x

Hier finden Sie die retrodigitalisierten Fassungen der Ausgaben 1993 bis 2020 des Jahrbuches für Historische Kommunismusforschung (JHK).

Weitere Bände werden sukzessive online gestellt. Die aktuelle Printausgabe folgt jeweils zwei Jahre nach ihrem Erscheinen.

Das Jahrbuch für Historische Kommunismusforschung wurde 1993 von Hermann Weber (†) als internationales Forum zur Erforschung des Kommunismus als europäisches und globales Phänomen gegründet. Das Jahrbuch enthält Aufsätze, Miszellen, biografische Skizzen, Forschungsberichte sowie Dokumentationen und präsentiert auf diesem Weg einmal jährlich die neuesten Ergebnisse der internationalen Kommunismusforschung.

Seit 2004 wird das Jahrbuch im Auftrag der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur herausgegeben und erscheint aktuell im Berliner Metropol Verlag.

Herausgeber: Ulrich Mählert, Jörg Baberowski, Bernhard H. Bayerlein, Bernd Faulenbach, Peter Steinbach, Stefan Troebst, Manfred Wilke.

Wissenschaftlicher Beirat: Thomas Wegener Friis, Stefan Karner, Mark Kramer, Norman LaPorte, Krzysztof Ruchniewicz, Brigitte Studer, Krisztián Ungváry, Alexander Vatlin.

Bitte richten Sie Manuskriptangebote an die Redaktion: jhk[at]bundesstiftung-aufarbeitung.de

JHK 2005

Neues zur sozialistischen DDR-Verfassung von 1968: Entstehungsgeschichte und das Problem der Grundrechte∗

Jahrbuch für Historische Kommunismusforschung | Seite 189-215 | Aufbau Verlag

Autor/in: Giandomenico Bonanni

Der Vergleich zwischen den Grundrechtskatalogen der DDR-Verfassungen von 1949 (im Folgenden V49)[1] und 1968 (im Folgenden V68)[2] liefert eine an Anschaulichkeit kaum überbietbare Darstellung des Überganges von der »volksdemokratischen« zur »sozialistischen« Staatsordnung, der sich über zwei Jahrzehnte ostdeutscher Geschichte erstreckte. Bereits die Gliederungen dieser Verfassungen zeigen, dass man es hier mit zwei völlig verschiedenen Grundrechtskonzeptionen zu tun hat: Während V49 die »Rechte des Bürgers« noch an den Anfang des Textes stellt (Art. 6 bis 18) und diesen damit eine fundamentale Rolle zuweist, setzt in V68 das entsprechende Kapitel über die »Grundrechte und Grundpflichten der Bürger«[3]deutlich später ein (Art. 19 bis 40). Die jeweilige Bezeichnung der übergeordneten Abschnitte spiegelt die unterschiedliche Stellung der Grundrechte im verfassungsrechtlichen Gesamtkontext wider: Werden sie in V49 in Anlehnung an die Weimarer Verfassung unter dem Titel »Inhalt und Grenzender Staatsgewalt«[4] (Art. 6 bis 49) eigenständig thematisiert, so sind sie in V68 in der allgemeinen Formel »Bürger und Gemeinschaften in der sozialistischen Gesellschaft« (Art. 19 bis 46) dialektisch aufgehoben.

Betrachtet man nun die einzelnen Artikel, so stellt man fest, dass einige Normen, die in V49 noch Grundrechte gewährleisten, durch eine Verlagerung in den Abschnitt »Grundlagen der sozialistischen Gesellschafts- und Staatsordnung« von V68 ihre Bedeutung für das Individuum verlieren. Denn auch dort, wo das einzelne Recht weiterhin ausdrücklich formuliert wird, verändert die Umdisponierung seinen Status und die Bedingungen seiner Einhaltung. So sieht z. B. V68 zwar das Recht auf persönliches Eigentum vor (Art. 11, Abs. 1), allerdings erst unter der Voraussetzung sozialistischer Planwirtschaft (Art. 9, Abs. 1 u. 3), was wohlgemerkt durch die gleichzeitige Streichung des individuellen Rechts auf wirtschaftliche Freiheit (V49, Art. 19, Abs. 3) möglich wird. Das Recht auf persönliches Eigentum ist hier also kein persönliches Grundrecht, sondern die Regelung eines bestimmten gesellschaftlichen Tatbestandes im Hinblick auf seine Eingliederung in ein staatliches Ganzes. Ähnliches geschieht mit Kunst, Wissenschaft und Lehre, die V49 bei allen Befürchtungen um ihren möglichen »Missbrauch« (Art. 34, Abs. 2) noch als »frei« bezeichnet (ebenda, Abs. 1), V68 aber zu den »Grundlagen der sozialistischen Gesellschaft« (Art. 17, Abs. 1) und »Obliegenheiten des Staates« (Art. 18, Abs. 2) rechnet.

Unübersehbar ist beim Vergleich der beiden Verfassungstexte, dass V68 eine ganze Reihe von Rechten stillschweigend wegfallen lässt: das Widerstandsrecht (V49, Art. 4), das Recht auf Auswanderung (V49, Art. 10, Abs. 3), das Recht auf freie Berufswahl (V49, Art. 35, Abs. 1). Die verfassungsrechtliche Normierung religiöser und kirchlicher Angelegenheiten, die V49 bis in die Einzelheiten regelt (Art. 40 bis 48), schrumpft in V68 auf einen einzigen Artikel zusammen (Art. 39). Diese Veränderung war ein harter Schlag für die Kirchen, die 1968 die Anerkennung ihres rechtlichen Status (V49, Art. 43), das Recht auf Erteilung von Religionsunterricht an den Schulen (Art. 44), die ausdrückliche Gewährleistung von Eigentum (Art. 45) und das Recht auf Ausübung von Seelsorge in öffentlichen Anstalten wie z. B. Krankenhäusern (Art. 46) verloren. Schließlich schwindet in V68 jede Form grundrechtlicher Wesensgehaltsgarantie, wie sie V49 in Art. 49 unmissverständlich – wenngleich aussichtslos[5] – formuliert.   

Der Schwerpunkt des Grundrechtskataloges von 1968 liegt auf den sozialen Rechten. Eine herausragende Stellung haben das Recht auf Arbeit (Art. 24), auf Bildung (Art. 25 f.), auf Freizeit und Erholung (Art. 34), auf Schutz der Gesundheit und Altersfürsorge (Art. 35, 36), auf Wohnraum (Art. 37) und auf Schutz der Familie und Mutterschaft (Art. 38). Die propagandistische Betonung der sozialen Grundrechte als politisches Aushängeschild der DDR ist nicht zu überhören. An die Stelle der programmatischen Formulierungen aus der Zeit des Wiederaufbaus und der materiellen Not[6] tritt hier die stolze Aufzählung sozialistischer Errungenschaften – bis hin zur »Förderung der Körperkultur« und der »Touristik« (V68, Art. 35, Abs. 2). Doch mit der Ausgestaltung einzelner sozialer Rechte geht nicht selten eine konkrete Beschränkung der entsprechenden Freiheiten einher. Je genauer die Regelung eines Grundrechtes ist, desto enger wird der Rahmen seiner Verwirklichung. So ist z. B. das Recht auf Arbeit an die Pflicht zur Arbeit gekoppelt (V68, Art. 24, Abs. 2) und unter der Bedingung einer Begrenzung der freien Berufswahl gewährleistet. Selbst die Wahl des Arbeitsplatzes hängt von den »gesellschaftlichen Erfordernissen« und der »persönlichen Qualifikation« ab (ebenda, Abs. 1). Ein ähnlicher Hinweis auf die »volkswirtschaftlichen Möglichkeiten und örtlichen Bedingungen« relativiert das Recht auf Wohnraum (Art. 37, Abs. 1). Beim Recht auf Bildung treten dagegen zwei völlig neue Elemente ans Licht: die Einführung des Leistungsprinzips als Kriterium für die Förderung des Hochschulstudiums (Art. 26, Abs. 1, 3) und die Bestimmung des kulturellen Lebens zum Zweck einer »vollständigen Ausprägung der sozialistischen Persönlichkeit« (Art. 25, Abs. 3). 

Die Formel sozialistische Persönlichkeit sollte auf die Vereinbarkeit von individueller und gesellschaftlicher Entwicklung hinweisen. Der daraus abgeleitete Begriff der »sozialistischen Persönlichkeitsrechte« war »von Ulbricht selbst geprägt worden und wurde im Sommer 1961 zum Gegenstand einer Arbeitstagung der Akademie für Staat und Recht in Potsdam-Babelsberg.«[7] In den folgenden Jahren war das Thema theoretisch ausgearbeitet[8] und schließlich in den Verfassungstext aufgenommen worden. 

 Einen besonderen Wert legt V68 schließlich auf das Recht auf Mitbestimmung und Mitgestaltung: »Es gilt der Grundsatz: ›Arbeite mit, plane mit, regiere mit!‹« (Art. 21, Abs. 1). Eine Eigentümlichkeit dabei ist, dass die Bürger dieses Recht nicht individuell, sondern kollektiv wahrnehmen sollen: über Betriebe, Städte und Gemeinden (Art. 41 bis 43), Gewerkschaften (Art. 44 f.) und Produktionsgenossenschaften (Art. 46). Aufgrund ihrer vermittelnden Funktion zwischen Bürgern und Staat betrachtet V68 diese Einrichtungen ebenfalls als Grundrechtsträger und behandelt sie im Anschluss an das Kapitel »Grundrechte und Grundpflichten der Bürger«. Erst hier, in den Kapiteln 2 bis 4, wird die im Abschnittstitel »Bürger und Gemeinschaften in der sozialistischen Gesellschaft«[9] angekündigte Ergänzung der Bürgerrechte durch die Gemeinschaftsrechte konkret. Mit diesem Schritt verwandelt sich das Prinzip der Mitgestaltung und Mitbestimmung in ein äußerst wirksames Mittel zur Disziplinierung des einzelnen Bürgers: Subjektive Ansprüche am Arbeitsplatz oder in Verwaltungsangelegenheiten werden – so harmlos und unpolitisch sie auch sein mögen – unter die Befugnis öffentlicher (und politisch kontrollierbarer) Instanzen gestellt. Ein gutes Beispiel dafür ist die Zuständigkeit der Gewerkschaften für das Versicherungssystem der Arbeiter und Angestellten: »Die Gewerkschaften leiten die Sozialversicherung der Arbeiter und Angestellten auf der Grundlage der Selbstverwaltung der Versicherten. Sie nehmen an der umfassenden materiellen und finanziellen Versorgung und Betreuung der Bürger bei Krankheit, Arbeitsunfall, Invalidität und im Alter teil« (Art. 45, Abs. 3).[10]

 

Zur Entstehung der sozialistischen Verfassung der DDR 

Die Sechzigerjahre waren für die Deutsche Demokratische Republik eine Phase politischer und wirtschaftlicher Festigung. Die SED hatte ihr staatliches Kontrollsystem zu einem komplexen Netz von Organisationen und Verbänden ausgebaut und konnte einige ökonomische Erfolge verbuchen.[11] Diese Situation stellte allerdings die Parteiführung vor ein neues Problem: Die gültige Verfassung der DDR, die 1949 entstanden war und noch von einem Kompromiss zwischen bürgerlichen und kommunistischen Kräften zeugte, entsprach nicht mehr den realen Verhältnissen. Es galt nun also, die Verankerung der Partei in der Gesellschaft festzulegen und ihre Herrschaftsform gesetzlich zu sichern. Diesem Zweck sollte eine neue Verfassung dienen.[12] Walter Ulbricht, Erster Sekretär des Zentralkomitees der SED und Vorsitzender des Staatsrates der DDR, kündigte sie im April 1967 auf dem VII. Parteitag der SED an.

