DDR von A-Z, Band 1985

 

Umweltschutz (1985)

 

 

Siehe auch die Jahre 1975 1979

 

I. Ursachen und Gefahren der Umweltverschmutzung

 

 

Die Gesundheit des Menschen sowie der Tier- und Pflanzenwelt wird heute auch in der DDR zunehmend durch Schadstoffe der belebten und der unbelebten Natur beeinträchtigt, insbesondere durch chemische Faktoren. Luft, Wasser, Boden und Pflanzen werden verunreinigt. Derartige Umweltschäden nehmen ständig zu: über Nahrungsmittel oder direkte Kontakte wirkt sich dies nachteilig auf die menschliche Gesundheit aus.

 

Die Luftverunreinigung wird vor allem durch Staub, durch Industrieabgase und Rußbildung der Feuerungsanlagen der Haushalte — mit Schwefeldioxyd (SO₂) u.a. — sowie durch Kraftfahrzeug- und Flugzeugabgase mit den Hauptschadstoffen Blei (Pb), Kohlenmonoxyd (CO), Benzpyren hervorgerufen. Dabei wird nicht nur die Gesundheit des Menschen beeinträchtigt und die Pflanzen- und Tierwelt geschädigt, es treten als Folgeerscheinungen auch erhöhte Korrosions- sowie Produktionsschäden in Industrie und Landwirtschaft auf.

 

Welche Auswirkungen allein für die Gesundheit eintreten, verdeutlicht, daß nach DDR-Berechnungen eine Senkung der Emissionen in stärker belasteten Gebieten auf die Hälfte eine Minderung der allgemeinen Sterberate um 4,5 v.H., eine Erhöhung der durchschnittlichen Lebenserwartung um rund 4 Jahre, einen Rückgang der bösartigen Geschwulste der Atemwege um ein Viertel sowie eine Verminderung um 10–15 v.H. der Herz- und Kreislauferkrankungen bewirken würde.

 

 

Bei der Wasserverschmutzung erweist sich das Problem der Abwässer — z.B. Überschußkühlwasser von Kraftwerken (5 v.H. des Wasserdurchlaufs der DDR gehen als Kühl- und Brauchwasser an Kraftwerke), ölhaltige Abwässer, Entsalzungswässer, Verunreinigungen durch Farben und Chemikalien — als besonders gefährlich. Sie beeinträchtigen nicht nur die Trink- und Brauchwasserversorgung des Menschen, sondern auch die Sauberhaltung der Flüsse, Binnengewässer und Meere. Während die Meere zunehmend organische und mineralogische Verschmutzungen mit den bekannten Gefahren für den Nahrungsmittelkreislauf sowie auch Radioaktivität aufweisen, zeigen die Binnengewässer durch Abwässer hervorgerufene starke Störungen des biologischen Gleichgewichts. Infolge von Temperaturerhöhungen durch industrielles Kühlwasser, durch nährstoffhaltige Abwässer oder durch Auswaschungen von auf Äckern verteilten Düngemitteln wird über ein stimuliertes Wachstum von Flora und Fauna Sauerstoffmangel ausgelöst, der schließlich Fäulnisprozesse anregt. Einzelne Flüsse wie Saale und Weiße Elster gelten bereits als hochgradig verunreinigt.

 

Bei der Bodenverschmutzung handelt es sich einerseits um die Entziehung landwirtschaftlichen Bodens aus der herkömmlichen land- und forstwirtschaftlichen Nutzung, insbesondere zur Nutzung für den Braunkohlenbergbau, dem in der DDR große Bedeutung zukommt (Energiewirtschaft; Landeskulturgesetz). Dabei können auch angrenzende land- und forstwirtschaftliche Bodenflächen durch die für den Tagebau notwendige Grundentwässerung Schaden nehmen. Andererseits sind es Devastierungen des Bodens durch agrarischen Raubbau, übermäßigen Einsatz von Bioziden, Übermeliorationen, ungeordnete Abfallagerung und Verkippen von Abraummassen, Bodenvergiftung sowie Grund[S. 1370]wasserverseuchung. Hierzu zählen auch die in den letzten Jahrzehnten stark gestiegenen Beeinträchtigungen durch den sog. Fallout. Eine Reihe von Schadstoffen gelangt als Folge chemischer und technischer Prozesse aus der Luft bzw. über das Wasser oder direkt bei der Bodenbearbeitung — als Dünge-, Pflanzenschutz- und Schädlingsbekämpfungsmittel (Insektizide, Herbizide, Fungizide und Pestizide) — in den Boden und auf Ernteprodukte. Auf dem Erntegut zurückbleibende Rückstände dieser Wirkstoffe gelangen schließlich über die Nahrungsaufnahme in den menschlichen und tierischen Organismus. Die bei der Bodenbearbeitung tätigen Personen können zudem auch durch direkten Kontakt mit diesen Stoffen Schäden erleiden.

 

Im Zusammenhang mit der Bodenverschmutzung existiert das Problem der Abfallprodukte. Es besteht nicht nur in der Verschmutzung der Landschaft — z.B. durch illegale Müllablagerungen —, sondern auch in der Gefahr der Störungen der natürlichen Landschaftsstruktur (z.B. durch Verunreinigung des Grundwassers, durch Ansammlung von Ungeziefer) oder aber der Anreicherung des Bodens mit Schadstoffen. In der DDR fallen jährlich allein über 23 Mill. t Müll und Abwasserschlamm in den Städten und Gemeinden an sowie viele Mill. t Aschen aus den Kraftwerken, die in geordneter Deponie abgelagert werden müssen oder z.T. zur Gewinnung von Sekundärrohstoffen herangezogen werden können.

 

Die zunehmende Lärmbelästigung erweist sich als bedeutender Störfaktor, da in der DDR lärmbedingte Berufskrankheiten mit einem Anteil von über 50 v.H. seit Mitte der 60er Jahre an der Spitze der Berufserkrankungen stehen. Quelle der Lärmbelästigung ist neben dem Lärm der Produktionsstätten vor allem der Straßenverkehr. Geht man davon aus, daß drei Viertel der Bevölkerung der DDR in Städten lebt und berücksichtigt man davon die Hälfte, so dürften ca. 6 Mill. Menschen ständiger Lärmeinwirkung ausgesetzt sein.

 

Besonderes Gewicht kommt der Verhinderung von Strahlenschäden zu (weiterer Bau und Ausbau von Atomkraftwerken [Energiewirtschaft], Verwendung radioaktiver Stoffe). Für den Schutz von Personen, die beruflich Strahlenbelastungen ausgesetzt sind, für die Lagerung radioaktiver Abfälle, für den Betrieb von Atomkraftwerken usw. sind daher zahlreiche rechtliche Regelungen getroffen worden (Nuklearer Umweltschutz).

 

II. Besonderheiten des Umweltschutzes der DDR

 

 

Die DDR hat mit spezifischen Umweltproblemen zu kämpfen:

 

a) Die Braunkohle als Primärenergiebasis führt — wegen der Braunkohlenverbrennung in Industrie und Haushalt — zu einer besonders hohen Luftverschmutzung durch Schwefeldioxyd, Staub und Asche, die sich besonders stark in den Ballungsgebieten von Industrie und Bevölkerung (z.B. in den Bezirken Halle, Dresden, Karl-Marx-Stadt und Leipzig) auswirken.

 

Die schwierige Devisen- und Rohstofflage der DDR und die Kürzung der Erdöllieferungen durch die Sowjetunion führten zu Beginn der 80er Jahre zu einer Renaissance der Braunkohle. So ist eine Ausweitung der Braunkohlenförderung von 258 Mill. t (1980) auf 295 Mill. t (1985) und bis 1990 auf 300 Mill. t vorgesehen.

 

In den letzten 25 Jahren hat sich der Anteil der schwefelärmeren Lausitzer Kohle an der Gesamtförderung fast verdoppelt. Diese Strukturverschiebung war unter Umweltaspekten günstig zu beurteilen. Denn die Rohbraunkohle aus dem Raum Halle/Leipzig ist zwar infolge ihres hohen Heizwertes und ihrer Verwendbarkeit in der Kohlenchemie (hoher Teergehalt) der Lausitzer Kohle überlegen, sie ist jedoch wegen ihres reichlich dreifachen Schwefelgehaltes besonders umweltschädlich.

