JHK 2003

»Im Ernst-Thälmann-Werk sind die Streikenden über die Mauern gestiegen« – Die Rolle des Sekretariats der SED-Bezirksleitung Magdeburg am 17. Juni 1953

Jahrbuch für Historische Kommunismusforschung | Seite 190-241 | Aufbau-Verlag GmbH

Autor/in: Horst Dähn

Einleitende Bemerkung zum Forschungsstand

Die Analyse der Vorgeschichte, der Abläufe sowie der Nachwirkungen des 17. Juni 1953 in der DDR erfreut sich bereits seit mehreren Jahrzehnten eines regen Interesses in der historischen und politikwissenschaftlichen Forschung. Wichtige Arbeiten, die sich mit diesem Thema ausschließlich bzw. als Teil umfänglicherer Vorhaben beschäftigt haben, liegen schon lange vor, wie die Untersuchungen von Arnulf Baring[1] und Karl Wilhelm Fricke[2] erkennen lassen. Aber auf breiter Quellenbasis beruhende Monographien und Aufsätze zu den Juni-Ereignissen auf gesamtstaatlicher, regionaler und lokaler Ebene – und hierzu zählen die Publikationen von Manfred Hagen[3], Torsten Diedrich[4], Gerhard Beier[5] und vor allem Heidi Roth[6] – konnten erst nach dem staatlichen Ende der DDR geschrieben werden, als nunmehr die ostdeutschen Partei- und Staatsarchive für die Forschung zugänglich gemacht wurden.

Die detaillierte Bibliographie in der vorzüglichen Untersuchung von Heidi Roth über den 17. Juni 1953 in Sachsen zeigt deutlich, daß die regionale und lokale historische Forschung zu diesem Thema noch erhebliche »weiße Flecken« erkennen läßt. Diese Feststellung gilt auch für das Land Sachsen-Anhalt bzw. für die damaligen Bezirke Magdeburg und Halle.

Einen ersten, wissenschaftlichen Ansprüchen genügenden Überblick zum Ablauf des 17. Juni 1953 in der Bezirkshauptstadt Magdeburg hat Karin Grünwald[7]präsentiert. Auf der Grundlage bisher noch nicht ausgewerteter archivalischer Bestände der Magdeburger Bezirksbehörde der Deutschen Volkspolizei, der SED-Bezirksleitung (SED-BL) Magdeburg sowie einiger Großbetriebe der Stadt rekonstruiert die Verfasserin zum Teil recht ausführlich die bis Ende des Jahres 1952 zurückreichende Vorgeschichte der Juni-Ereignisse und sodann das Handeln der Akteure auf beiden Seiten – einerseits der streikenden und demonstrierenden Arbeiter, ihrer Versuche, die Gebäude von Partei-, Staats- und Sicherheitsapparat sowie Massenorganisationen (FDJ, FDGB, DSF u.a.) zu erstürmen, ihrer teilweise erfolgreichen Bemühungen um Befreiung politischer Gefangener, andererseits der Versuche der Vertreter des Partei- und Staatsapparats, zunächst durch Ansprachen an die streikenden Arbeiter, an die Teilnehmer der Demonstrationen die politisch brisante Lage unter Kontrolle zu bringen und nach dem Scheitern einer friedlichen Konfliktregelung den Einsatz bewaffneter Gewaltmittel (Polizei, Rote Armee) gegen die Demonstranten.[8] Auch die Folgen des 17. Juni, insbesondere die mit Mitteln der Justiz erfolgte Repression gegen aktive Teilnehmer an den Demonstrationen, werden erörtert.

Das Dokument

Das bislang unveröffentlichte Dokument thematisiert auch den 17. Juni 1953 in Magdeburg – aber ausschließlich aus der Perspektive der Herrschenden, nämlich vornehmlich der Akteure des Parteiapparats.

Fragen der Datierung und der Verfasserschaft

In den Akten der SED-BL Magdeburg befindet sich eine »Analyse über das Verhalten des Bezirkssekretariats der SED, Magdeburg, am 17. 6. 53«[9] – allerdings ohne Datierung und ohne Angabe der Verfasser des Berichts. Gleichwohl läßt sich der Zeitpunkt der Erarbeitung der »Analyse« ziemlich genau bestimmen.

Bereits am 16. Juli 1953 faßte das Sekretariat der SED-BL einen Beschluß, das Verhalten der Mitglieder und Kandidaten am 17. Juni zu überprüfen. Zur Umsetzung dieses Beschlusses wurden zwei Kommissionen gebildet und am 13., 14., 18.,19. und 20. August Aussprachen mit 39 Mitgliedern sowie 12 Kandidaten der BL geführt. »11 Mitglieder und 3 Kandidaten befanden sich im Urlaub und konnten nicht überprüft werden.«[10] Das Ergebnis der Überprüfung lag in Form einer Sekretariatsvorlage vom 25. August vor[11] und wurde auf der 7. Bezirksleitungssitzung am 29. und 30. September von Kurt Wagner[12], dem 2. Sekretär der SED-BL Magdeburg, in einem Diskussionsbeitrag vorgetragen.[13] Was speziell fehlte, war eine schriftliche Analyse des Verhaltens der Sekretariatsmitglieder am 17. Juni. Das Sekretariat der Bezirksleitung, also der innere Führungs- und Entscheidungszirkel, faßte in seiner Sitzung am 13. August den Beschluß, daß der Bericht sehr rasch erarbeitet werden müsse; im Ergebnisprotokoll wurde festgelegt, daß »jeder Genosse des Sekretariats bis morgen (also den 14. August, H. D.) eine Einschätzung über sein persönliches Verhalten am 17. 6.« zu geben habe.[14] Ferner wurden drei Sekretariatsmitglieder, und zwar Alois Pisnik[15], Kurt Wagner und Richard Eyermann[16] beauftragt, »die einzelnen Dinge« zu besprechen und dafür Sorge zu tragen, daß innerhalb weniger Tage (»bis Donnerstag«) der »Entwurf«, gemeint ist wohl der Entwurf der »Analyse«, vorliegen muß. Ob diese drei Parteifunktionäre auch die Autoren des Gesamtentwurfs sind, der immerhin aus drei Abschnitten besteht, muß offenbleiben.

In der Sitzung des Sekretariats am 10. September 1953 war die »Analyse« Gegenstand der Beratung (TOP 4 »Analyse – Sekretariat«[17]). Das heißt, spätestens zu diesem Zeitpunkt lag die »Analyse« vor; allerdings gab es im Blick auf die Überprüfung mindestens eines Sekretariatsmitglieds, nämlich Josef Hegen[18], noch Klärungsbedarf. So heißt es in dem knappen Beschlußprotokoll zum TOP 4 weiter: »Genosse Hegen wurde gehört (s. Anlage). Die Angelegenheit konnte nicht geklärt werden. Das Material soll zusammengestellt und zum ZK geschickt werden.«[19] Die hier erwähnte Anlage zum »Fall Hegen« ist in dem Aktenfaszikel nicht vorhanden. Bemerkenswert in diesem Kontext ist die Tatsache, daß sich das Plenum der SED-Bezirksksleitung Magdeburg noch in seiner Sitzung am 29. und 30. September 1953 sehr kritisch mit dem Verhalten von Josef Hegen, dem Vorsitzenden des Rates des Bezirks Magdeburg und Mitglied des Sekretariats der SED-BL Magdeburg, am 17. Juni 1953 beschäftigte. Ausführliche Auszüge aus den auf dieser Sitzung gehaltenen Diskussionsbeiträgen, so die Stellungnahme des Vorsitzenden der Bezirksparteikontrollkommission (BPKK) der SED-Bezirksleitung (SED-BL) Magdeburg, Richard Eyermann[20], über Hegen wie auch des Beschuldigten selbst[21], der sich ausdrücklich auf die über ihn enthaltenen Passagen in der »Analyse« bezieht, übersandte Eyermann als Anlage mit einem kurzen Anschreiben vom 16. Oktober 1953 an den Vorsitzenden der Zentralen Parteikontrollkommission (ZPKK), Hermann Matern[22].

 

Aufbau des Dokuments

Die »Analyse« gliedert sich in drei Teile. Der erste Teil besteht aus einer acht Seiten umfassenden Schilderung des politischen Geschehens vom Abend des 16. bis einschließlich des 17. Juni 1953 (»Chronologischer Ablauf der Ereignisse«). Der zweite Abschnitt (14 Seiten) trägt zwar die Überschrift »Persönliche Stellungnahmen der einzelnen Sekretariatsmitglieder zu ihrem Verhalten«. Gleichwohl trifft dieser Titel nicht voll den folgenden Inhalt, denn die Mitteilungen der Mitglieder dieses Parteigremiums über ihr »richtiges« bzw. »falsches« Handeln im Sinne der von der SED-Führung in Berlin vorgegebenen Linie der Einschätzung des 17. Juni als eines »faschistischen Putschversuches« werden ergänzt durch kritische Bewertungen der mit der Anfertigung der »Analyse« beauftragten Mitglieder derselben Körperschaft. Der dritte, quantitativ umfänglichste Teil (19 Seiten) »Kritische Stellungnahme zum Verhalten der einzelnen Sekretariatsmitglieder« enthält mehrheitlich negative Einschätzungen des Handelns bzw. Nichthandelns aller Sekretariatsmitglieder; am ehesten kann noch die Kritik an der Sekretärin für Agitation und Propaganda, Edith Brandt[23], als moderat bezeichnet werden.

Zum Inhalt der »Analyse«

An dieser Stelle sei angemerkt, daß eine Verhaltensanalyse jedes einzelnen Sekretariatsmitgliedes, soweit es in diesem Dokument angesprochen wird, nicht erfolgt. Der entscheidende Grund hierfür ist darin zu sehen, daß die Grundstruktur des Verhaltens der Akteure am 16./17. Juni 1953 aus dem ersten Teil der »Analyse« relativ genau erschlossen werden kann. Ergänzende und präzisierende Anmerkungen zu Einstellungen und Praxis der Handelnden im Partei- und Staatsapparat sind dennoch erforderlich und auch erkenntnisfördernd, da einzelne Parallelen in den Handlungsabläufen in anderen Städten der DDR am 16. und 17. Juni nicht zu übersehen sind.

Bereits am Abend (ca. 21 Uhr) des 16. Juni 1953 traf in Magdeburg die Nachricht ein, daß in Berlin die Bauarbeiter in den Streik getreten sind »und demonstrierend durch die Stadt zogen«.[24] Bemerkenswert an diesem Befund ist aber die Tatsache, daß diese Information – was aufgrund des in der SED von »oben« nach »unten« erfolgenden Anleitungsprozesses zu erwarten gewesen wäre – nicht von der Berliner Zentrale, dem Politbüro des ZK bzw. dem Sekretariat des ZK der SED, an die Bezirksleitung Magdeburg erfolgte; vielmehr informierte der 1. Sekretär der SED-Betriebsleitung des Ernst-Thälmann-Werkes eines Magdeburger Schwermaschinenbaubetriebes (mit dem Status eines SAG-Betriebes), Herbert Thierfelder, den 1. Sekretär der SED-Kreisleitung (SED-KL) Magdeburg, »Sepp« Fischer[25], über die Streiks und Demonstrationen der Bauarbeiter in OstBerlin. Fischer wiederum setzte den 1. Sekretär der hiesigen Bezirksleitung der Partei, Alois Pisnik, »über die Vorgänge in Berlin« in Kenntnis.[26] Ferner wurde der Magdeburger Bezirksparteichef über einen weiteren Kommunikationskanal noch am Abend des 16. Juni über die politische Situation in der »DDR-Hauptstadt Berlin« informiert – und zwar von dem Vorsitzenden der Magdeburger Bezirksverwaltung des MfS, Skobik; er hatte entsprechende Meldungen von einem Mitarbeiter aus Ost-Berlin erhalten. Und schließlich wird Pisnik noch von Josef Hegen, dem Vorsitzenden des Rates des Bezirks Magdeburg und Mitglied des Sekretariats, telefonisch informiert.

Pisnik und Fischer trafen aufgrund der Mitteilungen aus Berlin noch in den Abendstunden des 16. Juni erste Entscheidungen. Die »Parteibüros der 10 Magdeburger Großbetriebe, der Stadtbezirksleitungen und die Kreisleitungen« sollten sofort besetzt und die Nachtschicht in diesen Betrieben kontrolliert werden[27], wohl um sofort reagieren zu können, falls es zu Arbeitsniederlegungen kommen sollte.

Aufschlußreich ist in diesem Kontext die Tatsache, daß sich ein Mitarbeiter des ZK (gemeint ist wohl das Sekretariat des ZK) erst um Mitternacht telefonisch bei der Magdeburger Bezirksleitung mit der Anordnung meldete, daß »ein Sekretär oder Abteilungsleiter in der Bezirksleitung Dienst machen soll«.[28] Und auch bei dem zweiten Anruf aus Berlin am frühen Morgen des 17. Juni (ca. 4 Uhr) erging vom Sekretariat des ZK lediglich die Anweisung, »daß ein Sekretär zum Dienst herangezogen werden sollte«.[29] Weitere Hinweise vom ZK erfolgten nicht. Zum Vergleich: Die SED-Bezirksleitung Dresden erhielt ebenfalls zwei Anrufe vom Sekretariat des ZK: Der erste (kurz vor Mitternacht – 16. auf 17. Juni) betraf den Auftrag, den »Apparat der Bezirksleitung mit je einem verantwortlichen Sekretär bzw. Abteilungsleiter zu besetzen«.[30] Der zweite, drei Stunden später, enthielt bereits eine – allerdings noch etwas allgemein formulierte – Anweisung: »Die 1. und 2. Sekretäre sind zu verständigen, daß damit zu rechnen ist, daß im Laufe der Nacht oder den frühen Morgenstunden bestimmte Kräfte aus Berlin in den Betrieben versuchen werden, Unruhe zu stiften in Zusammenhang mit der Frage der Normen. Es erscheint notwendig, die Partei vorzubereiten, damit sie nicht überrascht werden kann.«[31]

Wie in den anderen DDR-Bezirken, so wurde auch der 1. Sekretär der SEDBL Magdeburg in den Morgenstunden (eine genaue Zeitangabe fehlt in der »Chronologie«) die telefonische Nachricht erhalten, sich um 11 Uhr im ZK einzufinden.

Ohne Anweisungen aus Berlin waren die Mitglieder des Sekretariats nunmehr gehalten, rasch zu reagieren und Entscheidungen zu treffen, nachdem bekannt geworden war, daß im Karl-Marx-Werk, ebenfalls ein SAG-Betrieb, mit dem Schichtwechsel (zwischen 6 und 7 Uhr) 500 Mann die Arbeit nicht aufgenommen hatten; die Diskussionen befaßten sich mit der »Normenfrage«.[32] Aber auch in allen anderen Betrieben, in denen noch nicht gestreikt würde, wären Diskussionen im Gange; auch wäre bekannt geworden, daß der RIAS zum Generalstreik aufgefordert hätte.

In Reaktion auf diese Vorkommnisse faßten die noch in Magdeburg anwesenden Mitglieder des Sekretariats[33] im Haus der Bezirksleitung in einer ersten kurzen Besprechung ca. 8.15 Uhr den Beschluß, daß die meisten »politischen Mitarbeiter« des Parteiapparats in die Betriebe gehen und zu den Arbeitern sprechen sollten. Zudem wurde noch ein Operativstab gebildet; die personelle Zusammensetzung dieses Gremiums blieb ungeklärt.[34]

Eine weitere Zusammenkunft von leitenden Partei- und Staatsfunktionären (Kurt Wagner, Rudolf Krüger[35] und Edith Brandt für das Sekretariat, Joseph (»Sepp«) Fischer, Josef Hegen und Herbert Paulsen[36] für den Staats- und Sicherheitsapparat) am gleichen Ort folgte wenig später (ca. 8.30 Uhr). Auf der Tagesordnung stand ein Bericht Fischers »über die Lage und die getroffenen Maßnahmen«. Aber während die Sitzung im Gebäude der SED-Bezirksleitung noch im Gange war, verschärfte sich die Situation in den Betrieben. So wurde bekannt, daß im Ernst-Thälmann-Werk »ein Streik großen Ausmaßes ausgebrochen sei«: »Viele Arbeiter marschieren durch das Werk, legen andere Abteilungen mit Gewalt lahm...«[37] »2000 – 3000 Arbeiter«, so wurde weiter mitgeteilt, hätten sich »auf dem Werksgelände vor der Verwaltung« versammelt.[38]

Die Verschärfung der Situation fand ihren Ausdruck aber nicht nur in der Tatsache, daß die Anzahl der Streikenden rasch anstieg, sondern auch vor allem darin, daß die Zielsetzung der Streikenden eine inhaltlich deutliche Erweiterung erfuhr – und dies innerhalb von knapp zwei Stunden. Ging es den Arbeitern (im Karl-Marx-Werk) in den frühen Morgenstunden noch um die Erörterung wirtschaftlicher Belange (»Normenfrage«), so wurde jetzt in einem zweiten Großbetrieb (Ernst-Thälmann-Werk) auf Transparenten eine zentrale politische Forderung erhoben: »Nieder mit der Regierung«.[39]

An diesem Punkt nun waren die leitenden Funktionäre des Partei- und Staatsapparats vor eine schwerwiegende Entscheidung gestellt. Welche Maßnahmen wären geeignet, um die Lage wieder beherrschbar zu machen? Die Mitglieder des Sekretariats glaubten, es genügte, zwei verantwortliche Genossen (den 1. Parteisekretär des Ernst-Thälmann-Werkes, Thierfelder, und den Werkleiter, Fricke) in den Betrieb zu schicken, mit dem Auftrag, den streikenden Arbeitern den Beschluß des Ministerrats vom 16. Juni über die »Normenfrage« bekannt zu geben.

In Verkennung der Situation, daß sich die Streikbewegung auf weitere Betriebe innerhalb weniger Stunden ausweitete[40], sich Demonstrationszüge bildeten und durch die Straßen der Stadt zogen[41], glaubten die Parteifunktionäre einerseits immer noch, daß etwa durch eine »Gegendemonstration von aufrechten Genossen und klassenbewußten Arbeitern« (ein Vorschlag von Josef Hegen) oder durch Ansprachen »führender« Genossen an die Demonstranten, die Massenproteste aufgelöst werden könnten. Auf der anderen Seite aber nahmen die Sekretariatsmitglieder durchaus zur Kenntnis, daß diese Proteste einen eminent politischen Charakter trugen, daß sie ein deutliches Zeichen der Unzufriedenheit mit den politischen Verhältnissen darstellten; denn anders ist die Tatsache nicht zu erklären, daß sich die Verantwortlichen im Parteiapparat mit der Frage beschäftigten, wie denn das Gebäude der SED-Bezirksleitung – das Machtzentrum der Partei, die für eine verfehlte Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik, für Kriminalisierung und Repression Andersdenkender verantwortlich gemacht wurde – vor dem Eindringen der Demonstranten (in der Terminologie der SED »faschistischer Provokateure«) geschützt werden könnte.

