1. 1984), das sind mehr als 215 Mark pro Kopf der Bevölkerung; diese Summe ist beachtlich, beträgt sie doch etwa einen Wochenlohn oder 2–3 Neubau-Monatsmieten. Städte und Gemeinden, die sich im MMW. besonders hervorgetan haben, erhalten Auszeichnungen und Ehrenurkunden.

 

IV. Spezielle Formen und Methoden des SW.

 

 

Die im Abschnitt III. dargestellten Grundformen und -prinzipien des SW. sind vor allem in jüngerer Zeit immer weiter verfeinert und vielfach kombi[S. 1201]niert worden. Die Ursachen für diese Ausdifferenzierung des Instrumentariums des SW. liegen in den Veränderungen der wirtschaftlichen Situation und in der auf diese reagierenden Wirtschaftspolitik der SED. Im Mittelpunkt stehen die Bemühungen um die Einsparung von Material, Energie und Arbeitskräften. Ferner werden die Beschleunigung des wissenschaftlich-technischen Fortschrittes sowie eine raschere Überführung neuer Produktionsverfahren und Produkte in die Fertigung angestrebt. Den Außenhandelsbeziehungen kommt dabei eine besondere Rolle zu: Exportgüter sollen in Qualität und Kosten mehr als bisher weltmarktfähig werden; andererseits ist die politische Führung bestrebt, den Umfang der Importe zu verringern.

 

In diesem Zusammenhang wird besonderer Wert auf die Berechenbarkeit des SW. gelegt. Nicht nur die Zahl, sondern auch der Stellenwert derjenigen Wettbewerbsformen hat zugenommen, in denen eindeutige, ziffernmäßige Vorgaben gemacht werden. Dadurch ist die schon immer gegebene Verflechtung zwischen Wirtschaftlicher Rechnungsführung und SW. noch enger geworden. Die Wettbewerbsteilnehmer sollen konkrete Kennziffern über Kosten, Material- und Energieeinsatz, Maschinenzeiten usw. erhalten; umgekehrt wird der Wettbewerbsverlauf ständig rechnerisch überprüft und kontrolliert. Seine Ergebnisse finden laufend Eingang in das betriebliche Rechnungswesen.

 

Bis in die 60er Jahre hinein war vor allem der Produktionsprozeß Ort des SW.; nunmehr ist erkannt worden, daß für die Nutzung von Forschung und Entwicklung der produktionsvorbereitenden Phase entscheidende Bedeutung zukommt und sie daher verstärkt in den SW. einbezogen werden muß. War zum Beginn des SW. vor allem die Produktionsarbeiterschaft am SW. beteiligt, sind heute auch die Angehörigen der wissenschaftlich-technischen Intelligenz voll in den Wettbewerb einbezogen.

 

Forschung und Entwicklung erweitern zudem die zeitliche Dimension des SW., weil deren Tätigkeiten nicht nur das laufende Planjahr, sondern wesentlich auch die folgenden betreffen. Stärker noch als in früheren Jahrzehnten gilt daher für den SW., daß seine Aufgaben aus den längerfristigen Betriebsplänen abgeleitet, wie auch — im Umkehrschluß — seine Ergebnisse rechtzeitig in den Planungen berücksichtigt werden müssen.

 

Diese komplizierter gewordenen Aufgabenstellungen im SW. sind — neben mancherlei bürokratischen und betrieblichem Wildwuchs — nicht nur Ursache für die Mannigfaltigkeit von Formen und Methoden des SW., sondern auch für die Schwierigkeiten, die genaue Ausformung und Bedeutung der einzelnen gegenwärtig propagierten konkreten Wettbewerbsmaßnahmen zu ermitteln und darzustellen. Selbst die Bezeichnungen sind keineswegs eindeutig, so daß nicht in jedem Fall festzustellen ist, ob sich hinter differierenden Namen auch sachliche Besonderheiten verbergen. Nachstehend können daher nur die wesentlichen Grundstrukturen beschrieben werden. Die Zuordnung der einzelnen Modelle zu den im Abschnitt III. dargestellten Hauptformen des SW. ist dabei aus den genannten Gründen nicht mehr eindeutig vorzunehmen. Sie sind konkrete Instrumente und spezielle Maßnahmen, in denen in jeweils unterschiedlicher Weise Elemente der Hauptformen zusammengefaßt oder aufgabenspezifisch abgewandelt wurden.