 

Die nunmehr geplante Zunahme der Gesamtförderung wird bis 1990 nur möglich sein, wenn wieder in stärkerem Umfang Kohle aus der Region Halle/Leipzig gewonnen wird. Dies bringt wegen des geschilderten Schwefelgehaltes zusätzliche Belastungen.

 

Aus Untersuchungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung Berlin (West) (Wochenbericht Nr. 4/1983) ergibt sich, daß die zu erwartende Zunahme der Schwefeldioxyd-Emissionen bedenklich ist: Nach eigenen Angaben wies die DDR bereits in den 70er Jahren mit jährlich 37 Tonnen (Bundesrepublik Deutschland 14,5 Tonnen) die [S. 1372]höchste Schwefeldioxyd-Emission je Quadratkilometer in Europa auf. Berechnungen des DIW zeigen, daß bereits dieser Wert um mindestens 25 v.H. nach oben korrigiert werden muß.

 

Die Zunahme der SO₂-Gesamtemission wird von einer Verschlechterung der regionalen Emissionsstruktur begleitet. Nahezu die Hälfte der Schwefeldioxyd-Emission ist auf den Raum Halle/Leipzig konzentriert (vgl. nachstehendes Schaubild).

 

 

Hinzu kommt, daß der Braunkohlentagebau eine hohe Inanspruchnahme land- und forstwirtschaftlicher Nutzfläche erfordert, was sich beeinträchtigend auf die land- und forstwirtschaftliche Erzeugung auswirkt.

 

b) Die Wasserwirtschaft befindet sich in einer besonders prekären Situation, da die Inanspruchnahme des Wassers außerordentlich hoch ist. So stehen je Kopf der Bevölkerung pro Jahr nur rd. 880 m³ Wasser — in Trockenjahren lediglich 430 m³ — zur Verfügung bei einem derzeitigen Gesamtverbrauch von fast 10 Mrd. m³. Für die Bundesrepublik Deutschland beträgt der gegenwärtige Verbrauch gut 30 Mrd. m³ und wird bis zum Jahre 2.000 auf 41 Mrd. m³ ansteigen.

 

Da nur 17 v.H. der Hauptwasserläufe — nach entsprechender Wasseraufbereitung — zur Trinkwasserversorgung herangezogen werden können, muß das Wasser in industriellen Ballungsgebieten bis zu fünfmal genutzt werden. Damit beträgt der Nutzungsgrad das Doppelte bis 4fache der Nachbarstaaten. Regional konzentriert sich die Wasserverschmutzung besonders auf den — von chemischen Betrieben dichtbesiedelten — Raum Halle, Leipzig und Bitterfeld, erheblich weniger entfällt auf die nördlichen Gebiete und die Umgebung Berlins.

 

In der DDR wurden von 1945 bis Anfang 1984 125 Talsperren, Rückhaltebecken und andere Wasserspeicher mit einem Speicherraum von nahezu 800 Mill. m³ gebaut. Der gesamte Stauraum vermag gegenwärtig 1,4 Mrd. m³ Wasser zu speichern. Die Tagesleistung der vorwiegend auf der Grundlage mechanischer Reinigungsverfahren arbeitenden Kläranlagen beträgt z. Z. nur rd. 7 Mill. m³ Wasser. Trotz dieser inzwischen erreichten Speicher- und Klärkapazität wird der Bedarf an Trink- und Brauchwasser nur unzureichend gedeckt. Insbesondere in Trockenjahren treten regional größere Engpässe bei der Wasserversorgung auf.

 

c) Das Müllproblem gestaltet sich etwas einfacher als in westlichen Industrieländern, da in der DDR ein Engpaß an Verpackungsmaterialien gegeben ist und die generelle Rohstoffknappheit zu stärkerem Einsatz von Sekundärrohstoffen zwingt. So spielen beispielsweise die Nutzung von Schrott und Altpapier sowie die Verwendung von Schlacken und Aschen als Baustoffe schon seit langem eine erhebliche Rolle. Dennoch fallen heute jährlich mehr als 23 Mill. m³ Müll an. Ab 1990 dürften es über 30 Mill. m³ sein, die in geordneten Deponien abgelagert, durch Verbrennung beseitigt und — soweit möglich — in Humus umgewandelt werden müßten. Bislang erfolgte jedoch die Ablagerung von Abfallstoffen aus der Produktion und von Siedlungsabfällen vor allem auf „wilden“ Müllkippen; eine erste geordnete Deponie wurde 1972 im Kreis Döbeln angelegt. Kompostierungswerke größerer Kapazität zur Verarbeitung von Siedlungsabfällen fehlen bisher oder sind noch im Aufbau. Vorrangiges Ziel der DDR dürfte daher die Schließung wilder Müllkippen zugunsten geordneter Deponien sein, da die Realisierung weitergehender Programme vorläufig an den hohen Kosten scheitern dürfte.

 

Zur Zeit arbeitet in der DDR lediglich eine Müllverbrennungsanlage, die nach eigenen Angaben der DDR wegen Luftverunreinigungen zu hohe Umweltbelastungen mit sich bringt. Deshalb ist gegenwärtig nicht vorgesehen, weitere Müllverbrennungsanlagen zu bauen.

 

III. Politisch-ideologische Aspekte

 

 

In der DDR wird immer wieder betont, daß die kapitalistische Gesellschaftsordnung wegen ihres Profitstrebens für das hohe Ausmaß der Umweltverschmutzung verantwortlich sei: Lediglich aufgrund der Initiativen einzelner Persönlichkeiten seien im Kapitalismus Landschaftsschutzgebiete zum Schutze der Natur vor dem Menschen angelegt worden. Demgegenüber soll im Sozialismus die Natur für den Menschen geschützt werden. Der „Raubbau an der natürlichen Umwelt“ sei ein typisches Merkmal des Kapitalismus, während der Sozialismus den U. nicht nur als bloße Abwehrmaßnahme verstehe, sondern eine aktive zukunftsbezogene Umweltgestaltung anstrebe. In der kapitalistischen Gesellschaftsordnung vollziehe man zwar auch eine „Reparatur von Umweltschäden“, jedoch sei der U. dabei eine neue Profitquelle. Demgegenüber wolle der Sozialismus eine bewußte und planmäßige Gestaltung der Lebensumwelt.

 

Die Existenz von Umweltproblemen wird als Hinterlassenschaft des Imperialismus bezeichnet. Man spricht von einem traurigen Erbe, das die DDR anzutreten hatte, denn beispielsweise seien nach 1945 für industrielle, mit Verbrennungsvorgängen verknüpfte Produktionsprozesse praktisch keine Abgasreinigungsanlagen vorhanden gewesen, da diese Probleme vor und im II. Weltkrieg völlig vernachlässigt worden seien. Es wird interessanterweise hinzugefügt, daß in der DDR nach dem Kriege die Anstrengungen zunächst dem Wiederaufbau galten und deshalb längere Zeit auch wieder die Aufgaben der Reinigung der Abgase und des Wassers zurückgestellt werden mußten. Der ideologischen Verknüpfung von Umweltproblematik und Wirtschaftssystem ist entgegenzuhalten, [S. 1373]daß jede Produktion — unabhängig vom Wirtschaftssystem — als Umwandlungsprozeß von Gütern einer Produktionsstufe zu solchen einer anderen Stufe immer einen nicht zu nutzenden Rest hinterläßt, der dann im Wasser, in der Luft oder auf Abraumhalden wiedergefunden werden kann. Selbst der Konsum ist eine Umwandlung in nur teilweise oder gar nicht verwendbare Abfallprodukte. Mit diesem Tatbestand sind Produktion und Verbrauch in allen Wirtschaftssystemen konfrontiert. Entscheidend ist, daß der Erkenntnisstand über die Gefahren der „Abfälle“ sowie über die Möglichkeiten ihrer Vermeidung bzw. Einschränkung erheblich hinter der Entwicklung der Produktionsprozesse hinterherhinkt, zumal die Orientierung auf starkes Wachstum — auch in sozialistischen Volkswirtschaften — Produktivitätsfortschritten erheblich höhere Priorität einräumt als der Durchführung kostspieliger U.-Maßnahmen.

