JHK 2002

Im Kampf gegen »den westdeutschen Imperialismus«: Die Politik der SED im Mittelmeerraum

Jahrbuch für Historische Kommunismusforschung | Seite 141-165 | Aufbau Verlag

Autor/in: Andreas Stergiou

Einleitung 

Auch bei nur oberflächlicher Betrachtung der geographischen Lage Griechenlands und Zyperns wird klar, daß diese zwei Länder in alle Kriegspläne des West-Ost-Konflikts einbezogen werden mußten. Jenseits der Dardanellen, am Schnittpunkt dreier Kontinente liegend und weit ins Mittelmeer hineinragend, konnte die Möglichkeit starker Einflußnahme auf die Innen- und Außenpolitik dieser Länder nicht nur in militärischer, sondern auch in politischer Hinsicht eine äußerst vorteilhafte Lage schaffen. Die Amerikaner hatten bereits seit Ende der vierziger Jahren im Rahmen des Marshall-Plans und der Truman-Doktrin ihre Kontrolle über Griechenland und die Türkei erstmals erhalten und somit das zeitliche Rennen zur Erlangung dieser Einflußmöglichkeiten für sich entscheiden können. Mit dem Eintritt dieser Länder ins NATO-Bündnis im Jahre 1952 vermochten sie ihre militärische Position in dieser Region auszubauen. Politisch jedoch sollte der Antagonismus zwischen den beiden Supermächten noch jahrzehnte lang offen bleiben. Die Gründe dafür bestanden in der politischen und ökonomischen Instabilität der drei dort liegenden Länder (Türkei, Griechenland, Zypern) und vor allem in der hohlen Kohärenz des NATO-Südostflügels. Denn seine reibungslose Funktion setzte eine einvernehmliche Zusammenarbeit zwischen zwei Alliierten, Athen und Ankara, voraus.

Gerade aber diese griechisch-türkische bilaterale Kooperation warf für die NATO hauptsächlich wegen des Zypernkonflikts seit den fünfziger Jahren eine Reihe von Problemen auf, die das traditionell problembeladene Verhältnis zwischen diesen Völkern noch mehr belasteten. Die mit dem Istanbuler Pogrom vom 6. September 1955 gegen die dort lebende griechische Minderheit aufgerissene alte Kluft zwischen Griechen und Türken, der den provisorischen Rückzug der griechischen Mitglieder aus dem NATO-Stab in Izmir nach sich zog, war die erste Kraftprobe. Wiederholt zutage getretene Spannungen in den nächsten Jahrzehnten ließen den Konflikt noch mehr eskalieren und 1974 anläßlich der türkischen Invasion in Zypern zum einseitigen Beschluß der Athener Regierung kulminieren, die Mitarbeit Griechenlands in der NATO weitgehend einzustellen.

In das Zypernproblem mischte sich auch der Unmut der Griechen, weshalb das ärmste Mitglied der Allianz vierzig Prozent seines Haushalts für Verteidigung und NATO ausgeben mußte. Gleichzeitig erlitten die wichtigsten militärischen Partner Griechenlands, Bonn, Washington und London, einen erheblichen Popularitätsverlust in der griechischen Gesellschaft: Bonn auf Grund seiner strikten Neutralität im Konflikt, Washington und London wegen ihrer völlig ablehnenden Haltung zum nationalen Begehren der griechischen Zyprioten nach Anschluß an das Mutterland, das seinen vorläufigen Höhepunkt im Unabhängigkeitskrieg 1955–1959 gegen die britische Kolonialmacht erreichte. Da der griechische Nachkriegsstaat dazu innenpolitisch und wirtschaftlich instabil war, entstand im Ostblock sehr schnell der Eindruck, Griechenland sei »the weakest link« der Allianz.[1]

Bald erkannte die zu diesem Zeitpunkt äußerst aktive sowjetische Diplomatie, damals unter der Leitung des seit 1953 amtierenden Sowjetbotschafters in Athen, M.G. Sergejew, die Bedeutung des Zypernproblems für die Kohärenz und Verteidigung des westlichen Bündnisses. Ihre Einschätzung, daß sich die griechische Regierung bei einer Zuspitzung der Krise gezwungen sehen könnte, dem innenpolitischen antiwestlichen Druck nachzugeben und sich in der einen oder anderen Form von der NATO abzusetzen, war nicht weit entfernt von der Realität.[2] Moskaus Werben um Athen teilte sich rasch dem gesamten Ostblock mit[3], dessen Partner beharrlich Fäden nach Griechenland zu spinnen versuchten. Als bester Repräsentant der Sowjetpolitik erwies sich die »Kryptodiplomatie« (d.h. die notgedrungen inoffizielle Diplomatie) Ostberlins im griechischen Raum. Die Bemühungen der DDR deckten sich zum Teil mit den Interessen Moskaus, zum anderen aber waren sie auf eigene politische und ökonomische Zielsetzungen zurückzuführen, die sich im beschränkten diplomatischen Spielraum Ostberlins in den fünfziger Jahren abzuzeichnen begannen.

Fundamentales Ziel der DDR-Diplomatie zu dieser Zeit war bekanntlich, sich international selbständig präsentieren und die diplomatische Hallstein-Blockade durch die BRD durchbrechen zu können. Zur Verwirklichung dieses Ziels fing man im Ministerium für auswärtige Angelegenheiten (MFAA) Anfang der fünfziger Jahre an, Länder ins Visier zu nehmen, in denen man glaubte, Einfluß nehmen und sukzessive die Aufnahme diplomatischer Beziehungen vorbereiten zu können. Am besten eigneten sich dafür unbedeutende Staaten der dritten Welt. Doch mehr ins Gewicht fielen kapitalistische Länder des eigenen europäischen Kontinents.

Vor diesem Hintergrund konzipierte man im MFAA eine diplomatische Strategie, wonach die neutralen Länder Europas zuerst in Angriff genommen werden sollten, d.h., man sah in diesen Ländern gute Chancen, diplomatische Kontakte zu knüpfen. Dabei handelte es sich um die Schweiz, Finnland[4] und später auch Zypern nach seiner Unabhängigkeitserklärung im Jahre 1960. Das erhöhte Interesse der DDR-Diplomatie galt insbesondere zwei NATO-Staaten, Mitgliedern des gegnerischen Systems, mit denen man glaubte, Sonderbeziehungen aufnehmen zu können: Island wegen seiner kulanten Haltung bei dem Travelboard-Abkommen der NATO[5] und Griechenland.

Letzterer Staat geriet ins Visier des MFAA wegen seiner prekären Situation in der NATO-Allianz, die die Pläne des gesamten Ostblocks begünstigte und wegen eines Staatsvertrags mit der DDR, des Handelsabkommens von 1953, das als ein Grundstein für spätere diplomatische Beziehungen betrachtet wurde. Auf Grund dieses Abkommens, das einen flagranten Verstoß seitens der Griechen gegen die COCOM-Bestimmungen darstellte, gelang es der DDR sogar eine der ersten Handelsvertretungen in der westlichen Welt in Athen zu errichten. Man ging also davon aus, daß eine Einflußnahme in Griechenland möglich sei. Wir sind heute in der Lage[6] die Feststellung zu machen, daß bei der Rollenverteilung innerhalb des Warschauer Pakts in den fünfziger und sechziger Jahren Bukarest und Sofia die Aufgabe zufiel, die griechische Öffentlichkeit psychologisch mit Friedens­initiativen, wie der Schaffung einer atomfreien Zone auf dem Balkan, zu beschäftigen, wohingegen die DDR den zusätzlichen Auftrag hatte, im Rahmen ihrer Möglichkeiten den dominanten bundesdeutschen politisch-ökonomischen Einfluß auf allen Ebenen zu verringern.

Da jedoch die DDR völkerrechtlich von der griechischen Regierung nicht anerkannt worden war, verlegte sie sich erstmals auf den Ausbau von Handelsbeziehungen. Doch die Effektivität des Unternehmens bedarf der Rolle der SED, der die »missionsartige Aufgabe« zukam, eine sehr beliebte außenpolitische Praxis der DDR in die Tat umzusetzen[7], nämlich Beziehungen und Kontakte diverser Art zu politisch nahestehenden Parteien der Region bzw. zu von ihnen kontrollierten Gewerkschaften und Organisationen anzuknüpfen, um sie später zu diplomatischen Beziehungen umzufunktionieren. In zweiter Linie sollten auch Anstrengungen unternommen werden, sich in der innenpolitischen Sphäre jener Länder, hauptsächlich in der Medienwelt, Mittelsleute (Pressure Groups) aufzutreiben, um mittels der öffentlichen Meinung kurzfristige Ziele propagandistischer Natur zu erreichen. Allerdings waren damals die politischen Voraussetzungen dort vorhanden, die derartige Aktivitäten erlaubten. Es ist das Anliegen dieses Beitrags, die Formen aufzuzeigen, die diese Tätigkeit der SED in Griechenland und Zypern von den fünfziger bis zum Ende der achtziger Jahre hinein annahm. Die Darstellung basiert zum größten Teil auf bisher unausgewertetem Archivmaterial und Zeitzeugenaussagen, die der Verfasser im Rahmen seiner Dissertation in fünf Ländern (Griechenland, Deutschland, Zypern, England und Belgien) gesammelt hat.

 

Wie aus dem Diktat des Bedarfs eine ideologische Konformität wurde

Die erste und Hauptorganisation, die die SED als Vehikel ihrer Aktivitäten im Ostmittelmeerraum ansah, war die Kommunistische Partei Griechenlands KKE. Die Ansätze ihrer Beziehung gehen auf die Zeit des griechischen Bürgerkrieges 1946–1949 zurück, der im Anschluß an den zweiten Weltkrieg und die deutsche Okkupation ausbrach. Der griechische Bürgerkrieg hat seine Wurzeln in der politischen polarisierenden Atmosphäre, die noch vor dem Abzug der deutschen Truppen aus Griechenland im Oktober 1944 zwischen den rivalisierenden Widerstandsgruppen herrschte. Zu diesem Zeitpunkt waren die linken Resistancegruppen zahlenmäßig viel größer und viel populärer als die rechten. Sie waren jedoch viel heterogener und genossen im Gegensatz zu den rechten Widerstandsgruppen nicht die Unterstützung der probritischen Exilregierung Griechenlands und natürlich der britischen Truppen, die nach dem Krieg zusammen mit der Regierung wieder ins Land eilten.

