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Hier finden Sie die retrodigitalisierten Fassungen der Ausgaben 1993 bis 2020 des Jahrbuches für Historische Kommunismusforschung (JHK).

Weitere Bände werden sukzessive online gestellt. Die aktuelle Printausgabe folgt jeweils zwei Jahre nach ihrem Erscheinen.

Das Jahrbuch für Historische Kommunismusforschung wurde 1993 von Hermann Weber (†) als internationales Forum zur Erforschung des Kommunismus als europäisches und globales Phänomen gegründet. Das Jahrbuch enthält Aufsätze, Miszellen, biografische Skizzen, Forschungsberichte sowie Dokumentationen und präsentiert auf diesem Weg einmal jährlich die neuesten Ergebnisse der internationalen Kommunismusforschung.

Seit 2004 wird das Jahrbuch im Auftrag der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur herausgegeben und erscheint aktuell im Berliner Metropol Verlag.

Herausgeber: Ulrich Mählert, Jörg Baberowski, Bernhard H. Bayerlein, Bernd Faulenbach, Peter Steinbach, Stefan Troebst, Manfred Wilke.

Wissenschaftlicher Beirat: Thomas Wegener Friis, Stefan Karner, Mark Kramer, Norman LaPorte, Krzysztof Ruchniewicz, Brigitte Studer, Krisztián Ungváry, Alexander Vatlin.

Bitte richten Sie Manuskriptangebote an die Redaktion: jhk[at]bundesstiftung-aufarbeitung.de

JHK 2012

Die Stalinismus-Forschung in Aserbaidschan: Ein Überblick

Jahrbuch für Historische Kommunismusforschung | Seite 389-400 | Aufbau Verlag

Autor/in: Zaur Gasimov

Aslan K´nan: XX ´srd´ repressiyaya m´ruz qalanlar [Die Opfer der Repressalien im 20. Jahrhundert], Baku: Az´rn´şr 2001, 299 S.

El’dar Ismajlov: Vlast’ i narod. Poslevoennyj stalinizm v Azerbajdžane (1945–1953). Monografija, [Macht und Volk. Der Nachkriegsstalinismus in Aserbaidschan (1945–1953). Eine Monografie], Baku: Adiloğlu 2003, 342 S.

Šalala Mamedova: Interpretacija totalitarizma. Stalinizm v Azerbajdžane 1920–1930 [Interpretation des Totalitarismus. Der Stalinismus in Aserbaidschan 1920–1930], Baku: »Adiloğlu« N´şriyyatı 2004, 319 S.

El’dar Ismajlov: Azerbajdžan. Ottepel’. 1953–1956. Pervye gody »ottepeli«. Monografija. [Aserbaidschan. Tauwetter: 1953–1956. Die ersten Jahre des »Tauwetters«. Eine Monografie], Baku: Adiloğlu 2006, 315 S.

C´mil H´s´nli: Az´rbaycanda milli m´s´l´: siyasi r´hb´rlik v´ ziyalılar. 1954–1959 [Nationale Frage in Aserbaidschan: Politische Führung und Intelligenz. 1954–1959], Baku: »Adiloğlu« N´şriyyatı 2008, 542 S.

Az´r Turan: Xalid S´id Xocayev. Ş´hid türkşünas [Ein Turkologe – ein Märtyrer], Baku: Elm v´ t´hsil n´şriyyatı 2009, 96 S.

Ehe man sich der Aufgabe widmet, den Stand der Stalinismusforschung in Aserbaidschan zu skizzieren, sollte man die Termini bzw. deren Übertragbarkeit klären. In der deutschsprachigen Forschungslandschaft, die ein Bestandteil – wenn auch ein riesiger – des traditionsreichen Fachs Osteuropageschichte ist, sieht die Stalinismusforschung auf eine längere Vorgeschichte zurück. Noch in den Dreißigerjahren erschienen die ersten populärwissenschaftlichen Abhandlungen über Stalin und die Prozesse im stalinistischen Russland. Nach dem Zweiten Weltkrieg widmete sich die deutsche Sowjetologie der Erforschung des Stalinismus. Später, nach der politischen Wende um 1989/91 und der daraus resultierenden Öffnung der Archive in der ehemaligen Sowjetunion und den Wandelprozessen, denen die westlichen und deutschen Geschichtswissenschaften in den letzten zwei Jahrzehnten unterworfen waren, trat die Stalinismusforschung hierzulande in eine neue und noch facettenreichere Phase ein.1 Während man sich mit der politischen Geschichte und den Dimensionen des Totalitären in der Sowjetunion bis 1953 noch bis in die Neunzigerjahre beschäftigte, fingen die deutschen Stalinismusforscher gerade in den letzten zwanzig Jahren an, sich mit einzelnen area und case studies auseinanderzusetzen.

Die deutschsprachige Sekundärliteratur zum Stalinismus ist mittlerweile umfangreich, und ohne auf die Details der Geschichte der Stalinismusforschung einzugehen, ist es wichtig, vorab einiges zu klären, um Verständnis für die geschichtswissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Stalinismus sowie für die Anwendung der in der deutschen bzw. westlichen Geschichtswissenschaft verbreiteten Begriffe zu entwickeln. Da Aserbaidschan zu einer viel stärker vom nahöstlichen als vom osteuropäischen Kulturraum geprägten Geschichtsregion gehört, hat dies auch Auswirkungen auf die Untersuchung der geschichtswissenschaftlichen Diskurse im Land:

1. Eine kritische Auseinandersetzung mit der totalitären Vergangenheit, d. h. mit dem Stalinismus, fand in der Sowjetunion im Zuge der Liberalisierung und der Demokratisierung infolge der Gorbačëv’schen Reformpolitik statt. In den nicht-russischen Republiken, vor allem im Baltikum, in der (West-)Ukraine und im Kaukasus hatte dies noch zusätzliche, national-politische und häufig anti-russische Komponenten, was darauf zurückzuführen ist, dass sich die Nationen (vor allem die Intellektuellen) in den Randgebieten des Imperiums auf der Suche nach der eigenen Identität befanden. Während ein Teil der Historiker und Intellektuellen Russlands unter einem post-imperialen Syndrom litt,2 fand die geschichtswissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Stalinismus in den nicht-russischen postsowjetischen Republiken wie Aserbaidschan im Geiste der postkolonialen Diskurse statt.3

Ähnliches gilt für Georgien und das Baltikum. Der Unterschied zu Aserbaidschan besteht jedoch darin, dass die kurze Periode einer postsowjetischen Liberalisierung der öffentlichen Diskurse und der geisteswissenschaftlichen Forschung der früheren Neunzigerjahre einige Zeit nach dem Machteintritt des studierten Historikers und Geheimdienstlers HeydEr Eliyevs (1923–1993) rückgängig gemacht wurde. Unter Eliyev (1993–2003) fand die Zähmung der Historikerzunft statt.4 Da er als KGB-Chef des Landes und Erster Sekretär der Aserbaidschanischen Kommunistischen Partei die Republik seit 1969 bis in die Achtzigerjahre hinein regierte, war eine kritische Auseinandersetzung mit der sowjetischen Vergangenheit anfangs nur partiell und später kaum mehr zugelassen. Seit den späten Neunzigerjahren entwickelte sich ein Personenkult um Eliyev, der während der Präsidentschaft seines Sohnes, Ilham Eliyev (seit 2003 im Amt) intensiv fortgesetzt wurde. Das Vorhandensein des Personenkults um Eliyev reduziert weiterhin die Möglichkeiten einer Auseinandersetzung, z. B. mit dem Stalin’schen Personenkult.

2. Der Stalinismus-Begriff in der Form, in der er sich in der deutschen Osteuropaforschung entwickelt hat, existiert in der aserbaidschanischen Geschichtswissenschaft nicht.5 Nur selten erwähnen die aserbaidschanischen Historiker die innerparteilichen Debatten unter Lenin und unmittelbar nach seinem Tode. Termini wie Kollektivierung, Stalinismus und Repressionen werden fast synonym verwendet, sodass man unter dem Stalinismus den Zeitraum nach Lenins Tod bis zur bekannten Rede Chruščëvs versteht.

Stalinismus als stalinizm6

»The phenomenon of ›1937‹ is one of the most horrible pages in Soviet history. Chronologically, it is broader than its one-year dimension […] Azerbaijan has not yet attempted a comprehensive study of this phenomenon«,7 so pessimistisch lautet das Urteil des Bakuer Historikers Eldar Ismayilov in seinem Überblicksartikel von 2010.

Dabei waren Massenterror, Deportationen, Unterdrückung der religiösen, politischen und kulturellen Freiheiten, Gleichschaltung alternativer Denkweisen und Russifizierung des Schulwesens und des Kulturlebens auch in der Aserbaidschanischen SSR Merkmale der stalinistischen Herrschaft. Die sowjetisch-aserbaidschanische Historiographie, die unmittelbar nach der Kommunisierung des Landes am 28. April 1920 durch die von Moskau organisierten Geschichtsinstitute ins Leben gerufen wurde, hielt bis zur Perestroika-Zeit an den Richtlinien des dialektischen Materialismus sowie der Unfehlbarkeit des sozialistischen Regimes fest. Die Stalin’schen Repressionen wurden in den Sechziger- und Siebzigerjahren nicht zum Gegenstand von Forschungsarbeiten in Baku. Dagegen widmeten sich in den Dreißiger- und Vierzigerjahren die aserbaidschanischen Exilanten, die im Zuge der sowjetischen Eroberung der Republik im April 1920 in die Türkei, nach Polen, Frankreich und Deutschland auswanderten, einer kritischen– wenn auch oft emotional geführten – Auseinandersetzung mit der sowjetischen Politik in Aserbaidschan. Die Warschauer Zeitschrift Wschód,8 die Pariser Zeitschiften Gorcy Kavkaza9 und Le Prométhée sowie die aserbaidschanischen Medien in Istanbul Yeni Kafkasya,10 Odlu Yurt11 und Azerbaycan Yurt Bilgisi12 druckten zahlreiche Berichte, Skizzen und Analysen über das Geschehen im sowjetischen Baku zwischen 1930 und 1940. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden viele kritische Berichte zum Stalinismus in Aserbaidschan in der in Ankara erscheinenden Exilantenzeitschrift Azerbaycan. Aylık kültür dergisi [Aserbaidschan. Eine Monatsschrift für Kultur] veröffentlicht. Besonders zu erwähnen ist in diesem Kontext der aserbaidschanische Exilpolitiker und Publizist MEhmEd Emin REulzadE (1884–1955), der sowohl für diese Zeitschrift, als auch für die oben erwähnten französischen und polnischen Medien schrieb. 1954 erschienen in der Türkei seine Erinnerungen an die Gespräche mit Stalin, die zum einen einige interessante Einblicke in das politische Geschehen im vorrevolutionären Kaukasus und zum anderen im Moskau der Jahre 1920/21 ermöglichen.13