 

A. Persönlich-schöpferische und kollektiv-schöpferische Pläne, persönlich-themengebundenes Planangebot

 

 

1. Persönlich-schöpferische und kollektiv-schöpferische Pläne

 

Persönlich- und kollektiv-schöpferische Pläne (psP. und ksP.) werden seit 1972/73 als besonderes Verfahren innerhalb des SW. propagiert. PsP. enthalten die konkret abrechenbaren Mehrleistungsverpflichtungen auf der Grundlage des aufgeschlüsselten Betriebsplanes und des Haushaltsbuches (vgl. SW. IV. E.). Die Aufstellung der psP. und der ksP. soll grundsätzlich an denjenigen Arbeitsplätzen im Produktionsbereich erfolgen, an denen a) eine meß- und kontrollierbare Erhöhung der Produktivität der Arbeit möglich ist und die b) auch durch die Leistung des Beschäftigten direkt beeinflußt werden kann. Die Einführung vergleichbarer Wettbewerbsformen in der Verwaltung wird abgelehnt. — KsP. können auch dann aufgestellt werden, wenn die Aufschlüsselung der Mehrleistungsverpflichtungen auf den einzelnen Arbeitsplatz nur ungenügend möglich ist oder als Zusammenfassung der einzelnen psP. eines Kollektivs.

 

Die psP. und die ksP. sollen dazu dienen, die bisher vielfach zu beobachtenden, lediglich formalen und ungenügend meßbaren Wettbewerbsverpflichtungen abzulösen. Eine der wesentlichen Aufgaben dieser beiden Wettbewerbsformen besteht in der Aufdeckung von Reserven, z.B. bei der Arbeitszeit. Daher enthalten die psP. und die ksP. vielfach Verpflichtungen zur Anwendung der Methoden der Wissenschaftlichen ➝Arbeitsorganisation (WAO). Die auf diese Weise erzielten Verbesserungen sollen ihren Niederschlag in veränderten Arbeitsnormen (Arbeitsnormung) finden. — PsP. und ksP. sind schriftlich auszuarbeiten, werden vor der Gewerkschaftsgruppe verteidigt sowie dann vom Betriebsleiter bestätigt.

 

Das persönliche Planangebot (pP.) ist als Methode und Bezeichnung jünger als die der psP. Grundsätzlich stimmen beide Formen jedoch überein. Nach der gegenwärtig geltenden offiziösen Definition (Lexikon der Wirtschaft. Arbeit, Bildung, Soziales. Berlin [Ost] 1982) entspricht heute das pP. am besten den Zielen des SW.: Die als Folge konse[S. 1202]quenter Planaufschlüsselung ermittelte konkrete Arbeitsaufgabe soll mittels gezielter und eindeutig abrechenbarer Verpflichtungen überboten bzw. das Leistungsergebnis durch Einsparungen (diese sollen sich z.B. in Fondsrückgaben ausdrücken) verbessert werden. In den pP. komme ebenso wie in den psP. und ksP. ein höheres Niveau des SW. zum Ausdruck. Regelmäßige Rechenschaftslegungen über die jeweils erreichten Ergebnisse und deren kritische Auswertung erfolgen zumeist monatlich oder quartalsweise in den Gruppenversammlungen der Betriebsgewerkschaftsorganisation bzw. in der Mitgliederversammlung der Partei (vgl. Abb.: Beispiel eines persönlichen Planauftrages …).