»Seit einiger Zeit ist sichtbar, dass die gegenwärtige Verfassung der DDR offenbar nicht mehr den Verhältnissen der sozialistischen Ordnung und dem gegenwärtigen Stand der historischen Entwicklung entspricht. In der Tat ist unsere gegenwärtige Verfassung in der Zeit der antifaschistisch-demokratischen Ordnung entstanden, über die wir bekanntlich weit hinausgewachsen sind. In der Zwischenzeit ergaben sich durch einstimmig von der Volkskammer verabschiedete Gesetze Ergänzungen und Durchführungsbestimmungen. Die Ausarbeitung einer neuen, zeitgemäßen Verfassung setzt jedoch voraus, dass die grundlegenden Probleme der neuen Periode weitgehend ausgereift sind. Ich meine: Das dürfte in naher Zukunft der Fall sein. Es wird also Sache der neu zu wählenden Volkskammer sein, festzulegen, wann sie die Vorbereitungen für eine neue Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik beginnen will.«[13]

Die heute zugänglichen Dokumente zeigen indessen, dass die Abteilung Staat und Recht des Zentralkomitees der SED schon in den folgenden Monaten die Arbeit an einem Verfassungsentwurf aufnahm.[14] Die Volkskammer sollte erst nach Abschluss dieser internen Vorbereitungsphase eingeschaltet werden. Die Arbeitsgruppe, die den Entwurf fertig stellte und anschließend auch die weitere Entwicklung des Verfassungstextes bestimmte, wurde von dem Leiter der Abteilung Staat und Recht Klaus Sorgenicht ausgewählt und setzte sich aus den folgenden Personen zusammen: »Wolfgang Weichelt, Professor für Verfassungstheorie an der Deutschen Akademie für Staats- und Rechtswissenschaft »Walter Ulbricht«; Gerd Egler, ebendort Professor für Staatsrecht der DDR; Heinz Schmidt, Sektorenleiter in der Abteilung Planung und Finanzen des ZK [Zentralkomitees]; Herbert Edeling, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Gesellschaftswissenschaften beim ZK; Lothar Oppermann, Leiter der Abteilung Volksbildung des ZK; Dieter Heinze, Stellvertretender Leiter der Abteilung Kultur des ZK; Uwe-Jens Heuer, Professor für Wirtschaftsrecht am Institut für Sozialistische Wirtschaftsführung Berlin-Rahnsdorf; Hans Voss, Leiter der Abteilung Westdeutschland im Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten; Eberhard Poppe, Professor für Staatsrecht an der Friedrich-Schiller-Universität Halle; Walter Krutzsch, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Ministerium der Justiz; Hans- Joachim Semler, Kanzlei des Staatsrates.«[15]  Die Mitglieder der Gruppe, zu der auch der spätere DDR-Botschafter am Genfer Sitz der Vereinten Nationen Gerhard Kegel gehörte,[16] waren »unter dem Gesichtspunkt ausgewählt, dass sie praktisch in Klausur gehen und in einer festzulegenden Frist den Rohentwurf vorlegen.«[17] Sorgenichts Skizze zur Arbeitsteilung innerhalb der Gruppe zeigt, dass die Gliederung des Verfassungsentwurfes im Juni 1967 bereits feststand: 

»I. Grundlagen der sozialistischen Gesellschafts- und Staatsordnung. 

 

Kapitel 1, Politische Grundlagen: Weichelt, Edeling, Voss.

Kapitel 2, Ökonomische Grundlagen, Wissenschaft und Kultur: Schmidt, Heuer, Oppermann. II. Bürger und Gemeinschaften in der sozialistischen Gesellschaft

 

Kapitel 1, Grundrechte und Grundpflichten der Bürger: Poppe, [Fritjof] Kunz (Art. 30, 33 bis

35), Oppermann (Art. 31, 32)

Kapitel 2, Betriebe, Städte und Gemeinden in der sozialistischen Gesellschaft: Heuer, Egler.

Kapitel 3, Die Gewerkschaften und ihre Rechte: Kunz.

Kapitel 4, Die sozialistischen Produktionsgenossenschaften und ihre Rechte: Heuer. 

 

III.  Aufbau und System der staatlichen Leitung

 

Kapitel 1, Die Volkskammer; Egler, Semler

Kapitel 2, Der Staatsrat, Semler

Kapitel 3, Der Ministerrat, Egler

Kapitel 4, Die örtlichen Volksvertretungen und ihre Organe: Egler, Heuer.

 

IV.  Sozialistische Rechtspflege und Gesetzlichkeit: Semler, Krutzsch.

 

V.    Verfassungsänderung: Semler, Krutzsch[18]

 

Die Arbeitsgruppe traf sich am 13. Juli 1967 mit Ulbricht, der sie über ihre »Aufgabe« informierte. Diese war »streng vertraulich« und bestand darin, »den Rohentwurf einer Verfassung dem Politbüro vorzulegen. Das Politbüro wird entscheiden, in welcher Form der Entwurf in der von der Volkskammer zu bildenden Verfassungskommission behandelt wird. Sie wird gewählt und der Entwurf wird ihr vorgelegt, wenn ihn das Politbüro bestätigt hat«.[19] Der Rohentwurf war am 5. Oktober fertig,[20] wurde am 24. Oktober vom Politbüro bestätigt und leicht verändert[21] und schließlich am 23./24. November dem 3. Plenum des Zentralkomitees vorgelegt.[22]  

Über diese geheim gehaltene Vorbereitungsphase war die sowjetische Führung genau informiert. In einem Brief an Ulbricht vom 28. November 1967 stimmte Leonid Breshnew im Namen des Politbüros der KPdSU dem Verfassungsentwurf zu: »Wie wir aus dem Entwurf sehen, stellt die Verfassung als ihr Hauptziel [heraus], die großen Siege des Sozialismus, die in 18 Jahren des Bestehens der DDR erreicht wurden, zu festigen und die Entschlossenheit des Volkes der DDR, den von ihm ausgewählten sozialistischen Weg zu gehen, zu demonstrieren.«[23] Eine mündliche Erklärung des sowjetischen Botschafters Pjotr Abrassimow ergänzte den Brief und setzte einige Akzente, die Moskau im Hinblick auf die weltpolitische Lage offenbar für wichtig hielt: In der Präambel solle man »die westdeutschen Imperialisten als die Schuldigen an der Spaltung Deutschlands und des deutschen Volkes nennen«; im Kapitel über die ökonomischen Grundlagen sei darauf hinzuweisen, »dass sich das sozialistische Eigentum im Gefolge der Liquidierung des großkapitalistischen Wirtschaftssystems durchgesetzt« habe; »der Gedanke vom friedlichen Charakter der Außenpolitik der DDR« könne »vorteilhaft dem imperialistischen, revanchistisch-militaristischen Kurs der herrschenden Kreise Westdeutschlands entgegengestellt« werden; die vom Verfassungsentwurf »offenkundig« angestrebte »Mobilisierung der westdeutschen Arbeiterklasse gegen die herrschenden Kreise« der BRD könne von einem Hinweis auf die mögliche »Vereinigung der beiden deutschen Staaten auf der Grundlage der Demokratie und des Sozialismus« profitieren; die Idee einer Formung des sozialistischen Menschen bedürfe einer Ergänzung im Sinne der »Erziehung der Werktätigen im Geiste des sozialistischen Patriotismus und Internationalismus«.[24]

Nun trat die Parteiführung mit ihrem Projekt wieder an die Öffentlichkeit. Das Neue Deutschland berichtete, dass am 1. Dezember die Volkskammer der DDR die Bildung einer Kommission »zur Ausarbeitung einer sozialistischen Verfassung« beschlossen hatte.[25] Der Kommission gehörten vierzig Abgeordnete aus den Parteifraktionen und Massenorganisationen an.[26] »Zur Unterstützung der Tätigkeit der Kommission« wurden außerdem zweiundzwanzig »Persönlichkeiten« berufen, die »als Sachverständige« eine beratende Funktion ausüben sollten. Ulbricht übernahm den Vorsitz der Kommission, Sorgenicht war deren Sekretär, Weichelt gehörte ihr als »Vorsitzender des Verfassungs- und Rechtsausschusses der Volkskammer« an. Alle Namen der Mitglieder der SED-internen Arbeitsgruppe findet man in der Liste der beratenden Sachverständigen wieder.[27] 

Die Verfassungskommission tagte insgesamt dreimal: am 8. Dezember, am 11. Januar und am 14. März.[28] Aus den stenographischen Niederschriften geht hervor, dass der Entwurf der Arbeitsgruppe Sorgenicht direkt in der von Ulbricht eröffneten ersten Sitzung an die Abgeordnete verteilt wurde: »Der Entwurf, den wir Ihnen nachher übergeben werden, wird den Mitgliedern der Kommission die Möglichkeit geben zum gründlichen Studium, zur Ausarbeitung eigener Formulierungen und zur Beratung in den engeren Leitungen der Parteien«.[29] In der ersten Sitzung konnte also noch keine Diskussion stattfinden: Die einzige Wortmeldung war die des Präsidenten der Volkskammer, Johannes Dieckmann (LDPD), der nur feststellte, es sei »schwer, in diesem Augenblick etwas zu sagen, wenn man den Entwurf noch nicht durchgearbeitet hat.«[30] Nun legte Ulbricht das Ergebnis der Arbeit der Kommission schon am 31. Januar der Volkskammer vor. Diese beschloss am selben Tag, den Verfassungsentwurf dem Volk »zur umfassenden Aussprache« zu unterbreiten.[31] Die dritte Sitzung der Kommission am 14. März war infolgedessen dem Verlauf dieser Volksaussprache gewidmet. Genau genommen heißt das, dass sich die selbständigen Beratungen der Verfassungskommission der Volkskammer der DDR auf einen einzigen Tag, den 11. Januar 1968, begrenzten. 

Die ausführlich geplante »Volkssaussprache«, die nach der Veröffentlichung des Entwurfes begann, wurde »vom Nationalrat und von den Ausschüssen der Nationalen Front organisiert und koordiniert«[32] und von der permanenten Kontrolle der bewährten Arbeitsgruppe Sorgenichtbegleitet. An deren Spitze stand nun ein  stellvertretender Leiter: Tord Riemann, von der Abteilung Staat und Recht.[33] Der Verfassungsentwurf wurde an alle Haushalte zugeschickt und in zahlreichen Versammlungen und »Bürgervertreterkonferenzen« vorgestellt. Wie genau die Vorbereitung solcher Veranstaltungen war, geht aus einem einschlägigen Dokument des Nationalrats hervor: »Als Referenten für die Konferenzen sind führende Persönlichkeiten der Parteien, Abgeordnete der Volkskammer und Bezirkstage, Staatsfunktionäre nach Abstimmung mit dem Bezirkssekretariat der Nationalen Front zu gewinnen. Die Aussprachen auf diesen Konferenzen sind mit größter Sorgfalt vorzubereiten. Es ist darauf zu achten, dass angesehene Bürger aller Klassen und Schichten zu Wort kommen. […] An jeder Vertreterkonferenz sollen mindestens 250 Bürger teilnehmen. Die Zusammensetzung der Konferenz muss die sozial-ökonomische Struktur der Bevölkerung des Kreises und die ganze Breite der sozialistischen Volksbewegung der Nationalen Front widerspiegeln. Es nehmen daher an den Vertreterkonferenzen Mitglieder aller Parteien und Massenorganisationen sowie parteilose Bürger, Vertreter der Arbeiterklasse und der Genossenschaftsbauern, Angehörige der Intelligenz, Komplementäre, Handwerker und Gewerbetreibende sowie kirchliche Amtsträger und Mitglieder von Gemeindekirchen  teil. […] Es ist besonders darauf zu achten, dass die Anzahl der Produktionsarbeiter und der Genossenschaftsbauern der führenden Rolle der Arbeiterklasse und den Bündnisbeziehungen zwischen Arbeiterklasse und der Klasse der Genossenschaftsbauern entspricht; dass der Anteil der Frauen zwischen 45 und 50 Prozent beträgt; dass sich unter den Teilnehmern mindestens 30 Prozent Jugendliche im Alter von 18–25 Jahre befinden und dass der Anteil der parteilosen Bürger mindestens 35 Prozent beträgt. […] Vorschläge zum Text des Verfassungs-Entwurfes, die während der Konferenz gemacht werden, sind vom Präsidium entgegenzunehmen. Über die Vorschläge kann keine Entscheidung herbeigeführt werden. Alle Vorschläge sind an die Kommission zur Ausarbeitung einer sozialistischen Verfassung 102 Berlin, Breitestraße 1, unverzüglich einzusenden.«[34]

