JHK 2007

Die Grundfrage von Demokratie oder Diktatur als Scheidelinie: Zur Geschichte der deutschen »Volksfront« 1932 bis 1939

Jahrbuch für Historische Kommunismusforschung | Seite 422-428 | Aufbau Verlag

Autor/in: Werner Müller

Langkau-Alex, Ursula: Deutsche Volksfront 1932–1939. Zwischen Berlin, Paris, Prag und Moskau. Band 1: Vorgeschichte und Gründung des Ausschusses zur Vorbereitung einer deutschen Volksfront, Berlin: Akademie-Verlag 2004, XIX S.+ 358 S.,ISBN 3-05-004031-9 

Dies.: Deutsche Volksfront 1932–1939. Zwischen Berlin, Paris, Prag und Moskau. Band 2: Geschichte des Ausschusses zur Vorbereitung einer deutschen Volksfront, Berlin: Akademie-Verlag 2004, XVIII S. + 590 S., ISBN 3-05-004032-7

Dies.: Deutsche Volksfront 1932–1939. Zwischen Berlin, Paris, Prag und Moskau. Band 3: Dokumente zur Geschichte des Ausschusses zur Vorbereitung einer deutschen Volksfront, Chronik und Verzeichnisse, Berlin: Akademie–Verlag 2005, XVI S. + 544 S, ISBN 3-05-004033-5

 

Die Begriffe »Volksfront« und als deren Kern die »Einheitsfront der Arbeiterklasse« sind durch die DDR-Historiographie besetzt. Zu oft ist aus dieser Richtung wiederholt worden, dass, ausgehend vom VII. Weltkongress der Komintern im August 1935 und der »Brüsseler« Parteikonferenz der KPD im Herbst desselben Jahres, die letztlich bis zum Ende der DDR geltende Strategie der kommunistischen Weltbewegung formuliert und vorgegeben war. Die Definitionen aus der Sicht der SED ließen an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig. So definierte das 1983 im parteieigenen Dietz-Verlag erschienene Wörterbuch zur Geschichte die Volksfront als ein »Kampfbündnis verschiedener Klassen und Schichten der Werktätigen zur Durchsetzung gemeinsamer Forderungen bzw. zur Verteidigung gemeinsamer Interessen«[1]. Selbstverständlich wurde das auf Lenins Verständnis von »Bündnispolitik« zurückgeführt. Unter dem Stichwort »deutsche Volksfront« findet sich dort schließlich die Zuspitzung auf eine »antifaschistische Kampfbewegung der deutschen Hitleropposition zum Sturz der faschistischen Diktatur, zur Verhinderung des Krieges und zum Ausbau eines neuen, demokratischen Deutschlands, gebildet auf Initiative des ZK der Kommunistischen Partei Deutschlands«[2].

Übernommen ist hier stillschweigend die vom VII. Weltkongress der Komintern vorgegebene neue Definition von »Faschismus« ebenso wie der Initiativ- und Gestaltungsanspruch der KPD-Parteiführung. Dieses Verständnis von »Volksfront« blieb in den Grundzügen auch über Wendungen und Wandlungen der SED-Politik konstant. Leichte Nuancen ergaben sich für die Nachkriegszeit. Die erste Auflage des Kleinen politischen Wörterbuchs von 1967, noch zur Amtszeit Walter Ulbrichts erschienen, urteilte: »Die Volksfrontpolitik der KPD wurde nach 1945 mit der Bildung des Demokratischen Blocks der Parteien und Massenorganisationen schöpferisch fortgeführt. Auf Initiative und unter Führung der SED wurde die Volkskongreßbewegung für Einheit und gerechten Frieden 1949 zu Nationalen Front des demokratischen Deutschland entwickelt.«[3] Entsprechend den veränderten Maximen in der Honecker-Ära wandelte sich dieser Schluss zu einer Einbettung in das »sozialistische Lager«. »Auf der Grundlage des internationalen Kräfteverhältnisses, das sich im Ergebnis des zweiten Weltkrieges und der revolutionären Entwicklung in Europa und Asien grundlegend zugunsten des Sozialismus, des Friedens und der Demokratie verändert hatte, begann eine qualitativ neue Stufe sowohl im Inhalt als auch in der Organisationsform der Volksfront.