 

2. Persönlich-themengebundenes Planangebot, persönlich-schöpferischer Paß, Neuererpaß und Forscherkonten

 

Im Zusammenhang mit dem Erlaß einer Reihe von Neuererregelungen für den produktionsvorbereitenden Bereich zu Beginn der 80er Jahre, insbesondere aber durch die Einführung der wirtschaftlichen Rechnungsführung im Bereich Forschung und Entwicklung, wurden vorhandene Formen des SW. weiterentwickelt, z.T. aber auch neue propagiert und eingeführt. Das persönlich-themengebundene Planangebot entspricht im wesentlichen dem pP., richtet sich jedoch nicht auf die Produktion, sondern auf die Erreichung bestimmter wissenschaftlich-technischer Ziele. — Der persönlich-schöpferische Paß ist aus der Übernahme der sowjetischen Santalow-Methode hervorgegangen. Danach übernimmt ein Beschäftigter des ingenieurtechnischen Personals bestimmte wissenschaftlich-technische Wettbewerbsverpflichtungen. Über den Verlauf des Wettbewerbs werden laufend Berichte angefertigt und entsprechend dem des pP. bewertet und abgerechnet. In einer Weiterentwicklung dieser Methoden für das wissenschaftliche Personal im Kombinat Robotron soll sowohl über eine Gehaltszulage als auch durch eine zu verleihende Ehrenurkunde (nebst finanzieller Anerkennung) die Einführung von persönlich-schöpferischen Pässen befördert werden. Das Kombinat erhofft sich davon eine eindeutig zu berechnende Erhöhung des „gesellschaftlichen Nutzens“ der wissenschaftlichen Arbeit. Mit dieser Wettbewerbsmethode sollen für neue Erzeugnisse bzw. Verfahren die an diese gestellten Mindestanforderungen abrechenbar in den SW. einbezogen werden. Das themengebundene Haushaltsbuch, der Neuererpaß (vgl. SW. III. C.), die Abgabe von Überleitungsgarantien oder die Bildung von Themenkollektiven sind lediglich Varianten dieses grundsätzlichen Prinzips.

 

 

 

In jüngerer Zeit wird in der Produktionspropaganda besonders für das Forscherkonto geworben. Erste [S. 1203]Erfahrungen wurden mit derartigen Konten in dem VE Kombinat Leuna gemacht. Auch bei den Forscherkonten geht es um eine Form des themenbezogenen SW., an dem sich ein Forscherkollektiv beteiligt. (Vgl. die Abb.: Muster eines Forscherkontos.) — Gerade in dem Bereich Forschung und Entwicklung wird verstärkt der „Komplexwettbewerb“ propagiert; in dieser Wettbewerbsform werden die verschiedenen Einzelwettbewerbe zusammengefaßt, um die Überführung neuer Produkte und Produktionsverfahren von der Forschung bis zu ihrer Überleitung in die Produktion zu sichern. Mit derartigen Wettbewerbsformen soll der immer erneut kritisierten Innovationsträgheit in Kombinaten und Betrieben entgegengewirkt werden. Berichte über positive Ergebnisse liegen allerdings noch nicht vor.

 

 

B. Initiativschichten, Initiativwochen

 

 

Als „klassisches Vorbild“ der Initiativschichten gelten zwar einerseits immer noch die Subbotniks des Jahres 1919 in Rußland, neuerdings werden jedoch derartige Wettbewerbsinitiativen auf das Jahr 1973 zurückgeführt. Seinerzeit kam es im Rahmen der Zusammenarbeit von sowjetischen und DDR-Stahlwerkern in der Sowjetunion (Magnitogorsk und Tscherepowezk) zu sogenannten „Schmelzen der [S. 1204]Freundschaft“. — Durch Initiativschichten soll nachgewiesen werden, wie innerhalb einer regulären — betriebsorganisatorisch gut, aber nicht außergewöhnlich vorbereiteten — Schicht, höhere Leistungen durch Anwendung verschiedener Rationalisierungsmaßnahmen erbracht werden können. Diese relativ höhere Leistung soll anschließend zur künftigen, ständigen Norm gemacht werden. Entscheidendes Ziel ist also einerseits der Beweis eines mehrfach wiederholbaren Bestwertes („Erkundung von Möglichkeiten …, dauerhafte Best- bzw. Höchstleistungen zu erreichen“; Neuer Weg, Berlin [Ost] 1983, S. 904), andererseits wird aber zugleich erwartet, daß die auf diese Weise gewonnenen Erfahrungen auf dem Wege des Leistungsvergleichs auch in anderen Betrieben Anwendung finden.

