x

Hier finden Sie die retrodigitalisierten Fassungen der Ausgaben 1993 bis 2020 des Jahrbuches für Historische Kommunismusforschung (JHK).

Weitere Bände werden sukzessive online gestellt. Die aktuelle Printausgabe folgt jeweils zwei Jahre nach ihrem Erscheinen.

Das Jahrbuch für Historische Kommunismusforschung wurde 1993 von Hermann Weber (†) als internationales Forum zur Erforschung des Kommunismus als europäisches und globales Phänomen gegründet. Das Jahrbuch enthält Aufsätze, Miszellen, biografische Skizzen, Forschungsberichte sowie Dokumentationen und präsentiert auf diesem Weg einmal jährlich die neuesten Ergebnisse der internationalen Kommunismusforschung.

Seit 2004 wird das Jahrbuch im Auftrag der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur herausgegeben und erscheint aktuell im Berliner Metropol Verlag.

Herausgeber: Ulrich Mählert, Jörg Baberowski, Bernhard H. Bayerlein, Bernd Faulenbach, Peter Steinbach, Stefan Troebst, Manfred Wilke.

Wissenschaftlicher Beirat: Thomas Wegener Friis, Stefan Karner, Mark Kramer, Norman LaPorte, Krzysztof Ruchniewicz, Brigitte Studer, Krisztián Ungváry, Alexander Vatlin.

Bitte richten Sie Manuskriptangebote an die Redaktion: jhk[at]bundesstiftung-aufarbeitung.de

JHK 2022

Sowjetestland zwischen »bürgerlichem« und »internationalistischem« Nationalismus

Versuch einer Neubewertung

Jahrbuch für Historische Kommunismusforschung | Seite 165-187 | Metropol Verlag

Autor/in: Karsten Brüggemann

[0]I. »Eesti« in der Sowjetunion?

Im Oktober 1979 machte ein Pärchen aus Tallinn einen Spaziergang zu einer der Aussichtsplattformen auf dem Domberg. Von dort aus sahen die beiden auf einem der Dächer in der Unterstadt unübersehbar in weißer Farbe das Wort »Eesti« (Estland) prangen und fotografierten es. Im Frühjahr 2016 erinnerten sich die beiden, wie sprachlos sie damals gewesen seien. Sie waren sich sicher, einen Akt des Protestes gegen die Sowjetherrschaft dokumentiert zu haben, denn kurz darauf seien die Buchstaben verschwunden gewesen.[1] ((Abb. 1: Blick vom Domberg auf die Dächer der Unterstadt von Tallinn im Jahr 1979. Auf einem prangt unübersehbar der Schriftzug »Eesti«))

Tarmo Vahter, ein in Estland bekannter investigativer Journalist des Wochenblatts Eesti Ekspress, nutzte das Foto 2015 für das Cover seines auf umfangreichen Archivstudien beruhenden Buches über das Jahr 1980, »das Estland erschütterte«.[2] Er hatte zuvor um Erinnerungen aus der Bevölkerung gebeten, um die Geschichte dieses Jahres, in dem die olympischen Segelregatten in Tallinn stattfanden und es im Herbst zu Jugendunruhen und Protestaktionen kam, aufschreiben zu können. Es gelang ihm jedoch nicht, vor der Veröffentlichung des Buches das Rätsel um diese fünf Buchstaben auf dem Dach zu lösen. Erst Anfang 2016 machte er einen Mann ausfindig, der behauptete, die Buchstaben auf dem Dach angebracht zu haben. Es sei ein Akt des Widerstands gewesen, erklärte dieser: Er habe zuvor zwei Jahre in der Sowjetarmee dienen müssen und sei »voller Zorn« gewesen.[3]

Daraufhin meldete sich der Historiker Olev Liivik mit der Erklärung zu Wort, dass das Wort »Eesti« unter der Sowjetherrschaft ja nicht verboten gewesen sei. Zudem sei ein Bild der Stadtansicht von der Aussichtsplattform auf dem Domberg noch 1985 in einem offiziellen Bildband über Sowjetestland erschienen – einschließlich des gut erkennbaren Wortes »Eesti« auf dem Dach. Das Foto sei zudem nicht vor 1984 aufgenommen worden, weshalb die fünf Buchstaben keineswegs sofort von den Behörden entfernt worden waren.[4]

Die Tücken des historischen Gedächtnisses bringen es mit sich, dass dieses heutzutage ein Bild der Sowjetzeit konserviert, in dem allein die Erwähnung des Begriffs »Eesti« schon mit Widerstand assoziiert wird.[5] Dabei traten sowjetestnische Sportlerinnen und Sportler sowohl bei innersowjetischen Wettkämpfen als auch bei internationalen Veranstaltungen in Trikots an, auf denen die fünf Buchstaben »Eesti« standen.[6] Selbst in diesem sensiblen Bereich der Repräsentation des Sowjetstaats nach außen – war doch der internationale Sport eine weithin sichtbare Arena der Systemauseinandersetzung im Kalten Krieg – war dieser Begriff möglich. Man hätte ihn auch durch die offizielle Bezeichnung »Nõukogude Eesti« (Sowjetestland) oder die Abkürzung ENSV (Eesti nõukogude sotsialistlik vabariik, estn. für Estnische Sozialistische Sowjetrepublik) ersetzen können.

Grundsätzlich verweist der Vorfall mit den fünf Buchstaben auf dem Dach auf ein Problem, das in der jüngeren Forschung ausgiebig diskutiert worden ist: Die »chronische Ethnophilie« (Yuri Slezkine) der Sowjetunion.[7] War dieser Begriff ursprünglich auf die Vorkriegsphase der UdSSR gemünzt – mit der in den 1920er-Jahren betriebenen Indigenisierungspolitik, der korenizacija[8], als Speerspitze –, so steht mittlerweile außer Frage, dass für den sozialistischen Vielvölkerstaat Sowjetunion die »Nation« als Ordnungskriterium bis zu seinem Ende von grundsätzlicher Bedeutung war. Nicht nur boten die nach nationalen Kriterien geschaffenen Sowjetrepubliken »Völkern« (narody) ein eigenes Territorium und fanden sich »Völkerschaften« (narodnosti) auf autonomen Gebieten wieder. Auch das in den 1930er-Jahren unter Stalin eingeführte und sukzessive während der folgenden Dekaden auf die gesamte Bevölkerung ausgedehnte Passsystem enthielt den Eintrag »Nationalität« (nacional’nost’). Die Essenzialisierung dieser Kategorie ging so weit, dass die Praxis der freien Wahl der ethnischen Zugehörigkeit 1938 eingestellt wurde und fortan grundsätzlich die für die Eltern fixierten Kategorien auch für die Kinder galten.[9]

Auf dem Gebiet der baltischen Sowjetrepubliken hatten die 1918 etablierten Nationalstaaten die Essenzialisierung der Kategorie »Nation« vorangetrieben. Die seit Juni 1940 bzw. nach dem Interludium der nationalsozialistischen Besatzung seit Herbst 1944 mit Gewalt beförderte Sowjetisierung hatte diesem Umstand Rechnung zu tragen. Gerade im Baltikum stand das Projekt der Sowjetisierung vor dem Paradox, keine Fortschritte erzielen zu können, ohne Rücksicht auf die »Nation« zu nehmen, für die in der propagierten Utopie des Kommunismus kein Platz vorgesehen war. Die Sowjetmacht unterbreitete in der Folge immer wieder Angebote, wie Nationalität im sozialistischen Sinne ausgedrückt werden durfte. Mit ihren dynamischen Spielregeln führte diese Politik letztlich zu einer Stabilisierung des Systems. Dabei musste sie Staat und Partei als Spiel mit dem Feuer erscheinen. Wo war die Grenze zwischen systemstabilisierendem und -sprengendem Nationalismus in einer Union, in der offiziell die »nationale Frage« als »gelöst« galt?[10]

Da diese Grenze unterschiedlich angesetzt werden konnte, verlangt eine Analyse nach situativen Ansätzen. Die in den 1960er-Jahren erreichte Stabilität des Regimes zwischen exklusivem Nationalismus und inklusiv gedachtem Internationalismus setzte zugleich eine eigene Dynamik in Gang, die neue Spannungen schuf. Lokale Akteure versuchten, die Grenzen der Artikulierung genuin ethnischer Akzente vor allem im kulturellen Bereich immer weiter auszudehnen. Anhand der vorliegenden ersten Forschungsergebnisse vornehmlich zu Estland und Litauen sowie eigener Archivstudien in Moskauer Archiven zu den 1950er- und frühen 1960er-Jahren wird in diesem Text versucht, die Perspektiven auf das sowjetische »Nationale« in ihren Zusammenhängen darzustellen. Leider sind die binnensowjetischen transnationalen Netzwerke im Bereich der kulturellen Aktivitäten, die dem »Aufblühen« der sozialistischen Nationen dienen sollten, noch kaum untersucht. Demgegenüber ist über die sowjetische Gewaltgeschichte gerade unter Stalin sehr viel mehr bekannt. Aber auch sie hatte ihre spezifische Dynamik und gestaltete sich 1950 anders als 1970. Um nicht missverstanden zu werden: Die sowjetestnische Gesellschaft lebte in einer Diktatur, die vor Ort als Fremdherrschaft aufgefasst wurde. Die Zeit seit Mitte der 1950er-Jahre als reine Gewalt- und Unterdrückungsgeschichte fortzuschreiben, hieße jedoch zu verkennen, dass die Spielräume, die sich lokalen Akteuren boten, nie statisch waren und sich sukzessiv eher erweiterten, im Verhältnis zwischen Zentrum und Peripherie ebenso wie im Alltag der Menschen. Dies gilt auch für die Repräsentationen des »Nationalen« der Sowjetrepubliken.

 

 

II. Das »Aufblühen« der Nationalkulturen im Stalinismus

 

Die baltischen Sowjetrepubliken, die erst durch ihre Annexion im Juni 1940 Objekte der sowjetischen Nationalitätenpolitik wurden, unterlagen nach Ansicht der jüngeren Forschung in der Nachkriegszeit einer neo-korenizacija.[11] Wenn die estnische Kritik an dieser Konzeption darauf hinwies, dass der »Russifizierungsdruck« in den 1940er-Jahren »sehr viel stärker« gewesen sei als jegliche Indigenisierung politischer Macht,[12] bleibt der Befund der Bedeutung des Nationalen bestehen. Die Phase der Sowjetisierung war durch eine Strategie von Zuckerbrot und Peitsche gekennzeichnet: Einerseits kam es zu massiven Repressionen gegen Vertreter der alten Eliten und potenzielle Gegner der Sowjetmacht – es sei nur an die Massendeportationen von gut 30 000 Menschen in das Innere der UdSSR im Juni 1941 und im März 1949 erinnert. Andererseits kam es aber in der Nachkriegszeit zu Versuchen des Regimes, durch Konzessionen, wie z. B. in der Kulturpolitik, Sympathien zu erwerben und sich so langfristig Loyalität zu sichern. Schon während des Krieges hatte sich die sowjetische Propaganda nationaler Mythen bedient, die im Falle der Esten praktischerweise gegen den deutschen »Erbfeind« gerichtet waren. Der 1943 begangene 600. Jahrestag des – nach Auffassung der estnischen Historiografie der Zwischenkriegszeit – letzten größeren estnischen Aufstands gegen die »deutschen Herren« in der Georgsnacht 1343 (Jüriöö) kam dabei gerade recht, um den Einsatz des Estnischen Schützenkorps der Roten Armee in die historische Tradition des Unabhängigkeitskampfes gegen die Deutschen zu stellen.[13] Die »Befreiung« der Region von der NS-Besatzung galt dem Regime als zusätzliche Legitimation für ihren Herrschaftsanspruch.[14]