Am späten Vormittag trat der am Morgen des 17. Juni aus Mitgliedern des Sekretariats bestehende Operativstab zusammen und traf zwei Entscheidungen: Zum einen erhielten die noch im Gebäude der Bezirksleitung sich aufhaltenden Parteifunktionäre den Auftrag, Sicherungsaufgaben zu übernehmen; weiteres Personal wie Volkspolizei sowie der »Betriebsschutz der BL« sollte an dieser Aufgabe ebenfalls mitwirken – allerdings ohne Anwendung von Waffengewalt: »Der Betriebsschutz der Bezirksleitung bekam von der BDVP den Auftrag, die Waffen zu verschließen.«[42] Was die personellen Kapazitäten der Volkspolizei zum Schutz des Gebäudes der Bezirksleitung anbetraf, so waren diese völlig ungenügend. Fünf mit Pistolen bewaffnete Volkspolizisten waren entsandt worden; sie sollten durch weitere zehn verstärkt werden: »Diese sind«, so Genosse Wagner, »jedoch nie eingetroffen. Wie uns mitgeteilt wurde, wurden sie unterwegs zur Bezirksleitung entwaffnet.«[43] Die zweite Entscheidung betraf die Bitte an die »Freunde« um »Hilfeleistung«.

Die Autoren der »Analyse« betonen in diesem Zusammenhang, daß mit den Beschlüssen des Operativstabes das Sekretariat als einheitliches Entscheidungsgremium aufgehört hatte zu existieren: »Nach dieser Aussprache [im Operativstab, H. D.] arbeitete das Sekretariat nicht mehr kollektiv, und jeder ordnete an, was er für richtig hielt.«[44] Die Folgen waren – und diese Sichtweise der SED kommt nur andeutungsweise in der »Chronologie«, vor allem aber in den Teilen 2 und 3 der »Analyse« zum Ausdruck – weitgehend verhängnisvoll. Neben in der Lesart der SED »richtigen« Einzelentscheidungen, zum Beispiel des zuständigen Sekretariatsmitglieds Brandt, »Dokumente und alle wichtigen Unterlagen in den Panzerschränken unterzubringen«[45], wurden viele »falsche« Entscheidungen getroffen. So hätten – um nur zwei Beispiele zu nennen - einzelne Sekretariatsmitglieder mit »Provokateuren«, die in das Gebäude der Bezirksleitung eindrangen, diskutiert oder aber versucht, vom Fenster in der ersten Etage aus, zu den vor dem Gebäude versammelten ca. 1000 Menschen zu sprechen – ein vergebliches Bemühen, da sie sofort mit Steinen bombardiert worden seien. Das Eindringen der Demonstranten in das Parteigebäude, die Zerstörung von Bildern, Büsten führender Kommunisten, die Verbrennung von aus den Fenstern auf die Straße geworfenen Zeitungen und Büchern der Parteifunktionäre waren nicht, wie es in der SED-Lesart hieß, das Werk »faschistischer Provokateure«, sondern Handlungen von Menschen, die auf diese Weise ihren Protest gegen die Symbole der Unterdrückung zum Ausdruck zu bringen versuchten.[46] Auch in andere Gebäude der Partei, so in das der SED-KL, des Staatsapparates – so der Polizei (Volkspolizeikreisamt, der BDVP, der Bezirksverwaltung des MfS), von Massenorganisationen (der FDJ, des FDGB, der DSF[47], der GST[48], des Friedensrates) und nicht zuletzt der Presse (Redaktionsräume und Druckerei des SED-Bezirksorgans »Volksstimme«) drangen Demonstranten ein. Der Sitz der staatlichen Bezirksregierung, nämlich des Rates des Bezirks, wurde gestürmt. In diesen Kontext gehört auch der erfolglose Versuch der Demonstranten, politische Häftlinge aus der Strafvollzugsanstalt Magdeburg-Sudenburg zu befreien.[49] Erfolgreich war dagegen die Bemühung um Häftlingsbefreiung in der Untersuchungshaftanstalt in Magdeburg-Neustadt; allerdings waren unter den 221 befreiten Häftlingen auch Kriminelle.[50] Von diesen Aktionen ist in der »Chronologie« keine Rede mehr. Sie schließt mit dem lapidaren Satz: »Ca. gegen 14.00 Uhr übernahmen die Freunde den Schutz der Bezirksleitung.«[51] Dieser Satz spricht aber nur eine Teilwahrheit aus. Sowjetisches Militär übernahm nicht nur den »Schutz« von Parteigebäuden sowie der Magdeburger Großbetriebe. Wie in anderen Städten der DDR, in denen es ebenfalls Arbeiteraufstände gab, so wurde auch über Magdeburg von sowjetischer Seite per Befehl der Ausnahmezustand verhängt.[52] Der noch am Vormittag von dem Polizeipräsidenten Paulsen ergangene Befehl an die Polizei, die Schußwaffen einzuschließen, wurde ab 18 Uhr wieder aufgehoben. Die Volkspolizei erhielt Befehl, auch von der Schußwaffe Gebrauch zu machen.[53]

Wenn auch im Rahmen dieser Einleitung die Einstellungs- und Verhaltensweisen der Akteure im Partei- und Staatsapparat auf der Ebene des Bezirks Magdeburg im Konflikt mit den streikenden und demonstrierenden Arbeitermassen nur angedeutet werden konnten, so wird in diesem Parteidokument – und hier vor allem in den Teilen, die sich mit den mehr oder weniger schweren »Fehlern« der Sekretariatsmitglieder beschäftigen – das sichtbar, was in der Entschließung des 15. ZK-Plenums »Der neue Kurs und die Aufgaben der Partei« auf seiner Abschlußsitzung am 26. Juli 1953 allgemein formuliert wurde: »Wie die Ereignisse des 16. bis 19. Juni zeigten, herrschte in den Tagen der faschistischen Provokationen in manchen Parteiorganisationen, leitenden Parteiorganen, bei einigen leitenden Parteifunktionären und Parteimitgliedern Kopflosigkeit und Unorganisiertheit.«[54]

Technische Anmerkung und Danksagung

Der Text des Dokuments wurde stilistisch nicht verändert. Lediglich dort sind Worte bzw. Satzteile ergänzt und in Kursivschrift mit Eckklammern hervorgehoben, wo ansonsten der Originaltext unverständlich bliebe. An wenigen Stellen ließ sich die genaue inhaltliche Bedeutung der Aussage nicht ermitteln; eine Textergänzung bzw. -veränderung unterblieb deshalb. Handschriftliche Bemerkungen im Dokument sind »fett« markiert. Grammatikalische bzw. Schreibfehler sind stillschweigend korrigiert worden.

Für die biographischen Recherchen waren neben Personalakten aus dem Landeshauptarchiv Sachsen-Anhalt (LHASA) in Magdeburg verschiedene biographische Lexika[55] von Bedeutung.

Frau Uta Gehrmann vom LHASA (Magdeburg) danke ich für ihre tatkräftige Unterstützung bei der Einordnung des Dokuments, dem LHASA für die Genehmigung des Abdrucks des Dokuments. Frau Dorothea Körner (Institut für vergleichende Staat-Kirche-Forschung, Berlin) sei an dieser Stelle für eine Archivrecherche in der Stiftung Archiv der Parteien und Massenorganisationen der DDR im Bundesarchiv (SAPMO-Barch) Dank gesagt.

Dokument

Analyse

über das Verhalten des Bezirkssekretariats der SED, Bezirk Magdeburg, am

17.6.53

Chronologischer Ablauf der Ereignisse

Am 16. 6. 1953 gegen 21.00 Uhr erhielt der Gen. Sepp Fischer, 1. Kreissekretär der Kreisleitung Magdeburg, von dem Genossen Herbert Thierfelder, 1. Sekretär des Ernst- Thälmann-Werkes, Magdeburg, die Nachricht, daß in Berlin die Bauarbeiter streiken und demonstrierend durch die Stadt zogen.

Der Gen. Fischer vereinbarte mit dem Genossen Thierfelder, daß er ins Werk zurückgehen solle, alle Vorbereitungen für einen verstärkten Einsatz des Parteiaktivs und der Agitatoren treffen solle und daß er die Genossen, die im Werk arbeiten, auf verstärkte Wachsamkeit hinweisen soll. Desweiteren wurde festgelegt, daß während der kritischen Zeit des Schichtwechsels von 6.00 – 7.00 Uhr morgens die Funktionäre der Partei und die Betriebsleitung im Betrieb anwesend sein sollen.

Der Genosse Generaldirektor sollte durch den Genossen Thierfelder über das Veranlaßte in Kenntnis gesetzt und die betrieblichen Maßnahmen festgelegt werden.

Der Genosse Thierfelder sagte zu dem Genossen Fischer, daß der Genosse Rothardt im Ministerium für Maschinenbau Berlin erfahren habe, daß die Arbeiter wegen der Normenerhöhung streiken.

Der Genosse Fischer sagte zu dem Gen. Thierfelder: »Daß er in Besprechungen mit Genossen seines Betriebes keine Schilderungen über Streik und Demonstrationen in Berlin machen soll, da das nur die Feindpropaganda begünstigen würde und außerdem wir uns auch aus dem Bericht des Genossen Rothardt kein klares Bild über die Lage machen konnten.«

Die Unterredung dauerte ca. 20 Minuten.

Der Genosse Fischer setzte sich sofort mit dem Genossen Pisnik, 1. Sekretär der Bezirksleitung, der noch in der Bezirksleitung tätig war, in Verbindung und bat um eine Unterredung.

Genosse Pisnik erhielt durch den Genossen Fischer Kenntnis von dem Gespräch, welches der Genosse Fischer mit dem Genossen Thierfelder geführt hat. In dieser Unterredung wurde weiter festgelegt, daß die Parteibüros der 10 Magdeburger Großbetriebe, der Stadtbezirksleitungen und die Kreisleitung sofort besetzt werden, weitere Funktionäre der Kreisleitung geholt werden und eine Kontrolle der Nachtschicht in den Großbetrieben durchgeführt wird.

Eine weitere Mitteilung über die Vorgänge in Berlin hatte der Genosse Pisnik bereits von dem Genossen Skobik[56], Leiter des ehem. MfS[57], erhalten. Der Genosse Skobik hatte diese Mitteilung von einem Mitarbeiter, der dienstlich in Berlin war.

Der Genosse Hegen, ehemaliger Vorsitzender des Rates des Bezirkes, hatte dem Genossen Pisnik telefonisch mitgeteilt, daß durch den demokratischen Rundfunk eine Mitteilung über die Vorgänge in Berlin gegeben wurde.

Der Genosse Pisnik stellte darauf das Radio an, aber die Nachrichten waren schon vorbei.

Zu dieser Zeit war vom ZK noch keine Mitteilung oder Anweisung vorhanden.

Der Genosse Fischer ging in die Kreisleitung zurück und holte mit Hilfe der Kraftfahrer und der Nachtwache die Genossen des Parteiapparates, die in der Nähe wohnten, in die Kreisleitung. Um 23.30 Uhr hatte der Genosse Fischer einen starken Mitarbeiterstab zusammen. Es waren die Genossen Haushälter, Behrend, Müller, Maschullek, Schanze, Schmidt u.a., die die ganze Nacht über halfen.

Eine Beratung wurde durchgeführt, bei der anwesend waren die 1. Sekretäre der Stadtbezirke, die Sekretäre der Großbetriebe und der Leiter der VP[58] Magdeburg, Genosse Lohse.

Der Genosse Stodtmeister, 1. Sekretär des Karl-Marx-Werkes, war nicht anwesend, da er nicht gefunden werden konnte.

Gegen Mitternacht (24.00 Uhr) rief der Genosse Wodzak, der Telefonwache hatte, in der Bezirksleitung den Genossen Pisnik in der Bezirksparteischule an und teilte dem Genossen Pisnik mit, daß das ZK[59] angerufen hätte, daß ein Sekretär oder Abteilungsleiter in der Bezirksleitung Dienst machen soll.

Weiter wurde vom ZK nichts gesagt.

Genosse Pisnik veranlaßte, daß der Genosse Falk, Abteilungsleiter für Propaganda, geholt wird.

Der Gen. Fischer hatte während der Nacht mit den Stadtbezirken Verbindung und hat nachgefragt, ob die Genossen mobilisiert seien. Die Antworten darauf waren befriedigend. Die Betriebe, in welchen Nachtschichten arbeiteten, meldeten, daß Ruhe und Ordnung herrsche.

In der Nacht hatte der Genosse Fischer mit dem Genossen Palm, 1. Sekretär des Karl-Liebknecht-Werkes, eine Auseinandersetzung, weil der Genosse Fischer betonte, daß, wenn es zu einem Streik kommen sollte, alle Kraft aufgeboten werden müsse, große Zusammenrottungen zu verhindern.

Der Genosse Palm war der Ansicht, daß der Genosse Fischer »zu schwarz sieht.«

»Trotzdem wurde«, wie der Genosse Fischer schreibt, »in der Durchführung der Anordnung Einigkeit erzielt«.

Mit dem Genossen Lohse wurde vereinbart, daß eine Überprüfung der Bereitschaft aller Reviere in der Stadt und in den Betrieben durchgeführt wird und verstärkte Kontrollen während der Nacht vorgenommen werden.

Gegen morgen (ca. 4.00 Uhr) rief der Genosse Falk, der den Dienst in der Bezirksleitung aufgenommen hatte, den Genossen Pisnik an, daß ein weiterer Anruf vom ZK da ist, daß ein Sekretär zum Dienst herangezogen werden solle.

Da keine weiteren Hinweise vom ZK gegeben wurden und der Genosse Falk auf die Frage des Genossen Pisnik, wie die Lage in den Betrieben in Magdeburg ist oder besondere Vorkommnisse vorliegen, antwortete, daß es nichts besonderes gäbe, bekam der Genosse Falk die Anweisung, den Genossen Pisnik bei Auftauchen von Signalen oder Hinweisen sofort zu verständigen.

Der Genosse Fischer führte bis 6.00 Uhr morgens Kontrollmaßnahmen durch.

Der Genosse Pisnik sprach um 5.00 Uhr mit dem Genossen Kurt Wagner, 2. Sekretär der Bezirksleitung, über die Vorgänge während der Nacht und über die seiner Ansicht nach notwendigen Maßnahmen der Bezirksleitung.

Er war der Meinung, in erster Linie die Genossen der Bezirksleitung in die Betriebe Magdeburgs einzusetzen.

Der Genosse Pisnik hatte die Nachricht erhalten, um 11.00 Uhr vormittags im ZK zu sein.

Nach dieser Besprechung mit dem Genossen Wagner fuhr der Genosse Pisnik zur Bezirksleitung und sprach dort (ca. 7.00 Uhr) mit dem Genossen Fischer nochmals über die Lage, vor allem in den Betrieben.

Der Genosse Fischer hatte inzwischen Kenntnis erhalten, daß im Karl-MarxWerk »Freie Straße« von ca. 500 Menschen die Arbeit nicht aufgenommen wurde. Die Diskussionen gingen »um die Normen«, wie der Genosse Fischer schreibt.

Aus allen anderen Betrieben kamen die Meldungen, daß die Arbeit ordnungsgemäß aufgenommen wurde.

Der Genosse Pisnik vereinbarte mit dem Genossen Fischer, daß er selbst sofort in das Karl-Marx-Werk gehen soll. An dieser Unterredung nahm zum Schluß auch noch der Genosse Wagner teil.

Nach dieser Unterredung fuhr der Genosse Pisnik nach Berlin zum Zentralkomitee.

Der Genosse Fischer ging zurück zur Kreisleitung, blieb im Sekretariat und wertete die laufend eingehenden Meldungen aus den Betrieben aus.

Bis 8.00 Uhr waren 3 Tatsachen bekannt:

Arbeitsniederlegung von ca. 80 Mann im Großarmaturenwerk,

Provokationen in der Kastanienallee (Neustadt),

Berichte der Genossen aus den Betrieben, daß überall, obwohl gearbeitet wird, Diskussionen im Gang sind, daß der RIAS in der Nacht zum Generalstreik aufgerufen hat.

Im Hause der Bezirksleitung wurde ca. 8.15 Uhr mit den anwesenden Sekretären (Gen. Eyermann, Vorsitzender der BPKK[60], war schon am 16.6. morgens nach Berlin gefahren) eine Besprechung durchgeführt. In dieser Besprechung wurde festgelegt, den größten Teil der politischen Mitarbeiter in den Magdeburger Betrieben einzusetzen.

Es wurde ein Operativstab gebildet, über dessen Zusammensetzung, wie sich später herausstellte, keine Klarheit bestand.

Dem Genossen Fischer wurde berichtet, daß die Genossen im Karl-MarxWerk und Großarmaturenwerk die Arbeitsniederlegung lokalisiert haben und in den anderen Betriebsteilen Ruhe herrsche.

Der Genosse Fischer entsandte zur Kastanienallee in Neustadt Genossen der Kreisleitung und verständigte den Stadtbezirk Nord sowie die VP, daß dort ein Provokateur die Straßenbahner zur Arbeitsniederlegung aufhetzt.

Gegen 8.30 Uhr fand in der Bezirksleitung eine Besprechung statt, an der teilnahmen:

Genosse Wagner, Bezirksleitung

Genosse Krüger, Bezirksleitung

Genossin Brandt, Bezirksleitung

Genosse Fischer, Kreisleitung

Genosse Hegen, Vorsitzender des Rates des Bezirkes Genosse Paulsen, Chefinspekteur der BDVP[61].

Der Genosse Fischer gab einen Bericht über die Lage und die getroffenen Maßnahmen. In der anschließenden Diskussion kam ein Genosse der Kreisleitung und sagte zu dem Genossen Fischer, daß er sofort mitkommen soll, da ein Genosse vom Ernst-Thälmann-Werk den Genossen Fischer sprechen möchte, »da im Ernst-Thälmann-Werk die Hölle los sei«.

Der Genosse Fischer erfuhr im Sekretariat der Kreisleitung telefonisch durch den Genossen Müller (Instrukteur der Kreisleitung), der im Ernst-ThälmannWerk eingesetzt war, daß ein Streik großen Ausmaßes ausgebrochen sei. Viele Arbeiter marschieren durch das Werk, legen andere Abteilungen mit Gewalt lahm und [der Gen. Müller teilte mit], daß sich 2 – 3.000 Arbeiter auf dem Werkgelände vor der Verwaltung angesammelt hätten.

Der Genosse sagte weiter, daß es nicht nur um die Normen geht, sondern daß auch Transparente mit der Aufschrift: »Nieder mit der Regierung« getragen werden.

Der Genosse Fischer vereinbarte mit dem Genossen, daß der Genosse Thierfelder und der Werkleiter, Genosse Fricke, sofort zu den Versammelten sprechen soll und den Beschluß des Ministerrats vom 16.6.53 über die Normen[62] bekanntgeben sollen.

Weiter ordnete der Genosse Fischer an, daß die besten Genossen zusammenzunehmen sind und an den Werktoren zur Verstärkung der VP beigegeben werden.

Der Genosse Fischer informierte sich noch über die Lage in den anderen Betrieben und erhielt die Auskunft, daß dort Ruhe herrscht.

Genosse Fischer ging in das Bezirkssekretariat zurück und berichtete dem Sekretariat über die neue Lage und die eingeleiteten Maßnahmen.

Inzwischen war ein Gespräch mit der Kreisleitung Kalbe/Milde geführt worden, wo in einem Betrieb ebenfalls gestreikt wurde.

Dem Sekretariat gingen weitere Meldungen zu und zwar:

Im Ernst-Thälmann-Werk sind die Streikenden über die Mauern gestiegen. Die Provokateure sind in das Dimitroff-Werk und Karl-Liebknecht-Werk eingedrungen.

Die Menschenmassen auf der Straße der Deutsch-Sowjetischen Freundschaft sammeln sich zum Demonstrationszug.

