JHK 2008

Unteroffiziere der Revolution. Zum Schicksal von Kursanten der M-Schule der Kommunistischen Internationale

Jahrbuch für Historische Kommunismusforschung | Seite 339-350 | Aufbau Verlag

Autor/in: Andreas Herbst

In Bakovka im Landkreis Kunzewo, 30 Kilometer westlich von Moskau, an der Minskoje Chaussee befand sich von Ende der Zwanziger- bis Mitte der Dreißigerjahre die legendäre Militärschule des geheimen Nachrichtenapparats der Kommunistischen Internationale. Sie lag, wie sich Franz Feuchtwanger1, 1933/34 Kursant der M-Schule, erinnert, »inmitten eines ausgedehnten, teilweise bewaldeten Geländes, das mit Stacheldraht umzäunt war, auf dem später die Waffen- und Gefechtsübungen abgehalten wurden.«2

Bereits 1924 / 25 absolvierten deutsche Kommunisten wie Jakob Boulanger, Joseph Gutsche, Artur Illner [d. i. Richard Stahlmann], Hans Kippenberger, Gustav König, Heinz Neumann, Albert Schreiner, Klaus Überbrück und Wilhelm Zaisser militärpolitische Lehrgänge in Moskau. Ende 1929 erfolgte eine Reaktivierung dieser Ausbildung. Der erste Lehrgang fand dann im ersten Halbjahr 1930 statt. Offiziell unterstanden die Lehrgänge der Komintern, anzunehmen ist aber, dass sie unter der Regie des sowjetischen Militärgeheimdienstes liefen und vorrangig der Ausbildung von Militärspezialisten für bürgerkriegsähnliche Konfliktsituationen dienten.3 Leiter der Schule war der finnische Kommunist Tuure Valdemar Lehén,4 ab 1932 dann Wilhelm Zaisser.

Feuchtwanger schreibt in seinen Erinnerungen an den militärpolitischen Apparat, der Unterricht an der Militärschule der Komintern sei mehr darauf ausgerichtet gewesen, linientreue »Unteroffiziere« auszubilden als mit den Bedingungen ihres künftigen Einsatzortes vertraute Spezialisten.5 Er fährt fort: »Von den Teilnehmern der zwischen 1931 und Anfang 1933 abgeschlossenen Lehrgänge fand lediglich ein verhältnismässig kleiner Bruchteil dann dort sein Unterkommen. Einigen ehemaligen Schülern begegnete ich auf verschiedenen Posten im Karl-Liebknecht-Haus, anderen auf der [M-] Schule, wo sie nunmehr als Instrukteure beschäftigt wurden, manche dürften auch von der Komintern übernommen und anderweitig eingesetzt worden sein. Vom Apparat aus gesehen versickerte der in Moskau geschulte Kader.«6 Auch Hans Kippenberger, der Leiter des Antimilitaristischen Apparats (AM-Apparat), schätzte 1935 die fachliche Ausbildung als zum Teil perspektivlos ein, hob aber die politische und charakterliche Prägung der Kursanten durch das System der Schule hervor.7

Der vorliegende Beitrag widmet sich dem Schicksal einiger Kursanten dieser Militärschule der Kommunistischen Internationale, die bisher noch nicht im Mittelpunkt biografischer Forschungen standen. Bereits 1982 veröffentlichte Beatrix Herlemann in der IWK auf der Basis von überlieferten Gestapo-Unterlagen, NS-Justizakten sowie Literaturrecherchen und Berichten von Zeitzeugen einen aufschlussreichen Aufsatz über den deutschsprachigen Bereich an den Kaderschulen der Kommunistischen Internationale. Dabei ging sie auch der Entwicklung der Militärpolitischen Schule und dem Schicksal ihrer Kursanten kursorisch nach.8 Doch erst seit 1990 ist es möglich, über den AM-Apparat quellengestützter zu schreiben und detaillierter die Lebenswege einstiger Kursanten der M-Schule zu verfolgen.9

Eine im Bundesarchiv überlieferte Liste mit den Namen von 121 Kursanten war Ausgangspunkt meiner langjährigen und immer noch andauernden Recherchen.10

Diese Liste gehört zu einer umfangreichen Aktenüberlieferung des Oberreichsanwalts beim Volksgerichtshof im Verfahren gegen den KPD-Spitzenfunktionär Heinrich Wiatrek aus dem Jahre 1943.11 Sie umfasst neben den Namen Geburtsdaten und -orte, Berufsbezeichnungen, Parteimitgliedsdaten, Funktionen im AM-Apparat, den jeweiligen Kurs sowie den Schuldecknamen und enthält im Anhang auch Fotos einiger Kursanten. Bei den 121 Personen – es waren ausschließlich Männer – handelt es sich um deutsche Kommunisten, die von 1930 bis 1934 an insgesamt sechs Lehrgängen in Moskau teilnahmen.12 Für die Authentizität der Liste spricht u. a. die Tatsache, dass von all jenen aufgeführten Kursanten, die nach 1945 in der DDR bzw. in der Bundesrepublik für die SED bzw. KPD / DKP aktiv waren, bestätigende Aussagen über ihre Teilnahme an Lehrgängen der M-Schule vorliegen.13 Beim Vergleich der Liste mit Angaben, die Hans Kippenberger Ende 1935 in seinem Bericht über den AM-Apparat an das Politbüro machte, fallen Unterschiede hinsichtlich der Teilnehmerzahl und der Jahresangaben auf, die aber für den vorliegenden Beitrag unwesentlich sind.14

