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Hier finden Sie die retrodigitalisierten Fassungen der Ausgaben 1993 bis 2020 des Jahrbuches für Historische Kommunismusforschung (JHK).

Weitere Bände werden sukzessive online gestellt. Die aktuelle Printausgabe folgt jeweils zwei Jahre nach ihrem Erscheinen.

Das Jahrbuch für Historische Kommunismusforschung wurde 1993 von Hermann Weber (†) als internationales Forum zur Erforschung des Kommunismus als europäisches und globales Phänomen gegründet. Das Jahrbuch enthält Aufsätze, Miszellen, biografische Skizzen, Forschungsberichte sowie Dokumentationen und präsentiert auf diesem Weg einmal jährlich die neuesten Ergebnisse der internationalen Kommunismusforschung.

Seit 2004 wird das Jahrbuch im Auftrag der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur herausgegeben und erscheint aktuell im Berliner Metropol Verlag.

Herausgeber: Ulrich Mählert, Jörg Baberowski, Bernhard H. Bayerlein, Bernd Faulenbach, Peter Steinbach, Stefan Troebst, Manfred Wilke.

Wissenschaftlicher Beirat: Thomas Wegener Friis, Stefan Karner, Mark Kramer, Norman LaPorte, Krzysztof Ruchniewicz, Brigitte Studer, Krisztián Ungváry, Alexander Vatlin.

Bitte richten Sie Manuskriptangebote an die Redaktion: jhk[at]bundesstiftung-aufarbeitung.de

JHK 2016

Anwälte zwischen Politik und Recht. Zur Rolle der Verteidigung in den politischen Prozessen gegen Kommunisten in der Bundesrepublik Deutschland der 1950er Jahre

Jahrbuch für Historische Kommunismusforschung | Seite 235-252 | Metropol Verlag

Autor/in: Jens Niederhut

Ein politischer Prozess ist nach Otto Kirchheimers klassischer Definition dadurch gekennzeichnet, dass er »unmittelbar zu einem Faktor im Kampf um die politische Macht wird«.[1] Eine politische Strafjustiz dient demnach insofern als Mittel in der politischen Auseinandersetzung, als eine politische Opposition mit dem Strafrecht bekämpft wird. Wesentliches Merkmal einer politischen Justiz ist, dass Menschen nicht wegen konkret begangener Straftaten, sondern wegen einer spezifischen politischen Gesinnung strafrechtlich verfolgt werden. Die Strafverfolgung von Kommunisten in der frühen Bundesrepublik kann in diesem Sinne als politische Justiz verstanden werden. Die 1951 eingeführten strafrechtlichen Normen waren gegen die Mitglieder der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) und ihrer Nebenorganisationen gerichtet und trugen in der politischen Auseinandersetzung des Kalten Krieges zur Kriminalisierung der kommunistischen Bewegung in der Bundesrepublik bei. Die politische Justiz in der Bundesrepublik wird in der – allerdings noch kaum ausdifferenzierten – Forschung heute in der Regel kritisch gesehen und als Überreaktion der jungen, noch nicht gefestigten Demokratie auf die vermeintliche oder tatsächliche Unterwanderung der Gesellschaft durch die SED gedeutet. Insbesondere werden etliche harte Urteile wegen politischer Betätigung als Verstöße gegen rechtsstaatliche Prinzipien kritisiert.[2]

Diese Perspektive ist angesichts der vielen juristisch fragwürdigen Urteile gerechtfertigt, lässt aber zwei Aspekte außer Acht, die im Folgenden betrachtet werden sollen. Sowohl die tatsächliche Steuerung des westdeutschen Geflechts von linken und kommunistischen Organisationen durch Ost-Berlin als auch die Ziele der Kommunisten in den politischen Prozessen sind bislang kaum erforscht: Trug die Verteidigung zur Wahrheits- und Rechtsfindung bei? Wollte sie überhaupt Verurteilungen und Haftstrafen verhindern?

Im Folgenden wird dazu der »Zentralrat zum Schutze demokratischer Rechte und zur Verteidigung deutscher Patrioten« betrachtet, der zur Steuerung der politischen Prozesse in der Bundesrepublik ins Leben gerufen wurde. Anschließend wird anhand der Prozesse gegen Mitglieder der Freien Deutschen Jugend (FDJ) und der Hochverratsprozesse gegen KPD-Funktionäre gezeigt, wie Kommunisten vor Gericht verteidigt wurden und welche Konsequenzen dies für die Festigung einer ständigen Rechtsprechung hatte. Schließlich wird die Gründung des Amnestieausschusses beleuchtet, die einen Strategiewechsel der KPD/SED bedeutete und Impulse für die Reform des politischen Strafrechts lieferte. Einleitend soll jedoch kurz die politische Strafverfolgung von Kommunisten in der Bundesrepublik skizziert werden.

 

Die politische Strafjustiz gegen Kommunisten in der Bundesrepublik Deutschland

Zu Beginn der 1950er Jahre hatte sich die deutsche und europäische Teilung verfestigt. Nach Ausbruch des Koreakrieges war die bundesdeutsche Innenpolitik noch mehr als zuvor durch den Kalten Krieg geprägt. Die politische Strafjustiz war Teil der Maßnahmen gegen die Kommunistische Partei, ihre Nebenorganisationen, Funktionäre und Mitglieder. Sie diente ebenso wie der Verbotsantrag gegen die KPD, die Verbote von kommunistischen Vereinigungen, die Berufsverbote für ihre Mitglieder und die antikommunistischen Kampagnen generell der Kriminalisierung der gesamten kommunistischen Bewegung. In diesem Zusammenhang sind sowohl die innenpolitischen Motive der Kommunistenverfolgung als auch die darüber hinausgehende integrative Funktion des Antikommunismus für die westdeutsche Gesellschaft bereits Gegenstand von Forschungen gewesen.[3]

Möglich wurde die strafrechtliche Verfolgung von Kommunisten durch das 1. Strafrechtsänderungsgesetz vom 31. August 1951. Im Zuge dessen wurden verschiedene Straftatbestände zum Staatsschutz eingeführt, wie z.B. Hochverrat (§§ 80–84 StGB), Landesverrat (§ 100 StGB) und Staatsgefährdung (§ 88 StGB). Hinzu kamen weitere Tatbestände, die die Kontakte zu fremden Nachrichtendiensten und Dienststellen (§ 92 StGB), die Verunglimpfung des Staates und seiner Organe (§§ 91, 96 und 97) sowie die Mitgliedschaft in »verfassungsverräterischen« Organisationen (§ 90a StGB) unter Strafe stellten.

Insgesamt wurden bis 1968 125 000 Ermittlungsverfahren nach den neuen Straftatbeständen eingeleitet. Es kam zu ca. 7000 Verurteilungen. Laut Alexander von Brünneck waren über 90 Prozent der Betroffenen Kommunisten.[4] Dabei darf nicht verkannt werden, dass die Ermittlungsverfahren zum Teil auch tatsächliche nachrichtendienstliche Tätigkeiten der DDR in der Bundesrepublik verfolgten.[5] Einige der bedeutendsten nach den neuen Normen geführten Prozesse waren Spionageprozesse, beispielsweise gegen den Präsidenten des Verfassungsschutzes und mutmaßlichen Überläufer Otto John. Auch weitere wichtige Verfahren richteten sich gegen nicht-kommunistische Linke wie den Gewerkschafter Viktor Agartz, den Publizisten Lorenz Knorr, die katholische Pazifistin Christa Thomas oder die nur teilweise KPD-nahen Mitglieder des Westdeutschen Friedenskomitees.[6]

