
Todesstrafe (1985)
Siehe auch die Jahre 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979
In der sowjetischen Besatzungszone (SBZ) bzw. in der DDR hat es stets die T. gegeben.
Auch das StGB vom 12. 1. 1968 hat die T. beibehalten. Sie wird, soweit das Gesetz sie zuläßt, gegen Personen ausgesprochen, die besonders schwere Verbrechen begangen haben (§ 60). Die T. ist mit der dauernden Aberkennung staatsbürgerlicher Rechte verbunden. Vollstreckt wird die T. durch Erschießen. Bis zum Inkrafttreten des neuen StGB wurden zum Tode Verurteilte enthauptet. Die T. ist wahlweise neben der Freiheitsstrafe angedroht: bei Mord (§ 112), bei folgenden Aggressionsverbrechen: Planung und Durchführung von Aggressionskriegen (§ 85), Vorbereitung und Durchführung von Aggressionsakten (§ 86), Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 91) und Kriegsverbrechen (§ 93); bei folgenden Staatsverbrechen : Hochverrat (§ 96), Spionage (§ 97), Terror (§§ 101, 102), Diversion (§ 103), Sabotage (§ 104); gemäß § 283 in besonders schweren Fällen von 9 Militärstraftaten, soweit diese im Verteidigungszustand oder bei kriegerischen Auseinandersetzungen begangen werden.
Gegen Jugendliche darf die T. nicht verhängt werden. Gegen Frauen, die z. Z. der Tat, der Verurteilung oder der Vollstreckung schwanger sind, darf die T. nicht ausgesprochen bzw. vollstreckt werden. Auch Geisteskranke dürfen nicht hingerichtet werden.
Wie sich aus einer vom Generalstaatsanwalt und Ministerium der Justiz der DDR 1964 veröffentlichten Dokumentation, ergänzt durch spätere Pressemeldungen, ergibt, sind seit 1945 durch Gerichte der SBZ/DDR 122 Todesurteile wegen nationalsozialistischer Gewaltverbrechen verhängt worden, 32 davon in den 1950 durchgeführten Waldheimer Geheimprozessen (Kriegsverbrecherprozesse).
Über die aus anderen Gründen verhängten Todesurteile liegen keine offiziellen Informationen seitens der DDR vor. Nach westlichen Beobachtungen sind von 1951 bis 1967 mindestens 77 Todesurteile wegen Staatsverbrechen (davon allein 13 im Juli 1953, 23 im Jahre 1955) sowie 22 Todesurteile wegen Mordes verhängt worden. Seit dem Inkrafttreten des neuen StGB am 1. 7. 1968 ist die T. nur noch selten angewandt worden. Es sind seitdem nur ein Todesurteil wegen Spionage (1975) sowie, durch Berichte in der Presse der DDR, 3 Todesurteile gegen Kriegsverbrecher und 1 Todesurteil wegen Mordes (Februar 1974) bekannt geworden. Selbst in Strafverfahren wegen Mordes wird in der Regel nicht mehr die T. verhängt, sondern auf lebenslängliche Freiheitsstrafe erkannt.
Todesurteile sind grundsätzlich vollstreckt worden. Begnadigungen, für die seit 1960 der Staatsrat zuständig ist (Art. 74 Abs. 2 der Verfassung), sind nur in seltenen Ausnahmefällen vorgekommen.
Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 1359