Zahlungsverkehr, Grenzüberschreitender (1985)
Siehe auch:
1. Der kommerzielle Zahlungsverkehr zwischen der Bundesrepublik Deutsch[S. 1533]land und der DDR wird auf der Grundlage der Vereinbarungen im „Abkommen über den Handel zwischen den Währungsgebieten der Deutschen Mark (DM West) und den Währungsgebieten der Deutschen Mark der Deutschen Notenbank (DM Ost)“ (Berliner Abkommen) vom 20. 9. 1951 ausschließlich im bilateralen Verrechnungsweg (Clearing) in Verrechnungseinheiten über die Deutsche Bundesbank und die Staatsbank der DDR abgewickelt (Innerdeutscher Handel [IDH]).
2. Der kommerzielle Zahlungsverkehr zwischen dem westlichen Ausland und der DDR wurde früher gleichfalls auf der Grundlage bilateraler Verrechnungsvereinbarungen durchgeführt. Inzwischen werden Zahlungen für Außenhandelsgeschäfte vorwiegend in frei konvertierbaren Währungen über Devisenkonten in westlichen Ländern abgewickelt. Westliche Importeure zahlen den Kaufpreis in konvertierbarer Währung auf ein Konto der DDR, westliche Exporteure erhalten den Verkaufspreis ebenfalls in konvertierbarer Währung ausgezahlt. Vornehmlich mit Entwicklungsländern werden kommerzielle Zahlungen jedoch auch weiterhin im bilateralen Clearing durchgeführt.
3. Der kommerzielle Z. mit den RGW-Ländern wird auf der Grundlage langfristiger bilateraler Zahlungsabkommen unter Umrechnung in Transfer-Rubel durchgeführt. Nach dem „Abkommen über die mehrseitige Verrechnung in transferablen Rubeln und die Gründung der Internationalen Bank für Wirtschaftliche Zusammenarbeit (IBWZ)“ von 1964 sind die Abkommenspartner gehalten, ihre Handelsabkommen so abzuschließen, daß sich die Zahlungseingänge und -ausgänge in sog. transferablen Rubeln innerhalb eines Kalenderjahres mit allen anderen Abkommenspartnern insgesamt ausgleichen.
Die technische Abwicklung kommerzieller Zahlungen erfolgt nach den Allgemeinen Lieferbedingungen des Rates für Gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW) vorwiegend im sog. Sofortbezahlungsverfahren (Inkasso mit Nachakzept). Der Exporteur erhält bei Vorlage der die Ware vertretenden Dokumente von seiner Bank den Verkaufspreis sofort ausgezahlt. Die Bank belastet dabei gleichzeitig das Konto der Bank im Käuferland.
Der Importeur wird von seiner Bank erst nach Eingang der Dokumente aus dem Verkäuferland belastet, wobei zugleich eine Gutschrift auf dem Konto der Bank des Verkäuferlandes vorgenommen wird.
4. Im Gegensatz zum kommerziellen Z. bestand im Bereich des nichtkommerziellen Z. zwischen den beiden deutschen Staaten bis 1974 ein vertragloser Zustand. In begrenztem Umfang erfolgte eine Verrechnung von Unterhaltszahlungen für Minderjährige durch die Jugendämter; außerdem ließ die DDR über ein Verrechnungskonto des Handels (Unterkonto 3) einseitig nichtkommerzielle Zahlungen in die DDR zu, erteilte jedoch keine Genehmigungen für Überweisungen in die Bundesrepublik Deutschland. Viele Zahlungen, z.B. die Überweisung von Grabpflegekosten, Unterstützungszahlungen oder Erbschaften, konnten entweder gar nicht oder nicht in erforderlichem Umfange transferiert werden. Aufgrund dieser begrenzten Transfermöglichkeiten zwischen den beiden deutschen Staaten sind auf beiden Seiten zahlreiche Sperrkonten entstanden. Die Verfügungsmöglichkeiten über diese Guthaben sind gemäß den devisenrechtlichen Bestimmungen beider Seiten in der DDR wesentlich enger als in der Bundesrepublik Deutschland (Devisen).
Um auch im Bereich des nichtkommerziellen Z. eine schrittweise Normalisierung einzuleiten, ist in einem Zusatzprotokoll zum „Vertrag über die Grundlagen der Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR“ vereinbart worden, im Interesse der beteiligten Menschen Verhandlungen zur Regelung des nichtkommerziellen Zahlungs- und Verrechnungsverkehrs aufzunehmen und dabei vorrangig für den kurzfristigen Abschluß von Vereinbarungen unter sozialen Gesichtspunkten Sorge zu tragen.