Über diese neue Lage begann eine Beratung im Bezirkssekretariat. Der Genosse Hegen entwickelte den Plan einer Gegendemonstration von aufrechten Genossen und klassenbewußten Arbeitern.

Weiter hat der Genosse Hegen vorgeschlagen, »daß der Genosse Fischer und der Genosse Daub vor dem Hauptbahnhof zu den Demonstranten sprechen sollen«, schreibt der Genosse Fischer. (Genosse Daub[63], Oberbürgermeister der Stadt Magdeburg, war auch zur Bezirksleitung gekommen.)

Die Genossin Brandt schreibt: »Der Charakter der Demonstration wurde nicht erkannt und so wurde festgelegt, daß Genosse Hegen und Genosse Fischer versuchen sollten zu sprechen.«

Hierzu schreibt der Genosse Fischer: »Soweit wie ich mich noch erinnern kann, wurde diese Maßnahme mit der Tatsache begründet, daß am 16.6.53 in Berlin der Genosse Selbmann[64] zu den Demonstranten gesprochen haben sollte[65] und daß diese daraufhin auseinandergegangen wären. Wer das gesagt hat, weiß ich nicht mehr.«

Der Genosse Wagner sprach mit dem Genossen Paulsen ab, daß er noch VP zum Schutze der Bezirksleitung beordert. Während dieser Aussprache [über die] Organisierung einer Gegendemonstration bekam das Sekretariat davon Kenntnis, schreibt Genosse Fischer, »daß am Hasselbachplatz Zerstörungen von öffentlichen Gebäuden, HO’s und Straßenschildern und der Angriff auf fortschrittlich eingestellte Bürger beginnen.«

Diese Meldung erhielt das Sekretariat ungefähr 10.30 Uhr (Genosse Fischer).

Die Genossen Paulsen und Hegen hatten die Bezirksleitung verlassen. Von der VP war 1 Offizier und vom MfS 1 Verbindungsmann gekommen.

Der Operativstab in der Bezirksleitung kam nach einer Aussprache zu der Meinung, die Freunde[66] um Hilfe zu bitten.

Weiter wurde der Beschluß gefaßt, daß die Genossen, die noch im Hause waren, im Hause verbleiben sollten, um den Schutz des Hauses zu übernehmen.

Nach dieser Aussprache arbeitete das Sekretariat nicht mehr kollektiv und jeder ordnete an, was er für richtig hielt. Der Betriebsschutz der Bezirksleitung bekam von der BDVP den Auftrag, die Waffen zu verschließen.

Die Genossin Brandt führte mit einem Teil der Mitarbeiter des Hauses eine Besprechung durch, und schreibt dazu:

»Auf Grund der Situation hielt ich es für notwendig, alle im Hause weilenden Mitarbeiter zu informieren, teilte das dem Genossen Wagner mit und ließ alle Genossen im Zimmer 219 zusammenkommen. Hier wurde von mir festgelegt, die Dokumente und alle wichtigen Unterlagen in den Panzerschränken unterzubringen. Ohne genau und konkret festzulegen, wie unser Haus geschützt werden muß, sagte ich zwar hier auch, daß wir damit rechnen müssen, daß man das Parteihaus wahrscheinlich auch angreifen wird und daß wir das nicht zulassen dürfen.«

Der andere Teil der Mitarbeiter im Apparat der Bezirksleitung, so z.B.[der] BPKK, hatte von den Vorgängen im Hause und in Magdeburg keine Kenntnis und wurde, weil vom Sekretariat nicht an der Organisierung des Schutzes des Hauses gedacht wurde, von den Provokateuren überrascht. Nur dem disziplinierten Verhalten der Genossen ist es zu verdanken, daß den faschistischen Elementen keine Unterlagen in die Hände fielen.

Der Genosse Wagner wurde beim Telefonieren von Genossen in Kenntnis gesetzt, daß ca. 1000 Menschen vor dem Gebäude der Bezirksleitung demonstrieren. Die Türen waren verschlossen. Die Provokateure drangen durch die Fenster in die 1. Etage ein und über das Baugerüst, was vor dem Haupteingang der Bezirksleitung stand, in die 2. Etage.

Der Genosse Wagner, der nach unten gegangen ist, verhandelte mit einem Provokateur und wollte zum Empfang einer »Delegation« die Tür aufschließen lassen. Davon hielten ihn die Genossen Krause und Fichtner (BPKK) ab.

Die im unteren Flur anwesenden Sekretariatsmitglieder, Genossin Brandt und Genosse Dörre[67], diskutierten mit den Provokateuren. Der Genosse Wagner schreibt: »Ich selbst war unten im Parterre und wollte, auf Grund meiner fehlerhaften Einstellung, zu der von den Provokateuren angeleiteten Masse sprechen. Was dann von einem Fenster der 1. Etage geschehen sollte, wobei ich mit Steinen bombardiert wurde.«

Der Genosse Fischer schreibt: »Ich ging in das Zimmer von A. Pisnik zurück, Genosse Wagner und ich versuchten vom Fenster die Dinge zu überblicken und eventl. ein paar Worte zu sagen, aber es prasselte sofort ein Steinhagel hoch. Dieser Versuch wurde aufgegeben.«

»Im Zimmer des Genossen Pisnik befand sich neben dem OP-Stab[68] noch eine Reihe Genossinnen (Volkmann, Sauer), die die Schlüssel zu den Geheimakten besaßen. Die Türen zum Zimmer des Genossen Pisnik wurden deshalb versperrt«, schreibt der Gen. Fischer.

Einige Genossen des Hauses versuchten mit 2 Angehörigen der VP, den Provokateuren das Weiterkommen zu der oberen Etage zu verhindern. Die Provokateure schlugen auf die Genossen ein. Die Provokateure waren mit Hämmern, Äxten und Eisenstangen bewaffnet.           Es kam zu einer Schlägerei zwischen diesen Genossen und den Provokateuren.

Die Provokateure zerschlugen verschlossene Türen und zerstörten eine große Anzahl Bilder, Transparente und Büsten. Was auf den Schreibtischen lag (vor allem Zeitungen) und persönliche Bücher der Genossen, wurde aus dem Fenster geworfen und durch die faschistischen Provokateure auf der Straße angezündet.

Nachdem diese Provokateure ihre Zerstörung beendet hatten, verließen sie das Gebäude. Die vor dem Gebäude stehenden Demonstranten zogen dann nach kurzer Zeit ab.

Von der Genossin Brandt wurden die Genossen des Hauses eingeteilt, den Schutz der Eingänge der Bezirksleitung mit zu übernehmen, da sie davon Kenntnis erhalten hatte, daß sich der Bezirksleitung ein weiterer Zug Demonstranten nähert.

Von den Genossen wurde sofort die Säuberung der Straße vorgenommen und im Hause wieder Ordnung geschaffen.

Ca. gegen 14.00 Uhr übernahmen die Freunde den Schutz der Bezirksleitung.

II. Persönliche Stellungnahmen der einzelnen Sekretariatsmitglieder zu ihrem Verhalten.

Genosse Pisnik, 1. Sekretär der Bezirksleitung.

Der Genosse Pisnik nahm an, daß die Maßnahmen, die er, bevor er nach Berlin fuhr, angeordnet hatte, vorläufig genügen würden. Er dachte nicht daran, das Bezirkssekretariat zusammenzurufen, die übrigen Kreisleitungen zu informieren und die Bezirksorganisationen in besondere Bereitschaft zu setzen.

Genosse Pisnik hat zwar keinen Zweifel darüber gehabt, daß der Feind immer und gerade dort, wo er eine schwache Stelle glaubt, versuchte und versucht, auf verschiedenste Art Provokationen zu organisieren.

Auch bei der Mitteilung über den Streik in Berlin dachte er sofort an solche Hintergründe und Hintermänner, aber keinen Augenblick dachte er an solche Ausmaße, wie sie später in Erscheinung traten.

Der Genosse Pisnik schätzte die Situation bei weitem nicht so ein, um die Fahrt nach Berlin von ihm selbst aus aufzugeben. Die Ereignisse, die Auseinandersetzungen darüber, insbesondere über das Verhalten der Mitglieder des Bezirkssekretariats, des Betriebsschutzes selbst zeigten dem Genossen Pisnik, daß es richtiger gewesen wäre, die Kreissekretariate zu informieren, und zwar noch in der Nacht und auch noch in der Nacht eine Beratung des Bezirkssekretariats durchzuführen sowie auch eine viel stärkere Mobilisierung der ganzen Parteiorganisation.

Ein weitere Fehler war es, daß sich der Genosse Pisnik nicht gleich mit der VP verständigt hat bzw. eine solche veranlaßt hat.

In der Besprechung in Berlin wurde kein einziger Hinweis auf diese Frage gegeben, darum dachte auch der Genosse Pisnik an keine größeren Provokationen in Magdeburg.

»Das sah ich in seinem vollen Ausmaß erst nach meiner Rückkehr von Berlin am Abend des 17.6..«

Der Genosse Pisnik schreibt wörtlich: »Zwei weitere Momente in bezug auf meine Person muß ich noch anführen:

Ein Fehler von mir war es, daß ich nicht für die rechtzeitige Fertigstellung einer konkreten Analyse über den 17.6., insbesondere die Haltung des Bezirkssekretariats und seiner Mitglieder sowie der Bezirksleitungsmitglieder Sorge getragen habe. Wenn auch Genosse Wagner vom Bezirkssekretariat dafür verantwortlich gemacht worden ist, so enthebt mich das nicht der Hauptverantwortung.

Dieser Mangel hat sich nicht unwesentlich auf die Vorbereitung und Durchführung der Bezirksleitungssitzung ausgewirkt.[69]

Eine Vernachlässigung war es auch oder richtiger gesagt, eine Unterschätzung, daß ich nicht die sofortige Untersuchung des Verhaltens des Genossen Paulsen am 17.6. veranlaßt habe. Es kann auch keine Entschuldigung sein, daß ich darüber keinerlei Hinweise bekommen habe und nur auf meine eigene Überlegung angewiesen war.

Eine besondere Veranlassung für die Überprüfung hätte mir das 15. Plenum und die dort gesprochenen Worte des Genossen Ulbricht sein müssen, obwohl ich die ganzen Bemerkungen des Genossen Ulbricht nicht mitbekommen habe, und daher auch den Ernst dieser Frage nicht begriffen habe. Im Verlaufe der Vorbereitung der Bezirksleitungssitzung habe ich daran nicht gedacht.«

Genosse Wagner, 2. Sekretär der Bezirksleitung.

Wie war der 17. Juni in der Bezirksleitung der Partei?

Hierzu muß man sagen, daß wir von den Ausmaßen dieses Tages überrascht waren.

In den Tagen vor dem 17. Juni war die Anleitung vom Zentralkomitee mehr als mangelhaft, sonst hätten wir andere Möglichkeiten zur Mobilisierung der Partei wahrgenommen.

Genosse Wagner schreibt wörtlich: »Bei meinem Eintreffen in der Bezirksleitung waren noch keine größeren Aktionen bekannt.

Ich selbst hatte in der Nacht vom 16.-17.6. an einer Lektion gearbeitet, die ich am 18.6. in Spröda halten sollte. Hinzu kommt noch, daß ich durch die schwere Krankheit meiner Frau und Neueinführung als 2. Sekretär ziemlich überanstrengt war.

In der Abteilung und auch im Hause hatte ich noch nicht die Fäden in der Hand, als 2. Sekretär der Bezirksleitung, so daß ich auch die Mitarbeiter noch nicht kannte.

Wir führten eine Besprechung durch und bildeten den Operativstab im Hause. Gemeinsam wurde dann festgelegt, den größten Teil der Genossen politischen Mitarbeiter in die Magdeburger Betriebe zu schicken, was auch geschah.

Diese Einstellung wurde auch von mir noch lange beibehalten und erst sehr spät, nachdem bereits Zerstörungen an Häusern der Partei und Organisationen vorgenommen wurden, wurden die Ausschreitungen als faschistischer Putsch erkannt.

Der Operativstab arbeitete nicht mehr kollektiv, [angesichts der Tatsache, daß][70]Hunderte von Anfragen und Maßnahmen eingeleitet werden mußten. Alle Schutzmaßnahmen, die wir mit der VP versuchten einzuleiten, scheiterten an der Tatsache, nicht helfen zu können. Ich selbst war immer der Meinung, daß der Schutz des Hauses durch die VP in der Hauptsache gewährleistet wäre. Zur Verteidigung des Hauses aber sollte nach kurzer Absprache mit der Genossin Brandt diese Frage behandelt werden.

Noch während ich mit den Freunden wegen Schutzes des Hauses und über den Stand der Situation sprach, drangen die Provokateure in das Haus ein.

Die Eindringlinge wurden von nur wenigen Genossen behindert. Ich selbst war unten im Parterre und wollte auf Grund meiner fehlerhaften Einstellung zu der von den Provokateuren angeleiteten Masse sprechen.

Was dann von einem Fenster der 1. Etage geschehen sollte, wobei ich mit Steinen bombardiert wurde.

Durch die Tatsache, daß in unserem Hause mangelnder Schutz durch die VP vorhanden war, hätte ich mehr Hauptgewicht auf die Schutzmaßnahmen legen müssen.

Meinen Fehler sehe ich darin, daß wir zu wenig im Kollektiv gearbeitet haben und das Kollektiv in solcher Stunde nicht geschmiedet wurde. Daß ich versuchte, Magdeburger Kreis- und Stadtbezirksfragen zu lösen, die Angelegenheit der Kreisleitung waren.

Daß ich bei der Stellung von 5 Genossen von der VP nicht gleich Einwände gemacht habe, obwohl ich gleich mit dem Genossen Paulsen eine Auseinandersetzung wegen der Bewaffnung der Genossen hatte.

Daß ich der Parteiorganisation des Hauses nicht bestimmte Fragen übertragen habe, wie Schutz des Hauses, usw.

Daß ich mich um Stadtfragen kümmerte, dadurch wurde aber der Bezirk vernachlässigt.

Weiter liegen meine Fehler in einer gewissen Unterschätzung der Situation. (Hauptfrage) Die Lehren aus den Erfahrungen während der Dezembervorgänge[71] u.a., wie Burianek[72]- und Slansky[73]-Prozeß, wurden von mir in dieser Zeit nicht angewandt.

Über meine Erfahrungen von vor 1933 in der Frage der Abwehr der faschistischen Provokationen war ich mir nicht im klaren und wählte die Methode der Diskussion.«

Genossin Brandt, Sekretärin für Propaganda.

»Am 17.6. war ich morgens kurz nach 7.00 Uhr im Haus der Bezirksleitung. Ursprünglich wollte ich zum G.-Dimitroff-Werk, änderte dann aber meinen Plan, da ich um 9.00 Uhr ins Krankenhaus bestellt war, um meinen Befund abzuholen, so daß mir die Zeit von 7.00 – 8.00 Uhr zu kurz war, um in das Dimitroff-Werk zu gehen.

Gegen 7.30 Uhr kam der Genosse Heinz Falk zu mir. Er teilte mir mit, daß er in der Nacht geholt wurde, da vom ZK eine Mitteilung gekommen wäre, daß der 1. Sekretär oder ein verantwortlicher Sekretär des Nachts im Hause sein müßte. Er berichtete mir auch, daß angeblich in Berlin etwas los gewesen sei, (er wußte selbst nicht was) und daß die Kreisleitung ihre Mitarbeiter mobilisiert hat und sie bereits in der Nacht in die einzelnen Werke geschickt wurden.

Auf meine Frage, was wir denn machen, ob unsere Genossen geholt worden wären und ob Genosse Pisnik das wüßte und wo er wäre, erhielt ich die Antwort, Genosse Pisnik weiß Bescheid, er mußte nach Berlin kommen und ist schon weg.

Anschließend suchte ich den Genossen Wagner, um festzustellen, was wir machen und erhielt die Antwort, daß Sekretäre und Abteilungsleiter gleich zusammenkommen.

Die Besprechung muß kurz nach 8.00 Uhr gewesen sein. Wer im einzelnen alles teilgenommen hat, weiß ich nicht mehr. Daß Paulsen und Sepp Fischer dabei waren, weiß ich genau. Sepp Fischer berichtete hier (soviel mir erinnerlich ist) bereits, daß im Ernst-Thälmann-Werk innerhalb des Werkes Demonstrationen von einem Betrieb zum anderen seien, wegen der Normen.

Es wurde festgelegt, einen Operativstab zu bilden; ich kann mich nicht mehr genau besinnen, wer da rein sollte, nach meiner Meinung nicht alle Sekretäre, sondern Kurt Wagner, Josef Hegen, Paulsen, Skobik und ein Abteilungsleiter, das weiß ich aber genau nicht mehr; bestimmt weiß ich, daß sich von den Abteilungsleitern Gen. Framke freiwillig meldete, weil mehrere Genossen Abteilungsleiter in die Werke wollten. (Ich hatte innerlich Bedenken, die ich aber nicht äußerte, weil Gen. Framke ja aus seiner Funktion sollte.)

Wir wollten da auch noch nicht Genossen Stauch[74] aus dem Urlaub zurückholen.

Festgelegt wurde weiter, unsere Genossen in die Betriebe zu schicken zurHaltung der Ruhe und Organisierung von Gegendemonstrationen.

Jetzt kam auch schon die Mitteilung, von Rothensee her gäbe es auch eine Demonstration. [75] Dort sollten die Bezirksparteischüler hin.

Während die Besprechung auseinanderging, kam bereits die nächste Meldung, die Arbeiter sind vom Thälmann-Werk raus und versuchen von hinten, in das Dimitroff-Werk einzudringen. Ich wollte daraufhin in das Werk, Kurt Wagner und Rudi Krüger sagten mir, daß dies nicht richtig sei.

So schickte ich die Genossen Gelhardt und Cours mit dem Auftrag, die Parteileitung zu unterstützen und mir sofort über die Situation Nachricht zu geben.

In der Zeit gab es aber Meldungen über Demonstrationen von verschiedenen Seiten, die angeblich zum Roten Platz wollten.

(Nieder mit der Regierung) [76] Der Charakter der Demonstration wurde nicht erkannt und so wurde festgelegt, daß Genosse Hegen und Sepp Fischer dann versuchen sollten zu sprechen.

Inzwischen hatte die Spitze des Demonstrationszuges aus Buckau den Hasselbachplatz erreicht und Provokateure hatten den Bezirksfriedensrat gestürmt, (Genosse Schmidt, 2. Bezirkssekretär des Friedensrates, rief mich hinterher an) und kurz vorher informierte mich Genosse Gelhardt durch Anruf über die Situation im Dimitroff-Werk. Auf Grund der Situation hielt ich es für notwendig, alle im Hause weilenden Mitarbeiter zu informieren, teilte das dem Genossen Wagner mit und ließ alle Genossen im Zimmer 219 zusammenkommen. Hier wurde von mir festgelegt, die Dokumente und alle wichtigen Unterlagen in den Panzerschränken unterzubringen.

Ohne genau und konkret festzulegen, wie unser Haus geschützt werden muß, sagte ich zwar hier auch, daß wir damit rechnen müssen, daß man das Parteihaus wahrscheinlich auch angreifen wird und daß wir das nicht zulassen dürfen. Es gab also bis dahin im Operativstab keinen Plan zum Schutze des Hauses, und ich habe auch nicht selbst die Initiative ergriffen und konkret etwas festgelegt.