Der Großteil der Ermittlungsverfahren richtete sich jedoch gegen (frühere) Mitglieder der KPD, allerdings waren in den seltensten Fällen hochrangige Funktionäre betroffen. Diese vermochten sich den Strafverfolgungsmaßnahmen zumeist durch rechtzeitige Flucht in die DDR zu entziehen. Einer der wichtigsten verurteilten Funktionäre war der Landtagsabgeordnete und Vorsitzende der westdeutschen Freien Deutschen Jugend Jupp Angenfort, der mit fünf Jahren Zuchthaus zur längsten Freiheitsstrafe im Rahmen des politischen Strafrechts verurteilt wurde. Nur ein Drittel der Verurteilten erhielt jedoch eine Freiheitsstrafe von mehr als neun Monaten.[7] Auch dies ist ein Indiz dafür, dass vor allem Kader von niederem Rang Opfer des politischen Strafrechts wurden. Daher kann nicht von einer systematischen Verfolgung der Kommunisten in der Bundesrepublik gesprochen werden. Im Gegenteil, die politische Strafjustiz weist deutliche regionale Unterschiede aus. Es hing in erheblichem Maße von den Staatsanwälten und Richtern ab, ob überhaupt Strafverfahren eingeleitet und welche Strafen verhängt wurden. Dies stellte auch hinsichtlich der Umsetzung des Legalitätsprinzips, das eigentlich eine unabhängige und einheitliche Strafverfolgung garantieren soll, ein Problem dar.[8] [[Abb. Plakat und Friedrich Karl Kaul]]

Die politische Strafjustiz wird heute in der Regel als unverhältnismäßig und moralisch wie rechtsstaatlich fragwürdig beurteilt. Unverhältnismäßig erscheinen viele Haftstrafen gegen Männer und Frauen, deren Straftat in politischen Meinungsäußerungen oder sozialen und karitativen Handlungen bestand. Beispielsweise wurden die Organisatoren von Ferienlagern in der DDR zu mehrmonatigen Gefängnisstrafen verurteilt, weil sie in kommunistische Strukturen eingebunden waren und ihre Arbeit einen werbenden Effekt für die Kommunistische Partei hatte.[9]

Ins moralische Abseits stellten sich die Organe der Rechtsprechung, wenn – wie vielfach geschehen – Richter und Staatsanwälte an Verfahren beteiligt waren, die während des Krieges den nationalsozialistischen Justizterror mitgetragen hatten.[10]

Aus rechtsstaatlicher Sicht lassen sich verschiedene Aspekte des politischen Strafrechts kritisieren. Vor allem die große Unbestimmtheit der Straftatbestände im Vergleich zu gewöhnlichen Strafprozessen war bedenklich. Wie noch auszuführen sein wird, trug die Strafverfolgung von Kommunisten Züge einer Gesinnungsjustiz, da nicht klar zwischen tatsächlicher Betätigung und kommunistischer Weltanschauung getrennt wurde.[11] Darüber hinaus wurden bereits damals Strafverfahren kritisiert, da das Beweisaufnahmeverfahren und die Beweiswürdigung rechtsstaatlichen Ansprüchen nicht immer zu genügen schienen.[12]

Eine öffentliche Debatte um die politische Strafjustiz setzte dennoch erst in den 1960er Jahren ein. Während es in der Politik Anzeichen für Annäherung und Entspannung auf deutsch-deutscher Ebene gab, wuchs die Zahl der Kritiker und sank die Zahl der politischen Strafverfahren. Erst 1968 setzte die Große Koalition der Strafverfolgung von Kommunisten durch die ersatzlose Streichung des Großteils der Staatsschutzparagrafen im Rahmen der Großen Strafrechtsreform ein Ende.

 

Der »Zentralrat zum Schutz demokratischer Rechte und zur Verteidigung deutscher Patrioten«

Im September 1951 wurde der »Zentralrat zum Schutz demokratischer Rechte und zur Verteidigung deutscher Patrioten« gegründet.[13] Seine Aufgaben waren die Koordinierung der Strafverteidigung in politischen Prozessen, die – spendenbasierte – finanzielle Unterstützung von Angeklagten und Häftlingen sowie Öffentlichkeitsarbeit durch die Herausgabe von Broschüren.

Vorsitzender des Zentralrates wurde der Münchner Rechtsanwalt Ewald Rudolf. Die Düsseldorfer Geschäftsstelle war mit Karl Hartmann, Hans Mertens und Alice Stertzenbach durch drei hauptamtliche KP-Funktionäre besetzt. Mertens, seit 1946 Mitglied der KPD, war promovierter Jurist.[14] Hartmann war seit den 1920er Jahren in verschiedenen Funktionen für die Gewerkschaften und die SPD aktiv gewesen. 1946 wechselte er zur KPD und saß für diese von 1947 bis 1951 im Niedersächsischen Landtag.[15] Alice Stertzenbach verbüßte unter den Nationalsozialisten als Jüdin und Kommunistin eine mehrwöchige Haft. 1936 emigrierte sie in die Niederlande und überlebte den Krieg im Untergrund. Seit 1947 war sie in Westdeutschland für verschiedene kommunistische Verbände tätig.[16] Damit hatte der Zentralrat eine für kommunistische Organisationen in der Bundesrepublik typische Struktur: An der Spitze stand ein neben- oder ehrenamtlicher Parteiloser, der den Anschein der Überparteilichkeit in der Öffentlichkeit aufrechterhalten sollte. Die Geschäftsstelle wurde von hauptamtlichen KPD-Kadern geleitet, die öffentlich weniger in Erscheinung traten, jedoch über die Ressourcen verfügten, den Kontakt zum KP-Parteivorstand und nach Ost-Berlin hielten und die eigentliche Arbeit steuerten. Ewald Rudolf gab später an, dass selbst seine Redemanuskripte von der Geschäftsstelle verfasst worden waren und er keinen Einfluss auf die operative Arbeit hatte.[17] Hartmann und Mertens standen zudem in ständigem Kontakt zu Walter Fisch, der bei der KPD für Rechtsfragen zuständig war. Über Fisch bestand auch Verbindung nach Ost-Berlin, in Einzelfällen kamen Weisungen an den Zentralrat aber auch direkt von SED- oder FDJ-Funktionären. Über die strategische Ausrichtung des Zentralrates entschied in der Regel der Parteivorstand der KPD.

Der Zentralrat war die Koordinierungsstelle für die Strafverteidiger in politischen Verfahren. Kommunisten, denen die Verhaftung drohte, führten die Telefonnummer des Zentralrates bei sich, um im jeweiligen Fall zügig einen Rechtsbeistand herbeirufen zu können.[18]

Die Gruppe von Strafverteidigern, die sich um den Zentralrat sammelte, war auf den ersten Blick recht heterogen: Ihr gehörten einige kommunistische Anwälte an, die in der Regel Mitglieder der KPD waren. Die meisten Mandate übernahmen der Hamburger Rechtsanwalt Curt Wessig sowie Karl Pfannenschwarz, der über enge Beziehungen zur SED verfügte.[19] Eine Ausnahme stellt Friedrich Karl Kaul dar, der als einziger DDR-Anwalt eine Zulassung vor westdeutschen Gerichten hatte und, obwohl er nicht Mitglied des Zentralrates war, in vielen politischen Strafverfahren auftrat.[20] Weitere Anwälte gehörten dem breiteren Spektrum der Opposition gegen Adenauer an, so zum Beispiel Viktor Rebensburg und Paul Götzmann, die Mitglieder der Gesamtdeutschen Volkspartei (GVP) waren. Andere, wie der Vorsitzende des Zentralrates Rudolf, hatten aus Überzeugung gegen das politische Strafrecht oder gegen Berufsverbote für Kommunisten Stellung bezogen. Auch der prominente Essener Rechtsanwalt Karl-Heinz Hütsch, der nebenbei für den Deutschen Fußballbund als Justiziar tätig war, gehörte zu dieser Gruppe. In allen wichtigen politischen Strafverfahren traten mehrere Anwälte auf – stets war ein kommunistischer Anwalt dabei, der die Umsetzung der zentral festgelegten Strategie überwachte.