Die Bürger wurden ausdrücklich zu Stellungnahmen und Änderungsvorschlägen aufgefordert. Für die Steuerung der Volksaussprache wurde beim Nationalrat unter dem Vorsitz von Werner Lamberz, dem Sekretär des Zentralkomitees der SED, eine »Agitationskommission für die Verfassungsdiskussion« gegründet,[35] die Propagandamaterial (»Argumentationen, Broschüren und Plakate«)[36] herausgeben sollte. Die Gruppe Riemanns war mit der »Sicherung der öffentlichen Diskussion« beauftragt, die unter anderem in der Auswertung, Zensur und Veröffentlichung der Vorschläge aus der Bevölkerung bestand.[37] Zugleich nahm sie die Arbeit an dem offiziellen Verfassungskommentar auf, der ein Jahr später erscheinen sollte.[38] 

Der propagandistische Charakter der Aktion darf über die qualitative Beteiligung der Bevölkerung nicht hinwegtäuschen. Der abschließende Bericht der »Arbeitsgruppe der Verfassungskommission zur Auswertung der Zuschriften der Bürger zum Verfassungsentwurf« vom 30. April 1968 stellt in einer zwanzigseitigen Beilage die in den Zuschriften enthaltenen »politisch-ideologische Probleme« dar.[39] Die Aufzählung dieser Probleme erstreckt sich von der »nationalen Frage« über den »Begriff der Freiheit« bis zum »Staatsaufbau« und dem »Wahlsystem« und deckt das ganze Spektrum der Totalitarismuskritik ab. Daran zeigt sich, dass viele Bürger der DDR die Volksaussprache nicht über sich ergehen ließen, sondern sie als Gelegenheit wahrnahmen, um sich zum Inhalt und dem Verfahren der Verfassungsdiskussion kritisch zu äußern. Dies erscheint um sobedeutender, als man sich der Zensur und der möglichen Konsequenzen unerwünschter Stellungnahmen bewusst war. Dass man trotz der  Zensur nicht resignierte und die Konsequenzen in Kauf nahm, zeugt von der Fähigkeit wenigstens eines Teiles der Zivilgesellschaft der DDR, auch begrenzte demokratische Spielräume wirksam für sich in Anspruch zu nehmen. Die SED konnte ihrerseits bei aller Abwehr dieser Tendenzen die »Probleme« eben nicht verdrängen und war vielmehr gezwungen, sich mit den Impulsen aus der Bevölkerung gezielt auseinander zu setzen. Das mag mit dem persönlichen Führungsstil Ulbrichts zusammenhängen, der »der Auswertung von Bürgereingaben große Bedeutung beimaß«[40]. Es zeigt jedenfalls, dass die innenpolitische Dynamik der DDR differenzierter war, als es damals mancher westdeutsche Zeitgenosse glaubte.[41] 

Die Verfassungskommission erhielt laut eigenen Angaben 12 454 Zuschriften aus der Bevölkerung und überarbeitete aufgrund der darin enthaltenen Vorschläge den Entwurf.[42] Aber von den »118 Änderungen«, die vorgenommen wurden, waren die meisten belanglos. Nur zwei Stellen verrieten die Spannungen, die in der Volksaussprache zum Ausdruck gekommen waren: der erste Absatz des Artikels 20, in dem die Freiheit zum »religiösen« Bekenntnis und Gewährleistung der »Gewissens- und Glaubensfreiheit« wieder ausdrücklich erwähnt wurden, und der zweite Absatz des Artikels 39, der durch einen zusätzlichen Hinweis auf mögliche »Vereinbarungen« den entrechteten Kirchen eine Anerkennung auf regionaler Basis in Aussicht stellte.[43] 

Die Volkskammer billigte am 26. März den überarbeiteten Entwurf und beschloss für den 6. April einen Volksentscheid.[44] In diesem Zeitraum verwandelte sich die Volksaussprache in eine großangelegte Kampagne für das »Ja zur neuen Verfassung«. Das Neue Deutschland druckte täglich die Erklärungen von Kollektiven, Verbänden und einfachen Bürgern aus allen Schichten ab. Einen besonderen Wert legte man auf die Stellungnahmen prominenter Persönlichkeiten aus den verschiedensten Bereichen des öffentlichen Lebens: Sportler, Schauspieler, Künstler, Schriftsteller, Wissenschaftler und Geistliche.[45] Den Abschluss der Kampagne bildeten fünfzehn Kundgebungen, die am 5. April in allen Bezirksstädten der DDR stattfanden.[46] Nach offiziellen Angaben stimmten am 6. April 94,49 Prozent der Wähler mit Ja.[47] Es sei allerdings darauf hingewiesen, »dass bei diesem ersten (und einzigen) Volksentscheid in der Geschichte der DDR die Zahl der Stimmenthaltungen oder derjenigen, die sogar den Verfassungsentwurf ablehnten, höher war als bei bisherigen Volkskammerwahlen.«[48] Die neue Verfassung trat am 9. April 1968 in Kraft. 

Die Bestätigung der neuen Verfassung durch einen Volksentscheid galt unter westdeutschen Kommentatoren bislang als eine kurzfristige Entscheidung der SED-Führung angesichts des sich ankündigenden Prager Frühlings.[49] Diese Auffassung wird von einem Dokument aus der Abteilung Staat und Recht eindeutig widerlegt. Es handelt sich um die »Probleme zur Ausarbeitung der Verfassung«  vom 16. Juni 1967, die vermutlich von Wolfgang Weichelt aufgezeichneten hat.[50] Unter dem Punkt »C. Organisatorische Fragen« wird dort der Plan der Verfassungsgebung in allen Phasen – inklusive Volksentscheid – vorweggenommen: »Zur Herausarbeitung der exakten Fragestellungen, die zu klären sind, und zur Erarbeitung einer ersten Konzeption ist eine interne Arbeitsgruppe zu bilden. Nach Bestätigung ihres Vorschlages müsste in Untergruppen die Ausarbeitung der Probleme in Angriff genommen werden. Nach Abschluss dieser Arbeiten sollte ein erster Entwurf des Verfassungstextes entstehen, der von einer Verfassungskommission der Volkskammer bzw. des Staatsrates begutachtet und anschließend zur öffentlichen Erörterung gestellt wird. Nach Abschluss der öffentlichen Diskussion sollte der Verfassungsentwurf endgültig überarbeitet und von der Volkskammer vor der gesamten Bevölkerung zum Volksentscheid gestellt werden. Die Annahme der Verfassung durch Volksentscheid würde die gesamte jahrelange Argumentation des Gegners hinsichtlich der demokratischen Legitimität der DDR  gegenstandslos machen.«[51]

Die SED-Führung hatte also von Anfang an die Absicht, den Verfassungsentwurf direkt vom Volk ratifizieren zu lassen, um damit eine solidere Grundlage für die Existenzberechtigung der Deutschen Demokratischen Republik zu schaffen. Dabei stand die ideologische Auseinandersetzung mit der Bundesrepublik und ihrem Anspruch auf eine »Alleinvertretung« des deutschen Volkes im Vordergrund. Bei den Überlegungen der Staatsrechtler der DDR war die Tatsache entscheidend, dass das Grundgesetz die Möglichkeit des Volksentscheides nicht vorsah. War die BRD immer noch auf ein »Provisorium« angewiesen, so sollten sich die Bürger der DDR »selbst« eine Verfassung geben und dadurch das Faktum ihres Staatsgebildes endgültig legitimieren. Vor diesem Hintergrund wird sowohl die bescheidene Rolle der Volkskammerkommission bei der Ausarbeitung des Verfassungsentwurfes, als auch die wiederholte Betonung des Selbstbestimmungsrechtes der Völker als ein kollektives Grundrecht verständlich. Der erste Grund für die Ausarbeitung einer neuen Verfassung, den Ulbricht bei seinem Treffen mit der Arbeitsgruppe Sorgenicht angegeben hatte, war die »Herbeiführung der Anerkennung der DDR als souveräner Staat. Wir müssen mit der Verfassung den Beweis erbringen, dass wir ein souveräner Staat sind, der den Weg deutscher Politik zeigt. Deshalb müssen wir den Entwurf möglichst kurzfristig fertig stellen und zur öffentlichen Diskussion stellen.«[52] Der Aufruf zum Volksentscheid war somit keine Augenblicksentscheidung, sondern nur der letzte Schritt einer wohlüberlegten Legitimationstrategie, die das Gesamtprojekt der sozialistischen Verfassung beherrschte. 

 

Der Grundrechtsdiskurs in der SED-Spitze

In der SED wusste man um die Schwierigkeit der Eingliederung der Grundrechte in eine sozialistische Verfassung: »Dieses Problem ist philosophisch noch nicht ausgearbeitet und sehr kompliziert. Es müsste meines Erachtens zum Ausdruck kommen, dass jeder persönliche Freiheitnur soweit in Anspruch nehmen kann, soweit er seine Verpflichtungen gegenüber der Gesellschaft erfüllt. […]  Die Grundpflichten des Bürgers sollten verfassungsrechtlich definiert werden«,[53] heißt es im erwähnten Dokument vom 16. Juni 1967, das wir dem Staatsrechtler Wolfgang Weichelt zugeschrieben haben. Für die Definition der Grundpflichten werden hier bereits konkrete Vorschläge wie die »Konstituierung der Arbeit als persönliche Minimalpflicht jedes arbeitsfähigen Bürgers der Gesellschaft«[54] gemacht. Außerdem lag beim Vergleich mit dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland die Möglichkeit einer sozialistischen Inanspruchnahme des Begriffes der menschlichen Würde nahe: »Es ist die Frage zu stellen, ob wir den Begriff der Menschenwürde im Sozialismus auch angesichts der Tatsache, dass er im Grundgesetz der Bundesrepublik eine solche große Rolle spielt, näher definieren sollten.«[55] Auf diesem Weg hat sich vermutlich die Formel der »Würde und Freiheit der Persönlichkeit« im Art. 19 (Abs. 2 f.) von V68 eingebürgert. Ein weiteres Dokument aus der Abteilung Staat und Recht – in diesem Fall gibt es keine Hinweise auf den Autor[56] – entwirft im Hinblick auf die Ausarbeitung der sozialistischen Grundrechte einen systematischen Plan: 

»a) Es ist zunächst notwendig, eine wissenschaftlich gesicherte Grundrechtskonzeption zu erarbeiten. Sie hat davon auszugehen, dass sozialistische Grundrechte heute und in Zukunft als Instrument der Herstellung einer ständigen Übereinstimmung zwischen Interessen der Gesellschaft, der Kollektive und der Individuen zu wirken haben. Sozialistische Grundrechte dienen der Überwindung von Widersprüchen zwischen der Persönlichkeitsentwicklung und der Entwicklung der Gesellschaft insgesamt. Ihr Ziel ist, die staatlich organisierte Beherrschung der Gesellschaft durch das Volk ständig zu gewährleisten. Eine sozialistische Grundrechtskonzeption hat von der Einheit zwischen Persönlichkeitsentwicklung und Verwirklichung der Volkssouveränität auszugehen.

Sozialistische Grundrechte müssen die gesellschaftliche Aktivität des ›konkreten‹ Menschen unter ›konkreten‹ Gesellschaftsbedingungen wahren, nur so können sie gesellschaftlich wirksam werden. Damit ist die Frage aufgeworfen, wie hoch der Verallgemeinerungsgrad in der Gestaltung der Grundrechte sein darf, wie jedes Grundrecht für die einzelnen Bereiche des gesellschaftlichen Lebens und die dort vorhandenen Entwicklungsbedingungen differenziert ausgestaltet werden muss. 

Sozialistische Grundrechte sind [eine] Einheit von Rechten und Pflichten. Es müssen daher in der Verfassung die Bedingungen für ihre Einhaltung ökonomisch, politisch und juristisch (Sanktionen) geschaffen werden.