Dass sich ausgerechnet die Sowjetmacht als Förderin dieses Freiheitsstrebens zu verkaufen trachtete, konnte freilich von all jenen nur mit Hohn quittiert werden, die der östlichen Besatzungsmacht bewaffneten Widerstand entgegensetzten. Der sowjetische Terror, der gleich nach der Annexion 1940 eingesetzt hatte, rief eine kaum je dagewesene Konsolidierung und Homogenisierung des Nationalbewusstseins in den baltischen Unionsrepubliken hervor.[15] Zugleich war die Sowjetmacht unmittelbar nach Kriegsende bereit (bzw. gezwungen), mit denjenigen, in denen sie potenzielle Unterstützer vermutete, zusammenzuarbeiten. Das Projekt der Sowjetisierung war auf lokale Kader angewiesen, um vor allem abseits der urbanen Zentren Fuß zu fassen.[16]

Während der Begriff der korenizacija in erster Linie die Indigenisierung der Partei meint, also den Einbezug von Esten in die Leitung und Verwaltung der Republik (wenn auch viele dieser Esten als »Russlandesten« gelten, die in der UdSSR sozialisiert worden waren und zum Teil kaum die estnische Sprache beherrschten), musste zugleich dafür Sorge getragen werden, die Sowjetmacht als eine Estland und seiner Nationalkultur gegenüber aufgeschlossene Kraft zu präsentieren. Das »Aufblühen« der nationalen Kulturen der Sowjetrepubliken, wozu die Errungenschaften der allgemeinen sowjetischen Modernisierung inklusive der wirtschaftlichen Entwicklung zählten, war schließlich mehr als nur ein propagandistisch erklärtes Ziel. Getreu der Formel »national in der Form, sozialistisch im Inhalt« war die nationale Form geradezu zwingend vorgeschrieben, um sozialistische Inhalte zu vermitteln.[17] Schon während des Prozesses der Sowjetisierung begannen jedoch die Auseinandersetzungen um diese Formel, da undefiniert blieb, wo die Grenze verlief, d. h. ab wann auch der Inhalt (zu) national wurde.[18] Das Verdikt des »bürgerlichen« und damit verabscheuungswürdigen Nationalismus sollte für die Zeit der Sowjetherrschaft das Damoklesschwert bleiben, das über dem ideologisch verordneten »Aufblühen« der Nationalkulturen in den baltischen Sowjetrepubliken hing, die sich während der Zwischenkriegszeit schließlich in »bürgerlichen« bzw. »faschistischen« Regimen herauskristallisiert hatten.[19]

Das XII. Allgemeine Liederfest, das im Jahr 1947 in Tallinn stattfand, wurde zum Symbol der Charmeoffensive der neuen Herrscher Estlands.[20] Um einen quantitativen Beleg für das postulierte »Aufblühen« zu erhalten, sollte es mehr Teilnehmer und Besucher geben als beim letzten Fest 1938, was mit administrativen Zwangsmaßnahmen auch erreicht wurde.[21] In seiner Eröffnungsansprache nutzte Eduard Päll (1903–1989), der Vorsitzende des Präsidiums des Obersten Sowjets der ESSR, dieses quantitative Argument für die These, dass Dank der Etablierung der Sowjetmacht »in der Entwicklung unseres Volkes […] eine grundsätzliche Veränderung zum Besseren« vollzogen worden sei. Das Sängerfest sei zudem Ausdruck der »Fürsorge und Liebe«, welche die sowjetische Gesellschaft hinsichtlich »der Entwicklung der Eigenkultur eines jeden Volkes« empfinde.[22] Die Rahmen waren damit gesetzt: Die Entwicklung der sowjetestnischen Nationalkultur war einzubetten in den diskursiven Rahmen des sowjetischen Internationalismus und der politisch verordneten Völkerfreundschaft unter den »Bruderrepubliken«.

Wer wollte, konnte dieses sozialistische framing – z. B. die kommunistischen Losungen und die Bilder der Parteiführer während des Festzugs zum Veranstaltungsort – angesichts des Programms auch übersehen. Es war »national – Lieder, die Stalin und die Okkupanten priesen, wurden nicht mehr als unbedingt nötig gesungen«.[23] Erstmals zur Aufführung gelangte die spätere alternative estnische Hymne »Mein Vaterland ist meine Liebe« (Mu isamaa on minu arm), die im sowjetischen Hinterland des Zweiten Weltkrieges von Gustav Ernesaks (1908–1993) zu einem Gedicht aus der Zeit des nationalen »Erwachens« im 19. Jahrhundert komponiert worden war. Noch war es auch kein Problem, Lieder zum Vortrag zu bringen, deren Komponisten 1944 vor der herannahenden Roten Armee in den Westen geflüchtet waren.[24] Auf einem Plakat lud ein junges Mädchen in Volkstracht vor der Tallinner Altstadt zum XIII. Allgemeinen Liederfest ein.[25] Als Reaktion auf diese von sowjetischer Symbolik umrahmte patriotische Manifestation – sozialistisch eher in der Form, weniger bezüglich ihres Inhalts – forderte die sowjetische Presse die stärkere Berücksichtigung von Liedern anderer Sowjetvölker, um die estnische Tradition zu bereichern und die sowjetische Völkerfreundschaft zu bekräftigen.[26] ((Abb. 2: Plakat lädt zum nächsten Liedfest ein: »Auf Wiedersehen beim XIII. Allgemeinen Liederfest!«))

Im Spätstalinismus führte diese Spannung zwischen »gutem« internationalistischen und »bösem« bürgerlichen Nationalismus in der ESSR zu heftigen Auseinandersetzungen. Auf dem 8. Plenum der Estnischen Kommunistischen Partei (EKP) im März 1950 wurde das Liederfest von 1947 als »bürgerlich-nationalistische Veranstaltung« kritisiert. Der Stein des Anstoßes war unter anderem die Zählung als Nummer XII, wodurch die nationale Tradition in die Sowjetzeit hineingetragen werde. In Reaktion »auf Forderungen der Werktätigen« wurde im Anschluss an das Plenum die alte Zählung verworfen. Von nun an korrespondierten die Feste im alten Fünfjahresrhythmus mit den Jahren 1940 – der »Wiederherstellung« der ESSR – bzw. mit 1945 – dem Sieg im »Großen Vaterländischen Krieg«.[27]

Das 8. Plenum hatte zu einer Säuberung der estnischen Parteispitze geführt, wobei es um den Vorwurf ging, gegenüber Erscheinungen des »bürgerlichen Nationalismus« nicht wachsam genug gewesen zu sein. Mit Johannes Käbin (1905–1999) installierte die EKP einen in Sowjet-Russland sozialisierten Esten als Ersten Sekretär.[28] Aus Moskauer Sicht war dies als Warnung gegen eine Politik der Betonung lokaler Unterschiede zu verstehen, die unionsweit Gültigkeit hatte.[29] Nun galt es, wie ein Leitartikel im Eesti Bolševik deutlich machte, dem Sowjetpatriotismus zu huldigen und keinen Zweifel daran zu lassen, dass das russische Volk den Bestrebungen der Esten stets wohlwollend zur Seite gestanden habe: Der »Kampf mit dem bürgerlichen Nationalismus« könne nur »auf dem Weg der Stärkung der Völkerfreundschaft« geführt werden, wobei vor allem »die Freundschaft mit dem großen russischen Volk« wachsen müsse.[30]

Wenn nun die Parteikader unmissverständlich darauf hingewiesen wurden, ihr Konzept von »Nationalität« zu hinterfragen, galt dies umso mehr für die Organisatoren der Liederfeste. 1950 und 1955 wurde sorgfältig darauf geachtet, jeglichen Verdacht auf »bürgerlichen Nationalismus« zu entkräften. In jeder Sektion war nun mindestens ein auf Russisch gesungenes Lied vorgesehen, wobei sich vor allem Soldaten- und Bergarbeiterchöre hervortaten. Ernesaks’ »Mein Vaterland« wurde aus dem Programm verbannt (nicht aber sein »Lied an Stalin«), während Isaak Dunaevskijs »Lied über die Heimat« (Pesnja o Rodine, 1936) den Schlussakkord setzte. Daran, dass das eigentliche Vaterland der Esten die Sowjetunion sei, sollte kein Zweifel aufkommen.[31]

 

 

III. Weitere Indigenisierung und neue nationalkulturelle Freiheiten

 

Bereits kurz nach Stalins Tod erklangen im Frühjahr 1953 neue Töne aus dem Kreml. In einem Bericht über die Estnische SSR hieß es, dass Esten immer noch nicht in ausreichendem Maße in die Führung der Republik einbezogen seien. Gerade in den Sicherheitsorganen seien »fast keine Esten« tätig, weshalb der »Kampf gegen den nationalistischen Untergrund« nahezu ausschließlich von Russen geführt werde. Ohne Kenntnisse der Landessprache könnten die Kader aber keinen Einfluss auf die Massen gewinnen, worin ein Verstoß gegen die »Prinzipien der sowjetischen Nationalpolitik« erkannt wurde.[32] Ähnliches wurde 1956, im Anschluss an die sogenannte Geheimrede des neuen Generalsekretärs der KPdSU, Nikita S. Chruščev, nach einer Inspektion der Republik durch ZK-Mitarbeiter vermeldet. Zwar hieß es hier einerseits, die estnischen Genossen müssten schärfer gegen Erscheinungen des »bürgerlichen Nationalismus« vorgehen. Andererseits befördere eine Überbetonung des Russischen »berechtigterweise« Unzufriedenheit unter den Esten und damit »bürgerlich-nationalistische Stimmungen«. Dass die überwiegende Mehrzahl der sowjetischen Funktionäre des Estnischen nicht mächtig sei, wurde scharf kritisiert.[33]

Parteichef Käbin reagierte verhalten und betonte die Probleme bei der Umsetzung der »Leninʼschen Nationalitätenpolitik«, d. h. der Neuauflage der korenizacija der 1920er-Jahre. Käbin betonte die Probleme bei der Realisierung der als ideologische Säule des Poststalinismus propagierten Rückkehr zu Lenin, die ihrerseits »bürgerlichen Nationalismus« hervorriefen. So könne z. B. die Kaderfrage nicht gelöst werden, wenn estnische Spezialisten nach Abschluss ihrer Ausbildung ihrer Verwendung in der ESSR entzogen würden. Auch um die Völkerfreundschaft war es Käbin zufolge nicht zum Besten bestellt. Während die in der ESSR stationierten Rotarmisten eine gewisse Überheblichkeit gegenüber der lokalen Kultur an den Tag legten, werde jegliche Betonung des Estnischen sogleich mit »bürgerlichem Nationalismus« gleichgesetzt.[34] Eine weitaus deutlichere Strategie der Förderung von Republiksinteressen verfolgten damals die lettischen »Nationalkommunisten«: Sie nahmen die Direktiven aus dem Zentrum beim Wort, forderten z. B. eine stärkere Position des Lettischen und wandten sich gegen die »Russifizierung« der Republik. Wie schon in Estland 1949/50 waren es aus Russland stammende lokale Führungskader, deren Berichte nach Moskau eine Säuberung provozierten, von der die lettische Partei 1959 getroffen wurde.[35] Die Estnische SSR blieb verschont und Käbin bis 1978 an der Macht.

Ein besonderes Problem für das Regime stellte die Jugend dar.[36] Bereits 1953 hatte es im zitierten Bericht geheißen, der »bürgerlich-nationale Untergrund« werde von Jugendlichen getragen. Im Herbst 1956, im Anschluss an die Niederschlagung des Volksaufstandes in Ungarn, kam es in litauischen und estnischen Universitätsstädten zu Sympathiekundgebungen mit Ungarn. Im katholischen Litauen fielen sie mit Allerheiligen zusammen, als in Kaunas 20 000 Menschen demonstrierten. Zwar habe es auch schon zuvor an diesem Tag »Vorkommnisse« gegeben, fasste ein Moskauer ZK-Bericht zusammen, aber nicht »in so scharfer antisowjetischer Form«.[37] Der Autor beklagte die Nachgiebigkeit der lokalen Parteiinstanzen und forderte verstärkte politische Aufklärungsarbeit vor allem unter den Jugendlichen. Gleichzeitig verwies er aber erneut auf den Umstand, dass die Partizipation von Vertretern der Titularnationen an der Macht in den Republiken weiterhin viel zu schwach sei. Derartige lokale »Vorkommnisse« rissen in der Folge nicht ab. Aus einem für das Präsidium des ZK der KPdSU erstellten Bericht über die Feiern zum 45. Jahrestag der Oktoberrevolution im November 1962 meint man bereits eine gewisse Routine herauszulesen: »[W]ie schon in den letzten Jahren gab es in einigen Städten des Baltikums antisowjetische und nationalistische Vorkommnisse.« Zu dieser Routine gehörten die Gewalt gegen Symbole der Sowjetmacht oder das Verteilen von Flugblättern sowie – als Reaktion des Regimes – die Verhaftung von »einigen Studenten«.[38] Das Ausmaß war zwar unbedeutend, handelte es sich doch stets um Einzelfälle. Offensichtlich aber war jeder Fall bedeutsam genug, um penibel registriert und geflissentlich an die Zentrale gemeldet zu werden.