Die Rechtsanwälte um den Zentralrat waren zum Teil auch Mitglieder der »Arbeitsgemeinschaft demokratischer Juristen« (AdJ), die ebenfalls 1951 gegründet wurde. Die AdJ diente als loser Zusammenschluss von Juristen; als Netzwerk ergänzte sie den Zentralrat, dem sie auch aufgrund personeller Überschneidungen eng verbunden war. Als Initiator und erster Vorsitzender trat Marcel Frenkel auf, ein über die Parteigrenzen hinaus angesehener Jurist, der 1946 zum Abteilungsleiter im Innenministerium Nordrhein-Westfalen aufgestiegen war, 1950 aber aufgrund seiner KPD-Mitgliedschaft seines Amtes enthoben wurde.[21]

 

Der Kampf gegen das FDJ-Verbot

Am 26. Juni 1951 verbot die Bundesregierung gemäß Art. 9 Abs. 2 des Grundgesetzes die westdeutsche FDJ, die zu diesem Zeitpunkt in der Bundesrepublik über ca. 30 000 Mitglieder verfügte. In der Folge wurden zahlreiche Mitglieder und Funktionäre verhaftet und wegen Betätigung in einer verfassungsfeindlichen Organisation vor Gericht gestellt. Die Verfahren gegen die FDJ-Mitglieder waren die ersten wichtigen Verfahren nach den neuen Normen des politischen Strafrechts, die dabei fortdauernde richterliche Auslegungen und Interpretationen erfuhren.

Die Prozesse waren aber auch von besonderer Bedeutung für die Kommunisten: Gegen das FDJ-Verbot waren Rechtsmittel eingelegt worden. Bei KPD und FDJ hielt man das Verbot für rechtswidrig und glaubte noch an eine mögliche Revision. Daher sollte sowohl außerhalb des Gerichts gegen das Verbot Stimmung gemacht als auch vor Gericht die Rechtswidrigkeit belegt werden.

Die ersten bedeutenden FDJ-Prozesse fanden im Herbst 1952 vor dem Landgericht Dortmund statt. Aufsehen erregte vor allem das zweite »Verfahren gegen Berger u.a.«, bei dem geradezu paradigmatisch für die politischen Strafverfahren der politisch-ideologische Widerstreit die Rechts- und Wahrheitsfindung überlagerte. Gegenstand des Verfahrens waren die Ereignisse des 11. Mai 1952 in Essen. An diesem Tag hätte die »Jugendkarawane gegen Wiederaufrüstung und Generalvertrag« stattfinden sollen, die aber vom Ordnungsamt der Stadt Essen auf Weisung des nordrhein-westfälischen Innenministeriums verboten wurde. In der Folge kam es zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen jugendlichen Demonstranten und der Polizei, in deren Verlauf der 21-jährige Münchner Arbeiter und FDJ-Angehörige Philipp Müller durch eine von der Polizei abgefeuerte Kugel tödlich verletzt wurde.[22]

Angeklagt waren in Dortmund elf Demonstranten – sechs gehörten der FDJ, vier der KPD an. Die Anklage lautete auf Aufruhr, Landfriedensbruch und Widerstand gegen die Staatsgewalt, jeweils begangen in staatsgefährdender Absicht, bei den FDJ-Angehörigen zusätzlich auf Rädelsführerschaft in einer verbotenen Vereinigung. Die KPD mobilisierte die Öffentlichkeit durch Einrichtung des Untersuchungsausschusses »Wahrheit über Essen«, der Zeugenaussagen sammelte und Protestaktionen koordinierte. Mehrere Demonstrationen vor dem Gerichtsgebäude wurden von der Polizei gewaltsam aufgelöst.[23] Zielscheibe der Kampagne war vor allem das Gericht, insbesondere der Kammervorsitzende Anton Rheinländer. 3000 Protestschreiben gingen bei seiner Privatadresse ein, viele enthielten Drohungen und Schmähungen. Die kommunistische Presse stellte ihn als Faschisten und Kriegstreiber dar.[24] Dass sie damit aber in Wahrheit einen Gegner des Nationalsozialismus traf, spielte für sie keine Rolle.[25]

Die zentral gesteuerte Verteidigung nutzte den Prozess, um gegen das FDJ-Verbot zu agitieren, die angebliche Rechtswidrigkeit des Verbots der Jugendkarawane hervorzuheben und die Polizeigewalt anzuprangern. Im Prozess stellten die kommunistischen Anwälte Wessig und Dietrich Puppe die Legitimität des Gerichts infrage und beschränkten sich darüber hinaus in Plädoyers und Anträgen auf eine politische Abrechnung mit der Bundesregierung. Lediglich Rechtsanwalt Hütsch argumentierte sachlich und losgelöst von der politischen Auseinandersetzung. Die Angeklagten passten sich der Inszenierung eines politischen Verfahrens an: Als zum ersten Mal der Name des getöteten Philipp Müller fiel, erhoben sie sich. Während Polizeibeamte im Zeugenstand waren, wurde gefeixt und gelacht.[26] Die von der Verteidigung benannten Zeugen berichteten in gleichförmigen Aussagen, bisweilen noch »mit leiser und manchmal unverständiger Stimme«, von wahlloser Gewalt der Polizei. In den Händen der Demonstranten wollten sie keinen einzigen Stein gesehen haben. Glaubwürdig waren die offenkundig abgesprochenen Aussagen nicht, zudem konnte die Verteidigung zwar angebliche Zeugen polizeilicher Prügelorgien präsentieren, jedoch niemanden, der tatsächlich Verletzungen davongetragen hatte.[27]

Die Staatsanwaltschaft gab kaum ein besseres Bild ab: Sie präsentierte als Zeugen vor allem Polizeibeamte, die erhebliche Erinnerungslücken aufwiesen und sich gerade bei den entscheidenden Fragen der Gewaltanwendung und zum Schusswaffengebrauch widersprachen. Statt die Ereignisse in Essen aufzuklären, argumentierte auch die Staatsanwaltschaft vor allem auf der politischen Ebene mit der Verfassungswidrigkeit der FDJ.[28]

Der fehlende Wille bei Staatsanwaltschaft und Verteidigung, zur Wahrheitsfindung beizutragen, kulminierte in einer Absprache: Die Verteidigung hatte den Ministerpräsidenten und kommissarischen Innenminister des Landes Nordrhein-Westfalen, Karl Arnold, als Zeugen benannt. Überraschend ließ Rheinländer Arnold tatsächlich vorladen. Die Verteidigung zog den Antrag jedoch zurück, da im Gegenzug die Staatsanwaltschaft auf die Aussage des Pfarrers Herbert Mochalski, Initiator der Jugendkarawane, verzichtete. Mochalski hätte wohl ausgesagt, dass die christlichen Jugendlichen nach dem Verbot der Demonstration geschlossen abgereist und nur die Kommunisten in Essen verblieben waren. Arnold wiederum blieben Fragen nach den Gründen des Verbots der Demonstration erspart, bei dem es ihm weniger um die Sicherheit der demonstrierenden Jugendlichen gegangen war als vielmehr um die Kriminalisierung der FDJ.[29]

Letztlich nutzte den Angeklagten die politische Verteidigungsstrategie nicht: Sie wurden zu – allerdings vergleichsweise milden – Haftstrafen zwischen vier und 15 Monaten verurteilt. Das Landgericht stellte in seiner Urteilsbegründung ausführlich die Verfassungswidrigkeit der FDJ dar.[30] In Bezug auf den polizeilichen Schusswaffengebrauch legte sich die Kammer darauf fest, dass es sich um Notwehr gehandelt habe. Die Argumente dafür waren reichlich dünn, die Chance, die Ereignisse von Essen aufzuklären, damit vertan. Infolge des Urteils stellte die Staatsanwaltschaft ihr Ermittlungsverfahren gegen die beteiligten Beamten ein.[31]