Aus diesem Grund gelang es den Rechten sehr schnell, die Oberhand im Nachkriegsgriechenland zu gewinnen und sich bei dem anbahnenden Krieg eine bessere Ausgangslage zu verschaffen. Nachdem 1947 die Amerikaner die Briten als Schutzmacht des politischen Establishments in Griechenland abgelöst und sich in den Bürgerkrieg aktiv eingemischt hatten, war die innergriechische Fehde für die Linken aussichtslos geworden. Doch in dieser für die KKE heißen und äußerst kritischen Phase der militärischen Auseinandersetzungen 1948/1949 erklärte sich die SED mit den griechischen »Antifaschisten« solidarisch.

1948 beschloß das Zentralkomitee der SED, ein Hilfskomitee für das »Demokratische Griechenland« bzw. für die griechischen Kommunisten zu gründen. Es sollte Geld- und Sachspenden sowie humanitäre Hilfe für die Partisanenarmee im griechischen Bürgerkrieg aufbringen. Bis 1949 gelang es der SED, den griechischen Genossen ansehnliche materielle Hilfe zur Verfügung zu stellen.[8] Von größerer Bedeutung jedoch war, daß die Sowjetische Besatzungszone und spätere DDR rund 1300 Kinder aufnahm, die die griechischen Kommunisten im Rahmen der Operation »Paidomazoma« aus den umkämpften Gebieten herausgebracht und in den Ostblock geschickt hatten. Ihr Aufenthalt in Ostdeutschland sollte eigentlich provisorischen Charakter haben. Da aber die Kommunisten den Bürgerkrieg verloren und ins Exil mußten, blieben sie über Jahrzehnte hinweg in der DDR.

Aus den Kindern wurden mit Hilfe der SED qualifizierte Arbeiter, Wissenschaftler und nicht selten auch Parteifunktionäre. Aber trotz großer Bemühungen konnten weder die SED noch die KP Griechenlands (KKE) »sozialistische internationalistische Musterbürger«, Kämpfer für die Sache des Weltkommunismus zuerst in der DDR und später in Griechenland schaffen. Manche von ihnen politisierten sich in der SED und stellten sich in den Dienste des Proletarischen Internationalismus. Das bedeutete, daß sie direkt oder indirekt die Errungenschaften des »ersten Deutschen Staates der Arbeiter und der Bauern auf der Welt« in Griechenland propagierten. Die meisten blieben jedoch unpolitisch und fern von den Parteien. Einige von ihnen verließen sogar schon als Kinder die DDR, während andere nach ihrem Bildungsabschluß die verlockenderen Berufsangebote Westdeutschlands vorzogen und nach Westberlin übersiedelten.[9]

Somit setzte eine »brüderliche« Kooperation zwischen der SED und der KKE ein, die mit der Zeit konkretere Formen annahm. Den Eckstein ihrer Beziehungen bildeten, wie beschrieben, die Bemühungen des Ostblocks, in dieser Region politisch und ökonomisch Fuß zu fassen. Doch aus eigener Kraft konnte die KKE in den fünfziger Jahren nur ganz wenig in dieser Hinsicht bewirken. Gleich nach der Niederlage der Kommunisten im Sommer 1949 im griechischen Bürgerkrieg mußte die Partei zusammen mit einem großen Teil ihrer Anhängerschaft das Land verlassen und sich auf eine 25 Jahre währende Wanderschaft machen. Provisorischer Sitz der KKE-Führung wurde Bukarest. In Griechenland wiederum wurde der Staat der Sieger aufgebaut, in dem der Antikommunismus zu einer alle sozialen Ebenen durchziehenden Staatsideologie erhoben wurde. Alle diejenigen, die im Verdacht standen, dem Kommunismus gefolgt zu sein, wurden Verfolgungsobjekte. Spezielle »Umerziehungslager«, die von den Wohnverhältnissen her nur in wenigen Punkten den klassischen Konzentrationslagern nachstanden, waren eine äußerst beliebte Methode des Staates, die Linken wieder zu »nationalgesinnten« Bürgern zu machen.

Kommunistische Aktivitäten konnten nur im Hintergrund stattfinden. Sie wurden von einem Inlandspolitbüro organisiert, die eine Art zweiter Führung der KKE darstellte. Dank ihrer illegalen Hilfe konnte jedoch im Jahre 1951 von gemäßigten Sozialisten (ehemaligen Resistance-Kämpfern) eine linke Partei, die Einheitliche Demokratische Linke (EDA), gegründet werden. Diese neue Partei entwickelte sich rasch zu einer Sammelbewegung aller linken und progressiven Kräfte, der sich natürlich auch alle in Griechenland der Verfolgung entgangenen Kommunisten anschlossen. Die meisten von ihnen waren jedoch nach wie vor weisungsabhängig von der KKE.[10]

Die Exilführung der KKE erhielt dadurch eine willkommene Gelegenheit, ihre Arbeit mit Hilfe der EDA auch auf legaler Ebene in Griechenland fortzuführen. Der neuen EDA-Partei wiederum fehlte es an Organisation und finanzieller Unterstützung, um sich in der extrem feindlichen politischen Landschaft Griechenlands überhaupt behaupten zu können. So ließ sie sich in hohem Maße zum Sprachrohr der illegalen KKE machen. Dies wiederum sollte sich später als große Schwäche erweisen: Da die Exilführung dadurch ihre Präsenz immer deutlicher machte, um ihren Hegemonieanspruch über die gesamte linke Anhängerschaft aufrechtzuerhalten, konnte die hysterische antikommunistische Propaganda der Regierung gegen die EDA leichter aktiv werden. Angesichts des Umstands, daß die EDA eine Reaktion auf das ganze politische System der neugriechischen Gesellschaft war, bemühten sich die Staatsbehörden immer wieder, Anknüpfungspunkte zu finden, um die legale EDA mit der verbotenen KKE in Verbindung zu bringen.[11]

Dennoch erlebte die EDA einen rasanten Zuwachs an Mitgliedern und vor allem an Wählern. Bis 1956 war es der EDA gelungen, politisch »salonfähig« zu werden, indem sie sich an einem Wahlbündnis der Opposition mit der Volkspartei und einigen Parteien des Zentrums beteiligte, wodurch sie 18 von 300 Parlamentssitzen errang. Die EDA hatte es fünf Jahre nach ihrer Gründung geschafft, ihre Isolierung zu durchbrechen und zu einer maßgeblichen politischen Kraft zu werden.[12] Alle kommunistischen Parteien West- und Osteuropas, die Beziehungen zur KKE unterhielten, pflegten auch ein gutes Verhältnis zur EDA. Denn sie war diejenige Partei, die im Endeffekt als eine zugelassene und im Parlament vertretene Partei imstande war, etwas an der inneren politischen Entwicklung Griechenlands zu ändern. Im Besitz dieser Macht wurde die EDA in Griechenland zur Vertreterin der Ostblock-Belange.[13] Die ostdeutschen Genossen ließen ebenfalls keine Chance verstreichen, ihre eigenen politischen und ökonomischen Interessen durch die EDA kundzutun. Dies subsumierte sich unter der Bezeichnung »antiimperialistischer Feldzug«, was nichts anderes als die Unterminierung der ökonomischen und politischen Dominanz des »legitimen Vertreters« der deutschen Nation in Griechenland, der Bundesrepublik, war.

Tatsächlich vermochte die Bonner Außenpolitik in den fünfziger Jahren ein überraschend gutes politisch-ökonomisches Verhältnis zu Griechenland aufzubauen. Auf der ökonomischen Ebene kam dieses partnerschaftliche Verhältnis vor allem durch zahlreiche deutsche Investitionen in den griechischen Wiederaufbau zustande. Der Handel zwischen beiden Ländern wurde derart ausgedehnt (1962 kamen 18% der Gesamtimporte Griechenlands aus der BRD und 19% der griechischen Exporte gingen dorthin), daß die Bundesrepublik in den fünfziger Jahren, nach Einschätzungen der DDR-Handelsvertreter in Griechenland, den ersten Platz im Export und den zweiten im Import hinter den USA besaß.[14] Diese außerordentlich guten Beziehungen wirkten sich exemplarisch auf etliche politische Entscheidungen Athens im Betrachtungszeitraum, wie sein Verhältnis zu Kernforderungen der Bonner Außenpolitik und bei der »Bereinigung der Kriegsfolgen« (Kriegsverbrecherverfolgung), aus. Tatsächlich legte die griechische politische Elite (Hof, griechische Regierung) eine außerordentliche Bereitwilligkeit an den Tag, den Alleinvertretungsanspruch des westdeutschen Staates anzuerkennen und die internationale Position der BRD zu stärken. In diesem Sinne plädierte Athen in der Geburtsphase der Bonner Außenpolitik vehement für die Westintegration der Bundesrepublik in die NATO und den Europarat.[15]

Von großer Tragweite war jedoch die »nachsichtige« Haltung der griechischen Justiz zu deutschen Kriegsverbrechern (z.B. General Alexander Andrae[16]) nach dem Krieg. Im Juni 1956 einigten sich beide Seiten auf eine Vereinbarung, die die griechische Regierung verpflichtete, alle Kriegsverbrecherverfahren und Fahndungsmaßnahmen gegen die beschuldigten deutschen Staatsangehörigen bis zur Eröffnung deutscher Ermittlungsverfahren einzustellen und die Akten über rund 700 von Deutschen begangene Kriegsverbrechen und ähnliche Delikte der Bundesregierung zu übergeben.[17] Als sehr kulant erwiesen sich die Griechen auch bei der Entschädigung der Opfer zweier berüchtigter Massaker an der Zivilbevölkerung der Dörfer Distomo und Kalavrita, die deutsche Truppen in Griechenland während der Okkupation verübt hatten.[18] Einen im Geiste ähnlichen Verlauf nahm die sich über Jahre hinschleppende Diskussion über Wiedergutmachung und Reparationen, obwohl die griechische Regierung mit einer Note im Herbst 1956[19] Wiedergutmachungsleistungen von der Bundesrepublik einforderte.[20]

Nicht einmal die durch einen Zufall entstandene Merten-Affäre konnte die griechisch-westdeutschen Beziehungen nachhaltig stören. Als am 26. April 1957 der Berliner Rechtsanwalt und Ex-Wehrmachtsoffizier Dr. Max Merten als freiwilliger Zeuge in einem privatrechtlichen Verfahren gegen seinen ehemaligen Chefdolmetscher Meissner in Griechenland erschien, konnte niemand ahnen, daß er von den griechischen Behörden mit der Beschuldigung festgenommen würde, als ehemaliger Chef der deutschen Militärverwaltung in Makedonien maßgeblich an Deportationen und Hinrichtungen von Juden beteiligt gewesen zu sein.[21] Sehr hoch schlugen jedoch die Wellen in Griechenland und Deutschland, als Merten in seiner Haft plötzlich ein Foto mit angeblichen griechischen Komplizen aus der Besatzungszeit entdeckte, das ihm half, einige Vorkommnisse aus jener Zeit in sein Gedächtnis zurückzurufen. Die auf dem Foto abgelichteten Personen waren der griechische Ministerpräsident Konstantinos Karamanlis, der Innenminister Demetrios Makris und seine Frau Doxoula Makris, die ihn damals mit Informationen über Juden versorgt haben sollten. Laut Merten seien sie anschließend mit Mitteln aus dem beschlagnahmten jüdischen Vermögen entlohnt worden.[22] Daraufhin gerieten die Dinge in Bewegung. Nach zwei griechischen Abolitionsgesetzen 1958 und 1960, womit auf die Verfolgung von Kriegsverbrechern erneut verzichtet wurde,[23] konnte Merten 1960 in die BRD abgeschoben werden, wo die Ermittlungen gegen ihn nach einigen Jahren eingestellt wurden.