 

Im Vordergrund einer methodisch gesicherten Analyse derartiger Wettbewerbsleistungen stehen das Aufdecken von Reserven im Produktionsprozeß sowie die Erfassung von Elementen und Ergebnissen verschiedener, im Zuge der Initiativschicht kombiniert angewandter Wettbewerbs- und Neuerermethoden. Initiativschichten gelten daher auch als Arbeitsstudien spezifischer Art, die gleichermaßen wichtige Erkenntnisse für die Arbeitsnormung und die wissenschaftliche Arbeitsorganisation (WAO) erbringen sollen. In der Wirtschaftspraxis entstanden jedoch wiederholt Probleme bei der Übertragung einmaliger Erfolge von Initiativschichten als ständige Leistung im Produktionsalltag eines Betriebes. Die Kritik in der Fachpresse richtete sich gegen Ende der 70er Jahre außerdem gegen ihre Zweckentfremdung als Sonderschichten oder „Hau-ruck-Aktionen“ zur Aufholung von Planrückständen. Einzelne Betriebe arbeiteten in den 70er Jahren zusätzlich mit dem weiterentwickelten Prinzip von Initiativwochen. — Trotz der geäußerten Kritik gelten die Initiativschichten heute als „republikweit bewährt“ (ebda.).

 

C. Notizen zum Plan

 

 

Als Initiator der 1975 begonnenen „Notizen zum Plan“ wird Karl-Heinz Hübner vom VEB-Reifenkombinat Fürstenwalde genannt. Durch diese Wettbewerbsaktion soll jeder Beschäftigte zur schriftlichen Offenlegung und Analyse aller Schwachstellen und Reserven im eigenen Arbeitsbereich veranlaßt werden. Dazu gehören u.a. kritische Hinweise über Störfaktoren im Planablauf sowie Vorschläge zu ihrer Beseitigung. Neben der dadurch ausgeübten Kontrollfunktion sowohl in der unmittelbaren Umgebung des eigenen Arbeitsplatzes als auch im Brigade- und Abteilungsbereich wird in den von dem jeweiligen Beschäftigten öffentlich zu vertretenden Beobachtungen ein politisch-ideologisches Erziehungsinstrument gesehen und zugleich das damit verbundene persönliche Engagement herausgestellt.

 

„Plan-Notizen“ können sowohl von dem einzelnen Beschäftigten für den eigenen Arbeitsplatz als auch von dafür besonders beauftragten Werktätigen (z.B. Brigadeökonomen) für einen Bereich oder einen Gesamtbetrieb verfaßt werden. Als entscheidend werden die regelmäßige Auswertung durch Meister oder Betriebsleiter, deren Rechenschaftslegung über die daraufhin erfolgte Mängelbeseitigung sowie die Kontrolle durch die Gewerkschaft angesehen. Aus den Notizen zum Plan in ihrer ursprünglichen Fassung sind inzwischen eine Reihe weiterer Varianten entwickelt worden: z.B. Notizen zur Instandhaltung, zur Qualität, zur Arbeit in der Verwaltung.

 

Über die Beteiligung an den Notizen zum Plan liegen keine neueren Angaben vor (zur Jahreswende 1977/78 sollen sich daran rd. 800.000 Werktätige beteiligt haben). Sie gelten ebenfalls als „bewährte Methoden“ des SW. Da die Notizen zum Plan — das regelmäßige Führen und Auswerten dieser Aufzeichnungen vorausgesetzt — eine Fülle von Anregungen ergeben, Schwierigkeiten im Arbeitsablauf deutlich sichtbar machen usw., gelten sie auch als Vorbereitung für die Durchführung von Initiativschichten.