Wie gelangte die Gestapo an dieses brisante Material? Hierzu liegt u. a. die zeitgenössische Schilderung der Geheimen Staatspolizei von Mitte Februar 1934 vor.15 Neben dem in der Literatur ausführlich geschilderten Verrat des einstigen KPD-Funktionärs und AM-Apparat-Insiders Alfred Kattner16 sowie den späteren Aussagen von Dünow, Langowski, Priewe u. a. führten bereits zuvor grobe Verstöße gegen die Konspiration zur Entdeckung wichtiger Archivunterlagen des AM-Apparats.17 So berichtete Änne Kerff, unter dem Decknamen »Lore« enge Mitarbeiterin (und Lebensgefährtin) von Hans Kippenberger, dass etwa dessen unmittelbar nach dem Reichstagsbrand erfolgte Anweisung, alle Abwehrarchive sofort zu vernichten, nicht ausgeführt worden sei. Im Zusammenhang mit den Festnahmen von Hermann Dünow und Karl Langowski sowie später von Rudolf Schwarz, Albert Priewe, Karl Schuster und Arthur Lange gelangte die Gestapo schließlich in den Besitz von Unterlagen des Abwehrarchivs und Materialien der Passabteilung. »Dort müssen auch die Dokumente mit den Fotos der neuen (letzten) Schüler zur militärpol. Schule drin gewesen sein, die man später auch Martin Schmidt vorgelegt hatte«, bemerkt Änne Kerff.18 Auch Paul Gräf, Kursant der M-Schule 1929 und 1932 /33, berichtete, dass die Gestapo ihm in den Verhören diverse Unterlagen und Fotos vorlegte.

Da die Liste der Kursanten undatiert ist, aber der Anklage beim Volksgerichtshof gegen Heinrich Wiatrek beiliegt, kann davon ausgegangen werden, dass sie bis Anfang der Vierzigerjahre fortlaufend ergänzt wurde. Die Ergänzungen stammen aus Verhören, in denen die Gestapo die Festgenommenen direkt auf ihre Ausbildung an der M-Schule ansprach. Einige versuchten diese zu leugnen, andere sagten aus, sie seien an der Leninschule bzw. an der »Kommunistischen Universität der Völker des Westens« gewesen, wieder andere gaben den Umstand nach verschärften Vernehmungen, also Folter, zu.19

Die beiden jüngsten Kursanten (Jahrgang 1911) waren Rudolf Lehmann und Leon Roth, der älteste war Franz Schubert, geboren 1893. Ein Viertel der Lehrgangsteilnehmer war vor 1900 geboren und hatte am Ersten Weltkrieg teilgenommen. Die Mehrheit der Kursanten waren einfache Arbeiter, andere waren Bäcker, Buchdrucker, Elektromonteure, Former, Maurer, Schlosser und kaufmännische Angestellte, dazu kamen fünf Redakteure und Schriftleiter, zwei Studenten (Walter Muth und Franz Feuchtwanger) und nicht wenige hauptamtliche Parteiarbeiter, die bereits Funktionen im AM-Apparat ausübten.

Von den 121 Kursanten sind nach gegenwärtigem Stand der Recherchen 28 Opfer des NS-Regimes20 geworden, neun kamen in den stalinistischen »Säuberungen« um.21 Von denen, die Zuchthaus und Konzentrationslager überlebten, gehörten mehr als ein Drittel nach 1945 wieder der KPD / SED bzw. der KPD / DKP an. Über das Schicksal einiger Kursanten konnten trotz umfangreicher Recherchen keine Angaben ermittelt werden.22