Das Gericht folgte in seiner Argumentation – teilweise wortwörtlich – dem sogenannten Fünf-Broschüren-Urteil. Dieses Urteil war 1951 im Rahmen eines von der Bundesanwaltschaft beantragten selbstständigen Verfahrens gefällt worden. In dem Verfahren ohne Angeklagte und ohne Verteidigung wurde geprüft, inwieweit fünf aus der DDR in die Bundesrepublik eingeführte Broschüren den Tatbestand des Hochverrats erfüllten. Die entscheidende juristische Frage war die nach der Bestimmtheit eines hochverräterischen Unternehmens. Der Bundesgerichtshof (BGH) leitete in seiner Begründung allein aus veröffentlichten Reden und Schriften führender Kommunisten, insbesondere der wichtigsten Funktionäre der SED, her, dass die Tätigkeit der kommunistischen Bewegung als Staatsgefährdung, Angriff auf die verfassungsmäßige Ordnung und Hochverrat anzusehen sei. Die noch vom Reichsgericht definierten Tatbestandsmerkmale eines hochverräterischen Unternehmens – Gewaltanwendung, aktive Vorbereitung eines Umsturzes, Zielgerichtetheit und zeitliche Bestimmtheit – waren nicht mehr von Bedeutung. Durch dieses Urteil wurden die Hürden für Verurteilungen wegen Hoch- und Landesverrats sowie Staatsgefährdung wesentlich gesenkt.[32] In den Dortmunder FDJ-Prozessen wurde die Argumentation erstmals umgesetzt. In der Folge stieg die Zahl der wegen Organisationsdelikten und Landesverrat verurteilten Personen – allein 1953 waren es 1337, die meisten davon FDJ-Angehörige.[33] Das Fünf-Broschüren-Urteil diente dabei in der Regel als Blaupause, die Dortmunder Urteile waren Vorbilder.

 

Lehren aus Dortmund

Im Zentralrat diskutierten die Anwälte nach den Dortmunder Prozessen über das künftige Vorgehen. Ein erstes Strategiepapier mit dem Titel »Lehren aus Dortmund« analysierte die FDJ-Prozesse. Der Autor, Hans Mertens, kam zu dem Schluss, dass vor dem Dortmunder Landgericht nicht ausreichend politisch argumentiert worden sei: Der juristische Kampf sei ein in der Hauptsache politischer Kampf, für den die Rechtswissenschaft eingesetzt werden müsse. Der Jurist müsse – so hieß es wörtlich – »Diener« des politischen Kampfes sein. Der Kampf um die Legalität der FDJ sei vor jedem Gericht zu führen und mit dem Widerstand gegen die Westbindung und der Aufklärung über die systematischen Rechtsbrüche des Adenauer-Regimes in Einklang zu bringen.[34]

Diese Auffassung wurde weder von allen Anwälten noch überall vor Gericht umgesetzt. Karl-Heinz Hütsch beispielsweise argumentierte in seinen Verfahren mit Milderungsgründen oder ließ seine Mandanten die Mitgliedschaft in der FDJ abstreiten. Damit erreichte er geringe Bewährungsstrafen und Freisprüche.[35] In anderen Verfahren folgten die Angeklagten den Vorgaben des Zentralrates und machten vor Gericht offensiv Angaben zu ihrer Arbeit in der FDJ. Die Folge waren härtere Strafen.[36]

Schließlich legte ein Beschluss des Parteivorstandes der KPD die Strategie der Strafverteidiger in politischen Verfahren fest. Grundlage des Beschlusses war ein Gutachten des Zentralrates, das zwar auf vier durchaus heterogenen Rechtsgutachten fußte, im Ergebnis aber erneut die Handschrift von Hans Mertens trug. Nicht Gegenstand des Gutachtens war die seit dem Fünf-Broschüren-Urteil zentrale juristische Frage nach der Bestimmtheit eines hochverräterischen Unternehmens – obwohl in den zugrunde liegenden Rechtsgutachten, u.a. von der Humboldt-Universität zu Berlin und von Curt Wessig, die durchaus fragwürdige Argumentation des BGH konstruktiv kritisiert worden war. Stattdessen sollte in den politischen Prozessen die Friedenspolitik des östlichen Lagers und die Aggressionspolitik des Westens dargestellt werden, um so zu beweisen, dass es FDJ und KPD um »Friedenssicherung« und die »friedliche Wiedervereinigung Deutschlands« gehen würde, nicht um die Errichtung einer Diktatur. Es sei vor Gericht stets darauf zu bestehen, dass diese Argumentation juristisch notwendig sei.[37] Das dahinter stehende Ziel erläuterte Hans Mertens auf einer Sitzung des Zentralrates. Sein Beitrag wird in einer Mitschrift wie folgt wiedergegeben: »Man solle […] bedenken, daß man politisch und als Kommunist zu handeln habe. Erst danach und in zweiter Linie dürfe man berücksichtigen, daß man Jurist sei. [...] Es sei auch nicht das Wichtigste, daß man so schnell wie möglich die Leute aus den Gefängnissen herausbekomme, das komme erst in 2. Linie; die wichtigste Aufgabe sei, vor dem Gericht, vor allem in der Hauptverhandlung eine kämpferische Auseinandersetzung über die Richtigkeit unserer Politik zu führen.«[38]

Durch den Beschluss des Parteivorstandes der KPD war das Gutachten für den Zentralrat und die kommunistischen Anwälte verbindlich und galt von da an als Richtlinie für alle vom Zentralrat beauftragten Strafverteidiger in politischen Prozessen. Die Anwälte, die sich gegen »politisch sinnlose Arbeit« und für »saubere juristische Argumentationen, um die Verhafteten zu unterstützen«, aussprachen, schieden in der Folge aus dem Zentralrat aus.[39] Auch Marcel Frenkel hatte sich gegen die politische Verteidigungslinie gewandt und zog sich nun vom Vorsitz der AdJ zurück.[40]

In ihrem Kampf gegen das FDJ-Verbot half die Verteidigungsstrategie wenig. Die von der Verteidigung im »Verfahren gegen Berger u.a.« eingelegte Revision wurde vom BGH in den entscheidenden Punkten abgelehnt.[41] Das Bundesverwaltungsgericht bestätigte wenig später, am 16. Juli 1954, dass das Verbot der FDJ rechtens war.[42]

 

Die Hochverratsprozesse

Nachdem die politische Verteidigungsstrategie eine feststehende Rechtsprechung bei FDJ-Angehörigen nicht verhindert hatte, richtete sich der Fokus im Jahr 1954 zunehmend auf Prozesse gegen KPD-Angehörige. Die politischen Strafverfahren nahmen dabei teilweise die Inhalte des Verbotsverfahrens gegen die KPD vor dem Bundesverfassungsgericht vorweg, als Funktionäre der Kommunistischen Partei wegen Hochverrats vor dem Bundesgerichtshof angeklagt wurden. Der erste wichtige Hochverratsprozess gegen Kommunisten war das Verfahren gegen Horst Reichel und Herbert Beyer. Reichel und Beyer waren Parteisekretäre in Niedersachsen, mittlere Funktionäre der KPD auf Landesebene, weit entfernt von der politischen Führung der Kommunisten. Sie waren angeklagt wegen der Weiterverbreitung des »Programms der nationalen Wiedervereinigung« der KPD, dessen Inhalt vom Oberbundesanwalt als hochverräterisch eingestuft worden war. Zentraler Punkt des Programms war die Forderung, dass das »Regime Adenauer gestürzt und auf den Trümmern dieses Regimes ein freies, einheitliches, unabhängiges, demokratisches und friedliebendes Deutschland geschaffen« werde. In dem »revolutionären Kampf« gegen die Adenauerregierung würde es – so eine weitere Passage des Dokuments – »Opfer« und »Gefallene« geben, eine Formulierung, die vom BGH später als Ankündigung von Gewaltmaßnahmen interpretiert wurde. [43]

Die Verteidigung brachte eine umfangreiche Erwiderung auf die Anklageschrift vor Gericht ein, die in der Hauptsache den Nachweis erbringen sollte, dass Adenauer einen Krieg vorbereitete. Das Gericht nahm den Schriftsatz zu den Akten, ließ aber keine weitere Reaktion erkennen. Daraufhin baute der mit der Verteidigung beauftragte Curt Wessig seine Strategie um und versuchte, die auf dem Fünf-Broschüren-Urteil beruhende Hochverratskonstruktion der Anklage zu Fall zu bringen. Das von Mertens gelieferte ideologische Material benutzte er nicht (»Käse«) und ließ sich zudem zu einigen abfälligen Bemerkungen über die Lage in der DDR hinreißen.[44]