Mit der Amnestie der in den 1940er-Jahren Deportierten kam ein weiteres Problem hinzu. Schon die gut 7000 Personen, die bis zum Juni 1953 in die Estnische SSR heimkehrten – die meisten von ihnen Alte und Kranke sowie »Kriminelle« –, stellten die überraschten lokalen Organe vor ein konkretes Integrationsproblem. Dass einige wenige »Kriminelle« rückfällig wurden, wurde genau registriert. Der Staat machte Umerziehung zu einer Sache, die innerhalb der Gesellschaft auszuhandeln war, nicht mehr außerhalb in den Lagern. Damit verschwammen zugleich die Konturen der gewohnten stalinistischen Feindkategorien. Die ehemaligen »Feinde« hatten sich über Nacht in rehabilitierte Bürger verwandelt, galten aber nicht nur der Bevölkerung, sondern auch den Partei- und Staatsorganen als so etwas wie die üblichen Verdächtigen und wurden zu Sündenböcken für steigende Kriminalität und – nach der Entlassung auch der »Politischen« unter Chruščev – politische Unzuverlässigkeit.[39] Der Ideologiesekretär der EKP Leonid Lentsman (1912–1996) beklagte 1959, einige der Amnestierten, deren Gesamtzahl sich auf ca. 30 000 belief,[40] seien verantwortlich für »provokante antisowjetische Gerüchte« und bedrohten »unser Aktiv«.[41] Die immer noch »starken Überbleibsel der bourgeoisen Ideologie« wurden zudem durch äußere Einflüsse in ihrer antisowjetischen Wirkung nur verstärkt: Neben den ausländischen Radiostationen[42] wurde der rege Postverkehr mit Verwandten im kapitalistischen Ausland[43] zum Stein des Anstoßes, zumal mit den »erniedrigenden Geschenken«, den mitgeschickten Westwaren, oft spekuliert wurde. Der aus Sicht des Staates dekadente Einfluss des Kapitalismus schien sich auch im Sozialismus breitzumachen.[44]

Somit hatte der Kreml weiterhin dem Umstand Rechnung zu tragen, dass das Baltikum eine »Problemzone« war.[45] Die Region war befriedet, aber nicht unbedingt loyal, und sie war direktem Einfluss aus dem Westen ausgesetzt (seit Ende der 1950er-Jahre konnte man in Nord-Estland finnisches Fernsehen empfangen). Gleichzeitig sah man die Besonderheiten der baltischen Unionsrepubliken nicht nur negativ. Zubkova zufolge setzte sich im Kreml damals die Vorstellung durch, dass die baltischen Unionsrepubliken eine Art »Schaufenster« des sowjetischen Sozialismus darstellen könnten.[46] Eine detaillierte Auseinandersetzung mit dieser These steht zwar noch aus. Der Grad an Toleranz nationaler Eigenheiten, der bezüglich der baltischen Sowjetrepubliken insbesondere in der Kulturpolitik bis in die 1970er-Jahre hinein cum grano salis zu verzeichnen war, ist allerdings bemerkenswert. Schon Ronald G. Suny hielt fest, dass die poststalinistische Indigenisierungspolitik bis mindestens in die 1960er-Jahre anhielt. Wie Michel Abeßer jüngst am Beispiel des estnischen Jazz zeigte, war diese Politik »in ihren kulturellen Ergebnissen kaum zentral zu steuern«.[47] Die traditionelle, in die Zarenzeit zurückreichende Betrachtung der Region als »unser Westen« (naš zapad) ließ gerade die Intelligenzija das Leben an der Ostsee als freier idealisieren als in den Hauptstädten der russischen Sowjetrepublik.[48] Der »imaginary West« (Alexei Yurchak) war hier zumindest annähernd erfahrbar.[49]

Nimmt man die Praxis der Liederfeste als Maßstab, brachte schon das Jahr 1959 den Bezug auf die nationale Tradition zurück, als in Tartu ein kleines Festival organisiert werden konnte, um an das erste große estnische Liederfest 1869 zu erinnern.[50] Auf dem nächsten regulären Fest in Tallinn 1960 ging der Anteil an sowjetischen Liedern im Programm von gut der Hälfte auf etwas über ein Drittel zurück,[51] und es kam sogar zu einem Fall spontanen Protestes: Die Massen weigerten sich, nach den letzten Klängen von Dunaevskijs »Lied über die Heimat« das Festivalgelände zu verlassen, und verlangten nach Ernesaks. Dieser trat ans Podium und dirigierte sein immer noch aus dem Programm verbanntes »Mein Vaterland«. Dass dieses Lied seit 1965 auch offiziell wieder gesungen werden konnte,[52] zeigt, wie sehr die lokale Identifikation die internationalistische überlagerte, weshalb die Liederfeste in der heutigen Erinnerung als der Ort gelten, an dem die nationale Identität bewahrt worden sei.[53] Überspitzt gesagt, waren sie im Rückblick nur der Form nach sozialistisch, aber weitgehend national im Inhalt.

Versuche, die Liederfeste abzuschaffen, sind nicht bekannt. Ideologiesekretär Lentsman hatte sich aber schon 1959 über die Popularität der traditionellen patriotischen Lieder beklagt. Dabei wurde das Dilemma deutlich, das in der Losung »national in der Form, sozialistisch im Inhalt« lag: Während diesen Liedern nicht abgesprochen werden könne, in der Vergangenheit, während des »Kampfes gegen den Feudalismus« (d. h. gegen die deutschen Gutsherren), progressiv gewesen zu sein, seien sie heute nur noch »veraltet«. Schon im 19. Jahrhundert hätten sie »den Stempel nationaler Begrenztheit« getragen, sie seien Ausdruck des »bürgerlichen Nationalismus« gewesen und hätten »nationalistische Stimmungen« geweckt.[54] Aber wie sollte die Partei den ideologischen Spagat bewerkstelligen? Kulturfunktionäre registrierten mit Sorge, dass die jüngst zu beobachtenden Tendenzen im Kulturleben der baltischen Sowjetrepubliken von einer deutlichen Hinwendung zu Erscheinungen der nationalen Kulturen in der Zwischenkriegszeit geprägt waren. Die Literaturen der drei Republiken seien rückwärtsgewandt und priesen kaum einmal die Gegenwart und die Leistungen beim Aufbau der neuen Ordnung im Geist des sozialistischen Realismus.[55] Bei aller Kritik und bei allem Unbehagen ob dieser Attraktivität der zuweilen immer noch als »faschistisch« gebrandmarkten Nationalstaaten der 1930er-Jahre blieb es jedoch grundsätzlich bei einer Kulturpolitik nach dem Motto: »Using nationalism to sell socialism.«[56]

Als es 1969 aus Anlass des 100. Jahrestages des ersten estnischen Liederfestes zu einer bemerkenswerten Abkehr vom sowjetischen Festkalender kam und das Fest ein Jahr früher stattfand, überlagerte erneut das nationale Narrativ das sowjetische: Schließlich hätte das Fest 1970 zu Ehren von Lenins 100. Geburtstag stattfinden können. Dass im Sommer 1970 das seit der Stalinzeit mit dem Liederfest verbundene Tanzfest gefeiert wurde, war nur ein schwacher Kompromiss.[57] Mit einem Anteil von 68 Prozent estnischer Chormusik war das Fest 1969 das bei Weitem estnischste aller Liederfeste der Sowjetzeit (1947: 53,5 Prozent), zumal nur knapp 18 Prozent der Lieder die Sowjetunion priesen.[58]

Eine der Grundlagen für diese bemerkenswerte Nationalisierung des Liederfestes von 1969 kann in der Indigenisierung der Funktionärselite gesehen werden (der Zustrom an Russlandesten war um 1960 versiegt).[59] Seit den 1950er-Jahren stieg die Zahl der Parteimitglieder stetig an: Hatte sie 1950 bei 17 639 gelegen, umfasste die KPE 1960 33 382, 1970 70 195 und Ende der 1980er-Jahre rund 110 000 Mitglieder. Der Anteil von ethnischen Esten[60] war Anfang der 1960er-Jahre erstmals auf über 50 Prozent angestiegen und pendelte sich auf diesem Niveau ein. Ihr Anteil an der Bevölkerung der Republik sank indes von 74,6 Prozent (1959) auf 68,2 Prozent (1970) bzw. 61,5 Prozent (1989). Ihre Repräsentation in der Partei blieb somit auf einem niedrigen Niveau. Zugleich aber fanden sich unter den Mitgliedern der eigentlich als proletarische Avantgarde idealisierten Partei überproportional viele Angestellte (darunter die Intelligenzija). 1979 stellten sie 46,8 Prozent (bei einem Anteil von 32,1 Prozent an der werktätigen Bevölkerung), während zur Kategorie der Arbeiter nur 35 Prozent der Parteimitglieder zählten (bei einem Anteil von 60,9 Prozent an der werktätigen Bevölkerung). Wie sehr sich die soziale Zusammensetzung der KPE wandelte, lässt sich auch daran ablesen, dass am Ende der 1950er- und in den 1960er-Jahren Personen mit Hochschulbildung ein Viertel bis ein Drittel der jährlichen Neueintritte ausmachten: Gehörten 1959 gerade einmal 11,3 Prozent der Parteimitglieder zu dieser Gruppe, waren es 1976 23,5 Prozent und 1981 mit 26,2 Prozent mehr als ein Viertel.[61]

Für die Litauische SSR ist festgestellt worden, dass sich die Bevölkerung mit der fortschreitenden Litauisierung der Republikführung »immer entschiedener« an das Leben in einem Einparteienstaat angepasst habe, was nicht zuletzt mit der rapiden Entwicklung der Wirtschaft und der daraus resultierenden Verbesserung des Lebensstandards zusammenhing. Diese Anpassungshaltung habe sich insbesondere in der Nomenklatura und der Intelligenzija herausgebildet, für deren politische und kreative Aktivität der Gedanke an den Erhalt der litauischen Identität eine wichtige Rolle gespielt habe.[62] Für die Estnische SSR gibt es bislang nur Annäherungen an dieses Thema, auf die der folgende Abschnitt eingeht.