 

IV. Gesetzliche Regelungen in der DDR

 

 

Bereits im Artikel 15 der Verfassung der DDR (1974) heißt es: „(1) Der Boden der DDR gehört zu ihren kostbarsten Naturreichtümern. Er muß geschützt und rationell genutzt werden. Land- und forstwirtschaftlich genutzter Boden darf nur mit Zustimmung der verantwortlichen staatlichen Organe seiner Zweckbestimmung entzogen werden. (2) Im Interesse des Wohlergehens der Bürger sorgen Staat und Gesellschaft für den Schutz der Natur. Die Reinhaltung der Gewässer und der Luft sowie der Schutz der Pflanzen- und Tierwelt und der landschaftlichen Schönheiten der Heimat sind durch die zuständigen Organe zu gewährleisten und sind darüber hinaus auch Sache jedes Bürgers.“ Gesetzliche Basis des U. ist das auf dieser Verfassungsnorm aufbauende Landeskulturgesetz vom Mai 1970 mit mehreren Durchführungsverordnungen und Durchführungsbestimmungen. Daneben ist auf eine ganze Reihe von Sondergesetzen hinzuweisen. Von diesen verdienen besonders hervorgehoben zu werden: das die Instandhaltung und Nutzung der Gewässer sowie den Schutz vor Hochwassergefahren regelnde Wassergesetz von 1963 (GBl. I, S. 77 ff.) mit mehreren Durchführungsverordnungen sowie speziellen Gesetzen bezüglich der Reinhaltung des Wassers (GBl. II, 1970, S. 659 ff.; II, 1971, S. 25 ff.; I, 1974, S. 349 ff.; I, 1978, S. 50 ff.), das neue Wassergesetz von 1982 (GBl. I, S. 467 ff.); 2. DB zum Wassergesetz-Abwassergeld und Wassernutzungsgeld vom 2. 7. 1982 (GBl. I, S. 485 ff.), AO über Abwassereinleitungsentgelt vom 2. 2. 1984 (GBl. I, S. 70 ff.), die Bodennutzungsverordnung von 1981 (GBl. I, S. 105 ff.), die die alte von 1964 (GBl. II, 1965, S. 233 ff.) sowie spezielle Verordnungen (1968, S. 295 ff. und S. 363 ff., sowie 1971, S. 245 ff.) abgelöst hat, die neue Verordnung über die Bodennutzungsgebühr (GBl. I, 1981, S. 116 ff.) und die Anordnung zur effektiven Nutzung der Hänge und Täler (GBl. I, 1983, S. 101 ff.), die AO über die Bewirtschaftung der Wälder von 1965 (GBl. II, S. 773 f.) sowie die Baumschutzverordnung (GBl. I, 1981, S. 273 ff.), die Luftverunreinigungsanordnung von 1968 (GBl. II, S. 640 ff.) sowie spezielle Gesetze (z.B. Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung, GBl. II, 1964, S. 373 ff., und 1968, S. 363 ff., sowie 1971, S. 416 ff.; Instandhaltungsanordnung für Kfz, GBl. I, 1973, S. 93 ff.), Vorschriften zur Begrenzung, Überwachung und Verminderung der Emission von Verbrennungsmotoren (GBl. I, 1983, S. 52 ff.); Verfügungen und Mitteilungen des Staatlichen Vertragsgerichts beim Ministerrat der DDR, 1974, Nr. 1, die AO über die Erhöhung der Verantwortung der Städte und Gemeinden für Ordnung, Sauberkeit und Hygiene im Territorium von 1969 (GBl. II, S. 149 ff., und GBl. II, 1971, S. 465 ff.), Anordnungen bezüglich der Nutzbarmachung und schadlosen Beseitigung der Abprodukte (vgl. u.a. GBl. II, 1969, S. 149 ff. und S. 203 ff.) sowie die Strahlenschutzverordnung von 1969 (GBl. II, S. 627 ff.) und die AO über die Weiterbildung auf dem Gebiet der Atomsicherheit und des Strahlenschutzes (GBl. I, 1975, S. 194 ff.) und die AO über die Strahlenschutzbauartprüfung und Strahlenschutzbauartzulassung von umschlossenen Strahlenquellen (GBl. 1978, SDr. Nr. 947).

 

Diese Gesetze werden laufend durch Verordnungen und Durchführungsbestimmungen ergänzt. So wurden z.B. 1971 und 1973 2 Anordnungen über Rückstände von Pflanzenschutz- und Schädlingsbekämpfungsmitteln in Lebensmitteln (GBl. II, 1971, S. 526 ff., sowie I, 1973, S. 27 ff.) und 1978 eine Anordnung über die hygienischen Anforderungen beim Einbau von Gasraumheizern (GBl. 1978, SDr. Nr. 946) sowie eine Anordnung über die Inkraftsetzung der amtlichen Liste der wichtigsten Schadstoffe (GBl. 1978, SDr. Nr. 945, sowie 1981, SDr. Nr. 1059) erlassen.

 

Während wesentliche Grundsätze zum U. bereits seit längerer Zeit gesetzlich verankert sind — sowohl in den genannten als auch in anderen Gesetzen —, werden erst seit einigen Jahren auch Regelungen bezüglich der maximal zulässigen Immissionskonzentrationen (MIK-Werte) erlassen sowie Sanktionen bei Überschreitungen und Unterlassungen von vorgeschriebenen U.-Maßnahmen festgelegt. So wurde beispielsweise im August 1974 eine Verordnung über Schutzgebiete für die Wasserentnahme zur Trinkwasserversorgung erlassen und zur Eindämmung der Luftverschmutzung durch Kraftfahrzeuge mit weiteren Bestimmungen eine Minderung des Bleigehaltes im Benzin von 0,42 auf 0,4 g Pb/l — ab 1980: 0,311 g Pb/l — verordnet (in der Bundesrepublik gelten bereits seit 1972 0,4 g Pb/l, noch in diesem Jahrzehnt sollen es 0,15 g Pb/l sein). Daneben sind einige Emissionsgrenzwerte und Methoden [S. 1374]der Messung und Überwachung von Abgasmengen für Fahrzeuge und Motoren für verbindlich erklärt worden. Im Herbst 1976 wurde ein Informationssystem für Abprodukte und Sekundärrohstoffe aufgebaut sowie im Jahr 1977 die schadlose Beseitigung toxischer Abprodukte und anderer Schadstoffe geregelt.

 

Im Jahr 1978 ist schließlich zur Vermeidung schädigender Wirkungen von Wasserschadstoffen der Umgang mit derartigen Giften bzw. Schadstoffen geregelt worden. Die seitdem erlassenen Gesetze und VO enthalten keine grundsätzlichen Neuregelungen, sondern lediglich Verfeinerungen bereits bestehender Bestimmungen, ohne die Grenzwerte und Sanktionen wesentlich zu verschärfen.

 

V. Allgemeine Umweltschutzmaßnahmen

 

 

Bei den U.-Maßnahmen spielt neben der — z. T. schon seit längerer Zeit realisierten — Bildung von Naturschutzgebieten und Landschaftsschutzgebieten (Naturschutz) zunächst einmal die Durchführung einer ganzen Reihe von Messungen der verschiedensten Verschmutzungsarten eine große Rolle: Für die generelle Überwachung der Luftverschmutzung sind die Hygiene-Institute der Bezirke zuständig (Hygiene-Inspektion), für die Kraftfahrzeugabgaskontrolle zeichnen die Abgasprüfstelle der DDR in Berlin-Adlershof sowie die Leitstelle für Abprodukte beim Ministerium für Verkehrswesen verantwortlich. Von diesen Instituten werden laufend Messungen — beispielsweise während und nach den Messen in Leipzig, im Industriezentrum Bitterfeld, in Berlin (Ost) — durchgeführt, um vor allem die Schadstoffkonzentrationen von Blei (Pb), Kohlenmonoxyd (CO), Stickstoffmonoxyd (NO), Stickstoffdioxyd (NO₂), Formaldehyd (H3CHO), Kohlenwasserstoffen (CmHn), Kohlendioxyd (CO₂), von Schwebstoffen und Schwefeldioxyd (SO₂) zu messen und mit den maximal zulässigen, im ganzen RGW-Gebiet gültigen Immissionskonzentrationen (MIK-Werte) vergleichen zu können. Daneben erfolgen aber auch Messungen durch eine Vielzahl anderer Institute. Zum Beispiel ist das Staatliche Amt für Atomsicherheit und Strahlenschutz der DDR in Berlin (Ost) für die Messung und Vermeidung von Strahlenschäden zuständig. Die Messungen dienen außer der Überwachung auch der wissenschaftlichen Forschung, vor allem der Entwicklung von Reinigungstechnologien und der Vorbereitung gesetzgeberischer Maßnahmen.