Auf dem Territorium der DDR z. B. entstand die Nationale Front der DDR.«[4] Nun mag es aus heutiger Sicht anachronistisch erscheinen, der DDRHistoriographie Parteilichkeit bis hin zur Penetranz zu attestieren. Virulenz gewinnt dieses Problem indes im Zusammenhang mit der fort- und nachwirkenden Antifaschismus-Legende sowohl als Legitimationsgrundlage wie als Basis der Lebenslüge der DDR.[5] Wer Ursula Langkau-Alex’ 1977 erschienenen ersten Band unter dem Titel Volksfront für Deutschland?[6] zur Kenntnis genommen hatte, wusste einerseits selbstverständlich um die problematischen Interpretationen der SED und der DDR, war andererseits mehr als neugierig auf die mit dem Titel zumindest implizit angekündigten weiteren Bände. Ohne Übertreibung kann man sagen: die Wartezeit hat sich gelohnt. Mit Deutsche Volksfront 1932–1939. Zwischen Berlin, Paris, Prag und Moskau ist ein Opus magnum entstanden, das kaum noch Wünsche offen lässt und das Thema »Deutsche Volksfront« in Paris auf absehbare Zeit erschöpfend beantwortet.

Es sei gestattet, das Pferd vom Schwanz her aufzuzäumen, um die Leistung der Verfasserin – geradezu ein Lebenswerk – zu würdigen. Allein das Quellen- und Literaturverzeichnis umfasst rund 80 Druckseiten. Darunter fallen natürlich auch Archive des früheren Ostblocks, so der Akademie der Künste in Berlin, der früheren Staats- und Parteiarchive von SED und DDR und Bestände des Zentralen Staatsarchivs in Prag. Bestände des Komintern-Archivs werden leider nur nach den in Berlin im ehemaligen Zentralen Parteiarchiv gesammelten Kopien verwandt. Insbesondere für die Rolle Willi Münzenbergs hätten vermutlich Moskauer Bestände weiter geführt. Naturgemäß schöpft sie die Bestände ihres »Hausarchivs«, des Internationalen Instituts für Sozialgeschichte, weitgreifend aus. Insbesondere die Nachlässe von Rudolf Breitscheid und Paul Hertz erwiesen sich als sehr ergiebig. Imponierend ist auch die Liste ihrer Interviewpartner und Materialgeber, so Franz Dahlem, Heinrich Ehrmann, Helmut Hirsch, Günter Markscheffel oder Rosi Frölich.

Doch zum eigentlichen Thema: Wie schon in ihrer Publikation von 1977 setzt die Darstellung mit dem Jahre 1932 ein, den beiden Wahlkampagnen zur Wahl des Reichspräsidenten. Hier analysiert die Autorin die Ursprünge, auch im Sprachgebrauch, einer Volksfront in Gestalt einer Wählerinitiative, um Hitler als Reichspräsident zu verhindern. Die eigentliche Vorgeschichte des Versuchs, eine deutsche Volksfront zu bilden (den Volksfront-Ausschuss im eigentlichen Sinne wird es ja nie geben), lässt Langkau-Alex am Anfang der Emigration nach Frankreich beginnen und bis zur Einsetzung einer Programmkommission und einer großen Kundgebung im Februar 1936 dauern. In diese Phase fallen die entscheidenden Weichenstellungen mit der Etablierung eines buntscheckigen Spektrums von Emigranten-Zirkeln, Publikationen, Versorgungseinrichtungen, Bemühungen um Finanzquellen, Büros und Versuchen, sowohl nach Deutschland als zu Gleichgesinnten im Exil Verbindungen zu knüpfen. Es zeigen sich die alltäglichen Mühen, in einer Umgebung mit fremder Sprache und Kultur neue Formen der Solidarität zu entwickeln. 

Sichtbar ist, gerade am linken Rand der Sozialdemokratie, die verschärfte Wiederkehr der Richtungs- und Programmstreitigkeiten der sozialistischen Kleingruppen, Abspaltungen und Fraktionen untereinander ebenso wie deren Konflikte mit dem Emigrations-Parteivorstand der SPD in Prag. Dessen unbeugsame Haltung jeder Verweigerung einer Kooperation mit der KPD bildete letztlich eine der Konstanten dafür, dass die in unterschiedlicher Weise gewünschte Volksfront nie zustande kam. Etwa in der Terminologie der späteren SED: Das »klassenübergreifende« Bündnis Volksfront scheiterte schon deswegen, weil ihr tragender Kern, die »Einheit der Arbeiterklasse«, nie zustande kam. Ein Hindernis auf viel niedrigerer Ebene konnte ebenfalls nicht ausgeräumt werden. Die Forderung nach einem »Nichtangriffspakt« blieb für die Sozialdemokraten eine unverzichtbare Voraussetzung für eine Kooperation mit den Kommunisten.