 

 

D. Saldierte Abrechnung des SW.

 

 

Differenzen zwischen tatsächlichem Betriebsergebnis und abgerechneten Wettbewerbsleistungen in einer Zwickauer Maschinenfabrik sollen Anlaß zur Einführung der sogenannten komplex saldierten Wettbewerbsabrechnung gewesen sein. Innerhalb der — auf der Grundlage von Hauptintensivierungsfaktoren — im Haushaltsbuch (vgl. SW. IV. E.) in Komplexen zusammengefaßten Kennziffern (z.B. Arbeitsproduktivität, Rentabilität, Arbeitsvermögen) werden die positiven mit den negativen Ergebnissen der jeweiligen Kostenstelle saldiert. Nur die daraufhin ausgewiesene Differenz gilt als Wettbewerbsleistung.

 

Beträchtliche Probleme ergeben sich jedoch bei diesem Vorgehen aus der Notwendigkeit, exakte Werte durch Planung und Rechnungsführung und Statistik im vorhinein vorzugeben. Ferner führt diese Methode zu dem Zwang, selbstkritisch Angaben über selbst verursachte Verluste (z.B. Mehrkosten und Verlustzeiten) zu machen. Prinzipiell soll diese Methode der Wettbewerbsführung keine Erhöhung des Verwaltungsaufwandes zur Folge haben. Die in der Regel monatliche Abrechnung — zumeist auf Brigade- oder Abteilungsebene — gilt als geeignete Form, um das leistungswirksame Ergebnis der Anstrengungen jedes Betriebskollektivs sichtbar zu machen.

 

Ferner sollen mit der saldierten Abrechnung — entsprechende Vorgaben und Bewertungen vorausgesetzt — die Resultate aller Arbeitskollektive im SW. vergleichbar werden. Einbezogen in diese Ab[S. 1205]rechnungen werden vor allem die folgenden anderen Wettbewerbsformen: persönlich- und kollektiv-schöpferische Pläne, persönliche Planangebote, Notizen zum Plan, Initiativschichten.

 

E. Haushaltsbuch

 

 

Die Führung eines sogenannten Haushaltsbuches (H.) wurde erstmals 1963 vorgeschlagen. Das H. ist seitdem in der Mehrzahl der Kombinate und Betriebe eingeführt. Im Rahmen der innerbetrieblichen Wirtschaftlichen Rechnungsführung gilt das H. als „wissenschaftliches“ Instrument der Planung, Abrechnung und Analyse (Rechnungswesen). Im Rahmen des SW. hat es Stimulierungs- und Kontrollaufgaben zu erfüllen, da es als ein ständiger Soll-/Ist-Vergleich der Planerfüllung und der damit verbundenen Prämienerwartungen laufend Auskunft über den Stand im Wettbewerb gibt. Das H. erfüllt derzeit eine wichtige Klammerfunktion zwischen Plandurchführung, SW. und ökonomischer Stimulierung.

 

Gemäß der staatlichen Richtlinie von 1971 (GBl. II, S. 237) sind im H. vor allem solche Leistungskennziffern (in der Regel: Wertkennziffern) vorzugeben und abzurechnen, die von den Beschäftigten des Produktionsbereiches direkt beeinflußt werden können. Als Vorgabe für das H. werden daher wichtige zusammengefaßte Kennziffern (zwischen 4 und 8) empfohlen, die ihrerseits aus den Kennziffern der betrieblichen Hauptaufgaben abzuleiten sind. Die Einführung der saldierten Abrechnung des SW. im H. (vgl. SW. IV. D.) wird als konsequente Weiterentwicklung dieses Verfahrens interpretiert.