 

 

IV. Nationalistische vs. internationalistische Nationalkultur im »entwickelten Sozialismus«

 

Es ist noch nicht viel über die konkreten Aktivitäten estnischer Kommunisten unter Chruščev und Brežnev bekannt. Einer systematischen Analyse des Verhältnisses von ideologischer Überzeugung, Anpassung, Opportunismus und Widerstand im sowjetestnischen Alltag hat sich noch niemand gestellt. Die einzig durch Interviews belegte These Philipp Herzogs, lokale Beamte hätten mit der Zeit immer deutlicher estnische Interessen gefördert, und selbst unter Kommunisten habe ein »estnischer Geist« geherrscht, die auch estnische Historiker wie Toomas Karjahärm und Väino Sirk vertreten, bedürfte ausführlicher Archivstudien. Plausibel ist jedoch, dass sich auf diese Weise das System stabilisierte, da Teile der Bevölkerung, unter ihnen, wie in Litauen, auch ein großer Teil der Intelligenz, eine Art Modus Vivendi mit dem Regime entwickelten.[63] In den Worten des 2018 viel zu jung verstorbenen litauischen Historikers Vilius Ivanauskas: »[B]ureaucratic performance (…) created the filters protecting local interests.«[64] Wenn dies ein bewusstes Zugeständnis des Kreml im Interesse der Legitimierung des Regimes war, bleibt zu fragen, inwieweit auch die potenziell destabilisierende Dynamik immer weitergehender Kompromisse (nicht nur im KGB) erkannt worden ist.[65]

Es ist behauptet worden, die »Implikationen und Zielkonflikte« der offiziellen Nationalisierung in den Unionsrepubliken seien »im Normalitäts- und Harmoniediskurs der Brežnev-Ära nicht in Worte zu fassen« gewesen.[66] Zweifellos war dem Regime daran gelegen, dass die baltische Peripherie ruhig blieb. Allerdings drückte sich der »Harmoniediskurs« seit Ende der 1960er-Jahre wieder darin aus, dass das von Chruščev 1961 bereits als entstanden deklarierte »Sowjetvolk« als unbedingte Zukunftsvision zurückkehrte und Russisch verstärkt als »zweite Muttersprache« der Nichtrussen propagiert wurde. Folgt man der offiziellen Dialektik des Internationalismus, stand die Intensivierung des Russischunterrichts in den nichtrussischen Sowjetrepubliken (»Russifizierung«) auch nicht im Widerspruch zur weiterhin geförderten Nationalisierung.[67]

Wie sich örtliche Parteimitglieder zu der Politik stellten, die sie vor Ort implementieren sollten, ist für die baltischen Unionsrepubliken noch weitgehend unerforscht. Pavel Kolář verweist in seiner Studie zum Poststalinismus in Ostmitteleuropa auf den widersprüchlichen und ambivalenten Charakter der Identifikation mit der Partei: Die »Ablehnung eines Aspekts der offiziellen Politik des Regimes« sei durchaus mit der »Unterstützung eines anderen Aspekts« kompatibel gewesen.[68] Im baltischen Geschichtsbild stellt der Kommunist demgegenüber weiterhin höchstens eine Projektionsfläche dar, der mal als williger Vollstrecker zentraler Direktiven, mal als bewusster Verfechter der nationalen Sache in der Höhle des Löwen erscheint.[69] Parallelen zu den ostmitteleuropäischen Volksrepubliken zu ziehen, wäre sicher eine lohnende Aufgabe, um das »Andere« der baltischen Sowjetrepubliken im Kontext der UdSSR präziser bestimmen zu können. So trifft z. B. Kolářs Beobachtung zur DDR, zu Polen und der ČSSR, seit Mitte der 1950er-Jahre sei in den Parteigremien eine »gemäßigte Vielfalt« an Geschichtsdeutungen möglich geworden, auch auf die ESSR zu, wie Karjahärm und Sirk zeigen.[70]

Beide Autoren, Sirk (geboren 1942) und Karjahärm (geboren 1944), gehen in ihrem umfangreichen Werk Anpassung und Widerstand über die Bildungseliten der Estnischen SSR zwar grundsätzlich von der in ihrem Titel angedeuteten Dichotomie aus und führen zustimmend die im estnischen Fall von der Soziologin Aili Aarelaid (1947–2014) exemplifizierte These an, das Individuum habe in der Sowjetzeit »zwei Leben« gelebt. Zugleich aber betonen sie hinsichtlich der Generation der »Sechziger«, die maßgeblich vom liberaleren Geist der Chruščev-Zeit sozialisiert wurde, sie habe weder Marxismus noch Kommunismus verneint, wohl aber die sowjetische Praxis. Am Ende der Dekade sei sie angetreten, den »falschen Kommunismus durch den richtigen zu zähmen«.[71] Hiermit spielen die Autoren auf die sogenannte Komsomolopposition an, die sich Ende der 1960er-Jahre, inspiriert von den tschechoslowakischen Reformen, im Komsomolkomitee der Universität Tartu herausbildete und die ihnen als »am besten organisierte legale Opposition« vor der Perestroika gilt.[72] Bewusst wurde in diesen Kreisen über potenzielle systemimmanente Veränderungen debattiert, ohne sich mit einer utopisch anmutenden verstärkten estnischen Autonomie zu beschäftigen oder die Nationalitätenfrage über Gebühr zu strapazieren. Partei- und Komsomolführung fühlten sich auch in erster Linie durch die Abhaltung von Mehrkandidatenwahlen provoziert, also die Abkehr von politisch sanktionierten Praktiken, weniger von Ideen. Insgesamt blieben die Aktivitäten dieses Kreises auf die Universitätsöffentlichkeit und einige Artikel in Intellektuellenzeitschriften beschränkt, doch finden sich unter den Aktivisten bereits einige der später führenden Persönlichkeiten der Unabhängigkeitsbewegung am Ende der 1980er-Jahre, wie z. B. Marju Lauristin oder Siim Kallas.

Ein wenig mehr kann über die sogenannte Folklorebewegung, d. h. die lokalen Volksmusik- und Tanzgruppen gesagt werden, die sich seit den 1960er-Jahren nicht nur in Estland unter dem Schirm der alten sowjetischen Praxis der samodejatel’nost’ (Eigeninitiative) zusammenfanden. Nach einer dynamischen Anfangsphase, die auch durch das nationalestnische Programm des Liederfests von 1969 motiviert war, kam es im Laufe der 1970er-Jahre verstärkt zu Konflikten mit den politischen Kontrollinstanzen, was nicht zuletzt an den Intentionen der mutiger gewordenen Aktivisten lag. Insgesamt aber findet sich auch in diesem Bereich bestätigt, dass es kein Widerspruch sein musste, im Rahmen der Sowjetkultur nationale Identität zu transportieren: Sich mit Volkskunst zu beschäftigen war kein Widerstand gegen die kommunistische Ideologie und hatte zudem auch eine systemstabilisierende Funktion.[73] Der Balanceakt zwischen der Repräsentation ideologisch-politischer Ziele und dem Streben nach Popularität des Systems bei gleichzeitigem Wunsch nach größtmöglicher Kontrolle des Freizeitverhaltens der Bürgerinnen und Bürger verlief über lange Zeit durchaus erfolgreich. Zugleich aber kann Herzog zeigen, welches Potenzial für alternative Agenden in dieser Dynamik steckte. So verbuchte man eine Konzertreise eines estnischen Kollektivs in eine andere Sowjetrepublik im Rahmen der offiziellen Politik der Völkerfreundschaft grundsätzlich als Engagement für die internationalistische Sache. Wenn aber nun ein Ensemble nach Karelien fuhr, um dort alte, in estnischen Archiven entdeckte Lieder der ebenfalls finnougrischen Wepsen aufzuführen, diente diese Reise eben nicht mehr unbedingt der propagierten Verschmelzung der Ethnien, sondern eher der Popularisierung der Idee, Wepse zu sein. Interveniert wurde offiziell höchstens dann, wenn sich Kollektive weigerten, nichtestnische, aber ideologisch erwünschte Stücke in ihr Repertoire aufzunehmen, wenn also der für das »Aufblühen« der eigenen Nation notwendige internationalistische Rahmen fehlte.[74]

Auch die Folkloreprotestbewegung der 1970er-Jahre, die – durchaus im Kontext der globalen Back-to-the-roots-Welle – auf vorsowjetische musikalische Strukturen und »authentische« Aufführungspraktiken zurückgriff, blieb bis in die 1980er-Jahre hinein eine geduldete Alternative, eine »sozialistische Flucht«.[75] Die Legitimität des Regimes wurde hierdurch nicht offen bestritten. All diese Erscheinungen, zu denen auch ein verstärkter Binnentourismus zählte, der oft in Verbindung mit heimatkundlichen Exkursionen und folkloristischen Aufführungen stand, sind in einem transnationalen, so sowjetisch wie globalen Kontext zu sehen, in dem auf den Fortschrittsglauben der Ära mit einer Rückbesinnung auf die lokalen ruralen Traditionen reagiert wurde. Dieser rustic turn (Davoliūtė) öffnete seit den 1960er-Jahren ein Ventil, doch ging es dabei nicht um antisowjetische Agitation.[76] Kenntnisse über die Heimat zu erlangen, noch dazu in Form von aktivem Tourismus, war ohnehin ganz im Geiste der frühen Strategie des sowjetischen Regimes, seine Staatsbürger zu mobilisieren.[77] Das eigentlich Systemfremde war, dass das Zeitregime der nationalen Kulturen (inklusive der russischen) umgestellt wurde und all das plötzlich als wertvoll galt, was der in die Zukunft weisende (sowjetische) Modernisierungsdiskurs als rückständig verachtete. Hierzu gehörten die dörflichen Traditionen (inklusive vorchristlicher Symbolik), durch deren Wiederbelebung oft genau das in den Fokus geriet, was im Baltikum als Charakteristikum der Nation galt.   

Zugleich konnte die Hinwendung zu nationalen Traditionen explizit auch – im Sinne des Regimes – progressiven Charakter tragen. Der diskursive Kontext der förderwürdigen sozialistischen Nationalkultur führte etwa im Falle des Jazz dazu, dass Entwicklungen in der Estnischen SSR unionsweit dankbar aufgenommen wurden. Während die Geschichte des Jazz in Estland gern in Form eines Widerstands-Narrativs erzählt wird – von den ersten illegalen Jazzfestivals in Tallinn noch im Spätstalinismus bis hin zum legendären Auftritt des US-amerikanischen »Charles Lloyd Trio« im Rahmen des international beachteten Festivals »Tallinn-67« –, konnte Abeßer zeigen, wie sehr gerade estnische Jazzmusiker zur Etablierung einer sowjetischen, d. h. von Vorbildern aus den USA unabhängigen Form des Jazz beitrugen. Allein der Umstand, dass Letztere meist eine Ausbildung am Konservatorium abgeschlossen hatten, besänftigte ideologische Kritiker. Die Orientierung am (estnischen) Swing der 1930er-Jahre und somit das Verständnis des Jazz als »Träger moderner nationaler Traditionen« erwies sich als ideologisch und künstlerisch anschlussfähig.[78]

Es griffe somit zu kurz, die kulturelle Rolle der Estnischen SSR im Unionsverband allein auf deren geografische Lage als Einfallstor westlicher Einflüsse zu beschränken; vielmehr kam es hier aufgrund kultureller Prozesse vor Ort, die ganz im Geiste der Vorstellung vom »Aufblühen« der Nationalkulturen waren, zur Entwicklung neuer »ideas of Sovietness«.[79] Dass gerade die Jugend an den verschiedenen transsowjetischen Subkulturen, wie z. B. den Hippies oder später den Punks, teilhatte, sei hier nur am Rande erwähnt: Auch diese entwickelten neue Ideen des »Sowjetischen« in Form eines Ausklinkens aus den gesellschaftlichen Zwängen, was einem individuellen Kompromiss mit den Bedingungen in der UdSSR gleichkam. Auch diese Subkulturen werden heutzutage vornehmlich als eine Form des »Widerstands« gesehen, obwohl es eher um Widerstand gegen die sozialen Normen ging als um politisch motivierte antisowjetische Aktion.[80]

Die Tallinner Kunstwissenschaftlerin Anu Allas hat von der »spezifischen Spielhaftigkeit des Spätsozialismus« geschrieben, bei der es »im Zusammenspiel mit dem System« darum ging, Grenzen des Mach- und Sagbaren zu verschieben. Zugleich konstatiert sie, dass aufgrund der politischen Lockerungen und technischen Entwicklungen eine strikte Trennung von privater und öffentlicher Sphäre nicht mehr gegeben gewesen sei, weshalb es zunehmend auch einen fließenden, situationsbedingten Übergang zwischen Konformismus und Dissens gegeben habe.[81] Die »zwei Leben« wären somit keineswegs als »echt« vs. »falsch« zu denken, sondern eher als Parallelen mit häufigen Spurwechseln und vielfältigen Verflechtungen. Vom Spiel mit nationalen Symbolen – oder dem Wort »Eesti« auf einem Dach – ging keine Gefahr für das Regime aus. Um die ideologisch motivierte These der in der UdSSR als gelöst geltenden nationalen Frage nicht zu gefährden, taten die Organe gut daran, vereinzelte »nationale Ausfälle«, und sei es an den höchsten Feiertagen des sowjetischen Kalenders, nicht allzu hoch zu hängen. Der KGB füllte derweil seine Listen mit Namen verdächtiger Bürger und führte »prophylaktische« Maßnahmen durch.[82]