Im Ergebnis erzielte Wessig einen juristischen Teilerfolg: Im Fünf-Broschüren-Urteil war der Bundesgerichtshof zu der Feststellung gekommen, dass die Tätigkeit für die Kommunistische Partei grundsätzlich hochverräterisch sei, da die Kommunisten per se einen Umsturz planen würden. Nicht zuletzt auf Druck der Verteidigung hielt der BGH nun diese Argumentation nicht mehr aufrecht. Die tatsächliche und konkrete Planung eines gewaltsamen Umsturzes wurde zur Voraussetzung einer Verurteilung wegen Hochverrats. Damit war zwar das Fünf-Broschüren-Urteil zu Fall gebracht, zu einer Verurteilung von Reichel und Beyer kam es aber dennoch: Den konkreten Plan zum Umsturz leitete der BGH aus dem »Programm der Nationalen Wiedervereinigung« direkt ab, unter anderem aus den oben zitierten Passagen. Damit ersetzte der BGH eine wackelige Argumentation durch eine genauso fragwürdige: Nach wie vor waren konkrete Planungen für einen gewaltsamen Umsturz, jenseits von Absichtserklärungen und Propaganda, keine notwendige Voraussetzung für eine Verurteilung wegen Hochverrats. Die Folgen für die Beschuldigten waren schwerwiegend: Das Urteil vom 6. Mai 1954 lautete für Horst Reichel auf drei, für Herbert Beyer auf eineinhalb Jahre Gefängnis – angesichts ihrer nachrangigen Positionen in der Parteihierarchie harte Strafen.[45]

Das Urteil hatte Folgen: Nachdem der BGH zwei einfache Parteisekretäre für die Verbreitung des Programms verurteilt hatte, schien die Verhaftung und Anklage der Mitglieder der Programmkommission unausweichlich. Die Bundesminister der Justiz und des Innern führten einen entsprechenden Kabinettsbeschluss herbei.[46] Im Laufe der nächsten Jahre verurteilte der Bundesgerichtshof Jupp Angenfort, Wolfgang Seiffert, Friedrich Rische, Josef Ledwohn, Richard Scheringer und Walter Fisch unter anderem wegen ihrer Mitarbeit an dem Programm. Es waren die einzigen Verurteilungen von Kommunisten wegen Hochverrats in der Bundesrepublik.[47]

Im Zentralrat herrschte dennoch prinzipiell Zufriedenheit über den Verlauf des Prozesses gegen Reichel und Beyer, da die Angeklagten sich überzeugend und im Sinne der Vorgaben präsentiert hatten. Der Konflikt zwischen Mertens als Kopf des Zentralrats und den Strafverteidigern, die die politische Prozessführung ablehnten, eskalierte jedoch. Gegen Curt Wessig wurde ein Parteiverfahren eingeleitet, er erhielt vorerst – auf Beschluss des Parteivorstandes – keine weiteren Mandate in Strafprozessen.[48]

Ein weiterer juristischer Meilenstein bei der Fortentwicklung des politischen Strafrechts war das Verfahren gegen Oskar Neumann, Karl Dickel und Emil Bechtle vor dem Bundesgerichtshof. Die Anklage lautete auf Hochverrat und Staatsgefährdung und legte die führende Beteiligung der Angeklagten an der verbotenen Volksbefragung gegen die Remilitarisierung zugrunde.[49] Im Verfahren ließ der BGH erstmals Zeugen zu, die über den Stand der tatsächlichen Umsturzpläne in der DDR Aussagen machten. Belege für den Hochverrat sollten also nicht mehr allein aus der Ideologie und dem Propagandamaterial der KPD/SED gewonnen werden. Da die Zeugen keine Indizien für das tatsächliche Vorhandensein von Umsturzplänen vorlegen konnten, fiel der Anklagepunkt Hochverrat in sich zusammen. Im Urteil gab der BGH die Rechtsprechung auf, dass die Tätigkeit von Kommunisten grundsätzlich Hochverrat sei. Nunmehr verlangte er eine »Bestimmtheit«, die nur gegeben sei, »wenn der Plan des gewaltsamen Umsturzes in bestimmter Weise an die gegebenen und bestehenden politischen Zustände anknüpft«.[50] Damit war das Fünf-Broschüren-Urteil im Wesentlichen ausgehebelt. In den künftigen Verfahren trat an die Stelle des Hochverrats der Tatbestand der Staatsgefährdung, der sehr viel unbestimmter und für den das Merkmal der Gewaltanwendung nicht nötig war. Für die Angeklagten bedeutete dies daher zunächst keinen großen Unterschied: Der BGH verurteilte Neumann, Dickel und Bechtle am 2. August 1954 unter anderem wegen Staatsgefährdung, Bildung einer verfassungsverräterischen Vereinigung und Bildung einer kriminellen Vereinigung (§§ 90a, 94, 129 StGB) zu Haftstrafen zwischen acht Monaten und drei Jahren.[51]

Mit den Urteilen gegen Neumann, Dickel und Bechtle sowie Reichel und Beyer hatte sich im Sommer 1954 die Rechtsprechung in Staatsschutzsachen weitgehend etabliert. Mit dem KPD-Verbot kam 1956 der Straftatbestand des Verstoßes gegen das Parteiverbot hinzu, darüber hinaus ergaben sich bis Anfang der 1960er Jahre keine wesentlichen Änderungen in der Rechtsprechung des BGH.

 

Das Ende des Zentralrates

Für den Zentralrat und die kommunistischen Anwälte bedeutete diese Etablierung einer ständigen Rechtsprechung das Scheitern der politischen Verteidigung. In der Folge kam es zu einer Absetzbewegung: In Prozessen gegen Kommunisten argumentierten Verteidiger beispielsweise, dass die Angeklagten Flugblätter nicht gelesen hätten, bei Besprechungen nicht dabei gewesen seien oder das Parteiprogramm nicht kennen würden.[52] Andere Angeklagte flüchteten in die DDR oder setzten auf nicht-kommunistische Pflichtverteidiger anstelle der vom Zentralrat gestellten Anwälte. Es hielten sich Gerüchte, dass es bei einigen Gerichten zu geringeren Strafen kam, wenn man keinen kommunistischen Anwalt wählte. Insbesondere der bei westdeutschen Richtern ungeliebte Friedrich Karl Kaul galt als Garant für ein hohes Strafmaß. Der Zentralrat hielt dennoch zunächst an der politischen Verteidigung fest. »Sicher sei«, so Karl Hartmann bei einer Besprechung mit den Anwälten, »dass eine Erfolgsverteidigung nicht Aufgabe der demokratischen Bewegung sein solle«.[53]

Ab dem Sommer 1955 wurde dennoch eine Neuausrichtung der Strategie ins Auge gefasst. Bevor es jedoch zu deren praktischer Umsetzung kommen konnte, wurden die führenden Köpfe des Zentralrates, Marcel Frenkel, Hans Mertens, Karl Hartmann und Alice Stertzenbach, im Oktober 1955 aufgrund eines Haftbefehls des Bundesgerichtshofes festgenommen.[54] [[Abb. Karl Hartmann u.a.]]