Dies alles waren in den Augen der DDR-Leute Zeichen der westdeutschen »imperialistischen Politik«. Von der ostdeutschen Handelsvertretung in Griechenland aus, des halboffiziellen »Organs« des DDR-Staatswesens[24] in Athen, hofften die DDR-Emissäre mit Hilfe ihres vielfältigen propagandistischen Instru­mentariums »die wahren Ziele und die Rolle des westdeutschen Imperialis­mus auch in Griechenland mit allen möglichen Mitteln zu entlarven«. Jener »antiimperialistische Feldzug« der DDR wäre jedoch zu dem Zeitpunkt ge­scheitert, wenn sich die griechischen Genossen der EDA ihn nicht auf ihre Fahnen (Programma Palis) geschrieben hätten.

Diese Bemühungen der DDR fielen nämlich in den fünfziger und sechziger Jahren mit dem Ringen der EDA zusammen, in der vom Antikommunismus geprägten politischen Landschaft Griechenlands das seit dem Ende des Bürgerkriegs kompromittierte Ansehen der linken Kräfte wiederherzustellen. Sehr schnell kam eine gegenseitige Hilfeleistung zwischen beiden Parteien zustande, die EDA und KKE finanzielle Unterstützung für ihren Agitationsapparat[25] (Druckmaschinen, Ausstattungsmaterial) und der SED politische Unterstützung brachte. Nicht nur die in Griechenland erscheinenden Zeitungen sondern auch die in der DDR griechischsprachige Zeitschrift Pyrsos finanzierte die SED damals, sie finanzierte auch die Redakteurstellen.

Die miteinander verflochtenen theoretischen Presseorgane der KKE und der EDA wurden jedoch nicht nur mit maschineller Ausrüstung und Geld versorgt, sondern auch mit Materialien, welche in der Propaganda-Abteilung des Außenministeriums der DDR angefertigt worden waren, und die die linksstehenden Zeitungen (Avgi, Anexartitos Typos) als Grundlage für ihre Artikel über die DDR zu verwenden hatten. Das Ergebnis dieser ergiebigen Kooperation war – wie dies wörtlich im Archiv der SED steht[26] – die bedingungslose Unterstützung der Außenpolitik der DDR und der anderen sozialistischen Länder in Griechenland.

Die SED honorierte diese bedingungslose Unterstützung vielfältig. Sie erleichterte nämlich die illegale Arbeit der Bruderpartei, indem sie es vom Boden der DDR aus ermöglichte, kommunistische Kader illegal über Frankreich nach Griechenland zu befördern.[27] Das Staatsgebiet der DDR war prädestiniert für diese Vorgehensweise der griechischen Genossen, weil sie, falls so etwas aufgedeckt würde, als ein nichtanerkannter Staat von keiner europäischen Regierung offiziell zur Rechenschaft gezogen werden konnte. Außerdem stand sowohl den EDA- und KKE-Genossen aus Griechenland als auch denen, die in der DDR aufgewachsen waren (Pädomazoma-Kinder), eine bestimmte Anzahl von Studienplätzen an den DDR-Universitäten zu.

Von großer Tragweite für das Fortbestehen der kommunistischen Bewegung in Griechenland war auch die direkte finanzielle Hilfe der SED an die Parteiorganisationen der KKE und der EDA in den fünfziger Jahren. Da mehrere zehntausend griechische Genossen den Repressalien des Staatsmechanismus ausgesetzt waren und ihnen meistens über Jahre hinaus jeglicher Zugang zu einer Erwerbsquelle verwehrt war, waren sie auf unmittelbare finanzielle Unterstützung durch die Partei angewiesen. Andere wiederum bedurften wegen ihrer illegalen Arbeit und langen Inhaftierung permanent sorgfältiger medizinischer Behandlung. Hin und wieder kamen Bitten in der Parteizentrale der SED an, die entweder spezifische Therapien oder Erholungsurlaub für EDA-Kader beantragten.[28]

Zu diesem Zweck wurden spezielle »Ehrenfonds« eingerichtet[29], von denen regelmäßig Devisen nach Griechenland flossen.[30] 1951 wurden von Mitgliedern der KKE mit der Unterstützung der SED zwei Kommissionen gebildet, deren Aufgabe es war, zum einen die Spenden zu organisieren sowie die Gelder zentral zusammenzufassen und zum anderen agitatorische Arbeit auf diesem Gebiet zu leisten. Ab April 1951 wurden die vielen einzelnen Summen, die an verschiedenen Orten bei den dortigen Gruppen vorhanden waren, auf ein Konto der Deutschen Notenbank in Radebeul zusammengezogen.[31] Im Gegenzug leisteten beide Parteien eine gezielte und geschickte propagandistische Arbeit zu Gunsten von SED und DDR.

Die linke Agitation nahm verschiedene Formen an; sie folgte im Großen und Ganzen einem bestimmten Muster. In offiziellen Veröffentlichungen[32] verklärte man einerseits die wirtschaftlichen Erfolge der DDR und unterstrich andererseits den elenden Zustand der griechischen Agrarproduzenten, das wachsende Handelsdefizit und die ökonomische Rückständigkeit Griechenlands, die auf Grund der Beteiligung des Landes an der EWG entstanden sei (der Assoziierungsvertrag zwischen Griechenland und der EWG wurde 1961 abgeschlossen und trat im November 1962 in Kraft). Die kommunistischen Kreise wußten ganz genau, worunter die Bauern litten, und verpaßten keine Chance, sich auf die unbarmherzige Regierung einzuschießen. Darüber hinaus pflegten sie die Regierung gegenüber den Amerikanern und den »Neonazis« (Bonner Regierung) als kriecherisch und servil zu denunzieren. Wasser auf die Mühlen der oppositionellen Agitation gossen in dieser Hinsicht folgende unübersehbare Tatsachen: Während der Kauf von Tabak und anderen Agrarprodukten durch den Westen stark nachließ, erklärte sich der Ostblock, insbesondere die DDR bereit, den Restbestand des Tabaks, der mittlerweile ein riesiges Ausmaß angenommen hatte und sich auf zehntausende von Tonnen belief, zu übernehmen. Selbst die europäischen NATO-Partner Griechenlands, darunter der beste Handelspartner Griechenlands, die Bundesrepublik, zogen es in kühler Abschätzung ihrer Interessen vor, Tabak von den Ostblockländern zu kaufen, weil er einfach billiger war.[33]

Als nächstes zeichnete man in sehr dunklen Farben die Blockadepolitik der BRD, die »im krassen Gegensatz zur politischen Praxis der DDR stünde«. »Die konsequent ausgestreckte Hand der Hilfe und der Freundschaft« der DDR habe sich nicht zuletzt in der ausgeglichenen Handelsbilanz zwischen beiden Staaten niedergeschlagen. Schließlich wurden sehr behutsam besondere Probleme der griechischen Wirtschaft angesprochen. Die Lösung dieser Probleme war »zufälligerweise«[34] mit konkreten Interessen der DDR in Griechenland identisch. Im Parlament verfolgten gleichzeitig die EDA-Abgeordneten und andere oppositionelle Politiker (hauptsächlich des politischen Zentrums) dieselben Interessen durch Anfragen zu den »brennenden Problemen« des Landes.[35] Selbstverständlich beinhalteten ihre Vorschläge eine mögliche Unterstützung der DDR zur Überwindung dieser Probleme.

Die Verfasser jener Artikel waren meistens zuvor in der DDR zu Besuch gewesen und unterließen aus diesem Grund nicht, wo auch immer sie es konnten, ihre positiven Reiseeindrücke zu schildern und »wie sehr sie beeindruckt von den Erfolgen der Arbeiterklasse im aller ersten deutschen Staat der Arbeiter und Bauern waren«. Diese Artikel handelten meistens »von den erreichten Erfolgen« auf Sektoren, die für die außenwirtschaftlichen Beziehungen der DDR relevant waren (landwirtschaftlicher Sektor, Telekommunikationswesen usw.).[36] Die Gegenleistung für diese »positiven« Artikel ging, was die einzelnen Personen angeht, manchmal über den Genuß eines opulent gestalteten Aufenthaltes in Ostdeutschland weit hinaus.[37]

Von den »DDR-Freunden«, die nicht selten auch im konservativen Lager[38] re­krutiert wurden, erhoffte man sich Aktionen (Artikel oder Vorträge), die darauf abzielten, in einer mit der Zeit stärker ritualisierten Weise[39] die »am Aufbau von Beziehungen mit allen Staaten interessierte DDR-Außenpolitik« dem »kleinen Mann« in Griechenland nahezubringen. Nachdem diese erste Botschaft klar und deutlich vermittelt worden war, stellte man die »Friedenspolitik« der DDR, die mittlerweile den »Faschismus« und »Militarismus« ausgerottet habe, vergleichend der Politik Bonns gegenüber, in der »Revanchismus und die Eroberungssucht« verwurzelt seien.

