»Auch Heinrich Wiatrek, Kandidat des ZK der KPD, verübte Parteiverrat. Nachdem er im Mai 1941 in Kopenhagen verhaftet und dann nach Hamburg überführt worden war, machte er vor der Gestapo umfangreiche Aussagen. Die Nazis erhielten dadurch Einblicke in die illegale Tätigkeit der KPD und konnten weitere antifaschistische Widerstandskämpfer verhaften.«[2] Dieser dürftige Satz aus dem fünften Band der unter Leitung von Walter Ulbricht erarbeiteten, 1966 erschienenen »Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung« war auch schon beinahe alles, was man über Heinrich Wiatrek in der DDR erfahren konnte.[3] Die Frage nach dem Wie und Warum dieses »Verrats« hatte in den gängigen Darstellungen über den antifaschistischen Widerstandskampf der KPD keinen Platz.[4] Den ermordeten und überlebenden Widerstandskämpfern wurde nicht zu unrecht gedacht, allerdings gab es bei der Auswahl und Ehrung von Widerstandskämpfern gegen den Nationalsozialismus merkwürdige Irritationen.[5] Das 1972 in Kopenhagen von Carl Madsen herausgegebene Buch »Flüchtling 33«, welches auch ausführlich auf Wiatreks Wirken in Dänemark eingeht, wurde nicht ins Deutsche übersetzt.[6] Im Personenregister jenes Bandes, der weit bis in die siebziger Jahre als Standardwerk der SED zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung für den Zeitraum 1933 bis 1945 galt, wurde bei Wiatrek nur sein Geburtsdatum angegeben. Ein Sterbedatum konnte auch der Mannheimer KPD-Forscher Hermann Weber nicht ermitteln, der 1969 in seinem zweiten Band über die Wandlung des deutschen Kommunismus erstmals biographische Angaben über Wiatrek veröffentlichte.[7] Nicht anders war es Jahre später im Handbuch der deutschsprachigen Emigration.[8] Wer war aber nun dieser Heinrich Wiatrek, der auch heute noch in der wissenschaftlichen Literatur, die sich der Geschichte des deutschen Kommunismus, der Kommunistischen Internationale und des antifaschistischen Widerstandes widmet, auftaucht?[9] Bis heute ist sein Schicksal ungeklärt. Wurde er tatsächlich von den Nazis hingerichtet, starb er während der Haft, oder überlebte er sogar? Grundlage für diese biographische Skizze sind in erster Linie die überlieferten Gestapo- und Justizakten aus der NS-Zeit im Bundesarchiv, umfangreiche Dokumente in der Stiftung Archiv der Parteien und Massenorganisationen der DDR im Bundesarchiv und in anderen Archiven[10] sowie Gespräche mit Angehörigen.[11]
Als fünftes von zehn Kindern wurde Heinrich Wiatrek als Sohn des Eisenbahnbeamten Karl Wiatrek und seiner Frau Johanna Wiatrek geborene Dombrowski am 1. Juli 1897 in Gleiwitz geboren. Sein Vater wie seine Mutter waren Landarbeiter auf einem Rittergut gewesen. Wegen einer Dienstbeschädigung, die er während der Militärzeit erlitten hatte, erhielt der Vater einen Anstellungsschein, wurde Eisenbahnbeamter und siedelte nach Gleiwitz über. Nach der Volksschule, die Heinrich Wiatrek mit guten Ergebnissen abschloß (besonders hatten es ihm die Fächer Geschichte, Geographie, Geometrie und Turnen angetan), begann er als ungelernter Arbeiter seinen Lebensunterhalt zu verdienen, bis er sich im Sommer 1913 freiwillig zur Kaiserlichen Marine meldete. Er wurde am 15. Oktober 1913 eingezogen und in die Schiffsjugenddivision in Mürwik bei Flensburg eingereiht. Er selbst sprach später während seiner Vernehmungen bei der Gestapo von einem harten Dienst, der ihm aber gefiel. Bei Ausbruch des Krieges wurden alle Schiffsjungen zu Matrosen ernannt. Auf dem Linienschiff »Rheinland«, auf dem er seit Sommer 1915 war, nahm er an der Seeschlacht vor dem Skagerrak teil. Anschließend meldete er sich freiwillig zur U-Bootwaffe und war zuletzt Bootsmannsmaat mit 13 »Feindfahrten«. Im Dezember 1918 wurde er aus der Marine entlassen und erhielt das Eiserne Kreuz II. Klasse. Karl Mewis[12], der 1939/40 Leiter der Abschnittsleitung Mitte in Malmö bzw. Stockholm war, berichtete in seinen Memoiren, mit welcher Begeisterung Wiatrek noch 1932/33 – im Fünf-Mann-Zimmer auf der Leninschule in Moskau – über jene Jahre als U-Bootfahrer Begeisterung erzählte.[13]
Nach dem Krieg arbeitete Wiatrek im Eisenbahnausbesserungswerk Gleiwitz; vergeblich bemühte er sich, als Praktikant im Kohlenbergbau eingestellt bzw. als Schüler einer Maschinenbauschule zugelassen zu werden. Auch seinen Wunsch, das Schlosserhandwerk zu erlernen, konnte er wegen des fortgeschrittenen Alters nicht mehr realisieren. So schlug er sich als Gelegenheitsarbeiter oder Vertreter durch, bis er 1927 endgültig arbeitslos wurde. Wegen eines Herzleidens, das er sich als Soldat zugezogen hatte, wurde ihm 1927 eine 80prozentige Rente von etwa 90 RM monatlich bewilligt.
Politisch betätigte sich Wiatrek zunächst nicht, sieht man von seinem Engagement in einem von ihm 1919 mitbegründeten bürgerlichen Sportverein in Gleiwitz ab. Wiatrek nahm als Mitglied dieses Sportvereins an den Abstimmungskämpfen im Rahmen des »Selbstschutzes Oberschlesien« und als Mitglied des »Verbandes heimattreuer Oberschlesier« teil und wurde zweimal von der polnischen Polizei festgenommen. Er war Träger des Orden »Schlesischer Adler« II. Klasse. 1922 trat er in die KPD ein und wurde bald Schriftführer bzw. im Dezember 1924 Leiter der Ortsgruppe Zernik in der Nähe von Gleiwitz. Nach der Eingemeindung seines Heimatortes Zernik in die Stadt Gleiwitz im Jahre 1927 wurde der 30jährige Stadtverordneter und Mitglied des Stadtrats. Die Bezirksleitung zog den politisch wachen Wiatrek des öfteren zu ihren Sitzungen heran. Am 13. 8. 1926 wurde Wiatrek erstmals in Gleiwitz von der Polizei verhört, als man KPD-Druckschriften bei ihm gefunden hatte. Diese hätte ihm, so sagte er aus, der Parteiangestellte Wyschka[14] übergeben, er selbst übe keine Funktion mehr aus.[15] Nachdem er eigenmächtig den Stadtratsposten niederlegte, wurde er aus der Bezirksleitung ausgeschlossen. Ein halbes Jahr später war Wiatrek Kassierer des Roten Frontkämpfer Bundes Gau Oberschlesien, dem er 1925 beigetreten war. Nach einem vierwöchigen Kursus an der Reichsparteischule kehrte er nach Oberschlesien zurück und wurde hauptamtliches Mitglied der KPD-Bezirksleitung Oberschlesien und Kulturobmann.[16] Im Herbst 1929 wurde er als Abgeordneter in den oberschlesischen Provinziallandtag gewählt. Während der innerparteilichen Auseinandersetzungen mit den »Rechten« und den »Versöhnlern« soll er laut Herbert Wehner, der im Juli 1939 für die Kaderabteilung der Komintern eine »Charakteristik« Wiatreks verfaßte, »bei den Versöhnlern gestanden« haben.[17] Von 1930 bis Ende 1932 war er unter Fritz Selbmann[18] bzw. Paul Woytkowski[19] vertretungsweise Orgsekretär bzw. für das Ressort Agitation zuständig.[20] Zusätzlich leitete er die Ortsgruppe des Freidenkerverbandes Gleiwitz. Als er am 20. 10. 1930 wegen des Besitzes der Broschüren »Sowjetstern und Hakenkreuz« sowie »Kommunismus die einzige Rettung«, die bei ihm gefunden wurden, verhört wurde, gab er lediglich zu Protokoll, er lebe von seiner Militärrente (monatlich 94, 20 RM). Zu politischen Fragen verweigerte er jede Aussage. Wegen Differenzen zwischen Wiatrek und dem Bezirkssekretär Woytkowski entschied das Politbüro, Wiatrek aus Gleiwitz abzuziehen und auf die Leninschule nach Moskau zu schicken. Wiatrek fügte sich. Im November 1932 fuhr er unter dem Decknamen »Heinrich Kirsch« über Berlin, Tilsit und Dünaburg nach Moskau zu einem Lehrgang an die Internationale Leninschule. Er meldete sich bei der Leiterin Kirsanowa, bestand die Aufnahmeprüfung und war fast zwei Jahre an der Schule. Im September 1934 wurde Wiatrek von Georg Brückmann[21] (»Kadermüller«) nach Prag zu einem Treffen mit Hans Beimler[22] geschickt. Anschließend reiste er illegal nach Berlin und wurde von den Funktionären der Landesleitung vor die Wahl gestellt, als ZK-Instrukteur in den Bezirk Ruhr oder den Bezirk Niederrhein zu gehen. Wiatrek entschied sich für den Bezirk Niederrhein und kam Ende November 1934 in Düsseldorf an. Zunächst war er zweiter Mann (Org-Leiter), später Polleiter (Deckname »Stefan«).[23] Wiatrek, der u.a. mit Elli Schmidt[24] zusammenarbeitete, hielt enge Kontakte zu Adolf Rembte[25] und Käte Lübeck[26] in Berlin und zu Karl Mewis in Amsterdam. Dort traf er sich Ostern 1935 mit anderen in Deutschland illegal arbeitenden Funktionären und wurde von Franz Dahlem für die aktive Unterstützung der neuen Linie in der Einheitsfront gewonnen. Er erhielt die Aufforderung, sich nach Moskau zu begeben, um dort als Vertreter aus dem Reich Ulbricht und Pieck zu unterstützen. Sein Nachfolger wurde Waldemar Schmidt.[27] Wiatrek reiste von Amsterdam über mehrere skandinavische Länder nach Moskau, wo am 4. Juli 1935 eintraf, und nahm offiziell als Delegierter am VII. Weltkongress und anschließend an der »Brüsseler Konferenz« teil. In den Vorgesprächen der deutschen Delegation prallten noch einmal die gegensätzlichen politischen und persönlichen Haltungen der zwei Fraktionen innerhalb des Politbüros aufeinander. Bis zum Sommer 1934 hatte die Führung der KPD davor zurückgeschreckt, ihre bisherige Politik im Lichte der Niederlage von 1933 kritisch zu überprüfen. Gegen die von der Komintern geforderte Wende hin zu einer Politik der Einheitsfront gab es innerhalb des Politbüros starken Widerstand, der durch die Mitglieder Hermann Schubert, Wilhelm Florin, Fritz Schulte und anfangs auch Franz Dahlem[28] geäußert wurde. Erst nach der ZK-Tagung vom Januar 1935 und der Amsterdamer Konferenz Pfingsten 1935 wurde der neue Kurs eingeläutet.[29] Am Ende der »Brüsseler« Konferenz wurde Wiatrek für ihn völlig überraschend zum Kandidaten des ZK gewählt. Ihm wurde mitgeteilt, er werde nicht nach Deutschland zurückkehren, sondern Referent im mitteleuropäischen Ländersekretariat des EKKI werden. Im November 1935 erhielt er wegen seines Lungenleidens durch die Komintern einen Erholungsplatz auf der Krim. Am Tag der Abreise zur Kur erklärte Anton Ackermann[30] dem erstaunten Wiatrek, er müsse nach seiner Rückkehr die Nachfolge Fritz Schultes als deutscher Parteivertreter in der Komintern übernehmen. Wiatreks Einwände gegen die Übernahme einer solchen Funktion wurden von Ackermann abgetan: »Du wirst das schon schaffen«. Im Januar 1936 begann er als »Fritz Weber« im Apparat der Komintern. In einer Atmosphäre der gegenseitigen Denunziationen übertrug man Wiatrek die Betreuung der deutschen Emigranten im allgemeinen sowie die Betreuung der deutschen Schüler der Westuniversität sowie des deutschen Sektors der Leninschule im besonderen. Im April 1936 hielt er einen Vortrag vor den Schülern des Westuniversität, sprach vor Emigranten in Leningrad, im Herbst 1936 besuchte er eine deutsche Bauernsiedlung in der Ukraine. Mit diesen Aufgaben war er, wie er bei den Vernehmungen durch die Gestapo später selbst aussagte, völlig überfordert. Bereits nach wenigen Monaten wurden Wiatrek einige der Funktionen wieder entzogen. Wiatrek gab später gegenüber der Gestapo an, er sei diesen Aufgaben nicht gewachsen gewesen und sein ungenügender Rückhalt bei den in Moskau weilenden KPD-Spitzenfunktionären habe auch dazu geführt, daß er selbst während der Prozesse 1936/37 als Trotzkist verdächtig wurde. Während einer Parteiversammlung kurz nach dem ersten Schauprozeß standen die Verbindungen der KPD zu Fritz David[31] auf der Tagesordnung. Als Heinrich Wiatrek beteuerte, auch die KPD sei vom »Genossen David« geschickt getäuscht worden, niemand habe geahnt, daß es sich um einen »Volksfeind« gehandelt habe, zog er sich damit den Zorn von Manuilskij zu. Er hatte das Sakrileg begangen, von David als einem »Genossen« zu sprechen. Da half es auch nicht mehr, daß er sich verstört berichtigte und vom »ehemaligen Genossen David« sprach. Er trat auch in anderen Versammlungen dafür ein, man solle erst das Verfahren abwarten, und erregte so Argwohn im Kominternapparat. Trotzdem wurde Wiatrek nicht verhaftet; der schwer Lungenleidende erhielt im Winter 1936/37 erneut eine Kur am Schwarzen Meer. Nach seiner Rückkehr nach Moskau entschied die deutsche Parteiführung, daß er nicht weiter als Parteivertreter bei der Komintern in Moskau arbeiten solle; sein Nachfolger wurde Dengel.[32] Wiatrek erhielt den Auftrag, als Leiter der KPD-Abschnittsleitung Nord nach Kopenhagen zu reisen.