Das »Verfahren gegen Frenkel u.a.« zog sich bis 1958 hin. Hartmann und Frenkel schieden aus gesundheitlichen Gründen aus dem Verfahren aus, Mertens wurde schließlich zu drei Jahren und sechs Monaten, Stertzenbach zu acht Monaten Gefängnis verurteilt.[55] Kurz vor dem Urteil, am 4. Februar 1958, hatten die Innenminister der Länder sowohl den inzwischen bedeutungslosen Zentralrat als auch die AdJ als verfassungsfeindlich verboten.[56]

 

Der Amnestieausschuss

Nach der Verhaftung der führenden Funktionäre von Zentralrat und ADJ kam es zu keiner Neuorganisation mehr. Kurzzeitig war überlegt worden, die Organisationen unter neuer Führung am Leben zu erhalten. Insbesondere war dabei an die Einbindung der beiden Rechtsanwälte Diether Posser und Walther Ammann gedacht worden. Posser, Sozius in der Essener Kanzlei von Gustav Heinemann, hatte seine politische Heimat in der Gesamtdeutschen Volkspartei. Später wechselte er zur SPD und war lange Jahre Mitglied des nordrhein-westfälischen Kabinetts.[57] Der Heidelberger Rechtsanwalt Ammann war eher dem linkskatholischen Spektrum um Eugen Kogon und Helene Wessel zuzurechnen.[58] Noch 1955 wurden Ammann und Posser zu Sitzungen des Präsidiums des Zentralrates eingeladen, an denen zumindest Ammann auch teilnahm. Posser hingegen, der trotz guter Kontakte in die DDR und zu den westdeutschen kommunistischen Organisationen direkte Verbindungen vermied, hatte nicht auf die Einladungen reagiert.[59]

Nach der Zerschlagung des Zentralrates wurden die Pläne einer direkten Einbindung von Posser und Ammann seitens der KPD aber ohnehin nicht weiter verfolgt. Angesichts der ständigen Rechtsprechung in politischen Strafverfahren, bei der es kaum Aussichten auf Veränderungen gab, sollte der Fokus darauf liegen, Verbündete zu gewinnen, um generell gegen das politische Strafrecht Stimmung zu machen und eine Amnestie für die in den Gefängnissen einsitzenden Kommunisten zu erreichen. Im Oktober 1955 fasste der Parteivorstand der KPD den Beschluss, eine Initiative für eine Amnestie der inhaftierten Kommunisten ins Leben zu rufen.[60] Zwischen der Amnestiebewegung und dem Zentralrat bzw. der KPD sollte es dabei keine direkten Verbindungen geben, um eine Diskreditierung zu verhindern.[61]

Die erste Sitzung des Amnestieausschusses fand am 18. Dezember 1955 in Frankfurt am Main statt. Walther Ammann übernahm die Sitzungsleitung und in der Folge auch die Koordinierung des informellen Kreises. Die Materialien für sein Eröffnungsreferat waren in Ost-Berlin zusammengestellt worden.[62] Neben Ammann waren auch Diether Posser und Viktor Rebensburg sowie eine Reihe weiterer in politischen Prozessen erfahrene Strafverteidiger anwesend. Der Amnestieausschuss verfolgte in seiner Anfangszeit mehrere Ziele: Die Amnestie für inhaftierte politische Straftäter war dabei eher sekundär, insbesondere da die Funktionäre von SED und KPD in Ost-Berlin nach Sichtung des Materials erkannten, wie gering die Zahl der tatsächlich inhaftierten Kommunisten war.[63] Daher sollte die Arbeit des Ausschusses primär darauf zielen, das politische Strafrecht zu kritisieren und letztlich zu Fall zu bringen. Angesichts der argumentativen Schwächen der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, die letztlich aus systematischen Problemen der strafrechtlichen Normen resultierten, war in dieser Frage die Schnittmenge mit nicht-kommunistischen Strafverteidigern am größten. Darüber hinaus sollte die Arbeit auch dazu dienen, die Bundesrepublik insgesamt zu diskreditieren, war doch weder im Inland noch im Ausland hinreichend bekannt, dass auch im Westen Deutschlands politische Häftlinge in den Gefängnissen saßen.

Grundlage der Tätigkeit war eine Denkschrift über die Probleme der Justiz in politischen Strafsachen. Die Druckschrift erschien unter den Namen von Walther Ammann und Diether Posser. Der 16-seitige Text war jedoch – so die damaligen Erkenntnisse der westdeutschen Verfassungsschutzämter – tatsächlich von Mitarbeitern des Zentralrates sowie von Karl Pfannenschwarz, inzwischen Leiter der Rechtsabteilung des Parteivorstandes der KPD, verfasst worden. Die Denkschrift kommt ohne den für die Appelle und Druckschriften der KPD typischen Duktus, ohne harsche Denunziationen des politischen Gegners und ohne langatmige allgemeinpolitische Passagen aus. Dennoch sind die wesentlichen Elemente der Argumentation des Zentralrates gegen die politische Justiz vorhanden: So die »Juridifizierung der Politik«, also die Praxis der Gerichte, politische Kontextualisierungen durch die Strafverteidiger als »verfahrensfremd« abzuwehren, aber auch die fragwürdige Rolle der Verfassungsschutzämter und die angeblich besonders harten Haftbedingungen der politischen Häftlinge. Darüber hinaus führt die Denkschrift auch zahlreiche Argumente aus, die nicht nur aus kommunistischer Feder, sondern auch von liberalen und sozialdemokratischen Kritikern des politischen Strafrechts stammen könnten: die juristisch wackligen Verurteilungen wegen Hochverrats durch den BGH, die weite Auslegung des Straftatbestandes der Staatsgefährdung, die unverhältnismäßig lange Untersuchungshaft und die oft zweifelhaften Zeugen der Anklage.[64]

Die Initiatoren bemühten sich, die Amnestiebewegung möglichst von der KPD fernzuhalten. So wurden keine Exemplare der Denkschrift vorab an kommunistische Funktionäre versandt, damit bei eventuellen Hausdurchsuchungen keine Verbindung zwischen Posser und Ammann auf der einen Seite und der KPD auf der anderen Seite hergestellt werden konnte. Den Verfassungsschutzämtern war der Zusammenhang zwischen Amnestiebewegung und Kommunisten dennoch frühzeitig bekannt. Auch linke Rechtswissenschaftler, die Distanz zu Ost-Berlin wahren wollten, hielten sich vorerst fern: Die Professoren Wolfgang Abendroth und Friedrich Giese lehnten eine Unterzeichnung des Appells ab.[65]

Fraglos war der Amnestieausschuss 1955/56 ein Kind der KPD. Allerdings waren die Verbindungen zwischen den Kommunisten und den Wortführern der Bewegung – Ammann und Posser – nicht offensichtlich und auch nicht besonders eng. Speziell Posser hielt stets Distanz zur DDR. In den folgenden Jahren, spätestens 1958, auch bedingt durch die veränderte politische Lage, verstärkte sich dieser Trend. Nunmehr als »Erweiterter Initiativausschuss für die Amnestie und der Verteidiger in politischen Strafsachen« firmierend, entzogen sich die Strafverteidiger zunehmend dem Einfluss Ost-Berlins, auch wenn Walther Ammann, der die Aktivitäten koordinierte, weiter Kontakt zur SED pflegte. Mit dem inzwischen zur SPD übergetretenen Diether Posser, den Rechtsprofessoren Wolfgang Abendroth und Werner Maihofer sowie den Oberlandesgerichtspräsidenten Richard Schmid und Curt Staff gehörten dem Ausschuss aber genügend unabhängige Persönlichkeiten an, sodass nicht mehr von einer Steuerung durch Ost-Berlin die Rede sein konnte.[66] Auch durch die Impulse des Ausschusses wurde die politische Justiz ab den frühen 1960er Jahren in der Bundesrepublik zunehmend skeptisch gesehen. Die Kritiker waren nun nicht mehr kommunistische Organisationen, sondern neben den im Amnestieausschuss versammelten Anwälten auch politische Schwergewichte wie Gustav Heinemann, der ehemalige Oberbundesanwalt und CDU-Bundestagsabgeordnete Max Güde sowie der sozialdemokratische Rechtspolitiker Adolf Arndt. Dennoch hielten die politischen Verfahren gegen Kommunisten bis in die zweite Hälfte der 1960er Jahre an. Erst die Große Koalition setzte mit der Strafrechtsreform 1968 das politische Strafrecht außer Kraft.