Teilnehmer des ersten Lehrgangs waren: Franz Bauer, Alfred Bethmann, Theodor Bottländer, Hermann Dünow, Hermann Gartmann, Paul Gräf, Jonny de Graaf, Lucian Iltis, Johann Liebers, Viktor Prieß, Willi von der Reith, Karl Rosteck, Johann Schäberle, Fritz Schmidtke, Georg Schmitt, Karl Schuster, Paul Tastesen, Johann Wenzel, Eugen Wicker und Wilhelm Willendorf. Franz Bauer starb 1937 im KZ Dachau, Karl Rosteck, 1934 zu 15 Jahren Zuchthaus verurteilt, kam als Angehöriger eines Minenräumkommandos 1944 in Gelsenkirchen-Buer ums Leben. Johann Liebers und Georg Schmitt wurden dagegen Opfer der stalinistischen »Säuberungen« in der Sowjetunion. Johann Wenzel, dem Funker des legendären »Grand Chef« der Roten Kapelle Leopold Trepper, gelang die Flucht aus deutscher Haft, er wurde aber dann in der Sowjetunion zu fünf Jahren Zwangsarbeit verurteilt. Ein ähnliches Schicksal erlitt Viktor Prieß. Eugen Wicker, der einstige Gauführer der Roten Jungfront und Leiter des AM-Apparats der BL (Bezirksleitung) Württemberg, wurde zum V-Mann der Gestapo. Nach 1945 erhielt er deswegen eine Zuchthausstrafe. Eine schillernde Vita hatte Jonny de Graaf. Um seinen weiteren Lebensweg ranken sich unbewiesene Spekulationen. Er soll bereits Mitte der Dreißigerjahre vom britischen Geheimdienst MI6 angeworben worden sein und umgehend über Aktivitäten des Kominternapparats berichtet haben. Außerdem wurde er verdächtigt, Arthur Ewert und Luis Carlos Prestes in Brasilien verraten zu haben. Später in Großbritannien und Kanada im Einsatz, wurde er während des Krieges Angehöriger der britischen Armee, kehrte 1945 nach Deutschland zurück und fungierte als Verbindungsoffizier der britischen Armee zum Entnazifizierungsausschuss in Bad Oeynhausen. Zuletzt lebte er in Kanada, wo er sich fortan de Graff nannte und als »Russlandexperte« galt. Als er am 2. Dezember 1980 in Brockville, Ontario starb, hatte er es zu einem gewissen Reichtum gebracht.23 Unbekannt ist das Schicksal von Theodor Bottländer, der 1932 Leiter des »Aufbruch-Arbeitskreises« war. Im September 1933 verhaftet, soll er sich später von der Gestapo mit dem Ziel anwerben lassen haben, Informationen aus der Führung der KPD in Erfahrung zu bringen und weiterzugeben. In der Zeitschrift »Internationale« erschienen 1938 zwei Artikel, die vor Bottländer warnten. Nach Erinnerungen von Hermann Dünow soll dieser 1945 in britischer Uniform aufgetaucht sein. Auch der Mannheimer Lucian Iltis, der unter dem Decknamen »Willy« das Ressort »Republikanische Organisationen« leitete und später Nachfolger des Abwehr-Reichsleiters Rudolf Schwarz wurde, ging in die Emigration. Er brach später die Verbindungen zur KPD ab und lebte nach 1945 im Elsass.

Hermann Dünow und Hermann Gartmann blieben nach 1945 ihrem nachrichtendienstlichen Ressort treu. Willi von der Reith, Paul Tastesen und Wilhelm Willendorf wurden dagegen wieder KPD-Funktionäre in Hamburg. Karl Schuster, nach 1945 im Verwaltungsapparat der SBZ, war zuletzt Angestellter beim Rat des Stadtbezirks Berlin-Köpenick. Einen schweren Lebensweg hatte Paul Gräf, über den Hans Kippenberger 1935 schrieb: »Bekannter Funktionär der BL Hessen-Frankfurt (Agitprop). Gut geschult, beweglich und zuverlässig. Persönlich mutig und ein guter Genosse.« Gräf, von Beruf Porzellanformer, Kriegsfreiwilliger und Ende 1916 schwer verwundet, schloss sich nach dem Krieg in Karlsruhe dem Porzellanarbeiterverband an und trat 1922 in die KPD ein. 1923 musste er bereits wegen »Zersetzungsarbeit« unter der Polizei aus Karlsruhe flüchten, lebte anschließend illegal in Mannheim und Frankfurt / Main und arbeitete bis zur Amnestie 1928 als Redakteur der »Arbeiter-Zeitung« und Mitarbeiter der BL Hessen-Frankfurt. 1929 zur M-Schule nach Moskau delegiert, gehörte er ab 1930 dem zentralen AM-Apparat an. 1931 übernahm er die Leitung der AM-Arbeit im Bezirk Niederrhein. Ende 1932 wurde er erneut nach Moskau entsandt, er war dort Hilfslektor an der M-Schule. Im April 1933 kehrte er zurück nach Deutschland und übernahm die Leitung der AM-Arbeit für Berlin-Brandenburg. Nachdem er am 24. Oktober 1933 festgenommen worden war, konnte er seine AM-Tätigkeit verschleiern und wurde deshalb am 25. Januar 1934 vom Kammergericht Berlin nur zu drei Jahren Gefängnis verurteilt. Durch Aussagen eines früheren Mitkursanten flog Gräfes wahre Funktion jedoch noch während der Haft auf. Er wurde im Sommer 1936 in die Prinz-Albrecht-Straße geholt und nach seiner AM-Tätigkeit befragt. »Als ich abstritt, gab man mir ›Bedenkzeit‹ in der Gestapo und legte mir dann eine solche Fülle von belastenden Material (Protokolle, Geständnisse und beschlagnahmtes bzw. aufgefundenes Material, Fotos usw.) vor, dass ich bei der zweiten Vorführung ein Geständnis ablegte.« Die Gestapo drohte ihm mit einem neuen Verfahren, behielt ihn nach der Strafverbüßung in »Quarantäne« und nutzte ihn, wie viele andere Wehrlose, um Auskünfte zu erhalten: »In dieser Zeit wurde ich laufend vernommen und meine Aussagen überprüft, u. a. auch meine Tätigkeit vor 1933 im Bezirk Niederrhein und Mittelrhein, wobei soviel mir noch erinnerlich ist auch Gestapobeamte aus diesen Gebieten zur Vernehmung anwesend waren. Eine große Rolle spielte dabei in Berliner Archiven hochgegangenes Material, des Nachrichtendienstes im rheinisch westfälischen Industriegebiet, das man mir anzuhängen versuchte.«24Der Versuch, ihn als V-Mann in die Tschechoslowakei zu schicken, scheiterte an seinem schweren Magen- und Hautleiden. Nach seiner Entlassung kehrte er nach Thüringen zurück und arbeitete als Porzellanmaler und Zeichner. 1940 zur Wehrmacht einberufen, war er im Mai 1945 kurzzeitig in amerikanischer Kriegsgefangenschaft und wurde bald darauf KPD / SED-Funktionär in Thüringen. 1951 geriet er in die sogenannte Parteiüberprüfung, wurde zunächst »nur« von seiner Funktion entbunden und arbeitete dann bei der Zeitung »Das Volk« in Erfurt. Im Herbst 1952 schloss ihn die Bezirksparteikontrollkommission (BPKK) Erfurt wegen »Feigheit« und als »Verräter der Arbeiterklasse« aus der SED aus. Seinen Widerspruch wies die Zentrale Parteikontrollkommission (ZPKK) im Oktober 1953 ab, außerdem entzog man ihm den Status eines »Verfolgten des Naziregimes«! Gräf arbeitete zuletzt als Chemigraph in der Druckerei »Fortschritt« und war Sportinstrukteur der SED-Bezirkszeitung »Das Volk«. Anfang 1959 wurde er zwar wieder in die SED aufgenommen, seinen Antrag auf Anerkennung seiner Parteimitgliedschaft ab 1922 lehnte die ZPKK aber ab. Paul Gräf starb 1979 in Gräfenthal.25