 

Die Überwachung der Biosphäre ist 3 anderen Instituten übertragen worden: Der „Meteorologische Dienst der DDR“ überwacht die bodennahe Atmosphäre, das „Amt für Wasserwirtschaft der DDR“ ist mit der Gewässerüberwachung betraut, und dem „Rat für Landwirtschaft und Nahrungsgüterwirtschaft der DDR“ obliegt die Überwachung tierischer und pflanzlicher Produkte. Sie haben darüber dem Amt für Atomsicherheit und Strahlenschutz Bericht zu erstatten, falls Strahlenschäden festgestellt worden sind.

 

In über 50 wissenschaftlichen Forschungseinrichtungen wird an U.-Problemen gearbeitet. So wird z.B. in einem besonderen Institut im Tharandter Waldgebiet (im Bezirk Dresden) die Resistenz von Pflanzen, insbesondere Laubbäumen, gegenüber Schadstoffen — wie z.B. Schwefeldioxyd, Fluor- und Chlorverbindungen sowie Industrieabgasen — getestet, um widerstandsfähige Arten erkennen zu können, mit denen um Ballungszentren Grüngürtel anlegbar sind. Ein anderes Beispiel ist die von Forschern der DDR durchgeführte Messung der Bodenverunreinigung durch das bei Verbrennungsvorgängen (Kraftfahrzeuge, Industrie) entstehende, stark krebsfördernde 3,4-Benzpyren. Interessant sind auch die vom Institut für Meereskunde der Akademie der Wissenschaften der DDR (AdW) in Rostock-Warnemünde gemeinsam mit anderen Ländern (Polen, UdSSR, Finnland, Schweden und der Bundesrepublik Deutschland) durchgeführten Messungen in der Ostsee. Diese wird wegen ihrer ozeanologischen Besonderheiten (erschwerter Wasseraustausch) besonders stark von Umweltverschmutzungen beeinträchtigt. Erforscht werden insbesondere die Sauerstoffverhältnisse, die Zunahme von Giftstoffen (Quecksilberverbindungen, chlorierte Kohlenwasserstoffe aus Pflanzenschutzmitteln, Mineralöl, Zink, Kadmium, Blei), aber auch die Ausbreitung des — die Lebensbedingungen der Fische stark beeinträchtigenden — Schwefelwasserstoffs. Daneben wird in der DDR auch — angesichts der starken Verbreitung lärmbedingter Berufskrankheiten — den Forschungen über den Lärmschutz große Aufmerksamkeit gewidmet. Vom 29. 5. bis 2. 6. 1972 fand in Dresden der VII. Kongreß der Internationalen Vereinigung gegen Lärm (AICB) statt. Im November 1979 tagte ein internationales Symposium „Schutz der Arbeiter vor Lärm“ in Dresden. Daneben gab es aber auch nationale Tagungen, so z.B. die „3. Konferenz Lärmschutz“ im März 1979 in Leipzig.

 

 

Erwähnung verdient auch, daß seit einigen Jahren wissenschaftliche Kommissionen zur U.-Forschung gebildet worden sind. U.a. wurde an der Akademie der Wissenschaften der DDR eine aus Medizinern, Biologen, Chemikern, Ernährungs- und Geowissenschaftlern zusammengesetzte „Kommission für Umweltforschung“ geschaffen, die unter Leitung von Prof. Mottek steht und die die von den Akademieinstituten durchgeführten Umweltforschungen leiten, koordinieren und kontrollieren soll. Aber auch der mehr und mehr mit Umweltfragen konfrontierten Kammer der Technik (KdT) wurde seit 1972 eine zentrale Kommission „U.“ angegliedert.

 

1980 wurde im Kulturbund der DDR (KB) eine [S. 1375]Gesellschaft für Natur und Umwelt gegründet, die das Umweltbewußtsein der Bevölkerung verbessern soll. Sie hat etwa 50.000 Mitglieder. Die etwa 1500 Interessen- und Arbeitsgemeinschaften versuchen durch Informationen über Umweltprobleme und ihre Lösungen zu einer besseren Pflege von Landschaft und Natur durch die Bevölkerung beizutragen. Sie fördern aktiv Masseninitiativen zur Pflege von Wohn-, Erholungsgebieten und Parkanlagen und stehen im Informationsaustausch mit staatlichen, mit Umweltaufgaben betrauten Institutionen. Dahinter steht offensichtlich auch das Bemühen des Staates, die Unzufriedenheit bestimmter Personengruppen über Umweltbeeinträchtigungen zu kanalisieren, indem ihnen einerseits die Schwierigkeiten der Bekämpfung vor Augen geführt und sie gleichzeitig zu eigener Mithilfe angeregt werden. Neuerdings können auch Betriebe oder Institutionen Mitglieder der Gesellschaft werden.

 

Um die besondere Bedeutung der Umweltprobleme zu unterstreichen und geeignete U.-Maßnahmen zu erarbeiten bzw. zu koordinieren, wurde im November 1971 das Ministerium für Umweltschutz und Wasserwirtschaft gegründet. Es hat insbesondere die Umweltforschung zu fördern, die internationale Vertretung der DDR auf dem Gebiet des U. wahrzunehmen, Aufklärungsarbeit zu leisten, für einen weiteren Ausbau und eine Verbesserung der Meßsysteme Sorge zu tragen sowie geeignete U.-Maßnahmen zu entwickeln und ihre Durchführung zu überwachen.

 

Ferner ist die intensive Mitarbeit der DDR in der Ständigen Kommission für die friedliche Nutzung der Atomenergie des RGW zu erwähnen, die sich besonders mit Fragen der Reaktorentwicklung für Atomkraftwerke sowie des verbesserten Reaktorschutzes beschäftigt.

 

Ende Mai 1978 ratifizierte die DDR die Umweltkonvention der UN, die die militärische oder sonstige feindselige Anwendung von Mitteln zur Einwirkung auf die Umwelt verbietet. Ziel dieser Konvention ist die Vermeidung von „Veränderungen der Dynamik, Zusammensetzung oder Struktur der Erde, einschließlich ihrer Lebewesen, ihrer Lithosphäre, Hydrosphäre und Atmosphäre, sowie des Weltraumes“.

 

VI. Sanktionen

 

 

Die Fülle der gesetzlichen Bestimmungen zum U., die grundsätzlich allgemeinen Charakter tragen, bietet allein keine Gewähr für ausreichenden U., wenn nicht entsprechende Sanktionen ihre Einhaltung erzwingen. Dabei besteht allerdings einerseits wieder das Problem, daß man nicht nur Verursacher von Umweltverschmutzungen „bestrafen“ kann, ohne ihnen gleichzeitig auch vertretbare Möglichkeiten und Wege zur Vermeidung der Verunreinigungen zu zeigen. Andererseits bringt die Festlegung von Grenzwerten erhebliche Schwierigkeiten mit sich, weil in der Regel hierfür entsprechende Forschungen und auch Abstimmungen mit den anderen RGW-Partnerländern und den übrigen Anliegerstaaten wie der Bundesrepublik Deutschland Voraussetzung sind.

