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Zollwesen (1979)
Siehe auch:
- Zoll und Kontrolle des Warenverkehrs, Amt für: 1954
Die Aufgaben des Z. der DDR unterscheiden sich in einer staatlich verwalteten Planwirtschaft grundsätzlich von den herkömmlichen Funktionen des Zollrechts, das von marktwirtschaftlich orientierten Wirtschaftsordnungen angewandt wird. Während es nämlich Aufgabe des Zolldienstes im traditionellen Sinne ist, sowohl im Interesse des Staatshaushaltes als auch der einheimischen Wirtschaft dafür zu sorgen, daß Auslandswaren nicht ohne Mitwirkung des Zolldienstes in den Inlandsverkehr kommen, der Wettbewerb und die Inlandspreisbildung nicht durch Einschleusen billiger Auslandserzeugnisse in den Inlandsverkehr gestört werden, treffen diese Funktionen nur zum Teil auf den Zolldienst einer zentral verwalteten planwirtschaftlichen Staatsordnung zu. Das Außenwirtschaftsmonopol (Außenwirtschaft und Außenhandel) und die Art der Preisgestaltung können Zölle sogar entbehrlich machen, da die Steuerung von Export und Import bereits durch Plandirektiven erfolgt (Planung). Auch eine fiskalpolitische Bedeutung kommt den Zöllen nicht zu, weil die staatlichen Handelsorgane ohnehin die Preise für die Außenhandelsgüter festlegen.
Das Z. der DDR ist gekennzeichnet durch folgende programmatische Aufgabenstellung:
1.) einen ordnungsgemäßen, den Interessen des sozialistischen Staates und seiner Bürger entsprechenden Warenverkehr über die Grenzen zu gewährleisten — und dadurch eine störungsfreie Abwicklung des Außenhandels zu sichern;
2.) im Rahmen des Warenverkehrs über die Grenzen die für den Schutz der menschlichen Gesundheit und der Tier- und Pflanzenwelt notwendigen Maßnahmen durchzuführen;
3.) den Nationalreichtum zu sichern, besonders aber zur Erhaltung des Kunstbesitzes und anderer Kulturwerte der DDR beizutragen.
Insbesondere die beiden letzten Aspekte machen die Abkehr vom herkömmlichen Zollrecht deutlich. Insgesamt wird aus der Aufgabenstellung ersichtlich, daß das Zollrecht ein außen- und innenpolitisches Instrument ist, dem einzelne polizeiordnungsrechtliche Züge innewohnen.
Grundlage des Z. ist das Gesetz über das Z. der DDR vom 28. 3. 1962 (GBl. I. S. 42), zu dem inzwischen 29 Durchführungsbestimmungen (DB) ― die sich indessen teilweise wieder aufgehoben haben ― und Verordnun[S. 1220]gen (VO) mit ebenfalls mehreren DB und Anordnungen (AO) ergangen sind. Der Zeitpunkt des Erlasses des Zollgesetzes (ZG) ist ursächlich dafür gewesen, daß konkrete Ziele der Deutschland- und Außenpolitik der SED in das Zollrecht Eingang gefunden haben, das formal der Durchsetzung des Außenhandels- und Valutamonopols dient (vgl. auch Art. 9 Abs. 5 der Verfassung von 1968). Als Zollgebiet gilt das Territorium der DDR, das von der Zollgrenze umschlossen wird. „Westberlin“ ist im Zollrecht ein eigener Abschnitt gewidmet. Es wird festgelegt, daß „Westberlin“ nicht zum Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland gehört. Seine zollrechtliche Stellung soll im Rahmen vertraglicher Vereinbarungen geregelt werden. Berlin (West) wird jedoch bisher auch nicht als Zollinland der DDR behandelt.
Im ZG ist ein 3stufiger Zolltarif vorgesehen: 1. der Grundzolltarif, der den bis vor Erlaß des Gesetzes für private Sendungen geltenden Tarif ablöst; 2. der Vertragszolltarif, der für Länder gelten soll, die der DDR die Meistbegünstigung einräumen; 3. der Sonderzolltarif, der auf die Einfuhr aus Staaten abgestellt ist, die der DDR die Meistbegünstigung nicht gewähren. Diese Tarifdifferenzierung ― sehr niedrige oder keine Zölle im Falle der Meistbegünstigung, hohe Zölle („Kampfzölle“) bei deren Fehlen ― richtete sich z. T. gegen die Außenhandelspolitik der EWG. Indessen ist die DDR wie die übrigen Mitgliedstaaten des Rates für Gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW) im Interesse des Funktionierens der eigenen Wirtschaft vorwiegend an einer handelspolitischen Zusammenarbeit auch mit der EG und ihren Mitgliedstaaten interessiert. Freilich kann die Zolldifferenzierung je nach politischer Lage und Zielsetzung angewandt werden.