Anders als Franz Feuchtwanger, der im Rückblick die Qualität der Ausbildung an der M-Schule kritisch einschätzte,26 sah Rudolf Lehmann, wie Feuchtwanger Ende 1933 Kursant, bei sich selbst mangelnde Voraussetzungen und fehlende politische Reife. So schreibt er in einem Lebenslauf vom Januar 1952: »Im September [1933] bestellte mich die Partei, der Genosse Brüderlein, damals noch echt, und brachte mich mit einem Berliner Genossen zusammen. Später erfuhr ich, dass es der Genosse Schwarz war, der mit Jonny Scheer [Schehr], Eugen Schönhaar und Steinfurth ermordet wurde. Ich erhielt den Auftrag zu einer militärpolitischen Schule nach Moskau zu fahren. In Berlin lag ich sechs Wochen auf Eis, erhielt meine Papiere und fuhr vor Weihnachten 1933 über Riga nach Moskau. 30 km westl. der Stadt in Barkowka waren wir untergebracht. Ich gehörte auch hier wieder zu den jüngsten, war noch dazu ein Sachse, die in der illegalen Arbeit wegen des Dialekts nicht gut angesehen waren, und stellte fest, dass die anderen Genossen in ihrer politischen Reife viel weiter waren als ich. Ich kam mir dort neben einigen anderen Genossen recht kümmerlich vor. […] Die Schule sollte 6 Monate gehen, wurde aber vorzeitig abgebrochen, da die Kräfte gebraucht wurden. Ich hatte das Gefühl, das man nicht recht wusste, was man mit mir und etwa 8 –10 anderen Genossen anfangen sollte, denn wir wurden zunächst nicht eingesetzt. Wir siedelten nach Moskau und wurden auf einige Betriebe aufgeteilt.«27 Rudolf Lehmann kehrte im September 1934 nach Deutschland zurück, arbeitete u. a. mit Fiete Dettmann in Leipzig illegal und wurde später in Magdeburg und Breslau eingesetzt. Er flog durch Verrat im Juni 1936 in Friedland auf, wurde festgenommen und im Mai 1937 zu 13 Jahren Zuchthaus verurteilt. Zuletzt Funktionshäftling im KZ Mauthausen, konnte er überleben und war ab 1945 Funktionär der KPD bzw. ab 1946 der SED in Sachsen, zuletzt Sekretär der SED-Kreisleitung Schwarzenberg. Im Herbst 1952 wurde er durch die BPKK wegen »unwürdigen Verhaltens im KZ« seiner Funktion enthoben – er soll angeblich als »Kapo« Häftlinge geschlagen haben – und bekam eine Parteistrafe, die aber 1954 wieder gelöscht wurde. Später im Verwaltungsapparat tätig, erhielt er noch zahlreiche staatliche Auszeichnungen. Im September 1979 starb Rudolf Lehmann in Leipzig.