Zwei Ereignisse beflügelten die Einigungsneigungen sowohl auf Seiten der »bürgerlichen« Intellektuellen wie der sozialistischen Zwischengruppen: die Niederlage im Status-Quo-Kampf an der Saar und die Neuorientierung der kommunistischen Weltbewegung seit dem Sommer 1935. Münzenberg, ein Mann mit großen organisatorischen Fähigkeiten, begann im September mit der ihm eigenen Energie, Gesprächs- und Bündnispartner zu suchen und zu umwerben. Wiederum blieben die Sozialdemokraten fern, mit dem Argument, eine Zusammenarbeit mit den Kommunisten würde den bürgerlichen Widerstand in Deutschland schwächen. Die Sozialdemokratie spielte letztlich im Kalkül Münzenbergs und der KPD-Führung eine zentrale Rolle. Dass auch nach der »Brüsseler« Konferenz die Ziele dieser Partei kaum gewandelt waren, blieb den Angesprochenen naturgemäß verborgen. Es wurden mit neuer Taktik alte Ziele verfolgt (Fritz Heckert), es ging um eine Hegemonie der KPD (Alexander Abusch), und trotz aller Beschwörungen des Wortes Demokratie um eine »Diktatur des Proletariats« (Anton Ackermann) wurde alles das nicht öffentlich ausgesprochen.[7] Leider kommen diese Aspekte in der Analyse etwas zu kurz.

Seit Ende 1935 hatten sich die Einheits-Strömungen vertieft und auf Paris konzentriert. So konnte im November eine erste Konferenz stattfinden, an der auch eine Reihe von Sozialdemokraten teilnahmen, freilich ohne Mandat der Parteiführung. Für die KPD-Führung war das nur bedingt ein Erfolg, da ihr zu viele Konzessionen abverlangt worden waren. Eine Konferenz vom 2. Februar 1936 im Hotel Lutetia in Paris führte rund 85 Personen aus allen politischen und sozialen Lagern zusammen, von weiteren 30 lagen Begrüßungsschreiben vor. Ein Problem bestand darin, dass neben Kultur- und Solidaritätsorganisationen letztlich nur die KPD und die SAP als Parteien offiziell vertreten waren.[8] Der erzielte Konsens war nicht sehr breit: Informationen über die Lage in Deutschland zu verbreiten und Solidarität mit den Hitler-Opfern einzufordern. Der Streitpunkt um die Reichweite eines Programms endete mit einem Kompromiss einer einfachen »Erklärung« der Konferenz, die dann ohne die Namen der Unterzeichner veröffentlicht wurde. Sie sollte vor allem nach Deutschland hinein wirken. Allerdings war damit ein Gremium gebildet, da man einen »engeren Ausschuss« oder »provisorischen Vorstand« bestellt hatte.

Letztlich war damit der Höhepunkt des Einflusses und der Kooperation bald erreicht. Im Juni 1936 kam der so konstituierte Vorstand zusammen; selbst einen Namen gab es nicht. Man einigte sich auf die schon gebräuchliche umständliche Bezeichnung: »Ausschuss zur Vorbereitung einer deutschen Volksfront«. Die »Spaltpilze« drohten wieder von innen und außen wie auch dem nie erreichten französischen und spanischen Vorbild. 

Der zweite Band – und damit betritt die Verfasserin gegenüber ihrer Darstellung von 1977 weitgehend Neuland – setzt mit den Folgen der »LutetiaKonferenz« vom Februar 1936 ein und erschließt ein Feld, dass kurzfristig und vordergründig eine Weiterentwicklung des Erreichten darstellen sollte, faktisch aber mehr und mehr von den Grunddifferenzen der Zeit geprägt wird, die die Arbeit des Ausschusses und seiner Unterkommissionen ins Leere laufen ließ. Eindeutig wird die Arbeit in Paris von den Problemen der spanischen Republik, den 1936 beginnenden Moskauer Schauprozessen und dem »Großen Terror« 1937/38 überlagert.