Während die französische und die US-amerikanische Stalinismusforschung das Fallbeispiel Aserbaidschan bis jetzt außer Acht ließen, wurde das Thema der stalinistischen Politik in Aserbaidschan vom Berliner Zeithistoriker Jörg Baberowski in mehreren Aufsätzen Ende der Neunzigerjahre ausführlich analysiert.14 Bei dem 2003 erschienenen Band Der Feind ist überall. Stalinismus im Kaukasus handelt es sich um die bis jetzt detaillierteste Darstellung zu diesem Thema, d. h. zur stalinistischen Politik im östlichen Kaukasus.15

In Aserbaidschan selbst wurde diese Publikation bisher kaum wahrgenommen,16 was nicht zuletzt daran liegt, dass die russische Übersetzung des Buches erst 201017 in Moskau erschienen und es zu einer aserbaidschanischen Übersetzung noch nicht gekommen ist. Die erste Rezension des Buches schrieb CEmil HEsEnli am 3. September 2011 in der Bakuer Zeitung Zerkalo.18 HEsEnli zufolge sei die Monografie Baberowskis ein gelungenes Projekt: Besonders hob er die Fülle der Archivmaterialien und die klare Sprache der Monografie hervor.

In den frühen Neunzigerjahren widmeten sich die aserbaidschanischen Historiker der Untersuchung der stalinistischen Verbrechen im Zuge der noch während der Perestroika verkündeten Politik der Beseitigung der sogenannten Weißen Flecken. So erschien 1991 der Sammelband Pravda i tol’ko pravda. »Belye pjatna« našej istorii [Wahrheit und nur Wahrheit. »Weiße Flecken« unserer Geschichte] in Baku. Zu den Autoren zählten die in der Aserbaidschanischen SSR bekannte Zeithistorikerin PüstE EzizbEyova19 und ihre Kollegen vom Historischen Institut der Akademie der Wissenschaften.20 Einzelne Beiträge befassen sich mit den Kommunisten der ersten Generation, wie z. B. NEriman NErimanov (1870–1925)21 
und dem verfolgten kommunistischen Politiker und Volkskommissar Çingiz Ildırım (1890–1938). Der Doyen der aserbaidschanisch-sowjetischen Historiographie Ziya Bünyadov22 veröffentlichte bereits 1993 ein Buch unter dem Titel Der Rote Terror.23 Im selben Jahr erschien in Baku eine Abhandlung zu Mir CEfEr Bağırov aus der Feder von EkrEm Eylisli,24 und 2001 kam schließlich das Buch des aserbaidschanischen Literaturwissenschaftlers Aslan KEnan,25 Die Opfer der Repressalien im 20. Jahrhundert, auf den Markt:26 Hier ging der Autor, ohne die Quellen detailliert aufzulisten, auf den Werdegang einzelner bekannter Opfer der Deportationen und Repressionen ein. Die Sprache ist eher lyrisch und teils polemisch, was der Gesamtpublikation, in der neben dem Text auch einzelne Originalquellen abgedruckt sind, erheblich schadete.

Als der Bakuer Osteuropahistoriker Eldar Ismayilov27 und der Zeithistoriker CEmil HEsEnli28 2003 zwei längere Abhandlungen zum Stalinismus sowie zum Spät- und Poststalinismus in Aserbaidschan herausgaben, kam es zu einem entscheidenden Bruch in der Forschung hinsichtlich Stalins Zeit in Aserbaidschan. Eldar Ismayilovs Buch Vlast’ i narod [Macht und Volk] wurde nicht nur in Baku, sondern auch in den US-amerikanischen29 und europäischen30 Historikerkreisen rezipiert.31 Seine Schilderungen der Reaktionen in Baku auf den Wandel im Kontext des innenpolitischen Kampfes in Moskau sowie in Tiflis und Jerewan führen zu der Feststellung, dass nicht der Diskurs um die unterschiedlichen Auslegungen der kommunistischen Ideologie, sondern die Fragen zur Nationalitätenpolitik und des Umgangs mit den Opfern des Roten Terrors die politische Agenda in Baku dominierten. Mit deutlicher Sympathie beschreibt Ismayilov die Rolle von Mir CEfEr Bağırov (1896–1956), dem langjährigen Ersten Sekretär der Aserbaidschanischen Kommunistischen Partei und vertrauten Gefährten des sowjetischen NKVD-Chefs Lavrentij Berija, bei der Stalinisierung Aserbaidschans. Aufgrund der Archivrecherchen in Moskau und Baku gelang es Ismayilov die gesellschaftlichen Reaktionen auf die Entlassung und die spätere Hinrichtung Bağırovs zu untersuchen. Dabei wird deutlich, dass der Sturz Bağırovs keineswegs Zustimmung in der aserbaidschanischen Bevölkerung der Republik hervorrief (S. 56). Ismayılov analysiert das Gerichtsverfahren gegen den Stalinisten Bağırov im Kontext der Rehabilitation der in den Dreißiger- und Vierzigerjahren verfolgten Altkommunisten. Die Verurteilung Bağırovs zum Tode stellte eine Parallele zum Moskauer Gerichtsprozess gegen Berija dar. Bağırov wurde nicht nur sein stalinistischer Regierungsstil vorgeworfen, sondern darüber hinaus, dass er der Eliminierung von Berija belastenden Archivunterlagen in den Vierzigerjahren, die die Mitarbeit Berijas im Nachrichtendienst der Aserbaidschanischen Demokratischen Republik (1918–1920) dokumentierten (S. 67), zugestimmt habe.32

In seinem Werk zur nationalen Frage im post-stalinistischen Aserbaidschan untersucht HEsEnli einen Zeitraum von fünf Jahren: 1954 bis 1959. Die Entwicklung im politischen und kulturellen Leben im sowjetischen Aserbaidschan kurz nach dem Tod Stalins steht somit im Fokus des faktenreichen Werkes. Die theoretische Grundlage sowie eine Auseinandersetzung mit den aktuellen geschichtswissenschaftlichen Theorien fehlen gänzlich, jedoch entstand die Publikation auf Grundlage seiner intensiven Archivrecherchen in den USA, in Moskau und vor allem in Baku. Eine detaillierte Auswertung der Bestände im Archiv des aserbaidschanischen Sicherheitsministeriums trug entscheidend zur Steigerung der Qualität der Monografie bei.