 

Hinzu kommt, daß der grundsätzliche Primat konstanter Konsumgüterpreise die verantwortlichen Wirtschaftsfunktionäre der DDR dazu zwingt, entweder die bei der Durchführung von U.-Maßnahmen entstehenden Kosten niedrig zu halten oder sie über Subventionen zu finanzieren. Die strikte Anwendung des Verursacherprinzips zur Finanzierung der U.-Maßnahmen stößt daher auf erhebliche Schwierigkeiten. Dies dürfte wiederum der Grund dafür sein, daß Sanktionen bisher nur recht zurückhaltend angeordnet worden sind.

 

Für Wasserverschmutzungen wurde 1982 in der 2. DVO zum Wassergesetz (GBl. I, S. 485 ff.) das Abwassergeld neu festgelegt. Überschreitet ein Betrieb oder ein anderer Verursacher bei der von ihm durchgeführten bzw. bei unterlassener Abwasserbehandlung die — anhand vorgegebener Grenzwerte zu ermittelnde — Abwasserlast, so muß er entsprechend den in einer Kennzifferntabelle festgelegten Gebührensätzen Abwassergeld zahlen. Dies beträgt beispielsweise für Giftstoffe und freies Cyan 150 Mark/kg, für landwirtschaftliche Abprodukte 100 Mark/m³, für Schwermetalle (außer Eisen) 13,60 Mark/kg, für Öle und Fette 5 Mark/kg sowie für Abfallstoffe 200 Mark/m³. Welche Sanktionen dabei herauskommen können, zeigt ein Beispiel aus dem Jahre 1972: Das Gelatinewerk Calbe, das Mansfeld-Kombinat sowie die Reichsbahndirektion Magdeburg mußten 800.000 Mark Buße zahlen, da sie übermäßig verschmutzte Abwässer in die Saale geleitet hatten.

 

Bei Luftverunreinigungen wurden Immissionsgrenzwerte — sowohl Kurzzeit — als auch Dauergrenzwerte — gesetzlich festgelegt (GBl. I, 1973, S. 164 ff., I, 1974, S. 353, sowie GBl. I, 1979, S. 283 ff.), bei deren Überschreitung ein sogenanntes Staub- und Abgasgeld erhoben wird. Dieses wird aus der Differenz [S. 1376]zwischen der zulässigen und tatsächlichen Emission unter Berücksichtigung der Überschreitungsdauer nach folgender Formel berechnet:

 

 

Die Betriebe sind dabei zu laufender Emissionsmessung verpflichtet; bei Unterlassung nehmen die Bezirkshygieneinspektionen Kontrollmessungen zu Lasten des Betriebes vor — bei doppeltem Gebührensatz.

 

Zur Vermeidung unzulässig hoher Emissionen von Verbrennungsmotoren wurden Emissionsgrenzwerte festgelegt und bestimmt, daß Überschreitungen als Verkehrsgefährdung bzw. Verkehrsbelästigung zu ahnden sind. Bei Verstößen haben die Abgasbeauftragten Auflagen zur Einhaltung der Schadstoffgrenzwerte zu erteilen, die Verstöße als Ordnungswidrigkeiten zu behandeln und bei Wiederholung in schweren Fällen Disziplinarverfahren gegen die Fahrzeughalter einzuleiten.

 

Werden Gifte bzw. solche Schadstoffe, die in der amtlichen Schadstoffliste (GBl. 1978, SDr. Nr. 945, sowie GBl. 1981, SDr. Nr. 1059) angegeben sind, Gewässern zugeführt (z.B. durch Abwässer oder infolge von Unfällen), so ist neben der Information staatlicher Organe und der Bekämpfung von akuten Unfallschäden bei fahrlässigem oder vorsätzlichem Verhalten der Betriebe eine Ordnungsstrafe vorgesehen.

 

Die örtlichen Organe des Staatsapparates können in Fällen, wo Betriebe oder Bürger Verunreinigungen bzw. Beschädigungen von Straßen, Wegen, Plätzen, Erholungseinrichtungen und Parks sowie Verunreinigungen der Luft, der Gewässer und Lärmbelästigungen herbeigeführt haben, Auflagen erteilen und als Entschädigung einen Betrag bis zu doppelter Höhe der Mehraufwendungen, die zur Beseitigung oder Eindämmung der Schädigungen entstanden sind, verlangen. In schwereren Fällen können darüber hinaus Ordnungsstrafverfahren in Gang gesetzt werden (GBl. II, 1969, S. 149 ff., und II, 1971, S. 465 ff., sowie I, 1973, S. 157 ff.).

 

VII. Das Umweltschutzprogramm bis 1975

 

 

In dem Fünfjahrplan 1971–1975 ist erstmals ein umfassenderes Programm zur Verbesserung der Umweltbedingungen verabschiedet worden:

 

a) Zur Erhöhung der Bereitstellung von Trink- und Brauchwasser, um den im Zeitraum von 1971 bis 1975 auf 120 v.H. ansteigenden Wasserbedarf zu decken, sowie für den Hochwasserschutz war vorgesehen, bis 1975 250 Mill. m³ zusätzliche Speicherkapazitäten zu schaffen (Wasserwirtschaft). Daneben war geplant, den Anteil der an zentrale Wasserversorgungssysteme angeschlossenen Wohnungen von 82 v.H. (1970) auf 84 v.H. (1975) zu erhöhen und insbesondere dem dringlichen Problem der veralteten Abwassersysteme durch Erweiterung und Erneuerung bestehender Anlagen zu begegnen.

 

b) Durch Wiederurbarmachung bisher vom Braunkohlenbergbau beanspruchter Bodenflächen sollten mindestens 9.700 ha der land- und forstwirtschaftlichen sowie der touristischen Nutzung zugeführt werden — in den Jahren 1967–1970 waren es 9.500 ha.

 

In der Zeit von 1966 bis 1970 sind zudem 154.000 ha Land neu aufgeforstet worden; allein 1971 wurden 420 Mill. Bäume auf 30.500 ha Wald- und Brachland gepflanzt.

 

Für die Durchführung von Meliorationen sollten bis 1975 4 Mrd. Mark bereitgestellt werden, um über 800.000 ha Bodenfläche be- bzw. entwässern zu können. Diese Aufwendungen, die zum großen Teil als normale Investitionen der Landwirtschaft zur Bodengewinnung und -verbesserung anzusehen sind, werden in der DDR dem U. zugerechnet, wahrscheinlich, um das U.-Programm aufzuwerten.

 

c) Zur Minderung der Luftverunreinigung, die infolge der vielen nicht oder nur mit veralteten Reinigungsanlagen ausgerüsteten Industriebetriebe (insbesondere Kraftwerke, Brikettfabriken, Zementfabriken, Hüttenwerke und Chemiebetriebe) in der DDR hoch ist, sollten wirksamere Abgasreinigungsverfahren entwickelt und vor allem in Ballungsgebieten eingesetzt werden: So war vorgesehen, in volkswirtschaftlich wichtigen Kombinaten und Betrieben die Luftverunreinigung um 40 bis 60 v.H. zu senken, insbesondere aber alle neu zu errichtenden Kraftwerke mit hochwirksamen Entstaubungsanlagen auszustatten. Im Jahr 1972 wurden für die Chemische Industrie 270 Mill. Mark an Investitionen zur Verringerung der Luftverschmutzung geplant.

 

d) Zur Bekämpfung des Lärms, zu der als erster Schritt die bereits durchgeführte Erfassung aller „Lärmarbeitsplätze“ (Plätze mit einem Lärmpegel über dem kritischen Wert von 85 dB) durch Betriebsärzte gehörte, sollten in allen größeren Städten „Lärmkarten“ als Voraussetzung für eine künftige schrittweise Lärmminderung erstellt werden. Daneben steht der Versuch, die Lärmbeeinflussung in Neubaugebieten durch entsprechende Planungen zu verringern. Dies sollte durch geeignete Gruppierung der Wohnbauten und die Anpflanzung von Baumgruppen und schallabsorbierenden Kletter- und Rankgewächsen erreicht werden.