1934 hatte die KPD begonnen, von »Grenzstellen« im benachbarten Ausland aus die illegale Parteiarbeit zu steuern. Ab 1937 wurden dies drei bis vier Personen starke Gruppen eingerichtet, die sogenannten Abschnittsleitungen (A. L.). Die für Norddeutschland zuständige Abschnittsleitung Nord hatte ihren Sitz in Kopenhagen.[33] Ihre Mitglieder fielen nach der Besetzung Dänemarks durch die Wehrmacht nahezu vollzählig in die Hände der Gestapo. Auf Weisung von Ulbricht sollte Wiatrek sich vor allem um Verbindungen ins Reich und weniger um die Emigranten vor Ort kümmern. Wiatrek, der seit 1935 mit Edith Stucke[34], der ehemaligen Frau des 1937 in Moskau verhafteten und später erschossenen Redakteurs der »Roten Fahne«, Friedrich Stucke[35], zusammenlebte, reiste am 23. 3. 1937 aus Moskau ab. Nach seiner Ankunft in Kopenhagen traf er sich mit dem Leiter der Abschnittsleitung Nord, Sepp Schwab (»Louis«)[36]. Die Leitung bestand zu jener Zeit aus Herbert Warnke[37], Paul Helms[38] und Walter Weidauer[39], weitere Mitarbeiter waren Kurt Granzow,[40] Walter Gollmick,[41], Wilhem Wittkowsky[42], der Kurier Wilhelm Boller[43]und der Instrukteur Karl Nieter[44]. Anfang 1938 beschloß das ZK-Sekretariat in Paris, Conrad Blenkle[45] zur Verstärkung der A. L. Nord nach Dänemark zu schicken. Ende Februar traf er in Kopenhagen mit Wiatrek zusammen.
Das Aufgabengebiet der Abschnittsleitung Nord umfaßte das Reichsgebiet von Bremen bis Königsberg sowie die Emigration in den drei skandinavischen Ländern. Unter Leitung von Blenkle und Wiatrek, dem im April 1938 die deutsche Staatsbürgerschaft aberkannt worden war, wurde die Arbeit wegen des Fehlens ausreichender Verbindungen vor allem auf die wichtigsten deutschen Hafenstädte konzentriert. So wurde alles darangesetzt, die Instrukteursreisen nach Hamburg, Stettin, Danzig und Lübeck weiter abzusichern, um auf diesem Weg Informationen über die Stimmung in den Betrieben zu erhalten.[46] Für Hamburg waren zuletzt drei Instrukteure zuständig: Artur Mannbar[47], Karl Nieter und Waldemar Verner[48]. Für ihre Anleitung war Paul Helms verantwortlich. Die unreglmäßig erscheinende »Norddeutsche Tribüne« sowie zahlreiche Flugblätter und illegale Druckschriften gelangten durch Kuriere und skandinavische Seeleute ins Reich. Im August 1939 erlebte Wiatrek in Kopenhagen die völlige Verwirrung unter den deutschen kommunistischen Emigranten wegen des Hitler-Stalin-Paktes. Mit einigen seiner Mitarbeiter verfaßte er eine Stellungnahme, die den Freundschaftspakt begrüßte und sich gegen den »englisch-französischen Imperialismus« als Angreifer wandte. Nach Ausbruch des Krieges lehnte Wiatrek die Aufforderung von Mewis, der Leiter der Abschnittsleitung Zentrum war, nach Stockholm zu kommen und mit ihm gemeinsam nach Moskau zu fahren, ab. Die Abschnittsleitung Nord hatte wegen der durch den Kriegsausbruch und die Auswirkungen des Hitler-Stalin-Paktes entstandenen Irritationen ihre Arbeit vorläufig eingestellt. Anfang Dezember 1939 beriet die KPD-Führung in Moskau über die Möglichkeiten, unter Kriegsbedingungen die kommunistische Widerstandsarbeit in Deutschland anzuleiten. Es wurde beschlossen, die Abschnittsleitungen aufzulösen und in Stockholm eine Auslandsleitung zu schaffen. Mitte Januar 1940 fuhr Wiatrek mit Blenkle zu Mewis nach Stockholm, der aus Moskau die neuen Weisungen und die »politische Plattform« mitgebracht hatte. Man beriet über die Anweisung, daß auch in Kopenhagen eine Auslandsleitung zu bilden sei, der Mewis, Wiatrek und Wehner angehören sollten. Am 18. Januar 1940 kehrte Wiatrek nach Kopenhagen zurück; er traf sich mit den Instrukteuren und beriet mit ihnen die neue Situation. Zahlreiche weitere Mitarbeiter entband er von ihren unmittelbaren Aufgaben. Mit Blenkle, Helms, Nieter, Mannbar und Verner verblieb er in regelmäßigem Kontakt und gab Informationsblätter heraus, die sie auf der Grundlage von Sendungen des Moskauer Rundfunks und von Kominternzeitschriften zusammenstellten. Im Frühjahr 1940 erhielt er durch den dänischen KP-Vorsitzenden Larsen einen von Pieck stammenden Brief, der die Weisung enthielt, daß Mewis zur Verstärkung der illegalen Arbeit im Reich nach Berlin und Wiatrek nach Hamburg gehen sollte. Ob Richard Stahlmann[49] im November 1940 tatsächlich nach Stockholm entsandt wurde, um Wiatrek abzulösen, der wegen »defätistischen Verhaltens« von seinem Amt entbunden werden sollte, wie Mammach behauptet,[50] ist nicht belegt. Sicher ist, daß weder Wiatrek noch Mewis oder Wehner ins Reich fuhren. Einer erneuten Aufforderung, nach Stockholm zu kommen, folgte Wiatrek nicht. Ostern 1941 erhielt er schließlich die Weisung, die gesamte Arbeit einzustellen. Dies war eine Folge der sowjetischen Politik im Zusammenhang mit dem Hitler-Stalin-Pakt, jegliche gegnerische Arbeit gegenüber Hitlerdeutschland einzustellen.
Der Gestapo, insbesondere ihren Staatspolizeistellen in Kiel und in Stettin, war es in den Jahren 1936 bis 1938 mehrfach gelungen, Verbindungen der A. L. Nord ins Reich aufzudecken. Die Staatspolizeistelle Königsberg war durch V-Leute über die von Stockholm nach Königsberg ausgehenden Versuche informiert und überwachte sie ständig. Erst nach der Besetzung Dänemarks änderte sich dies. In Zusammenarbeit mit der dänischen Polizei wurde der Instrukteur Arthur Mannbar festgenommen und legte »nach längerem Leugnen ein Geständnis ab«.[51] Auch die im Frühjahr 1940 von Karl Mewis über Kopenhagen nach Deutschland entsandten Instrukteure Arthur Emmerlich[52] und Rudolf Hallmeyer[53], die den Auftrag hatten, alte Verbindungen zu aktivieren und isoliert voneinander operierende Gruppen zu einer festen Organisation zusammenzufassen, waren bereits ins Fahndungsnetz der Gestapo geraten. Hallmeyer, der Ende Juni 1940 mit einem dänischen Dampfer in Stettin ankam und ohne Zwischenfälle nach Berlin gelangte, wurde nach knapp achtwöchiger Arbeit Ende August 1940 verhaftet. Weitere von Mewis und Wiatrek nach Deutschland entsandte Instrukteure wie Johannes Müller[54] und Heinrich Schmeer[55] wurden verhaftet. Mittels systematischer Überwachung und mit Hilfe von V-Leuten, war es der Gestapo gelungen, tief in das Netz der A. L. Nord einzudringen. So war Karl Köhler, ein Kontaktmann der drei Instrukteure der A. L. Nord, von der Gestapo zur Zusammenarbeit erpreßt worden. Im Abschlußbericht der Gestapo über die A. L. Nord heißt es: » ... im Laufe des Jahres 1941 konnte dann die A. L. Nord in ihrer organisatorischen Zusammensetzung aufgerollt werden und ein großer Teil der Funktionäre festgenommen werden. Insgesamt wurden festgenommen: 13 Funktionäre der A. L. Nord, darunter der Abschnittsleiter, sowie der 2. und 3. Mann der Leitung. 19 Funktionäre und Mitglieder der Kopenhagener Parteigruppe (Parteiemigration). 23 Verbindungsleute oder diesem Kreis angehörende Personen.«[56] Während eines Treffens mit Helms und Nieter wurde Wiatrek am 19. Mai. 1941 in Kopenhagen verhaftet und wenig später zur Gestapo nach Hamburg überführt. Der Instrukteur der A. L. Nord Karl Köhler (»Kalli«) war mit der Gestapo nach Kopenhagen gefahren und hatte sie zum Treff geführt.