Fast siebzig Seiten widmet HEsEnli der Darstellung der Diskussionen innerhalb der Bakuer Parteielite bezüglich der Erklärung des Aserbaidschanischen zur Staatssprache in der Aserbaidschanischen SSR. Viele Kommunisten waren in erster Linie Angehörige ihrer jeweiligen Nation, und im sowjetischen Kaukasus fand unter ihnen ein andauernder Wettbewerb statt. In Baku registrierte man die Prozesse, die in Jerewan und Tiflis stattfanden, und versuchte, das von den anderen Erreichte selbst zu erlangen. Die Nationalsprachen wurden in Georgien und Armenien bereits 1937 als Amts- und Staatssprachen in den lokalen Verfassungen verankert. In Aserbaidschan sowie in den restlichen Sowjetrepubliken war das nicht der Fall. Die aserbaidschanischen Kommunisten (Imam Mustafayev und seine Gefährten) wiesen im Dialog mit Moskau auf die georgischen und armenischen Beispiele hin; Lenins Werke über die Gleichberechtigung der Nationen etc. wurden intensiv zitiert. HEsEnli zufolge kam es immer wieder zu Konflikten zwischen den Bakuer Kommunisten russischer und aserbaidschanischer Nationalität. Die Sprachenregelung war ein Paradebeispiel, als die Interessen kollidierten.

HEsEnli zeigt auf, dass die Interessen einzelner Gruppen nach dreißig Jahren des »Roten Terrors« (Baberowski) eher zurückhaltend artikuliert wurden. Ab 1956 dafür umso intensiver zur Sprache kamen. In jenem Jahr fand in Baku der Erste Kongress der aserbaidschanischen Komponisten statt. Zu den Ehrengästen gehörte der aus Moskau eingereiste Dmitrij Šostakovič. Die Sitzung sollte auf Russisch stattfinden, jedoch lieferte der Bakuer Dichter Rasul Rza einen längeren Vortrag, indem er dafür plädierte, dass man vom Aserbaidschanischen mehr Gebrauch machen und es auch als Konferenzsprache einführen sollte.33

Gerade im Zeitraum von 1954 bis 1959 verortet HEsEnli die Wiedergeburt des Nationalen in Aserbaidschan. Die Werke von vielen Intellektuellen, die den Stalin’schen Repressionen zum Opfer fielen, kehrten in die Regale der Bibliotheken und in den öffentlichen Diskurs gerade in dieser Zeit zurück. Dazu gehörten Dichter, Historiker und die sogenannten Nationalkommunisten, die zur »alten Garde« zählten und noch unter Lenin des Nationalismus bezichtigt worden waren. NEriman NErimanov wurde zu einer Symbolfigur: Seine Schriften wurden gerade zwischen 1954 und 1959 neu aufgelegt, Biografien wurden in hohen Auflagen veröffentlicht, und mehrere Straßen in Baku und in den Provinzstädten wurden nach ihm benannt.

Auch die Dissertation der Bakuer Historikerin ŞElalE MEmmEdova,34 die 2004 unter der wissenschaftlichen Betreuung von Eldar Ismayılov erschien und sich – im Gegensatz zu den Arbeiten von Ismayilov und HEsEnli – den theoretischen Ansätzen der Totalitarismusforschung bediente,35 widmet sich der Untersuchung des Stalinismus in Aserbaidschan. Die Arbeit beruht auf der Auswertung vielfältiger Archivmaterialen aus den Staatsarchiven in Moskau, Baku und Tiflis. Im Gegensatz zu den Historikern der älteren Generation bezog MEmmEdova auch englischsprachige Sekundärliteratur mit ein.

»When Murtuz Sadikhli (1929–1997) was eight years old, his family was rounded up from their village of Nakhchivan and shipped out in cattle cars to Kazakhstan. It was a tortuous journey that took 39 days. That was the dreadful year of 1937.«36 So beginnt die Einleitung zum Lebensbericht von Murtuz Sadikhli, der als Kind die Stalin’schen Repressionen und die Deportation der Aserbaidschaner nach Zentralasien miterlebt hatte. Diese und weitere Erinnerungen an den Früh- und Spätstalinismus wurden im 2005 veröffentlichten Heft Remembering Stalin der in New York/Baku erscheinenden Zeitschrift Azerbaijan International abgedruckt. Das von Betty Blair herausgegebene Heft kann als das erste oral history-Projekt zum Thema Stalinismus in Aserbaidschan gelten. Außer den schockierenden Lebenszeugnissen und Erinnerungen beinhaltet dieses Heft auch wertvolle Archivfotos. Zu den Autoren zählen neben dem Berufshistoriker und Direktor des aserbaidschanischen Staatsarchivs Ataxan Paşayev37 zahlreiche Überlebende der Deportationen der Dreißigerjahre, wie z. B. die Sozialwissenschaftlerin Fatma ElEsgErova38 und der Literaturwissenschaftler und Schriftsteller Gülhüseyn Hüseynoğlu.39 Der Ehemann von Fatma sowie Hüseynoğlu selbst gehörten der Geheimgruppe Ildırım [Funke] an, die sich gegen die extensive Russifizierung in Aserbaidschan während des Spätstalinismus einsetzte und sich für eine breitere Anwendung der aserbaidschanischen Sprache in den Bakuer Behörden stark machte. Die Gruppe wurde aufgedeckt, und ihre Mitglieder wurden zu unterschiedlichen Haftstrafen verurteilt.