Desgleichen habe ich auch nicht daran gedacht, Kurt Wagner aufmerksam zu machen, daß die Kreise informiert werden, das tat ich erst später, als die Banditen wieder aus unserem Haus raus waren.

In der kurzen Zeit zwischen der Besprechung mit den Genossen und dem Eindringen der Provokateure hatte ich zu tun, einzelne Genossen zu beruhigen und fremde Genossen, die noch zu dieser Zeit in das Haus kamen, wieder rauszutransportieren. D.h., wir hatten auch dem Betriebsschutz nicht gesagt, in dieser Situation keinen mehr in das Haus zu lassen..

Erst dann, als sich die Provokateure schon in der Goethestr. befanden, wurde der Haupteingang geschlossen (wie es an den anderen Eingängen war, weiß ich nicht).

Während die Provokateure und mit ihnen viele Arbeiter vor dem Hause zusammenströmten, versuchte ich aus dem Fenster vom Sitzungssaal zu sprechen.

Daraufhin erbot sich unten ein großes Gejohle und mir teilte jemand mit, daß Kurt Wagner sprechen werde. Ich begab mich darauf hin zum 1. Stock. Genosse Wagner sah ich nicht. Da klirrten schon die Scheiben und über das Gerüst drangen einige Jugendliche ein.

Wir versuchten, sie zu bewegen umzukehren und verhinderten bei diesen ersten, daß sie das auf dem Flur befindliche Stalinbild zerschlugen, wir ließen sie auch nicht die Treppe hoch zum Sekretariat, die ersten bis auf einen, der in dem Seitenflur retirierte, kehrten um, doch da strömten von unten her die Massen ein. Hier versuchten wir, ich erinnere mich, daß Vera Zein, Genossin Esser, Ilka Sauer und Hannelore Richter in meiner Nähe waren, zu verhindern, daß sie höher kamen. Während wir uns hier rumstritten, wurde hinter unserem Rücken das Stalinbild zertrümmert, ohne daß wir etwas zu seinem Schutz unternahmen.

Andere Genossen versuchten es erfolglos.

Nach kurzer Zeit verließen die Randalierer das Haus.

Da nach dem Abziehen der Provokateure mit einem zweiten Überfall gerechnet werden mußte, holte ich aus dem unteren Treppenaufsatz alle Genossen und Genossinnen zusammen (es waren jetzt mehr geworden, da viele Genossen zurückgekommen waren) und teilte für jeden Eingang eine bestimme Anzahl ein, sie sollten gleichzeitig vor ihren Eingängen Ordnung machen, da z.B. vor dem Haupteingang Feuer angelegt worden war.

Kurz darauf kamen bereits Sowjetsoldaten und besetzten das Haus. Bis zu diesem Zeitpunkt war mir der Ernst der Situation bis auf alle Einzelheiten nicht bewußt. Ich habe nicht erkannt, daß dies eine faschistische Provokation war, die zum Ziele hatte, unsere Macht zu stürzen.

Während des Tumults im Haus ließ ich mich verblüffen, daß so viele wirkliche Proleten mitmachten. Ich schätzte die Situation auch so ein, daß ich dachte, es wird schnell vorübergehen. Ich sah nicht dabei, daß sich die Banditen ja bei uns festsetzen konnten. Mir ging auch durch den Kopf – rausschlagen! draufprügeln! – hielt es aber für falsch, wir waren nur wenige und ohne jedes Gerät. Außerdem hatte ich noch immer eine Parole im Kopf – nicht schlagen und nicht schießen, woher weiß ich nicht. Ich bin mir bis heute nicht klar darüber, ob ich dort richtig gehandelt habe. Hätte ich die Genossen am Treppenabsatz vor dem Stalinbild gesammelt, so wäre der Strom nicht so leicht hochgekommen.

Außerdem habe ich versäumt, wenigstens einige Provokateure einzusperren, die Möglichkeit wäre gewesen.

Noch bis zum Nachmittag habe ich gedacht, ich hätte richtig gehandelt, denn ich war ja nicht untätig. Aber das war nur Stückwerk, nicht das, auf was es ankam.

Mit keinem Gedanken habe ich an die Erfahrungen der KPdSU oder an die der deutschen Arbeiterbewegung in der Weimarer Zeit gedacht, sondern war so innerlich durchdrungen, daß bei uns so etwas nicht möglich ist wie z.B. in Westdeutschland, weil wir die Macht haben.

Außerdem erlebte ich jetzt zum ersten Mal, wie das praktisch aussieht – Organisierung eines Putsches – ohne zu sehen, daß es ein solcher Versuch war.«

Genosse Krüger, Sekretär für Landwirtschaft.

»Zum ersten Mal erfuhr ich was los war um 9.15 Uhr in der Besprechung im Sekretariat. Um diese Zeit war die Information durch Genossen Wagner, die durch Genossen Hegen ergänzt wurde, noch Streik, insbesondere im ThälmannWerk.

Während der Besprechung, [die] Zeit weiß ich nicht mehr, kam die Mitteilung, aus dem Thälmann-Werk sind sie auf die Straße gegangen und ziehen Richtung Hasselbachplatz mit dem Ziel, auf dem Roten Platz eine Kundgebung gegen die Normen durchzuführen.

Jetzt wurde durch uns folgendes schnell entschieden. Die besten Genossen aus der Verwaltung sofort mobilisieren mit dem Ziel »Roter Platz«, die dort die Demonstration in unsere Hände mit bringen sollen.

Die Genossen Hegen und Fischer sollen dort sprechen.

Die Genossen aus den Brigaden [sollen] sofort in ihre Betriebe, um weitere Streiks zu verhindern.

An die Verteidigung des Hauses dachte keiner. Auch dann nicht, als uns in der Besprechung noch bekannt wurde, daß in Neustadt auch demonstriert wurde.[77] Hier wurde die Parteischule mit dem gleichen Ziel, die Demonstration in unsere Hand zu bekommen, eingesetzt.

Hier begann der erste Fehler. Zwar ist mir überhaupt nicht bekannt geworden, daß alles zerschlagen und geplündert wurde, bis sie hier selbst in das Haus eindrangen. Trotzdem hätten wir das Haus nicht noch mehr von Genossen entblößen sollen.

Folgende Verantwortlichkeit wurde festgelegt. Die Genossin Brandt [und die Genossen] Dörre und Krüger hatten bestimmte Aufgaben. Ich z. B. Genossen[78]zum Zentralen Platz (Bau-Union), damit Bauarbeiter nicht streiken.

Die besten Genossen aus MTS[79], VVG[80], VdgB[81] zum Roten Platz, Kundgebung in unsere Hand zu bekommen.[82]

Für die weitere Festlegung und Leitung [wurde] ein OP-Stab [gebildet], zu dem gehörten, Genosse Wagner und Genosse Framke. Wer noch weiter von [der]VP usw. [dazu gehörte], entzieht sich meiner Kenntnis.

Inwieweit im OP-Stab über das weitere Vorgehen in Magdeburg Kenntnis herrschte, weiß ich nicht. Ich legte mit den Genossen der MTS die Genossen fest, die sofort zum Roten Platz gehen und ihre Aufgaben.

Dabei begann plötzlich der Krawall durch Radfahrerkolonnen. Ich behielt die 3 Genossen sofort im Hause und begab mich ins Zimmer des OP-Stabes. (Zimmer vom Genossen Pisnik).

Hier sah ich, daß auch ein Genosse Polizeirat und noch jemand anwesend war.

Hier begann der zweite Fehler. Wir waren durchaus noch in der Lage, das Haus auf Verteidigung einzustellen.

Ich weiß heute, daß die Lumpen auf Grund der Verhältnisse doch dumm gewesen wären, aber etwas anders hat es doch ausgesehen.

Ich forderte noch sofortige Anforderung der KVP[83] aus Burg über die Kreisleitung. Genosse Wagner war aber der Meinung, das könne nur Berlin anweisen. Gegen diese Auffassung wandte sich die Genossin Brandt und ich gemeinsam. Wir waren beide der Auffassung, hier nützt nur zuschlagen.

Durch diese Auseinandersetzung verging kostbare Zeit und als das Eindringen im Hause begann, war es zu spät. Das Verhalten dann jedes Genossen war nach meiner Auffassung richtig. Es wurde nicht diskutiert in dem Sinne. Von überall wurden sie Schritt für Schritt zurückgedrängt. Dabei waren auch heftige Wortwechsel. Erschwert wurde unsere Tätigkeit, [da], daß durch die Übermacht ein jeder auf sich selbst angewiesen war, wir immer wieder auseinandergedrängt wurden.

Heute sehe ich aber, daß ich selbst auch keine Anstrengung in der Richtung unternahm. Auf alle Fälle wäre es möglich gewesen und wir hätten mehr und schneller etwas erreicht. Erschwerend machte sich bemerkbar, daß bei uns alle Türen zu den Gängen verschlossen sind, daß die Organisierung der Abwehr ungeheuer schwer ist, während die Provokateure diese einschlugen und eben da waren.

Das Versagen des Sekretariats lag bei Beginn der Provokation. Sehr schlecht informiert und als es unterrichtet war, [hatte es] nicht schnell genug die Losung »Agitieren« liquidiert und somit die Genossen dann später in einzelnen Fällen auf dieser Losung belassen. Nicht das Sekretariat gab die Richtung, sondern mehr oder weniger das plötzliche Eingeben, die Erfahrung usw. eines jeden einzelnen.

So war es für mich klar, als die Lumpen im Hause waren, so schnell wie möglich raus mit ihnen, Diskussionen und Beratungen gibt es keine mit ihnen, [ich] tat aber nichts, damit es zur Auffassung des Sekretariats wurde.

Ich möchte noch sagen, daß die Verteidigung während der Zerstörung im Hause nicht möglich war. Als ich es einmal versuchte, war die Tür zum OP-Stab verschlossen. Ich war der Auffassung, das ist richtig und war zufrieden, weil ich dadurch annahm, daß die weitere notwendige Verbindung aufrecht erhalten und weitere Maßnahmen eingeleitet werden. Die Entfernung der Provokateure aus dem Haus gelang uns noch vor dem Eintreffen der Freunde. Meine Kontrolle darauf über die Situation im Hause ließ mich im ersten Moment stark erschrekken, weil von überall her in unser Objekt eingedrungen werden kann. Die weitere Organisierung des Schutzes überließ ich dann, als die Freunde da waren.«

Genosse Dörre, Sekretär für Kultur und Erziehung.

»Kurze Zeit nach meinem Eintreffen im Hause trat das Sekretariat zu einer Besprechung zusammen. Hier erfuhr ich zum ersten Mal von »Unruhen«, deren Charakter jedoch keinesfalls klar war. In dieser Beratung schlug wohl Genosse Hegen als Gegenmaßnahme gegen die Demonstration Gegendemonstrationen der politisch besten Genossen vor (KL Magdeburg, Rat des Bezirkes u.a.). Dieser Auffassung wurde zugestimmt. Zur Leitung der Gegenmaßnahmen wurde ein Operativstab unter Leitung des Genossen Wagner gebildet. Eine Kommission unter Leitung der Genossin Brandt arbeitete den Wortlaut einer Durchsage an die KL aus. Ich selbst stellte mich nach einem Hinweis der Genossin Brandt dem Genossen Wagner zur Verfügung. (Aufnahme von Telefongesprächen).

Durch eingehende Telefongespräche wurde bekannt, daß die »Streikenden« gewaltsam ins Karl-Liebknecht-Werk (?)[84] eingedrungen waren, sich zu einem »Demonstrationszug« formiert hatten, der sich angeblich zum Zentralen Platz bewegte. Hier wurde eine Kundgebung erwartet, deshalb sollte Genosse Fischer und Genosse Hegen dort zu den Demonstranten sprechen. Im weiteren Verlauf wurde auch der putschistische Charakter der »Demonstration« bekannt (Demolierung der Räume des Bezirksfriedensrates, Abreißen von Transparenten, Haus der FDJ, Ansammlung vor der Bezirksverwaltung). Während dieser Zeit wurde auch die Weisung gegeben, die Akten in die Panzerschränke einzuschließen (Ursprung ist mir nicht bekannt). Das veranlaßte und tat ich.

Vorher wurde auch bereits einige Male vom Genossen Paulsen Schutz für das Haus verlangt. Ein Schutz durch Genossen des Hauses wurde meines Wissens nicht organisiert. Mehr oder weniger stand jeder Genosse allein.

(Was versteht man darunter?) Auch meine Einstellung entsprach der Meinung »Nicht provozieren lassen«. Diese Meinung teilte ich auch zum Beispiel der Bezirksparteischule auf deren Anrufen hin mit.

Bei der Zusammenrottung der Provokateure und Irregeführten vor dem Hause weilte ich mit mehreren Genossen im Vorzimmer des Genossen Wagner und auf dem oberen Flur. Ich verhielt mich unschlüssig und abwartend.

Als ich in die unteren Stockwerke gehen wollte, überstürmte gerade die Masse auf der Treppe einige Volkspolizisten, die ihr weiteres Vorgehen verhindern wollten. Auf der Treppe zum 3. Stock versuchte ich, einige [Provokateure] zur »Vernunft« zu bringen, was auch zum Teil gelang, da nur einzelne weitergingen.

Auf dem oberen Flur gelang es uns dabei im wesentlichen, diese zur Umkehr zu bewegen. In dieser Zeit kamen auch einzelne über den hinteren Aufgang auf dem 3. Flur.

Mit einigen ging ich dann diskutierend die Treppe hinunter, bis die letzten das Gebäude verlassen hatten.

Einschätzung:

In der Beratung hatte ich kein klares Bild vom Charakter der Provokation und schloß  mich deshalb der Auffassung des Genossen Hegen an.

Obwohl durch den Verschluß der Akten das Eindringen in das Haus in Betracht gezogen wurde, ergriff ich keine Initiative zur Verteidigung des Hauses.

Ich ließ mich ebenfalls von der Unorganisiertheit im Hause treiben und ergriff keine Maßnahmen zu ihrer Beseitigung.

Obwohl ich mich persönlich nicht feig verhielt, versagte ich doch in meiner Haltung als Mitglied des Sekretariats in der Leitung des Hauses.

Kritisch muß ich bemerken, daß Genosse Pisnik es unterließ, das Sekretariat rechtzeitig von der geplanten Provokation zu unterrichten.«

Genosse Stauch, Sekretär für Wirtschaftspolitik.

»Nach vorheriger Absprache im Sekretariat trat ich am 15.6. meinen Urlaub an. Am 17.6. war ich in meinem Garten tätig. Etwa gegen 10.00 Uhr teilte mir die im Nebenhaus wohnende Genossin Daub den telefonischen Anruf ihres Mannes mit, ich sollte etwas Obacht geben.

Ich rief darauf die Bezirksleitung an und bekam nach langen Bemühungen den Genossen Gaida. Ich hatte beobachtet, daß Hamstereinkäufe getan werden. Dieses teilte ich dem Genossen Gaida mit und bat ihn, sofort Maßnahmen gegen die Angsteinkäufe einzuleiten. Der Genosse Gaida antwortete mir nur kurz, daß hier was los sei und er sich jetzt nicht darum kümmern könne. Diese knappe Antwort und der sich steigernde Verkehr auf der sonst ruhigen Straße veranlaßte mich, mich sofort umzukleiden, um mich an der HO und Konsumverkaufsstelle von der Ursache der Hamstereinkäufe zu informieren.

Hier erfuhr ich auf Befragen, daß die Betriebe streiken, die Arbeiter demonstrieren und Geschäfte geplündert wurden.

Der feindliche Charakter wurde mir sofort klar, ich entschloß mich deshalb, sofort zur Bezirksleitung zu gehen.

Auf dem Wege zur Bezirksleitung kam ich am Präsidium der VP vorbei. Ein roter Lautsprecherwagen vom Ernst-Thälmann-Werk, der mich vorher in der Leipziger Straße überholt hatte, stand in der Menge. Von diesem Lautsprecherwagen aus sprach ein ungeübter Redner in Magdeburger Mundart.

Er sagte sinngemäß folgendes: »Jetzt hätten wirklich die Arbeiter die Macht in den Händen, mit den SED-Bonzen sei es zu Ende.

Die VP hätte sich solidarisch erklärt, sie hätten die Waffen und Munition ausgeliefert. Jeder könne sich davon überzeugen, er hätte selbst 15 Schuß Munition in der Hand. Sie hätten die VP-Angehörigen nach Hause geschickt, um sich umzukleiden, sonst hätten sie in Uniform Unannehmlichkeiten.«

Die Fenster im Präsidium waren zum größten Teil geöffnet. Das ganze Gebäude machte den Eindruck, als wenn es von der VP geräumt worden wäre.

Mir wurde die bedrohliche Lage Magdeburgs und der faschistische Charakter dieses Putschversuches blitzschnell klar. Es war offensichtlich, daß die Putschisten in Magdeburg für eine kurze Zeit die Staatsmacht ausgeschaltet hatten, weil die Führung der VP schwankte und kapitulierte.

Etwa um 13.30 Uhr traf ich am Gebäude der Bezirksleitung ein, das inzwischen von den Freunden umstellt war.

Den Genossen Wagner, den ich auf dem Flur traf, kritisierte ich, daß er mich nicht hat holen lassen.

Dem Genossen Krüger, der Genossin Brandt und einigen anderen Genossen teilte ich im Zimmer vom Genossen Pisnik meine Feststellungen am Präsidium der VP mit, informierte mich über die Lage im Bezirk und drängte auf Maßnahmen zur Veränderung der Lage in Magdeburg, indem die leitenden Genossen der Kreis- und Stadtbezirksleitungen und der Massenorganisationen zu einer Beratung zusammengefaßt und die Partei mobilisiert wird. Die Besprechung wurde um 15.00 oder um 16.00 Uhr durchgeführt.

Da ich die umfangreichen Angsteinkäufe kennenlernte und mir klar war, daß die Auswirkungen am kommenden Tag zu einer weiteren Verschärfung der politischen Lage führen muß, wenn keine Brote und andere wichtige Lebensmittel in den Verkaufsstellen zu erhalten sind, führte ich eine Reihe Besprechungen mit den verantwortlichen Funktionären des Handels und des Verkehrs durch.

Es wurden Maßnahmen festgelegt, die jedem Käuferansturm am kommenden Tag gerecht wurden und Beruhigung ausstrahlten. 5.000 Brote wurden über Nacht von Stendal nach Magdeburg gebracht. Die DHZ (L)[85] erhielt den Auftrag, ohne Rücksicht auf gebundene Kontingente die Waren auszuliefern.

Die eingeleiteten und durchgeführten Maßnahmen haben dank dem Verantwortungsbewußtsein der leitenden Funktionäre im Handel und dem Verkaufspersonal wesentlich dazu beigetragen, die Lage nach dem 17.6. zu normalisieren.

Stellungnahme des Genossen Eyermann zu seinem Verhalten am 17.6.1953.

Am 16.6. fuhr ich zu einer Sitzung der ZPKK nach Berlin, die bis abends spät, gegen 22.30 Uhr andauerte.

An dem Tag sah ich die Demonstration mit Bauarbeitern aus der Stalin-Allee am Parteihaus vorbeidemonstrieren.

Die Sitzung wurde nur wenige Minuten unterbrochen.

Abends zwischen 22.30 und 23.00 Uhr unterhielt ich mich mit einigen Genossen im Gästehaus des ZK, die an der Parteiaktivtagung teilgenommen hatten und die berichteten, wie sich die Parteiaktivtagung am Schluß zu einem Demonstrationszug formierte.