 

[S. 1377]e) Der Verbesserung der Ablagerung, Beseitigung und Verwertung von Siedlungsabfall sollten zusätzliche Anstrengungen dienen: 100 Mill. Mark waren für die Errichtung von 51 neuen Anlagen der Mülldeponie (einschließlich einer neuen Verbrennungsanlage in Berlin [Ost], bei der die entstehende Wärme der Fernheizung dienen soll) sowie für 5 Anlagen der Müllkompostierung vorgesehen. Von diesen sollten 3 in den Bezirken Leipzig, Potsdam und Rostock entstehen; mit ihnen sollten aus je 140.000 t Müll 100.000 t Kompost erzeugt werden.

 

Für diese Maßnahmen — einschließlich der Meliorationen — sollten bis 1975 insgesamt 7 Mrd. Mark aufgewendet werden. Während bis 1972 in den Jahresplänen lediglich ganz bestimmte Umweltaufgaben — z.B. Abwasserreinigung, Bodengewinnung — geplant waren, fand erstmals im Plan 1973 ein vollständiges Schutzprogramm Berücksichtigung: Im Volkswirtschaftsplan 1973 waren für den U. 1,6 Mrd. Mark vorgesehen, wovon über 0,6 Mrd. Mark auf die Reinhaltung von Luft und Wasser sowie die Lärmminderung und 0,75 Mrd. Mark auf Meliorationen entfielen. Der Volkswirtschaftsplan 1974 sah für die Verbesserung der Wasserversorgung Investitionen in Höhe von 575 Mill. Mark vor, für Meliorationen waren 715 Mill. Mark geplant. Im Volkswirtschaftsplan 1975 sind keine konkreten Zahlen für U.-Maßnahmen bekanntgegeben worden; er enthielt lediglich die Feststellung, daß im Rahmen des U. „die mit dem Volkswirtschaftsplan festgelegten Investitionsmaßnahmen für die Abwasserbehandlung, Reinhaltung der Luft sowie die Nutzbarmachung und schadlose Beseitigung der Abprodukte konzentriert durchzuführen“ sind, durch Rationalisierungen „die Verfügbarkeit und der Wirkungsgrad der vorhandenen Anlagen zu erhöhen“ ist, und fügte schließlich hinzu: „Bessere Bedingungen für die natürliche Umwelt der Menschen sind insbesondere in den industriellen Ballungsgebieten und Zentren der Arbeiterklasse sowie an den Küstengewässern der Ostsee für die Erholung zu schaffen.“

 

Aus einem knappen Hinweis läßt sich schließen, daß über die Hälfte der 1975 für U.-Maßnahmen vorgesehenen Investitionen auf die Bezirke Cottbus, Halle, Leipzig, Karl-Marx-Stadt und auf Berlin (Ost) konzentriert wurden.

 

Obwohl vom Ministerium für U. und Wasserwirtschaft kein Rechenschaftsbericht über die im damaligen Planjahrfünft erzielten Erfolge veröffentlicht worden ist, kann vermutet werden, daß die geplanten Maßnahmen größtenteils realisiert worden sind.

 

VIII. Die Umweltpolitik seit 1976

 

 

Während die DDR-Führung in der ersten Hälfte der 70er Jahre noch mit großem Elan umweltpolitische Verbesserungen anstrebte und dafür ein umfangreiches Programm in Angriff nahm, ist es um den U. in der zweiten Hälfte der 70er Jahre sehr viel ruhiger geworden. Der Fünfjahrplan 1976–1980 sowie der laufende Plan 1981–1985 enthalten kein geschlossenes Umweltprogramm mehr. Statt dessen heißt es ganz allgemein, daß „planmäßig Maßnahmen für die Reinhaltung der Gewässer, die Nutzung und den Schutz des Bodens, die Reinhaltung der Luft, die Minderung des Lärms sowie die Beseitigung und Verwertung von Siedlungsmüll und industriellen Abfallprodukten durchzuführen“ sind. Der Hauptgrund für diese Zurückhaltung dürfte darin liegen, daß die Staatsführung der DDR zunächst die für sie unerwarteten Preissteigerungen für Rohstoffe auf dem Weltmarkt durch sparsameren Materialeinsatz sowie erhöhte Exportanstrengungen auffangen muß und deshalb der Umfang der vorgesehenen Investitionen für den U. verringert werden mußte.

 

Im einzelnen sollte in der zweiten Hälfte der 70er Jahre mit gezielten Maßnahmen eine Senkung des spezifischen Wasserbedarfs in der Industrie um 20 v.H. erreicht, gleichzeitig jedoch im Zusammenhang mit dem Wohnungsbauprogramm (Bau- und Wohnungswesen) besonders in Gebieten mit hohen Neubauzielen (z.B. Berlin, Leipzig, Karl-Marx-Stadt, aber auch in Halle und Dresden) die Wasserversorgung weiter ausgebaut werden (Wasserwirtschaft).

 

Nunmehr sollen die Umweltbedingungen insbesondere in den Ballungsgebieten verbessert werden; in diesen ist sowohl eine hohe Wasserverschmutzung als auch eine zunehmende Luftverschlechterung zu verzeichnen (SO₂-Immissionen, Schwefel-Immission und Staubauswurf). Zum Beispiel waren bereits im Jahr 1970 im Umkreis von etwa 340 ha um das Gaskombinat „Schwarze Pumpe“ im Bezirk Cottbus nur noch 20 v.H. aller Bäume gesund, 10 v.H. der Waldbestände hingegen bereits vernichtet. Deshalb sollten im Fünfjahrplan 1976–1980 vordringlich Verfahren zur Entgiftung und Reinigung der Abwässer der erdölverarbeitenden und petrochemischen Industrie sowie der Pflanzenschutzmittel-, Farben- und Düngemittelindustrie entwickelt werden.

 

Inzwischen hat sich das sog. Waldsterben zu einem entscheidenden Problem entwickelt. Ganz erhebliche Schäden an den Kiefern- und Fichtenbeständen werden in den Kammlagen des Erzgebirges (vor allem im Raum Karl-Marx-Stadt), im Thüringer Raum sowie in der Dübener Heide (in der Nähe von Halle) verzeichnet. Aber auch die Waldgebiete rund um Großkraftwerke auf Braunkohlenbasis (z.B. Lausitz) sind stark rauchgeschädigt. Ursache ist vor allem die hohe Luftverschmutzung durch Schwefeldioxyd aus Kohlekraftwerken und von anderen Emittenten, aber auch die seit Jahrzehnten betriebene Intensivnutzung land- und forstwirtschaftlicher Bodenflächen mit der damit in Zusammenhang ste[S. 1378]henden übermäßigen Trockenheit bestimmter Gebiete. Im Frühjahr 1983 sah sich deshalb die DDR-Regierung genötigt, Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Gut 23.000 ha Waldgebiete werden gedüngt, um eine verstärkte Resistenz gegen Rauchschäden zu bewirken. Kahlschlaggebiete versucht man mit unempfindlichen Baumarten zu bepflanzen. Die Schätzungen westlicher Experten über den räumlichen Umfang der geschädigten Waldgebiete in der DDR schwanken je nach den verwendeten Methoden und den jeweils einbezogenen Schädigungsstufen zwischen 100.000 ha und über 300.000 ha.

 

Zur Luftreinhaltung ist die beschleunigte Entwicklung wirksamer Abgasreinigungsverfahren (z.B. zur Entschwefelung von Rauchgasen) vorgesehen. Dies ist von besonderer Bedeutung, wenn man bedenkt, daß allein die sechs größten Kraftwerke und die Braunkohlenveredlungsindustrie im Kombinat Schwarze Pumpe und im Raum Halle/Leipzig etwa 2,3 Mill. t SO₂ im Jahr emittieren.

 

Die SO₂-Gesamtemission beträgt in der DDR ca. 5 Mill. t jährlich, in der Bundesrepublik Deutschland etwa 3,6 Mill. t.

 

 

Ferner ist eine Verringerung der Arbeitsplätze mit Lärmbelästigung durch die Anwendung geeigneter Schallschutzelemente und die Berücksichtigung wirksamer Lärmschutzmaßnahmen bei künftigen städtebaulichen Anlagen geplant, denn 30 v.H. der Bevölkerung klagen über Produktions- und Verkehrslärm.