In letzter Zeit sind die ersten Fallstudien zu den einzelnen Opfern der Repressionen entstanden. In diesem Zusammenhang ist besonders die populärwissenschaftliche Studie des Bakuer Literaturhistorikers AzEr Turans (Ebilovs) erwähnenswert, die den Werdegang des aserbaidschanischen Linguisten Xalid Xocayev nachzeichnet, der den Repressionen von 1937 zum Opfer fiel.40 Aufgrund seiner Übersetzung des mittelalterlichen türkischen Lexikons Diwani-Luğatit-Turk wurde ihm die Verfolgung panturkistischer Ziele vorgeworfen: 1937 wurde Xocayev erschossen. Die Fallstudie Turans beruht auf der Auswertung der bereits erschienenen russischen und türkischen Sekundärliteratur zur stalinistischen Verfolgung sowjetischer Orientalisten sowie auf Interviews mit Xocayevs Verwandten.

Fazit

Während es Jörg Baberowski gelungen ist, die sowjetische Politik im Zeitalter des Stalinismus in ihrem gesamten Kontext intensiver darzustellen und mittels eines breit gefächerten theoretischen Konstrukts eingehender zu beschreiben, waren Bakuer Historiker in der Lage, die Zeit zwischen 1930 und 1950 anhand der lokalen, aserbaidschanischen und nicht zuletzt aserbaidschanischsprachigen Diskurse aus kulturhistorischer Perspektive darzustellen. Der Stalinismus in Aserbaidschan wird nicht nur als eine Politik Moskaus und Bakus, sondern im Kontext zahlreicher Verflechtungen, Nebeneinflüsse und der kulturellen Einflüsse interpretiert. Mit Ausnahme der Werke Ismayılovs und HEsEnlis fehlt allerdings den aserbaidschanischen Stalinismus-Publikationen Akribie und eine gesamtsowjetische sowie eine gesamt-(ost)europäische Perspektive. Auch Vergleiche mit anderen totalitären Regimen finden sich in aserbaidschanischen Stalinismus-Publikationen nicht. Dabei ist der Stalinismus in den Bakuer Monografien »aserbaidschanischer« und nahöstlicher. Ismayılov deutet bei seiner Analyse des Spätstalinismus auf die Parallelen mit dem politischen Geschehen im Aserbaidschan der Perestroika-Zeit hin. Ähnliche Vorgehensweisen sind in den Werken HEsEnlis zu sehen.

Schließlich ist eine z. T. auf die Sprachkompetenzen zurückzuführende Asymmetrie der ausgewerteten Sekundärliteratur festzustellen. Während die europäischen Stalinismusforscher, die sich mit den Fallstudien wie Aserbaidschan auseinandersetzen, die umfangreiche westliche Sekundärliteratur zum Stalinismus durcharbeiten und sich mit den russischsprachigen Archivfunden in Moskau und Baku vertraut machen, bleibt die gesamte westliche Stalinismusforschung für die meisten Historiker in Baku bis jetzt unbekannt. Dort liest man Aserbaidschanisch, Russisch und Türkisch und arbeitet dagegen fast ausschließlich mit den einzelnen Erinnerungen, Memoiren und Autobiografien.

Der Bakuer Kulturwissenschaftler Niyazi Mehdi erklärte 2010 in einem Interview, dass die »Erinnerungskultur in Aserbaidschan eine ernsthafte Krise erlebt«.41 Einige U-Bahnhöfe tragen bis heute die Namen kommunistischer Politiker, wie z. B. von NEriman NErimanov und MEşEdi EzizbEyov. Trotz einer gewissen Emanzipation von den sowjetischen Grundmustern der Geschichtsdeutung ist die Eröffnung eines Museums der sowjetischen Okkupation bzw. der Verbrechen in Baku, so wie dies vor einigen Jahren nach baltischem Muster in Tiflis und Kiew geschah, noch nicht in Sicht. Ebenso unvorstellbar ist die Gründung einer Kommission zur Aufklärung der kommunistischen Verbrechen. Unter den Opfern des Stalinismus versteht die Mehrheit der aserbaidschanischen Historiker – ohne dies allerdings beim Namen zu nennen – die ethnischen Aserbaidschaner: Die Frage, wie die ethnischen, nationalen und konfessionellen Minderheiten die Stalin-Zeit überlebten, wird von der Forschung in Baku kaum berücksichtigt. Die aserbaidschanischen Historiker beschreiben die Zeit der stalinistischen Diktatur in Aserbaidschan, den Verlauf der sogenannten geschichtsträchtigen Ereignisse, während es (mit einer gewissen Ausnahme der Werke Eldar Ismayılovs) an einer tieferen Analyse des Stalinismus als Phänomen, als einer gesamtsowjetischen Psychose und einer breiten Gewaltanwendung fehlt. Nichtsdestotrotz findet in Baku eine geschichtswissenschaftliche und populärwissenschaftlich-publizistische Auseinandersetzung mit dem Phänomen des Kommunismus statt, die vor allem durch die Werke von Ismayılov, HEsEnli, MEmmEdova, Turan auch Erkenntnisse über das Leben der aserbaidschanischen Gesellschaft unter Stalin zutage förderte.