Provokateure glaubten, daß der Demonstrationszug auch Menschen ihres Schlages seien.

Die Genossen berichteten, wie die faschistischen Provokateure verprügelt und in die Flucht geschlagen wurden.

Am 17.6. ging ich morgens in das Haus der Einheit, wo wir dem Genossen Matern zu seinem 60. Geburtstag gratulierten.

Als ich in das Parteihaus gegangen war, wurden die Fenster der Eingangstüre von faschistischen Provokateuren zertrümmert.

Ursprünglich war vorgesehen, daß wir bis zum Abend in Berlin bleiben sollten. Das wurde abgesagt. Wir erhielten die Mitteilung, nach Hause zu fahren.

Da der Fahrer seinen Wagen in Reparatur getan hatte[86] und ich die Genossen Pisnik und Schöne traf, vereinbarte ich mit ihm, mit nach Magdeburg zu fahren.

Wir sind dann gegen 16.30 Uhr in Magdeburg angekommen, wo die Sowjetsoldaten den Schutz der Stadt schon übernommen hatten.

III. Kritische Stellungnahme zum Verhalten der einzelnen Sekretariatsmitglieder.

Zum Genossen Alois Pisnik.

1.        Der Genosse Pisnik hat die 2. Anweisung des ZK morgens um 4.00 Uhr,einen Sekretär zum Dienst mit heranzuziehen, nicht realisiert.

Dadurch wäre ein weiteres Sekretariatsmitglied verantwortlich miteingesetzt worden.

2.        Der Genosse Pisnik erhielt vor seiner Abfahrt nach Berlin die Mitteilung,daß in Teilen des Karl-Marx-Werkes die Arbeit nicht aufgenommen wurde und beauftragte den Genossen Fischer, selbst nach dem Karl-Marx-Werk zu fahren. (Gen. Fischer ist nie hingefahren).

Da die Sitzung im ZK erst um 11.00 Uhr angesetzt war, hätte der Genosse Pisnik erwägen müssen, ob es nicht ratsam war, erst eine Sitzung mit dem Sekretariat um 8.00 Uhr durchzuführen, da praktisch schon in dieser Zeit in 2 Betrieben (Karl-Marx-Werk, Großarmaturenwerk) Streiks ausgebrochen waren.

3.        Es war ein Fehler, das sieht der Genosse Pisnik selbst ein, daß von ihm nichtder Genosse Paulsen verständigt bzw. eine Sitzung mit ihm durchgeführt wurde, zumal der Genosse Lohse von der VP Magdeburg zu der Sitzung des Kreissekretariats hinzugezogen wurde.

Die Ursachen liegen darin, daß bei der Sache die ganze Tragweite der Angelegenheit nicht erkannt worden ist.

Der Genosse Pisnik schreibt in seiner Stellungnahme, daß der Genosse Wagner für die Fertigstellung der Analyse für den 17.6. verantwortlich gemacht wurde.

Das stimmt nicht.

In dem Beschluß des Sekretariats vom 16.7.1953 sind die Genossen Pisnik, Wagner und Eyermann als Verantwortliche festgelegt worden.

Zur Frage der Unterlassung einer sofortigen Untersuchung gegen den Genosse Paulsen muß gesagt werden, daß der Punkt im 15. Plenum des ZK vom Genossen Walter Ulbricht angesprochen wurde und der Genosse Pisnik sich die Bemerkung von der »Entwaffnung der VP« notiert hat.[87]

Wenn in einer ZK-Sitzung Funktionäre und Ereignisse im Magdeburger Bezirk kritisiert werden, muß im Sekretariat konkret Stellung genommen und Beschluß gefaßt werden, zumal schon im 10. ZK-Plenum ein Fall eine Rolle spielte, wo der Genosse Walter Ulbricht das parteifeindliche Verhalten des inzwischen Ausgeschlossenen S t u r m ansprach und im Sekretariat nicht konkret dazu Stellung genommen wurde.[88]

Falsch ist es auch, wenn der Genosse Pisnik in seiner Stellungnahme schreibt, daß der in der Frage des Gen. Paulsen auf seine eigenen Überlegungen angewiesen war. Das ist eine Unterschätzung des Sekretariats als Kollektiv.

Zum Genossen Wagner.

Der Gen. Wagner hat nicht eine einheitliche Stellungnahme für die Analyse erarbeitet, sondern verweist in seinem Bericht auf seinen Diskussionsbeitrag in der Bezirksleitungssitzung[89]. Daraus ergeben sich gewisse Widersprüche.

Gen. Wagner nimmt zu dem chronologischen Ablauf der Ereignisse verschwommen Stellung, sieht nicht genügend seine Hauptverantwortlichkeit in Abwesenheit des Genossen Pisnik am 17.6. und nimmt nicht politisch Stellung zu der Tatsache, daß es den faschistischen Provokateuren ohne Organisierung eines Widerstandes gelang, in das Parteihaus einzudringen und Zerstörungen anzurichten. Zu dem chronologischen Ablauf der Ereignisse sagt der Genosse Wagner:

1.) »Die Genossin Edith Brandt, einige andere Funktionäre und ich erfuhren erst von den verwerflichen Dingen (warum eine solche Formulierung?), bei Arbeitsbeginn am 17. 6.« (Formulierung ist falsch)

Der Genosse Pisnik erklärt, daß er um 5.00 Uhr morgens den Gen. Wagner informiert hat und mit ihm über die Maßnahmen Einsatz von Genossen des

Apparates der Bezirksleitung, in die Betriebe, gesprochen hat. (Wird bestätigt) In seiner schriftlichen Stellungnahme schreibt der Genosse Wagner nur:

»In den frühen Morgenstunden des 17. Juni, zwischen 5.00 und 6.00 Uhr weckte mich der Genosse Pisnik und teilte mir mit, daß im Karl-LiebknechtWerk Diskussionen sind, ähnlicher Art wie im Dezember 1952.«

Kurze Zeit nach 7.00 Uhr hat der Gen. Fischer im Gebäude der Bezirksleitung des Genossen Pisnik davon informiert, daß im Karl-Liebknecht-Werk in der »Freien Straße« die Arbeit nicht aufgenommen wurde. Der Genosse Fischer schreibt, daß der Genosse Wagner dabei war. (Das stimmt nicht)

Also war der Genosse Wagner schon früher als die anderen Sekretariatsmitglieder informiert. (ja, deshalb Sitzung anberaumt)

Zur Bildung des Operativstabes sagt der Gen. Wagner:

»Mit der Bildung des Operativstabs im Haus der Bezirksleitung wurde nicht eine kollektive Zusammenarbeit erreicht, so daß die Genossen mehr oder weniger von sich aus Entscheidungen trafen, die nicht vorher im Kollektiv abgesprochen waren.«

2.) Der Genosse Wagner spricht nur allgemein von »Genossen« und »Entscheidungen«, ohne kritisch Namen, Tatsachen und Ursachen anzuführen.

3.)Weiter sagt er, daß dem Operativstab die Sekretäre angehörten, während die Genossin Brandt schreibt, daß nicht alle Sekretäre, sondern aus dem Haus nur der Genosse Wagner und ein Abteilungsleiter dem Operativstab angehörten. (Das war meine Meinung)

Wie erklärt sich dieser Widerspruch? Wurde nicht festgelegt, wer zum Operativstab gehört?

4.) Der Genosse Wagner sagt, daß »nach einer kürzeren Aussprache mit [den] Genossen Hegen und Paulsen ... festgelegt wurde, ... daß die Genossen in ihre Dienststellen zurückgehen und mit uns die ständige Verbindung halten.« (3 Aufgaben wurden festgelegt)

Andererseits wird gesagt, daß der Genosse Hegen als Sprecher zu den Demonstranten festgelegt wurde. (Es steht fest, daß Gen. Hegen praktisch die Führung hatte)

5.) Der Genosse Hegen hat nicht gesprochen, war auch nicht in seiner Dienststelle, sondern ist später ins Polizeipräsidium gegangen. Wo war er in der Zwischenzeit? (Von Festleg. des Gen. Hegen nichts bekannt. Gen. Fischer u. Daub festgelegt)

Der Genosse Wagner sagt weiter: »Aus dem Apparat der Bezirksleitung wurde eine Reihe Genossen in die Großbetriebe entsandt, um ebenfalls dort entsprechend zu wirken, d.h., keine Demonstrationen in die Stadt zu lassen. Hier begann die Verkennung der Situation. Wir hatten damit den größten Teil unserer Genossen nicht zur Hand und konnten sie auch nicht schwerpunktmäßig einsetzen.«

7.)      [90] Haben die Genossen wirklich die Anweisung erhalten, keine Demonstration in die Stadt zu lassen?

8.)      Woher wußte der Genosse Wagner, daß die Streikenden demonstrierenwollen? Waren zu dem Zeitpunkt schon Demonstrationen gemeldet? (ja sie kamen, die Meldungen)

Was soll die Formulierung: »Hier begann die Verkennung der Situation?« Hält der Genosse             9.) Wagner den Einsatz der Genossen aus dem Haus in die Betriebe für falsch, weil er anschließend noch sagt, daß wir den größten Teil der Genossen nicht zur Hand hatten und sie auch so nicht schwerpunktmäßig einsetzen konnten.« (Nur allgemein eingesetzt)

Auch in seiner schriftlichen Stellungnahme nimmt der Genosse Wagner unklar zu dieser Frage Stellung. Er schreibt: »Gemeinsam wurde dann festgelegt, den größten Teil der Genossen politische Mitarbeiter in die Magdeburger Betriebe zu schicken. Was auch geschah. Diese Einstellung wurde auch von mir noch lange beibehalten und erst sehr spät, nachdem bereits Zerstörungen an Häusern der Partei und Organisationen vorgenommen wurden, wurden die Ausschreitungen als faschistischer Putsch erkannt.«

10.) Was meint der Genosse Wagner mit der »Einstellung«, die von ihm noch lange beibehalten 11.) wurde? Wann ist der Zeitpunkt eingetreten, wo die Ausschreitungen als faschistischer Putsch von ihm erkannt wurden?[91] (Wo Zerstörungen waren, unser Haus) Der Genosse Wagner sagt weiter, daß zum Schutze des Hauses vom Genossen Paulsen 5 Genossen Volkspolizisten geschickt wurden. »10 Genossen der Volkspolizei sollten noch zur Verstärkung des Hauses der Bezirksleitung eingesetzt werden. Diese sind jedoch nie eingetroffen. Wie uns mitgeteilt wurde, wurden sie unterwegs zur Bezirksleitung entwaffnet.«

12.)               Also zu den 5 Volkspolizisten sollten noch 10 Volkspolizisten hinzukom-men. Waren die 5 Volkspolizisten bewaffnet? Wer hat mitgeteilt, daß die 10 Volkspolizisten unterwegs entwaffnet wurden? (5 waren bewaffnet mit Pistolen)

Zur Verteidigung des Hauses schreibt der Gen. Wagner, trotzdem er Schutz vom Genossen Paulsen verlangte:

»Ich selbst war der Meinung, daß der Schutz des Hauses durch die VP in der

Hauptsache gewährleistet wäre.« und im nächsten Satz:

»Zur Verteidigung des Hauses aber sollte nach kurzer Absprache mit der Genn. Brandt diese Frage behandelt werden.«

13.)               Soll der Gen. Wagner doch die Dinge klar ansprechen!

Zum Eindringen der faschistischen Provokateure in die Bezirksleitung sagt der Genosse Wagner: .....»Im Moment als gemeldet wurde, sie bewegen sich jetzt zur Partei, waren sie da. Während ich noch mit den Freunden am Telefon sprach, geschah das Eindringen der Provokateure.«

Die Genn. Brandt hatte vorher die Mitarbeiter des Hauses zusammengenommen und informierte sie über die Situation. Es wurde angewiesen, alle Unterlagen zu verschließen und keinen der Provokateure ins Haus zu lassen.

14.)               (Ist diese Anweisung wirklich gegeben worden?) (Nicht bekannt)

Ich selbst bin sofort nach unten und sah, wie sich die Provokateure durch die Fenster schwangen und im Haus ihr Unwesen trieben. Inzwischen war es einem Teil der Provokateure gelungen, über das Baugerüst, welches sich vor dem Haupteingang der Bezirksleitung befand, in die 1. Etage der Bezirksleitung einzudringen.

Durch Diskussionen versuchten wir, die Provokateure wieder aus dem Haus zu bringen.       

Von mir und dem Genossen Fischer wurde der Versuch unternommen, zur Masse zu sprechen, der jedoch scheiterte.

Die Kopflosigkeit, die aus der Überraschung bei uns herrschte, war nur von kurzer Dauer und alle Fäden blieben in unserer Hand.« (»schlechte Formulierung – falsch: ich musste zu den Kreisen«.)

Der Genosse Wagner schreibt in der schriftlichen Stellungnahme: »Noch während ich mit den Freunden wegen Schutz des Hauses und über den Stand der Situation sprach, drangen die Provokateure in das Haus ein. ... Die Eindringlinge kamen über das Gerüst, welches vor dem Haus stand, und durch die Fenster in das Haus. Wenige Genossen waren im Parterre mit der Zurückdrängung beschäftigt. Ich selbst war unten im Parterre und wollte auf Grund meiner fehlerhaften Einstellung zu der von den Provokateuren angeleiteten Masse sprechen. Was dann von einem Fenster der ersten Etage geschehen[92] sollte, wobei ich mit Steinen bombardiert wurde.«

Bei diesem Punkt sind folgende Fragen zu klären:

1. Die Provokateure drangen zuerst durch die Fenster im Parterre in das Zimmer der 15.) Fahrdienstleitung, zertrümmerten von innen mit Stühlen die Tür zum Flur. Durch ein Loch der zerschlagenen Tür drang zuerst einer der Provokateure, der vom Genossen Wagner den Empfang einer Delegation zu Verhandlungen verlangt haben soll. Der Genosse Wagner soll Verhandlungen 16.) zugesagt haben und soll zur Haupttür gegangen sein, um diese zu öffnen bzw. öffnen zu lassen. Dabei soll er von einem Mitarbeiter der BPKK, Genosse Fichtner, abgehalten worden sein.

          (» Habe ich nie gehört«.

        »Daß ich zur Tür wollte, stimmt -  aber von der Absicht ist nichts bekannt«.

        »Ich wurde abgehalten, von wem weiß ich nicht«.)

Einmal schreibt der Genosse Wagner, daß er von einem Fenster der ersten Etage sprechen wollte, wobei er mit Steinen bombardiert wurde. Dann sagt er in der Bezirksleitungssitzung, daß von ihm und dem Genossen Fischer der Versuch unternommen wurde, zur Masse zu sprechen, der jedoch scheiterte.

Der Genosse Fischer weiß nur davon, daß der Genosse Wagner und er versuchen wollten, vom Zimmer des Genossen Pisnik zu sprechen. In welchem Zimmer[93] in der ersten Etage ist er gewesen, um zu sprechen, wobei er mit Steinen bombardiert wurde?

3. Was meint der Genosse Wagner damit, »daß die Kopflosigkeit nur von kurzer Dauer

17.)   war und alle Fäden in unserer Hand blieben?«

18.)   Wie lange dauerte die Kopflosigkeit? Was geschah, als sie zu Ende war? Auf welche Maßnahmen ist es zurückzuführen, daß »alle Fäden in unserer Hand blieben!«

Das ist doch Schönfärberei. Die Provokateure hatten sich ausgetobt und verließen freiwillig das Haus.

Verteidigt damit der Genosse Wagner nicht heute noch die falsche Losung »Agitation! Diskussionen mit den faschistischen Provokateuren.« Der Genosse Wagner schreibt weiter:

»Der Operativstab befand sich in den Zimmern des Genossen Pisnik, diese wurden verschlossen und die Provokateure hatten keine Gelegenheit die Apparate zu vernichten.«

Der Genosse Fischer schreibt: »Im Zimmer des Genossen Pisnik befand sich neben dem OP-Stab noch eine Reihe Genossinnen, die die Schlüssel zu den Geheimakten besaßen. Die Türen zum Zimmer des Genossen Pisnik wurden deshalb versperrt.«

   

Was war die Ursache des Verschließens der Zimmer? Die Apparate oder die Genossen mit den Schlüsseln?

19.)   Oder .....? Es ist doch gewagt zu schreiben, daß die Provokateure keineGelegenheit hatten, die Apparate zu vernichten, wo der Genosse Wagner erlebt hat, wie die Provokateure die Tür des Zimmers der Fahrdienstleitung demolierten und in den Flur eindrangen.

Der Genosse Wagner schreibt weiter:

»Meinen Fehler sehe ich darin ...., daß ich versuchte, Magdeburger Kreis- und Stadtbezirksfragen zu lösen, die Angelegenheit der Kreisleitung waren.«

D.h. die faschistische Provokation in Magdeburg ging den Genossen Wagner nichts an. Das ist falsch. Die faschistische Provokation im Bezirk Magdeburg begann in Magdeburg, nahm hier die schärfsten Formen an und verbreitete sich auf einige Kreise. Eine Verhinderung des Ausbruchs der faschistischen Provokation hätte die Verhinderung des Ausbruchs in den Kreisen bedeutet.

Es war nur die Frage des engen Kontaktes und der Entscheidungen für Magdeburg mit der Kreisleitung Magdeburg zu lösen, was bei der Unterbringung in einem Haus leicht möglich war.

Der Genosse Wagner geht bei seinen Schlußfolgerungen nicht auf folgende Fragen ein:

1.        Hatte er nach der Abfahrt des Genossen Pisnik nach Berlin die Führung inder Hand? Wenn nein, wer hatte sie?

2.        Wer gab die politische Linie an der »Agitation«, »Diskussion«, »Gegendemonstration«, »Die Demonstration in die Hand bekommen«, »Entwaffnung der Volkspolizei«, »Verhandlungen mit den Provokateuren«?

3.        Was ist die Ursache, daß das Sekretariat und Operativ nicht als Kollektivoperativ arbeitete?

4.        Was ist die Ursache, daß die faschistischen Provokateure ungehindert insParteihaus eindringen und Zerstörungen durchführen konnten, ohne daß die Verteidigung und der Widerstand organisiert wurden?

Wenn schon, wie der Genosse Wagner in der Bezirksleitungssitzung sagte, angewiesen wurde, »alle Unterlagen zu verschließen und keinen der Provokateure ins Haus zu lassen«, warum wurden keine Maßnahmen getroffen, um diese Anweisung durchzusetzen?

»Gleich als sie gekommen sind.« »Die Waffen im Panzerschrank eingeschlossen.« (Genn. Sauer u. Bollm.- Framke) »Kurt muß es gesehen haben, da er sein Tagebuch abgegeben hatte u. daneben gestanden hat.«

Gen. Wagner hat nichts gesehen.

»Wo ist mein persönlicher Schutz?«

(»Ich spreche nur, wenn ich Schutz habe.«) (Genossin Sauer: es stimmt.)

Genossin Edith Brandt.

Von allen am 17.6. anwesenden Sekretariatsmitgliedern nimmt die Genossin Brandt am konkretesten kritisch und selbstkritisch Stellung. Auch den chronologischen Ablauf schildert die Genossin Brandt so, daß man sich ein Bild machen kann und zeigt zugleich in jeder Phase auf, was sie getan hat.