 

Das Meliorationsprogramm sieht vor, rd. 500.000 ha Bodenfläche zu bewässern, darunter 300.000 ha Beregnungsfläche.

 

Da das Müllvolumen von 23 Mill. m³ (1970: 16 Mill.) bis zum Jahr 1990 auf über 30 Mill. m³ anwachsen wird, sind auf diesem Gebiet erhebliche Anstrengungen notwendig. Nur 2 bis 3 v.H. der Siedlungsabfälle sowie 18 v.H. der industriellen Abprodukte werden bisher aufbereitet wieder genutzt. 70 v.H. der verwertbaren Aschen konnten wieder wirtschaftlichen Verwendungen zugeführt werden. An Kraftwerkaschen fallen derzeit (1982) jährlich etwa 18,5 Mill. t an (1980: rd. 16,5 Mill. t), 1990 werden es gut 20 Mill. t sein. Davon lassen sich gegenwärtig jedoch nur etwa 3 bis 4 Mill. t verwerten (z.B. für Baumaterialien, als Füll- und Dämmstoffe bzw. als Neutralisationsmittel).

 

Insgesamt zeigt sich, daß trotz Einschränkung der Investitionen für den U. und gezielter Berücksichtigung nur der dringlichsten Projekte eine intensivere Nutzung der vorhandenen Anlagen angestrebt wird. So wird z.B. darauf verwiesen, daß die Staubbelastung in den Bezirken Halle und Cottbus bei maximaler Ausnutzung der vorhandenen Staubrückhalteanlagen um ein Drittel gesenkt werden könnte.

 

Wichtiges Anliegen des laufenden U.-Programms der DDR ist seine Verknüpfung mit den Erfordernissen einer verbesserten Materialökonomie: Abprodukte sollen besser verwertet und vermehrt als Sekundärrohstoffe eingesetzt werden. Auf dieses Ziel ist ein erheblicher Teil der mit U. befaßten Forschung konzentriert; darüber hinaus wird jedoch auch an der Entwicklung neuer Technologien zur Rückhaltung von Schadstoffen sowie an schadstoffarmen bzw. -freien Technologien gearbeitet.

 

IX. Zusammenarbeit im RGW

 

 

Bereits im Rahmen des Komplexprogramms des Rates für Gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW) ist eine stärkere Zusammenarbeit auf dem Gebiet des U., vornehmlich bei der Forschung, vereinbart worden. Zur Koordinierung der U.-Forschung wurde 1973 der „Rat für Fragen des U.“ gebildet, dem die jeweiligen stellvertretenden Minister für U. der einzelnen RGW-Länder angehören. Allein 37 der 97 wissenschaftlich-technischen Forschungsvorhaben des Komplexprogramms betreffen den U.; an ihnen ist die DDR intensiv beteiligt. 360 Forschungsstellen in der DDR arbeiten an 112 Themen zum U., z.B. über Fragen des Schutzes der Atmosphäre, des Schutzes des Wassers, der Verwertung von Abfällen, der Schaffung optimaler Beziehungen zwischen Lebewesen und Umwelt (Ökosysteme). In den Jahren 1973–1975 wurde ein detailliertes Gesamtprogramm der Zusammenarbeit auf dem Gebiet des U. [S. 1379]für die Fünfjahrplanperiode 1976–1980 erarbeitet und in die Pläne der einzelnen Mitgliedsländer aufgenommen. Die Forschungsthemen wurden in 11 Problemkomplexe aufgegliedert, für jeden Komplex wurde das fachlich zuständige Institut eines RGW-Landes mit der Koordinierung der Forschung beauftragt. So oblag z.B. dem Institut für Luft- und Kältetechnik in Dresden die Aufgabe, jene Forschungen zu koordinieren, die sich mit Methoden zur Beseitigung von — durch Betriebe und Kraftfahrzeuge — in die Atmosphäre abgelassenen Schadstoffen beschäftigen.

 

Ferner bemühen sich die Regierungen der RGW-Staaten in bilateralen Abkommen um die Festlegung einheitlicher Schadstoffgrenzwerte in den Partnerländern sowie um die Lösung der Probleme der grenzüberschreitenden Verschmutzungen. Der U. wird neuerdings auch in zwischenstaatlichen Freundschaftsverträgen als Gemeinschaftsaufgabe angesprochen.

 

Um die gemeinsamen Arbeiten weiter zu vertiefen, fand im Oktober 1976 im Sekretariat des RGW in Moskau eine Konferenz sämtlicher RGW-Mitgliedsländer statt, auf der die einzelnen Länder einen Überblick über den Stand ihrer U.-Maßnahmen gaben und aktuelle Fragen des U. erörterten, ferner koordinierende Forschungen diskutierten sowie gemeinsame Schutzmaßnahmen besprachen. Außerdem standen Fragen der Einbeziehung des U. in die Planungssysteme der Mitgliedsländer im Vordergrund, insbesondere Probleme der Regionalplanung (regionale Entwicklungspläne, Festlegung von Kennziffern für die Inanspruchnahme von Wasser, Luft, Boden, Transportbelastungen sowie Probleme der Agglomeration). Damit ist versucht worden, Maßnahmen für Umweltverbesserung und die rationellere Nutzung der Naturschätze in ein System von Kriterien und Kennziffern der Jahrespläne einzufügen, um auch das wirtschaftliche Interesse an Verbesserungen von Natur und Umwelt auf allen Planungs- und Leitungsebenen anzuregen. Dieses Ziel ist jedoch noch weit von seiner Verwirklichung entfernt.

 

Auf der 19. Tagung des RGW-Rates für U. Ende März 1983 in Neubrandenburg (DDR) wurden Aufgaben der verbesserten Zusammenarbeit der RGW-Länder hinsichtlich der rationelleren Ausnutzung bei gleichzeitig vermehrtem Schutz der Naturressourcen erörtert. Forschungen sollen auf Technologien mit vermindertem Aufkommen an Industrieabfällen konzentriert sowie auf Formen der besseren Wiederverwendung der Sekundärrohstoffe ausgerichtet werden. Das bezieht sich besonders auf die Entwicklung von Verfahren zur Entschwefelung sowie auf abproduktarme Verfahren in der chemischen Industrie, der Metallurgie sowie der Energie- und Wasserwirtschaft. Weiterhin wurden Einzelmaßnahmen für 1983/84 sowie die Hauptrichtungen der Zusammenarbeit bis 1990 beraten und das RGW-Abkommen zum Schutz der Natur bis zum Ende dieses Jahrzehnts verlängert.

 

X. Zusammenarbeit mit den anderen Anrainerstaaten

 

 