Das ZG beinhaltet Bestimmungen über die technischen Modalitäten beim Grenzübertritt von Waren, Geld, Devisen und Personen; zudem überträgt es die Befugnis zur Regelung von Einzelfragen den zuständigen Stellen des Ministerrates.
Im einzelnen sind geregelt: die Kontrolle, Untersuchung und evtl. Sicherstellung von Waren und Beförderungsmitteln beim Grenzübertritt, die Einholung von Gutachten und Auskünften, der Erlaß von Verfügungen und deren Durchsetzung auch durch unmittelbaren Zwang, die körperliche Durchsuchung von Personen, das Genehmigungsverfahren für den Warenverkehr, Zollverfahrensfragen, die Art der Zollerhebung sowie die Zollstrafen- und Strafbestimmungen zur Durchsetzung dieser Regelungen.
Für folgende Kategorien von Waren bzw. Warenbewegungen sind besondere Vorschriften in den DB und VO ergangen: die Ein- und Ausfuhr von Handelswaren, von Waren im Rahmen der Kulturabkommen, von Mustern, Proben und Werbematerial, von Waren für den Bedarf und die Zwecke der diplomatischen oder anderen Vertretungen der DDR sowie für den Bedarf und die Zwecke der in der DDR akkreditierten diplomatischen und anderen diplomatischen ausländischen Vertretungen, von Waren und Ausstellungen, von Kraftfahrzeugen, Zubehör und Ersatzteilen, von Reisebedarf und sonstigen mitgeführten Gegenständen im Reiseverkehr, von Waren im Geschenkverkehr, von Literatur, anderen Druckerzeugnissen, Ton- und Bildträgern, von Rückwaren und Reparaturgut, von Umzugs- und Erbschaftsgut sowie die Durchfuhr von Waren aller Art durch das Zollgebiet der DDR auf allen Verkehrswegen.
Gemäß der VO vom 25. 6. 1959 (GBl. I. S. 610) ist die Einfuhr von Kraftfahrzeugen sowie Zubehör- und Ersatzteilen nur über die staatlichen Außenhandelsbetriebe zulässig. In besonderen Fällen kann der zuständige Rat des Bezirkes die Einfuhr von Personenwagen, Motorrädern und Mopeds erlauben, die dann aber nicht in der DDR vermietet, verpachtet oder veräußert werden dürfen.
Für die Ein- und Ausfuhr von Waren im Reiseverkehr, im Geschenkpaket- und -päckchenverkehr und von Umzugs- und Erbschaftsgut, d. h. für den Nichtkommerziellen ➝Warenverkehr, gelten besondere Bestimmungen.
Die Ein- und Ausfuhr von Handelswaren richtet sich vollständig nach dem Außenhandelsmonopol (Außenwirtschaft und Außenhandel) und ist daher nur über die Außenhandelsbetriebe und andere vom Ministerium für Außenhandel ermächtigte Betriebe und Organe möglich. Der Definition nach gelten als Handelswaren somit Waren, die im Rahmen des Außenhandelsplanes aus- und eingeführt werden, sowie Einfuhren aus Valutaanrechten und Devisenkrediten.
Wegen der besonderen Berlin-Regelung im ZG sind die meisten DB zum ZG für Berlin (West) ebenso wie für alle sonstigen Gebiete außerhalb der DDR durch AO in Kraft gesetzt worden.
Die Durchführung der Aufgaben nach dem Zollrecht obliegt der Zollverwaltung der DDR, die als zentral geleitetes Organ dem Ministerium für Außenhandel untersteht. Die Zollverwaltung gliedert sich in die Hauptverwaltung, Bezirksverwaltungen — meist 2 politische Verwaltungsbezirke zusammengefaßt —, Zollämter und Zollstellen. Grenz-, Binnen- und Postzollämter unterstehen den Bezirksverwaltungen, während für die Überwachung der Zollstellen die Zollämter zuständig sind. Mit dem ZG vom 28. 3. 1962 übernahm die Zollverwaltung die Aufgaben des früheren Amts für Zoll und Kontrolle des Warenverkehrs.
Zum Aufgabengebiet gehören hauptsächlich die Kontrolle der Ein-, Aus- und Durchfuhr von Waren, Devisen und Zahlungsmitteln nach den Bestimmungen des ZG und die Erhebung von Zöllen im Außenhandels-, Post- und Eisenbahnverkehr. Zur Erfüllung dieser Aufgaben arbeitet die Zollverwaltung eng mit anderen Kontroll- und bewaffneten Organen wie auch mit anderen zentralen und örtlichen Staatsorganen zusammen.
Fundstelle: DDR Handbuch. 2., völlig überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1979: S. 1219–1220
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