Die Genossin Brandt schreibt, daß sie sich mit dem Genossen Falk, der zum Nachtdienst herangeholt worden war, nach ihrem Eintreffen in die Bezirksleitung, um 7.30 Uhr, unterhalten hat und schreibt:

»Wir äußerten dann beide die Meinung, daß es nicht richtig ist, daß wir nicht auch unsere Mitarbeiter mobilisierten, ohne aber bis dahin zu wissen, ob in Magdeburg bereits irgendwelche Störungen sind, oder wie es in Berlin aussieht.«

Eine solche Feststellung ist politisch bedeutungsvoll, da sie – wie erwähnt – erfolgte, ohne daß die Genossin Brandt vorher etwas von den Vorgängen in Berlin und dem, was sich schon in Magdeburg ereignete, wußte.

Die Genossin Brandt ist dann auch sofort zum Genossen Wagner gegangen, »um festzustellen, was wir machen«.

Die Besprechung ist nicht, wie Genosse Krüger schreibt, um 9.15 Uhr, sondern kurz nach 8.00 Uhr gewesen.

Die Genossin Brandt spricht hier an, daß in den OP-Stab nur der Genosse Wagner und ein Abteilungsleiter – neben den Genossen Hegen, Paulsen, Skobik – sollten.

1.) Weiter erwähnt sie allein den Punkt: »Wir wollten da auch noch nicht den Gen. Stauch aus dem Urlaub zurückholen.« Weshalb, schreibt die Genossin Brandt nicht. (Situation wurde nicht so ernst eingeschätzt)

Als sie während der Sitzung die Nachricht erhielt, daß die Provokateure und irregeleiteten Arbeiter des Thälmann-Werkes versuchten, von hinten in das Dimitroff-Werk einzudringen, wollte sie zum Dimitroff-Werk.

Sie wurde von den Genossen Wagner und Krüger davon abgehalten und schickte die Genossen Gelhardt und Cours.

Aus der Schilderung der Genossin Brandt ist zu entnehmen, daß sich um diese Zeit Demonstrationen von verschiedenen Seiten zum Inneren der Stadt bewegten.

Die Genossin Brandt schreibt, daß der Charakter der Demonstration nicht erkannt und deshalb festgelegt wurde, daß die Genossen Hegen und Sepp Fischer versuchen sollten zu sprechen.

Als die Spitze des Demonstrationszuges aus Buckau den Hasselbachplatz erreichte, stürmten die faschistischen Provokateure den Bezirksfriedensrat. Die Genossin Brandt wurde davon informiert. Sie erhielt von dem Genossen Gelhardt durch Anruf auch Nachricht über die Situation im Dimitroff-Werk.

Die Genossin Brandt schreibt:

»Auf Grund der Situation hielt ich es für notwendig, alle im Hause weilenden Mitarbeiter zu informieren, teilte das dem Genossen Wagner mit und ließ alle Genossen im Zimmer 219 zusammenkommen. Hier wurde von mir festgelegt, die Dokumente und alle wichtigen Unterlagen in den Panzerschränken unterzubringen.«

2.)      Es muß hier die Frage geklärt werden, ob die Zusammenfassung der Mitar-beiter durch die Genossin Brandt vorher mit dem Genossen Wagner festgelegt oder ob der Genosse Wagner erst nachdem informiert wurde. (Nicht festgelegt u. abgesprochen)

In der Sitzung mit den Mitarbeitern sagte die Genossin Brandt, »daß wir damit rechnen müssen, daß man das Parteihaus wahrscheinlich angreifen wird und daß wir das nicht verlassen dürfen.« Das heißt also faktisch das Aufheben der Losung »Agitation« und Kampf gegen die faschistischen Provokateure.

Ist das wirklich so gewesen?

Die Genossin Brandt schreibt zwar, daß nicht konkret festgelegt worden sei, wie das Haus geschützt werden muß und daß es im Operativstab keinen Plan zum Schutz des Hauses gab.

3.)      Das ist aber nicht die Frage, sondern die Wendung in der Ideologie von derAgitation zur Gewaltanwendung gegen die faschistischen Provokateure, zumal ausgerechnet die faschistischen Provokateure zuerst den Bezirksfriedensrat gestürmt hatten. (Nicht richtig eingeschätzt)

Die Genn. Brandt erwähnt, daß es bis dahin im OP-Stab keinen Plan zum Schutz des Hauses gab und stellt dann selbstkritisch fest: ...»und ich habe auch nicht selbst die Initiative ergriffen und konkret etwas festgelegt«, anstatt zu sagen, daß sie es unterlassen hat, den OP-Stab in diese Richtung zu drängen. (Nicht daran gedacht.)

4.)      Diese Tendenz kommt am Schluß der Stellungnahme der Genossin Brandtnoch stärker zum Ausdruck wo sie schreibt:

»Bei mir kam außerdem noch das Gefühl hinzu, daß ich dem Gen. Wagner nicht zutraute, daß er die Situation meistern wird.«

Sie schreibt noch, daß der Genosse Wagner erst kurze Zeit hier war »und außerdem mußte man sehr schnell reagieren und ganz straff, ohne lange Diskussionen, die Zügel halten.«

5.)      Die Genn. Brandt will doch damit sagen, daß der Gen. Wagner nicht in derLage ist, »sehr schnell zu reagieren« und in einer solchen Situation »ganz straff, ohne lange Diskussion, die Zügel zu halten.« (Weil Gen. Hegen die Zügel in der Hand hatte)

Wenn die Genossin Brandt schon die Nachricht hatte, daß die faschistischen Provokateure schon den Bezirksfriedensrat und das Dimitroff-Werk stürmten, sie die Anweisung gab, die Dokumente in Panzerschränken unterzubringen und damit rechnete, daß die faschistischen Provokateure auch 6.) das Parteihaus angreifen würden, warum hat sie nicht die Vorbereitungen zur Verteidigung des Parteihauses in der Sitzung mit den Mitarbeitern organisiert.

Die Genossin Brandt hat dem Genossen Wagner nicht zugetraut, daß er die Situation meistert. Sie hat ihn deshalb nicht unterstützt und dementsprechend Ratschläge gegeben, sondern selbst Maßnahmen organisiert und damit nicht zur

Kollektivität der Leitung beigetragen. (Ich habe Kurt immer informiert.) Die Genossin Brandt schreibt:

»Erschwerend für mich und mein Verhalten wirkte sich das Verhalten des gesamten Sekretariats aus. Die Mitglieder des Sekretariats arbeiteten unabhängig, isoliert voneinander.«

7.)    Das trifft aber auch auf sie zu. (So war das auch gedacht.)

Sie schreibt weiter:

»Die straffe Leitung fehlte. ..... Das Sekretariat war nicht auf der Höhe seiner Aufgabe, es hat in diesen Stunden nicht die operative politische Führung der Parteiorganisation des gesamten Bezirks ausgeübt.«

8.)    Diese Feststellungen sind zweifellos richtig. Es kommt aber darauf an, die Ursachen darzulegen und daraus Schlußfolgerungen zu ziehen. (Falsche Einschätzung u. Situation im Haus.)

Die Genossin Brandt schildert dann noch, daß sie in der Zeit zwischen der Sitzung mit den Mitarbeitern und dem Eindringen der faschistischen Provokateure zu tun hatte, um einzelne Genossinnen[94] zu beruhigen und nicht ins Haus gehörende Genossen heraus zu transportieren. (Gen. Rompa)

Während die faschistischen Provokateure und irregeleiteten Arbeiter vor dem Haus zusammenströmten, versuchte die Genossin Brandt, vom Sitzungssaal zu sprechen.

10.)[95] Alle, jeder wollte sprechen, der Genosse Wagner, der Genosse Fischer, die Genossin Brandt. (Das war nicht festgelegt)

Da der Genn. Brandt mitgeteilt wurde, daß der Genosse Kurt Wagner sprechen werde, begab sie sich zum 1. Stock. Sie sah den Genossen Wagner nicht.

Über das Gerüst drangen die faschistischen Provokateure ein.

11.) »Das Parteiabzeichen entrissen.«

Während die ersten Provokateure von Zerstörungen abgehalten werden konnten, gelang das nicht mehr, als »die Massen von unten her strömten«.

12.) »Während wir uns herumstritten, wurde hinter unserem Rücken das Stalinbild zertrümmert, ohne daß wir etwas zu seinem Schutz unternahmen. Andere Genossen versuchten es erfolglos. Nach kurzer Zeit verließen die Randalierer das Haus.«

Die Genossin Brandt schreibt dann weiter:

»Da nach dem Abziehen der Provokateure mit einem zweiten Überfall gerechnet werden mußte«, teilte die Genossin Brandt alle Genossen für die Hauseingänge ein und wies an, vor den Eingängen Ordnung zu schaffen.

Man gewinnt den Eindruck, daß die Genn. Brandt laufend selbständig die Initiative entfaltet hat, ohne an das Kollektiv, ohne an den OP-Stab zu denken.

Initiative in einer solchen Situation ist notwendig und richtig, aber wenn sie aus dem Gedanken entspringt, daß der OP-Stab und besonders der Genosse Wagner von der Genn. Brandt nicht für fähig gehalten wird, in einer solchen Situation operativ zu arbeiten, muß das offen ausgesprochen, diskutiert und die notwendigen Schlußfolgerungen gezogen werden.

Die Genossin Brandt schreibt offen, daß ihr, bis zur Besetzung des Hauses mit Sowjetsoldaten »der Ernst der Situation bis in alle Einzelheiten nicht bewußt war«. Sie ließ sich »verblüffen, daß so viele wirkliche Proleten mitmachten.«

Ihr ging es durch den Kopf: »Rausschlagen! Draufprügeln! hielt es aber für falsch, wir waren nur wenige und ohne jedes Gerät. Außerdem hatte ich noch immer eine Parole im Kopf – nicht schlagen und nicht schießen – woher, weiß ich nicht. Ich bin mir bis heute noch nicht klar darüber, ob ich dort richtig gehandelt habe. Hätte ich die Genossen am Treppenabsatz vor dem Stalinbild gesammelt, so wäre der Strom nicht so leicht hochgekommen.«

13.) Es ist bedenklich, wenn der Genossin Brandt bis heute noch nicht im klaren ist, ob sie richtig gehandelt hat. Heute müßte sie erkennen, daß es richtig gewesen wäre: Rausschlagen! Draufprügeln!

Die Genossin Brandt schreibt weiter: »Noch bis zum Nachmittag habe ich gedacht, ich hätte richtig gehandelt, denn ich war ja nicht untätig.«

Gewiß hat die Genn. Brandt Initiative entfaltet, war nicht feige, aber sie sieht nicht, daß sie die Führung und das Kollektiv nicht beachtet und nicht versucht hat, die kollektive Leitung herbeizuführen.

Zum Schluß gibt die Genossin Brandt an, daß sie während des Tumults auf der Treppe, außer den Genossen Krüger am Anfang, keinen anderen Sekretär gesehen hat.

Zum Genossen Krüger.

Hat die Sekretariatsbesprechung wirklich erst um 9.14 Uhr stattgefunden? Wenn ja, dann hat der Genosse Krüger erst um diese Zeit erfahren, »was los war«. Um diese Zeit wußten 1.) aber schon Tausende Menschen, was los war. (Uhrzeit stimmt)

Aus der Darstellung des Genossen Krüger kann man entnehmen, daß das Sekretariat durch die Genossen Wagner und Hegen von der Lage (von den Streiks) informiert, aber keine Beschlüsse gefaßt wurden, bis die Nachricht kam: Demonstration, Kundgebung auf dem Roten Platz gegen die Normen.

Jetzt erst wurde entschieden:

Die besten Genossen aus den Verwaltungen sofort mobilisieren mit dem Ziel »Roter Platz«, um die Demonstration in unsere Hände zu bringen. (Wurde im

Sekr. festgelegt)

Wer hat diesen Vorschlag gemacht?

2.)      Was hat der Genosse Paulsen in dieser Sitzung für eine Stellung bezogen?(Keine Stellungnahme)

Stimmt es, daß in diesem Zusammenhang festgelegt wurde, daß die Genossen aus den Brigaden in die Betriebe sollten um weitere Streiks zu verhindern?

3.)      Wer hat diesen Vorschlag gemacht?

4.)      Ist in diesem Zusammenhang nicht an den Einsatz der VP gedacht wor-den? (Nein)

Als noch bekannt wurde, daß auch in Neustadt demonstriert wird, wurde wiederum festgelegt: Einsatz der Parteischule mit dem Ziel, die Demonstration in unsere Hände zu bringen.

5.)      Wer hat diesen Vorschlag gemacht? (Die Demonstration in Neustadt warviel früher als die Demonstration zum Hasselbachplatz und Roten Platz).

Der Genosse Krüger schreibt, daß nichts von Zerschlagen und Plündern bekannt war – bis die faschistischen Provokateure ins Haus eindrangen. (War nicht bekannt)

6.)      Woher hatte der Gen. Wagner bzw. andere Genossen des Sekretariats ihreInformation?

Das stimmt doch nicht, da vorher schon die Gebäude von Massenorganisationen gestürmt worden waren!

Der Genosse Krüger schreibt, daß die Genn. Brandt, der Genosse Dörre und er bestimmte Aufgaben hatten.

7.)      Welche Aufgaben hatte die Genossin Brandt und der Genosse Dörre?(Brigade)

8.)Was ist mit dem plötzlichen Krawall durch Radfahrerkolonnen gemeint? (Vorboten – vor der Demonstration)

9.) Der Gen. Krüger vertritt die Meinung, daß »wir durchaus noch in der Lage waren, das Haus auf Verteidigung einzustellen«, meint aber damit die Heranziehung der KVP[96] aus Burg.

Die weiteren Ausführungen des Genossen Krüger sind verschwommen und unklar.

... »Als das Eindringen im Haus begann, war es zu spät. Das Verhalten dann jedes Genossen war meiner Auffassung richtig. Es wurde nicht diskutiert in dem Sinne[97]. Von überall wurden sie Schritt für Schritt zurückgedrängt. Dabei waren auch heftige Wortwechsel.

... Durch die Übermacht war ein jeder auf sich selbst angewiesen, wir immer wieder auseinandergedrängt worden.[98]

... Ich selbst auch keine Anstrengung in der Richtung unternahm. Auf alle Fälle wäre es möglich gewesen und wir hätten mehr und schneller etwas erreicht.«[99]

Was will der Genosse Krüger mit diesen Sätzen eigentlich sagen?

»Ich möchte noch sagen, daß eine Verteidigung während der Zerstörung im Haus nicht möglich war,« schreibt der Gen. Krüger.

Der Genosse Krüger vertritt die falsche Meinung, daß nach dem Eindringen der faschistischen Provokateure die Verhinderung von Zerstörungen, Verteidigung, Widerstand »nicht möglich war«.

10.)   Wenn faschistische Provokateure gewaltsam in Parteigebäude eindringen,gibt es, auch wenn sie in noch so großer Übermacht sind, keinen Zeitpunkt, wo wir nicht unsere Symbole und Parteieigentum verteidigen.

An anderer Stelle schreibt der Genosse Krüger:

»Wir waren beide (er und Genn. Brandt) der Auffassung, hier nützt nur zuschlagen ...

So war es für mich klar, als die Lumpen im Haus waren, so schnell wie möglich raus mit ihnen,[ich] tat aber nichts, damit es zur Auffassung des Sekretariats wurde.«

Das ist doch ein Widerspruch zu dem vorher Gesagten, daß »eine Verteidigung während der Zerstörungen im Hause nicht möglich war«.

11.)   Was hat der Genosse Krüger selbst getan, wenn es für ihn klar war, soschnell als möglich raus mit den Lumpen aus dem Haus.

(Geht die Tür zum Boden – stimmt. Weg zur Kreisleitung)

In dieser Situation stand doch nicht mehr die Frage, noch etwas zu tun, »damit seine Auffassung zur Auffassung des Sekretariats wurde«, da Sekretariatsberatungen nicht mehr angebracht waren, zumal sich der Genosse Krüger nicht zum OP-Stab rechnete.

Zum Verschließen der Tür zum OP-Stab schreibt der Gen. Krüger :

12.) »Ich war[100] der Auffassung das ist richtig ... .« Warum schreibt der Genosse Krüger das in seinem Bericht? Welche Auffassung hat er heute? Diese Frage muß geklärt werden.

Der Gen. Krüger schreibt weiter:

»Die Entfernung der Provokateure aus dem Haus gelang uns[101] noch vor dem

Eintreffen der Freunde.« (Ich habe diese Meinung) 13.) Wodurch gelang die »Entfernung der Provokateure?

Durch Gewalt oder Agitation, Diskussion? (Sie sind gegangen

In diesem Satz liegt doch eine politisch falsche Einschätzung, daß es noch vor dem Eintreffen der Freunde »uns gelungen ist, die Provokateure aus dem Haus zu entfernen«.

Und das schreibt der Genosse Krüger, nachdem die faschistischen Provokateure die Marx-Büste zerschlagen, das Stalinbild zertrümmert, in den Zimmern Bilder der führenden Genossen demoliert, Zeitungen und Bücher auf die Straße geworfen und verbrannt hatten und dann abziehen konnten.

Der freiwillige Abzug der faschistischen Provokateure wird noch als Erfolg aktiver Handlungen, die nur in geringem Maß da waren, hingestellt.

Die ganze Schande, daß faschistische Provokateure Büsten, Bilder führender Genossen und Parteieigentum zertrümmern und verbrennen konnten, wird vertuscht und der freiwillige Abzug als »Entfernung« dargestellt, anstatt selbstkritisch festzustellen, daß nicht ein faschistischer Provokateur festgesetzt oder namentlich festgehalten wurde, um ihn seiner gerechten Strafe zuzuführen.

14.)[102] Und wenn der Genosse Krüger die »Entfernung« der faschistischen Provokateure »durch uns noch vor dem Eintreffen der Freunde« feststellt, dann war doch die Losung: »Agitation – Diskussion« bis zuletzt politisch richtig und führte zum Erfolg.

Das steht doch im Widerspruch zu der Meinung des Gen. Krüger selbst, der an anderer Stelle schreibt:

»... nicht schnell genug die Losung »Agitieren« liquidiert ... Nicht das Sekretariat gab die Richtung, sondern mehr oder weniger das plötzliche Eingeben, die Erfahrung usw. eines jeden einzelnen.«

Bei der Verschärfung des Klassenkampfes ist es notwendig, daß das Sekretariat prinzipiell politisch zu dem Eindringen der faschistischen Provokateure Stellung nimmt und jedes Sekretariatsmitglied offen kritisch und selbstkritisch Stellung nimmt.

Zum Genossen Ernst Dörre.

Aus den Ausführungen des Genossen Dörre ist zu entnehmen, daß in der Sitzung nach 8.00 Uhr morgens der Genosse Hegen den Plan der Gegendemonstration vorschlug, der vom Sekretariat gebilligt wurde.

Der Genosse Dörre erwähnt dann die Bildung des OP-Stabes unter Leitung des Genossen Wagner und die Bildung einer Kommission unter Leitung der Genn. Brandt, die den Wortlaut einer Durchsage an die Kreisleitungen ausarbeitete.

Das ist neu.

Ist diese Durchsage an die Kreisleitungen gegeben worden, denn die Genossin Brandt schreibt, daß sie nicht daran gedacht habe, den Gen. Wagner auf die Information an die Kreise aufmerksam zu machen und daß sie das erst mit dem Genossen Wagner besprach, als die Sowjetsoldaten den Schutz des Hauses übernommen hatten?