 

 

V. Systemkonformer Protest

 

Ob das Jahr 1980 Estland wirklich »erschütterte«, wie Vahters eingangs erwähnter Buchtitel behauptet, sei dahingestellt. Zweifellos aber wurden dem Harmoniedenken der greisen Kremlführung damals die Probleme aufgezeigt. Für den 1978 neu eingesetzten Ersten Sekretär Karl Vaino (geb. 1923), einen weiteren »Russlandesten«, waren Allunionsinteressen wichtiger als die der ESSR, gerade auch in der Sprachenfrage.[83] In einer Zeit, als die lettische Kulturministerin Mirdza Kārkliņa ihre Landsleute öffentlich dafür kritisierte, untereinander nicht Russisch zu sprechen,[84] kam es in der ESSR aufgrund der 1979 anlaufenden verstärkten Propagierung des Russischen, die bereits im Kindergarten einsetzte, zu einer spontanen Gegenreaktion: Bei der Volkszählung ging der Anteil derjenigen Esten, die behaupteten, Russisch zu beherrschen, zurück – von ohnehin schon geringen 29 auf 24 Prozent. In Lettland stieg diese Zahl hingegen von gut 45 auf knapp 57 Prozent und auch in Litauen von knapp 36 auf 52,5 Prozent. Aus offizieller Sicht wurde im estnischen Fall die Notwendigkeit intensiveren Russischunterrichts so jedoch nur bestätigt.[85]

Zugleich verstärkte der Zuzug russischer Arbeitskräfte, die u. a. für den Ausbau der estnischen Hauptstadt Tallinn als Gastgeberin der Segelwettbewerbe im Rahmen der Moskauer Olympischen Sommerspiele notwendig waren, den Eindruck der voranschreitenden »Russifizierung« der Republik. Als im Sommer 1980 die Feiern zum 40. Jahrestag der ESSR nur auf Russisch abgehalten wurden, half es wenig, dass das Programm des aus demselben Anlass gefeierten Liederfestes zur Hälfte aus estnischer und nur zu einem Fünftel aus sowjetischer Musik bestand.[86]

Den Anlass zu den größten Jugendunruhen in der ESSR, auf die eine bemerkenswerte Protestaktion estnischer Intellektueller folgte, gab ein Spiel. Den ganzen olympischen Sommer hindurch hatten TV- und Radiojournalisten miteinander Fußball gespielt. Als Saisonabschluss planten sie aus Spaß, vor Publikum zu spielen. Da in der Pause die damals extrem populäre Pseudopunkband »Propeller« spielen sollte, zog dieses Spiel am 22. September 1980 gut 7000 meist jugendliche Zuschauerinnen und Zuschauer an. Die Behauptung Olaf Osolins, der an der Organisation des Spiels beteiligt war, man habe erst später realisiert, dass es sich beim ausgewählten Tag um den Jahrestag der »Befreiung« Tallinns durch die Rote Armee 1944 gehandelt habe, mag zutreffen. Den offiziellen Stellen, die dieses Spiel im Kadriorg-Stadion zuließen, dürfte dies jedoch nicht verborgen geblieben sein.[87] Als die Zuschauer bereits während des Konzerts in der Pause in den Stadioninnenraum strömten, wurde ein zweiter Auftritt von »Propeller« nach dem Abpfiff versprochen, um sie wieder auf die Tribünen zu bringen. Bei manchen Offiziellen brach jedoch Panik aus – ob des zertretenen Rasens oder der möglichen unkontrollierbaren Zustände nach Beendigung des Konzerts wegen, dürfte von Amt zu Amt unterschiedlich gewesen sein. Das Verbot der After-Show-Party brachte die Jugendlichen aber erst recht in Rage, die sie auf ihrem Weg zurück in das Stadtzentrum auslebten. Für Osolin habe erst die Reaktion der Behörden (»Hexenjagd«) auf eine heruntergerissene sowjetische Fahne, antirussische und antisowjetische Sprechchöre sowie eine zerschlagene Straßenbahnscheibe den Protest zu einer Staatsaffäre werden lassen.[88]

Tatsächlich fehlte dem Regime in erster Linie eine Sprachregelung. Da die Zeitungen in den nächsten Tagen schwiegen, kam es aufgrund von Gerüchten auch in anderen Städten des Landes zu kleineren Protesten. Vermutungen über eine bevorstehende Großaktion versetzten die Organe den ganzen Oktober über in Aufregung. Jugendliche wurden rücksichtslos auf offener Straße verhaftet, verhört und zum Teil auch geschlagen. Ein von Erwachsenen angestiftetes Komplott, das die geltenden Vorstellungen von der Natur des Jugendprotestes bestätigt hätte, konnte indes nicht aufgedeckt werden. »Hooliganismus« war kein antisowjetischer Aufstand, Jugendliche sollten nicht zu Freiheitskämpfern stilisiert werden. So wurde versucht, die Angelegenheit mithilfe prophylaktischer Gespräche mit den Eltern sowie Entlassungen, Verwarnungen und Verweisen für einige wenige Journalisten und Schüler beizulegen.[89]

In der Folge solidarisierten sich jedoch 40 estnische Intellektuelle in einem Brief an das ZK der EKP und die Pravda mit den Jugendlichen. In bester internationalistischer Diktion sprach der Text dieses »Briefes der 40« (»40 kiri«) über die Sprachensituation, kritisierte aber die »Übertreibungen« bei der beabsichtigten Durchsetzung des Russischen und forderte mehr Rücksicht auf die Interessen der Republik.[90] Kopfschmerzen bereitete den Organen nicht so sehr der Inhalt des Briefes, dessen Forderungen kaum über das hinausgingen, was sowjetische Politiker im Lauf der letzten 40 Jahre im Geiste der »Leninʼschen Nationalitätenpolitik« von sich gegeben hatten, sondern dessen Wirkung: Er war über Moskauer Kontakte ins Ausland gelangt und drang nun über die westlichen Radiosender wieder ins Land. Mit Bedacht schickte der KGB Mitarbeiter mit Hochschulabschluss in die Wohnung des bekannten Schriftstellers Jaan Kaplinski (1941–2021), der zu den Initiatoren des Briefes gehörte. Als sie bei ihm ein Manuskript fanden, in dem die Lebensbedingungen in der ESSR kritisiert wurden – selbst das Weißbrot sei zu hart –, ging einer von ihnen sogar in einen Brotladen, um den Autor vom Gegenteil zu überzeugen. Sie beließen Kaplinski auch seine Schreibmaschine, schließlich sei sie das »Hauptarbeitsmittel« des Schriftstellers.[91]

Weder in der Form des Briefes – eine zumindest nicht illegale Eingabe an die Macht – noch in seinem Inhalt lässt sich grundsätzlich etwas Umstürzlerisches entdecken. Aber abgesehen von den Wellen, die er im Westen als Dokument des antisowjetischen Protests schlug, wies er auf die prekäre Balance hin, die eingehalten werden musste, wollte man den Spagat der Förderung von Nationalkulturen unter den Bedingungen des sowjetischen Internationalismus leisten. Am 13. Januar 1981 beschloss das ZK der EKP ein Dokument mit dem sperrigen Titel »Plan der Maßnahmen zur Stärkung der Völkerfreundschaft und der patriotischen Erziehung der Einwohner der Republik für die Jahre 1981–1982«, das u. a. vorsah, endlich ein Estnisch-Lehrbuch für russischsprachige Personen herauszugeben.[92] Was aus der Perspektive des Jahres 1953 wie ein ideales Schema für die gleichberechtige Behandlung der Sprachen anmutet, war in der Situation des Winters 1980/81 ein schwacher Kompromiss bzw. das Äußerste, was das seit Vainos Amtsantritt von Russlandesten und Russen dominierte ZK zugestehen mochte.

Anfang der 1980er-Jahre kam es zu einer Verschärfung der Kontrolle der kulturellen Ausdrucksmöglichkeiten und einer verstärkten »Internationalisierung« der Innenpolitik. Erst mit der von Michail Gorbačev forcierten Ablösung Vainos durch Väino Väljas (geb. 1931), der als Kronprinz Käbins gegolten hatte, aber 1978 auf den Posten des sowjetischen Botschafters in Venezuela »exiliert« worden war, wurde Mitte 1988 eine erneute Wende des Kurses der EKP eingeleitet. Diese ist aber schon als Zugeständnis an die nationalen Bestrebungen im Rahmen der Perestroika zu werten.

 

 

VI. »Eesti« und die Sowjetunion

 

Dem sowjetischen Regime war sehr an »Eesti« gelegen. Zwar wurde »Nationalkommunismus« nicht toleriert, doch war in allen drei Sowjetrepubliken das »Nationale« eine durchaus positiv besetzte Konstante des sowjetischen Experiments.[93] Herzog schlussfolgert hinsichtlich der Estnischen SSR, dass das Nationalbewusstsein der Bevölkerung zu Beginn des 21. Jahrhunderts zum Teil auch ein sowjetisches Erbe sei.[94] Auch die Literaturwissenschaftlerin Epp Annus kommt in ihrem Plädoyer für ein postkoloniales Verständnis der sowjetbaltischen Vergangenheit zu diesem Schluss: »Not only did colonial rule bring forth essentialized forms of local nationalism, it also produced an essentialized understanding of Soviet rule as such – which, indeed, in the Baltics was generally referred to as ›Russian‹ rule: another distancing gesture.«[95]

Wo die Grenzen zwischen gefördertem internationalen und stigmatisiertem »bürgerlichen« Nationalismus lagen, entzieht sich einer allgemeinen Analyse und kann nur situativ entschlüsselt werden. Die Möglichkeiten des »Spiels« waren vielfältig und hatten letztlich großes systemstabilisierendes Potenzial. Immer noch wird in estnischen Darstellungen der Sowjetzeit stets dann, wenn es etwas »Nationales« zu beschreiben gilt – so z. B. das Programm des Tartuer Liederfests von 1969 –, der Begriff des »Wunders« strapaziert. Diese Vorstellung bedeutet jedoch, die Flexibilität der Ideologie zu unterschätzen.[96] Um nicht falsch verstanden zu werden: Der Vorwurf der mangelnden Wachsamkeit gegenüber »bürgerlich-nationalen« Erscheinungen lag stets in der Luft. Alles das, was als systemgefährdend eingestuft werden konnte und womöglich in Kontakt mit dem Ausland stand, wurde nach wie vor sanktioniert. Aber auch hier gilt: Was 1956 noch zu mehrjähriger Lagerhaft selbst für Schuljungen führen konnte – das Verteilen von »antisowjetischen« Flugblättern –, wurde später vergleichsweise mild bestraft. Unter Brežnev scheint es neben dem Faktor des Auslandskontakts auch der Charakter der Forderungen gewesen zu sein, der den Ausschlag für härtere Strafen gab. So z. B. im Falle des »Baltischen Appells« an UNO-Generalsekretär Kurt Waldheim vom 23. August 1979 aus Anlass des 40. Jahrestags des Hitler-Stalin-Pakts, der – im Gegensatz etwa zu dem »Brief der 40« von 1980 – die Forderung nach Unabhängigkeit der baltischen Staaten stellte.[97] Solange jedoch die Union an sich nicht infrage gestellt wurde, konnte die Macht gelassen bleiben.[98]

Ohne weitere Archivstudien ist es für ein abschließendes Urteil zu früh. Solange die Loyalität gewahrt blieb (und sei es auch nur der Anschein der grundsätzlichen Systemtreue), war in der Regel unter Chruščev und Brežnev vieles möglich, was mühelos auch als Grenzüberschreitung hätte sanktioniert werden können. Es blieb die Unsicherheit angesichts der ideologischen Widersprüche – das Risiko bei »nationalen« Aktivitäten blieb so erkennbar. Solange das System, das für ewig gemacht zu sein schien, politisch unangefochten blieb (und es höchstens wirtschaftliche Engpässe immer mehr in die Defensive drängten), dürfte der Nutzen dieser »Spiele« auf vielen Ebenen für Partei und Staat größer gewesen sein als eine Rückkehr zur Repression der Stalinzeit. Einem Schriftsteller wie Kaplinski seine Schreibmaschine zu belassen war trotzdem mehr als nur eine humane Geste junger, studierter KGB-Mitarbeiter. Es war auch ein Bekenntnis zur Möglichkeit einer estnischen Sowjetkultur, zu deren kreativen Köpfen auch ein kritischer Geist wie Kaplinski gehörte – bei allen ideologischen Zweifeln. Am weichen Weißbrot sollte es zumindest nicht liegen.