 

Mit dem H. soll einem wichtigen Grundsatz des SW. besser als früher Rechnung getragen werden. Für die Auslösung und den Ablauf von Wettbewerbsinitiativen ist entsprechend dem Prinzip der Materiellen Interessiertheit eine für jeden Beschäftigten verständliche Darstellung des Zusammenhangs zwischen persönlicher Leistung und Prämie Voraussetzung. Dabei geht es also vor allem um eine ausreichende Transparenz des funktionalen Zusammenhangs zwischen der Leistung des einzelnen Werktätigen bzw. des Produktionsbereiches und dem Betriebsergebnis (Kosten-Nutzen-Denken) und ein hieraus abgeleitetes Wettbewerbsverhalten (höhere Leistung und größere Sparsamkeit beim Material-, Energie- und Maschineneinsatz). Unter dem Aspekt der individuellen Stimulierung werden daher wichtige Leistungskennziffern mit Berechnungskoeffizienten der Prämienordnung in möglichst überschaubarer Weise gekoppelt. Schließlich soll mit Hilfe des H. und der saldierten Abrechnung des SW. der inner- und zwischenbetriebliche Leistungsvergleich durch die Verfügbarkeit konkreter Zahlen und Daten verbessert werden.

 

Inzwischen ist auch die Wettbewerbsform des H. weiter spezifiziert worden. Es wird zwischen einem persönlichen H. und einem kollektiven H. unterschieden. Ferner gibt es kostenstellenbezogene (aufgabenbezogene) H. (sie finden überwiegend im Produktionsbereich Verwendung) und themenbezogene H. (sie finden sich in der Regel in den produktionsvorbereitenden Bereichen). Der möglichst in kurzen zeitlichen Abständen zu erbringende Leistungsnachweis und die damit möglich werdende Auskunft über den Wettbewerbsstand (er wird in einigen Betrieben bereits täglich durch Einsatz von EDV erbracht) informieren gleichzeitig über den sich daraus ergebenden Prämienanteil.

 

Aufgrund von Schwierigkeiten z.B. bei der Aufschlüsselung von Kennziffern und deren Abrechnung im H. ist trotz der staatlichen Richtlinie in einer Anzahl von Betrieben das H. jedoch noch immer nicht eingeführt worden. — Um das Verständnis von Kostenproblemen zu fördern und die Kostenkontrolle zu effektivieren, sind bei der Auswertung des H. seit einigen Jahren in einer Reihe von Betrieben ehrenamtliche, besonders fachlich und ideologisch geschulte Brigadeökonomen (B.) als Berater („ökonomisches Gewissen“) der Brigadiere eingesetzt. Neben anderen Funktionen hat der B. vor allem die Senkung der Selbstkosten und die Qualitätserhöhung durch das „System der fehlerfreien Arbeit“ (Qualität der Erzeugnisse) zu fördern. Ferner soll er aktuelle Wettbewerbsprobleme erläutern und monatliche Rentabilitätsberatungen im Brigadebereich durchführen.

 

 

[S. 1206]Die 1950 nach sowjetischem Vorbild eingeführte Methode des persönlichen Kontos (pK.) hatte ebenfalls den Zweck, eine exakte Buchführung eines die Beschäftigten oder einer Brigade (Brigadekonto) über Einsparung an Material und geringwertigen Arbeitsmitteln zu ermöglichen. Auch diese Wettbewerbsmethode war mit entsprechenden Prämien verbunden. Durch das H. kann diese Form der Wettbewerbsstimulierung und -abrechnung heute als überholt angesehen werden.

 

 

F. Wettbewerb um den Titel „Bereich vorbildliche Ordnung, Disziplin und Sicherheit“

 

 

Diese relativ neue Form des SW. reicht über die Betriebe und Kombinate hinaus. Sie wurde zuerst 1972 vom Rat des Bezirks Halle angewendet (z. T. wurde in die Losung auch „Sauberkeit“ aufgenommen). Der Beschluß über die „Verbesserung der Rechtsarbeit“ in der Volkswirtschaft (GBl. I, 1974, S. 32) betont dann seinerseits die Bedeutung dieses Wettbewerbes auch für den Wirtschaftsbereich.