Es ist schließlich zu prüfen, welche neuen Grundrechte sich bis heut[e] bei uns herausgebildet haben und welche sich in der Perspektive der Entwicklung weiterhin herausbilden müssen.

b)          Nachdem diese konzeptionellen Fragen wissenschaftlich geklärt sind, bedarf es der differenzierten Ausarbeitung der einzelnen sozialistischen Grundrechte durch die jeweiligen Zweigwissenschaften.

c)           Nachdem diese Aufgabe geleistet ist, muss die Frage nach dem System der Grundrechte heute und in der Perspektive gestellt und beantwortet werden. Hierher gehören auch Fragen nach der Stellung der Grundrechte in der Verfassung selbst. […] Es muss entschieden werden, ob eine moderne sozialistische Verfassung einen zusammenhängenden Grundrechtskatalog enthalten muss, weil dieser eine erhebliche Wirkung national, international sowie für die Entwicklung des sozialistischen Staatsbewusstseins unserer Bürger hat.«[57]

Ob die Behandlung des Themas solchen Kriterien tatsächlich genügte, ist fraglich. Die Expertengruppe, die Klaus Sorgenicht im Juni 1967 zusammenstellte, musste unter Zeitdruck arbeiten: Für die Fertigstellung des Entwurfes wurden »kurze Termine«[58] gestellt. Der Pragmatiker Ulbricht verlangte von dem Hallenser Staatsrechtler Eberhard Poppe, der für das Grundrechtskapitel zuständig war, eine schnelle Lösung, die der wissenschaftlichen Konsequenz den propagandistischen Erfolg vorziehen sollte: »Wir brauchen vom Genossen Poppe, bevor er sich mit den Grundrechten befasst, eine präzise Formulierung über die gesellschaftliche Stellung des Menschen in der DDR als aktiver Staatsbürger, der die gesellschaftlichen Verhältnisse bewusst mitgestaltet. […] Was die Grundrechte und Grundpflichten anbetrifft, so müssen sie so gut formuliert werden, dass alle von diesen Grundrechten und Grundpflichten begeistert sind«.[59]

In einigen Stichpunkten unter dem Titel »Bemerkungen zum Entwurf der Verfassung«[60] erläuterte die Arbeitsgruppe Sorgenicht später ihre Änderungen am alten Grundrechtskatalog, insbesondere die Einführung der Pflicht zur Arbeit, die Einschränkung des Rechts auf Wohnraum, die Streichung des Streikrechts und des Rechts auf Auswanderung. So heißt es dort unter anderem, die »Konstituierung der Rechtspflicht zur Arbeit« könne dazu dienen, »arbeitsscheue Elemente« besser zu erfassen;[61] das in der Verfassung von 1949 formulierte Recht auf eine gesunde und bedürfnisgerechte Wohnung für jeden Bürger und jede Familie sei »offenkundig unreal« gewesen, selbst die veränderte Formulierung könne »zu einer Flut von Eingaben führen« und sei daher auf weitere Präzisierung angewiesen;[62] das »nicht mehr ausdrücklich« erwähnte Streikrecht sei durch den neuen »Abschnitt über die umfassende Rolle der Gewerkschaften« ersetzt worden;[63] obwohl die alte Verfassung und die internationale Menschenrechtserklärung das Recht auf Auswanderung gewährten, könne es »kein Grundrecht eines Bürgers sein, sich von seinem sozialistischen Staat zu lösen«.[64]

 

Der Grundrechtsdiskurs in der Verfassungskommission der Volkskammer 

Die Kommission zur Ausarbeitung einer sozialistischen Verfassung, die am 1. Dezember 1967 von der Volkskammer der DDR gebildet wurde, hatte keinen nennenswerten Einfluss auf die Entstehung des Verfassungstextes. Die Gründung dieser Scheininstitution entsprach vielmehr dem verfahrenstechnischen Legitimationsbedürfnis der SED, die die Verantwortung für ihren eigennützigen Entwurf mit den Massenorganisationen und den Blockparteien zu teilen versuchte. Interessant erscheint  vor diesem Hintergrund jedoch das Verhalten von CDU und LDPD, die als »befreundete« Parteien verpflichtet waren, konstruktive Kritik zu leisten. Die vorsichtig formulierten, aber bereits auf heikle Fragen gerichteten Verbesserungsvorschläge des CDU-Vorsitzenden Gerald Götting und des LDPD-Vorsitzenden Manfred Gerlach wurden Walter Ulbricht im Vorfeld der zweiten Sitzung der Kommission vorgelegt.[65] Klaus Sorgenicht wertete die einzelnen Punkte sorgfältig aus und informierte umgehend Friedrich Ebert, der zugleich Politbüro- und Kommissionsmitglied war: »Bisher sind uns die Bemerkungen der CDU und der LDPD zum Verfassungsentwurf bekannt geworden. Hierüber sende ich Dir anliegend Materialien. Es ist jedoch nicht sicher, dass alle die in diesen Materialien enthaltenen Fragen von den Vertretern der Parteien in der Kommission offiziell vorgetragen werden.«[66]

Wie wir bereits gesehen haben, hatte die Verfassungskommission in der Sitzung vom 11. Januar 1968 zum ersten und letzten Mal die Gelegenheit, eigenständig über den Entwurf zu beraten. Dabei kamen tatsächlich nur einige der Änderungsvorschläge der beiden Parteien zur Sprache – vermutlich nur diejenigen, die Sorgenicht nach Absprache mit Ulbricht zugelassen hatte. Was die Grundrechtsdiskussion betrifft, musste sich die LDPD – die zunächst sogar die Erwähnung der Menschenrechtserklärung der UNO in der Präambel der Verfassung erwogen hatte, »da wir uns um Aufnahme in die UNO bemühen und die in anderen sozialistischen Verfassungen auch enthalten sei«[67] – schließlich auf eher unergiebige formale Einwände beschränken. Die einzige inhaltliche Auseinandersetzung, an der sich LDPD und CDU beteiligten, betraf den Artikel 38 des Entwurfes. In der Fassung der Arbeitsgruppe Sorgenicht lautete dieser Artikel: »(1) Jeder Bürger der Deutschen Demokratischen Republik hat das Recht, sich zu einem religiösen Glauben zu bekennen und religiöse Kulthandlungen auszuüben. (2) Die Tätigkeit der Kirchen und anderer Religionsgemeinschaften darf den Grundsätzen und Zielen der Verfassung und den Gesetzen nicht zuwiderlaufen.«[68]

Die Veränderung der Artikel 40 bis 48 der alten Verfassung[69] zu diesen zwei lakonischen Sätzen des Entwurfes bedeutete de facto eine Diskriminierung der DDR-Bürger christlichen Glaubens und eine Entrechtung der Kirchen auf ostdeutschem Boden. Das Einzige, was hier übrig blieb, war die individuelle Religionsfreiheit. Die Erwähnung der Kirchen als Institutionen wurde in Abs. 2 an das

Verbot verfassungswidriger Tätigkeiten gebunden. Es bedarf keiner besonders scharfen Auslegungskunst, um die Absicht zu erkennen, die hinter diesem Schritt stand. Es war eine klare Botschaft an die evangelischen Landeskirchen und an die ostdeutschen Katholiken: Von den ersteren verlangte man Staatsloyalität und den Abbruch der Beziehungen zu den Schwesterkirchen in der Bundesrepublik;[70] letztere versuchte man gezielt unter Druck zu setzten, um Vereinbarungen mit dem Vatikan zu erzwingen und dadurch den Prozess der Anerkennung der DDR einzuleiten.[71]

Zunächst musste aber die SED ihre eigenen politischen Partner von dem Projekt überzeugen. Aufgrund des scheinparlamentarischen Systems der DDR wäre es nicht ausreichend gewesen, wenn CDU und LDPD die Entscheidung der SED einfach hingenommen hätten – sie mussten sie auch nach außen hin vertreten. Daher wurde die hochbrisante Frage des Verhältnisses von Kirche und Staat nicht nur zur Diskussion zugelassen, sondern von einem eher paternalistisch als autoritär klingenden Ulbricht ausführlich behandelt. Als Johannes Dieckmann sich für die Subsumierung der »Kirchen« unter den Oberbegriff »Religionsgemeinschaften« aussprach,[72] wehrte Ulbricht den Vorschlag energisch ab: Die Kirche sei eine »historisch gewachsene Tatsache« und müsse als solche anerkannt werden. »Ob das allen gefällt, ist uninteressant.«[73] Auf den ersten Blick ist es schwierig, diese Ablehnung nachzuvollziehen, da der von Manfred Gerlach vorangekündigte Vorschlag[74] offenbar zugelassen worden war. Aber solche Rollenspiele hatten ihre eigene Logik. Der laizistische Einwand der LDPD gegen die verfassungsrechtliche Unterscheidung zwischen Kirchen und anderen religiösen Gemeinschaften bot der SED die willkommene Gelegenheit, liberale und christliche Wertvorstellungen gegeneinander auszuspielen – um dann die Rolle des Richters für sich in Anspruch zu nehmen. 

Das Verhältnis zur CDU, deren Zustimmung zur Entrümpelung der verfassungsrechtlichen Regelung kirchlicher Angelegenheiten für die SED entscheidend war, erscheint wiederum komplexer. Für den Artikel 38 hatte die CDU in ihrem Papier drei mögliche Varianten formuliert, in denen die alte Regelung der Verfassung von 1949, wenn auch mit Abstrichen, so doch der Sache nach beibehalten wurde. In der Reihenfolge der Varianten kommt die defensive Haltung der ostdeutschen Christdemokraten deutlich zum Ausdruck: Zunächst wird ein breiter Verhandlungsrahmen abgesteckt, der weit über die realen Kompromissmöglichkeiten hinauszugehen scheint, dann schrumpfen die Vorschläge auf einen harten Kern grundsätzlicher Forderungen zusammen.[75] Wenn dem so ist, dürfte die dritte Variante des Dokumentes als eine Art Grenze gelten, deren Überschreitung von keiner christdemokratischen Partei vertreten werden konnte – auch nicht von einer, die »verantwortungsbewusst an der Ausarbeitung dieses Grundgesetzes unserer sozialistischen Staatsmacht mitarbeiten« wollte.[76] Eine minimale Regelung des Verhältnisses zwischen Kirche und Staat stellte sich die CDU folgendermaßen vor:

»(1) Jeder Bürger der Deutschen Demokratischen Republik hat volle Glaubens- und Gewissensfreiheit. Die ungestörte Religionsausübung steht unter dem Schutz der Republik. Die Freiheit der Vereinigung zu Religionsgemeinschaften wird gewährleistet.

(2)        Kirche und Staat sind voneinander getrennt. Das Eigentum der Kirchen und anderer Religionsgemeinschaften wird gewährleistet.

(3)        Die Grundsätze der Beziehungen der Kirchen und anderer Religionsgemeinschaften zur sozialistischen Staatsmacht werden auf der Grundlage dieser Verfassung gesetzlich geregelt.«[77]

Volle Glaubens- und Gewissensfreiheit, Gewährleistung des kirchlichen Eigentums und ein allgemeiner gesetzlicher Rahmen für Vereinbarungen zwischen dem Staat und den einzelnen Landeskirchen: Das waren die Punkte, an denen Gerald Götting festhalten wollte, als er in der Sitzung vom 11. Januar das Wort ergriff. Nachdem er den ersten Änderungsvorschlag gemacht hatte, setzte die Reaktion von Walter Ulbricht ein. Es lohnt sich, einen längeren Auszug daraus zu zitieren.

»Diese beiden Abschnitte [von Art. 38] – darüber wollen wir uns klar sein – sind in der Tat ein Ausnahmerecht, das wir ihnen [den Kirchenmitgliedern] gewähren. Es ist selbstverständlich gesetzlich nicht in Ordnung, was wir hier formulieren. Warum? Weil wir für einen Kreis von Bürgern ein Ausnahmerecht schaffen; denn alle Grundsätze über Glaubens- und Gewissensfreiheit gelten für alle. Jetzt machen wir für einen Kreis von Bürgern ein Ausnahmerecht. Ich bin dafür und möchte das begründen, damit nicht jemand denkt, das sei alles sozusagen selbstverständlich. […] Aber warum kann man nicht weitergehen? Aus mehreren Gründen nicht. Nicht wegen der religiös gebundenen Bürger der DDR. Zu denen haben wir absolutes Vertrauen. Aber die Kirche wird vom westdeutschen Staat als eine Waffe zum Kampf gegen die DDR betrachtet. Das heißt, in diesem Kampf zwischen westdeutschem Imperialismus und DDR werden bestimmte – sagen wir einmal – Funktionäre der Kirche benutzt […]. Ihren guten Willen als CDU nehme ich absolut, aber sie haben nicht den Einfluss auf die Kirche, den Sie wünschen. Sie sind momentan nur in der Lage, in Thüringen Ihren Standpunkt zu verwirklichen. Auf das, was in Greifswald geschieht, haben Sie wenig Einfluss. […] Wie der Bischof Krummacher die Verfassung gegen uns ausnutzt, das wissen wir nicht. Ich weiß es nicht, und Sie wissen es nicht. Wir wissen, wie er die alte ausgenutzt hat. Deshalb werden wir ihm in der neuen möglichst wenig Möglichkeit dazu geben. […] Die Formulierungen, die jetzt vorgeschlagen werden, gehen nicht über das hinaus, was gegenwärtig real möglich ist. Deshalb kann man auch keine Hinweise geben, dass der Staat oder die Regierung ein Gesetz machen soll. Für wen sollen wir das Gesetz machen? Für Bischof Mitzenheim? Bitte, mit ihm können wir einen Vertrag schließen. Aber er ist nur für Thüringen maßgebend.