Philipp Wallendorf, von dem bisher angenommen wurde, er wäre ebenfalls ein Opfer der »Säuberungen«, überlebte eine mehrjährige Lagerhaft. Wallendorf, 1899 in Weinheim / Bergstraße geboren, war Lederarbeiter. Noch 1918 zum Militärdienst eingezogen, blieb er bis 1920 Soldat. Er arbeitete dann wieder in verschiedenen Lederfabriken, war u. a. Betriebsrat in den Weinheimer Lederwerken Hirsch, trat 1923 in die KPD ein und avancierte zu ihrem örtlichen Spitzenfunktionär. 1930 in den Stadtrat gewählt, kandidierte er im Juli 1932 für den Reichstag. Im Bezirk Baden-Pfalz gehörte er dem AM-Apparat an und trug den Parteinamen »Hermann Sonntag«. Nach der Teilnahme am V. Kursus der M-Schule in Moskau 1932 / 33 (Schuldeckname »Richard«), kehrte er im Mai 1933 nach Deutschland zurück. Er erhielt u. a. von Hans Kippenberger den Auftrag, Kontakt zu Rosa Thälmann zu halten, und war, wie er selbst schreibt, in Gegenmaßnahmen zum Reichstagsbrandprozess eingebunden.28 Er flüchtete dann zunächst in die Niederlande, lebte dort unter dem Namen »de Waal« und reiste im Juni 1935 in die Sowjetunion. Im August 1935 wurde er im Auftrag von Wilhelm Pieck nach Danzig geschickt, um der dortigen Parteileitung Anweisungen und Geld zu überbringen. Nach seiner Rückkehr in die Sowjetunion besuchte er die Leninschule und arbeitete anschließend als Lederarbeiter in einer Fabrik in der Nähe von Moskau. Im Februar 1937 erhielt er die sowjetische Staatsbürgerschaft, doch schon zehn Monate später wurde er zusammen mit seiner Frau Anna vom NKWD festgenommen. Im Januar 1939 wegen angeblicher Spionage zu 5 Jahren verurteilt, kam er in ein Lager bei Archangelsk. Nach der Entlassung aus dem Lager wurde er als Invalide anerkannt, später arbeitete er als Schlosser. Zunächst hatte er die Absicht, in die DDR zurückzukehren, er schrieb zu diesem Zweck an Wilhelm Pieck, blieb aber dann wohl aus familiären Gründen in der Sowjetunion. Er wandte sich an Nikita S. Chruschtschow und erhielt später eine Sonderrente.29 Am 23. März 1957 wurde er strafrechtlich rehabilitiert und lebte bis zu seinem Tod in der UdSSR.

Auf die Frage der vom Politbüro eingesetzten Kommisson »Wie kommt es, dass so viele Schüler dieser Schulen zu Verrätern wurden?« schrieb Hans Kippenberger 1935 in dem erwähnten Bericht, ihm fehlten die Unterlagen für eine statistische Untersuchung, ob der Prozentsatz an Verrätern unter den ehemaligen Schülern der MP-Schule ungewöhnlich hoch sei. Ihm selbst seien »nur einige Fälle von Verrätern bekannt, unter ehemaligen Militärschülern«. Auch hob er ausdrücklich die besondere Härte der Verfolgung von Mitarbeitern des AM-Apparats durch die Gestapo hervor: »Ohne die Genossen, die sich vor der Gestapo schlecht verhielten, entschuldigen zu wollen, muss ich aber doch auf die Tatsache hinweisen, dass Genossen, von denen der Gestapo die Zugehörigkeit zum Apparat bekannt war, besonders stark unter Druck gesetzt wurden. Der grösste Teil der Schüler von den letzten Schulen ist verhaftet. Viele von ihnen erhielten ausserordentlich hohe Zuchthausstrafen, noch nach dem alten milderen Strafgesetz. Eine Reihe von Genossen wurden zu Tode gefoltert, weil sie keine Aussagen machen, andere aus Rachegelüsten ermordet.«30 Zu denen, die sich »schlecht verhalten« haben, zählte Kippenberger neben Hermann Dünow und Karl Langowski auch Karl Blödorn und Michael Klause. Auf die beiden Letztgenannten soll hier abschließend eingegangen werden.

Karl Blödorn, geboren 1906 in Stettin, Sohn eines Maurers, brach nach der Schule die Bäckerlehre ab und fuhr als Schiffsjunge bzw. Schiffskoch bis 1929 zur See. Seit 1927 Mitglied des KJVD (Kommunistischer Jugendverband Deutschlands), ab 1929 der KPD, arbeitete er zunächst als Kassierer der Zelle »Schiffahrt«. Im Frühjahr 1930 wurde er Organisationsleiter, ein Jahr später Polleiter eines Stettiner Stadtteils. 1932 absolvierte er unter dem Schulnamen »Theodor Silber« die M-Schule in Bakowka. Nach seiner Rückkehr übernahm er von Friedrich Wetzel die Leitung des AM-Ressorts der von Werner Kraus geführten Bezirksleitung Pommern.31 Nach seiner Festnahme im Juli 1933 in Stettin versuchte er dies zunächst abzustreiten. Die überlieferten Gestapo-Verhörprotokolle lesen sich so bürokratisch trocken, dass man fast vergisst, was Verhöre bei der Gestapo bedeuten konnten:

»Dem Angesch. wurde vorgehalten, dass bestimmte Personen ausgesagt hätten, er sei ab Januar 1932 etwa 6 Monate zu einem Kursus auf einer Militärschule in Moskau gewesen. Der Angeschuldigte erklärte darauf:

Ich bin auf keiner Schule für militärische oder politische Zwecke im Ausland gewesen. Dass ich in Russland gewesen bin, will ich gar nicht bestreiten. Ich bin ja doch Schiffskoch gewesen und bin als solcher natürlich auch nach Russland in Häfen gekommen. 1924 habe ich einmal 3 Monate in Leningrad im Krankenhaus gelegen. […] Ich hatte immer meinen ordnungsgemässen Pass auf meinen richtigen Namen gehabt. Der Bezirksleiter Kraus hat mich etwa im Herbst 1931 einmal aufgefordert, Arbeiten einzureichen zur Prüfung, ob ich für einen Lehrgang auf der Reichsparteischule geeignet sei. Ich musste auch einen Personalbogen ausfüllen und 3 Passbilder von mit miteinschicken. Ich hatte alles zusammen eingeschickt, habe eine Antwort aber nicht erhalten. Ich habe Kraus dann später gefragt, was aus der Sache geworden sei, er sagte zu mir, ich solle nur noch warten, ich würde noch Bescheid kriegen.«

