DDR von A-Z, Band 1985

Volkssolidarität (VS) (1985)

 

 

Siehe auch:


 

Eine Massenorganisation zur freiwilligen solidarischen Hilfe, insbesondere für alte und kranke Menschen.

 

Im Oktober 1945 in Dresden von allen Parteien und dem Freien Deutschen Gewerkschaftsbund (FDGB) als überparteiliche Hilfsorganisation für die unterschiedlichsten Notlagen der Nachkriegszeit gegründet, entwickelte sich die VS zur gesellschaftlichen Betreuungsorganisation für alte und in Not geratene Gesellschaftsmitglieder. Trotz Ausbau der staatlichen Sozialfürsorge, der Verbesserung der Altersversorgung (Renten) und der vermehrten Schaffung „altersadäquater und geschützter Arbeitsplätze“ (§ 20, 2, S. 2 und 3 der VO über die Aufgaben, Rechte und Pflichten der volkseigenen Betriebe, Kombinate und VVB vom 28. 3. 1973, GBl. I, S. 129 ff.) hat die Bedeutung der VS ständig zugenommen.

 

Die VS nimmt wesentliche Aufgaben im Rahmen der in den 70er Jahren stark verbesserten Altenpolitik wahr. Ihr obliegen sowohl die Werbung von Rentnern zur Fortsetzung einer ständigen bzw. zur Wiederaufnahme einer zeitweiligen Berufstätigkeit (Rentnerbrigaden) als auch die organisierte Einbeziehung älterer Bürger in das gesellschaftliche Leben. Diesem Zweck dienen die Veteranenklubs (1982: 479) und -treffpunkte (1982: 393) sowie ein umfangreiches, für diese Bevölkerungsgruppe zugeschnittenes Veranstaltungsangebot (1982: 427.537 politisch-kulturelle Veranstaltungen mit über 13,7 Mill. Besuchern). Da der Versorgungsgrad mit Plätzen in Wohn-, Pflege- und Feierabendheimen (1982: Feierabend- und Pflegeheime: 1349 mit 128.193 Plätzen und 255 Wohnheime mit 21.131 Plätzen; Versorgungsgrad rd. 5 v.H. der Bevölkerung im Rentenalter) noch immer unbefriedigend ist, kommt der Betreuung Pflegebedürftiger, vor allem älterer Menschen wesentliche Bedeutung zu. Die aktiven Mitglieder der VS, die Volkshelfer, leisten ehrenamtliche Nachbarschaftshilfe; Hauswirtschaftspflegerinnen (1982: 42.500), die zur VS in einem Arbeitsrechtsverhältnis stehen, übernehmen das Einkaufen, das Sauberhalten der Wohnung, das Zubereiten der Mahlzeiten sowie die Pflege nach Anweisung des Arztes bzw. der Gemeindeschwester. (1982: Hilfsleistungen durch Hauspflegerinnen und Volkshelfer: 57,9 Mill. Stunden, davon etwa 27 Mill. Stunden als Nachbarschaftshilfe). Seit 1970 (29.000 Tagesportionen) ist die Versorgung mit einer warmen Mahlzeit durch die VS ausgebaut worden (1980: 210.400 Portionen, davon 41.925 in die Wohnung zugestellt; Versorgungsgrad 6,82 v.H. der Bürger im Rentenalter). Im gleichen Aufgabenbereich arbeitet auch das Deutsche Rote Kreuz (DRK) der DDR mit einer Vielzahl von freiwilligen Helfern. Die Kosten für die Hauswirtschaftspflegerinnen und das Mittagessen (Kostenbeteiligung je nach Rentenhöhe und örtl. Gegebenheiten) werden fast ausschließlich aus staatlichen Mitteln gedeckt. Im übrigen finanziert sich die VS aus Mitgliedsbeiträgen, Spenden, Sammlungen und Veranstaltungseinnahmen. Ein Teil der Eigenmittel der VS wird für internationale Solidaritätsaktionen verwendet. Höchste Organe der VS sind die alle 5 Jahre tagende Zentrale Delegiertenkonferenz, der Zentralausschuß, sein Präsidium und das Zentralsekretariat. Auf der IX. Zentralen Delegiertenkonferenz (5./6. 6. 1982 in Berlin) wurde Alois Bräutigam (Mitglied des ZK der SED und von 1958 bis 1980 1. Sekretär der SED-Bezirksleitung Erfurt) als Nachfolger von Robert Lehmann (SED) zum Vorsitzenden der VS gewählt. — Die Monatszeitschrift der VS ist der „Volkshelfer“.

 

Im Jahre 1982 hatte die VS 2.043.712 Mitglieder und Freunde in 13.870 Ortsgruppen. An der Arbeit der VS beteiligten sich als Volkshelfer 171.969 Mitglieder. Die Ausgaben für internationale Solidaritätsaktionen sanken von 1970: 594.000 Mark auf 358.000 Mark 1982. Demgegenüber stiegen die Ausgaben für soziale und kulturelle Betreuung von 1970: 33.253.000 Mark (darunter für Klubs und Treffpunkte: 7.289.000 Mark) auf 1982: 20.272.5.000 Mark (darunter Klubs und Treffpunkte: 17.464.000 Mark).


 

Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 1444


 

Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

Ausführliche Informationen zu den Handbüchern finden Sie hier.