[…]

Zur Begründung, warum die Formulierungen kürzer sind als in der alten Verfassung: 1. weil wir weiter sind in der Entwicklung – deshalb brauchen wir die Details nicht mehr –, 2. weil wir überzeugt sind, dass es gelingen wird, auch mit denen in den Kirchenleitungen, die momentan noch Schwankungen unterliegen oder die Weisungen von auswärts entgegennehmen, zu einer Verständigung zu kommen. […] Mit denen, bei denen die Bedingungen nicht da sind, wird nichts vereinbart – ganz einfach. Ich sage das deshalb, weil Sie mit Ihren Mitgliedern diskutieren müssen. Es wird manche geben, die fragen: Warum habt ihr die und die Forderung nicht durchgesetzt? […] Ich möchte nur den Vertretern der CDU usw. sagen: es besteht bei uns keine Absicht, an der jetzigen Lage etwas zu ändern.«[78]  Indem Ulbricht zwischen dem Freund, dem Landesbischof von Thüringen Moritz Mitzenheim, und dem Feind, dem Bischof der Pommerschen Kirche Friedrich-Wilhelm Krummacher, unterschied, signalisierte er so deutlich wie möglich, dass der harte Kurs gegenüber den unangepassten Landeskirchen eine beschlossene Sache war. Götting musste bald auf der ganzen Linie kapitulieren. Aber warum redete Ulbricht so hartnäckig auf ihn ein, wenn die Entscheidung sowieso schon gefallen war? Die zitierten Stellen legen die Vermutung nahe, dass Ulbricht den Vorsitzenden der Christdemokraten an seine »Freundschaftspflichten« erinnern wollte. In den Augen der SED bestand die Aufgabe der CDU nicht etwa darin, die Interessen der christlichen Bürger der DDR zu vertreten, sondern vielmehr bei Angelegenheiten, die solche Interessen betrafen, eine Vermittlerrolle vorzutäuschen, die einer möglichst reibungslosen Durchsetzung vorgefasster Beschlüsse dienen sollte. Aber diesmal war besondere Vorsicht geboten. Bereits im Juli war das Politbüro von der »Arbeitsgruppe Kirchenfragen« über das Misstrauen der kirchlichen Kreise informiert worden: »Auch die Frage einer neuen Verfassung wird unter dem Gesichtspunkt diskutiert, dass sie das Wirken der Kirche einschränken könnte.«[79]Angesichts des heftigen Widerstandes der Kirchen, der sich in diesem Fall anbahnte, lässt sich Ulbrichts Haltung gegenüber Götting als ein Strategiewechsel der SED interpretieren: Von der CDU erwartete man jetzt nicht nur Zustimmung, sondern einen aktiven Beitrag zur Beeinflussung der »religiös gebundenen Bürger der DDR«.  

 

Der Grundrechtsdiskurs im Rahmen der Volksaussprache

Im Verlauf der Volksaussprache zeigte sich, dass die Befürchtungen der SED nicht unberechtigt waren. Die Einschränkung der Religionsfreiheit und der Rechte der Kirchen löste eine regelrechte Protestwelle der Bevölkerung aus, die die Sachverständigen besorgt zur Kenntnis nahmen. »Bekanntlich wird in über 3.000 Zuschriften mehr oder minder detailliert die Wiederaufnahme der Artikel 40 bis 48 der Verfassung von 1949 in die neue Verfassung gefordert«, stellte Eberhard Poppe in seinem Abschlussbericht fest[80]. Die Tatsache, dass ihre Vorschläge nicht berücksichtigt, geschweige denn veröffentlicht wurden, schien die christliche Basis nicht zu entmutigen. Vermutlich wussten die Aktivisten wohl genau, dass ihre Tätigkeit umso mehr der Öffentlichkeit verschwiegen, als sie von den zuständigen Stellen verfolgt und analysiert wurde. »Die Zuschriften konzentrieren sich auf die Bezirke Cottbus (889), Dresden (619), Erfurt (397), Karl-Marx-Stadt (317) und Berlin (180). Eine größere Zahl dieser Zuschriften ist von vielen Bürgern unterschrieben, mehrere tragen über 100 Unterschriften. In der letzten Woche gingen in wachsender Zahl Schreiben ein, die von Pfarrerkonferenzen, Kreissynoden und kirchlichen Frauenversammlungen übersandt wurden.«[81] 

Die kritische Haltung zum Verfassungsentwurf, die in christlichen Kreisen gepflegt wurde, konnte an offizielle Stellungnahmen der katholischen und evangelischen Kirche anknüpfen. Der katholische Bischof von Berlin, Kardinal Alfred Bengsch, äußerte in zwei Briefen an Ulbricht seine »ernste Besorgnis über die Behandlung der Gewissens- und Glaubensfreiheit, sowie der Stellung der Kirche im Entwurf der neuen Verfassung«[82]und forderte eine Ergänzung des Artikels 38 im Sinne des Rechts auf »Gewissens-, Glaubens- und Religionsfreiheit«, der Gewährleistung des Eigentums der Kirchen und des Rechts auf öffentliche Vertretung des kirchlichen Standpunktes »zu den Lebensfragen des Volkes«[83]. Der parallele Brief, den die evangelischen Bischöfe Gottfried Noth, Friedrich-Wilhelm Krummacher, D. Niklot Beste, Johannes Jähnicke und Hans-Joachim Fränkel verfassten, war in den Forderungen zurückhaltender – man konzentrierte sich hier auf die Anerkennung des rechtlichen Status der Kirchen –, sprach aber das Problem schlicht und unmittelbar an: »Wir sind mit unseren Gemeinden durch die Formulierung dieses Artikels beunruhigt. Wir befürchten […] eine Beschränkung des kirchlichen Lebens.«[84]

Die »Agitationskommission für die Verfassungsdiskussion« tat, was sie konnte, um dieser ungünstigen Entwicklung entgegenzuwirken. Die Anweisungen zur »Veröffentlichung von Stellungnahmen zum Verfassungsentwurf«, an die sich die Zeitungen bei der Erstellung der einschlägigen Rubriken zu halten hatten, enthielten ein einziges Kriterium für die Auswahl der Zuschriften zum Artikel 38: Veröffentlichen solle man diejenigen Stellungnahmen, die eine »Forderung auf Schutz der Rechte der Atheisten«[85] enthielten. Neben solchen allgemeinen Maßnahmen gab es aber auch gezielte Propaganda-Aktionen. Der staatsloyale Kurs Mitzenheims wurde besonders betont, indem man dessen Präsenz in den Medien stärkte. So wurde z. B. ein Interview mit Mitzenheim, das in der »Neuen Zeit«, dem Organ der CDU, erschienen war, nach wenigen Tagen im auflagenstärkeren Neuen Deutschland wiederabgedruckt.[86] Den größten Erfolg erzielte diese Strategie am 29. Februar in Weimar, als Mitzenheim zusammen mit Ulbricht an einer Bürgervertreterkonferenz teilnahm und den Satz aussprach: »Die Staatsgrenzen der Deutschen Demokratischen Republik bilden auch die Grenzen für die kirchlichen Organisationsmöglichkeiten.«[87] Die »Arbeitsgruppe Kirchenfragen« unternahm mit der Vermittlung von Harry Tisch, dem SED-Sekretär der Bezirksleitung Rostock, sogar den Versuch einer Annäherung an Bischof Krummacher. Ein Beitrag zur Verfassungsdiskussion, den dieser für den »Evangelischen Nachrichtendienst in der DDR« verfasst hatte, sollte »auszugsweise wiedergegeben« werden, um »den Bestrebungen anderer reaktionärer Kirchenführer entgegenzuwirken.«[88] Letzten Endes bestand der Plan, der dann aufgegeben wurde, in der Vereinnahmung des bedeutendsten Gegners durch die Veröffentlichung einer manipulierten Äußerung. 

Selbst die Mitglieder der Parteien der Nationalen Front konnten sich für den Verfassungsentwurf wenig begeistern. Bei der Basis der CDU war die Unzufriedenheit trotz aller Bemühungen um den maximalen Konsens deutlich zu spüren. »Eine […] von acht CDU-Bezirkssekretariate bei den Mitgliedern veranstaltete ›Meinungsbildung über den Entwurf der sozialistischen Verfassung‹ […] zeugt von erheblichen Vorbehalten an der CDU-Basis gegen den Verfassungsentwurf. Im einzelnen wurden die ›Abwertung des Menschen‹ beklagt und die ›Einschränkung der Freiheiten der Bürger‹ befürchtet; Sorgen ›um die Rechte der Kirche und die freie Religionsausübung‹ wurden ebenso geäußert wie ›Fragen und Unklarheiten z. B. zu den verschiedenen Formen des Eigentums‹ angesprochen.«[89]

Die Kritik am Verfassungsentwurf ging allerdings weit über den Artikel 38 hinaus. In dem bereits erwähnten Bericht vom 30. April 1968[90]finden wir eine ganze Reihe von Forderungen, die sich auch auf andere Grundrechte beziehen. Ein umstrittener Punkt war z. B. die »Pflicht zur Verteidigung des sozialistischen Vaterlandes«: »In vielen Zuschriften wurde ein Wehrersatzdients aus Gewissensgründen verlangt«. Einige Bürger forderten sogar ein besonderes Gesetz zum »Recht auf Kriegsdienstverweigerung«[91]. Ferner schienen weite Teile der Bevölkerung den sozialistischen Freiheitsbegriff nicht zu akzeptieren. »In einer großen Zahl von Zuschriften kam zum Ausdruck, dass die Einsender einer ›unbeschränkten‹ Freiheit im Sinne einer völligen gesellschaftlichen Ungebundenheit des Individuums das Wort reden«.[92] In diesem Sinne wurde die »Auslegungsbefugnis des Staatsrates« in Frage gestellt und die Liberalisierung der Presse gefordert: »Jedermann solle berechtigt sein, Druckerzeugnisse herauszugeben«[93]. Dass »Kunst und Wissenschaft« ebenfalls »frei sein müssten und an keine Weltanschauung gebunden sein dürften« und die Freizügigkeit innerhalb des Gebietes der DDR »in vollem Umfange gewährleistet« sein müsste, wurde ebenfalls betont.

 

Ein problematisches Jubiläum: Das Internationale Jahr der Menschenrechte

Die Berufung auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte von 1948 war ein Leitmotiv der Kritiker – zumal die Vereinten Nationen 1968 das Internationale Jahr der Menschenrechte feierten. »Die Menschenrechtsdeklaration nahm in den Zuschriften, insbesondere zu den Artikeln 27 bis 29 und 39 einen breiten Raum ein. […] Zu Artikel 8, Absatz 1, wurde gefordert, dass gerade im Jahr der Menschenrechte neben der Verbindlichkeitserklärung des Völkerrechts die Menschenrechtsdeklaration ausdrücklich erwähnt werden sollte.«[94] Der Appell an die universalistische Konzeption der Menschenrechte schien in der Lage zu sein, die vermeintliche Überlegenheit sozialistischer Grundrechte mit einem Schlag in Abrede zu stellen. Der Berichterstatter bemerkte abschließend, es werde »nicht erkannt, dass die Rechte des Bürgers in der DDR über die in der Menschenrechtsdeklaration angestrebten Rechte weit hinausgehen«.[95] 

Das Thema der Menschenrechte wurde in der Verfassungsdiskussion ambivalent behandelt: Obwohl man einerseits dazu neigte, es sachlich zu verdrängen, versuchte man andererseits es dennoch ideologisch zu besetzen und außenpolitisch zu instrumentalisieren. Der sozialistische Grundrechtsbegriff, der in den Kreisen der SED propagiert wurde, definierte sich zu diesem Zeitpunkt noch geradezu aus dem Gegensatz zum universalistischen Menschenrechtsgedanken. Das Menschenbild, das der Verfassung zugrunde lag, setzte eine bestimmte staatliche und gesellschaftliche Ordnung voraus. »Die Verfassung geht […] nicht von einem fiktiven menschlichen Wesen aus, das politisch neutral und klassenindifferent existiert, sondern vom Menschen in der sozialistischen Gesellschaft.«[96] Etwas zugespitzt könnte man sagen, dass diese Grundrechtskonzeption keine Menschen kannte, sondern nur Bürger eines sozialistischen Staates. Der marxistischleninistischen Ideologie zufolge war allerdings die Etablierung der sozialistischen Gesellschaftsverhältnisse nur die erste Etappe einer allgemeinen Entfaltung der Menschheit. In diesem Sinne konnte die langfristige Perspektive einer weltweiten Beseitigung des Kapitalismus als Befreiung von der »Ausbeutung des Menschen durch den Menschen« und Verwirklichung eines authentischen Menschenrechts gedeutet werden. Die Verheißung wahrer Menschenrechte wurde also in eine sozialistische Zukunft verlegt. Wer die Menschenrechte dennoch als gegenwärtigen Maßstab anlegte, wurde ihres Missbrauchs bezichtigt.