Die Effektivität dieses Unternehmens sicherten nicht zuletzt die Rückblenden auf die deutsche Besatzungszeit und die Nazi-Grausamkeiten ab, die sich von der mangelhaften Aufklärung einiger Kriegsverbrecher-Affären und der halbherzigen Entschädigung der Opfer des Nationalsozialismus nährten.[40] Selbstverständlich kamen die jeweiligen Autoren solcher Hetzblätter nicht zu Überlegungen über einen möglichen Anteil der DDR an jenen heiklen Fragen. Das MFAA pflegte, wenn die Gäste in der DDR auf solche »abwegige Ideen« kamen, ihnen deutlich zu machen, daß sie ihre Aufmerksamkeit anderen Fragen schenken sollten.[41]

Fruchtbaren Boden lieferte vor diesem Hintergrund der DDR-Agitation die schlagzeilenträchtige »Merten-Affäre«, die die griechische Öffentlichkeit drei Jahre lang beschäftigte. Die DDR befand sich im Vergleich zu allen anderen Ostblockstaaten als Mitstreiterin der EDA in einem erheblichem Vorteil, weil auf ihrem Boden einschlägige Archivalien über den Fall verfügbar waren. Sehr aufschlußreich ist die Korrespondenz zwischen der EDA und der SED im Zeitraum zwischen 1958 und 1960, als die Angelegenheit die Gemüter in Griechenland erhitzte. Wie sich aus der Archivlage ergibt, bewies die EDA bei ihrer »Entlarvungskampagne« gegen die Kriegsverbrecher ein äußerst reges Interesse an der Vergangenheit dieser Personen, was sich nicht zuletzt durch ihre wiederholten Petitionsbriefe an die SED und Besuche EDA-Abgeordneter (P. Mavromatis, K. Pyromaglou) in der DDR bestätigt.[42]

Der Zweck dieser Bemühungen war, wie ganz klar in den Archivalien steht, Material über Kriegsverbrecher zu sammeln, darunter auch über Merten, die »Gewaltakte in Griechenland ausgeführt hatten und jetzt in Westdeutschland wieder in Positionen sind«.[43] Das Material sollte anschließend der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Über den Verlauf der Nachforschungen wurde auch die sowjetische Botschaft informiert, die in Gesprächen mit der Handelsvertretung Instruktionen gab, wann es am günstigsten sei, unter Ausnutzung der Merten-Angelegenheit der griechischen Regierung gewisse Forderungen zu stellen.[44]

Eine andere, nicht so populäre, aber weniger komplizierte propagandistische Praxis, auf die Existenz des zweiten deutschen Staates aufmerksam zu machen, bildeten die sogenannten Friedens-, Kultur- und Humanitäts-Aktionen der DDR, die sie konsequent seit Mitte der fünfziger Jahre verfolgte. In die Bandbreite dieses »internationalistischen Engagements« gehörten die Hilfe für Erdbebenopfer[45], die Organisierung diverser kultureller Veranstaltungen (Filmwochen, Vorträge usw.)[46] – meistens durch den EDA-Parteiapparat – die Unterstützung bzw. die Herausgabe von griechischsprachigen Dissertationen und Forschungsprojekten aller Art[47], sowie die Gründung von DDR-freundlichen Vereinen wie der »Freundschaftsgesellschaft Griechenland – DDR«, deren Präsident ein Mitglied der EDA, Dr. J. Imbriotis, war. [48]

Solange die EDA das politische Establishment nicht direkt bedrohte, interessierten sich wenige im Ausland und Inland für den Widerhall dieser Attacken. Als jedoch bei den Parlamentswahlen von 1958 die »kommunistische EDA« von einer Splitterpartei zur stärksten Oppositionspartei Griechenlands wurde, fing man sowohl in der griechischen Regierung als auch in der westdeutschen Botschaft an, nach den Ursachen für den so günstigen Wahlausgang der EDA zu suchen.  Plötzlich stellte man fest, daß die Unzufriedenheit der Bevölkerung kein Produkt der kommunistischen Phantasie war, sondern aus der realen Wirtschaftslage resultierte. Aus diesem Grund galt es, wirtschafts- und handelspolitische Fragen in den Vordergrund zu stellen. Auf einmal fiel es den westdeutschen Diplomaten in Athen leichter, auf die dringenden Bitten der griechischen Regierung, »die Bundesregierung möge die Möglichkeit einer Einfuhr von 500 000 Tonnen unverkauften griechischen Weizens prüfen«, einzugehen. Obwohl der Import griechischen Weizens mit dem deutschen Einfuhrplan dieses Jahres nicht vereinbar war und Qualität und Preis des griechischen Weizens keineswegs den deutschen Wünschen entsprachen, hielt es die deutsche Botschaft in Athen »nicht nur aus handelspolitischen, sondern auch aus politischen Gründen für geboten«, im Rahmen eines Dreiecksgeschäftes in Kombination mit amerikanischem Weizen gegen den Austausch von deutschen Industrieerzeugnissen die Einfuhr griechischen Weizens doch noch zu ermöglichen. [49]

 

Die Zypernfrage

Ein Thema, das sich besonders für Agitation und antiwestdeutsche Politik bot, war das sogenannte Zypernproblem. Zutreffenderweise erkannten die Kryptodiplomaten Ostberlins sehr früh die Achillesferse der Bonner Diplomatie in Bezug auf den Zypernkonflikt.[50] Anders als die Bundesrepublik, die seit dem ersten Aufflammen des Konflikts 1955 konsequent eine strikt neutrale Haltung beherzigte, entschied sich die DDR sowohl während des Unabhängigkeitskriegs gegen die britische Kolonialherrschaft 1955–1959 als auch bei allen türkisch-griechischen Auseinandersetzungen in den sechziger Jahren für die griechisch-zypriotische Seite. Damit folgte sie dem Beispiel der Sowjetunion.[51] Dies kann man in einem Aktenvermerk der europäischen Abteilung der SED über die Vorschläge Gromykos zur Lösung der Zypernfrage im Jahre 1965 deutlich nachlesen: »Alle Stellungnahmen der DDR haben stets die gleiche Grundlinie wie die UdSSR verfolgt und die NATO-feindliche Politik der Regierung Makarios unterstützt. In der Frage der Minderheit der Türken wurde jedoch ebenfalls die völkerrechtlich vertretbare Linie der Regierung Makarios unterstützt, ohne darauf jedoch ausführlich einzugehen. Es muß berücksichtigt werden, daß die türkischen Extremisten in Zypern und ihre Aktionen zum Vorwand für Aggressions- und Interventionsakte der Türkei genommen wurden«.[52]

Die DDR sah ihrerseits in jener massiven Parteinahme Moskaus[53] für die griechisch-zypriotische Regierung eine Möglichkeit, den Konflikt für eigene politische Ziele zu nutzen. Zypern rückte sofort nach der Gründung der Republik in den höchsten Prioritätsrang der »Länderliste« des MFAA auf. Dies war nicht nur auf die sowjetische Politik zurückzuführen, sondern auch darauf, daß der zypriotische Staat nicht dem NATO-Bündnis angehörte (Zypern wurde sogar in den sechziger Jahren Mitglied der »Bewegung der Unabhängigen Staaten«), also nicht den bekannten diskriminierenden Vorgaben unterworfen war. Dies bedeutete, daß weder einer Aufnahme diplomatischer Beziehungen noch einer Reihe anderen Tätigkeiten der DDR nennenswerte Hindernisse im Weg standen. Daher avancierte die Insel rasch nach Prag zum zweiten »Anknüpfungsort« für Kontakte der DDR zu dritten Ländern. Während Prag das »Zentrum« für die Kontakte zu entwickelten Ländern war, bildete Zypern das für die Kontakte zu Entwicklungsländern »zuständige Zentrum« der DDR.[54]

Als der erste Präsident der Republik Zypern, Makarios, kurz nach der Unabhängigkeitserklärung 1960 dem Westen zu verstehen gab, er sei nicht bereit, eine ähnliche Einmischung in die inneren Angelegenheiten Zyperns wie in Griechenland zu dulden, intensivierte Ostberlin wieder durch den SED-Apparat für internationale Verbindungen seine Bemühungen, im Einklang mit der Politik Moskaus durch eine Parteinahme politische Erfolge zu erzielen. Wie im Fall Griechenland hoffte Ostberlin darauf, dort eine günstige Ausgangsposition für später folgende Beziehungen auf staatlicher Ebene zu schaffen. Auftrieb gab den Hoffnungen der Ostdeutschen der äußerst eindrucksvolle Erfolg der Kommunistischen Partei Zyperns AKEL, die bei sämtlichen Wahlen seit der Gründung der Republik 1960 bis heute ständig mehr als 30% der Stimmen auf sich vereinigen konnte.

Deswegen formierte sich in ähnlicher Weise wie in Griechenland in den sechziger Jahren auch auf Zypern eine sehr enge Verbindung der SED zur AKEL und den unzähligen ihr nahestehenden Organisationen. Seit 1960 kam im Rahmen der kommunistischen Solidarität jährlich in die DDR eine Anzahl Jugendlicher, die exklusiv auf Kosten der DDR Fachausbildungen oder diverse für die zypriotische Wirtschaft wichtige Studiengänge absolvierte. Diese jungen Leute waren sowohl griechisch-zypriotische als auch türkisch-zypriotische Studenten und konnten meistens mit Sonderbedingungen rechnen.[55] Es wurde meistens von ihnen erwartet, daß sie nach ihrem Studienabschluß auf der Insel für die DDR werben sollten. Auf ihre Initiative geht die Veröffentlichung mehrerer für die DDR positiver Artikel in der dominanten AKEL-Parteipresse zurück, die sie für die zypriotische »fortschrittliche« Presse übersetzten, sowie die Gründung der Freundesgesellschaft DDR-Zypern im Jahre 1966. [56]

Die Beziehungen zwischen den Parteien gingen freilich darüber weit hinaus und erfaßten ein breiteres politisch-ökonomisches Spektrum, das vom Handel zwischen Parteifirmen und der DDR[57] bis hin zur offensichtlichen propagandistischen Arbeit zu Gunsten der DDR reichte. Die Auslandpropaganda entwickelte sich entweder über die Gewerkschaftsorganisationen der AKEL, die in Verbindung zu FDGB und VdGB standen,[58] oder direkt über die AKEL, die verschiedene Prominente auf der Insel zu kontaktieren versuchte, um den zweiten deutschen Staat im Kontrast zur BRD positiv herauszustreichen. Eine solche Aktion stellt die Bildung eines Komitees für die Anerkennung der DDR gegen Ende der sechziger Jahre dar.