 

Fazit

Mit der AdJ, dem Zentralrat und dem Amnestieausschuss sind hier drei Organisationen vorgestellt worden, die auf Initiative der KPD bzw. der SED in der Bundesrepublik ins Leben gerufen wurden, um die politischen Ziele der Kommunisten voranzutreiben. AdJ und Zentralrat wurden direkt aus Ost-Berlin bzw. vom Parteivorstand der KPD gesteuert. Entgegen dem Anschein von Überparteilichkeit, den sie vermittelten, können sie daher zu Recht als Neben- oder Tarnorganisationen der KPD gelten. Sie stehen exemplarisch für viele andere Organisationen in unterschiedlichen gesellschaftlichen Bereichen, mithilfe derer die Kommunisten unter dem Deckmantel der Neutralität Einfluss auf die westdeutsche Gesellschaft nehmen wollten.

Dem Amnestieausschuss gelang dies mit Blick auf die gesellschaftliche Debatte um das politische Strafrecht, allerdings gerade weil er nicht als rein kommunistische Organisation wahrgenommen wurde. Trotz der Geburtshilfe aus Ost-Berlin entwickelte er sich zunehmend zu einer tatsächlich überparteilichen Organisation, in der Kommunisten, Sozialdemokraten und unabhängige Linke zusammenarbeiteten. Die Steuerung durch die SED wurde damit zunehmend schwächer, und der kommunistische Einfluss auf die Debatte um das politische Strafrecht blieb somit letztlich gering.

Auch mit ihrer Verteidigungsstrategie vor Gericht hatten die Kommunisten wenig Erfolg. KPD und SED hatten versucht, die Gerichtssäle als Podien zur Verteidigung ihrer Politik und zum Angriff auf die Adenauer-Regierung zu nutzen. Dies entsprach zwar der Logik eines politischen Prozesses – wie auch schon Otto Kirchheimer erkannt hatte[67] – jedoch konnten die Kommunisten aufgrund ihrer geringen gesellschaftlichen Verankerung über die eigene Klientel hinaus kaum Wirkung erzielen. Der Preis, den die westdeutschen Kommunisten dafür zahlten, war hoch: Die politische Verteidigungsstrategie trug dazu bei, dass viele Funktionäre der Partei und ihrer Nebenorganisationen verhältnismäßig hohe Haftstrafen erhielten. Sie führte auch zu einer frühen Verfestigung der Rechtsprechung in politischen Strafsachen, die für die Angeklagten ungünstig war. Erst als die Kommunisten nicht mehr die Verteidigung bestimmten und Anwälte wie Ammann und Posser mit juristischen Argumenten die »erkünstelten juristischen Konstruktionen« des Bundesgerichtshofes angriffen,[68] wurden mehr und mehr günstige Urteile für Kommunisten erreicht und der Abschaffung des politischen Strafrechts der Weg bereitet.

 


[1]     Otto Kirchheimer: Politische Justiz. Verwendung juristischer Verfahrensmöglichkeiten zu politischen Zwecken, Hamburg 1993 (zuerst Princeton 1961), S. 85.

[2]     Das grundlegende Standardwerk ist Alexander von Brünneck: Politische Justiz gegen Kommunisten in der Bundesrepublik Deutschland 1949–1968, Frankfurt a.M. 1978; aus der Memoirenliteratur ragt heraus: Diether Posser: Anwalt im Kalten Krieg. Deutsche Geschichte in politischen Prozessen 1951–1968, Bonn 2000 (zuerst München 1991). Die kritische Sicht auch beispielhaft bei Jan Korte: Instrument Antikommunismus. Der Sonderfall Bundesrepublik, Berlin 2009. Aus der neueren Forschung vor allem Josef Foschepoth: Überwachtes Deutschland. Post- und Telefonüberwachung in der alten Bundesrepublik, Göttingen 2012; ders.: Staatsschutz und Grundrechte in der Adenauerzeit, in: Jens Niederhut/Uwe Zuber (Hg.): Geheimschutz transparent. Verschlusssachen in staatlichen Archiven, Essen 2010, S. 27–58; sowie Ulf Gutfleisch: Staatsschutzstrafrecht in der Bundesrepublik Deutschland 1951–1968, Berlin 2014.

[3]     Siehe hierzu insbesondere Foschepoth: Staatsschutz (Anm. 2).

[4]     Siehe von Brünneck: Politische Justiz (Anm. 2), S. 236–243, 271–279.

[5]     Hinzu kamen auch Verfahren gegen Rechtsextremisten und andere nicht primär politisch motivierte Tätergruppen. Siehe hierzu Gutfleisch: Staatsschutzstrafrecht (Anm. 2), passim. Die dort aus der statistischen Auswertung der erstinstanzlichen Verfahren vor dem BGH gewonnenen Zahlen (S. 114, 210 f.) lassen sich allerdings kaum auf die Gesamtheit der politischen Strafverfahren übertragen.

[6]     Siehe Klaus Schaefer: Der Prozess gegen Otto John. Zugleich ein Beitrag zur Justizgeschichte der frühen Bundesrepublik Deutschland, Marburg 2009; Jürgen Treulieb: Der Landesverratsprozeß gegen Viktor Agartz. Verlauf und Bedeutung in der innenpolitischen Situation der Bundesrepublik auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges, Münster 1982; Lorenz Knorr: Generäle vor Gericht. Darf man Nazi-Militärs als Massenmörder bezeichnen?, Köln 2011; Posser: Anwalt (Anm. 2), S. 131–139; Friedrich-Martin Balzer (Hg.): Justizunrecht im Kalten Krieg. Die Kriminalisierung der westdeutschen Friedensbewegung im Düsseldorfer Prozess 1959/60, Köln 2006.

[7]     Siehe von Brünneck: Politische Justiz (Anm. 2), S. 280–284.

[8]     Siehe ebd., S. 261–264.

[9]     Siehe Jens Niederhut: Frohe Ferien in der DDR. Kommunismus und Antikommunismus in den 1950er Jahren, in: Deutschland Archiv 44 (2011), H. 4, S. 552–560.

[10]    Siehe Gutfleisch: Staatsschutzstrafrecht (Anm. 2), S. 211–216 sowie die Biogramme S. 331–355.

[11]    Siehe hierzu auch ebd., S. 206–270.

[12]    Die Kritik an der Verfahrensführung vor allem bei Posser: Anwalt (Anm. 2), passim, und von Brünneck: Politische Justiz (Anm. 2), S. 250–264.

[13]    Siehe Anklageschrift des Oberbundesanwaltes gegen Frenkel u.a., Bundesarchiv (im Folgenden: BArch) NY 4238/97, S. 128–130.

[14]    Siehe ebd., S. 11 f.; Entnazifizierungsakten: Landesarchiv Nordrhein-Westfalen Abteilung Rheinland (im Folgenden: LAV NRW R) NW 1023 Nr. 4097, NW 1037-BI Nr. 13615, NW 1007 Nr. 337.

[15]    Siehe Anklageschrift gegen Frenkel u.a. (Anm. 13), S. 13–15.

[16]    Siehe Urteil in der Strafsache gegen Hans Mertens und Alice Stertzenbach, 20.05.1958, BArch NY 4238/97, S. 5–7.

[17]    Siehe seine Zeugenaussage im Prozess gegen Frenkel u.a., BArch NY 4238/98.

[18]    Siehe die Schilderung bei Hermann Weber/Gerda Weber: Leben nach dem Prinzip links. Erinnerungen aus fünf Jahrzehnten, Berlin 2006, S. 17–50.

[19]    Wessig hatte schon in den 1920er Jahren Kommunisten verteidigt. Er vertrat aber z.B. auch den Lagerkommandanten des Konzentrationslagers Neuengamme, Max Pauly, im Neuengamme-Hauptprozess vor einem britischen Militärgericht – ohne ihn jedoch vor dem Strang bewahren zu können. Siehe Alyn Bessmann/Marc Buggeln: Befehlsgeber und Direkttäter vor dem Militärgericht. Die britische Strafverfolgung der Verbrechen im KZ Neuengamme und seinen Außenlagern, in: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft 53 (2005), H. 6, S. 522–542, hier Anm. 31. Karl Pfannenschwarz lehrte später in Ost-Berlin, vertrat Stasi-Firmen im Westen und verhandelte im Auftrag der DKP mit Gudrun Ensslin über einen Gewaltverzicht der RAF, siehe Andreas Förster: Die Terroristin und Herr Pfannenschwarz, in: Berliner Zeitung vom 6. September 1997.