 


[0] Die Erarbeitung des vorliegenden Aufsatzes wurde vom Projekt IUT 31-6 der Estnischen Wissenschaftsagentur unterstützt. Er entstand im Rahmen des Forschungsnetzwerkes »Legacies of Communism« am ZZF Potsdam. Ich danke Dr. David Feest (Lüneburg) für seine konstruktive Kritik.

[1] Tarmo Vahter: Kommarid said kreepsu! Meeldeavaldaja katusel [Die Kommis kriegten einen Schreck! Ein Demonstrant auf dem Dach], in: Eesti Ekspress Nr. 17 vom 26. April 2016, S. 26; Karsten Brüggemann: Five Letters on a Roof. National Narratives and the Soviet Past in Estonia, in: Igors Gubenko/Deniss Hanovs/Vladislavs Mlahovskis (Hg.): The New Heroes – The Old Victims. Politics of Memory in Russia and the Baltics, Riga 2016, S. 50–59.

[2] Tarmo Vahter: »Karuks istus vangitornis …« 1980 – aasta, mis raputas Eestit [»Karuks saß im Gefängnisturm …« 1980 – das Jahr, das Estland erschütterte], Tallinn 2015; siehe die Rez. von Carol Marmor-Drews: Amnesie und Protest: Das Jahr 1980 im Palimpsest der estnischen Zeitgeschichte, in: Forschungen zur baltischen Geschichte 11 (2016), S. 205–214.

[3] Vahter: Kommarid (Anm. 1), S. 26.

[4] Olev Liivik: Ajaloolane: kiri katusel 1979. aastal oli marginaalne vahejuhtum [Ein Historiker: Die Buchstaben auf dem Dach von 1979 waren ein marginaler Zwischenfall], in: Eesti Ekspress, Nr. 18 vom 4. Mai 2016, S. 35. Siehe die Bildbände Aarne Mesikäpp (Hg.): Tallinn-80 = Tallinn-80. XXII olümpiamängude purjeregatt = The Sailing Regatta of the 22nd Olympic Games = Segelregatta der XXII. Olympischen Spiele, Tallinn 1982, S. 22; Rudolf Pangsepp (Hg.): Nõukogude Eesti = Sovetskaja Ėstonija = Soviet Estonia = Sovjetestland, Tallinn 1985, S. 41.

[5] Das eigene Leben wird durchaus differenzierter erinnert. Siehe Kirsti Jõesalu: The Meaning of »Late Socialism«. Analyzing Estonians’ post-Communist Memory Culture, in: Asia Europe Journal 8 (2010), H. 3, S. 293–303.

[6] Siehe Kaarel Antons/Kalle Voolaid: Eesti spordi lugu [Die Geschichte des estnischen Sports], Tartu 2018, S. 230 (sowjetische Meisterschaften im Modernen Fünfkampf, Moskau 1960); Lembit Koik (Hg.): 100 aastat Eesti raskejõustikku (1888–1988) [100 Jahre estnische Schwerathletik (1888–1988)], Tallinn 1996, S. 247 (finnisch-sowjetestnischer Ringerwettkampf 1959). Bilder von estnischen Sportlern mit dem Aufdruck »Eesti« finden sich auch in Lembit Koik: Sport in Estland, Tallinn 1978, Bildteil Nr. 17 (I. Spartakiade der Völker, Moskau 1980), Nr. 52 (Basketballspiel zwischen der ESSR und den USA, Tallinn 1970).

[7] Yuri Slezkine: The USSR as a Communal Apartment, or How a Socialist State Promoted Ethnic Particularism, in: Slavic Review 53 (1994), H. 2, S. 414–452 (Zitat S. 415); Gerhard Simon: Nationalism and Policy toward the Nationalities in the Soviet Union. From Totalitarian Dictatorship to post-Stalinist Society, Boulder 1991; Ronald G. Suny: The Revenge of the Past. Nationalism, Revolution, and the Collapse of the Soviet Union, Stanford 1993, S. 124–131; Ben Fowkes: The Disintegration of the Soviet Union. A Study in the Rise and Triumph of Nationalism, Basingstoke 1997; Terry Martin: The Affirmative Action Empire. Nation and Nationalism in the Soviet Union, 1923–1939, Ithaca, NY 2001.

[8] Siehe Simon: Nationalism (Anm. 7), S. 20–70; Fowkes: The Disintegration (Anm. 7), S. 46–52.

[9] Siehe Al’bert Bajburin: Sovetskij pasport. Istorija – struktura – praktiki [Der sowjetische Pass. Geschichte – Struktur – Praktiken], St. Petersburg 2017, S. 216–229, 289–314. Zu Stalins essenzialistischem Verständnis der Nation Erik van Ree: Heroes and Merchants. Stalin’s Understanding of National Character, in: Kritika 8 (2007), S. 41–65.

[10] Dies behauptete noch das neue Programm der KPdSU von 1986: Sowjetunion zu neuen Ufern? Dokumente und Materialien. 27. Parteitag der KPdSU März ’86, Düsseldorf 1986, S. 221.

[11] David Feest: Neo-korenizacija in den baltischen Sowjetrepubliken? Die Kommunistische Partei Estlands nach dem Zweiten Weltkrieg, in: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft 54 (2006), S. 263–280; zu Litauen Malte Rolf: Die Nationalisierung der Sowjetunion. Indigenisierungspolitik, nationale Kader und die Entstehung von Dissens in der Litauischen Sowjetrepublik der Ära Brežnev, in: Boris Belge/Martin Deuerlein (Hg.): Goldenes Zeitalter der Stagnation? Perspektiven auf die sowjetische Ordnung der Brežnev-Ära, Tübingen 2014, S. 203–228. Zum Kontext Karsten Brüggemann/Ralph Tuchtenhagen/Anja Wilhelmi (Hg.): Das Baltikum. Eine europäische Region, Bd. 3: Die Staaten Estland, Lettland, Litauen, Stuttgart 2020, S. 357–497 (Beiträge von Olaf Mertelsmann, Geoffrey Swain, Saulius Grybkauskas und Elena Zubkova).

[12] Rez. zu David Feest: Zwangskollektivierung im Baltikum. Die Sowjetisierung des estnischen Dorfes 1944–1953 (= Beiträge zur Geschichte Osteuropas, Bd. 40), Köln/Wien 2007, von Olev Liivik, in: Forschungen zur baltischen Geschichte 3 (2008), S. 312–316, hier S. 316.

[13] Siehe Hans Kruus: Jüriöö ülestõusu ajaloolised käsud tänapäevale [Was der Aufstand in der Georgsnacht an historischen Vorgaben für heute bietet], Moskau 1943; David Feest: Dividing Friend from Foe: Local Soviet Policy and the National Question in the Estonian Socialist Soviet Republic, 1944–53, in: Region. Regional Studies of Russia, Eastern Europe, and Central Asia 6 (2017), H. 1, S. 11–27, hier S. 15 f.

[14] Zu den sowjetischen Legitimationsstrategien siehe David Feest: Estland 1940 – Konstruktionen einer Revolution, in: Detlef Henning (Hg.): Revolution in Nordosteuropa (= Veröffentlichungen des Nordost-Instituts, Bd. 6), Wiesbaden 2011, S. 147–165.

[15] Siehe Feest: Dividing (Anm. 13), S. 19; Elena Zubkova: Pribaltika i Kreml’ [Das Baltikum und der Kreml], 1940–1953, Moskau 2008, S. 43; Tõnu Tannberg: Wie bekämpft man die Waldbrüder? Die baltische Frage im Kreml Ende 1944, in: Forschungen zur baltischen Geschichte 4 (2009), S. 190–209; Olaf Mertelsmann/Aigi Rahi-Tamm: Soviet Mass Violence in Estonia Revisited, in: Journal of Genocide Research 11 (2009), H. 2–3, S. 307–322.

[16] Olaf Mertelsmann/Aigi Rahi-Tamm: Cleansing and Compromise: The Estonian SSR in 1944–1945, in: Cahiers du Monde Russe 49 (2008), H. 2, S. 319–340; Olaf Mertelsmann: Resistance and Accommodation in Postwar Estonia, in: ders.: Everyday Life in Stalinist Estonia (= Tartu Historical Studies, Bd. 2), Frankfurt a.M. 2012, S. 67–85.

[17] Slezkine: The USSR (Anm. 7), S. 418–420; Vilius Ivanauskas: The Projection of the »Blossoming of the Nation« among the Lithuanian Cultural Elite during the Soviet Period, in: Meno istorija i kritika 6 (2010), S. 172–178.

[18] Vieles war unklar: Noch Ende 1945 wurde bei offiziellen Anlässen die Hymne des unabhängigen Estland gespielt, obwohl bereits im Sommer desselben Jahres eine sowjetestnische Hymne eingeführt worden war. Tõnu Tannberg: Eine »elende Stümperei«? Zur Entstehungsgeschichte der Hymne der Estnischen SSR 1944/45, in: Forschungen zur baltischen Geschichte 6 (2011), S. 196–208. In der Litauischen SSR galt die Vorkriegshymne sogar bis 1950. Guntis Šmidchens: The Power of Song. Nonviolent National Culture in the Baltic Singing Revolution, Seattle 2014, S. 141.

[19] Olev Liivik: Campaign against »Bourgeois Nationalism« and Repressions in Estonia, in: Toomas Hiio (Hg.): Estonia since 1944: Reports of the Estonian International Commission for the Investigation of Crimes Against Humanity, Tallinn 2009, S. 113–129.

[20] Siehe Toomas Karjahärm/Helle-Mai Luts: Kultuurigenotsiid Eestis. Kunstnikud ja muusikud 1940–1953 [Kulturgenozid in Estland. Künstler und Musiker 1940–1953], Tallinn 2005, S. 91; siehe Karsten Brüggemann/Andres Kasekamp: »Singing Oneself into a Nation«? Estonian Song Festivals as Rituals of Political Mobilisation, in: Nations and Nationalism 20 (2014), H. 2, S. 259–276. Auch in der Litauischen und der Lettischen SSR fanden frühe Sängerfeste statt: 1946 in Vilnius und 1948 in Riga.

[21] Siehe Laine Randjärv: Loovisiksuse roll Eesti laulupeoliikumises aastatel 1940–1980. Tuudur Vettiku ja Roland Laasmäe epistoloogilise pärandi põhjal [Die Rolle schöpferischer Persönlichkeiten in der Liederfestbewegung Estlands 1940–1980. Auf der Grundlage des epistologischen Nachlasses von Tuudur Vettik und Roland Laasmäe] (= Dissertationes historiae Universitatis Tartuensis 28), Tartu 2013, S. 55 f.

[22] Eesti NSV Ülemnõukogu Presiidiumi esimehe seltsimees Ed. Pälli avakõne XII üldlaulupeol [Die Eröffnungsansprache des Vorsitzenden des Präsidiums des Obersten Sowjets der Estnischen SSR Ed. Päll auf dem XII. Allgemeinen Liederfest], in: XII üldlaulupeo album. Tallinnas 1947 [Album des XII. Allgemeinen Liederfests. Tallinn 1947], Tallinn 1948, S. 5–7.

[23] Karjahärm/Luts: Kultuurigenotsiid (Anm. 20), S. 91.

[24] In Riga war dies auch 1950 noch möglich. Siehe dazu Šmidchens: The Power (Anm. 18), S. 156.