Diese Verbindungen der Kommunistischen Partei, der ältesten und am besten organisierten politischen Struktur Zyperns, nämlich, ermöglichten es der DDR, einige aufsehenerregende wirtschaftliche und politische Erfolge zu erzielen. Tatsächlich gelang es Ostberlin, mit dem Standort Zypern zum zweiten Mal[59] in der westlichen Welt eine mit konsularischen und verstärkten Handelsrechten ausgestattete Handelsmission zu errichten.[60] Dies ist um so bemerkenswerter, als die zypriotische Regierung kurz nach ihrer Bildung allein die Bundesrepublik diplomatisch anerkannte. Man kann sogar davon ausgehen, daß die Herstellung normaler diplomatischer Beziehungen zwischen beiden Ländern schneller als 1972 erfolgt wäre, wenn Nikosia nicht um eine sehr »verfängliche Eventualität« gefürchtet hätte, die einer Anerkennung der DDR ständig im Wege stand. Die Regierung, erklärten die Zyprioten den DDR-Vertretern, dürfe auf keinen Fall einen Präzedenzfall schaffen, indem sie offiziell anerkannte, daß ein Staat zweigeteilt würde. Dies würde den separatistischen Ambitionen der türkischen Seite Auftrieb geben und die Gefahr einer Spaltung der Inselrepublik erhöhen. [61]

 

Die »internationalistische Brüderschaft« auf dem Prüfstand: Die KKE-Spaltung und die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen der DDR und der griechischen Militärjunta

1968 traten die Beziehungen zwischen den griechischen und den ostdeutschen Kommunisten in eine neue Phase ein. Die Existenz zweier Machtzentren in der griechischen linken Bewegung, des Inlandsbüros und der EDA auf der einen Seite und der Exilführung auf der anderen, sorgte in den fünfziger und sechziger Jahren für heftige Fraktionskämpfe, die in einer Spaltung der KKE im Jahre 1968 gipfelten. Die moskautreue Exilführung empfand den politischen Kurs der Inlandsgenossen als eine Bedrohung ihrer Position. Vor allem betrachtete sie die Annäherungen der EDA an den Eurokommunismus, die vom Inlandsbüro der KKE unterstützt wurden, als eine unzulässige ideologische Abweichung vom sowjetischen ideologischen Sozialismusmodell. Nach einem turbulenten Plenum in Budapest im Februar 1968 vermochte die Exilführung mit sowjetischer Hilfe den Parteiausschluß der »Dissidenten« mit dem Vorwurf durchzusetzen, sie hätten durch ihre revisionistische Fraktionstätigkeit der Partei geschadet.[62]

Die Revisionisten reagierten prompt. Sie fuhren nach Bukarest, wo sich die Residenz der Parteiführung und der Propagandaapparat befanden und beschlagnahmten das für die Kommunisten heilige Parteiarchiv. Anschließend besetzten sie das Parteisprachrohr, den Rundfunksender »Die Stimme der Wahrheit«, und legten dem kommunistischen Publikum in Griechenland und Osteuropa ihre eigene Interpretation über die Entwicklung des Plenums vor. Dabei konnten sie mit der Hilfe der rumänischen KP rechnen. Die Rumänen, die unter der Führung Ceauşescus seit 1965 einen Kollisionskurs zur KPdSU steuerten, erhielten dadurch eine willkommene Gelegenheit, sich stellvertretend der Macht Moskaus zu widersetzen und unterstützten alle Aktionen der Revisionisten. Mit rumänischer Hilfe konnten sich letztere zu einer eigenen kommunistischen Partei (KKEex.) konstituieren.

Die beiden Parteien bemühten sich von da an darum, sich exklusiv als die rechtmäßigen Vertreter der griechischen kommunistischen Bewegung zu präsentieren und lieferten sich einen erbitterten Konkurrenzkampf, der auf Jahre hinaus anhielt.[63] Die Spaltung der griechischen Kommunisten, die quer durch alle KKE- und EDA-Organisationen ging, war ein Ereignis von großer Tragweite, da sie während der griechischen Militärdiktatur (1967–1974) erfolgte und eine Zersplitterung jener Kräfte hervorrief, die auf Grund ihrer Tradition einen aktiven Widerstand gegen die Junta hätten leisten können.

Jedenfalls war die Periode zwischen Mitte 1968 und Anfang 1970 für die Exilführung eine Zeit der Verzweiflung. Die Luft in Bukarest wurde für die moskautreuen griechischen Kommunisten durch das »antikameradschaftliche« Gebaren der KPR »zu knapp«. In Griechenland war der Parteimechanismus nach dem Putsch völlig demontiert worden. Die Kommunisten stellten das Hauptobjekt der faschistischen Wut dar. Die aufopfernde Tätigkeit der wenigen Mitglieder, die noch nicht verhaftet worden waren, war durch die Spaltung schwer gehandikapt. Für die moskautreue KKE stellten sich zu diesem Zeitpunkt zwei dringende Aufgaben. Es galt, erstens die Parteizentrale auf sicheren Boden zu verlagern und zweitens so schnell wie möglich einen neuen Rundfunksender aufzubauen, um den Kontakt mit ihrer Anhängerschaft wiederherstellen zu können. In diesen schwierigen Momenten kam den griechischen Genossen noch einmal die SED zur Hilfe. Dort sollte sich jener Teil der KP-Führung ansiedeln, der für die politische Aufklärung der Kader und die Parteipropaganda verantwortlich war (Kathotigisi tou Kommatos). Es sollte auch der Rundfunksender der KKE, die Stimme der Partei nach außen, wiederaufgebaut werden. Ein Teil des Mechanismus mußte aus praktischen und formellen Gründen weiterhin in Bukarest lokalisiert bleiben.[64]

Die DDR war damals zu dieser Aufgabe prädestiniert, weil sie außer Albanien die einzige Volksdemokratie war, zu der Griechenland keinerlei diplomatische Beziehungen unterhielt. Dies bedeutete, daß sie nicht in Gefahr geriet, ihr Verhältnis zum griechischen offiziellen Staat zu gefährden, indem sie dem Staatsfeind Nr.1 der griechischen Nation Unterkunft gewährte. Die Ansiedlung des Eckpfeilers der griechischen KP in der DDR war zu diesem Zeitpunkt trotzdem mit großem Aufwand und erheblichem politischen Risiko verbunden und bildete unter den damaligen Verhältnissen für die DDR und die SED eine Überforderung. Um ihr Gesicht in der kommunistischen Weltgemeinschaft wahren zu können, mußte sich damals die SED mit dem »orthodoxen« Flügel solidarisieren. Dies war jedoch ein Rückschlag für ihren diplomatischen Kampf, in dieser Region Fuß zu fassen.[65] Der Grund war, daß die DDR im gleichen Zeitraum eine Normalisierung ihrer Beziehungen zur griechischen Militärjunta anvisierte!

Die Machtübernahme der Obristen in Griechenland im April 1967 überraschte Bonn und Ostberlin gleichermaßen. Während anfänglich in der BRD nur SPD-Politiker ihre Proteste gegen das faschistische Regime bekundeten, ging die DDR als Staat mit scharfen offiziellen Erklärungen[66] voll in die Offensive. Während sich jedoch die Beziehungen zwischen Athen und Bonn nach der Übernahme der Regierungsverantwortung von Willy Brandt 1969 rasch verschlechterten,[67] fingen die schärfsten Antikommunisten Europas an, bedeutende Wirtschaftskontakte zu Ostberlin zu knüpfen. In seiner Neujahrsbotschaft 1970 befand Junta-Chef Papadopoulos, daß »der Kommunismus keine große Gefahr zu sein scheint«. Erstmals nach zweijähriger Unterbrechung beschickten die Griechen die Leipziger Messe mit 150 Ausstellern. Handelskammerpräsident Ioannis Kannelopoulos bezeichnete Griechenlands Beziehungen zur DDR zwar als »eigenartig«, forderte aber gleichzeitig: »Wir müssen größere Mengen ostdeutscher Produkte kaufen.«[68]

Die allmähliche Verbesserung der Wirtschaftsbeziehungen verstärkte in beiden Ländern bald den Wunsch nach Normalisierung auch der politischen Beziehungen. Der im Dezember 1972 unterzeichnete Grundlagenvertrag zwischen den zwei deutschen Staaten und die Aufhebung der Hallstein-Doktrin, die eine Anerkennungswelle gegenüber der DDR ermöglichten, lieferten diesem Wunsch auch die diplomatische Grundlage. Anfang 1973 hielt das Ministerium für auswärtige Angelegenheiten der DDR die Bedingungen für den Aufbau von Beziehungen zum Athener Regime für reif. Auf seine Vorlage hin beschloß das Politbüro des Zentralkomitees der SED am 23. Januar 1973 allen ideologischen und politischen Hemmungen zum Trotz, umfassende Verhandlungen über die Herstellung di­plomatischer Beziehungen zu Griechenland vorzubereiten und alle sich daraus ergebenen Maßnahmen zu veranlassen.[69]

Einige Wochen zuvor war der orthodoxe Flügel der KKE (KKEex.) über den sich anbahnenden Aufbau diplomatischer Beziehungen der DDR zur Athener Junta unterrichtet worden. Am 14. April 1973 empfing Erich Honecker eine Delegation unter der Leitung des neugewählten Generalsekretärs der Partei, Charilaos Florakis.[70] Dabei wurden die Griechen einer eigenartigen und dehnbaren Interpretation des »proletarischen Internationalismus« belehrt. Die Interventionsmöglichkeiten der griechischen KP gegen die Entscheidung ihrer Schutzpa­trons waren natürlich sehr beschränkt. Als Konzession der SED gegenüber den Einwendungen der Bruderpartei, die sicherlich geäußert wurden, könnte gewertet werden, daß die DDR mit dem Austausch von Botschaftern bis zum Zeitpunkt nach der Wiederherstellung der Demokratie in Griechenland wartete.[71]

Die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen der DDR und den griechischen Faschisten war ein harter Schlag für das Gemüt der griechischen Genossen.[72] Ostberlin ließ in der Tat eine alte, in schwierigen Zeiten geschmiedete Freundschaft in den Hintergrund treten, um dem Diktat der kühlen Vernunft Rechnung zu tragen. Die DDR verhielt sich diesseits der politischen Legalität und jenseits der ideologischen und moralischen Integrität. Sie gab den Primat der Politik auf seltsame Weise preis. Es war nicht der ökonomische Profit, den sie diesmal opferte, um ihre politischen Ziele zu erlangen, sondern ihre eigene Stütze, die Partei, die zwei Jahrzehnte lang diesem Zweck gedient hatte. Die griechischen Kommunisten in den Gefängnissen waren sich dieser Realität bewußt, schwiegen aber. Als eine Conspiration de Silence charakterisierte der spätere Generalsekretär der KKE und damals inhaftierte Gr. Farakos diese Haltung der Kommunisten. Alle versuchten sich mit der Erklärung der Führung abzufinden, die Kooperation zwischen der Junta und sozialistischen Demokratien diene nur dem Ziel, sie auf dem internationalen Parkett zu stärken, um später den Kampf gegen den kapitalistischen Feind fortführen zu können. Den Parteimitgliedern wurde eingehämmert, daß Moskau auf diese Weise den amerikanischen Einfluß in dieser Region viel effektiver zurückdrängen könne. Die griechischen Kommunisten hatten indessen keine andere Wahl, als diese Entscheidung Ostberlins zu akzeptieren. Finanziell völlig auf die »Bruderpartei« der SED gestellt, war die KKE gezwungen, nicht nur die Aufnahme nicht anzuzweifeln, sondern auch zu begrüßen,[73] um den Eindruck zu vermitteln, es habe sich um einen einvernehmlichen Beschluß gehandelt.