Der Genosse Dörre hat sich »nach einem Hinweis der Genn. Brandt dem Genossen Wagner zur Verfügung gestellt.«

Warum mußte das von der Genossin Brandt ausgehen?

Der Gen. Dörre hat Telefongespräche angenommen nach der Anweisung, die Akten in die Panzerschränke einzuschließen. Er hat nicht versucht, als Sekretariatsmitglied führend zu sein.

Der Genosse Dörre schreibt: »Auch meine Einstellung entsprach der Meinung, ›nicht provozieren lassen‹. Diese Meinung teilte ich auch z. B. der Bezirksparteischule auf deren Anruf hin mit.«

Also überall Kapitulation vor den faschistischen Provokateuren.

Der Gen. Dörre schreibt weiter:

 »Bei der Zusammenrottung der Provokateure und Irregeführten vor dem Haus weilte ich mit mehreren Genossen im Vorzimmer des Genossen Wagner und auf den oberen Fluren.

Ich verhielt mich unschlüssig und abwartend. Als ich in die unteren Stockwerke gehen wollte, überstürmte gerade die Masse auf der Treppe einige Volkspolizisten, die ihr weiteres Vorgehen verhindern wollten. Auf der Treppe zum 3. Stock versuchte ich einige [Provokateure] zur »Vernunft« zu bringen, was auch z.T. gelang, da nur einzelne weitergingen.

Auf den oberen Fluren gelang es uns dabei im wesentlichen, diese zur Umkehr zu bewegen.

In dieser Zeit kamen auch einzelne über den hinteren Aufgang auf den 3. Flur.

Mit einigen ging ich dann diskutierend die Treppe hinunter, bis die letzten das Gebäude verlassen hatten.«

Der Genosse Dörre sagte nicht, mit welchen Genossen er sich im Vorzimmer des Gen. Wagner aufgehalten hat.

Er verhielt sich »unschlüssig und abwartend« und schreibt am Schluß in der »Einschätzung«:

»Obwohl ich mich persönlich nicht feige verhielt, versagte ich doch in meiner Haltung als Mitglied des Sekretariats in der Leitung des Hauses.«

Zu der mangelnden Initiative und zu dem abwartenden und unschlüssigen Verhalten des Gen. Dörre muß das Sekretariat Stellung nehmen.

Der Gen. Dörre schreibt in seiner »Einschätzung« noch, daß er kein klares Bild vom Charakter der Provokation hatte und sich deshalb der Auffassung des Gen. Hegen anschloß, daß er trotz des Verschlusses der Akten keine Initiative zur Verteidigung des Hauses ergriff und daß er sich ebenfalls von der Unorganisiertheit im Hause treiben ließ und keine Maßnahmen zu deren Beseitigung ergriff. Zum Genossen Otto Stauch.

Der Genosse Stauch war im Urlaub zu Hause. Er erhielt gegen 10.00 Uhr von der Genossin Daub, daß er etwas Obacht geben sollte. Er sah dann die Angsteinkäufe der Frauen und rief die Bezirksleitung an. Er machte dem Genossen Gaida von der Abteilung Wirtschaft Mitteilung.

Dieser sagte ihm kurz, »daß hier was los sei«.

Der Gen. Strauch ging dann zur HO- und Konsum-Verkaufsstelle Lindenplan, um sich über die Ursache der Hamstereinkäufe zu informieren. Dort erfuhr er von den Streiks, Demonstrationen und Geschäftsplünderungen.

Er machte sich auf den Weg zur Bezirksleitung, diskutierte unterwegs mit Arbeitern aus dem Ernst-Thälmann-Werk und Dimitroff-Werk. Um 12.30 Uhr kam er zum Präsidium der Volkspolizei, wo sich eine 5 – 7.000-köpfige Menge versammelt hatte.

Um 13.30 Uhr traf er bei der Bezirksleitung ein, die schon von den Freunden beschützt wurde.

Der Genosse Wagner, der vom Gen. Stauch kritisiert wurde, warum man ihn nicht hatte holen lassen, erklärte: »Gerade jetzt wollten wir Dich holen lassen.«

Der Gen. Stauch schildert dann die weiteren Maßnahmen, die vom Sekretariat getroffen wurden.

Es war falsch, daß der Gen. Stauch nicht morgens aus dem Urlaub zurückgeholt wurde.

Zum Genossen Paul Hentschel.[103]

Der Gen. Paul Hentschel war am 17.6.53 zur Kur in Bad Liebenstein, wo er dem Leiter des VPKA[104] den Vorschlag unterbreitete, »bei eventl. Provokationen auf die Genossen im Heinrich-Mann-Sanatorium zur Unterstützung zurückzugreifen.«

Er hat sich an der Bewachung des Sanatoriums beteiligt.

Am 19.6. ist der Gen. Hentschel wieder in Berlin eingetroffen, führte Abwicklungsarbeiten durch und beteiligte sich an den Parteiveranstaltungen.

Der Gen. Hentschel schreibt: »Obwohl in Liebenstein und bei meiner Ankunft in Berlin völlige Ruhe herrschte, ich keiner eigentlichen Bewährung in diesen Tagen unterzogen wurde, sei unterstrichen, daß ich in den Diskussionen keinerlei Schwankungen hatte und von Anfang an prinzipiell richtig handelte. Charakter und Hintergründe des 17.6. wurden von mir richtig eingeschätzt und dementsprechend auch verfahren. Dasselbe trifft zu in den Tagen bis zum 15. Plenum des ZK, was die endgültige Orientierung für die gesamte Arbeit zur Verwirklichung des neuen Kurses von Partei und Regierung erarbeitete.«

Aufgrund mancher ungeklärter Fragen ist es schwer, konkrete Schlußfolgerungen bis ins einzelne zu ziehen.

In der Stellungnahme des Genossen Wagner, die unklar und verschwommen ist, gibt es eine Reihe von Widersprüchen die zu klären sind.

Als Schlußfolgerungen können gezogen werden:

1.) Der Charakter der faschistischen Provokation wurde nicht richtig eingeschätzt auch dann noch nicht, als die faschistischen Provokateure die Losung vom Sturz der Regierung herausgaben und als die Gebäude des Staatsapparates, der Partei und Massenorganisationen gestürmt, die Einrichtungen demoliert und die Symbole unserer Partei und sozialistischen Arbeiterbewegung vernichtet wurden.

Als die faschistischen Provokateure ihre Maske fallen ließen, mußte die Losung der Agitation durch die Losung des Widerstandes und der Gewaltanwendung gegen die faschistischen Provokateure durch die Partei, Massenorganisationen und den Staatsapparat gestellt werden.

Durch ungenügende Entschlossenheit und mangelnden Kampfgeist wurde zugelassen, daß z.B. das Stalinbild[105] zerrissen und die Karl-Marx-Büste zerschlagen wurde.

Symbole unserer Partei und der sozialistischen Arbeiterbewegung, wenn sie der Gegner vernichten will, müssen mit allen Kräften auch gegen eine Übermacht verteidigt werden.

Obwohl das nicht klar von den Genossen Sekretariatsmitgliedern herausgearbeitet wurde, muß klargestellt werden, ob der Genosse Hegen die politische Linie der Agitation und des Nicht-provozieren-lassens angegeben hat, die sich dann so auswirkte, daß die faschistischen Provokateure ungehindert in das Parteihaus und sogar in das Polizeipräsidium eindringen und ihre Zerstörungen anrichten konnten.

Von keinem Sekretariatsmitglied ist der Versuch unternommen worden, dieser Linie, die auf eine Kapitulation vor den faschistischen Provokateuren hinauslief, die Losung des Widerstandes und der Gewaltanwendung gegen die Provokateure entgegenzustellen.

Es herrschte im Sekretariat und Operativstab eine Kopflosigkeit und Unorganisiertheit, die dazu beitrug, daß keine operative kollektive Leitung zustande kam.

In Zukunft müssen Signale, die gegeben werden, ernsthafter beachtet werden, d.h. alle Sekretariatsmitglieder von wichtigen politischen Ereignissen informiert und zu Sitzungen zusammengeholt werden, um dadurch die kollektive Leitung und Führung mitzuentwickeln.

Es muß ein systematischer Kampf gegen die noch vorhandenen Agenturen des Ostbüros[106], in erster Linie von den Mitgliedern der Bezirksleitung und der Kreisleitung Magdeburg und den Parteileitungen der Großbetriebe, geführt werden.

Bei dem Kampf gegen die Agenturen des Ostbüros ist es unsere Aufgabe, schwankenden und irregeleiteten ehrlichen früheren Sozialdemokraten zu helfen und den Weg in die Reihen des klassenbewußten Proletariats zurückzufinden.

Die entscheidende Aufgabe der Bezirksleitung ist die Konzentrierung auf die Arbeit  unter den werktätigen Massen besonders auf die Arbeiter und Arbeiterinnen und die technische Intelligenz in den Großbetrieben von Magdeburg.

Diese Aufgabe muß in systematischer Arbeit mit der Kreisleitung Magdeburg gelöst werden, besonders durch die Organisierung von Arbeiterversammlungen, in denen führende Funktionäre als Referenten auftreten.

Um dieses Ziel zu erreichen, wird in jeder Woche zur Bezirkssekretariatssitzung entweder das Kreissekretariat Magdeburg zu einem Punkt zur Berichterstattung herangezogen oder nimmt an einem entscheidenden Punkt der Tagesordnung des Bezirkssekretariats an der Sitzung teil.

Das Sekretariat muß ernsthaft zu der Frage Stellung nehmen, ob der Genosse Wagner am 17.6. kapitulantenhaft gehandelt hat und ob er fähig ist, die Funktion als 2. Sekretär auszuüben.

Ebenso muß das Sekretariat Stellung zum Genossen Dörre nehmen, der sich unschlüssig und abwartend in der Situation des Eindringens der faschistischen Provokateure benommen hat, der an dem Tag nicht auf der Höhe seiner Aufgaben als Sekretariatsmitglied war. Das Sekretariat muß dabei auch die Frage der unbefriedigten Tätigkeit des Genossen Dörre als Sekretariatsmitglied in der Vergangenheit mit in Betracht ziehen.

Dabei ist die Entwicklungsmöglichkeit bei dem Genossen Dörre in dieser Funktion mit zu berücksichtigen.

 


[1] Baring, Arnulf: Der 17. Juni 1953. Mit einem Vorwort von Richard Löwenthal. 2. Aufl., Stuttgart 1983.

[2] Spittmann, Ilse/Fricke, Karl, Wilhelm (Hrsg.): 17. Juni 1953. Arbeiteraufstand in der DDR. 2. Aufl., Köln 1988.

[3] Hagen, Manfred: DDR – Juni 53. Die erste Volkserhebung im Stalinismus, Stuttgart 1992.

[4] Diedrich, Torsten: Der 17. Juni in der DDR. Bewaffnete Gewalt gegen das Volk, Berlin 1991.

[5] Beier, Gerhard: Wir wollen freie Menschen sein. Der 17. Juni 1953: Bauleute gingen voran, Frankfurt a.M. 1993.

[6] Roth, Heidi: Der 17. Juni 1953 in Sachsen. Mit einem einleitenden Kapitel von Karl Wilhelm Fricke, Köln/Weimar/Wien 1999.

[7] Grünwald, Karin: Magdeburg 17. Juni 1953. In: Magdeburger Museumshefte 2, hrsg. von Matthias Puhle. Magdeburg 1993.

[8] Über die Opfer auf beiden Seiten, der Demonstranten und der VP, siehe Grünwald, a.a.O., S. 57, 59 und Anhang 4, S. 87–89.

[9] »Analyse über das Verhalten des Bezirkssekretariats der SED, Bezirk Magdeburg, am 17. 6. 53«, Landeshauptarchiv Sachsen-Anhalt (LHASA), Rep P 13 SED-BL Magdeburg Nr. IV /2/3/19, Bl. 253–292.

[10] Vorlage des Sekretariats der SED-BL Magdeburg vom 25. August 1953, LHASA, Rep. P 13 SED-BL Magdeburg Nr. IV /2/3/19, Bl. 250–252, hier Bl. 250.

[11] Ebenda, Bl. 252: 17 Bezirksleitungsmitglieder und Kandidaten haben sich in der Lesart der SED »positiv« verhalten, 30 Mitglieder und Kandidaten »konnten nicht in Erscheinung treten, da in ihrem Arbeitsbereich alles ruhig verlief« und 4 Mitglieder und Kandidaten »zeigten sich negativ«.

[12] Kurt Wagner (1908), vor 1933 Mitglied der KPD, 1946 SED-Mitglied, 1952 1. Sekretär der SED-KL Salzwedel, 1953–1954 2. Sekretär der SED-BL Magdeburg und Mitglied des Sekretariats, 1954–1956 1. Sekretär der SED-KL Oschersleben, 1957–1960 1. Sekretär der SED-KL Salzwedel, LHASA, Rep. P 13 SED-BL Magdeburg, Kaderakten Nr. V/10/314.

[13] 7. Sitzung der SED-BL Magdeburg am 29. und 30. September 1953, Diskussionsbeitrag von Kurt Wagner, LHASA, Rep. P 13 SED-BL Magdeburg Nr. IV/2/5/1, Bl. 112–113.

[14] Protokoll Nr. 55 der Sekretariatssitzung am 13.8.1953, LHASA, Rep. P 13 SED-BL Magdeburg Nr. IV/2/3/17, Bl. 7.

[15] Alois Pisnik, (1911–), 1928 SPÖ-Mitglied, 1933 KPÖ-Mitglied, Politischer Leiter des Bezirks Obersteiermark, antifaschistischer Widerstand, zweimal inhaftiert, 1941 zu zehn Jahren Zuchthaus verurteilt, 1946 SED-Miglied, 1946–1949 Organisationssekretär der SED-Landesleitung Sachsen-Anhalt, 1952–1979 1. Sekretär  der SED-BL Magdeburg, 1950–1989 Mitglied des ZK der SED, 1958–1963 Kandidat des Politbüros des ZK der SED, 1958 bis März 1990 Abgeordneter der Volkskammer, 1980 bis März 1990 Mitglied des Staatsrats.

[16] Richard Eyermann (1898–1971), 1918 USPD-Mitglied, 1920 Mitglied der KPD, 1925–1933 Mitglied des thüringischen Landtags, Mitglied der KPD-BL Groß-Thüringen, 1933 antifaschistischer Widerstand, mehrfache Inhaftierung, 1946 Mitglied der SED, 1946–1952 Vorsitzender der SED-Fraktion des thüringischen Landtags, 1952–1971 Mitglied der SED-BL Magdeburg und 1952–1969 Mitglied des Sekretariats bzw., des Büros der Bezirksleitung, 1952–1969 Vorsitzender der BPKK der SED Magdeburg, 1950–1971 Kandidat der ZPKK der SED.

[17] Protokoll Nr. 59 der Sekretariatssitzung am 10. September 1963, LHASA, Rep P 13 SED-BL Magdeburg Nr. IV/2/3/19, Bl. 229.

[18] Josef Hegen (1907–1969), 1924 Mitglied der KPC, 1929–1934 Mitglied des ZK der KPC, 1935–1938 Studium an der Lenin-Schule in Moskau, 1946 Übersiedlung in die SBZ, 1946 Mitglied der SED, 1948 Chef der Deutschen Volkspolizei-Landesbehörde Sachsen-Anhalt, 1950–1952 Innenminister Sachsen-Anhalts, 1952/53 1. Vorsitzender des Rates des Bezirks Magdeburg, 1953–1957 Staatssekretär/ Stellvertretender Minister des Innern der DDR, 1957–1964 Botschafter in Polen und China, 1964 2. Stellvertretender Minister, 1966 Staatssekretär und 1. Stellvertretender Minister für Auswärtige Angelegenheiten.

[19] Protokoll Nr. 59 der Sekretariatssitzung, a.a.O., Bl. 229.

[20] Anlage (Auszüge aus den Diskussionsbeiträgen von der letzten Bezirksleitungssitzung 29.–30.

[21] Stellungnahme von Josef Hegen, ebenda Bl. 112–116.

[22] Hermann Matern (1893–1971), 1911 Mitglied der SPD, 1918 USPD und 1919 KPD-Mitglied, ab 1926 Sekretär und 1927–1931 Politischer Leiter der KPD-BL Magdeburg, 1931–1933 Politischer Leiter im Bezirk Ostpreußen, 1933 Verhaftung, 1935 Flucht, Aufenthalt in Frankreich, Holland, Belgien, von Dezember 1937 bis April 1940, bis 1941 in Schweden, dann Aufenthalt in der Sowjetunion bis zu seiner Rückkehr nach Deutschland, 1945/46 Vorsitzender der KPD-BL

[23] Edith Brandt (1923), 1945 Mitglied der KPD, Mitbegründerin des antifaschistischen Jugendausschusses in Bernburg, 1946 SED-Mitglied, 1950 Kreisschulrätin und Mitglied der SED-KL Bernburg, 1950–1958 Vorsitzende der FDJ-Fraktion der Volkskammer, 1952–1954 Sekretärin der SED-BL Magdeburg, 1954–1957 Mitglied des FDJ-Zentralrats der FDJ, seines Büros und Sekretariats, 1954–1984 Mitglied des ZK der SED, 1966–1984 Sekretärin der SED-BL Halle, ebenda Abgeordnete des Bezirkstags.

[24] »Analyse«, a.a.O., Bl. 253.

[25] Joseph (»Sepp«) Fischer (1918–1980), 1936–1938 Student an der TH in Prag, 1938 Eintritt in die NSDAP, 1939–1945 Soldat der Wehrmacht, 1945–1948 in sowjetischer Gefangenschaft, 1948 Mitglied der SED, 1949–1952 Mitglied der SED-Landesleitung Sachsen-Anhalt, 1950–1954 1. Sekretär der Stadtleitung der SED Magdeburg, 1952–1956 Mitglied der SED-BL Magdeburg, 1957–1962 stellvertretender Chefredakteur des SED-Bezirksorgans »Volksstimme«, Magdeburg, 1959–1962 Sekretär für Agitation in der SED-BL Magdeburg, 1962–1971 Sekretär der Internationalen Organisation der Journalisten in Prag, LHASA, Rep. P 13 SED-BL Magdeburg, Kaderakten, Nr. V/10/115/4.

[26] »Analyse«, a.a.O., Bl. 254.

[27] Ebd. Bl. 254.

[28] Ebenda.

[29] Ebd. Bl. 255.

[30] Zit. nach Roth, Heidi, a.a.O., S. 183.

[31] Ebenda.

[32] Zum »Weg in die Juni-Krise« (D. Staritz) gehörte auch der Beschluß des ZK »Über die Erhöhung der Arbeitsproduktivität und die Durchführung strengster Sparsamkeit« vom 14. Mai 1953. In ihm wurde der Ministerrat verpflichtet, »eine Erhöhung der für die Produktion entscheidenden Arbeitsnormen um durchschnittlich 10 Prozent bis zum 1. Juni 1953 sicherzustellen«. Dieser Entscheidung kam der Ministerrat am 28. Mai nach, als er diese Normenerhöhung zum 30. Juni 1953 anordnete. Zum Gesamtkomplex siehe Staritz, Dietrich: Geschichte der DDR. Erw. Neuausgabe, Frankfurt a.M. 1996, S. 100ff., hier S. 102, ferner Weber, Hermann: Geschichte der DDR. Aktualisierte u. erw. Neuausgabe, München 1999, S. 163–164.