[25] Siehe XII üldlaulupeo album (Anm. 22), Bild vor S. 161. Die Zählung bezog sich auf die zwölf Allgemeinen Liederfeste, die von 1869 bis 1947 stattgefunden hatten.

[26] Siehe Toivo Ojaveski: 130 aastat eesti laulupidusid [130 Jahre estnische Liederfeste], Tallinn 2002, S. 114 f.

[27] Karjahärm/Luts: Kultuurigenotsiid (Anm. 20), S. 93, 134; Randjärv: Loovisiksuse roll (Anm. 21), S. 60.

[28] Siehe Tõnu Tannberg: 1950. aasta märtsipleenumi eel- ja järellugu: »Eesti süüasi« (1949–1952) Moskvast vaadatuna [Die Vor- und Nachgeschichte des Märzplenums 1950: Die »Estnische Sache« (1949–1952) aus der Perspektive Moskaus], in: Tuna (2003), H. 3, S. 120–125; Karjahärm/Luts: Kultuurigenotsiid (Anm. 20), S. 112–123; Olev Liivik: Tagasivaade 1950. aasta märtsipleenumile: Kas venelased ja Venemaa eestlased saavutasid võidu »juunikommunistide« ja »korpuslaste« üle? [Rückblick auf das Märzplenum 1950: Haben die Russen und die Russlandesten über die »Junikommunisten« und »Korps-Leute« gewonnen?], in: Tuna (2010), H. 1, S. 55–69; Zubkova: Pribaltika (Anm. 15), S. 300–319; Jelena Subkowa [Elena Zubkova]: Kaderpolitik und Säuberungen in der KPdSU (1945–1953), in: Hermann Weber/Ulrich Mählert (Hg.): Terror: Stalinistische Parteisäuberungen 1936–1953, Paderborn 1998, S. 187–233.

[29] Siehe Feest: Dividing (Anm. 13), S. 25.

[30] Lõpuni paljastada kodanlikud natsionalistid, eesti rahva kõige kurjemad vaenlased [Die bürgerlichen Nationalisten, die bösesten Feinde des estnischen Volkes, müssen vollständig entlarvt werden], in: Eesti Bolševik (1950), H. 7, S. 2–14, zit. n. Karjahärm/Luts: Kultuurigenotsiid (Anm. 20), S. 358–371, Zitat S. 369.

[31] Karjahärm/Luts: Kultuurigenotsiid (Anm. 20), S. 133–136; Ojaveski: 130 aastat (Anm. 26), S. 124–126. Zu Dunaevskij siehe Matthias Stadelmann: Isaak Dunaevskij – Sänger des Volkes. Eine Karriere unter Stalin (= Beiträge zur Geschichte Osteuropas, Bd. 34), Köln u. a. 2003.

[32] Bericht an Nikita S. Chruščev, 20. Juni 1953, in: Tynu [Tõnu] Tannberg: Politika Moskvy v respublikach Baltii v poslevoennye gody (1944–1956). Issledovanija i dokumenty [Die Politik Moskaus in den Republiken des Baltikums in den Nachkriegsjahren (1944–1956). Untersuchungen und Dokumente], Tartu 2008, S. 312–317; Tõnu Tannberg: Die unbekannte Amnestie. Berijas Rehabilitierungspläne 1953 am Beispiel der Estnischen SSR, in: Olaf Mertelsmann (Hg.): Estland und Russland. Aspekte der Beziehungen beider Länder (= Hamburger Beiträge zur Geschichte des östlichen Europa, Bd. 11), Hamburg 2005, S. 249–273; Zubkova: Pribaltika (Anm. 15), S. 327 f.

[33] T. Kalinnikov u. a.: O nekotorych nedostatkach ideologičeskoj raboty v ėstonskoj partijnoj orgaizacii [Über einige Missstände der ideologischen Arbeit in der estnischen Parteiorganisation], 16. Juli 1956, in: Rossijskij gosudarstvennyj archiv novejšej istorii/Russländisches Staatsarchiv der neueren Geschichte (im Folgenden: RGANI), f. 5, op. 1, d. 59, Bl. 182–188, hier Bl. 184 u. 188.

[34] Tõnu Tannberg: Der Kreml und die baltische Frage 1956, in: Forschungen zur baltischen Geschichte 2 (2007), S. 173–196, hier S. 182 f.; anderswo heißt es, seit 1953 seien junge Universitätsabsolventen »überwiegend« in der ESSR eingesetzt worden. Toomas Karjahärm/Väino Sirk: Kohanemine ja vastupanu. Eesti haritlaskond 1940–1987 [Anpassung und Widerstand. Die Intelligenz Estlands 1940–1987], Tallinn 2007, S. 256.

[35] Siehe William D. Prigge: Bearslayers. The Rise and Fall of the Latvian National Communists, New York 2015; Michael Loader: A Stalinist Purge in the Khrushchev Era? The Latvian Communist Party Purge, 1959–1963, in: Slavonic and East European Review 96 (2018), H. 2, S. 244–282.

[36] Siehe Elena Ju. Zubkova: Vlast’ i razvitie ėtnokonfliktnoj situacii v SSSR 1953–1985 gody [Die Macht und die Entwicklung von ethnischen Konflikten in der UdSSR 1953–1985], in: Otečestvennaja Istorija (2004), H. 4, S. 3–32, hier S. 23–27.

[37] M. Gavrilov: O nacionalističeskich i antisovetskich projavlenijach v pribaltijskich respublikach [Über nationalistische und antisowjetische Erscheinungen in den baltischen Republiken], 27. November 1956, RGANI, f. 5, op. 1, d. 59, Bl. 203–212; Tannberg: Der Kreml (Anm. 34), S. 186–190; Violeta Davoliūtė: The Making and Breaking of Soviet Lithuania. Memory and Modernity in the Wake of War, London 2013, S. 87.

[38] [Zusammenfassung] Erstellt von V. Titov, 9.11.1962, RGANI, f. 5, op. 31, d. 197, Bl. 138.

[39] Amir Weiner: The Empires Pay a Visit. Gulag Returnees, East European Rebellions, and Soviet Frontier Politics, in: Journal of Modern History 78 (2006), H. 2, S. 333–376; Miriam Dobson: Khrushchev’s Cold Summer. Gulag Returnees, Crime, and the Fate of Reform after Stalin, Ithaca 2009. Zu Litauen siehe Davoliūtė: The Making (Anm. 37), S. 91–93.

[40] Siehe Karjahärm/Sirk: Kohanemine (Anm. 34), S. 245.

[41] Viele der Rückkehrer wollten zudem ihre Häuser zurückhaben, wodurch sie »ehrliche Kolchozniki« vertrieben. L[eonid] Lencman [Lentsman]: O sostojanii i merach ulučšenija massovo-političeskoj raboty v respublike [Über den Stand und die Maßnahmen zur Verbesserung der massenpolitischen Arbeit in der Republik], 10. August 1959, RGANI, f. 5, op. 31, d. 123, Bl. 200–207, hier Bl. 202 f. Auch in der Lettischen SSR seien die Amnestierten für mehrere Brandstiftungen verantwortlich und trieben antisowjetische Propaganda. A[rvids] Pel’še: Postanovlenie. Protokol No. 22, 16. [Beschluss. Protokoll Nr. 22, 16], 1. Juli 1960, RGANI, f. 5, op. 31, d. 147, Bl. 67–70, hier Bl. 67 f.; ders.: Postanovlenie. Protokol No. 23, 12. O faktach nacionalističeskich i drugich vraždebnych projavlenij v respublike [Beschluss. Protokoll Nr. 23, 12. Über die Fakten nationalistischer und anderer feindlicher Erscheinungen in der Republik], 8. Juli 1960, ebd., Bl. 72–74.

[42] Siehe Simo Mikkonen: Gefährliche Republiken – Moskaus Medienpolitik im besetzten Baltikum, in: Forschungen zur baltischen Geschichte 5 (2010), S. 184–204.

[43] Gavrilov: O nacionalističeskich i antisovetskich projavlenijach (Anm. 37), Bl. 210. Im Mai 1961 hieß es, die Esten erhielten pro Jahr 160 000 Briefe und mehr als 20 000 Pakete aus dem Ausland. D. Polikarpov u. a.: Spravka o rabote CK KP Ėstonii s intelligencii [Information über die Arbeit des ZK der KP Estlands mit der Intelligenz], Mai 1961, RGANI f. 5, op. 31. d. 171, Bl. 112–140, hier Bl. 117.

[44] Siehe N. Krupin/N. Barsukov: Ob organizatorskij i masso-političeskoj rabote Kaunasskogo gorkoma partii sredi trudjaščichsja goroda [Über die organisatorische und massenpolitische Arbeit des Kaunasser Gorkom der Partei unter den Werktätigen der Stadt], April 1962, RGANI, f. 5, op. 31, d. 197, Bl. 140–148, hier Bl. 145.

[45] Elena Ju. Zubkova: Problemnaja zona: osobennosti sovetizacii respublik Baltii v poslevoennye gody. 1944–1952 [Problemzone: Die Besonderheiten der Sowjetisierung der Republiken des Baltikums in den Nachkriegsjahren. 1944–1952], in: Gennadij Bordjugov/Norie Isii/Takeši Tomita (Hg.): Novyj mir istorii Rossii [Die neue Welt der Geschichte Russlands], Moskau 2001, S.  355–374; dies.: Pribaltika (Anm. 15), S. 15 u. 128.

[46] Elena Zubkova: Das Baltikum als Teil der Sowjetunion, in: Brüggemann/Tuchtenhagen/Wilhelmi (Hg.): Das Baltikum (Anm. 11), S. 465–497, hier S. 468; dies.: Pribaltika (Anm. 15), S. 337; Renal’d Ch. Simonjan: Rossija i strany Baltii [Russland und die Länder des Baltikums], Moskau 2003, S. 46.

[47] Suny: Revenge (Anm. 7), S. 109; Michel Abeßer: Progressiv weil national? Estland und die Neuerfindung des sowjetischen Jazz zwischen 1953 und 1970, in: Jahrbücher für Geschichte Osteuropas 67 (2019), H. 3, S. 424–446, hier S. 426.

[48] Aus russischer Sicht Dmitrij E. Furman: Opyt baltijskich stran i ego značenie dlja Rossii (vvedenie) [Die Erfahrung der baltischen Länder und Bedeutung dieser Erfahrung für Russland (Einleitung)], in: ders./Ėlla G. Zadorožnjuk (Hg.): Strany Baltii i Rossija: Obščestva i gosudarstva [Die Länder des Baltikums und Russland: Gesellschaften und Staaten] (= Publikacija Muzeja i obščestvennogo centra imeni Andreja Sacharova 5), Moskva 2002, S. 3–27; Anne E. Gorsuch: All This is Your World. Soviet Tourism at Home and Abroad After Stalin, Oxford 2011, S. 49–78; zur Tradition Karsten Brüggemann: Licht und Luft des Imperiums. Legitimations- und Repräsentationsstrategien russischer Herrschaft in den Ostseeprovinzen im 19. und frühen 20. Jahrhundert (= Veröffentlichungen des Nordost-Instituts 21), Wiesbaden 2018.

[49] Der später exilierte Schriftsteller Sergej Dovlatov (1941–1990) nannte Tallinn die »am wenigsten sowjetische Stadt des Baltikums«; er verließ sie, als ihn auch hier Zensur und Schreibverbote einholten. Sergej D. Dovlatov: Remeslo [Handwerk], in: ders.: Remeslo. Inostranka [Handwerk. Ausländerin], St. Petersburg 2009, S. 5–158; siehe Simonjan: Rossija (Anm. 46), S. 45.

[50] Siehe Ojaveski: 130 aastat (Anm. 26), S. 147; Randjärv: Loovisiksuse roll (Anm. 21), S. 114.

[51] Ebd., S. 56.

[52] Siehe Ojaveski: 130 aastat (Anm. 26), S. 146–149 u. 160 f.; Seppo Zetterberg: Eesti ajalugu [Geschichte Estlands], Tallinn 2009, S. 574.