 

Die Periode nach der Militärjunta

Das Jahr 1974 brachte für Griechenland zwei Ereignisse von erdrutschartiger Bedeutung. Das eine war der Sturz des Militärregimes und das zweite die türkische völkerrechtswidrige Invasion auf Zypern, die eine de facto Teilung der Insel nach sich zog. Beide Vorkommnisse kamen den Zielen der DDR in dieser Region zugute. Die Rückkehr der Demokratie wurde von der Wiederlegalisierung der kommunistischen Parteien begleitet. Die KKE war endlich imstande, vollständig die Rolle zu übernehmen, die für die ostdeutschen Interessen in der Region von Belang war. Die großzügige finanzielle und politische Unterstützung der SED an die KKE in ihrem Kampf mit den Revisionisten um den Alleinvertretungsanspruch im linken Spektrum half den griechischen Genossen, das antikameradschaftliche Verhalten der Ostdeutschen in Vergessenheit geraten zu lassen.

Das Organisationsvermögen der griechischen Kommunisten aus der Zeit der Illegalität machte sich auch in der Zeit der legalen Existenz bezahlt. Bereits in den siebziger Jahren konnte die KKE dank der Tageszeitung Rizospastis und der Monatszeitschrift KOMEP auf eine kompakte Presseunterstützung stolz sein. Das Interesse der DDR galt nach wie vor dem Energie- und Telekommunikationsbereich (Braunkohleerschließung in Ptolemais, Materialbestellungen der nationalen Telekommunikationsgesellschaft Griechenlands OTE u.a.). Sowohl in der Parteipresse[74] und der KOMEP in verschiedenen Publikationen der Politemigranten in der DDR[75] als auch auf nunmehr parlamentarischer Ebene versuchte man, die Erfolge der DDR auf diesen Gebieten zu popularisieren und den vor der griechischen Junta unterbreiteten ostdeutschen Offerten neue Attraktivität zu verleihen.

In der Zypernfrage bemühte sich die DDR auch weiter, sich in Zusammenhang mit den dramatischen politischen Entwicklungen im Mittelmeerraum vom Jahre 1974 Reputation zu verschaffen und daraus möglichst viel politisches Kapital zu schlagen. In den offiziellen Erklärungen der DDR-Regierung[76] zur türki­schen Invasion versuchte man in Ostberlin das Konfliktpotential im Rahmen seines »antiimperialistischen« Engagements zu instrumentalisieren. Mit sehr ge­färbten Worten und emotionsbeladenen Vorwürfen wurde die »NATO-Intervention« angeprangert und die Forderung nach der »unverzüglichen und restlosen Entfernung des Militärpersonals von Zypern als vordringliche Maßnahme zur Beseitigung der Aggression« zum Ausdruck gebracht. Unterstützt wurde natürlich diese Kampagne vom Presseapparat der KKE, der die anti-okzidentalen Ressentiments sehr erfolgreich für seine Zwecke benutzte.

Dieser populistischen Taktik bediente sich indessen effektiver ein neuer Faktor im griechischen politischen Geschehen. Dieser Faktor hieß Andreas Papandreou, der seine von ihm gegründete und autoritär angeführte Sozialistische Partei Griechenlands PASOK nach einem siebenjährigen (1974–1981) fulminanten politischen Werdegang an die Macht führte. 1981 gewann die PASOK die Parlamentswahlen mit großer Mehrheit und bildete zum ersten Mal in der neu­griechischen Geschichte eine sozialistische Regierung. Mit demagogischen Postulaten hatte dieser charismatische Rhetoriker in diesen sieben Jahren sämtliche antiamerikanischen Gefühle des griechischen Kleinmannes zu Parteizwecken instrumentalisiert und die große Mehrheit des Kleinbürgertums für sich gewinnen können.

Damit errang er nicht nur das Votum der griechischen Kleinbürger, sondern auch die Sympathie der Ostblockländer, die nunmehr in ihm das trojanische Pferd sahen, den NATO-Ostflügel zu stören. In einer falschen Einschätzung der wirklichen Intentionen Papandreous richteten die Ostblockstaaten ihre Griechenlandpolitik nicht so sehr auf die Bruderpartei aus, sondern auf deren sozialistischen Kontrahenten, die PASOK. Die KKE mußte wieder der »proletarisch internationalistischen« Gunst der SED entbehren. Stützen konnte sich die SED dabei auf die Außenpolitik der PASOK. Da Papandreou bald nach seinem Aufstieg an die Macht in das Kreuzfeuer der innerparteilichen Kritik für seine uneingelösten Versprechen geriet, durch die der Sozialismus in Griechenland verwirklicht werden sollte, suchte er aus der innenpolitischen Logik immer wieder die dazu »passenden« außenpolitischen Konstellationen heraus, um den Gegenbeweis erbringen und damit das gestörte ideologische Gleichgewicht wiederherstellen zu können.[77]

Obwohl er entgegen manchen griechischen Erwartungen und westlichen Befürchtungen[78] weder den Rückzug aus der NATO noch den aus der EG durchsetzte, wie er vor den Wahlen angekündigt hatte, baute Papandreou vor allem die Beziehungen zur Sowjetunion und der DDR weiter aus. Durch Verträge, offizielle Besuche und Moskaufreundliche Stellungnahmen erlangte der griechische Premierminister nicht nur die Gunst der Ostblockländer, sondern konnte auch innenpolitisch den Eindruck vermitteln, er praktiziere eine absolut eigenständige, auf den nationalen Interessen basierende Außenpolitik.[79] Griechenland wurde bald das NATO-Land, mit dem die DDR in den achtziger Jahren die meisten Staatsbesuche austauschte. Außer den zahlreichen gegenseitigen Ministerbesuchen stattete Papandreou der DDR zwei Staatsbesuche (im Juli 1984 und im Januar 1988) ab. Mit Christos Sartzetakis reiste im September 1986 erstmals ein Staatsoberhaupt eines NATO-Landes zu einer offiziellen Visite in die DDR.[80] Parallel fanden zahlreiche Treffen zwischen der PASOK und der SED statt, bei deren Kommuniques stets »die volle Übereinstimmung in wichtigen Fragen der Weltpolitik« bekundet wurde.[81]

Das freundschaftliche Verhältnis zwischen beiden Parteien und Ländern entwickelte sich so gut, daß Honecker seinen Staatsbesuch in Griechenland mitten in der Wahlkampagne der PASOK im Frühling 1985 unternehmen wollte. Nur auf massiven Druck der griechischen kommunistischen Genossen hin konnte der Staatsbesuch Honeckers auf die Zeit nach den Wahlen verschoben werden.[82] Aufgrund dieser Treffen, in deren gemeinsamen Mitteilungen fast immer der griechische Standpunkt nicht nur im Hinblick auf den Zypernkonflikt, sondern auch in Bezug auf die griechisch-türkischen Differenzen in der Ägäis voll übernommen wurde,[83] vermochte die SED gleichzeitig zwei Ziele zu errreichen. Zum einen verschaffte sie sich internationale Anerkennung und Reputation und zum anderen schaffte sie es, sich im krassen Gegensatz zu der neutralen Politik Bonns unter die Länder zu positionieren, die eine klare griechenlandfreundliche Stellung zu den griechisch-türkischen Auseinandersetzungen bezogen.

Allerdings verspielte Athen dadurch das diplomatische Vertrauen der Bundesrepublik. Die »linksradikal« anmutenden Eskapaden der griechischen Diplomatie hatten bereits seit dem Machtantritt Papandreous nicht selten den deutschen Diplomaten Angst vor dem Verlust der traditionell dominanten politisch-ökonomischen Stellung der BRD in Griechenland eingejagt. Griechenland war zwar nicht der einzige NATO-Staat, welcher der in den achtziger Jahren gestarteten Westoffensive der DDR so bereitwillig entgegenkam und seine Beziehungen zur ihr so sprunghaft verbesserte, aber der einzige NATO- und EG-Partner, der nicht im Vorfeld jedes Vorstoßes Bonn konsultierte. Als dann die Griechen, um den Solidaritätsaktionen Ostberlins in der Auseinandersetzung Athen–Ankara entgegenzukommen, in der Frage der Stationierung von Mittelstreckenraketen in Europa eine kategorische Ablehnung an den Tag legten, einer Frage, die sogar in der innenpolitischen Kontroverse der BRD für Aufruhr gesorgt hatte, begannen sich in Bonn turkophile Reaktionen abzuzeichnen.[84] Es mußte der Zusammenbruch der DDR und der Sturz Papandreous im gleichen Jahr stattfinden, damit mancher Diplomat in Bonn das Vertrauen zu den unberechenbaren Griechen wiederherstellen konnte. Der neue konservative Premierminister Griechenlands, K. Mitsotakis, begann dann seine erste Europatour mit einem Besuch in Bonn, wo er seinen Staatskollegen und ideologischen »Genossen« Helmut Kohl traf.

 


[1] Fleischer, Hagen: Postwar Relations between Greece and the two German States: A Reevaluation in the Light of German Unification. In: The Southeast European Yearbook 1991, Athen 1992, S. 166.

[2] Höpker, Wolfang: Griechenland im Blickfeld Moskaus. In: Osteuropa, 7/10 (Oktober 1957), S. 724.

[3] Ebenda, S. 725.

[4] Siehe hierzu die sehr interessante Analyse von Putensen, Dörte: Im Konfliktfeld zwischen Ost und West. Finnland, der Kalte Krieg und die Deutsche Frage (1947–1973). Berlin 2000.

[5] Island verlangte von den ostdeutschen Diplomaten nicht, sich vor dem Alliierten-Travelboard auszuweisen und dabei die diskriminierende Bezeichnung in ihren Reiseunterlagen Presumed German zu akzeptieren. Die Griechen hielten sich zwar formell daran, in der Praxis aber sahen sie meistens darüber hinweg und ließen die Ostdeutschen mit ihrer eigenen Identität nach Griechenland einreisen.

[6] Dies wird unter anderem in einem Gespräch zwischen dem ersten Sekretär der sowjetischen Botschaft in Berlin, Genosse Tolstow, und dem Leiter der europäischen Abteilung des MFAA, Genosse Plaschke, vom 15. 12. 1964 kenntlich: MFAA, A 184–5, »Gespräch über die Entwicklung der Beziehung der DDR zu Griechenland und Zypern«, sowie in einem Bericht der europäischen Abteilung des MFAA zur Vorbereitung geeigneter Maßnahmen für die weitere Unterstützung Zyperns und die Entwicklung der zweiseitigen Beziehungen vom 11. 3. 1964: MFAA, A 12890, »Beziehungen zu Zypern«. Siehe auch Fleischer, Hagen: Vom Kalten Krieg zur »Neuen Ordnung«: Der Faktor Griechenland in der deutschen Außenpolitik«. In: Thetis 3, Mannheim (1996), S. 302.