Wie es in der Folgezeit dazu kam, daß der einstige Spitzenfunktionär der KPD zu einer der wichtigsten Auskunftspersonen für die Hamburger Gestapo wurde, kann nicht restlos aufgeklärt werden. Die ausgewerteten Vernehmungsprotokolle von Wiatrek sind reine »Ergebnisprotokolle«, sie enthalten in der Regel nichts über die Bedingungen, unter denen das Verhör geführt wurde und die Methoden, mit denen die Gestapo arbeitete (Drohungen, Erpressung, Mißhandlungen, aber auch Versprechungen). Auch sagen diese Protokolle, die den Festgenommenen später vorgehalten wurden,[57] nichts über den Wissenstand der Gestapo aus. Daß Wiatrek aufgrund des detaillierten Wissens der Gestapo über seine Tätigkeit an der Spitze der A. L. Nord jeglichen Widerstand aufgab und zusammenbrach, kann nur vermutet werden. Auch wenn er gegenüber seiner Schwester später behauptete, er sei nicht geschlagen worden, dürfte davon auszugehen sein, daß die Gestapo Wiatrek bei seiner Verhaftung in Kopenhagen mißhandelt hat.[58] Die Motive, die Wiatrek dazu veranlaßt haben, vor der Gestapo nicht nur auszusagen, sondern systematisch alle ihm bekannten Vorgänge zu benennen und Personen auszuliefern, waren sicher vielschichtig. Wiatrek war nicht in der Lage, im einzelnen zu unterscheiden, was die Gestapo wirklich wußte, was sie ahnte und was sie zu wissen vorgab. Auch wenn das nationalsozialistische Regime im Sommer 1941 auf dem Höhepunkt seiner Macht stand, Wiatrek aufgrund seiner persönlichen Erlebnisse in der Sowjetunion desillusioniert war, die Meinungsverschiedenheiten zwischen ihm und der Moskauer Zentrale sowie Mewis nachwirkten, kann nicht davon ausgegangen werden, daß er unmittelbar nach seiner Verhaftung ohne Druck anfing auszusagen. Wiatrek wurde wie andere Häftlinge zunächst einer »verschärften Vernehmung« unterzogen, das heißt gefoltert. Sechs Tage nach seiner Verhaftung wurde er von Kopenhagen nach Hamburg gebracht und von Gestapomitarbeitern in Empfang genommen, die, so schilderten nach 1945 überlebende Häftlinge, ihre Arbeit äußerst brutal versahen. Einer von ihnen war der Kriminal-Sekretär und SS-Untersturmführer Heinrich Teege. Der 1905 in Hamburg-Altona als Sohn eines Seemanns geborene Teege hatte nach der Volksschule Maschinenschlosser gelernt und sich 1924 zur Ordnungspolizei gemeldet, wo er bis April 1933 im Straßendienst war. Am 6. 4. 1933 wurde er zur Gestapo kommandiert, 1936 in das Beamtenverhältnis übernommen. Am 1. 5. 1937 trat er in die NSDAP ein.[59] Teege, der hauptsächlich Angelegenheiten der KPD bearbeitete, hatte sich wegen seiner Mißhandlungen einen besonderen Ruf erworben. 1935 wurde er offiziell Sachbearbeiter in der Abteilung IIA1 (IV1a1), Sachgebiet: »Bekämpfung des Kommunismus«. Ausgerüstet mit einem Stab von Mitarbeitern und umfassenden Informationen bearbeitete er hauptsächlich die dänische Emigration und Kominternfragen.[60] In welcher Verfassung Wiatrek Teege übergeben wurde, ist nicht bekannt; auszugehen ist aber davon, daß er körperlich und seelisch gebrochen war. Vermutlich versuchte der schwer kranke Wiatrek, der mehrere Blutstürze erlitten hatte, zunächst noch auf Zeit zu spielen, bekundete wie viele andere »Reue« und behauptete, sich längst innerlich vom Kommunismus abgewandt zu haben. Als ihm dann jedoch immer klarer bewußt wurde, wie aussichtslos seine Lage war, brach er zusammen. Die detaillierten Aussagen begannen Mitte September 1941, also erst mehrere Monate nach seiner Verhaftung. Teege, der durch intensive Beobachtung und durch V-Leute ein beachtliches Wissen über die Tätigkeit der A. L. Nord zusammengetragen hatte, fand in der Folgezeit Mittel und Wege, Wiatrek zu Aussagen über Vorgänge und Personen zu bewegen, so daß er im September 1943 einen detaillierten Abschlußbericht über die Abschnittsleitung Nord vorlegen konnte. Wiatrek wurde zu den Verhören aus dem Polizeigefängnis in Fuhlsbüttel in das Stadthaus, den Sitz der Hamburger Gestapo überführt und von Teege intensiv befragt. Mitte September 1941 beginnen also die Berichte über seinen persönlichen Werdegang, seine Aktivitäten innerhalb der KPD in Oberschlesien. Er berichtete über den Verlauf des VII. Weltkongresses und über die »Brüsseler Konferenz« sowie seine Tätigkeit als deutscher Vertreter bei der Komintern. Im Oktober 1941 sagte er zur Tätigkeit und zur personellen Zusammensetzung der Abschnittsleitung Nord wie auch über die personelle Zusammensetzung des ZK-Sekretariat in Paris bzw. in Moskau aus. Anfang November schilderte er sehr detailliert den Verlauf der »Berner Konferenz«, zu der er am 27. 1. 1939 von Kopenhagen mit dem Flugzeug direkt nach Paris geflogen war, von wo er nach einem Treffen mit Mewis und Emmerlich gemeinsam zum Tagungsort nach Draveil südlich von Paris gebracht wurde. Wiatrek berichtete ähnlich wie Knöchel der Gestapo sehr genau, wer aus Moskau und wer aus den anderen Emigrationsländern zur Konferenz angereist war. So war der Gestapo bekannt, daß nach Pieck als erster Diskussionsredner Paul Krautter[61] von der Abschnittsleitung Zentrum aus Amsterdam gesprochen hatte und wer auf der »Berner Konferenz« 1939 in das ZK gewählt worden war. Wiatrek zählte sie alle auf, einige auch mit Decknamen: Wilhelm Pieck, Wilhelm Florin, Herbert Wehner, Walter Ulbricht, Kunert, Philipp Dengel, Paul Merker (»Fuchs«), Franz Dahlem, Paul Bertz (»Helm«), Gerhart Eisler (»Gross«), Anton Ackermann, Irene Gärtner, Ernst Reinhardt, Johann Koplenig, Siegfried Rädel (»Friedrich«), Karl Mewis (»Arndt«), Wilhem Knöchel (»Alfred Schröder«), Heinrich Wiatrek (»Fritz Weber«). Wiatrek führte aus, daß seiner Erinnerung nach aus dem ZK der »Brüsseler Konferenz« Herman Nuding, Willi Münzenberg, Doberer und Heinrich Meyer ausgeschieden seien. Ob Josef Schwab, sein Vorgänger in der Leitung der A. L. Nord in das ZK gewählt worden oder ausgeschieden war, konnte er sich nicht entsinnen. Seiner Erinnerung nach hätten Florin, Wehner, Ulbricht, Kunert und Dengel nicht an der Konferenz teilgenommen, seien aber in Abwesenheit in das ZK gewählt worden.[62]
Ende November 1942 fertigte Teege für den bevorstehenden Prozeß vor dem Volksgerichtshof den Schlußbericht an, in dem es heißt: »[...] Wiatrek ist ein Mann, der von der kommunistischen Idee überzeugt war und aus dieser Überzeugung heraus gehandelt hat. Er hat nach seiner Festnahme nie geleugnet, sondern von Anfang an für seine Tat eingestanden. Nur weigerte er sich, etwas über seine Mitarbeiter zu sagen. Bald nach seiner Festnahme ist Wiatrek nach Hamburg übergeführt worden und einige Wochen später zu der Überzeugung gebracht worden, daß es nicht im Interesse Deutschlands liegt, wenn der Kommunismus zur Macht gelangt. Als dann am 22. Juni 1941 der Krieg mit der SU ausbrach, bekannte er sich als Deutscher und versprach, alles tun zu wollen, um die illegale kommunistische Tätigkeit aufzudecken und die Weiterarbeit gegen das Reich zu verhindern. Es hat sich im Laufe der vergangenen 18 Monate, die Wiatrek hier nunmehr einsitzt, herausgestellt, daß es sich nicht um ein Lippenbekenntnis gehandelt hat, sondern um ehrliche Überzeugung. Zweimal fuhr Wiatrek mit uns nach Kopenhagen und ermöglichte die Festnahmen von Nieter, Helms und Blenkle. Es ist in erster Linie sein Verdienst, daß der Kopenhagener Apparat zerschlagen werden konnte und damit von dieser Seite eine Arbeit gegen das Reich unterbunden worden ist. Wiatrek hat ferner die hier einsitzenden Funktionäre beeinflußt, wahrheitsgemäße Angaben zu machen und hat durch seine Aussagen über illegal tätige Funktionäre der KPD und der Komintern überaus wertvolles Material geliefert. [...] Nach meinem Ermessen wird Wiatrek mit einem Todesurteil rechnen müssen. Vielleicht mildert sein Verhalten das Urteil oder gibt die Möglichkeit einer Begnadigung.«
Bevor sein eigener Prozeß vor dem Volksgerichtshof stattfand, wurde Wiatrek als Zeuge der Anklage zu den Prozessen u. a. gegen Willi Grünert[63], Wilhelm Wittkowsky, Ernst Sasse[64] und Walter Weidauer[65] geladen. Überliefert sind Aussagen überlebender Häftlinge, die nach 1945 über Wiatreks Gestapomitarbeit informierten. So berichtete Willi Grünert im Oktober 1945 in Hamburg über das »Verhalten einiger Genossen« während seines Hochverratsprozesses vor dem Volksgerichtshof 1942 und gab an, Heinrich Wiatrek, Walter Weidauer, Paul Helms, Conrad Blenkle und Lothar Hofmann seien als Zeugen der Anklage aufgetreten und hätten ihn durch Aussagen belastet. Einige hätten ihn zuvor versucht zu überreden, mit der Gestapo zusammenzuarbeiten. Ob tatsächlich alle von Grünert genannten KPD-Funktionäre unterschiedslos als Belastungszeugen der Anklage bezeichnet werden können, soll hier nicht weiter untersucht werden. Tatsache ist, daß die Gestapo ihre Häftlinge als Zeugen der Anklage zur Verfügung stellte, ob diese das wollten oder nicht. Lothar Hofmann,[66] ein enger Mitarbeiter Wiatreks, war ebenfalls am 19. Mai 1941 in Kopenhagen verhaftet und im Januar 1943 zum Tode verurteilt worden. Er wurde aber nicht hingerichtet, sondern stand der Hamburger Gestapo bei der Rekonstruktion ihrer bei einem Luftangriff im Juli 1943 zerstörten Personen- und Suchkartei zur Verfügung und überlebte. Hofmann, der sich nach der Befreiung nun selbst Vorwürfen der Kapitulation und des Verrats ausgesetzt sah, berichtete Ende Februar 1946 ausführlich über den Verrat seines ehemaligen Leiters Heinrich Wiatrek. Ihm gegenüber soll Wiatrek geäußert haben, er kämpfe um seinen Kopf und sei deswegen zur Zusammenarbeit bereit. Auch bestätigte Hofmann Wiatreks Fahrten mit der Gestapo nach Kopenhagen und dessen Mithilfe bei der Festnahme von Karl Nieter im Juli, von Paul Helms im Oktober und Conrad Blenkle im Dezember 1941.