 

[S. 1207]Im Mittelpunkt dieser Form des SW. steht eine „Verbesserung der Rechtserziehung und Rechtspropaganda“ in Betrieben ebenso wie in den Kommunen. Sie richtet sich gegen „alle Erscheinungen einer liberalen Einstellung gegenüber rechtlichen Pflichten“, wie z.B. mangelnde Arbeits-, Plan- und Vertragsdisziplin. Mit ihr soll aber auch der Kampf gegen kriminelle Delikte (Diebstahl oder Bereicherung auf Kosten der Gesellschaft) verbessert werden. Sie dient nicht zuletzt dazu, dem Nachlassen von Arbeitsmoral und -disziplin in den Betrieben entgegenzuwirken. Aber auch außerhalb der Betriebe läßt sich eine zunehmende Mißachtung rechtlicher Vorschriften im gesellschaftlichen Leben beobachten.

 

Im AGB von 1977 wurde die „Festigung von Ordnung, Disziplin und Sicherheit“ (§ 35, Abs. 2) ausdrücklich als ein Wettbewerbsziel aufgenommen.

 

Inzwischen sind eine ganze Reihe von Kollektiven und Gemeinden mit entsprechenden Titeln ausgezeichnet worden (bis 1982: rd. 75.000). Die Neufassung der Ordnung zum Titel „Kollektiv der sozialistischen Arbeit“ (GBl. I, 1982, S. 607) sieht jedoch die Auszeichnung von ganzen Betrieben nicht mehr vor. Zur Begründung wurde angeführt, daß Ordnung, Sicherheit und Disziplin unabdingbare Voraussetzungen des Funktionierens eines VEB seien und damit nicht Gegenstand des SW. werden können (§§ 2 Abs. 3 u. 5). Weiterhin ausgezeichnet werden aber Betriebsabschnitte, Betriebsabteilungen sowie Betriebsteile.

 

Die Einhaltung der Rechtsnormen und der betrieblichen Vorschriften scheint jedoch noch immer unbefriedigend. Ein Beschluß des Sekretariats des Zentralkomitees (ZK) der SED vom 23. 4. 1983 verpflichtet die Grundorganisationen der SED dazu, gegen derartige, weiter bestehende Mängel anzugehen (Neuer Weg, Berlin [Ost] 1983, S. 359). Ebenso wurden die Bedingungen für die Verleihung des Titels „Bereich der vorbildlichen Ordnung, Disziplin und Sicherheit“ verschärft. Die vom Bundesvorstand des FDGB für 1984 verabschiedete Wettbewerbsorientierung verpflichtet ebenfalls die Betriebsgewerkschaftsorganisationen, die Einhaltung von Ordnung, Disziplin und Sicherheit in den Betrieben zum Gegenstand von Wettbewerbsanstrengungen zu machen.

 

G. Sonstige Methoden und Formen des SW.

 

 

Diese Darstellung der verschiedenen in der DDR verwendeten Formen und Methoden des SW ist keineswegs vollständig. Sie beschränkt sich hier lediglich auf die wichtigsten Formen. Eine Reihe weiterer sind in speziellen Stichworten dieses Handbuches behandelt. Z.B. Pflichtenhefte (Kammer der Technik [KdT]; Planung, II.; Qualität der Erzeugnisse, III.), System der fehlerfreien Arbeit, Verpflichtungen zur Erhöhung der Qualität der Erzeugnisse, Verbesserungen der Industriellen ➝Formgestaltung. Die vorherrschende Wettbewerbslosung in der Qualitätsbewegung lautet: „Meine Hand für mein Produkt“. Weiterhin sollen [S. 1208]z.B. die „Fondsrückgabe“ bzw. der „Fondsrückgabescheck“ — unterstützt durch entsprechende Prämien — den einzelnen dazu veranlassen, mit dem Material sparsamer umzugehen; dieses kommt auch in einem entsprechenden Wettbewerbsmotto zum Ausdruck: „Mit weniger Material effektiver produzieren.“ — Von erheblicher Bedeutung ist schließlich auch die „Schwedter Initiative“, bei der unter der Losung „Weniger produzieren mehr“ vor allem Arbeitskräfte freigesetzt werden sollen. Dieses Ziel soll durch den konzentrierten Einsatz der verschiedensten Wettbewerbsmethoden und -formen, die besonders geeignet sind, Arbeitszeitreserven aufzudecken, sowie durch die Anwendung der Methoden der Wissenschaftlichen Arbeitsorganisation (WAO) erreicht werden.