Dann heißt es im Protokoll weiter: »Nach nochmaligem eindrücklichen Vorhalt [Hervor-hebung A. H.]:

Ich will jetzt zugeben, dass ich von Januar 1932 bis Juni oder Juli 1932, insgesamt 6 Monate in Moskau auf einer militärpolitischen Schule gewesen bin. Dieser Lehrgang war ausschließlich für deutsche Kommunisten eingerichtet. Ob auch für andere Ausländer solche Lehrgänge bestanden, kann ich nicht sagen.

Die Lehrgänge wurden mit den größten Vorsichtsmaßregeln abgehalten, Wir waren in einem Haus in einem grossen Garten an der Peripherie von Moskau untergebracht. Wir durften dieses Gartengelände nicht verlassen, hatten also keine Ausgangserlaubnis in die Stadt. Der Kursus bestand auch etwa aus 40 Teilnehmern. Ab und an erhielten wir im Hause Filmvorführungen, so z. B. den Potemkinfilm und ›Der Weg ins Leben‹, ich glaube auch ›Sturm über Asien‹ habe ich gesehen.«32

Schließlich wechselte Blödorn die Seiten und avancierte neben dem Ex-Polleiter Werner Kraus zum Top-V-Mann der Gestapo. Noch in einem Schreiben aus dem Jahre 1937 heißt es:

»Blödorn ist im vergangenen Jahr von Gollnow nach Berlin überführt worden, wo er erneut zur Aufklärung von schwebenden Hochverratsverfahren mit Erfolg verwendet worden ist. Seine Angaben haben sich bei späteren Nachprüfungen in allen Punkten als richtig erwiesen, so dass an seiner inneren Umkehr kein Zweifel mehr besteht. Dieselbe Haltung hat Blödorn bereits im Jahre 1933 eingenommen. Lediglich durch seine Angaben war es möglich, die gesamte illegale Bezirksleitung KPD Pommern zu zerschlagen, diejenige der Provinz Ostpreußen aufzurollen und anschließend in die Landesleitung der KPD in Berlin einzudringen. Blödorn war, wie ihm zugesichert worden war, auf freiem Fuß gelassen worden. Er hat dann lange erfolgreich für die Stapo Stettin gearbeitet, ohne dass er den Versuch unternommen hat, ins Ausland zu flüchten, was ihm in der Hafenstadt Stettin ohne weiteres leicht möglich gewesen wäre.«33

Erst durch die spektakuläre Flucht von Hermann Matern, Friedrich Wetzel und Bruno Retzlaw-Kresse aus dem Gerichtsgefängnis in Altdamm endete für Blödorn die Freizügigkeit, die ihm nicht von der NS-Justiz, sondern von der Gestapo Stettin gewährt worden war. Am 15. Dezember 1934 wurde er zu sieben Jahren Zuchthaus verurteilt, jedoch im April 1938 durch einen Gnadenerlass Hitlers früher entlassen. Er arbeitete später als Schweißer bei einer Stettiner Tiefbaufirma. Nach 1945 lebte er in Hamburg.