Den meisten westlichen Stalinismus-Forschern aus dem Bereich Osteuropäische Geschichte, die sich speziell mit der Geschichte des östlichen Kaukasus bzw. Aserbaidschans beschäftigen, fehlen die Aserbaidschanisch- und Türkischkenntnisse, um einen großen Teil der unmittelbaren Opfer- und Exilantendiskurse sowie die nach 1991 in Baku erschienene Sekundärliteratur auswerten zu können. Sinnvoll und wünschenswert wäre eine Synthese, damit der Stalinismus nicht nur als Taktik und Strategie der kommunistischen Eliten begriffen wird, sondern im Kontext der lokalen, regionalen und epochalen Kultur und Tradition verortet, kontextualisiert und erklärt werden kann. Natürlich wären die fundierten Forschungsergebnisse der US-amerikanischen Aserbaidschanhistoriker Tadeusz Swietochowski und Audrey Altstadt sowie der deutschen Turkologen Volker Adam und Raoul Motika jedem, der sich mit der Stalinismuszeit in Aserbaidschan beschäftigt, zu empfehlen. Letztere ließen bei der Untersuchung der Zusammenhänge der aserbaidschanischen Geschichte im 19. und 20. Jahrhundert die »sub-alterns sprechen«, d. h. sie machten die lokalen Diskurse, die Stimmen »von unten«, bis zu einem gewissem Grad zugänglich. Dabei sollte doch gerade ihr Forschungsinteresse die Historiker dazu anregen, zu begreifen, wie sich der Stalinismus in Aserbaidschan entwickelte, und sie dazu bewegen, sich intensiver mit der Kultur, Literatur und vor allem mit der Sprache der Gesellschaft auseinanderzusetzen, in der der Stalinismus seine Opfer forderte. Mit Sicherheit hatten die Beschlüsse Stalins sowie der Bakuer Kommunisten einen erheblichen Einfluss auf das Leben der aserbaidschanischen Gesellschaft in den Dreißigerjahren, die Analyse dieser Beschlüsse würde jedoch nur einen, nicht unbedingt den größeren Teil ihrer Geschichte wiedergeben.


1 Die Stalinismusforschung und die Auseinandersetzung mit dem Phänomen des Stalin’schen aus der Sicht einer komparativen Betrachtung (z. B. NS-Regime – Stalinismus, Hitler – Stalin) wurden zu einem wichtigen Kapitel der deutschen Geistesgeschichte und des deutschen Russlandverständnisses.

2 Siehe das Interview des russischen Büros von Radio Free Europe mit dem US-amerikanischen Osteuropahistoriker Geoffrey A. Hosking, in: www.svobodanews.ru/content/transcript/465131.html, ges. am 20. Dezember 2011.

3 Das Postkoloniale dieser Diskurse wird umso deutlicher, wenn man gerade die aserbaidschanisch-
sprachigen antikommunistischen Diskurse im Baku der Neunzigerjahre auswertet. Widmet man sich als Historiker der Analyse der ausschließlich auf Russisch verfassten Texte – auch wenn sie von aserbaidschanischen Autoren geschrieben wurden –, bewegt man sich eigentlich in einem anderen Diskurs: im kommunismuskritischen Diskurs der russischen und russischsprachigen Intelligenzija, die deutlich stärker vom Postimperialen als vom Postkolonialen geprägt war.

4 Zu den Entwicklungstrends der aserbaidschanischen Geschichtswissenschaft siehe Zaur Gasimov: A Short Sketch of One Century of Azerbaijani Historical Writing, in: caucasus analytical digest 08 (2009), in: georgien.boell-net.de/downloads/CaucasusAnalyticalDigest08-1.pdf, ges. am 20. Dezember 2011. Detaillierter zur aserbaidschanischen Historikerzunft siehe Zaur Gasimov: Zwischen Europa, Turan und Orient: Raumkonzepte in der modernen aserbaidschanischen Geschichtsschreibung und Geschichts-
politik, in: Jahrbücher für Geschichte Osteuropas. Neue Folge 59 (2011), H. 4, S. 534–558.

5 In der aserbaidschanischen Historiographie gibt es auch keine »Sattelzeit« oder den »Historikerstreit«. 
Die Renaissance-Periode wird als intibah dövrü in das 11./12. Jahrhundert verortet.

6 Im Aserbaidschanischen bedient man sich hinsichtlich des Begriffs Stalinismus einer direkten Übersetzung aus dem Russischen: stalinizm. Synonym wird auch von der Formulierung Stalin dövrü [Die Zeit Stalins] Gebrauch gemacht.

7 Eldar Ismailov: 1937: »Great Terror« in Azerbaijan, in: caucasus analytical digest 22 (2010), S. 9.

8 Siehe M. E. Ressul-zade: Prądy narodowe w Azerbejdżanie Sowieckim [Nationale Strömungen im sowjetischen Aserbaidschan], in: Wschód 1/2 (1935), H. 17/18, S. 18–33.

9 M. E. Rasulzade: Pod lozungom edinstva Kavkaza [Unter dem Motto der Einheit des Kaukasus], in: Gorcy Kavkaza 19/20 (1930), S. 8–14; ders.: Problema Kavkaza [Das Problem Kaukasiens], in: Gorcy Kavkaza 44 (1933), S. 8–10.