Die Gliederung dieses Bandes in eine organisations- und politikgeschichtliche Analyse sowie eine Untersuchung der programm- und konzeptionsgeschichtlichen Dimension ist etwas unglücklich. Eine Vielzahl von Querverweisen verbindet beide Teile; es bleibt gleichwohl ein schwerfälliger Lesefluss. Zwei zentrale Kapitel dominieren den historischen Hauptteil. Zunächst ist das Dilemma der Friedenssicherung nach Hitlers Besetzung des entmilitarisierten Rheinlandes zentral. Spanien und Moskau überlagern das recht schnell. »Mit ihrer SpanienPolitik entblößten KPD und Komintern aber auch den Lutetia-Kreis und besonders den Volksfrontausschuss und seine Kommissionen von Funktionären, die den anderen Partner vertraut waren und denen vertraut wurde«, umschrieb die Verfasserin das doppelte Dilemma einer Linie, die zu Konfrontationen führte und zum Vertrauensverlust ihrer Funktionäre (S. 172). Das steigerte sich bis hin zur Denunziation von Bündnispartnern: So »entlarvte« die KPD-Presse die führenden SAP-Funktionäre Max Diamant, Paul Frölich und Rosi Wolfstein als »Trotzkisten«. Die Moskauer Prozesse begleiteten die Debatten der Programmkommission bis an den Rand eines Bruches. Wiederum hatte Ulbricht als KPDVertreter versucht, die SAP-Vertreter zu isolieren. Erst mit dem dritten Prozess gegen Nikolaj Bucharin und andere sandte Jacob Walcher ein Protesttelegramm mit einer Reihe weiterer Unterschriften nach Moskau. Damit war die Arbeit des Ausschusses im März 1938 trotz der bedrohlichen internationalen Lage faktisch beendet. Der prominenteste Sozialdemokrat, Rudolf Breitscheid, hatte seine Mitarbeit bereits ein halbes Jahr zuvor eingestellt.

Das andere große Hauptkapitel dieses Teils untersucht die Formen von Solidarität, des Unterstützungswesens, der gegenseitigen Hilfe, humanitäre Aktionen bis hin zu Fragen des Asylrechts und Kampagnen für die Freilassung von politischen Häftlingen im nationalsozialistischen Deutschland. Es wundert nicht, wenn auf diesem Feld die Kommunisten dank der »Roten Hilfe« über die bedeutendsten materiellen Ressourcen verfügten und das auch in politische Erträge umzumünzen versuchten. 

Wie eng selbst auf dem Feld humanitärer Aktionen die parteipolitischen und konzeptionellen Grenzen waren, zeigte eine Amnestie-Konferenz im Frühjahr 1936. Im Kern der Debatten stand die Freilassung Ernst Thälmanns und anderer Inhaftierter. Die Sozialistische Arbeiter-Internationale verweigerte ihre Beteiligung und die ihrer Mitgliedsparteien mit dem Argument, von Hitler sei keine Gnade, sondern die Wiederherstellung des Rechts zu fordern.

Kaum einer Erklärung bedürftig ist das Faktum, dass ungeachtet aller politischen Zerwürfnisse die größte Einigkeit im Lager der Emigranten in Fragen des Asylrechts, der Berufsorganisationen und der gegenseitigen Information herrschte. Gerade das aber schloss konkrete Aktionen, die an einen coup d’ état gemahnen, nicht aus, wie der Machtkampf um das Pariser Tageblatt und die folgende »Gegengründung«, die Pariser Tageszeitung, im Juni 1936 zeigten. Das wirkte auch in den Volksfrontausschuss hinein, da die bürgerlichen Vertreter untereinander nun zutiefst verfeindet waren. Alle Richtungen blockierten sich nun gegenseitig.

Alles das, die »großen« politischen Streitfragen ebenso wie die (unvermeidlichen) Emigranten-Querelen, legten bis zum Frühjahr 1938 die Arbeit lahm. Warum dann in dieser Situation Heinrich Mann bereit war, das Werk fortzusetzen und über die Säuberungen in der Sowjetunion hinwegzusehen und die Politik Stalins zu verteidigen, bleibt schwer nachvollziehbar. Langkau-Alex’ Verweis auf die terroristischen Mittel der Jakobiner führt vielleicht weiter. Die Grundfrage von Demokratie und Diktatur hatte sich jedenfalls auf der Linken als Scheidelinie erwiesen.

Das letzte große Kapitel, die Untersuchung der Programme, umfasst naturgemäß zum größten Teil kommunistische Debatten, Pläne, Richtlinien und Strategien. Auch hier zeigte es sich, wie wenig Klarheit in einer Reihe von Grundfragen in der KPD herrschte. Die Konzeptionen der Spitzenfunktionäre waren durchaus nicht immer kompatibel, zudem brauchte es selbstverständlich einige Zeit, bis sich der Kurswechsel der Komintern in konkreten Fragen niederschlug. In der Tat hatte die KPD-Führung beachtliche Probleme, den umworbenen »Bündnispartnern« ihr Konzept einer »demokratischen Republik« zu vermitteln und zugleich die Originalität kommunistischer Programmatik zu behaupten. »Links überholt« wurden sie in der Regel von den Vertretern der linken Splitter- und Zwischengruppen, die im Allgemeinen auf der Aufnahme sozialistischer Positionen in Programmpapieren bestanden. Folgt man Ulbrichts Strategie eines »Trojanischen Pferdes«, so kann man mit der Verfasserin schlussfolgern, dass die »demokratische Republik« oder »Volksrepublik« der KPD ein »adäquater Terminus für einen Übergangsstaat« war, »der auch und gerade mit nationalsozialistischen Arbeitern, Mittelständlern und Bauern errichtet werden sollte.« (S. 585)