Zu bedauern ist die bisher nur geringe Zusammenarbeit der DDR mit westlichen Ländern, da die grenzüberschreitenden Wirkungen von verschmutzten Flüssen, von Abgasen und anderen Schadstoffen außerordentlich schwerwiegend sein können. In der Bundesrepublik Deutschland wirken sich z.B. die Abwässer der Thüringischen Kaliwerke — wegen Versalzung der Werra — ungünstig auf das Bremer Trinkwasser aus; aber auch der nordbayerische Raum wird durch aus der DDR stammende Abwässer beeinträchtigt. Immerhin konnten im September 1973 Vereinbarungen zwischen der Bundesrepublik und der DDR über Grundsätze der Schadensbekämpfung an der Grenze sowie zu Instandhaltung und Ausbau der Grenzgewässer (einschl. der dazugehörigen wasserwirtschaftlichen Anlagen) abgeschlossen werden (Innerdeutsche Beziehungen). Das Problem der „Versalzung von Werra und Weser“ ist damals zwar ebenfalls angesprochen, jedoch vertagt worden. Inzwischen ist es zu weiteren Verhandlungen über dieses Thema gekommen. Man einigte sich auf eine Expertenkommission, die in einem Bericht technische Lösungsmöglichkeiten aufgeführt hat. Über die Realisierung bestimmter Maßnahmen muß zwischen der Bundesregierung und der DDR noch Einvernehmen erzielt werden. Am 12. 10. 1983 wurde in Anwesenheit der jeweils für den U. zuständigen Minister ein Abkommen zwischen der DDR und der Bundesrepublik Deutschland über die Verbesserung der Wassergüte des thüringisch-fränkischen Grenzflüßchens Röden abgeschlossen. Diese Übereinkunft regelt die Verbesserung der Abwasserbehandlung der Stadt Sonneberg (28.500 Einwohner) und ist somit ein erster Schritt, um mit der DDR auch über weit größere U.-Projekte zu verhandeln wie z.B. über grundsätzliche Lösungen in Hinblick auf die Salzbelastung der Werra und Weser oder über die zwischen Hirschberg und Blankenstein im Fichtelgebirge fließende Saale. Auch die regionale und überregionale Luftverunreinigung, besonders durch Schwefeldioxyd, könnte Gegenstand von ähnlichen Übereinkommen werden. So z.B. die Entschwefelung des Industriekraftwerkes der Zellstoffwerke Rosenthal bei Blankenstein, die nicht unerheblich zur Saaleverschmutzung beitragen, ebenso die Begrenzung der stark zunehmenden Gefährdung Berlins durch die Braunkohlekraftwerke im Südwesten (Halle/Leipzig) und Südosten (Lausitz). Im Bezirk Cottbus südöstlich von Berlin liegen die größten Braunkohlekraftwerke der Welt, z.B. schon heute Boxberg mit 3.500 MW und [S. 1380]künftig Jänschwalde mit 3.000 MW (1983 bereits 1500 MW, jährlich sollen 500 MW hinzukommen). Bezüglich der Ostsee ist die Situation etwas günstiger: Im Jahr 1970 haben die Ostsee-Anrainerstaaten ein Abkommen ausgehandelt, das die Ölverschmutzung eindämmen sollte. Drei Jahre später kam es in Danzig zu einer Ostseekonferenz, die eine „Konvention über den Fischfang und den Schutz der biologischen Ressourcen der Ostsee“ beschloß. Im Jahr 1974 ist auf einer Konferenz in Helsinki eine „Konvention zum Schutz der Meeresumwelt im Ostseegebiet“ verabschiedet worden. Seitdem wurden auch mit westlichen Ländern einige bilaterale Verträge abgeschlossen (z.B. 1976 zwischen der DDR und Schweden). Im Bereich der Forschungen zur Reinhaltung der Ostsee besteht also eine in Ansätzen funktionierende Zusammenarbeit zwischen einigen west- und osteuropäischen Ländern. So waren z.B. Forschungsschiffe des Instituts für Meereskunde der DDR an der Erforschung sauerstoffarmer Gebiete der Ostsee beteiligt, deren Ausdehnung durch Überdüngung des Wassers mit Nährsalzen ständig zunimmt. In bodennahen Zonen sowie in Wassertiefen um bzw. über 100 m bildet sich dort aufgrund biochemischer Vorgänge Schwefelwasserstoff, eine für Flora und Fauna äußerst giftige Verbindung. Die Umwelt-Konvention von Helsinki bestimmt, daß alle Ostsee-Anrainerstaaten sich einmal jährlich zu einer Konferenz zusammenfinden. Dort wurde z.B. festgelegt, daß Transporte besonders gefährlicher Güter anzumelden sind und Öltankern die Reinigung ihrer Tanks auf See verboten wurde. Sie haben ihr Schmutzwasser in besondere Tanks in den Häfen einzuleiten.

 

 

XI. Ausblick

 

 

Zweifellos hat sich das Umweltbewußtsein bei der Bevölkerung und in der Industrie in den letzten Jahren verstärkt, staatliche Stellen bemühen sich, die Forschung vermehrt auf Umweltprobleme zu lenken und die Betriebe zu einer Minderung und Beseitigung der Umweltgefahren zu veranlassen. Auch wenn beim DDR-Umweltprogramm „normale“ Maßnahmen — wie Meliorationen, Vergrößerung der Wasserbereitstellungskapazitäten — einbezogen werden, die nicht ausschließlich Umweltfunktionen erfüllen, so sind doch die eingeleiteten Bemühungen (Gewinnung von Sekundärrohstoffen, Müllkompostierung, Lärmschutz) sowie die beginnende Zusammenarbeit innerhalb des RGW beachtenswert. Allerdings ist in den letzten Jahren viel weniger getan worden als etwa 1973/74.

 

Wirksame Lösungen der heutigen und künftigen Umweltprobleme erfordern jedoch neben einer umfassenden internationalen Zusammenarbeit, neben einer Intensivierung der Forschung sowie der Berücksichtigung von Umweltaspekten bei der Festlegung der regionalen Investitionsstruktur vor allem die Bereitstellung umfangreicher finanzieller Mittel. Auch Wissenschaftler aus der DDR erkennen gegenwärtig an, daß — abgesehen von der Rohstoffwiedergewinnung — „Aufwendungen für die Verhinderung von Umweltschäden zu den Produktionskosten zu rechnen“ sind und somit in die „wirtschaftliche Rechnungsführung“ einbezogen werden sollten. Die Einsicht nimmt zu, daß U.-Maßnahmen „zum großen Teil nichtproduktiven Charakter“ haben, also eine „zeitweise Verlangsamung des Wachstumstempos“ der Gesamtwirtschaft bewirken können, daß aber „gesunde Arbeits- und Lebensbedingungen aller Werktätigen“ ein wesentliches Bedürfnis darstellen, dessen Befriedigung nicht „in einem Zuwachs des Nationaleinkommens“ zu messen sei.

 

Bei allen guten Ansätzen zum U. dürfte die Wirtschaftsführung der DDR jedoch auch noch in den nächsten Jahren dem Einsatz aller verfügbaren Mittel für Produktionssteigerungen Vorrang einräumen.

 

Manfred Melzer, Mitarbeit von Cord Schwartau.

 

Literaturangaben

  • Buck, H. F., u. B. Spindler: Luftbelastung in der DDR durch Schadstoffemissionen, in: Deutschland Archiv H. 9, 1982, S. 943 ff. Köln: Wissenschaft und Politik 1982.
  • Einfluß von Luftverunreinigungen auf die Vegetation. Hrsg.: H.-G. Däßler. Jena: Fischer 1981.
  • Gruhn, W.: Umweltpolitische Aspekte der DDR- Energiepolitik. Hrsg.: Institut für Gesellschaft und Wissenschaft. Erlangen, abg, H. 4/1982.
  • [S. 1381]Landeskulturrecht. Autorenkoll. u. Ltg. v. E. Oehler. Berlin (Ost): Staatsverl. d. DDR 1982.
  • Luft — Wasser — Boden — Lärm. Hrsg.: Kommission Umweltschutz beim Präsidium der KdT der DDR. Leipzig: Deutscher Verl. für Grundstoffindustrie. (Broschürenreihe Technik und Umweltschutz)
  • Neef, E., u. V. Neef: Handbuch Sozialistische Landeskultur, Umweltgestaltung und Umweltschutz. Leipzig: Brockhaus 1977.
  • Raestrup, R., u. Th. Weymar: „Schuld ist allein der Kapitalismus“ — Umweltprobleme und ihre Bewältigung in der DDR, in: Deutschland Archiv H. 8, 1982. S. 832 ff. Köln: Wissenschaft und Politik 1982.
  • Reinhaltung der Luft. Autorenkoll. u. Ltg. v. H. Mohry u. H.-G. Riedel. Leipzig: Deutscher Verl. f. Grundstoffindustrie 1981.
  • Schwartau, C.: Umweltschutz in der DDR — Zunehmende Luftverschmutzung durch Renaissance der Braunkohle, in: Umwelt H. 4. 1983, S. 286 ff. Düsseldorf: VDI 1983.
  • Sozialismus und Umweltschutz — Recht und Leitung in den Mitgliedsländern des RGW. Autorenkoll. u. Ltg. v. O. S. Kolbassow. Berlin (Ost): Staatsverl. d. DDR 1982.
  • Umweltgestaltung und Ökonomie der Naturressourcen. Autorenkoll. u. Ltg. v. H. Roos u. G. Striebel. Berlin (Ost): Die Wirtschaft 1979.

 

Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 1369–1381


 

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Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

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