10 Die Zeitung Yeni Kafkasya [Der neue Kaukasus] erschien von 1923 bis 1931. Dem Historiker Nasiman Yaqublu zufolge wurde die Zeitung allerdings nur bis 1927 herausgebracht. Siehe dazu »XX Esr AzErbaycan tarixi« [Die Geschichte Aserbaidschans im 20. Jahrhundert.], 2. Bd., hg. von Yusif Yusifov/Tofiq VEliyev, Baku 2004, S. 277. Die von Yaqub Mahmudov herausgegebene Enzyklopädie legt den Erscheinungszeitraum dieser Zeitschrift auf Herbst 1922 bis November 1927 fest. Siehe »Yeni Qafkasya« [Der neue Kaukasus], in: AzErbaycan Xalq CümhuriyyEti Ensiklopediyası, 2. Bd., hg. von Yaqub Mahmudov, Baku 2005, S. 437.

11 Die Zeitung Odlu Yurt [Feuerland] erschien von März 1929 bis August 1931. Mehr dazu im Artikel »Odlu Yurd«, in: AzErbaycan Xalq CümhuriyyEti Ensiklopediyası (Anm. 11), S. 274.

12 Die Zeitschrift Azerbaycan Yurt Bilgisi [Aserbaidschanische Landeskunde] beschränkte sich keineswegs auf die Berichterstattung über Aserbaidschan. Bekannte Literatur- und Sprachforscher aus der Türkei und Aserbaidschan widmeten sich der Analyse aktueller Probleme im sowjetisierten Zentralasien sowie in Tatarstan. Mehr zu Azerbaycan Yurt Bilgisi siehe bei Bülent Şen: Publications and activities of Azerbaijan intellectuals in Turkey: Azerbaycan Yurt Bilgisi, in: İPEK YOLU 3/4 (2009), S. 50–58.

13 Dieses Buch wurde 1991 in Baku vom Historiker Ziya Bünyadov (siehe FN 23) auf Aserbaidschanisch in kyrillischer Schrift und 2010 erneut in der lateinischen Schriftweise herausgegeben. Siehe ders. (Hg.): Bir Türk milliyetçisinin Stalin’le ihtilâl hatıraları [Die Erinnerungen eines türkischen Nationalisten an Stalin und die Revolution], Baku 1991, neu hg. von NEsib NEsibli, Baku 2010.

14 Siehe Jörg Baberowski: Stalinismus an der Peripherie: Das Beispiel Azerbajdžan 1920–1941, in: Manfred Hildermeier (Hg.): Stalinismus vor dem Zweiten Weltkrieg. Neue Wege der Forschung, München 1998, S. 307–335; ders.: Stalinismus als imperiales Phänomen: die islamischen Territorien der Sowjetunion 1920–1941, in: Stefan Plaggenborg (Hg.): Stalinismus. Neue Forschungen und Konzepte, Berlin 1998, S. 113–150; ders.: Verschleierte Feinde. Stalinismus im sowjetischen Orient, in: Geschichte und Gesellschaft 30 (2004), S. 10–36.

15 Siehe Jörg Baberowski: Der Feind ist überall. Stalinismus im Kaukasus, München 2003.

16 HEsEnli zitierte die russische Ausgabe dieses Buches an einer Stelle seines am 26. Juli 2011 online publizierten Beitrags. Džamil’ Gasanly: Nagornyj Karabach: starye zabluždenija v novoj interpretacii. Čast’ vtoraja [Bergkarabach: alte Verwirrungen neu interpretiert, Teil 2], in: www.regnum.ru/news/1429237.html, ges. am 20. Dezember 2011.

17 Siehe Erg Baberovskij: Vrag estE vezde. Stalinizm na Kavkaze, Moskau 2010.

18 Siehe Džamil’ Gasanly: Prekrasnoe issledovanie istorii Azerbajdžana Jorgom Baberovski [Eine wunderschöne Erforschung der Geschichte Aserbaidschans von Jörg Baberowski], in: Zerkalo vom 3. September 2011, in: www.zerkalo.az/2011-09-03/history/22663-, ges. am 20. Dezember 2011.

19 PüstE EzizbEyova (1929–1998), Enkelin von MEşEdi EzizbEyov (1876–1918), einem der Gründer der aserbaidschanischen Kommunistischen Partei, die damals das Historische Institut der Akademie der Wissenschaften leitete.

20 Siehe G. G. Gluškova: Pravda i tol’ko pravda. »Belye pjatna« našej istorii [Wahrheit und nur Wahrheit. »Weiße Flecken« unserer Geschichte], Baku 1991.

21 2004 erschien eine Monografie zum Werdegang Narimanovs. Autor ist der aserbaidschanische Diplomat HEsEn HEsEnov, der bis 1991 höhere Posten in der aserbaidschanischen Kommunistischen Partei innehatte. Siehe HEsEn HEsEnov: NEriman NErimanov – milli tEmayüllü kommunist [NEriman NErimanov – ein national gesinnter Kommunist], Baku 2004.

22 Bünyadov war Mediävist und Arabist, übersetzte mittelalterliche arabische Handschriften ins Russische und widmete sich eigentlich der Untersuchung der mittelalterlichen und neuzeitlichen Staatsgebilde auf dem aserbaidschanischen Staatsterritorium. Dass er sich einem Thema zuwandte, mit dem er sich nie professionell befasst hatte, zeugt von einer hohen Aktualität dieses Themenbereichs in den frühen Neunzigerjahren.