[7] Siehe Kuppe, Johannes: 7 Phasen. In: Jacobsen, Hans-Adolf u.a. (Hg.): Drei Jahrzehnte Außenpolitik der DDR. München/Wien 1979, S. 175ff.

[8] Archiv Moderner Sozialer Geschichte in Athen (von nun an als ASKI zitiert) Archivbereich 180 und Stiftung Archiv der Parteien und der Massenorganisationen der DDR (von nun an als SAPMO zitiert): DY 16/1044 und DY 34/20147.

[9] Repräsentativ siehe SAPMO: DY 16/1044 und DY 34 13/398/2870 und ASKI: Archivbereich 127.

[10] Kyrkos, Leonidas: Anatreptika. Athen 1995, S. 165–166.

[11] Farakos, Grigoris: Anamniseis kai Stochasmoi. Athen 1993, S. 106–108.

[12] Nikolakopoulos, Ilias: Kommata kai Ekloges stin Ellada. Athen 1995. S. 422ff. (Die beste Wahlanalyse, die bisher vorliegt).

[13] Caucig, Franz von: Griechenland durchschaut die Offerten des Ostens. In: Außenpolitik 12/3 (1961), S. 210.

[14] Siehe Kontogeorgis, Georgios: Die Wirtschafts- und Handelsbeziehungen zwischen Griechenland und der BRD. In: Institut for Balkan Studies (Hg.): Griechenland und die BRD im Rahmen Nachkriegseuropas S. 54–55; Kiesewetter, Bruno: Die Wirtschaftsbeziehungen der Südosteuropastaaten zur Bundesrepublik Deutschland und zur sogenannten DDR. In: Vogel, Rudolf (Hg.): Wirtschaft und Gesellschaft Südosteuropas. München 1961, S. 91–92 und die Analysen der DDR-Vertretung in Griechenland: MFAA, A 632-6, »Bericht über die Beziehung zu Griechenland vom 30. 9. 1957«.

[15] MFAA, A 4568, »Zur Haltung Griechenlands in der Deutschlandfrage« und Fleischer, Hagen: Der Neubeginn in den deutsch-griechischen Beziehungen nach dem Zweiten Weltkrieg und die Bewältigung der jüngsten Vergangenheit. In: Institute for Balkan Studies (Hg.): Griechenland und die BRD im Rahmen Nachkriegseuropas. Thessaloniki 1991.

[16] Der Ex-Kommandant von Kreta war zu viermal »lebenslänglich« verurteilt worden.

[17] Lazaridou, Olga: Von der Krise zur Normalität. Die Deutsch-griechischen Beziehungen unter besonderer Berücksichtung der politischen und wirtschaftlichen Grundlagen (1949–1958). Diss., Bonn, 1992. S. 252–253 und Der Spiegel (22. 5. 1957), »Die Falle der Fandung«, S. 16.

[18] Siehe hierzu Der Spiegel, (1/1998) »Blutbad in Bergstädtchen« und den Beitrag von Spiliotis, Sophia: Der Fall Merten und die deutsch-griechische ›Aufarbeitung‹ der Besatzungsherrschaft in Griechenland während des Zweiten Weltkrieges. In: Giebeler, Karl/Richter, Heinz A./Stuppe­rich, Reinhard (Hg.): Versöhnung ohne Wahrheit. Deutsche Kriegsverbrechen in Griechenland im Zweiten Weltkrieg. Mannheim, Möhnesee 2001, S. 68–77.

[19] Der Spiegel, ebenda.

[20] Fleischer, Der Neubeginn, S. 101ff.

[21] Der Spiegel »Die Falle der Fahndung«, S. 16. Nach dem letzten Kenntnisstand soll Merten in vielen Fällen das Gegenteil bewirkt haben, nämlich die Flucht vieler Juden nach Spanien ermöglicht haben.

[22] Der Spiegel vom 28. 9. 1960.

[23] Katris, Ioannis: I Gennisi tou Neofaschismou stin Ellada. Athen. 1974 S. 102–103.

[24] Zu der Rolle und Funktion der Handelsvertretung in Athen siehe Stergiou, Andreas: Im Spagat zwischen Solidarität und Realpolitik. Mannheim 2001, S. 66 ff.

[25] SAPMO, DY 30 IVA 2/20/498, Brief des ZK der SED an das ZK der KKE vom 22. 7. 1964.

[26] SAPMO, DY 30 IV 2/20/252, Abteilung Agitation und Propaganda, »Aktenvermerk über die Tageszeitungen Avgi und Anexartitos Typos vom 19. 10. 1960«.

[27] ASKI Archivbereich 127, 7/14/1.

[28] Ein Beispiel in: SAPMO, DY IV 2/20/252a, »Anfrage der KKE an das ZK der SED vom 24. 2. 1960 bezüglich der EDA-Mitglieder: G. Tzavellas, G. Grigoriou, G. Tsiboukidis, Chr. Margetidis, K. Evstradiadis und K. Gemelos«.

[29] Diese waren eine Art von Stiftungen, die sehr oft in der DDR anzutreffen waren und lediglich bestimmten Zwecken dienten, wie der Unterstützung revolutionärer Bewegungen in der dritten Welt u.a.

[30] SAPMO, DY 30 IV 2/20/251, »Anfrage des ZK der KKE an das ZK der SED vom 20. 12. 1956«.

[31] SAPMO, DY 30 IV 2/20/252a, »Bezirksrevisionskommission der SED in Dresden«, Protokoll der Überprüfung der Einnahmen und Ausgaben aus den Spenden für die Unterstützung verhafteter griechischer Genossen und deren Angehörigen vom 29. 8. 1959«.

[32] Einige markante Beispiele sind folgende Artikel: KKE, Episima Keimena, Bd. VII. Athen, 1995, S. 409–412 und 416–419; Raos, Christos: To Proto Germaniko Kratos. In: Neos Kosmos, Bukarest, 9/11(1957), S. 72–75; Nikolaidis Menios: Oi Oikonimikes Epitychies tis Laikodimokratikis Germanias. In: Neos Kosmos, Bukarest, 16:10 (1964), S. 1348–1350; Georgiou, Thanasis: Sta Eikosachronatis DDR. In: Neos Kosmos, Bukarest 21/10 (1970), S. 62–70; Idem: Sta 25 Chronia Iparxis tis DDR. In: Neos Kosmos, Bukarest 24/12 (1973), S. 51–60; Idem: Griechenland und die beiden deutschen Staaten. In: Deutsche Außenpolitik, Ostberlin, 9/10 (1964), S. 970–973; Alexiou S./Giousios: Oi Scheseis tis L. D. Germanias kai Elladas. In: Elliniki Aristera, Athen, Nr. 15 (1964), S. 65–71; Dimitriou Dimitrios: To Epeisodio Ramler kai oi Scheseis mas me tin L.D.G. In: Elliniki Aristera, Athen, Nr. 31 (1966), S. 42–48; Kyriazis Giannis: I Politiki  ton Diakriseon se Varos tis Laokratikis Dimokratias tis Germanias. In: Neos Kosmos, Bukarest 16/3 (1964), S. 50–56.

[33] Caucig, Griechenland durchschaut, S. 210–211.

[34] Die EDA-Abgeordneten waren, im Vergleich zu den Abgeordneten der anderen Parteien, »eingeweihter« in solchen Fragen, da sie sich bei ihrem Aufenthalt in der DDR eines Sonderprogramms erfreuten, im Rahmen dessen sie meistens auch Leute des Ministerium für Außenhandel und Innerdeutschen Handel konsultierten, siehe SAPMO, DY 30 IV 2/20/251, »Vermerk über den Besuch einer parlamentarischen Gruppe der EDA, bestehend aus J. Evangelidis (Mitglied des Präsidiums der EDA, Spezialist für örtliche Verwaltung), N. Kapnissis (Mitglied des Präsidiums der EDA), J. Papadimitriou (Mitglied des Präsidiums der EDA, verantwortlich für Gewerkschaftsarbeit), S. Glinglis (Vertreter einer großen landwirtschaftlichen Genossenschaft), M. Christogeorgos und Papageorgiou in der DDR vom 31. 3. 1960«. Ein sehr aufschlußreiches Beispiel diese »Kooperation« kann in folgender Akte nachgelesen werden: SAPMO, DY 30 IV 2/20/253, »Bericht vom 12. 9. 1959 über ein Gespräch zwischen dem politischen Vertreter der DDR in der Kammervertretung Geyer und dem starken Mann der EDA I. Iliou«. Aus dem Gespräch läßt sich erkennen, daß Iliou sehr vertraut mit den Schwierigkeiten der Handelsbeziehung DDR-Griechenland war, zu deren Überwindung er gern Vorschläge unterbreitete. Ein Diskussionsthema war auch, wie man die Nachwirkungen der Martha-Affäre aus dem Weg räumen konnte.

[35] Zeitung der Diskussionen im griechischen Parlament vom 15. 9. 1959, S. 1901ff., Rede des EDA-Abgeordneten M. Kyrkos, S. 1911ff., Rede der EDA und Zentrums-Abgeordneten Efremidis, Alamanis und Merkouris in Bezug auf den Vorschlag der DDR, eine Zuckerverarbeitungsindustrie in Griechenland zu errichten. Zeitung der Diskussionen im griechischen Parlament, 14. 1. 1963, »Antwort des Sicherheitsministers auf eine Anfrage zweier Abgeordneten der EDA über die Existenz einer griechischen Militärmission in Westberlin« und Akten der Parlamentarischen Diskussionen vom 13. 7. 1965. Die EDA-Abgeordneten beklagten sich insbesondere über Diskriminierungen der griechischen Regierung gegenüber der DDR und direkte Einmischungen der BRD in die inneren Angelegenheiten Griechenlands.

[36] Siehe SAPMO, DY 30 IV 2/20/500 (Vertrauliche Dienstsache), »Information über den Studienaufenthalt von Johann und Rosa Imbriotis aus Griechenland in der Zeit vom 25. 7. bis 10. 8. 1963« und MFAA, A 12491, passim.

[37] Einige scheinen sich nicht nur aus ihrer ideologischen Zuneigung heraus engagiert zu haben. Ein Beispiel war K. Kyrkos, führender Funktionär der Demokratischen Union, einer der EDA nahestehenden politischen Organisation, Direktor der »progressiven Zeitung« Anexartitos Typos. Er z.B. äußerte gegenüber den DDR-Leuten wiederholt den Wunsch, als Gegenleistung für seine Hilfeleistungen (positive Artikel über die DDR, Versorgung von Genossen mit Visa, Kundtun von verschiedenen Forderungen der DDR bei griechischen Ministern u.a.) eine Zeitungsdruckerei mit günstigen Zahlungsbedingungen zu erhalten: SAPMO, DY 30 IV 2/20/253 (Vertraulich), »Bericht über die zu einigen griechischen Zeitungen aufgenommenen Verbindungen vom 23. 9. 1960« und MFAA, A 12479/213, »Brief von Kyrkos an den Stellvertreter des Ministers für auswärtige Angelegenheiten, König«.