Der Begriff der Menschenrechte wurde dementsprechend im Rahmen der Verfassungsdiskussion niemals als solcher erörtert, sondern immer nur polemisch herangezogen und als Verschleierung westlicher Interessen denunziert. In der Begründung zum »Maßnahmeplan für das Internationale Jahr der Menschenrechte« vom 16. Februar 1968 heißt es, man solle »vor allem die offensive ideologische Auseinandersetzung mit dem westdeutschen Imperialismus fördern. In der Agitations- und Informationsarbeit nach Westdeutschland und ins Ausland muss deshalb im engsten Zusammenhang mit der Verfassungsdiskussion überzeugend sichtbar gemacht werden, dass […] die westdeutschen Machthaber und ihre sozialdemokratischen Erfüllungsgehilfen ausgerechnet im ›Internationalen Jahr der Menschenrechte‹ dazu übergehen, durch Notstandsverfassung, reaktionäre Wahlrechtsreform, Verschärfung des politischen Strafrechts, verstärkten Einsatz der Polizei gegen oppositionelle Kräfte sowie durch die offene Förderung des Neonazismus die spärlichen bürgerlich-demokratischen Grundrechte vollends abzubauen.«[97]

Das Internationale Jahr der Menschenrechte wurde also in erster Linie als Anlass für die  Propaganda gegen Westdeutschland genommen. Der Vergleich der Situation der Menschenrechte in den beiden deutschen Staaten sollte zeigen, dass die BRD sich mit der Verabschiedung der Notstandsgesetze auf den Weg zu einer Diktatur begab, während die DDR die Rechte ihrer Bürger im Rahmen einer öffentlichen Diskussion entfaltete.[98] Selbst die offizielle Veranstaltung zum Jahr der Menschenrechte, die am 29./30. März 1968 in Berlin stattfand, stand im Zeichen dieser vereinfachten Gegenüberstellung.[99] Das internationale Kolloquium mit dem Titel »Die Menschenrechte und ihre Verwirklichung, besonders in beiden deutschen Staaten« wurde »mit den Referaten von Prof. Dr. Poppe, Halle, über ›Die Selbstbestimmung der Deutschen und die Verwirklichung der Menschenrechte in der Deutschen Demokratischen Republik‹ und von Prof. Dr. Wolfgang Menzel, Leipzig, über ›Demokratie und Menschenrechte im westdeutschen Staat‹ eingeleitet.«[100] Sowohl die programmatische Aufbereitung des Themas als auch die inhaltlichen Ausführungen der beiden Referenten zeigen, dass hier das Kräftespiel um die internationale Anerkennung der DDR im Vordergrund stand. Wolfgang Menzel übernahm die pars destruens der Argumentationsstrategie. Er setzte sich »mit der Alleinvertretungsanmaßung der westdeutschen Bundesrepublik auseinander und charakterisierte sie als konzentrierten Ausdruck einer friedensgefährdenden Aggressionspolitik«, machte »den Widerspruch deutlich, der zwischen den Grundprinzipien des Völkerrechts und der Politik der westdeutschen Regierung besteht« und bezeichnete schließlich »Neonazismus und Notstandsverfassung als Charakteristika der neuen Phase expansionistischer Politik in Westdeutschland«, die auf »Gewaltanwendung gegen andere Staaten« hinauslaufe. Menzels Fazit: Der Kampf »für Demokratie und Menschenrechte auch in Westdeutschland« müsse »mit dem Kampf um die Erhaltung des Friedens« und »um die Anerkennung des Status quo in Europa« verbunden werden.[101]  

Für die pars construens war natürlich Poppe zuständig. Dieser sprach zunächst von dem »Völkerrechtsbruch« der Westmächte, der die Teilung Deutschlands verursacht habe, und »schlussfolgerte daraus, dass unter diesen Bedingungen das Selbstbestimmungsrecht der Deutschen nur als Selbstbestimmungsrecht des Volkes in jedem der beiden selbständigen Staaten deutscher Nation realisiert werden kann«[102]. Daher seien »auch die Menschenrechte und ihre Verwirklichung in beiden deutschen Staaten getrennt zu betrachten«. Nun führe »der Verfassungsentwurf der DDR über die allgemeinen demokratischen Menschheitsideale der UNO-Dokumente« hinaus. Dennoch sei die DDR wohl »bereit […], den Menschenrechtskonventionen beizutreten, um auf der Grundlage der Gleichberechtigung und der gegenseitigen Achtung auch damit einen Beitrag zur Verwirklichung der Menschenrechte und des Humanismus in der ganzen Welt zu leisten.«[103] Die Bereitschaft, die Poppe hier äußerte, war eigentlich der Vorschlag eines Tauschgeschäfts: Die eigene Annäherung an den international geltenden Menschenrechtsbegriff wollte die DDR gegen die Anerkennung ihrer Souveranität aushandeln. Dieser realpolitische Hintergrund wird in den Stichpunkten der Arbeitsgruppe zur Auswertung der Zuschriften aus der Bevölkerung deutlich, wo der Ton allerdings weniger gelassen bleibt. Dort werden die Vorschläge zur Aufnahme der Allgemeinen Menschenrechtserklärung nämlich mit einem eindeutigen Kommentar abgetan: »Es besteht […] keine Notwendigkeit, den Vorschlägen zu folgen, zumal der DDR bisher die Mitgliedschaft in den Vereinten Nationen verwehrt wurde.«[104]

 

 Prof. Dr. Eike Wolgast (Heidelberg) hat mein Interesse für das Thema geweckt und die erste Fassung des vorliegenden Aufsatzes durchgesehen. Dafür möchte ich mich bei ihm herzlich bedanken. 


[1] Die Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik (vom 7. Oktober 1949), in: Fischer, Erich (Hrsg.): Verfassungen deutscher Länder und Staaten. Von 1816 bis zur Gegenwart, Berlin (Ost) 1989, S. 469–492.

[2] Die Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik (vom 6. April 1968), in: ebenda, S. 497–518.

[3] Hervorhebung von mir.

[4] Hervorhebung von mir.

[5]  Nach Art. 49 müssen die in V49 gewährleistete Grundrechte unabhängig von jeder gesetzlichen »Beschränkung« oder »näheren Ausgestaltung« als solche »unangetastet« bleiben. Die Grundrechte sind also in ihrem wesentlichen Gehalt garantiert. Allerdings bleibt diese Garantie insofern wirkungslos, als die Verfassung keine unabhängige Instanz vorsieht, die für die Einklagbarkeit von Grundrechtsverletzungen zuständig wäre.

[6]  Siehe V49, Art. 15, Art. 37–39; Art. 16, Abs. 1 f.; Abs. 3; Art. 26, Abs. 2; Art. 30–33.

[7]  Brunner, Georg: Das Rechtsverständnis der SED (1961–1989), in: Materialien der EnqueteKommission »Aufarbeitung von Geschichte und Folgen der SED-Diktatur in Deutschland«.

Hrsg. vom Deutschen Bundestag, Baden-Baden 1995, Bd. IV, S. 294–336, hier S. 298. 

[8]  Siehe Haney, Gerhard: Das Recht des Bürgers und die Entfaltung der sozialistischen Persönlichkeit, in: Staat und Recht 11 (1962), S. 1063–1080; Ders.: Sozialistisches Recht und Persönlichkeit, in: Staat und Recht 14 (1965), S. 177–195.

 

[9]  Hervorhebung von mir.

[10]  Hervorhebungen von mir.

[11]  Siehe Weber, Hermann: Die DDR. 1945–1990, München 1993, S. 67 ff. 

[12]  Noch kurz vor dem Fall der Mauer pflegte die offizielle Geschichtsschreibung der DDR die Verfassung von 1968 auf einen epochal anmutenden »Abschluss der Übergangsperiode vom Kapitalismus zum Sozialismus« zurückzuführen (Fischer, Erich/Künzel, Werner: Einführung, in: Fischer: Verfassungen deutscher Länder und Staaten (Anm. 1), S. 7–86, hier S. 78).

[13]  Ulbricht, Walter: Die gesellschaftliche Entwicklung in der Deutschen Demokratischen Republik bis zur Vollendung des Sozialismus, in: Protokoll der Verhandlungen des VII. Parteitages der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (17.–22. 4. 1967), Berlin 1967, Bd. 1, S. 91. 

[14]  Dass diese Abteilung »alle wichtigen Beschlüsse« vorbereitete, »die auf dem Gebiet der Gesetzgebung der DDR […] gefasst wurden«, bestätigt Seiffert, Wolfgang: Vortrag vor der Enquete-Kommission (Protokoll der 25. Sitzung, »Die Machthierarchie der SED«), in: Materialien der Enquete-Kommission (Anm. 7), Bd. II/1, S. 416–534, hier S. 443. 

[15]  Mitteilung von K. Sorgenicht an W. Ulbricht vom 13. Juni 1967, in: Stiftung Archiv der Parteien und Massenorganisationen der DDR im Bundesarchiv (im Folgenden: SAPMO-BArch), DY 30/IV A2/13/40, Bl. 1 f.

[16]  Kegel wird erstmals in der Anlage Nr. 6 zum Protokoll Nr. 12/67 der Sitzung des Politbüros vom 27. Juni 1967 erwähnt. SAPMO-BArch, DY30 J IV2/2/1122.

[17]  Mitteilung von K. Sorgenicht an W. Ulbricht vom 13. Juni 1967, in: SAPMO-BArch, DY 30/IV A2/13/40, Bl. 2.

[18]  Ebenda, Bl. 3 f. 

[19]  Niederschrift über das Gespräch mit Genossen Walter Ulbricht am 13. Juli 1967, in: SAPMO-BArch, DY 30/IV A2/13/40, Bl. 42.

[20]  Mitteilung von K. Sorgenicht an W. Ulbricht vom 5. Oktober 1967, in: SAPMO-BArch, DY 30/IV A2/13/40, Bl. 53. 

[21]  Protokoll Nr. 30/67 der Sitzung des Politbüros vom 24. Oktober 1967, in: SAPMO-BArch, DY 30 J IV2/2/1140. Zu den Veränderungen siehe Anlage Nr. 2 desselben Protokolls.

[22]  SAPMO-BArch, DY 30/IV A2/13/40, Bl. 137 ff. Kleinere Veränderungen wurden vom Politbüro in der Sitzung vom 5. Dezember 1967 vorgenommen.

[23]  Anlage Nr. 1 zum Protokoll 35/67 der Sitzung des Politbüros vom 5. Dezember 1967, in: SAPMO-BArch, DY 30 J IV2/2/1145. Aus dem Brief geht außerdem hervor, dass Ulbricht bereits am 31. Oktober eine Kopie des Entwurfes nach Moskau geschickt hatte. 

[24]  »Mündl[iche] Erkl[ärung] des Botschafters, Gen[ossen] Abrassimov«, in: Ebenda.

[25]  Neues Deutschland vom 2. Dezember 1967, S. 1.