Im Januar 1943 wurde Wiatrek ausführlich über den Besuch der Leninschule befragt, wobei er sehr detailliert über den Ablauf des Unterrichts und die Kursanten berichtete. Eingehend verhörte man ihn auch zu seiner Tätigkeit als Leiter der illegalen KPD-BL Niederrhein in Düsseldorf. Die Untersuchungen waren im Frühjahr 1943 soweit abgeschlossen, daß man Anfang Mai 1943 Wiatrek von Hamburg nach Berlin zum Prozeß vor dem Volksgerichtshof überführte. Er kam in die Untersuchungshaftanstalt beim Kriminalgericht Berlin Alt-Moabit. Am 17. Mai 1943 begann vor dem 1. Senat des Volksgerichtshof in Berlin der Prozeß gegen Heinrich Wiatrek. Vorsitzender Richter war der Oberlandesgerichtsrat Dr. Franz Illner. Beisitzende Richter waren der Landesgerichtsdirektor Stier, SA-Brigadeführer Hauer, Kreisleiter Reinecke und SS-Oberführer Tscharmann.[67] Der Vertreter des Oberreichsanwalts beim Volksgerichtshof, der Erste Staatsanwalt Wittmann, beantragte die Todesstrafe wegen »Vorbereitung zum Hochverrat und Feindbegünstigung«. Der Pflichtverteidiger, der Rechtsanwalt Ahlsdorf aus Berlin-Lichterfelde-Ost, beantragte eine Verurteilung auf der Grundlage des § 83, 91 6 zu lebenslangem Zuchthaus. Nach dem letzten Wort des Angeklagten lautete das Urteil: »Der Angeklage Heinrich Wiatrek hat vom Jahre 1934 bis Mai 1941 im Inland und auch vom sicheren Hinterhalt des Auslands kommunistische Wühlarbeit geleistet und hierdurch den Hochverrat gegen das Reich organisatorisch und agitatorisch vorbereitet. Durch seine Betätigung nach Ausbruch des Krieges hat er auch den Feind des Reiches begünstigt. Er wird daher zum Tode verurteilt.«[68]
Es ist nicht überliefert, ob es bereits vorher eine Absprache zwischen höchsten Gestapo- und Justizstellen gab, die Vollstreckung des Todesurteils auszusetzen. Überliefert sind diverse Schriftsätze der Hamburger Gestapo an das Reichsjustizministerium. Am 8. Juni 1943 reichte der Rechtsanwalt Ahlsdorff ein Gnadengesuch an den Oberreichsanwalt beim Volksgerichtshof ein. Bereits einen Tag vorher hatte der Vorstand der Untersuchungshaftanstalt beim Kriminalgericht Berlin Alt-Moabit an den Oberreichsanwalt geschrieben. »Der am 17. 5. 43 wegen Vorbereitung zum Hochverrat u.a. zum Tode verurteilte Metallarbeiter Heinrich Wiatrek, 46 Jahre alt, ledig, angeblich nicht vorbestraft, saß vom 8. bis 17. 5. 43 hier in Untersuchungshaft ein. Seine Führung und sein Fleiß gaben in dieser kurzen Zeit zur Beanstandung keinen Anlaß. Er machte auch kein Hehl daraus, daß er nur kommunistisch denken konnte und auch entsprechend geschult wurde. Sein Unrecht sieht er ein, auch daß er eine andere Strafe nicht verdient hat. Die erste Erleichterung will er gehabt haben, als er im Polizeigefängnis Fuhlsbüttel erstmalig sein Herz ausschütten konnte. Von da ab will er erst den Einblick in das schönere Deutschland gewonnen haben. Jetzt steht er beschämt da und bedauert, daß er nicht eher sehend wurde. Das Urteil nahm er gefaßt auf. Obwohl er keine Gnade verdient, will er ein entsprechendes Gesuch einreichen. Hier sind Gnadengründe nicht in Erscheinung getreten.«[69]
Nachdem bereits der SS-Sturmbannführer Lindow beim Reichsanwalt Barnickel in Sachen Wiatrek vorstellig geworden war, wandte sich die Berliner Gestapozentrale Ende August 1943 an den Oberreichsanwalt und befürwortete eine Begnadigung Wiatreks. In vier Punkten begründete die Gestapo ihren Antrag.
»1. Wiatrek war Vertreter der Kommunistischen Partei Deutschlands in Moskau und stand mit dem Sekretariat des ZK der KPD in Paris in ständiger Verbindung. Seine Kenntnisse in sachlicher und personeller Hinsicht sind umfassend. W. hat durch sein offenes Geständnis und durch die Beeinflussung später festgenommener Funktionäre der KPD die Aufrollung und Lahmlegung der in den Nordstaaten befindlichen Zentren der illegalen KPD unterstützt.
2. Er hat im Auftrage der hiesigen Dienststelle wiederholt grundlegende Ausarbeitungen gefertigt, die für taktische und technische staatspolizeiliche Maßnahmen zur Grundlage genommen werden konnten.
3. Wiatrek ist wiederholt als Auskunftsperson benutzt worden. Als solche wird er in der Folgezeit weiterhin Dienste leisten müssen.
4. In besonderen Vorhaben – auch propagandistischer Art – wird Wiatrek von hier zur Mitarbeit herangezogen. Seine Kenntnisse und seine Willigkeit, die er selbst als eine »Umstellung« bezeichnet, lassen ihn brauchbar erscheinen.«[70]
Abschließend wurde festgestellt, daß der Antrag auf reinen Zweckmäßigkeitserwägungen beruhe und im Falle einer Umwandlung der Todesstrafe der Vollzug der weiteren Haft der Hamburger Dienststelle zu übertragen sei. Wiatrek sollte in einem Konzentrationslager untergebracht werden, wo er zur ständigen Verfügung stehe.[71] Schließlich entschied der Reichsjustizminister Thierak am 6. 10. 1943, von dem Begnadigungsrecht keinen Gebrauch zu machen, informierte aber den Oberreichsanwalt, die Vollstreckung des Todesurteils auf sechs Monate aussetzen und Wiatrek der Gestapo Hamburg zur Verfügung zu stellen. Tatsächlich wurde er am 29. 10. 1943 vom Zuchthaus Brandenburg-Görden, wohin er nach der Urteilsverkündung gebracht worden war, nach Hamburg überführt. Ende März und Ende Oktober 1944 wandte sich die Hamburger Gestapo erneut an den Oberreichsanwalt mit der Bitte, die Vollstreckung der Todesstrafe an Wiatrek um weitere 6 oder 12 Monate auszusetzen und ihn zur Verfügung der Gestapo-Dienststelle im Zuchthaus Hamburg-Fuhlsbüttel zu belassen. Wörtlich hieß es in dem Schreiben: »Wiatrek hat gehalten, was von ihm erwartet wurde. Nicht nur, daß der Inhalt des anliegenden, dem RSHA erstatteten Berichts zum größten Teil von Wiatrek stammt, sind ihm zur Zeit wichtige Arbeiten übertragen worden, denen im Hinblick auf das durch Feindeinwirkung zerstörte Aktenmaterial besondere Bedeutung zukommt. Auch ist es ihm, wie in früheren Fällen, in letzter Zeit wieder gelungen, einige festgenommene Funktionäre zum Reden zu bringen und wertvolle Aussagen zu erlangen. Ich bitte zu erwägen, ob in absehbarer Zeit eine Umwandlung der Todesstrafe in eine Zuchthausstrafe erfolgen kann. ... So sei es mit seiner Hilfe gelungen, weitere Inhaftierte zu Aussagen zu bewegen z. B. Jungclas. »Wenn sich herumspricht daß W. begnadigt wird, dann hat das Auswirkungen auf andere Festgenommene.«[72]
Im November 1944 forderte Thierack einen Bericht über den Stand des Verfahrens und entschied am 16. Dezember, daß die Vollstreckung des Todesurteils auf weitere sechs Monate ausgesetzt wurde. Anfang Februar 1945 wurde Wiatrek von Hamburg-Fuhlsbüttel in die Untersuchungshaftanstalt Hamburg-Stadt überführt. Der Oberreichsanwalt beim Volksgerichtshof wies am 8. 2. 1945 den Vorstand der Haftanstalt entsprechend einer Anregung der Staatspolizeileitstelle Hamburg an, die Entfesselung der dort einsitzenden zum Tode verurteilten Lothar Hofmann, Paul Helms und Heinrich Wiatrek vorzunehmen.