[33] In der »Analyse« werden allerdings keine Namen genannt. Pisnik war schon vor der Besprechung nach Berlin abgereist und Eyermann hatte bereits am Morgen des 16. Juni Magdeburg in Richtung »Hauptstadt der DDR« verlassen.

[34] Genossin Brandt schreibt in ihrer Stellungnahme: »Es wurde festgelegt, einen Operativstab zu bilden; ich kann mich nicht mehr genau besinnen, wer da rein sollte, nach meiner Erinnerung nicht alle Sekretäre, sondern Kurt Wagner, Josef Hegen, Paulsen, Skobik und ein Abteilungsleiter – das weiß ich aber genau nicht mehr, bestimmt weiß ich, daß sich von den Abteilungsleitern Gen. Framke freiwillig meldete, weil mehre Genossen Abteilungsleiter in die Werke wollten.« »Analyse«, a.a.O., Bl. 265.

[35] Rudolf Krüger (1915–), 1937–1945 Angehöriger der Wehrmacht, 1945 Mitglied der SPD, ab 1946 der SED, 1946–1948 Kreisvorsitzender der FDJ in Genthin, 1949–1950 1. Sekretär der SED-KL Haldensleben, 1950–1952 Sekretär der SED-Landesleitung Halle, 1952–1956 Mitglied des Sekretariats der SED-BL Magdeburg, 1959–1963 1. Sekretär der SED-KL Haldensleben, 1963–1969 1. Stellvertreter des Vorsitzenden des Rates für Landwirtschaft und Nahrungsgüterwirtschaft Magdeburg-Wolmirstedt, LHASA, Rep. P 13 SED-BL Magdeburg, Kaderakten Nr. V/10/270.

[36] Herbert Paulsen (1901–1979), 1921 KPD-Mitglied, nach 1933 antifaschistischer Widerstand, zweimalige Inhaftierung in die Deutsche Volkspolizei (DVP), 1946 Mitglied der SED, 1948 stellvertretender Chef der Schutzpolizei in Sachsen, 1950–1952 Chefinspekteur und Chef der DVP-Landesbehörde Sachsen-Anhalt, 1952–1953 Chef der BDVP Magdeburg und Mitglied der SED-BL Magdeburg, im August 1953 Ausschluß aus der DED-BL »wegen schwankender Haltung und Verletzung der Wachsamkeit am 17. Juni 1953«, 1956–1963 Mitglied des Sekretariats und des Zentralvorstandes der GST.

[37] »Analyse«, a.a.O., Bl. 257.

[38] Zu den Einzelheiten des Beginns der Streik- und Demonstrationsbewegung siehe Grünwald, a.a.O., S. 38. Die Zahl der im Ernst-Thälmann-Werk versammelten streikenden und demonstrierenden Arbeiter betrug nach den von Grünwald ausgewerteten Akten der BDVP um 8.45 Uhr bereits 5000 Arbeiter. Angaben zur Gesamtzahl der Streikenden in den Magdeburger Betrieben siehe Grünwald, a.a.O., Anhang 2, S. 83–84 und Anhang 3, S. 85–86.

[39] »Analyse«, a.a.O., Bl. 257. – In diesem Kontext sei bemerkt, daß in der Mittagszeit (ca. 13 Uhr) der Magdeburger Oberbürgermeister Philipp Daub eine zehnköpfige Delegation der auf dem Alten Markt im Stadtzentrum versammelten Demonstranten empfing, die ihm einen Katalog mit fünf Forderungen vortrug. Gefordert wurden u.a. »freie Wahlen unter Zulassung sämtlicher Parteien, auch solche, die z.Zt. in der Zone ihre Tätigkeit nicht ausführen dürfen« und der »Rücktritt des 1. Sekretärs der SED, Walter Ulbricht«. Siehe auch Grünwald, a.a.O., S. 59.

[40] Grünwald, a.a.O., S. 39–41.

[41] Ebenda, S. 42–43, 46,49.

[42] Ebenda Bl. 259. Der Betriebsschutz in Parteigebäuden und Industriebetrieben war eine Abteilung der regulären Polizei. Siehe auch Grünwald, a.a.O., S. 40.

[43] Ebenda Bl. 276.

[44] Ebd. Bl. 259.

[45] Ebenda.

[46] Grünwald, a.a.O., S. 46.

[47] Gesellschaft für Deutsch-Sowjetische Freundschaft.

[48] Gesellschaft für Sport und Technik.

[49] Einzelheiten bei Grünwald, a.a.O., S. 50, 53, 57, 59.

[50] Ebenda, S. 61–62.

[51] »Analyse«, a.a.O., Bl. 261.

[52] Grünwald, a.a.O., S. 63.

[53] Ebenda, S.50. – Zur unmittelbar nach dem 17. Juni einsetzenden Verhaftungswelle von »Rädelsführern und Provokateuren«, standrechtlichen Erschießungen durch ein sowjetisches Militärtribunal, Aburteilungen durch deutsche Gerichte und Verhängung drakonischer Strafen, darunter einer vollstreckten Todesstrafe gegen den Gärtner Ernst Jennrich siehe vor allem Grünwald, a.a.O., S. 71–72 und Anhang V, S. 90–121.

[54] Abgedruckt in: ZK der SED (Hrsg.): Dokumente der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands, Bd. IV, Berlin 1954, S.449–478, hier S. 469.

[55] Müller-Enbergs/Wielgohs, Jan/Hoffmann, Dieter (Hrsg.): Wer war wer in der DDR? Ein biographisches Lexikon. Bonn 2000; Herbst, Andreas/Ranke, Winfried/Winkler, Jürgen (Hrsg.): So funktionierte die DDR, Bd. 3: Lexikon der Funktionäre. Reinbek bei Hamburg 1994; Baumgartner, Gabriele/Hebig, Dieter (Hrsg.): Biographisches Handbuch der SBZ/DDR 1945–1990. München 1996/1997.

[56] Franz Skobik.

[57] Auf Beschluß des Politbüros des ZK der SED vom 18. Juli 1953 war als Folge der Juni-Krise das Ministerium für Staatssicherheit zu einem Staatssekretariat zurückgestuft worden und in das von Willi Stoph geleitete Ministerium des Innern eingegliedert worden. Erst im November 1955 erhielt die Staatssicherheit wieder den Status eines Ministeriums.

[58] Volkspolizei, offizielle Bezeichnung: Deutsche Volkspolizei (DVP).

[59] Gemeint ist wohl das Sekretariat des ZK.

[60] Bezirksparteikontrollkommission der SED des Bezirks Magdeburg.

[61] Bezirksbehörde der Deutschen Volkspolizei des Bezirks Magdeburg.

[62] Der Minister für Schwerindustrie, Fritz Selbmann, gab am frühen Nachmittag (gegen 14 Uhr) vor den demonstrierenden Bauarbeitern vor dem »Haus der Ministerien« in Ost-Berlin bekannt, der Ministerrat habe seinen Beschluß vom 28. Mai über die administrative Normenerhöhung zurückgenommen. Kurz zuvor hatte am gleichen Tag das Politbüro einen entsprechenden Beschluß (»Erklärung des Politbüros zur Normenfrage«) gefaßt.

[63] Daub, Philipp (1896–1976), 1918 Mitglied der USPD, 1921 KPD-Mitglied, 1924–1931 Stadtverordneter in Saarbrücken, 1928–1931 Politischer Leiter des KPD-Bezirks Saargebiet, 1933 antifaschistischer Widerstand, 1935 Mitglied der Kontrollkommission des ZK der KPD, 1935/36 im Parteiauftrag nach Holland, Abschnittsleiter West in Amsterdam, ab 1936 in Frankreich als Beauftragter der illegalen KPD-Leitung in Paris, September 1939 bis Mai 1941 Internierung in verschiedenen Lagern, 1941–1945 Emigration in die USA, 1946 Rückkehr nach Deutschland, 1948–1950 Leiter der Abteilung Personalpolitik bzw. Kader beim Parteivorstand bzw. ZK der SED, 1950–1961 Oberbürgermeister von Magdeburg, 1961–1964 Präsident der Liga für Völkerfreundschaft.

[64] Selbmann, Fritz (1899–1975), 1920 Mitglied der USPD, 1922 KPD-Beitritt, 1925–1928, 1931– 1933 Politischer Leiter der Bezirksleitung der KPD in Sachsen, 1932/33 Mitglied des Reichstages, 1933 Verhaftung wegen illegaler politischer Tätigkeit in Leipzig, 1935–1945 in Haft, 1946 SED, 1945–1948 Minister für Wirtschaft und Wirtschaftsplanung in Sachsen, 1949–1955 Minister für Industrie bzw. Schwerindustrie, 1949–1963 Abgeordneter der Volkskammer, 1954–1958 Mitglied des ZK der SED, 1958 Parteirüge wegen »Managertums« und Unterstützung der SchirdewanWollweber-»Fraktion«, 1961–1964 Vorsitzender des Volkswirtschaftsrates, 1969–1975 Vizepräsident des Deutschen Schriftstellerverbandes.

[65] Kursiv formulierter Satzteil – so im Original.

[66] Gemeint sind die sowjetischen Militäreinheiten.

[67] Ernst Dörre, während der Juni-Ereignisse Mitglied der SED-BL Magdeburg und Sekretär für Kultur und Erziehung.

[68] Operativstab

[69] Weder in seinem Referat »über die Lage und die unmittelbaren Aufgaben der Partei und Auswertung des 17./18. Juni 1853« auf der 5. Sitzung der SED-BL am 30. Juni 1953 (LHASA, Rep. P 13 SED-BL Magdeburg Nr. IV/2/1/4, Bl. 4–29), noch in seinem auf die Juni-Ereignisse bezugnehmenden Referat auf der 6. Bezirksleitungssitzung am 7. und 8. August 1953 (LHASA, Rep. P 13 SED-BL Magdeburg Nr. IV/2/1/4, Bl. 85–160) setzte sich Pisnik mit dem Verhalten einzelner Funktionäre der Bezirksleitung und des Bezirkssekretariats am 17. Juni auseinander. In der August-Sitzung werden lediglich Josef Hegen und Herbert Paulsen genannt.

[70] Im Original steht der grammatikalisch falsche Satzteil: »..., durch die Hunderte von Anfragen und Maßnahmen die eingeleitet werden mußten«.

[71] Im Dezember 1952 erging eine Regierungsverordnung, die die herkömmliche Weihnachtsgratifikation durch eine Jahresendprämie ersetzte. Ihre Höhe bestimmte sich nach der Produktionsleistung. Besser bezahlte Arbeitskräfte (Funktionäre, Ingenieure) sollten vom Empfang dieser Prämie ausgeschlossen sein. In der Praxis aber zu einer ungerechten Verteilung der Mittel: Funktionäre erhielten ein doppeltes Gehalt. Lehrlinge oder Arbeiter, die den Jahresplan nicht erfüllten – und dies teilweise ohne eigene Schuld –, wurden nicht mit einer Zuteilung bedacht. Aus Erbitterung hierüber kam es in einigen Magdeburger Betrieben in der Zeit vom 12. bis 15. Dezember zu Arbeitsniederlegungen. Siehe vor allem Grünwald, a.a.O., S. 34–35.

[72] Johann Burianek wurde in einem Schauprozeß vor dem Obersten Gericht der DDR als »Agent« der antikommunistischen »Kampfgruppe gegen Unmenschlichkeit« (KgU) wegen geplanter »Terror- und Diversionshandlungen« am 25. Mai 1952 zum Tode verurteilt und hingerichtet. Mitangeklagte der Burianek-Gruppe wurden zu lebenslänglichen oder langjährigen Zuchthausstrafen verurteilt. Siehe Engelmann, Roger: Die Kampfgruppe gegen Unmenschlichkeit. In: Henke, Klaus-Dietmar/Steinbach, Peter/Tuchel, Johannes (Hrsg.): Widerstand und Opposition in der DDR. Köln-Weimar 1999, S. 183–192, hier S. 189–190; ferner die ältere Darstellung von Merz, Kai-Uwe: Kalter Krieg als antikommunistischer Widerstand. Die Kampfgruppe gegen Unmenschlichkeit. München 1987, S. 159–164.

[73] Am 27. 11. 1952 wurden Rudolf Slansky, früherer KPC-Generalsekretär, und zehn weitere Mitglieder der »Slansky-Bande« unter dem Vorwurf des Hochverrats, der Sabotage und der Vorbereitung des Umsturzes zum Tode verurteilt und am 3. 12. 1952 hingerichtet. Siehe Kaplan, Karel/Svátek, Frantisek: Die politischen Säuberungen in der KPČ. In: Weber, Hermann/Mählert, Ulrich (Hrsg.): Terror – Stalinistische Parteisäuberungen 1936–1953, Paderborn/München/ Wien/ Zürich 1998, S. 487–562, hier insb. S. 531–549.

[74] Otto Stauch (1901–1972), 1916–1919 Soldat, 1937–1943 Tätigkeit als gelernter Metallflugzeugbauer bei den Siebel-Flugzeugwerken in Halle, 1943–1945 Militärdienst, 1945 KPD-Mitglied, August bis November 1945 Politischer Mitarbeiter in der KPD-BL Halle, 1947–1948 Vorstandsmitglied der Konsumgenossenschaft Halle-Saalkreis, 1948–1949 Besuch der Parteihochschule »Karl Marx«, 1952–1954 Mitglied der SED-BL-Magdeburg und Sekretär für Wirtschaft, 1954– 1958 Sekretär beim Rat des Bezirks Magdeburg, 1958–1963 Sektorleiter für Kader im Apparat der Sekretär beim Rat des Bezirks Magdeburg, 1958–1963 Sektorleiter für Kader im Apparat der SED-BL Magdeburg, 1963–1966 Archivar im Parteiarchiv der SED-BL Magdeburg.

[75] Auf dem Industriegelände Rothensee am äußersten Stadtrand im Norden Magdeburgs kam es erst an den frühen Mittagsstunden des 17. Juni in den dortigen Betrieben (Staatswerft Rothensee, VEB 7. Oktober, VEB Minol) zu Arbeitsniederlegungen. Ein Demonstrationszug wurde jedoch nicht gebildet. Siehe hierzu auch Grünwald, a.a.O., S. 41.

[76] Diese handschriftliche Anmerkung steht auf dem linken Seitenrand.

[77] Am frühen Morgen des 17. Juni (ca. 9.15 Uhr) hatte sich in der Neuen Neustadt (Stadtbezirk Nord) ein Demonstrationszug gebildet, der sich in Richtung Alte Neustadt und weiter zur Stadtmitte (Altstadt) bewegte. Siehe hierzu Grünwald, a.a.O., S. 43.auch m

[78] So im Original.

[79] Maschinen-Traktoren-Station.

[80] Vereinigung Volkseigener Güter.

[81] Vereinigung der gegenseitigen Bauernhilfe.

[82] So im Original.

[83] Kasernierte Volkspolizei.

[84] (?) – so im Original

[85] Deutsche Handelszentrale (Leipzig).

[86] Kursiv formulierter Satzteil – so im Original.

[87] So hieß es in Ulbrichts Grundsatzreferat »Die gegenwärtige Lage und der neue Kurs der Partei«, vorgetragen auf dem 15. ZK-Plenum am 24. Juli 1953: »Es gab auch einige wenige Funktionäre der Volkspolizei, die feige kapitulierten ... Der Chef der Bezirksbehörde Magdeburg ließ ebenfalls bei Beginn der faschistischen Provokation die Waffen einschließen und gab den Volkspolizisten Anweisung, als Agitatoren unter die Massen zu gehen. Das war ausgerechnet in Magdeburg! Es ist selbstverständlich, daß solche Kapitulanten aus der Volkspolizei ausgestoßen werden müssen.« SAPMO-Barch, DY 30/IV2/1/119, Bl. 104.

[88] Alois Pisnik selbst spricht in seinem Diskussionsbeitrag zu dem einleitenden Grundsatzreferat Walter Ulbrichts »Die Lehren aus dem XIX. Parteitag der KPdSU für unsere Arbeit« auf dem 10. ZK-Plenum (20.–22. 11. 1952) die parteifeindliche Einstellung der Parteiorganisation im Magdeburger Karl-Liebknecht-Werk an, wenn er betonte, daß »bei verantwortlichen Funktionären in krassester Form eine feindliche Einstellung gegenüber der Intelligenz zum Ausdruck« kam. Und er fuhr fort: »Der Parteisekretär einer Grundorganisation dieses Werkes lehnte die Verordnung unserer Regierung über die Erhöhung der Gehälter für die Intelligenz rundweg mit der Bemerkung ab, daß sie sich hemmend auf die ganze Arbeit auswirken würde ... Dieser Genosse Stumm (?) [gemeint ist Genosse Sturm, H. D.] war früher Erster Sekretär dieses Großbetriebs und Mitglied der Kreisleitung und ist wegen Versöhnlertums von dieser Funktion weggenommen worden.« SAPMO-Barch, DY 30/IV 2/1/107, Bl. 125.

[89] Das Datum der Bezirksleitungssitzung ließ sich laut Recherche von Frau Uta Gehrmann (LHASA Magdeburg) nicht ermitteln.

[90] Die Nr. 6 fehlt im Original.

[91] Am linken Blattrand steht die handschriftliche Bemerkung: (Transparent – S. 5). Dieser Hinweis bezieht sich auf das von den streikenden Arbeitern am 17. Juni gezeigte Transparent »Nieder mit der Regierung«.

[92] Am linken Textrand steht die handschriftliche Ergänzung: Von Zi. »aus gesprochen«.

[93] Am linken Textrand steht die Einfügung: Zi. 117.

[94] Am linken Textrand steht die Frage: Welche?  

[95] Die Ziffer 9 fehlt im Original.

[96] Kasernierte Volkspolizei.

[97] Unterstreichung im Original.

[98] Satzteil in Kursivschrift – so im Original.

[99] Unterstreichung im Original.

[100] Unterstreichung im Original.

[101] Unterstreichungen im Original.

[102] Unter der Ziffer 14 ist eingefügt das Wort »Schlußfolgerung«.

[103] Paul Hentschel (1913–1959), 1930 Mitglied des Kommunistischen Jugendverbandes Deutschlands, 1931–1934 erwerbslos, 1934/35 Reichsarbeitsdienst, 1935–1940 Tätigkeit als Steinsetzer in Breslau, 1940–1942 Angehöriger der Wehrmacht, 1942 zur Roten Armee übergelaufen, Kriegsgefangenschaft und Gründungsmitglied des Nationalkomitees Freies Deutschland, Mai 1945 Rückkehr nach Deutschland, 1945 KPD-Mitglied, Juli 1945 bis 1949 Ministerialdirektor und Leiter der Personalabteilung der Landesregierung Brandenburg, 1946 SED-Mitglied, Juli 1949 bis 1951 stellvertretender Leiter der Abteilung Staatliche Verwaltung beim ZK der SED, Oktober 1951 bis Juni 1953 Stadtrat und Sekretär des Magistrats von Groß-Berlin, Juni 1953 bis 1959 Vorsitzender des Rates des Bezirks Magdeburg, Mitglied des Bezirkstags und des Büros der SED-BL Magdeburg. LHASA, Rep. P 13 SED-BL Magdeburg Nr. V/10/262.

[104] Volkspolizeikreisamt.

[105] Am linken Rand stehen die Worte: »Wo stand es?« Gemeint ist das Stalinbild.

[106] Gemeint ist das Ostbüro der SPD.

Inhalt – JHK 2003

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