[26] Diese waren: Willy Stoph, Mitglied des Politbüros des ZK der SED, Vorsitzender des Ministerrates der DDR; Friedrich Ebert, Mitglied des Politbüros des ZK der SED; Erich Honecker, Mitglied des Politbüros und Sekretär des ZK der SED; Herbert Warnke, Mitglied des Politbüros des ZK der SED, Vorsitzender des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes; Johannes Dieckmann, Präsident der Volkskammer der DDR; Erich Correns, Präsident des Nationalrates der Nationalen Front des demokratischen Deutschlands; Gerald Götting, Vorsitzender der CDU; Manfred Gerlach, Vorsitzender der LDPD; Heinrich Homann, Geschäftsführender Vorsitzender der NDPD; Ernst Goldenbaum, Vorsitzender der DBD; Hans Rietz, stellvertretender Vorsitzender der DBD; Rudolf Agsten, Sekretär des Zentralvorstandes der LDPD; Dieter Barteld, Produktionsleiter im VE Bau und Montagekombinat Schwedt (Oder); Dietrich Besler, Vorsitzender der LPG »1. Mai« Berlin-

Wartenberg/Lindenberg; Friedrich Clermont, Vorsitzender der LPG »IV. Parteitag« Klinkow, Kreis Prenzlau; Manfred Ewald, Präsident des Deutschen Turn- und Sportbundes; Ernst Gallerach, Generaldirektor des VEB Carl Zeiss Jena; Utta Gießner, Leiterin der Betriebsorganisa tion im VEB Metallgusswerk Leipzig; Otto Gotsche, Sekretär des Staatsrates der DDR; Erich Grützner, Vorsitzender des Rates des Bezirkes Leipzig; Hildegard Haase, Arbeitsgruppenleiter und Vorstandsmitglied in der LPG »Walter Ulbricht« Dahlen, Kreis Oschatz; Brunhilde Hanke, Oberbürgermeister der Stadt Potsdam; Horst Heinrich, Vorsitzender der PGH »Aufbau« Delitzsch; Wolfgang Heyl, Mitglied des Präsidiums und Sekretär des Hauptvorstandes der CDU; Günther Jahn, 1. Sekretär des Zentralrates der FDJ; Karl Kayser, Generalintendant der Städtischen Theater Leipzig; Walter Müller, Rohrschlosser im VEB Stickstoffwerk Piesteritz; Eberhard Rebling, Rektor der Deutschen Hochschule für Musik »Hanns Eisler« Berlin; Walter Riedel, Betriebsleiter und Komplementär der Firma Oskar Heine KG, Dresden; Harald Rost, Ökonomischer Direktor im VEB Leuna-Werke »Walter Ulbricht«; Manfred Schubert, Leiter des Instituts für Verfahrenstechnik der Technischen Universität Dresden; KarlHeinzSchulmeister, 1. Bundessekretär des Deutschen Kulturbundes; Ilse Thiele, Vorsitzende des Demokratischen Frauenbundes  Deutschlands; Harry Tisch, 1. Sekretär der Bezirksleitung der SED Rostock; Heinrich Toeplitz, Präsident des Obersten Gerichts der DDR; Herbert Trebs, Professor mit Lehrauftrag für Ökumenik an der Theologischen Fakultät der Humboldt-Universität; Wolfgang Weichelt, Vorsitzender des Verfassungs- und Rechtsausschusses der Volkskammer der DDR, Leiter des Lehrstuhls Verfassungstheorie an der Deutschen Akademie für Staats- und Rechtswissenschaften »Walter Ulbricht« Potsdam-Babelsberg; Günter Wutzler, Abteilungsleiter und Wahrnehmungsdozent am Institut für Pädagogik der KarlMarx-Universität Leipzig; Hermann Zweigler, Vorsitzender der 1. PGH des Klempner- und Installateurhandwerks »Aufbau« in Borna; Klaus Sorgenicht – zugleich Sekretär der Kommission – Leiter der Abteilung Staats- und Rechtsfragen des ZK der SED (ebenda).

 

[27]  Hilde Benjamin, Jurist; Friedrich Dickel, Minister des Innern; Herbert Edeling, Philosoph; Gerd Egler, Staatsrechtler; Gerhart Eisler, Vorsitzender des Staatlichen Rundfunkkomitees der DDR; Klaus Gysi, Minister für Kultur; Dieter Heinze, Gesellschaftswissenschaftler; UweJens Heuer, Wirtschaftsrechtler; Gerhard Kegel, Jurist; Walter Krutzsch, Jurist; Fritjof Kunz, Arbeitsrechtler; Gerhard Linder, Jurist; Adolf Niggemeier, Jurist; Lothar Oppermann, Pädagoge; Joachim Peck, Jurist; Eberhard Poppe, Staatsrechtler; Heinz Schmidt, Ökonom; HansJoachim Semler, Jurist; Josef Streit, Generalstaatsanwalt der DDR; Werner Titel, Stellvertreter des Vorsitzenden des Ministerrates der DDR, Mitglied des Präsidiums des Parteivorstandes der DBD; Hans Voss, Völkerrechtler; Kurt Wünsche, Stellvertreter des Vorsitzenden des Ministerrates der DDR, Minister der Justiz.

[28]  1. Beratung der Kommission zur Ausarbeitung einer sozialistischen Verfassung vom 8. Dezember 1967, in: SAPMO-BArch, DY 30/IV A2/13/40, Bl. 208 ff.; 2. Sitzung der Kommission zur Ausarbeitung einer sozialistischen Verfassung vom 11. Januar 1968, in: SAPMO-BArch, DY 30/IV A2/13/41, Bl. 4 ff.; 3. Sitzung der Kommission zur Ausarbeitung einer sozialistischen Verfassung vom 14. März 1968, in: SAPMO-BArch, DY 30/IV A2/13/42, Bl. 160 ff.

[29]  1. Beratung der Kommission zur Ausarbeitung einer sozialistischen Verfassung vom vom 8. Dezember 1967, in: SAPMO-BArch, DY 30/IV A2/13/40, Bl. 208. (Hervorhebung von mir). 

[30]  Ebenda, Bl. 222.

[31]  Neues Deutschland vom 1. Februar 1968, S. 2.

[32]  Nationalrat der Nationalen Front des demokratischen Deutschlands, Beschluss vom 2. Februar 1968: Betrifft: Maßnahmen zur Durchführung der Volksaussprache über den Entwurf für eine sozialistische Verfassung der DDR, in: SAPMO-BArch, DY 6/381, S. 2

[33]  Maßnahmen zur Durchführung der Volksaussprache über den Entwurf für eine sozialistische Verfassung der DDR, in: SAPMO-BArch, DY 30/IV A2/13/47, Bl. 21 f.

[34]  Nationalrat der Nationalen Front des demokratischen Deutschlands: Hinweise zur Vorbereitung und Durchführung von Vertreterkonferenzen der Bürger der DDR, in: SAPMO-BArch, DY 30/IV A2/13/47, Bl. 81 f.

[35]  Ebenda, Bl. 38.

[36]  Ebenda, Bl. 7. Siehe die Sammlung Fragen und Antworten zur Verfassungsdiskussion. Hrsg. vom Nationalrat der Nationalen Front, in: SAPMO-BArch, DY 30 J/IV 2/2J/2172.

[37]  Vorschläge für die Sicherung der öffentlichen Diskussion des Verfassungsentwurfes, in:

SAPMO-BArch, DY 30/IVA2/13/47, Bl. 358–361.

[38]  Sorgenicht, Klaus u. a. (Hrsg.): Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik. Dokumente, Kommentar. 2 Bde., Berlin (Ost) 1969.

[39]  Zusammenstellung der in den Zuschriften der Bürger an die Verfassungskommission enthaltenen politisch-ideologischen Probleme, in: SAPMO-BArch, DY 30/IV A2/13/44,

Bl. 219 ff.

[40]  Gerlach, Manfred: Mitverantwortlich. Als Liberaler im SED-Staat, Berlin 1991, S. 106.

[41]  Müller-Römer, Dietrich: Ulbrichts Grundgesetz. Die sozialistische Verfassung der DDR, Köln 1968, S. 22–30.

[42]  Bericht über die Ergebnisse der Volksaussprache zum Entwurf der neuen, sozialistischen Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik und die Änderungen zum Verfassungsentwurf, in: Neues Deutschland vom 28. März 1968, S. 2; Sorgenicht: Verfassung (Anm. 38), S. 150.

[43]  »Die Kirchen und anderen Religionsgemeinschaften ordnen ihre Angelegenheiten und üben ihre Tätigkeit aus in Übereinstimmung mit der Verfassung und den gesetzlichen Bestimmungen der Deutschen Demokratischen Republik. Näheres kann durch Vereinbarungen geregelt werden.« V68, Art. 39, Abs. 2 (Hervorhebungen von mir).

[44]  Gesetz zur Durchführung eines Volksentscheides über die Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik vom 26. März 1968, in: Neues Deutschland vom 27. März 1968, S. 1; Sorgenicht: Verfassung (Anm. 38), S. 179.

[45]  Zu den Persönlichkeiten, die der Verfassung öffentlich im Neuen Deutschland zustimmten, zählten u. a. die Eisschnelläuferin Helga Haase (5. April 1968, S. 3) und die Fußballspieler der Nationalmannschaft der DDR (2. April 1968, S. 2); die Schauspieler Horst Drinda (3. April 1968, S. 1) und Dieter Mann (5. April 1968, S. 3); der Bildhauer Fritz Cremer (29. März 1968, S. 1) und der Komponist Ernst Hermann Meyer (30. März 1968, S. 3); die Schriftsteller Ludwig Renn (28. März 1968, S. 1), Hermann Kant (1. April 1968, S. 3), Erik Neutsch (2. April 1968, S. 3), Anna Seghers (3. April 1968, S. 1) und Christa Wolf (30. März 1968, S. 3); der Chemiker Günter Rienäcker (28. März 1968, S. 1), der Altphilologe Werner Hartke (29. März 1968, S. 1), der Biologe Hans Stubbe (30. März 1968, S. 3), der Philosoph Hermann Klenner (30. März 1968, S. 12) und der Sprachwissenschaftler Hans-Holm Bielefeldt (30. März 1968, S. 3); der Landesbischof von Thüringen Moritz Mitzenheim (31. März 1968, S. 1).

 

[46]   Neues Deutschland vom 6. April 1968, S. 1.

[47]  Neues Deutschland vom 9. April 1968, S. 1. Das »schlechteste« Wahlergebnis wurde demnach im Bezirk Berlin mit 90,96 % erzielt. 

[48]  Weber: Die DDR (Anm. 11), S. 69.

[49] Müller-Römer: Ulbrichts Grundgesetz (Anm. 41), S. 28; Westen, Klaus: Die neue Verfassung der DDR, Köln 1968, S. 3 f.; Friedrich, Thomas: Das Verfassungslos der DDR – die verfassungslose DDR. Aspekte der Verfassungsentwicklung und der individuellen (Grund-) Rechtsposition in der DDR, in: Dilcher, Gerhard (Hrsg.): Rechtserfahrung DDR. Sozialistische Modernisierung oder Entrechtlichung der Gesellschaft?, Berlin 1997, S. 33–67, hier S. 56.

[50]  Probleme zur Ausarbeitung der Verfassung vom 16. Juni 1967, in: SAPMO-BArch, DY 30/IV A2/13/40, Bl. 5 ff. Dafür, dass Wolfgang Weichelt der Autor des Textes sein könnte, sprechen sowohl das Kürzel »Wei/Sche« unter dem Datum, als auch der Überblickscharakter des Dokumentes.

[51]  Ebenda, Bl. 12 (Hervorhebungen von mir).

[52]  Niederschrift über das Gespräch mit Genossen Walter Ulbricht am 13. Juli 1967, in: SAPMO-BArch, DY 30/IV A2/13/40, Bl. 42.

[53]  Probleme zur Ausarbeitung der Verfassung vom 16. Juni 1967, in: SAPMO-BArch, DY 30/IV A2/13/40, Bl. 10.

[54]  Ebenda, Bl. 9.

[55]  Ebenda, Bl. 10.

[56]  Zu dem Schriftstück gibt es nur die »Vorbemerkung: Es handelt sich im folgenden um erste Gedanken, die in Auswertung des VII. Parteitages den Gedankenaustausch zwischen Staats- und Rechtswissenschaftlern anregen wollen.« SAPMO-BArch, DY 30/ IV A2/13/40, Bl. 13.