Ein wieder anderer Fall ist der des Michael Klause, dessen Person in Verbindung mit dem Prozess gegen Albert Kuntz u. a. steht, in dem es um die mögliche Beteiligung an der Erschießung zweier Polizeioffiziere am 9. August 1931 am Berliner Bülowplatz ging.34 Michael Klause, 1895 in Mischana in Russland geboren, war vier Jahre alt, als sich seine Eltern als Landwirte in Deutsch-Rhode in der Provinz Posen niederließen. Nach der Volksschule war er als Arbeiter tätig, und 1914 meldete er sich als Kriegsfreiwilliger. Er kämpfte an verschiedenen Fronten, kam im November 1916 zu einem Sturmbataillon, wurde wiederholt schwer verwundet und zum Unteroffizier befördert. Nach dem Krieg Metallarbeiter und Hilfsmonteur, trat er 1922 in die KPD ein und begann ab 1923 für den Geheimapparat der KPD zu arbeiten. Er war Kurier, wurde im Herbst 1923 verhaftet und blieb bis September 1925 in Untersuchungshaft. Sein Verfahren wurde aufgrund einer Amnestie eingestellt. Als Anhänger der »Weddinger Opposition« trat er 1926 in den RFB (Roten Frontkämpferbund) ein und übernahm dessen Leitung im Bezirk Berlin-Wedding. Im Herbst 1928 zunächst wegen oppositioneller Einstellung aus der KPD ausgeschlossen, besaß Klause jedoch die Protektion des M-Leiters der BL Berlin-Brandenburg, Joseph Gutsche. Der setzte nicht nur Klauses Wiederaufnahme in die Partei und dessen Mitarbeit im Ordnerdienst durch, sondern sorgte auch dafür, dass sein Schützling 1930 / 31 zur M-Schule nach Moskau geschickt wurde.35 Michael Klause hat ganz eigene Erinnerungen an die Schule. In seinem im Zuchthaus geschriebenen Lebenslauf heißt es: »Daraufhin trat ich am 5. März 1930 eine erste Fahrt nach Moskau an. Ich tat dies um so lieber als 1) ich glaubte auf diese Weise die wahren Verhältnisse in der S.U. persönlich kennen zu lernen und 2) meine Familie durch die von der Partei gezahlte Unterstützung von monatlich 150-- RM jeder materiellen Sorge enthoben war.« Anschließend übernahm Klause die Leitung des Partei-Selbstschutzes (PSS) für ganz Berlin. Offiziell arbeitete er bei der Sowjetischen Handelsvertretung. Im Zusammenhang mit den Ermittlungen zum Polizistenmord am 9. August 1931 schied er aus der Handelsvertretung und dem PSS aus und wurde Mitarbeiter im Verlag »Die Rote Fahne«. In Kippenbergers Bericht über den AM-Apparat heißt es über Klause: »Als Anfang 1931 von der Berliner BL ein Genosse für den PSS (Parteiselbstschutz) gestellt werden sollte, schlug sie [die BL] Klause vor, der bald von der M-Schule zurückkehren würde. Die Schulcharakteristik war gut und Klause wurde mit der Organisierung des PSS beauftragt. Nach wenigen Monaten schon stellte sich seine völlige Untauglichkeit für diesen Auftrag heraus. (In der Zwischenzeit lag die Bülowaffäre.) Klause war nicht nur ein im Grunde unpolitisches Element, sondern auch persönlich feige und entsprach nicht einmal den üblichen Vorstellungen eines militanten Typs.«36

Klause wurde am 16. Juli 1933 festgenommen und am 19. Juni 1934 vom Schwurgericht I beim Landgericht Berlin wegen »gemeinschaftlichen Mordes und Begünstigung« zum Tode verurteilt. Da er umfangreiche Aussagen gemacht hatte und im Prozess vor allem Hans Kippenberger, Heinz Neumann und Albert Kuntz belastete, begnadigte Hitler ihn am 2. Mai 1935 zu lebenslanger Zuchthausstrafe. Ins Zuchthaus Luckau überführt, wurde er von den einstigen politischen Weggefährten wegen seiner Aussagen boykottiert und schikaniert. Aus den im Landesarchiv Berlin überlieferten Eingaben Klauses an die NS-Justizbehörden spricht ein vereinsamter Mensch, der völlig mit seinen kommunistischen Idealen und Überzeugungen gebrochen hat. Er hoffte auf seine vorzeitige Entlassung, hatte aber zugleich – unter Hinweis auf den Fall des vom »Apparat« liquidierten Kattner – Angst vor der »Feme«. Statt entlassen zu werden, wurde Klause jedoch im Februar 1939 in das Zuchthaus Brandenburg-Görden verlegt, im November 1941 holte ihn die Gestapo nach Berlin. Er sollte vor der Staatsanwaltschaft Berlin in weiteren Verfahren als Auskunftsperson und Zeuge aussagen. Klause glaubte nun nicht mehr an eine vorzeitige Beendigung seiner Kerkerzeit und verübte am 7. Februar 1942 in seiner Zelle im Gefängnis Plötzensee Selbstmord. 37

Auch für die Kursanten der M-Schlue gilt, was Hermann Weber über die Bandbreite der kommunistischen Funktionäre schreibt: »Unter den Kadern befanden sich immer aufrechte Idealisten, unerschrockene Streiter für eine bessere Welt, integre Personen, aber auch ihnen war nichts Menschliches fremd. Daneben wirkten allerlei fanatische Revoluzzer, kompromisslose Radikalinskis, verwegene Abenteurer, korrumpierte Egoisten, rücksichtslose Gewaltmenschen und zynische Karrieristen und selbst brutale Rabauken.«38 Nicht wenige der von der Gestapo festgenommenen Kursanten befanden sich in einer aussichtslosen Situation. Sie waren brutalen Verhören ausgesetzt, in denen sie nicht unterscheiden konnten, was die Gestapo wirklich über sie wusste, was sie nur ahnte oder zu wissen vorgab. So berichtete z. B. Walter Muth über den Druck der Verhöre: »Nach den üblichen Misshandlungen im Gestapo-Haus Prinz-Albrecht-Straße, wurde ich auch zum Fenster hinausgehalten, ich wurde zum Erschiessen gegen die Wand gestellt, war Tag und Nacht in Fesseln, wurde des Nachts durch einen Scheinwerfer wachgehalten.«39 Karl Tuttas, Kursant der M-Schule 1933 / 34, berichtet in seinen Lebenserinnerungen Ähnliches: »Ein Handtuch wurde mir von hinten über den Mund gezogen. Die Luft abgeschnürt. Den Kopf zogen sie in den Nacken zurück, hielten Hände und Füße fest, drückten mich auf einen Tisch. Es hagelte Schläge mit dem Ochsenziemer.«40