Noch am 26. 2. 1945 erkundigte sich die Berliner Gestapozentrale beim Volksgerichtshof, wie in der Angelegenheit Wiatrek weiterhin entschieden werde. Handschriftlich wurde vermerkt, daß der Reichsminister der Justiz durch Beschluß vom 16. September 1944 die Vollstreckung des Todesurteils auf weitere 6 Monate ausgesetzt hatte. Letzte Eintragungen stammen vom 15. März, vom 3. April und vom 18. April 1945. Am 23. April 1945 ordnete der Generalstaatsanwalt beim Hanseatischen Oberlandesgericht die Überstellung der in der Untersuchungshaftanstalt Hamburg einsitzenden Ludwig Riess[73], Willi Reimers[74] und Heinrich Wiatrek an die Gestapo Hamburg an.[75] Überliefert ist, daß Wiatrek, Paul Helms, Lothar Hofmann und Ludwig Riess von der Gestapo 150,- Mark »Entlassungsgeld« erhalten haben sollen. Dieser als »Fluchtgeld« bezeichnete Betrag sollte ihnen helfen, sich der Verhaftung durch die Engländer zu entziehen.[76] Wo genau sich Heinrich Wiatrek in den Tagen nach dem Einmarsch der britischen Truppen in Hamburg aufhielt und wie er sich verhielt, ist nicht überliefert. Es ist anzunehmen, daß der Schwerkranke einfach untergetaucht ist. Mitte Juni 1945 kam sein Neffe Heinz Polewka aus britischer Kriegsgefangenschaft nach Hamburg. Er erkundigte sich beim Einwohnermeldeamt nach dem Aufenthaltsort seines Onkels. Er fand ihn schwer krank bei einem ehemaligen Mithäftling und versprach ihm, sich um ihn zu kümmern. Nachdem Polewka in Gifhorn Arbeit gefunden hatte, bemühte er sich, seinen Onkel Heinrich Wiatrek zu sich zu holen. Für Wiatrek war der weitere Aufenthalt in Hamburg nun gefährlich geworden; überliefert sind Berichte, innerhalb der KZ-Häftlingsbetreuungstelle in Hamburg habe es Stimmen gegeben wie »der Wiatrek soll sich hier nicht blicken lassen«. Nachdem das Zentralkomitee in Berlin inzwischen einen Überblick hatte, wer den Gestapo-Terror, Zuchthaus und KZ-Haft überlebt hatte, trafen erste Anfragen bei der Hamburger Bezirksleitung ein.[77] Wiatrek, der schwer tbc-krank war, nahm Kontakt zu seinem Bruder Fritz auf, der inzwischen in Reichenbach im Vogtland aktiver KPD- und Gewerkschaftsfunktionär war.[78] Als Heinz Polewka im Spätsommer 1945 seinen Onkel nach Gifhorn holen wollte, war dieser nicht mehr in Hamburg. Wiatrek hatte sich auf den Weg nach Reichenbach gemacht und wohnte bis in den Herbst 1945 bei seinem Bruder Fritz.[79] Anfang Oktober 1945 kam Wiatreks Schwester Helene Polewka mit ihren Kindern Margarethe und Helmut aus Oberschlesien nach Reichenbach. Hier trafen sie auf einen schwerkranken, vom Tode gezeichneten Heinrich Wiatrek. Fritz Wiatrek hatte im Lungensanatorium Bad Reiboltsgrün nahe Auerbach, zwischen Rodewisch und Falkenstein, für seinen Bruder einen Platz organisiert. Die Nichte Margarethe Müller erinnerte sich, daß sie ihren Onkel auf dem anstrengenden Fußmarsch zum Bahnhof Auerbach begleitete, wo er dann von einem Krankenwagen abgeholt wurde. Heinrich Wiatrek verstarb wenige Stunden nach der Aufnahme in das Lungensantorium Bad Reiboldsgrün am 29. 10. 1945.[80] Übrigens gab es nach 1945 im polnischen Gliwice, dem ehemaligen Gleiwitz, eine ulica Henryka Wiatreka; 1974 wurde sie in ulica Dzierzynskiego umbenannt – nach dem Gründer der Tscheka: Heute heißt sie ulica Blogoswawionego Czeswawa und erinnert an einen Heiligen der polnischen katholischen Kirche.[81]
Heinrich Wiatrek geriet als überzeugter kommunistischer Funktionär zunächst in die Auseinandersetzungen innerhalb der deutschen Parteiführung. Er erlebte die blutigen Säuberungen in der Sowjetunion. Er war nicht nur desillusioniert, sondern vom Ausmaß dieser Verbrechen überrascht und völlig verstört. Der Zufall wollte es, daß er nicht selbst vor die Erschießungskommandos des NKWD geriet, sondern zur illegalen Arbeit nach Dänemark geschickt wurde. Hier erlebte er den Hitler-Stalin-Pakt mit all seinen Auswirkungen für die Arbeit der von ihm geleiteten Abschnittsleitung Nord. Der Aufforderung, nach Moskau zu kommen, widersetzte er sich, arbeitete aber weiter gegen Nazideutschland. Wiatrek befand nach seiner Verhaftung in einer aussichtslosen Situation. Er war seelisch und körperlich zerstört und setzte in dieser für ihn aussichtslosen Situation alles daran, seinen Kopf zu retten. Tatsache ist, daß Wiatrek systematisch über alle ihm bekannten Vorgänge berichtete und auch andere Personen aufforderte auszusagen. Es steht heutigen Generationen nicht an, Wiatrek wegen seiner Aussagen vor der Gestapo moralisch anzuklagen; doch gebietet es die Wahrheitspflicht, dies nicht zu verschweigen, gerade um, im Gegensatz zur Heroisierung der SED-Geschichtsschreibung, zu dokumentieren, daß Widerstandskämpfer Menschen aus Fleisch und Blut waren, die sich durch großen Mut auszeichneten, aber auch Ängste und Schwächen hatten.
[1] Diese biographische Studie gehört zu den Ergebnissen der mehrjährigen Arbeit an dem Projekt »Biographisches Handbuch des deutschen Kommunismus 1919–1945« am Mannheimer Zentrum für Europäische Sozialforschung unter Leitung von Hermann Weber.
[2] Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, Bd. 5. Berlin 1966, S. 313.
[3] So bei Mewis, Karl: Im Auftrag der Partei. Berlin 1971; Mammach, Klaus: Widerstand 1933–1945. Köln 1987, S. 43; Kruschel, Heinz: Der Mann mit den vielen Namen. Berlin 1975.
[4] Zum Thema Verrat siehe: Mallmann, Klaus-Michael: Die V-Leute der Gestapo., S. 268 ff. In: Paul, Gerhard/Mallmann, Klaus-Michael: Die Gestapo. Mythos und Realität. Darmstadt 1995.
[5] Exemplarisches Beispiel für diese Irritationen sind die Darstellungen in der DDR zu Wilhelm Knöchel. Siehe dazu Herlemann, Beatrix: Auf verlorenen Posten. Kommunistischer Widerstand im Zweiten Weltkrieg. Die Knöchel-Organisation. Bonn 1986, S. 9ff.; siehe auch die Besprechung des 5. Bandes der Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung von Hermann Weber in: SBZ-Archiv Nr. 16/1966.
[6] Madsen, Carl: Flygthing 33. Steiflys over Hitlers Danmark. Kopenhagen 1972. Siehe dazu auch ausführlich Scholz, Michael F.: »Skandinavische Erfahrungen erwünscht?« Nachexil und Reemigration. Die ehemaligen KPD-Emigranten in Skandinavien und ihr weiteres Schicksal in der SBZ/DDR. Stuttgart 2000, S. 291ff.
[7] Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, Bd. 5. Berlin 1966, S. 313; Weber, Hermann: Die Wandlung des deutschen Kommunismus. Frankfurt am Main 1969, Bd. II, S. 342., im folgenden Weber Bd. II.
[8] Biographisches Handbuch der deutschsprachigen Emigration nach 1933. Hrsg. vom Institut für Zeitgeschichte München und von der Resarch Foundation for Jewish Immigration, Inc. New York unter der Gesamtleitung von Werner Röder und Herbert A. Strauss. Bd. 1, S. 816/817 München u. a. 1980–1983 (künftig HBDE).
[9] Müller, Reinhard: Die Akte Wehner. Moskau 1937 bis 1941. Berlin 1993; Tischler, Carola: Flucht in die Verfolgung. Deutsche Emigranten im sowjetischen Exil – 1933 bis 1945. Münster 1996.
[10] Landeshauptarchiv Brandenburg, Abteilung Bornim, Landesarchiv Berlin
[11] Bundesarchiv (künftig BArch.), Oberreichsanwalt beim Volksgerichtshof ZC 15929 Heinrich Wiatrek (Untersuchung, Anklageschrift und Urteil, 15 Bände). An dieser Stelle sei ausdrücklich der Nichte und den Neffen Heinrich Wiatreks, Margarethe Müller, Heinz Polewka-Wunstorf und vor allem Helmut Polewka aus Berlin gedankt. Außerdem bedanke ich mich bei den Kollegen Michael F. Scholz/Visby, Ludwig Eiber/München und Rainer Sandvoß/Berlin für wertvolle Hinweise.
[12] Zu Karl Mewis siehe Kurzbiographie in: Wer war wer in der DDR?, S. 575 f. Berlin 2000.
[13] Mewis, a. a. O., S. 277.
[14] Arthur Wyschka (8. 1. 1894 – 8. 2. 1964) Geb. in Weimar, Sohn einer Arbeiterfamilie, Volksschule, Lehre und Arbeit als Schlosser in Hindenburg/Oberschlesien, 1912 Mitgl. der SPD, 1914 Soldat im I. Weltkrieg, Heizer auf einen Minenleger; 1918 Mitgl. des Spartakusbundes, 1919 der KPD, Mitgl. des Arbeiterrates bzw. Obmann eines Hüttenbetriebs der AG Borsigwerke, Vors. des Gesamtbetriebsrates zweier Steinkohlenbetriebe und des Hüttenwerkes AG Borsigwerke in Hindenburg/Oberschlesien; 1924–1933 Stadtverordneter, 1930–1933 Mitgl. des Stadtrates von Hindenburg, 1928–1933 Abgeordneter des Provinziallandtages Oberschlesien, 1924–1933 Mitgl. der KPD-BL Oberschlesien bzw. Schlesien; 1933 illegale Arbeit, Juni 1933 inhaftiert, KZ Esterwegen, 1935–1939 erneut inhaftiert, KZ Lichtenburg, Dachau und Buchenwald; 1939–1944 Arbeit als Werkzeugmacher in Berlin, 1944 erneut inhaftiert, bis 1945 KZ Sachsenhausen; 1945 Mitarbeiter im ZK der KPD, 1945/46 Leiter der Abteilung Kommunalwesen; 1946 Mitgl. der SED; 1946–1949 Leiter der Abt. Kommunalpolitik im Zentralsekr. des SED-PV; ab 1949 Angeh. des MfAA, 1950–1955 1. Sekr. bzw. Botschaftsrat und Leiter der Konsularabt. der DDR-Botschaft in Warschau; anschl. politischer Mitarbeiter im MfAA; 1946–1950 Mitgl. der ZRK der SED.
[15] BArch. ZC 15929, Bd. 1.
[16] Schmerbach, Günter: Der Kampf der KPD gegen Faschismus und Kriegsgefahr im Bezirk Oberschlesien 1932/33. Phil. Diss. Jena 1957; Friedrici, Hans Jürgen: Zur Entwicklung der neuen Strategie und Taktik der KPD und ihrer führenden Rolle im antifaschistischen Widerstandskampf. Dargestellt am Kampf der oberschlesischen Parteiorganisation und deutscher und polnischer Werktätiger gegen den Faschismus in den Jahren 1933–1938/39. Diss. Leipzig 1966.
[17] Müller, Die Akte Wehner, S. 364f.
[18] Zu Fritz Selbmann siehe Kurzbiographie in Wer war wer in der DDR?, S. 791f.
[19] Paul Woytkowski (20. 12. 1892 – 14. 4. 1960) Geb. in Wollstein (Posen), Sohn eines Schneidermeisters, Volksschule in Berlin, Laufbursche, Lehre als Schlosser in Berlin-Lichtenberg, 1910 Mitgl. des Deutschen Metallarbeiterverbandes (DMV), ab Febr. 1911 Wanderschaft, u. a. in Gent/Belgien; Mai 1911 Entlassung, anschl. Arbeit in Brüssel, später in den Niederlanden, Rückkehr nach Essen/Ruhr, Funktionär des DMV, Sept. 1913 Mitgl. der SPD; während des Krieges Übertritt zur USPD, mit der linken USPD 1920 zur KPD. Org.- bzw. Polleiter im Stadtteil 30 in Essen, später auch Mitgl. der UBL Essen, Mitgl. der Fraktionsleitung des Metallarbeiterverbandes in Essen, 1922 Vors. der Fraktion der Metallarbeiter Ruhrgebiet und Niederrhein bis 1927; 1925 Reise nach Moskau, Teilnahme an der 6. Erweiterten Exekutivtagung, nach Rückkehr Leiter des KPD-UB Essen, bis 1928 Leiter UB Bochum, später in Hamm/Westfalen; Besuch der Leninschule; ab Febr. 1931 Polleiter Oberschlesien; ab Mai 1928 MdL Preußen, Oberschlesien; ab Febr. 1933 illegale Arbeit in Oberschlesien und Schlesien, anschl. in Magdeburg; April 1933 in Magdeburg verhaftet, bis April 1945 in Haft, u. a. KZ Sachsenhausen und Buchenwald; Juli 1945 bis Jan. 1946 Abteilungsleiter für Verwaltung und Wirtschaft bzw. Arbeit und Sozialfürsorge in der KPD-Landesleitung Thüringen; Mitbegr. des FDGB Thüringen; Febr. 1946 bis Sept. 1947 Leiter des KPD-Zonenbüro in Hamburg, Mitgl. des Zonenbeirates und der Parteileitung für die britische Zone; nach dem 2. Parteitag Entbindung von der Funktion in Hamburg und Übernahme der Leitung der Abt. Gewerkschaften in der SED-Landesleitung Thüringen; Aug. 1949 1. Vors. des FDGB-LV Thüringen; ab 1953 Vors. des Rates des Kreises Nordhausen.