 

Kurt Erdmann

 

Literaturangaben

  • Zur saldierten Abrechnung des sozialistischen Wettbewerbs im Haushaltsbuch. Berlin (Ost): Tribüne 1979.
  • Arbeitsökonomie. Lehrbuch. Berlin (Ost): Die Wirtschaft 1982.
  • Arbeitsrecht von A bis Z. Lexikon. Autorenkoll. u. Ltg. v. F. Kunz. Berlin (Ost): Staatsverl. d. DDR 1983.
  • Bandel, G., u. W. Schuenke: Bestleistungen sind Maßstab für alle. Wettbewerbsinitiatoren aus der Metallindustrie stellen sich vor. Berlin (Ost): Tribüne 1977.
  • Belwe, K.: Mitwirkung im Industriebetrieb der DDR. Opladen: Westdeutscher Verl. 1979.
  • Buck, H. F.: Forschungs- und Technologiepolitik in der DDR — Ziele, Lenkungsinstrumente, Mobilisierungsmittel und Ergebnisse, in: Das Wirtschaftssystem der DDR. Hrsg.: G. Gutmann. Stuttgart, New York: Fischer 1983.
  • Dörschel, E.: Sozialistische Demokratie in der Produktion. Berlin (Ost): Dietz 1983.
  • Erdmann, K.: Der Gegenplan 1974 — ideologische und ökonomische Aspekte, in: FS-Analysen H. 2, 1974. Berlin: 1974.
  • Erdmann, K.: Zur Rolle betrieblicher Ordnungen als rechtliche Gestaltungsform im Wirtschaftsprozeß der DDR, in: Recht, Wirtschaft, Politik im geteilten Deutschland. Festschr. f. S. Mampel. Hrsg.: G. Zieger. Köln: Heymanns 1983.
  • Förster, W.: Rolle und Wertung des Leistungsprinzips in den kommunistischen Staaten, in: Sinn und Unsinn des Leistungsprinzips. München: dtv 1974.
  • Initiativen für hohe Effektivität und Qualität. Sowjetische Wettbewerbserfahrungen und Neuerermethoden. Berlin (Ost): Tribüne 1979.
  • Katalog bewährter Methoden der sozialistischen Betriebswirtschaft, in: Sozialistische Finanzwirtschaft, H. 5.1982 bis H. 5.1983. Berlin (Ost): Die Wirtschaft 1982 f.
  • Leiter. Kollektiv. Persönlichkeit. Handbuch für die sozialistische Leitungstätigkeit. Autorenkoll. u. Ltg. v. K. Ladenack. 5., wesentl. überarb. Aufl. Berlin (Ost): Die Wirtschaft 1982.
  • Neuereraktiv. 2., durchges. Aufl. Berlin (Ost): Tribüne 1983. (Die Kommissionen der Betriebsgewerkschaftsleitung.)
  • Otto, W.: Ökonomische Strategie und volkswirtschaftliche Masseninitiative. Berlin (Ost): Staatsverl. d. DDR 1984.
  • Pettersch, H.: Wettbewerbsverpflichtungen konkret und abrechenbar. Berlin (Ost): Tribüne 1983.
  • Stimulierung in Industriebetrieben und Kombinaten. Autorenkoll. u. Ltg. v. H. Finger u. W. Gertich. Berlin (Ost): Die Wirtschaft 1982.
  • Theuer, G.: Kollektiv der sozialistischen Arbeit. Fragen und Antworten. Berlin (Ost): Tribüne 1983.
  • Wunsch, R.: Plan des Meisters und Wettbewerbsinitiative des Arbeitskollektivs. Berlin (Ost): Tribüne 1982.

 

Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 1192–1208


 

Sozialistische Wirtschaftsführung A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Sozialistisches Weltsystem

 

Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

Ausführliche Informationen zu den Handbüchern finden Sie hier.