[53] Epp Annus: Soviet Postcolonial Studies. A View from the Western Borderlands (= BASEES-Routledge Series on Russian and East European Studies, Bd. 112), London 2018, S. 150–158.

[54] Lencman: O sostojanii (Anm. 41), Bl. 206.

[55] Polikarpov u. a.: Spravka (Anm. 43), Bl. 122–124; siehe Romuald J. Misiunas/Rein Taagepera: The Baltic States. Years of Dependence, 1940–1990, London 1993, S. 151–172.

[56] Martin Mevius: Agents of Moscow. The Hungarian Communist Party and the Origins of Socialist Patriotism, 1941–1953, Oxford 2005, S. 264, hier zit. n. Philipp Herzog: Sozialistische Völkerfreundschaft, nationaler Widerstand oder harmloser Zeitvertreib? Zur politischen Funktion der Volkskunst im sowjetischen Estland (= Soviet and post-Soviet Politics and Society, Bd. 107), Stuttgart 2012, S. 29.

[57] Ebd., S. 100.

[58] Siehe Randjärv: Loovisiksuse roll (Anm. 21), S. 56.

[59] Siehe Karjahärm/Sirk: Kohanemine (Anm. 34), S. 256. Der Einfluss der Russlandesten blieb unter Käbin und seinem ebenfalls in Russland aufgewachsenen Nachfolger Karl Vaino (1978–1988 im Amt) bestehen. Zahlen und Namen ebd., S. 246 f.

[60] Der Unterschied zwischen Russlandesten und in Estland sozialisierten Esten wurde statistisch nicht erfasst.

[61] Alle Angaben in diesem Absatz nach Karjahärm/Sirk: Kohanemine (Anm. 34), S. 234–241.

[62] Odeta Rudling: Der »rustic turn« in der Litauischen SSR: nationaler Konservatismus, ländlicher Raum und die Volkstümlichkeit der litauischen Kultur im Spätsozialismus 1956–1990, in: Forschungen zur baltischen Geschichte 14 (2019), S. 157–188, hier S. 160.

[63] Siehe Herzog: Sozialistische Völkerfreundschaft (Anm. 56), S. 104 f.; Karjahärm/Sirk: Kohanemine (Anm. 34), S. 244 f. Zu Litauen Davoliūtė: The Making (Anm. 37).

[64] Ivanauskas: The Projection (Anm. 17), S. 176.

[65] Zum KGB siehe Edward Cohn: Coercion, Reeducation, and the Prophylactic Chat: Profilaktika and the KGB’s Struggle with Political Unrest in Lithuania, 1953–64, in: Russian Review 76 (2017), H. 2, S. 272–293; ders.: A Soviet Theory of Broken Windows. Prophylactic Policing and the KGB’s Struggle with Political Unrest in the Baltic Republics, in: Kritika 19 (2018), H. 4, S. 769–792.

[66] Rolf: Nationalisierung (Anm. 11), S. 216.

[67] Siehe Simon: Nationalism (Anm. 7), S. 307–315; instruktiv zum sowjetischen Internationalismus: David Brandenberger: Global and Transnational in Form, Soviet in Content: The Changing Semantics of Internationalism in Official Soviet Discourse, 1917–1991, in: The Russian Review 80 (2021), H. 4, S. 562–580.

[68] Pavel Kolář: Der Poststalinismus. Ideologie und Utopie einer Epoche (= Zeithistorische Studien, Bd. 57), Köln u. a. 2016, S. 9; Alexei Yurchak: Everything Was Forever Until It Was No More. The Last Soviet Generation, Princeton 2006.

[69] Karsten Brüggemann: Wie postkolonial ist der Poststalinismus Oder »Let the Hegemon Speak«. Anmerkungen zu zwei Neuerscheinungen, in: Forschungen zur baltischen Geschichte 14 (2019), S. 213–223, hier S. 220.

[70] Kolář: Der Poststalinismus (Anm. 68), S. 69; Karjahärm/Sirk: Kohanemine (Anm. 34), S. 248.

[71] Ebd., S. 264, 268 f.; Aili Aarelaid: Topeltmõtlemise kujunemine sovetiajal [Die Herausbildung des Doppeltdenkens in der Sowjetzeit], in: Akadeemia (2000), H. 4, S. 755–773.

[72] Karjahärm/Sirk: Kohanemine (Anm. 34), S. 269–274 (Zitat S. 272); Marju Lauristin/Peeter Vihalemm: Tartu 1968. Kolmkümmend aastat hiljem [Tartu 1968. 30 Jahre später], in: Looming (1998), H. 9, S. 1386–1398; Magnus Ilmjärv: Die tschechoslowakische Krise und die estnische Gesellschaft, in: Stefan Karner u. a. (Hg.): Prager Frühling. Das internationale Krisenjahr 1968. Beiträge, Köln u. a. 2008, S. 897–908.

[73] Siehe Herzog: Sozialistische Völkerfreundschaft (Anm. 56), S. 183; Šmidchens: The Power (Anm. 18), S. 169–173; Kristin Kuutma: Kultuuriidentiteet, rahvuslus ja muutused laulutraditsioonis [Kulturelle Identität, Nationalismus und Veränderungen in der Liedtradition], in: Mäetagused (1998), H. 7, S. 21–33.

[74] Siehe Herzog: Sozialistische Völkerfreundschaft (Anm. 56), S. 161 u. 166.

[75] Alexander Vari: Introduction. Escaping the Monotony of Everyday Life under Socialism, in: Cathleen M. Giustino/Catherine J. Plum/Alexander Vari (Hg.): Socialist Escapes. Breaking Away from Ideology and Everyday Routine in Eastern Europe, 1945–1989, New York 2013, S. 1–23.

[76] Davoliūtė: The Making (Anm. 37), S. 125–153; Rudling: Der »rustic turn« (Anm. 62). Zur RSFSR siehe Laura J. Olson: Performing Russia. Folk Revival and Russian Identity (= BASEES-Routledge Series on Russian and East European Studies, Bd. 7), New York 2004; Victoria Donovan: »How Well Do You Know Your Krai?« The Kraevedenie Revival and Patriotic Politics in Late Khrushchev-Era Russia, in: Slavic Review 74 (2015), H. 3, S. 464–483; Eva Pluhařová-Grigienė: Im Spannungsfeld von Selling Socialism und heimatlicher Nostalgie: Fotobildbände zur litauischen Küste in den 1960er und 1970er Jahren, in: Forschungen zur baltischen Geschichte 9 (2014), S. 195–214.

[77] Christian Noack: »A Mighty Weapon in the Class War«. Proletarian Values, Tourism and Mass Mobilisation in Stalin’s Time, in: Journal of Modern European History 10 (2012), H. 2, S. 231–254; Diane P. Koenker: Club Club Red: Vacation Travel and the Soviet Dream, Ithaca 2013, S. 53–88.

[78] Abeßer: Progressiv weil national? (Anm. 47), S. 436 f.; siehe Heli Reimann: Conceptualising Jazz as a Cultural Practice in Soviet Estonia, in: Nicholas Gebhardt/Nichole Rustin-Paschal/Tony Whyton (Hg.): The Routledge Companion to Jazz Studies, London 2018, S. 129–138.

[79] Abeßer: Progressiv weil national? (Anm. 47), S. 428; William J. Risch: A Soviet West. Nationhood, Regionalism, and Empire in the Annexed Western Borderlands, in: Nationalities Papers 43 (2015), S. 63–81, hier S. 70.

[80] Siehe Terje Toomistu: The Imaginary Elsewhere of the Hippies in Soviet Estonia, in: Juliane Fürst/Josie McLellan (Hg.): Dropping out of Socialism. The Creation of Alternative Spheres in the Soviet Bloc, Lanham u. a. 2017, S. 41–62; Atko Remmel: Veel kord hipidest ja komsomolist ning mõningatest katsetest piirata roiskuva Lääne mõju Nõukogude noorsoo seas [Noch einmal über die Hippies und den Komsomol sowie über die zahlreichen Versuche, den Einfluss des verrottenden Westens unter der sowjetischen Jugend zu begrenzen], in: Tuna (2014), H. 2, S. 97–102; Christian Werkmeister: Jugendkultur im »punkigsten Land der Welt«. Inoffizielle Musikszenen und staatliche Kulturpolitik in der späten Sowjetunion, 1975–1991 (= Forschungen zur osteuropäischen Geschichte 88), Wiesbaden 2020.

[81] Anu Allas: Spiel der Unsicherheit / Unsicherheit des Spiels. Experimentelle Praktiken in der estnischen Kunst und im estnischen Theater der 1960er Jahre (= Theater 71), Bielefeld 2015, S. 61–63.

[82] Vladimir Pool’: Zampred KGB Ėstonskoj SSR. Žizn’ i služba v specslužbe [Stellvertretender Vorsitzender des KGB der Estnischen SSR. Leben und Dienst im Geheimdienst], Tallinn 2019, S. 219 f.; Mati Graf: Kalevipoja kojutulek. 1978. aasta poliitilisest pööripäevast 1988. aasta Suveräänsusdeklaratsioonini [Die Heimkehr des Kalevipoeg. Von der politischen Wende 1978 bis zur Souveränitätsdeklaration 1988], Tallinn 2008, S. 20–32 u. 119–129.

[83] Ebd., S. 33–49; Vahter: »Karuks« (Anm. 2), S. 70–89.

[84] Misiunas/Taagepera: The Baltic States (Anm. 55), S. 212 f.

[85] Ebd., S. 213; Graf: Kalevipoja kojutulek (Anm. 82), S. 47 f.; Ago Pajur/Tõnu Tannberg (Hg.): Eesti ajalugu VI. Vabadussõjast taasiseseisvuseni [Geschichte Estlands VI. Vom Freiheitskrieg zur Wiederherstellung der Unabhängigkeit], Tartu 2005, S. 311.

[86] Siehe Vahter: »Karuks« (Anm. 2), S. 302; Randjärv: Loovisiksuse roll (Anm. 21), S. 56.

[87] Olaf Osolin: Minu esimene elu [Mein erstes Leben], Tallinn 2020, S. 245.

[88] Ebd., S. 251.

[89] Siehe Vahter: »Karuks« (Anm. 2), S. 328–385.

[90] Sirje Kiin/Rein Ruutsoo/Andres Tarand: 40 kirja lugu [Die Geschichte des Briefs der 40], Tallinn 1990, S. 3–5; Vahter: »Karuks« (Anm. 2), S. 386–407.

[91] Ebd., S. 403 f.

[92] Ebd., S. 456.

[93] Siehe Saulius Grybkauskas: Sowjetlitauen, in: Brüggemann/Tuchtenhagen/Wilhelmi (Hg.): Das Baltikum (Anm. 11), S. 421–465, hier S. 423 f.

[94] Herzog: Sowjetische Völkerfreundschaft (Anm. 56), S. 104 f. So weit wie Davoliūtė: The Making (Anm. 37), S. 69, die Sowjetisierung in Litauen sei vergleichbar mit der Nationalisierung der Zwischenkriegszeit, würde man im Falle der ESSR jedoch nicht gehen wollen.

[95] Annus: Soviet Postcolonialism (Anm. 53), S. 226.

[96] Siehe z. B. Randjärv: Loovisiksuse roll (Anm. 21), S. 61, 63.

[97] Misiunas/Taagepera: The Baltic States (Anm. 55), S. 250–271; Arvo Pesti (Hg.): Dissidentlik liikumine Eestis aastatel 1972–1987. Dokumentide kogumik [Die Dissidentenbewegung in Estland in den Jahren1972–1987. Dokumentensammelband] (= Ad Fontes, Bd. 17), Tallinn 2009; Vahter: »Karuks« (Anm. 2), S. 201–217.

[98] Siehe Randjärv: Loovisiksuse roll (Anm. 21), S. 125.

Copyright:

Eventuell enthaltenes Bildmaterial kann aus urheberrechtlichen Gründen in der Online-Ausgabe des JHK nicht angezeigt werden. Ob dieser Beitrag Bilder enthält, entnehmen Sie bitte dem PDF-Dokument.

Kurzbiografie

Abstract