[20] BArch SAPMO Ry 1/I 2/4/37 Bestand ZK der KPD. Fragebögen von KPD-Funktionären (Registrierung leitender Parteifunktionäre Buchstabe M-Z) Bl. 57ff.
[21] Georg Brückmann, (28. 11. 1903 – 1942) Geb. in Berlin, Schlosser, 1923 Mitgl. der KPD, Funktionär im Arbeitersport und im RFB, Dez. 1928 bis Dez. 1929 Org.-Leiter des 5. Verwaltungsbezirks der KPD in Berlin-Friedrichshain, anschl. Kassierer im KPD-Unterbezirk Ost. Nov. 1929 Abgeordn. in Berlin-Friedrichshain; Dez. 1930 Verurteilung durch das Reichsgericht zu einer Festungshaftstrafe, vor Haftantritt Flucht in die Sowjetunion; unter dem Parteinamen Albert Müller zunächst Mitarbeiter im Mitteleuropäischen Ländersekretariat der Komintern, später Kaderreferent für KPD-Angelegenheiten in der Personalabteilung der Komintern; Teilnahme als Beobachter des Mitteleuropäischen Sekretariats an der »Brüsseler Konferenz«; 1936 Mitgl. der Kommission zur Überprüfung der Politemigranten, Herbst 1938 Verhaftung durch NKWD, 7. 4. 1941 Verurteilung durch Sondertribunal des NKWD zu 8 Jahren Arbeitslager, Haft in den Lagern Kotlas und Workuta, 1942 im Arbeitslager verstorben.
[22] Zu Hans Beimler siehe Kurzbiographie in: HBDE, S. 47.
[23] Peukert, Detlev: Die KPD im Widerstand. Verfolgung und Untergrundarbeit an Rhein und Ruhr 1933 bis 1945. Wuppertal 1980, S. 148ff.
[24] Zu Elli Schmidt siehe Kurzbiographie in Wer war wer in der DDR?, S. 748.
[25] Adolf Rembte (21. 7. 1902 – 4. 11. 1937) Geb. in Kirchsteinbig/Kreis Stormann in Schleswig-Holstein, Volksschule, Lehre als Bäcker, Gelegenheitsarbeiter, Anfang 1919 Mitgl. der SAJ, 1922 der KPD, Okt. 1923 aktive Teilnahme am Hamburger Aufstand, Verhaftung, März 1925 Verurteilung durch die außerordentliche Strafkammer in Altona wegen »Beihilfe zum Hochverrat« zu zwei Jahren und sechs Monaten Festungshaft, nach Amnestie ab 1926 zunächst Volontär, dann Red. an der HVZ, Einleitung eines Hochverratsverfahren, wegen seiner Abwesenheit vorläufig eingestellt, Juli 1928 endgültig eingestellt; Mitte Nov. 1927–Frühjahr 1930 unter dem Decknamen »Ahrens« Kursant an der Internationalen Leninschule, anschl. Aspirantur am »Institut der Roten Professur« der AdW; Sommer 1931 Rückkehr nach Deutschland, Einsatz als Kursleiter und Lehrer an der Reichsparteischule Berlin-Fichtenau, Aug. 1931 Verhaftung in Stuttgart, Juni 1932 Verurteilung zu zwei Jahren Festung durch das Reichsgericht wegen »Vorbereitung zum Hochverrat«, Dez. 1932 Amnestie; anschl. Einsatz als Lehrer an der Reichsparteischule in Berlin-Fichtenau; ab Febr. 1933 illegal, Juni bis Dez. 1933 Polleiter der illegalen BL Halle-Merseburg, Nov. 1933 Flucht nach Berlin, ab Dez. 1933 Polleiter der illegalen BL Niederrhein in Düsseldorf, ab Juni 1934 Mitgl. der illegalen Landesleitung Berlin, Ende 1934 zu Konsultationen mit Pieck nach Moskau, er erhielt den Auftrag, die neue Linie des ZK nun auch in Berlin durchzuführen; über Zürich und Basel Anfang März 1935 nach Deutschland; 27. 3. 1935 Verhaftung in Berlin, Verurteilung zum Tode durch den Volksgerichtshof wegen »Vorbereitung zum Hochverrat«, hingerichtet am 4. 11. 1937 in Berlin-Plötzensee.
[26] Käthe Lübeck (15. 2. 1907 – 23. 5. 1984) Geb. in Bremen als Käthe Fürst, Volksschule, Arbeiterin, kaufm. Lehre, Arbeit als Buchhalterin, Mitgl. des Zentralverband der Angestellten, 1922–1927 Mitgl. der SAJ und der SPD, 1927–1929 des KJVD, 1929 Mitgl. der KPD, Betriebsrätin in der Bremer Jutespinnerei; 1930/31 Abgeordnete der Bürgerschaft Bremen, 1931 mit ihrem Mann Hans Lübeck nach Düsseldorf, Mitarbeiterin in der RGO-BL, später nach Halle, Angest. beim Konsum in Halle, anschl. mit ihrem Mann nach Moskau; 1933 Rückkehr nach Deutschland zur illegalen Arbeit, Mitgl. der Landesleitung der KPD, 27. 3. 1935 zusammen mit Rembte, Stamm und Maddalena inhaftiert, 4. 6. 1937 wegen »Vorbereitung zum Hochverrat« zu 12 Jahren Zuchthaus verurteilt, Haft im Zuchthaus Lübeck, 1940 bis 1942 im Zuchthaus Jauer, 1942 Internierungslager Grünberg/Schlesien, 1944 strafversetzt ins Lager Schweidnitz, Febr. 1945 Evakuierungsmarsch Zuchthaus Waldheim, Arbeitslager OT, bis Mai 1945 erneut Zuchthaus Waldheim, Juni 1945 Rückkehr nach Bremen, 1945/46 Frauenleiterin der KPD-BL Bremen, 1946–1951 Abgeordnete der Bürgerschaft Bremen, zeitweilig Vizepräsidentin der Bürgerschaft; 1946 Delegierte zum 15. Reichsparteitag der KPD, Aug. 1946 bis Febr. 1948 Senatorin für Gesundheitswesen, (Erste Senatorin der Freien und Hansestadt Bremen); ab Jan. 1946 unter dem Namen Popall; Febr. 1952 Einleitung einer Kampagne gegen die Popalls, später Parteiverfahren mit dem Ziel des Ausschlusses, 2. 1. 1953 »Rüge« durch die Wohnparteigruppe in Bremen, die sich damit gegen einen Ausschluß stellte; bis 1956 Mitgl. der KPD, danach Austritt; 1967 Verzug mit der Familie in das Saarland, 1984 Rückkehr nach Bremen.
[27] Zu Waldemar Schmidt siehe Kurzbiographie in: Wer war wer in der DDR?, S. 750.
[28] Zu Dahlem, Florin, Schubert und Schulte siehe Weber, Bd. 2 und HBDE.
[29] Ausführlicher dazu aus der Sicht eines Insiders: Wehner, Herbert: Zeugnis, Persönliche Notizen 1929–1942. Köln 1982. Und Duhnke, Horst: Die KPD von 1933 bis 1945. Köln 1972, S. 145ff.
[30] Zu Anton Ackermann siehe Kurzbiographie in Wer war wer in der DDR?, S. 13.
[31] David, Fritz (25. 10. 1897 – 24. 8. 1936) Geb. in Nowosibkow/Wilnaer Gegend als Ilja Krugljanski, Sohn eines jüdischen Lehrers. Ab 1916 in jüdischen sozialdemokratischen Zirkeln aktiv. Von Febr. 1917 bis 1920 Mitgl. der vereinigten Sozialdemokratischen Arbeiterpartei; David-Kruglianski arbeitete zunächst im Komintern-Apparat in Moskau, 1926 Delegierung zur Arbeit nach Deutschland. Von Mai 1926 bis Frühjahr 1927 Mitarbeiter in der kommunistischen Fraktion des Textilarbeiterverbandes, 1927/28 Mitarbeiter der Gewerkschaftsabteilung des ZK und Leiter der Industriegruppe Leder sowie Mitglied der Zentrale der RGO. Sekr. der kommunistischen Gewerkschaftszeitschrift »Der Kampf«. Von Herbst 1928 bis Mitte 1932 Leiter der Gewerkschaftsred. der »Roten Fahne«. David-Kruglianski arbeitete 1932/33 im Sekr. des ZK der KPD (für Fragen der Theorie). März 1933 Abreise aus Berlin zur Komintern nach Moskau. Dort enger Mitarbeiter Piecks. David-Kruglianski entwarf wesentliche Teile der Resolution der »Brüsseler« Parteikonferenz 1935; er war schon zuvor aktiv am VII. Weltkongreß der Komintern beteiligt gewesen. David-Kruglianski war als Mitarbeiter von Gerhart Eisler in der Propabteilung des KPD-Auslandsekretariat in Paris vorgesehen, wurde jedoch kurz vor seiner Abreise 1936 vom NKWD verhaftet. Als angeblicher Trotzkist im Schauprozeß gegen Sinowjew u. a. im August 1936 vor Gericht gestellt. Die Anklage behauptete, er sei von Trotzki in die UdSSR geschickt worden, um Stalin umzubringen. Nachdem David das übliche »Geständnis« abgelegt hatte, wurde er am 24. August 1936 zum Tode verurteilt und hingerichtet.
[32] Zu Philipp Dengel siehe Weber, Bd. 2 S. 94 f. und HBDE, S. 125.
[33] Eiber, Ludwig: Arbeiteropposition auf Hamburger Werften. In: Ebbinghaus, Angelika/Linne, Karsten (Hg.): Kein abgeschlossenes Kapitel. Hamburg im »Dritten Reich«. Hamburg 1997, S. 449f.
[34] Edith Stucke-Felgentreff (29. 8. 1903 – 20. 12. 1972) Geb. in Berlin als Edith Felgentreff, Tochter eines Gerichtssekretärs, Lyzeum und Oberlyzeum in Potsdam, Höhere Handelsschule, Stenotypistin in Dresden und Berlin, ab Okt. 1925 Stenotypistin in der Redaktion der »Roten Fahne« (Ausgabe B), später dort auch Hilfsredakteurin; ab 1929 Angestellte der sowjet. Handelsvertretung in Berlin, 1931 Stenotypistin und Kassiererin in der KPD-BL Halle-Merseburg, 1932 Stenotypistin im ZK der KPD und in der BL Berlin-Brandenburg; ab 14. 1. 1933 im Auftrag des ZK nach Moskau; bis Juni 1937 Stenotypistin beim EKKI, Sept./Okt. 1937 auf Beschluss des ZK zunächst illegal, dann legal nach Dänemark, Juni 1941 Internierung, anschl. Arbeit als Reinmachefrau, Febr. 1945 Rückkehr nach Deutschland, zeitweilige Gestapohaft in Potsdam; 1945/46 Mitarbeiterin der Abt. Agit/Prop. der KPD-BL Brandenburg bzw. SED-LV Brandenburg, ab Sept. 1946 Angest. der Personalverwaltung der IHK Brandenburg bzw. bis 1951 persönl. Referentin bei der IHK Brandenburg, ab 1954 persönl. Sekr. des Vors. des ZV der IG Eisenbahn.