In Ausführung dieses Verhandlungsauftrages sind am 25. 4. 1974 zwischen dem Bundesminister der Finanzen der Bundesrepublik Deutschland und dem Minister der Finanzen der DDR zwei Teilvereinbarungen über den Transfer nichtkommerzieller Zahlungen unterzeichnet worden (BGBl. II, S. 621).
a) Die Vereinbarung über den Transfer von Unterhaltszahlungen löst die unzureichende Jugendamtsverrechnung ab und ermöglicht seit dem 1. 6. 1974, Unterhaltszahlungen zur Erfüllung familienrechtlich begründeter Verpflichtungen in vollem Umfange an die Berechtigten im jeweils anderen Staat zu überweisen. Hierunter fallen insbesondere Unterhaltszahlungen an unterhaltsberechtigte Kinder, Ehegatten und Eltern. Die Vereinbarung ermöglicht außerdem den Transfer von Schadensersatzzahlungen aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen, soweit nicht anderweitige Regelungen bestehen (z.B. HUK-Abkommen über Kraftfahrzeug-Haftpflichtschäden).
b) Die Vereinbarung über den Transfer aus Sperrguthaben ermöglicht es auf der Grundlage der Gegenseitigkeit, monatliche Teilbeträge bis zu 200 DM/Mark — seit dem 1. 1. 1979 auf vierteljährlich 600 DM/Mark umgestellt — aus Sperrguthaben (Devisenausländerkonten) an den Kontoinhaber zu überweisen. Voraussetzung für die Überweisung ist, daß die Einkünfte des Kontoinhabers vorwiegend aus einer Altersversorgung (Rente, Pension), einer Invalidenrente, Sozialhilfe oder einer Waisenrente bestehen. In der DDR zwangsverwaltete Guthaben von Flüchtlingen und aus Grundstückserträgen entstandene Guthaben werden von der DDR nicht zum Transfer zugelassen.
Nach der Vereinbarung müssen sich die Zahlungen gegenseitig ausgleichen, d.h. die Überweisungen aus dem einen können nicht höher sein als die Überweisungen aus dem anderen Staat. Da die in der DDR lebenden Inhaber hier geführter Guthaben nur in geringer Zahl von der Transfermöglichkeit Gebrauch machen, kam es in den ersten Jahren für die hiesigen Kontoinhaber zu erheblichen Wartezeiten bei der Ausführung ihrer Transferanträge. In dem Protokoll zur Sperrguthabenvereinbarung vom 16. 11. 1978 erklärte sich die DDR bereit, von 1979 bis 1982 jährlich 50 Mill. DM über die jeweils erreichte Ausgleichssumme hinaus für die [S. 1534]Durchführung von Aufträgen aus der Bundesrepublik Deutschland zur Verfügung zu stellen. In einem Briefwechsel vom 18. 6. 1982 übernahm die DDR schließlich die Verpflichtung, in den Jahren 1983 bis 1985 jährlich 60 Mill. DM für den Transfer entsprechend der Vereinbarung bereitzustellen.
Bei beiden Vereinbarungen erfolgt die Verrechnung 1:1, ohne daß dadurch eine Parität zwischen den beiden deutschen Währungen festgelegt worden ist. Verhandlungen über eine allgemeine Regelung des nichtkommerziellen innerdeutschen Z. werden angestrebt.
5. Der nichtkommerzielle Z. zwischen dem westlichen Ausland und der DDR ist relativ gering und wird wie im kommerziellen Bereich über Devisenkonten in freikonvertierbaren Devisen oder im bilateralen Clearing abgewickelt.
6. Der nichtkommerzielle Zahlungsverkehr mit den RGW-Ländernwird auf der Grundlage der 1963 zwischen den Staatsbanken dieser Länder festgelegten Wechselkurse für nichtkommerzielle Zahlungen durchgeführt. Die 1963 vereinbarten sog. Touristenkurse finden sowohl für den gesamten Reiseverkehr innerhalb der RGW-Staaten als auch für den Transfer von Erbschaften, Unterhaltszahlungen, Honoraren usw. Anwendung. Die für die Umrechnung maßgebenden Kurse wurden letztmalig im Statistischen Jahrbuch der DDR 1971, Internationale Übersichten, S. 86, veröffentlicht. Außenwirtschaft und Außenhandel; Innerdeutsche Beziehungen; Währung/Währungspolitik; Zahlungs- und Verrechnungsverfahren.
Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 1532–1534
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