[57]  Die Grundrechte in einer neuen sozialistischen Verfassung, in: SAPMO-BArch, DY 30/IV A2/13/40, Bl. 32–34.

[58]  Niederschrift über das Gespräch mit Genossen Walter Ulbricht am 13. Juli 1967, in: SAPMO-BArch, DY 30/IV A2/13/40, Bl. 42.

[59]  Ebenda, Bl. 44 f.

[60]  Bemerkungen zum Entwurf der Verfassung, in: SAPMO-BArch, DY 30/ IV A2/13/40,

Bl. 253 ff.

[61]  Ebenda, Bl. 256.

[62]  Ebenda, Bl. 257.

[63]  Ebenda, Bl. 256.

[64]  Ebenda, Bl. 255.

[65]  Siehe jeweils: Brief von G. Götting an W. Ulbricht vom 3. Januar 1968, in: SAPMO-BArch, DY 30/ IV A2/13/46, Bl. 14–20; Memorandum von W. Weichelt vom 5. Januar 1968 über die »Bemerkungen des Kollegen Dr. Manfred Gerlach zum Verfassungsentwurf«, in: SAPMO-BArch, DY 30/ IV A2/13/43, Bl. 53–56.

[66]  Mitteilung von K. Sorgenicht an F. Ebert vom 8. Januar 1968 über die »Sitzung der Verfassungskommission am 11. Januar 1968«, in: SAPMO-BArch, DY 30/ IV A2/13/41, Bl. 1.

[67]  Memorandum von W. Weichelt vom 5. Januar 1968 über die »Bemerkungen des Kollegen Dr. Manfred Gerlach zum Verfassungsentwurf«, in: SAPMO-BArch, DY 30/ IV A2/13/43, Bl. 56. Es handelt sich um den Vorschlag Nr. 16, der wie viele andere mit der handschriftlichen Randbemerkung »nein« versehen ist.

[68]  SED-Entwurf vom Herbst 1967, in: SAPMO-BArch, DY 30/ IV A2/13/40, Bl. 178. 

[69]  Siehe V49, Art. 40 (Religionsunterricht) u. 41–48 (V. Religion und Religionsgemeinschaften).

[70]  »Besser als die offizielle Verfassungsdiskussion zeigen Überlegungen zur konkreten Umsetzung der Verfassungsbestimmungen, was die SED beabsichtigte. Ein Dokument vom 16. April 1969 beschäftigte sich mit dem ›Problem der möglichen Vereinbarungen zwischen Staat und Kirche‹ […]. Vertragspartner sollten auf jeden Fall die einzelnen Landeskirchen und kein kirchlicher Zusammenschluss (KKL oder BEK) sein, um den ›Differenzierungsprozess‹ weiterführen zu können. […] Die Kirchen seien keine Interessenvertretung einer Bevölkerungsgruppe, hätten die Grenzen der Religionsausübung nicht zu überschreiten und müssten endlich eine ›Loyalitätserklärung‹ abgeben.« Goerner, Martin G./Kubina, Michael: Die Phasen der Kirchenpolitik der SED und die sich darauf beziehenden Grundlagenbschlüsse der Partei- und Staatsführung in der Zeit von 1945/46 bis 1971/72, in: Materialien der Enquete-Kommission (Anm. 7), Bd. VI/1, S. 615–695, hier S. 683.

[71]  »Ohne Zweifel möchte die Regierung der DDR auch Vereinbarungen mit dem Vatikan«, schreibt Kardinal Bengsch in einem Promemoria an das päpstliche Sekretariat vom 17. Mai 1968. Zitiert. nach Hehl, Ulrich von/Tischner, Wolfgang: Die katholische Kirche in der

SBZ/DDR 1945–1989, in: Materialien der Enquete-Kommission (Anm. 7), Bd. VI/2,

S. 875–949, hier S. 920. 

[72]  »Wir sind nicht der Auffassung, dass der Begriff ›Kirchen‹ in die Verfassung gehört, sondern dass Kirchen genauso gut Religionsgemeinschaften sind, wie andere religiöse Vereinigungen.« 2. Sitzung der Kommission zur Ausarbeitung einer sozialistischen Verfassung vom 11. Januar 1968, in: SAPMO-BArch, DY 30/ IV A2/13/41, Bl. 74.

[73]  Ebenda, Bl. 84.

[74]  »Im Absatz 2 seien die Wörter ›Kirchen und anderer‹ zu streichen, da auch die Kirchen Religionsgemeinschaften seien« Memorandum von W. Weichelt vom 5. Januar 1968 über die »Bemerkungen des Kollegen Dr. Manfred Gerlach zum Verfassungsentwurf«, in: SAPMOBArch, DY 30/IV A2/13/43, Bl. 56 (Vorschlag Nr. 16).

 

[75]  Anlage zum Brief von G. Götting an W. Ulbricht vom 3. Januar 1968, in: SAPMO-BArch, DY 30/ IV A2/13/41, Bl. 17 f.

 

[76]  Brief von G. Götting an W. Ulbricht vom 3. Januar 1968, in: SAPMO-BArch, DY 30/IV A2/13/46, Bl. 16.

 

[77]  Anlage zum Brief von G. Götting an W. Ulbricht vom 3. Januar 1968, in: SAPMO-BArch, DY 30/ IV A2/13/41, Bl. 18.

 

[78]  2. Sitzung der Kommission zur Ausarbeitung einer sozialistischen Verfassung vom 11. Januar 1968, in: SAPMO-BArch, DY 30/IV A2/13/41, Bl. 76–78 (Hervorhebungen von mir).

[79]  Politbüro, Arbeitsgruppe Kirchenfragen: Kirchenpolitische Information: Einschätzung des Verhaltens der Kirchen und Religionsgemeinschaften anlässlich der Wahlen zur Volkskammer vom 18. Juli 1967, in: SAPMO-BArch, DY 30/JIV2 2J/2029.

[80]  Prof. Dr. Eberhard Poppe: Vorschläge zu den Grundrechten und Grundpflichten, in: SAPMO-BArch, DY 30/IV A2/13/44, Bl. 278.

[81]  K. Sorgenicht: Bericht des Sekretärs der Kommission […] über den Stand der Volksaussprache vom 11. März 1968, in: SAPMO-BArch, DY 30/IV A2/13/42, Bl. 28.

[82]  Brief von A. Bengsch an W. Ulbricht vom 26. Februar 1968, in: SAPMO-BArch, DY 30/ IV A2/13/46, Bl. 82. Der erste Brief war vom 5. Februar 1968.

[83]  Ebenda, Bl. 86.

[84]  Brief von G. Noth, F. W. Krummacher, D. N. Beste, J. Jähnicke und H. J. Fränkel an W. Ulbricht vom 15. Februar 1968, in: SAPMO-BArch, DY 30/IV A2/13/46, Bl. 42 f.

[85] Vorschläge für die Veröffentlichung von Stellungnahmen zum Verfassungsentwurf vom 12. Februar 1968, in: SAPMO-BArch, DY 30/IV A2/13/43, Bl. 41.

[86]  Eine gute Grundlage für den Dienst der Kirche. Interview der »Neuen Zeit« mit Landesbischof D. Dr. Mitzenheim, in: Neues Deutschland vom 6. Februar 1968, S. 3.

[87]  Staatsgrenzen sind auch Kirchengrenzen. Diskussionsrede des thüringischen Landesbischofs D. Dr. Moritz Mitzenheim, in: Neues Deutschland vom 1. März 1968, S. 6. 

[88]  SED-Hausmitteilung von K. Sorgenicht an E. Honecker vom 15. Februar 1968 über die »Veröffentlichung einer Stellungnahme von Bischof D. Krummacher, Greifswald, Vorsitzender der Konferenz evang[elischer] Kirchenleitungen in der DDR«, in: SAPMO-BArch, DY 30/IV A2/13/46, Bl. 61.

[89]  Buchstab, Günter: Widerspruch und widerständiges Verhalten der CDU in der SBZ/DDR, in: Materialien der Enquete-Kommission (Anm. 7), Bd. VII/1, S. 504–539, hier S. 525. 

[90]  Zusammenstellung der in den Zuschriften der Bürger an die Verfassungskommission enthaltenen politisch-ideologischen Probleme, in: SAPMO-BArch, DY 30/IV A2/13/44,

Bl. 219 ff.

[91]  Ebenda, Bl. 229.

 

[92]   Ebenda, Bl. 227.

[93]  Ebenda, Bl. 228. Öffentliche Stellungnahmen zum Thema der Meinungsfreiheit waren in der DDR immer eine Gratwanderung. Dass sie allerdings nicht unmöglich waren, beweist eine eindeutige Stelle aus Klenner, Hermann: Studien über die Grundrechte, Berlin 1964, S. 115. »Nur im Meinungsstreit kann die Wahrheit gedeihen und zur allgemeinen Überzeugung werden; nur im Kampf der Meinungen kann sich die Wissenschaft, kann sich das wissenschaftliche und politische Vermögen des einzelnen entwickeln. Die Meinungsfreiheit ist die grundrechtliche Fixierung von Kritik und Selbstkritik«.

[94]  Zusammenstellung der in den Zuschriften der Bürger an die Verfassungskommission enthaltenen politisch-ideologischen Probleme, in: SAPMO-BArch, DY 30/IV A2/13/44, Bl. 226.

[95]   Ebenda, Bl. 227.

[96]  Poppe, Eberhard: Zum sozialistischen Menschenbild in der Verfassung der DDR, in: Staat und Recht 18 (1969), S. 1451–1646, hier S. 1453.

[97]  Nationalrat der Nationalen Front des Demokratischen Deutschlands: Maßnahmeplan für das Internationale Jahr der Menschenrechte vom 16. Februar 1968, in: SAPMO-BArch, DY 6/382, Bl. 2 f.

[98] Von Dezember bis April führte die SED eine harte Kampagne zu diesem Thema. Im Rahmen einer »verfassungsmäßige[n] Alternative zur Politik der Regierung Kiesinger/Strauß/ Wehner« legte das Staatssekretariat für westdeutsche Fragen »Neun Grundrechte der Bürger Westdeutschlands« vor (Neues Deutschland vom 13. Dezember 1967, S. 4). Kurt Hager sprach im Bericht des Politbüros an das 4. Plenum des ZK der SED von einer »Renazifizierung in Westdeutschland« (Neues Deutschland vom 30. Januar 1968, S. 6), Friedrich Ebert in einer Rede bei der 7. Tagung der Volkskammer von »drohende[r] Notstandsdiktatur« (Neues Deutschland vom 3. Februar 1968, S. 3). Die Behandlung der Notstandsgesetze im Bundestag wurde als »Generalangriff« der Bonner Regierung »auf die letzten demokratischen Grundrechte der westdeutschen Bürger« verurteilt (Neues Deutschland vom 29. März 1968, S. 1). Herbert Häber stigmatisierte »Das Elend der bürgerlichen Demokratie« (Neues Deutschland vom 3. April 1968, S. 6).

[99] Organisatorische Maßnahmen zur Vorbereitung und Durchführung des internationalen Kolloqiums »Die Menschenrechte und ihre Verwirklichung, besonders in beiden deutschen Staaten« am 29. und 30. März 1968 in Berlin, in: SAMPO-BArch DY 6/382, Bl. 7. Siehe auch Hering, B. /Kauders, M.: Unser Staat verwirklicht Menschenrecht, in: Neues Deutschland vom 30. März 1968, S. 3.

[100] Büchner-Uhder, Willi/Udke, Brigitte: Bericht: Internationales Kolloquium zum Thema »Die Menschenrechte und ihre Verwirklichung, besonders in beiden deutschen Staaten«, in: Staat und Recht 17 (1968), S. 989–997, hier S. 990.

[101] Ebenda, S. 991 f.

[102] Ebenda, S. 990.

[103] Ebenda, S. 991.

[104] Stichpunkte der Arbeitsgruppe zur Auswertung der Zuschriften aus der Bevölkerung. »Grundrechte«, in: SAPMO-BArch, DY 30/IV A2/13/43, Bl. 311 (Hervorhebung von mir).

Inhalt – JHK 2005

Copyright:

Eventuell enthaltenes Bildmaterial kann aus urheberrechtlichen Gründen in der Online-Ausgabe des JHK nicht angezeigt werden. Ob dieser Beitrag Bilder enthält, entnehmen Sie bitte dem PDF-Dokument.