[35] Friedrich Stucke (4. 4. 1895 – 26. 10. 1937) Geb. in Bremen als Sohn des Schneiders und Mitbegründers der »Bremer Linksradikalen« Carl Stucke, Volksschule und Gymnasium, Studium; Mitgl. der KPD, Red. der »Roten Fahne«, nach 1933 Emigration in die Sowjetunion; zunächst Deutschlehrer am »Institut der Roten Professur«, 27. April 1937 verhaftet, 26. Oktober 1937 vom Militärkollegium des Obersten Gerichts der UdSSR wegen »Teilnahme an einer konterrevolutionären terroristischen Organisation« zum Tode durch Erschießen verurteilt.
[36] Zu Sepp Schwab siehe Kurzbiographie in: Wer war wer in der DDR? S. 779f.
[37] Zu Herbert Warnke siehe Kurzbiographie in: Wer war wer?, S. 892.
[38] Helms, Paul (13. 10. 1901 – 28. 2. 1958) Geb. in Hamburg, Dreher, 1919 Mitgl. der USPD, 1920 der KPD, 1932 Mitgl. der RGO-BL Wasserkante; ab 1933 illegale Arbeit, Verhaftung, 1934 Verurteilung wegen »Vorbereitung zum Hochverrat« zu 18 Monaten Zuchthaus; nach Entlassung illegale Arbeit in Hamburg, Sept. 1936 Emigration nach Dänemark, Mitgl. der Emigrationsleitung und der A. L. Nord; Mai 1941 Verhaftung, 9. 1. 1943 Verurteilung zum Tode durch den Volksgerichtshof; mehrmals Aufschub der Vollstreckung des Todesurteils, vermutlich wie Wiatrek und Hofmann »Auskunftsperson« der Hamburger Gestapo, April 1945 Entlassung, weiterer Lebensweg ungeklärt.
[39] Zu Walter Weidauer siehe Kurzbiographie in: Wer war Wer in der DDR?, S. 897.
[40] Zu Kurt Granzow siehe Kurzbiographie in: HBDE, S. 240.
[41] Gollmick, Walter (4. 10. 1900 – 15. 2. 1945) Geb. in Berlin-Schöneberg, Realschule, kaufm. Lehre, anschließend kaufm. Angest. Nach der Revolution Mitgl. der FSJ, 1920 der KPD; zeitweilig Mitgl. der Reichszentrale des KJVD, dort zeitweise für die Agitproparbeit des KJVD verantwortlich; ab 1921 Stadtverordneter in Berlin. 1926 unter dem Pseud. »Kanzai« Redakteur in Suhl. 1927 Delegierter des Essener Parteitags, 1928 Agitpropsekretär der Bezirksleitung Ruhr in Essen., Anfang 1929 nach Berlin, Mitarbeiter in der Agitpropabteilung, bis 1933 im ZK verschiedene Funktionen; nach 1933 enger Mitarbeiter von John Schehr, bis zu dessen Verhaftung. 1934 Emigration, Grenzarbeit in Dänemark, Redakteur der von der Abschnittsleitung Nord herausgegebenen »Norddeutschen Tribüne«, Deckname »Ingeborg « bzw. »Oskar«. Gollmick stellte sich nach der Besetzung Dänemarks 1940 der Polizei und wurde 1941 der Gestapo in Hamburg übergeben. In der Folgezeit war Gollmick wie Helms, Hoffmann, und Wiatrek Auskunftsperson der Hamburger Gestapo; Mitte 1946 wandte sich die Ehefrau Gollmicks über das »Komitee Ehemaliger Konzentrations-Häftlinge und Politischer Gefangener« Holzminden/Niedersachsen an Wilhelm Pieck und bat um Unterstützung bei der Anerkennung als »Opfer des Faschismus«. Am 7. 9. 1946 wurde der KPD-BL Bremen vom Büro Pieck mitgeteilt, dass Gollmick in der Tat bis zum Jahre 1933 Mitarbeiter der Agitprop-Abteilung des Zentralkomitees der KPD war und in der Illegalität in Berlin in dieser Funktion noch weiter arbeitete. In der Emigration hat er in Paris und in Dänemark die verschiedensten Funktionen innegehabt. Widersprochen, wurde den Angaben der Ehefrau, daß Gollmick im Jahre 1937 in Hamburg wegen »Vorbereitung zum Hochverrat« zu 7 Jahren Zuchthaus verurteilt wurde. Er wurde vielmehr im Jahre 1940 bzw. 1941 in Kopenhagen von der Gestapo verhaftet und nach Hamburg gebracht, wo er »umfiel« und zu einem Agenten der Gestapo wurde. Wörtlich hieß es in dem Schreiben: »Er ist nach uns hier vorliegenden Mitteilungen im Jahre 1945 nicht von der SS in Hamburg ermordet worden, sondern hat nach dem Zusammenbruch des Naziregimes Selbstmord begangen, da er nach dem von ihm verübten Verrat keinen anderen Ausweg gesehen hat.« Tatsächlich starb Gollmick am 15. Februar 1945 in Hamburg.
[42] zu Wittkowski siehe Kurzbiographie in: Wer war wer in der DDR?, S. 927.
[43] zu Wilhelm Boller siehe Kurzbiographie in: HBDE, S. 78.
[44] zu Karl Nieter siehe Kurzbiographie in: HBDE, S. 533.
[45] zu Conrad Blenkle siehe Weber, Bd. II, S. 78.
[46] Deutscher Reichsanzeiger und Preußischer Staatsanzeiger Nr. 92 vom 22. 4. 1938 (Liste 42).
[47] Arthur Mannbar (18. 7. 1913) Geb. in Landweiler/Saar als Sohn eines Bergarbeiters, Grundschule und Gymnasium, kaufm. Lehre und Arbeit als Angest. in Dudweiler und in den Friedrichsthaler Eisenwerken, 1931 bis 1935 Expedient, Redaktionsvolontär bzw. Red. der »Arbeiter-Zeitung« (Organ der KPD in Saarbrücken), 1934 Mitgl. der KPD, 1935 bis 1940 illegale Arbeit als Instrukteur des ZK der KPD in Paris, Moskau und Kopenhagen, 1935 bis 1937 Kursant an der Internationalen Leninschule in Moskau, 1940 Verhaftung, 1942 Verurteilung wegen »Vorbereitung zum Hochverrat« zu lebenslänglichem Zuchthaus, Haft im Zuchthaus Brandenburg-Görden; 1945 bis 1949 Leiter der Hauptabt. Nachrichten und Kommentator beim »Berliner Rundfunk«; 1946 Mitgl. der SED, 1947 Ausschluß aus der SED (wegen »Verhaltens in der U-Haft«, 1956 Wiederaufnahme in die SED), 1949 bis 1952 Leiter der Hauptabteilung Tagesfragen beim Mitteldeutschen Rundfunk, Sender Leipzig, 1952/53 Redaktionsleiter beim Staatlichen Rundfunkkomitee in Leipzig; 1953 bis 1955 1. Red. beim ADN Leipzig; 1955 bis 1959 Chef vom Dienst ADN Ost-Berlin; 1959 bis 1964 Leiter der Auslandsredaktion bzw. Leiter der Basisredaktion ADN Ost-Berlin; 1964 bis 1969 Chefred. und Stellv. des Generaldir. des ADN; 1969 bis 1973 Chefred. des ADN, anschl. Mitarbeiter des ADN und Mitautor des Buches über den antifaschistischen Widerstandskampf im Zuchthaus Brandenburg.
[48] Zu Paul Verner siehe Kurzbiographie in: Wer war wer in der DDR?, S. 873f.
[49] Zu Richard Stahlmann siehe Kurzbiographie in: Wer war wer in der DDR?, S. 812f.
[50] Mammach, S. 43.
[51] Schlußbericht der Gestapo über die Abschnittsleitung Nord. In: BArch ZC 15929.
[52] Zu Arthur Emmerlich siehe Kurzbiographie in: HBDE, S. 156.
[53] Zu Rudolf Hallmeyer siehe Kurzbiographie in: HBDE, S. 266.
[54] Müller, Johannes (Hans) (14. 7. 1912 – 7. 1. 1987) Geb. in Leipzig als Sohn eines Bäckers, Volksschule, Lehre und Arbeit als Buchdrucker, 1926 Mitgl. der Gewerkschaft, 1927 des KJVD, 1931 der KPD, KJVD-Stadtteilleiter, 1932 Mitgl. der KJVD-BL Sachsen, Bezirkskassierer; August–Dez. 1933 inhaftiert, KZ Colditz, nach Entlassung illegale Arbeit, 1934 Emigration in die CSR, Grenzkurier, ab Jan. 1937 Instrukteur des ZK in Berlin, Dez. 1937 zurück nach Frankreich, 1938/39 illegale Arbeit in Frankreich, Juli 1938 in Frankreich inhaftiert und zu sechs Monaten Gefängnis verurteilt; Jan. 1939 zusammen mit Paul Peschke über Brüssel-Kopenhagen nach Malmö/Schweden, illegale Kurierfahrten nach Deutschland, Juli 1940 mit dem Dampfer »Nester« illegal nach Deutschland, bei der Ankunft in Hamburg am 22. 7. 1940 inhaftiert, Aug. 1941 Verurteilung zu lebenslanger Haft durch den Volksgerichtshof wegen »Vorbereitung zum Hochverrat«, 1941 bis 1943 Zuchthaus Brandenburg und Waldheim, 1943 bis 1945 Haft im KZ Mauthausen; 1945/46 Kadersekr. des KPD-UB Leipzig, 1946 Mitgl. der SED; März bis Juni 1946 Studium an der PHS in Liebenwalde, bis Nov. dort Assistent; Okt. 1946 bis Mai 1947 Leiter der Bezirks- bzw. Kreisparteischulen in Hartmannsdorf und Breitenfeld bei Leipzig, 1947 bis 1949 Studium an der Univ. Leipzig, Diplom-Gesellschaftswissenschaftler; 1949 bis 1952 Abteilungsleiter bzw. stellv. Hauptabteilungsleiter. in der Deutschen Wirtschaftskommission (DWK) bzw. im Min. für Leichtindustrie bzw. im MdI; 1952 bis 1965 Sektorenleiter in der Abteilung Arbeitsbüro bzw. von 1965 bis 1981 politischer Mitarbeiter in der Westabt. des ZK; 1955/56 Studium an der PHS beim ZK der KPdSU; ab 1965 Mitgl. des Internat. Mauthausen-Komitees, ab 1970 Vors. der Lagerarbeitsgemeinschaft Mauthausen bei der Zentralltg. des Komitees der Antifaschist. Widerstandskämpfer.