[38] SAPMO, DY 30 IV 2/20/252, Abteilung Agitation und Propaganda, »Aktenvermerk über die Zeitungen Avgi und Anexartitos Typos vom 19. 10. 1960«.

[39] Siehe Dimitriou Dimitrios: To Episodio Ramler kai oi Scheseis mas me tin LDG. In: Elliniki Aristera, Athen Nr. 21, Februar 1966, S. 47.

[40] Ein markantes Beispiel bildet die Rede des EDA-Abgeordneten, Svolos, im Sonderausschuß des griechischen Parlaments am 21. 10. 1959, S. 2334: »Wie ist es möglich, daß die Menschen, die zu der Generation gehörten, die Angst und Schrecken der nazistischen Besatzung erlebt haben, Tag für Tag und Stunde um Stunde, und die Unmenschlichkeit der Eroberer, in ihrer schrecklichsten Gestalt erduldeten [...], ihre Unterschrift unter dieses Gesetzeswerk gesetzt haben, zu Gunsten einer zweifelhaften Freundschaft gegenüber einem Land, das uns keine Gewähr für seine freundschaftlichen Gefühle bietet und die nicht begreifen, daß sie durch ihre Unterschrift unsere nationale Würde mit Füßen treten.« Hierzu auch Spiliotis, Der Fall Merten.

[41] Siehe den Fall Savopoulos in MFAA, A 12480, »Aktennotiz über ein Gespräch mit dem Botschafter der UdSSR am 15. 10. 1959«.

[42] SAPMO, DY 30 IV 2/20/251, »Brief (Manuskript) von Mavromatis an die SED vom 18. 12. 1958« und »Aktenvermerk vom 22. 12. 1958« und DY 30 IV 2/20/252a, »Aktenvermerk über ein Gespräch zwischen dem Genossen Matern und dem griechischen Abgeordneten Pyromaglou am 16. 11. 1959«.

[43] SAPMO, DY 30 IV 2/20/252a, ebenda.

[44] MFAA, A 12498, »Aktennotiz über einen Besuch des Gen. Dietrich in der sowjetischen Botschaft«.

[45] MFAA, A 12482, »Hilfe des Deutschen Roten Kreuzes der DDR für die Erdbebenopfer auf Santorin am 20. 7. 1956«. Es handelte sich um eine Barspende in Höhe von 20 000 Mark.

[46] MFAA, A 12478, »Über die Veranstaltung einer Filmwoche«.

[47] SAPMO, DY 30 IV A 2/20/500, (Vertrauliche Dienstsachen), »Quartalarbeitsplan IV/1962«.

[48] MFAA, A 12512.

[49] Bundesarchiv, Bundeskanzleramt, B 136/3629, Botschaft in Athen »Vermerk über den griechischen Weizenüberschuss« vom 13. Juni. 1958.

[50] MFAA, A 12512 und A 632–636, »Bericht über die Beziehung zu Griechenland vom 30. 9. 57«.

[51] Während A. Can Özren in seiner sehr interessanten Analyse »Die BRD und die DDR und die Zypernkrise 1963/64«, Thetis 5/6 (1999), S. 461-472, zum gleichen Schluß kommt, führt er das fälschlicherweise auf die AKEL zurück, die einen geeigneten Partner für die DDR dargestellt habe. Dies entspricht aber nicht der Realität, denn die AKEL verstand sich in ihrer gesamten Geschichte als eine gesamtzypriotische Partei. Nicht zuletzt dank dieser Haltung verlor sie in den fünfziger und sechziger Jahren viele türkische Mitglieder, die durch die türkischen Nationalisten der TMT oder die EOKA entweder verfolgt oder sogar ermordet wurden. Darüber hinaus profi­tierten von der ostdeutschen Hilfe (siehe weiter unten) nicht nur griechisch-zypriotische, sondern auch türkisch-zypriotische Mitglieder der AKEL und ihrer Organisationen.

[52] SAPMO, DY 30 IV A 2/20/541 (vertrauliche Dienstsache), »Bemerkungen zu den Ausführungen des sowjetischen Außenministers Gromyko zur Lösungen der Zypernfrage«.

[53] Das sowjetische Interesse wird unter anderem in einem Gespräch zwischen dem ersten Sekretär der sowjetischen Botschaft in Berlin, Genossen Tolstow, und dem Leiter der europäischen Abteilung des MFAA, Genossen Plaschke, vom 15. 12. 1964 kenntlich: MFAA, A 184–5, »Gespräch über die Entwicklung der Beziehung der DDR zu Griechenland und Zypern«, sowie in einem Bericht der europäischen Abteilung des MFAA zur Vorbereitung geeigneter Maßnahmen für die weitere Unterstützung Zyperns und die Entwicklung der zweiseitigen Beziehungen vom 11. 3. 1964: MFAA, A 12890, »Beziehungen zu Zypern«. In beiden Fällen brachten die Sowjets klar und deutlich zum Ausdruck, daß die Sowjetunion ein sehr großes Interesse an der DDR-Rolle in dem Konflikt hatte.

[54] Die Informationen stammen von G. Uhlrich (Quelle des Außenministeriums der DDR).

[55] Interview mit dem damaligen Zuständigen für die Internationalen Verbindungen, Mitglied des ZK der AKEL, D. Christofinis sowie zwei damaligen zypriotischen Studenten Pambos Chatzicharalambous, der mit einem AKEL-Stipendium Chemie studierte und promovierte sowie Chri­stos Tsiattalos, der durch ein Stipendium der VdGB (Vereinigung der Gegenseitigen Bauernhilfe) Landwirtschaft ebenfalls studieren und promovieren konnte.

[56] SAPMO, DY 30 IV A 2/20/537.

[57] Mehrere solche Fälle sind nachzulesen in: SAPMO, DY 30 IV A 2/20/537.

[58] Siehe Aktenvermerk »Zu den Beziehungen DDR – Griechenland und Zypern im Jahre 1962«, in: SAPMO, DY 30 IV A 2/20/500.

[59] Plate, Bernard von: Sonderprobleme gegenüber der Türkei und Zypern. In: Jacobsen u.a. (Hg.): Drei Jahrzehnte, S. 688. Von Plate behauptet, es sei das erste Mal. Dies ist aber falsch, weil Plate damals keine Einsicht in die Archivbestände der DDR nehmen konnte.

[60] Dokumente zur Außenpolitik der DDR. Berlin (Ost) 1954, Bd. XII, S. 1107ff.

[61] SAPMO, DY 30 IV A 2/20/540, »Übersicht über die Entwicklungen der Beziehungen zwischen der DDR und Zypern in den Jahren 1967/68«.

[62] Vgl. Vournas, Tasos: I Diaspasi tou KKE. Athen 1983.

[63] Siehe dazu Theodorakis, Mikis (Hg.): Dimokratiki kai Synkentrotiki Aristera. Athen 1976, S. 243–252.

[64] Interview mit dem Leiter der historischen Abteilung der KKE, Christos Tzitzilonis.

[65] Die Informationen stammen von Uhlrich G. (Quelle des Außenministeriums der ehemaligen DDR).

[66] Dokumente zur Außenpolitik der DDR. Berlin (Ost) 1968. Bd. XV, S. 878ff.

[67] Bundesarchiv, Bundeskanzleramt, B 136/3629. Der Ordner enthält zahlreiche Proteste des griechischen Botschafters in Bonn, Kyrou, wegen offener Unterstützung griechischer Widerständler durch die Massenorganisationen der SPD.

[68] Der Spiegel vom 20. April 1970, »Beweis im Kassiber« und vom 15. März 1971, »Ari hilft«.

[69] SAPMO, Protokoll der Sitzung des Politbüros der SED am 23. Januar 1973.

[70] Das ist die Ansicht von Fink, Hans-Jürgen: Westeuropa. In: Jacobsen et. al.: Drei Jahrzehnte, S. 534–535 und des Verfassers, der auch der spätere Generalsekretär der KKE, Grigoris Farakos, in einem Gespräch mit dem Verfasser zustimmte.

[71] H.-J. Fink, ebenda.

[72] Afinian V., Kontis V u.a. (Hg.): Oi Scheseis KKE kai KKSE. Thessaloniki 1999, S. 209–214 und 217–220.

[73] Das sagte der damalige Generalsekretär der Partei, Ch. Florakis, in einem Interview mit dem Verfasser.

[74] Siehe Ausgabe der Parteizeitung Rizospastis vom 22. 10. 1974, und Artikel von Adamides, Michalis: 25 Chronia Kataktiseon sti GLD. In: KOMEP (Parteizeitschrift), Athen, Januar 1975.

[75] Tsachourides, A: I Anaptixi tis Ilektrenergias stin Ellada kai oi Provlepomenes Exelixeis. In: Symposium Ellinon Epistimonon sti LDG. Dresden 1975, S. 165ff.

[76] Dokumente zur Außenpolitik der DDR. Berlin (Ost) 1975. Bd. XXII, S. 697–699.

[77] Siehe hierzu Wenturis, Nikolaus: Griechenland und die Europäische Gemeinschaft. Tübingen 1990, S. 112.

[78] Schlegel, Dietrich: Papandreou, ein Mehr an Berechenbarkeit. In: Außenpolitik, 33/4 (1982), S. 418.

[79] Siehe hierzu, Rozakis, Christos: I Exoteriki Politik stin Dekaetia tou Ogdonta. In: Bastias, Georgios u.a. (Hg): Istoria tou Ellinikou Ethnous. Athen 1978, S. 384ff., und Tsardanidis, Chara­lambos: I Exoteriki Politiki tou PASOK. In: Spourdalakis, Michalis (Hg.): PASOK: Komma, Kratos, Koinonia. Athen 1998, S. 298ff.

[80] Neues Deutschland vom 15. und 16. September 1986.

[81] Siehe Stergiou, Andreas: Im Spagat, S. 152ff.

[82] Interview mit dem damaligen Korrespondenten der KKE-Zeitung Rizospastis in Ostberlin, Thanasis Georgiou, und dem damaligen Parteivertreter in Ostberlin, Kiriakos Polichronidis.

[83] Siehe Dokumente zur Außenpolitik der DDR. Berlin (Ost) 1985/86. Bd. XXXII, S. 497–500, Bd. XXXIII, S. 530–533.

[84] Siehe hierzu, Fleischer, Post War Relations, S. 170–171 und ders., Vom Kalten Krieg zur neuen Ordnung, S. 307.

Inhalt – JHK 2002

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