[20]    Siehe Annette Rosskopf: Friedrich Karl Kaul: Anwalt im geteilten Deutschland (1906–1981), Berlin 2002.

[21]    Einladungsschreiben und Gründungsaufruf, LAV NRW R NW 614 Nr. 537. Zu Frenkel siehe Anklageschrift gegen Frenkel u.a. (Anm. 13) sowie seine Personalakte, LAV NRW R NW Pe Nr. 7521.

[22]    Siehe Wolfgang Buschforth: Philipp Müller und der »Essener Blutsonntag«, in: Deutschland Archiv 35 (2002), S. 253–258.

[23]    Siehe Unterlagen, u.a. Flugschriften und Presse, LAV NRW R NW 490 Nr. 195, 196.

[24]    Bericht an den Landgerichtspräsidenten, ebd. NW-Pe Nr. 3082; siehe die Presseartikel in ebd. NW 377 Nr. 2274.

[25]    Anton Rheinländer hatte wegen seiner jüdischen Ehefrau im Dritten Reich berufliche Nachteile erlitten. Nach 1945 wurde er Mitglied des Entnazifizierungsausschusses in Dortmund und engagierte sich in Wiedergutmachungsfragen – auch für Mitglieder des kommunistisch dominierten Opferverbandes Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN). Siehe die Personalakte LAV NRW R NW Pe Nr. 3082 und die Entnazifizierungsakte ebd. NW 1097 Nr. 19315.

[26]    Siehe Polizeiberichte über die Gerichtsverhandlung vom 6.10.1952 und 21.10.1952, Bericht des IM (Abt. IV) über den Prozess vom 21.10.1952, ebd. NW 490 Nr. 197.

[27]    Siehe die Prozessberichte, ebd. NW 377 Nr. 2274.

[28]    Siehe ebd.

[29]    Der Deal zwischen Verteidigung und Staatsanwaltschaft ersparte dem nordrhein-westfälischen Kabinett die Peinlichkeit, dem Ministerpräsidenten die Aussagegenehmigung verweigern zu müssen. Der Beschluss hierzu war bereits gefasst, dem Gericht aber noch nicht mitgeteilt worden. Siehe ebd. NW 377 Nr. 2274.

[30]    Siehe das Urteil, ebd.

[31]    Das Ermittlungsverfahren gegen unbekannt wegen Mordes: Ermittlungsakte, ebd. Gerichte Rep. 169 Nr. 66. Die Einstellung des Verfahrens ohne tiefer gehende Ermittlungen führt dazu, dass aus den überlieferten Akten wohl nicht mehr aufzuklären sein wird, wer den tödlichen Schuss abfeuerte und ob es sich um eine Notwehrsituation handelte.

[32]    Es handelte sich um ein selbstständiges oder objektives Verfahren nach §§ 430ff. StPO. Das Urteil St E 3/53 u.a., BArch B 106/16106; LAV NRW R NW 614 Nr. 585. Ausführliche Analyse des Urteils bei Foschepoth: Überwachtes Deutschland (Anm. 2), S. 65–75.

[33]    Siehe die Zahlen bei von Brünneck: Politische Justiz (Anm. 2), S. 272 f., 275.

[34]    Bericht über die Arbeitsbesprechung am 04.02.1953, LAV NRW R NW 614 Nr. 553.

[35]    Siehe Schreiben des Hamburger Komitees des Zentralrats vom 30.07.1953; Ausarbeitung »Warum Aussageverweigerung?«, ebd. NW 614 Nr. 557.

[36]    Siehe Besprechung der Geschäftsführer der Länderkomitees des Zentralrats am 21.02.1953, ebd. NW 614 Nr. 555.

[37]    Gutachten, ebd. NW 614 Nr. 586, hier vor allem S. 1–5.

[38]    Schreiben Innenministerium NRW an Bundesamt für Verfassungsschutz, 28.9.1953, ebd.

[39]    Siehe Bericht über die Juristenkonferenz am 5.10.1953; Bericht über die Präsidiumstagung der AdJ am 24.10.1953, ebd. NW 614 Nr. 541. Siehe auch die Stellungnahme von Fridolin Thüring, ebd. NW 614 Nr. 586.

[40]    Siehe Bericht über die Arbeitskonferenz der AdJ am 28.10.1953, ebd. NW 614 Nr. 541.

[41]    Siehe das Urteil, LAV NRW R NW 377 Nr. 2244.

[42]    Siehe von Brünneck: Politische Justiz (Anm. 2), S. 110 f.

[43]    Die Anklageschrift, BArch BY 1/4491; siehe von Brünneck: Politische Justiz (Anm. 2), S. 93 f.

[44]    Siehe Besprechung bei Walter Fisch mit allen mit juristischen Fragen befassten Mitarbeitern, 20.04.1954, ebd. NW 614 Nr. 563. Siehe die Abschriften der Briefe, LAV NRW R NW 614 Nr. 542.

[45]    Siehe das Urteil in: Hochverrat und Staatsgefährdung. Urteile des Bundesgerichtshofes, Bd. 1, Karlsruhe 1957, S. 74–107.

[47]    Siehe von Brünneck: Politische Justiz (Anm. 2), S. 94 f.

[48]    Siehe Berichte vom 20.04. und 18.05.1954, LAV NRW R NW 614 Nr. 563.

[49]    Zur Volksbefragung siehe Till Kössler: Abschied von der Revolution. Kommunisten und Gesellschaft in Westdeutschland 1945–1968, Düsseldorf 2004, S. 286 f.

[50]    Zit. nach von Brünneck: Politische Justiz (Anm. 2), S. 92.

[51]    Siehe das Urteil in: Hochverrat und Staatsgefährdung (Anm. 45), S. 19–73.

[52]    Berichte über eine Besprechung bei Walter Fisch mit allen mit juristischen Fragen befassten Mitarbeitern am 20.04.1954 und die Geschäftsführerbesprechungen am 22.04. und 22.09.1954, LAV NRW R NW 614 Nr. 563.

[53]    Bericht vom 13.06.1955, ebd. NW 614 Nr. 578.

[54]    Siehe Bericht vom 02.11.1955, ebd.

[55]    Siehe Verfahrensunterlagen, BArch NY 4238 Nr. 98–101, das Urteil vom 20.05.1958, ebd. Nr. 97.

[56]    Siehe die Unterlagen, ebd. NW 374 Nr. 74; NW 308 Nr. 228–229; NW 614 Nr. 551; BR 2073 Nr. 49.

[57]    Siehe Posser: Anwalt (Anm. 2).

[58]    Ebd., S. 97.

[59]    Posser war zu der Präsidiumssitzung am 27. Februar 1955 eingeladen, LAV NRW R NW 614 Nr. 576; Amman nahm an der Sitzung am 3./4. Dezember 1955 teil, ebd. NW 614 Nr. 548.

[60]    Siehe Innenministerium NRW, Schreiben an das Bundesamt für Verfassungsschutz, 20.06.1956, LAV NRW R NW 614 Nr. 570.

[61]    Siehe Berichte vom 23.6. und 7.7.1956, ebd. NW 614 Nr. 573.

[62]    Siehe Bericht vom 15.12.1955, ebd.

[63]    Siehe Bericht vom 21.12.1955, ebd. NW 614 Nr. 570.

[64]    Siehe die »Denkschrift über die Probleme der Justiz in politischen Strafsachen« beispielsweise ebd. NW 614 Nr. 570.

[65]    Siehe Berichte vom 02.11.1955 und 19.01.1956, ebd.

[66]    Siehe von Brünneck: Politische Justiz (Anm. 2), S. 314 f.

[67]    Siehe Kirchheimer: Politische Justiz (Anm. 1), S. 341–347.

[68]    Ebd., S. 89.

Inhalt – JHK 2016

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