[55] Heinrich Schmeer (20. 3. 1906 – 7. 2. 1960) Geb. in Triberg/Baden, Volksschule, Bürogehilfe, Hoteldiener und Bauarbeiter; vor 1925 Mitgl. des KJVD, 1927/28 Leiter des KJVD-UB Torgau-Liebenwerder, anschl. Agit-Prop-Leiter KJVD-BL Halle-Merseburg; 1929 Mitgl. der KPD; ab 1932 Funktionär des Reichserwerbslosenausschusses für Jugend- und Arbeitsdienstfragen, 1933 illegale Arbeit, Verhaftung, April 1934 Verurteilung zu 2 ½ Jahren durch das Kammergericht Berlin wegen »Vorbereitung zum Hochverrat«, Haft im Zuchthaus Brandenburg, 1936 Entlassung, Emigration in die CSR, Instrukteur der KPD-Abschnittsleitung Zentrum für Berlin, (Deckname »Harry«) Okt. 1938 über Polen nach Kopenhagen, anschl. nach Göteburg; 1939 und 1940 illegale Einsätze als Instrukteur der A. L. Nord in Berlin, Aug. 1940 über Bremen nach Berlin mit dem Ziel des Aufbaus einer illegalen Parteileitung gemeinsam mit Willi Gall; illegale Arbeit in Berlin-Reinickendorf, 9. Sept. 1940 Verhaftung, schwere Misshandlungen, 28. Juli 1941 Verurteilung zu lebenslanger Haft durch den Volksgerichtshof wegen »Vorbereitung zum Hochverrat«, bis 1945 Haft im Zuchthaus Brandenburg; nach 1945 Mitarbeiter beim Berliner Rundfunk bzw. beim Staatlichen Rundfunkkomitee der DDR; 1946 Mitgl. der SED.
[56] Bundesarchiv, Oberreichsanwalt beim Volksgerichtshof ZC 15929, Bd. 4.
[57] Eiber, Ludwig: Unter Führung des NSDAP-Gauleiters. Die Hamburger Staatspolizei (1933 bis 1937), S. 100ff., in: Paul/Mallmann, Die Gestapo.
[58] Rohübersetzung eines Gespräches Carl Madsens, Dänemark, mit der Schwester von H. Wiatrek, Helene Polewka, in Ost-Berlin am 14. 11. 1970 in: SAPMO Sgy 30 1985.
[59] Bundesarchiv Lichterfelde, Referat R 2 Pers. BDC Personalakte Heinrich Teege.
[60] Teege wurde am 2. 6. 1949 zu vier Jahren Zuchthaus verurteilt. Vgl. Gertrud Meyer: Nacht über Hamburg, Frankfurt/M. 1971, S. 131. Er verstarb am 22. Mai 1971 in Hamburg. (Auskunft des Bezirksamts Hamburg vom 4. 1. 2002).
[61] Paul Krautter (22. 3. 1902 – 17. 8. 1961) Geb. in Berlin als Sohn eines Tischlers, Volksschule, Lehre und Arbeit als Installateur und Schwachstrommonteur, Mitgl. des DMV und der FSJ, Betriebsrat, Mitgl. der Branchenleitung der Elektromonteure, 1929 Mitgl. der KPD, ab 1930 hauptamtl. RGO-Funktionär, Sekr. Der RGO-Industriegruppe Metall, gleichzeitig Mitarbeiter des Nachrichtendienstes der Komintern OMS; ab Febr. 1933 illeg. Arbeit, Nov. 1933 Emigration in die Schweiz, Febr. 1934 in die Sowjetunion, nachrichtendienstl. Spezialschulung, anschl. über die Schweiz nach Frankreich, Sekr. der Gruppe der gewerkschaftlich organisierten deutscher Arbeiter in der CGT, zeitweilig Leiter der A. L. Zentrum in Amsterdam; Sept. 1939 bis 1941 Internierungslager Le Vernet in Südfrankreich, anschl. über Algerien, 1941 nach Mexiko, Leitungsmitglied des Komitees »Freies Deutschland«, Juli 1946 Rückkehr nach Deutschland, Mitgl. der SED und des FDGB, zunächst Bezirksleiter der IG Metall in Berlin-Köpenick, 1948–1952 stellv. Vors. der IG Metall Groß-Berlin,1952–1958 Sekr. des ZV der IG Metall, 1958–1961 Sekr. der IG Metall im WGB in Prag bzw. Leiter der Abt. »Gewerkschaftseinheit« des ZV der IG Metall.
[62] Tatsächlich sind auf der »Berner Konferenz« 17 Mitglieder und drei Kandidaten in das ZK gewählt worden: Anton Ackermann, Paul Bertz, Franz Dahlem, Wilhelm Florin, Walter Hähnel, Wilhelm Knöchel, Paul Merker, Karl Mewis, Wilhelm Pieck, Siegfried Rädel, Elli Schmidt, Emil Svoboda, Ernst Thälmann, Walter Ulbricht, Herbert Wehner, Heinrich Wiatrek und als Vertreter der KPÖ Johann Kopeling.
[63] Zu Grünert siehe Kurzbiographie in: Michael F. Scholz, a. a. O. S. 355.
[64] Kurzbiographie zu Sasse siehe HBDE, S. 636 und Sandvoss, Rainer: Widerstand in Pankow und Reinickendorf; Berlin 1994, S. 259. Sasse soll unmittelbar nach der Befreiung aus dem Zuchthaus Brandenburg an den Haftfolgen verstorben sein.
[65] Überliefert ist auch die Tatsache, daß Wiatrek, Irene Wosikowski in Hamburg gegenübergestellt wurde und dem das Verhör führenden Gestapobeamten die von Woskiowski bisher hartnäckig verschwiegene Auskunft gab, daß sie Kursantin an der Leninschule gewesen sei. Siehe Schlußbericht der Gestapo Hamburg v. 13. 5. 1944, in: BStU Bd.-Nr. 478, Bl. 157.
[66] Lothar Hofmann (16. 2. 1903 – 1989) Geb. in Leipzig als Sohn eines Lehrers, Volksschule und Gymnasium, Banklehre und Bankangest.; ab 1929 Angest. der sowjet. Handelsvertretung und Lehrer an der MASCH in Hamburg, 1929 Mitgl. der KPD, ab 1931 Angeh. des AM-Apparates; 1931/32 inhaftiert, Verurteilung zu vier Jahren Zuchthaus wegen Militärspionage, Dez. 1932 amnestiert; März 1933 Emigration nach Dänemark, bis Mai 1934 Grenzarbeit, anschl. Instrukteur im Saargebiet; Nov. 1934 bis Aug. 1935 Ausbildung an einer Militärschule in der Sowjetunion; 1936/37 Betriebsarbeiter in Moskau, anschl. nach Spanien, Arbeit in der Auslandsabt. des Servicio de Investigación Militar (SIM); Nov. 1938 Ausbürgerung, Mai 1939 nach Kopenhagen, Instrukteur der A. L. Nord, ab Nov. 1939 »zweiter Mann« der A. L. Nord; Mai 1941 Verhaftung, 5. 1. 1943 Verurteilung zum Tode durch den Volksgerichtshof wegen »Vorbereitung zum Hochverrat«; als sogenannte Auskunftsperson der Gestapo mehrmals Aufschub der Vollstreckung, 13. 2. 1945 Vollstreckungsanordnung; April 1945 Entlassung, Meldung bei der KPD-BL Hamburg, später Übersiedlung nach Dänemark, Mitarbeiter in einem Reisebüro, dort 1989 verstorben.
[67] Oberlandesgerichtsrat Dr. Franz Illner, geb. 8. 5. 1904, war nach 1945 Landgerichtsdirektor beim Landgericht Mannheim; siehe: Braunbuch der Kriegs- und Naziverbrecher in der Bundesrepublik. Berlin (Ost) 1966, S. 382. Illner, Träger des Bundesverdienstkreuzes, verstarb im Juni 1988 in Mannheim.
[68] Urteil in BArch, Oberreichsanwalt beim Volksgerichtshof ZC 15929 Bd. 5.
[69] Ebenda.
[70] Ebenda, Bd. 13.
[71] Ebenda, Bd. 13.
[72] Ebenda, Bd. 14.
[73] Zu Ludwig Riess siehe Kurzbiographie in HBDE, S. 604. Nach seiner Verurteilung Überführung nach Hamburg, vermutlich wie Wiatrek und Hofmann Auskunftsperson der Gestapo in Hamburg. Nach Aussagen von Walter Hochmuth sei Riess Gestapospitzel geworden; siehe dazu Erklärungen von Hochmuth aus dem Jahre 1947 in seiner Kaderakte: SAPMO Dy 30 IV 2/11/v. 4931.
[74] Wilhelm Reimers (7. 11. 1897 – 4. 2. 1982) Geb. in Hamburg-Altona, Volks- und Berufsschule, Maschinenbauer, 1916 bis 1918 Weltkriegsteilnehmer; 1919 Mitglied der USPD, 1922 der KPD; 1930 Geschäftsführer des KPD-Unternehmens »Norddeutscher Verlag, 1932 Leiter der Verlagszentrale der KPD in Berlin, ab 1933 illegale Arbeit als »Reichstechniker«, Emigration ins Saargebiet, Geschäftsführer der »Saar-Nahe-Druck AG«, einem von der KPD finanzierten Verlagsunternehmen. 1935 Flucht nach Frankreich, ab 1936 in Kopenhagen aktiv im antifaschistischen Widerstand, 1937 Aufenthalt in Moskau, Verhandlung vor der IKK der Komintern, 1938 Rückkehr nach Kopenhagen, 1940 Internierung, 1941 Verhaftung und Verurteilung durch den Volksgerichtshof zu zwölf Jahren Zuchthaus. 1945 Mitgl. der SPD; Journalist, Pressereferent, Gewerkschaftssekretär; 1955 bis 1964 Geschäftsführer der SPD-Zeitungen »Hamburger Echo« und »Hamburger Morgenpost«; 1949 bis 1957 Abgeordneter der Hamburger Bürgerschaft.
[75] Häftlingsakte Heinrich Wiatrek, Staatsarchiv Hamburg, Rep 242 1 II – 10, Nr. 475.
[76] SAPMO BY 1/142 KPD – Westzonen, Bl. 57ff. Nach Aussage von Paul Tastesen hat Hofmann die 150 Mark bei ihm abgeliefert, die anderen nicht.
[77] Scholz, a. a. O. S. 71ff.; SAPMO Dy 30 IV 2/4/116, Bl. 166–171.
[78] Fritz Wiatrek (24. 10. 1910 – 25. 5. 1982) Geb. in Gleiwitz/Oberschlesien als Sohn eines Eisenbahnschaffners, Volksschule, Steindrucker; 1927 KJVD und KPD, 1928 Mitglied der KJVD-BL Oberschlesien; nach 1933 illegale Arbeit, mehrmals inhaftiert; Juni 1945 Sekr. des FDGB in Reichenbach, Nov. 1945 bis Aug. 1947 Sekr. der KPD/SED in Reichenbach, Richterschule, 1950 bis 1966 Abteilungsleiter für Inneres beim Rat des Kreises Bad Schandau, ab 1966 Invalidenrentner.
[79] Telefonische Auskunft von Heinz Polewka, Januar 2001.
[80] Kopie der Sterbeurkunde ausgefertigt vom Standesamt Auerbach vom 23. 1. 2001.
[81] Es war nicht möglich in Erfahrung zu bringen, wer die Umbenennung veranlaßte und warum sie erfolgte.