23 Ziya Bünyadov: Qırmızı terror [Der rote Terror], Baku 1993.

24 E-Mail von Eldar Ismaylov an Z.G. vom 1. September 2011.

25 Aslan KEnan ist Abteilungsleiter des Archivs für Literatur und Kunst namens Solmaz Mümtaz.

26 Siehe Aslan KEnan: XX EsrdE repressiyaya mEruz qalanlar [Die Opfer der Repressalien im 20. Jahrhundert], Baku 2001.

27 Eldar Ismayılov (geb. 1950 in Baku) studierte Geschichte in Baku und Moskau. An der Moskauer Lomonossov-Universität schloss er 1976 sein Promotionsstudium ab. Seit 1977 ist er am Historischen Seminar der Bakuer Staatsuniversität tätig. El’dar Ismajlov: Vlast’ i narod. Poslevoennyj stalinizm v Azerbajdžane (1945–1953). Monografija [Macht und Volk. Der Nachkriegsstalinismus in Aserbaidschan (1945–1953). Eine Monografie], Baku 2003; ders.: M. D. Bagirov i političeskaja situacija v Azerbajdžane v pervye gody »cholodnoj vojny« [M. D. Bagirov und die politische Situation in Aserbaidschan in den ersten Jahren des »Kalten Kriegs«], in: Vertikal’ istorii 2004; ders.: Azerbajdžan. Ottepel’. 1953–1956. 
Pervye gody »ottepeli«. Monografija [Aserbaidschan. Tauwetter. 1953–1956], Baku 2006. Eine größere Monografie von Ismayilov: Bol’šoj terror v Azerbajdžane. 1937 god [Der Große Terror in Aserbaidschan. 1937] wird demnächst beim angesehenen Moskauer Verlag ROSSPEN erscheinen.

28 CEmil HEsEnli lehrt am Lehrstuhl für US-amerikanische und europäische Zeitgeschichte an der Bakuer Staatsuniversität und ist Abgeordneter im aserbaidschanischen Parlament Milli MEclis. Siehe CEmil HEsEnli: Ağ lEkElErin qara kölgEsi. 1920–1930-cu illErdE AzErbaycanda Sovet totalitarizmi [Schwarzer Schatten der weißen Flecken. Der sowjetische Totalitarismus der Zwanziger- und Dreißigerjahre in Aserbaidschan], Baku 1991; ders.: AzErbaycanda milli mEsElE: siyasi rEhbErlik vE ziyalılar. 1954–1959 
[Nationale Frage in Aserbaidschan: Politische Führung und Intelligenz. 1954–1959], Baku 2008.

29 Rezensiert wurde diese Monografie vom Kenner der sowjetischen Nationalitätenpolitik Theodore Weeks in seinem Essay »Stalinism and Nationality«, in: Kritika: Explorations in Russian and Eurasian History 6 (Summer 2005), H. 3, S. 567–582.

30 In Deutschland gab es zwei Rezensionen: Maike Lehmann, in: Kritika. Explorations in Russian and Eurasian History 3 (2008), S. 694 f. sowie Zaur Gasimov, in: Osteuropa 5 (2009), S. 140 f.

31 Es ist interessant, was je nach Sprache und Ort des Erscheinens in welchem Maße rezipiert wird. Ismayilovs Werk, erschiene es auf Aserbaidschanisch, würde außerhalb Aserbaidschans und der Türkei nicht registriert. Das bedeutet, dass nur die russischsprachige Stalinismusforschung aus Aserbaidschan imstande ist, ihren Weg zum Schreibtisch europäischer Osteuropahistoriker zu finden. Aserbaidschanisch lesen bleibt ein Aufgabenfeld der Turkologen.

32 Siehe Zaur Gasimov: Eldar Rafik ogly Ismailov: Azerbajdžan: 1953–1956. Pervye gody »ottepeli« [Aserbaidschan: 1953–1956. Die ersten Jahre des »Tauwetters«], Baku 2006, 368 S., in: Osteuropa 5 (2009), S. 140 f.

33 Diese Informationen bezieht der Autor aus den aserbaidschanischsprachigen Funden des Literatur- und Kunstarchives Solmaz Mümtaz, d. h. einem der Sprache nicht mächtigen Forscher wäre es unmöglich, dies auszuwerten.

34 ŞElalE MEmmEdova (geb. 1967 in Baku) schloss das Studium der Geschichte an der Moskauer Lomonossov-Universität 1990 ab. Seit 1991 ist sie am Lehrstuhl für Quellenkunde und Historiographie der Bakuer Staatsuniversität tätig.

35 Siehe Šalala Mamedova: Interpretacija totalitarizma. Stalinizm v Azerbajdžane 1920–1930 [Interpretation des Totalitarismus. Der Stalinismus in Aserbaidschan 1920–1930], Baku 2004.

36 Murtuz Sadikhli: His Legacy Still Haunts Us: Reflections Upon Stalin’s Death, in: Azerbaijan International 14 (2006), H. 1, S. 72, zitiert nach: azer.com/aiweb/categories/magazine/ai141_folder/141_
articles/141_stalins_death.html, ges. am 20. Dezember 2011.

37 Ataxan Paşayev (geb. 1938).

38 Azer Alasgarov: Hardships Endured At Home: When the Men Were Sent to Siberian Labor Camps, in: azer.com/aiweb/categories/magazine/ai134_folder/134_articles/134_azer_alasgarov.html, ges. am 20. Dezember 2011.

39 Gulhusein Huseinoghlu: Miscalculations: Resisting the System and Proud it, in: azer.com/aiweb/categories/magazine/ai134_folder/134_articles/134_gulhusein.html, ges. am 20. Dezember 2011.

40 Siehe AzEr Turan: Xalid SEid Xocayev. ŞEhid türkşünas [Ein Turkologe – ein Märtyrer], Baku 2009.

41 »AzErbaycanda yaddaş mEdEniyyEti ciddi böhran keçirir« [Erinnerungskultur in Aserbaidschan erlebt eine ernsthafte Krise], in: mediaforum.az/print.php, ges. am 20. Dezember 2011.

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