Die Stoßrichtung gegen die Sozialdemokratie und die sozialistischen Gruppen aller Schattierungen ist unverkennbar. Beide Ebenen, Politik wie Programme, belegen, wie wenig Gemeinsamkeiten für einen Minimalkonsens der unterschiedlichen Parteirichtungen existierten. Die Volksfront-Debatten perpetuierten letztlich das zersplitterte Weimarer Parteienfeld – selbst noch unter dem Gesichtspunkt einer nur marginalen Beteiligung »bürgerlicher« und katholischer Vertreter. Man hätte sich am Schluss eine größere systematische Zusammenfassung gewünscht; das »Nachwort« am Ende des dritten Bandes, der Dokumentation, kann das nicht kompensieren. Dieser Band gibt 44 Dokumente wieder, die die Abhandlung sinnvoll ergänzen, zum Teil allerdings schon länger bekannt sind. Insgesamt vermittelt die umfangreiche Untersuchung ein extrem detail- und facettenreiches Bild der deutschen politischen und intellektuellen Opposition in Paris. Was könnte in den kommenden Jahren zu diesem Thema noch ergänzt werden? Viel kann es nicht sein, selbst wenn aus Moskauer Archiven noch neue Quellen zugänglich werden. Ursula Langkau-Alex hat mit ihrer wissenschaftlichen Analyse den Mythos »Volksfront« wohl endgültig beerdigt.

 


[1]  Volksfront, in: Bartel, Horst u. a. (Hrsg.): Wörterbuch der Geschichte, Berlin (Ost) 1983, Bd. L–Z, S. 1132.

[2]  Deutsche Volksfront, in: Ebenda, Bd. A–K, S. 216. Abkürzungen daraus sind hier aufgelöst und Querverweiszeichnen nicht aufgenommen.

[3]  Volksfront, in: König, G./Schütz, G./Zeisler, K.: Kleines Politisches Wörterbuch, Berlin (Ost) 1967, S. 691.

[4]  Volksfront, in: König, G./Schütz, G./Zeisler, K.: Kleines Politisches Wörterbuch, Neuausgabe 1988, Berlin (Ost) 1989, S. 1048.

[5]  Siehe Münkler, Herfried: Antifaschismus als Gründungsmythos der DDR. Abgrenzungsinstrument nach Westen und Herrschaftsmittel nach innen, in: Agethen, Manfred/Jesse, Eckhard/Neubert, Ehrhart (Hrsg.): Der missbrauchte Antifaschismus. DDR-Staatsdoktrin und Lebenslüge der deutschen Linken, Freiburg/Basel/Wien 2002, S. 79–99

[6]  Langkau-Alex, Ursula: Volksfront für Deutschland?. Bd. 1: Vorgeschichte und Gründung des »Ausschusses zur Vorbereitung einer deutschen Volksfront« 1933–1936, Frankfurt a. M. 1977.

[7]  Siehe Lewin, Erwin/Reuten, Elke/Weber, Stefan (Hrsg.): Protokoll der »Brüsseler Konferenz« der KPD 1935. Reden, Diskussionen und Beschlüsse, Moskau vom 3.–15. Oktober 1935, 2 Teile, München 1997, S. 226 ff, 355 ff u. 604. 

[8]  Die DDR-Literatur umging dieses Problem, indem sie die Mitwirkung von Kommunisten, Sozialdemokraten, Vertreter der bürgerlichen Intelligenz und anderen als Einzelpersonen nannte. So wurden die Kommunisten Anton Ackermann, Franz Dahlem, Wilhelm Florin, Wilhelm Koenen, Paul Merker, Wilhelm Pieck und Walter Ulbricht erwähnt, nicht jedoch Willi Münzenberg, der zwar nicht dem Politbüro angehörte, aber am meisten zum Gelingen der Tagung beigetragen hatte. Wörterbuch der Geschichte (Anm. 1), Bd. A–K, S. 217. Münzenberg war offenbar auch 1983 noch eine »Unperson«. Siehe die letzte noch vor Ende der DDR erschienene Ausgabe von Weber, Hermann: »Weiße Flecken« in der Geschichte. Die KPD-Opfer der Stalinschen Säuberungen und ihre Rehabilitierung, Berlin 1990, S. 21–23 u. 38 f.

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