Unter der Folter brachen viele zusammen und berichteten ausführlich über alle ihnen bekannten Vorgänge und Personen. Andere wandten sich während der Haft von ihren kommunistischen Idealen ab, forderten Mitgefangene auf auszusagen und dienten den NS-Ermittlungsbehörden als Auskunftspersonen, ja in nicht wenigen Fällen sogar als V-Männer. Andere Häftlinge wiederum widerstanden dem physischen und psychischen Druck, einige verübten Selbstmord oder wurden in der Haft ermordet.41

Es steht heutigen Generationen kaum an, Wehrlose für Aussagen vor der Gestapo anzuklagen, die in einer beispiellosen Ausnahmesituation geschahen. Die Wahrheitspflicht gebietet jedoch, die Fakten nicht zu verschweigen, gerade um im Gegensatz zur Heroisierung der »realsozialistischen« Geschichtsschreibung zu dokumentieren, dass es um fehlbare Menschen ging, Menschen aus Fleisch und Blut, mit all ihren Ängsten, Schwächen und Zweifeln, aber auch mit sehr viel Mut.


1 Zu Feuchtwanger und anderen Kursanten der M-Schule siehe auch deren Kurzbiografien in Weber, Hermann / Herbst, Andreas: Deutsche Kommunisten, Berlin 2004; weitere Biografien enthält die 2008 erscheinende erweiterte und korrigierte Ausgabe.

2 Feuchtwanger, Franz: Der militärpolitische Apparat der KPD in den Jahren 1928 1935. Erinnerungen, in: IWK 1981, Heft 4, S. 514.

3 Kaufmann, Bernd u. a.: Der Nachrichtendienst der KPD 1919–1937, Berlin 1993, S. 190 ff.

4 Der 1893 geborene Tischlersohn verbrachte seine Kindheit in Jämsänkoski, nach dem Abitur arbeitete er als Journalist und studierte ab 1915 an der Universität Helsinki. Er gehörte dem sozialdemokratischen Jugendverband an, nahm am Bürgerkrieg teil und war Sekretär der »Revolutionären Volksdelegation«. Kurz vor der Niederlage der Revolution floh Lehén nach Russland und gehörte im August 1918 zu den Mitbegründern der KPFi. Bis Mitte der Zwanzigerjahre Offizier der Roten Armee, Absolvent der Militär-Akademie. Anschließend Mitarbeiter der Komintern. Unter dem Decknamen »Alfred Langer« Mitarbeiter der Orgabteilung, soll er bereits 1923 als Emissär in Deutschland tätig gewesen sein. Später Leiter der M-Schule der Komintern und Lehrer an der Leninschule in Moskau. 1939 Innenminister in der kurzlebigen Terijoki-Regierung, danach Mitarbeiter im Staatsverlag der Finno-Karelischen SSR. 1940 / 41 erster Rektor der Universität Petrosawodsk. Er gehörte dem Obersten Sowjets der UdSSR und der Finno-Karelischen SSR an. Im Krieg Redakteur einer Frontzeitung, kehrte er 1946 nach Finnland zurück und leitete den Verlag der KPFi Kansankulttuuri, blieb aber weiterhin ein wichtiger und einflussreicher Parteifunktionär. Er war zeitweise mit Hertta Kuusinen, der Tochter von Otto Kuusinen verheiratet. Im Oktober 1976 starb er in Helsinki.

5 Feuchtwanger: Der militärpolitische Apparat der KPD (Anm. 2), S. 485 – 533.

6 Ebenda, S. 531

7 Stiftung Archiv der Parteien und Massenorganisationen der DDR im Bundesarchiv (im Folgenden: SAPMO-BArch), RY 1 / 88 Bl. 145.

8 Herlemann, Beatrix: Der Deutschsprachige Bereich an den Kaderschulen der Kommunistischen Internationale, in: IWK 1982, Heft 2, S. 205 – 229.

9 Siehe Kaufmann u. a., Der Nachrichtendienst der KPD (Anm. 3); Tischler, Carola: Flucht in die Verfolgung. Deutsche Emigranten im sowjetischen Exil 1933 bis 1945, Münster 1996; Gilensen, Viktor: Die Komintern und die »Organisation M.« in Deutschland in den Jahren 1923 –1925, in: Forum für osteuropäische Ideen- und Zeitgeschichte (1999), Heft 1; Mensing, Wilhelm: Vertrauensleute kommunistischer Herkunft bei Gestapo und NS-Nachrichtendiensten am Beispiel von Rhein und Ruhr, in: Jahrbuch für Historische Kommunismusforschung 2004, S. 111 ff.; ders.: »Bekämpft, gesucht, benutzt«. Zur Geschichte der Gestapo-V-Leute und »Gestapo-Agenten«, in: Zeitung des Forschungsverbundes SED-Staat der FU Berlin (ZdF) 17 (2004); Sandvoß, Hans Rainer: Die andere Reichshauptstadt, Berlin 2007, hier bes. S. 388 ff.; Weber / Herbst: Deutsche Kommunisten (Anm. 1).

10 BArch, ZC 15 929, Bd. 16. Für Hilfe bei den Recherchen danke ich besonders den Mitarbeitern des Bundesarchivs S. Gräfe, A. Grunwald, S. Nestler, B. Reußner, G. Ulrich und T. Zarwel, vom Landesarchiv Berlin M. Schmidt und B. Welzing, vom Brandenburgischen Landeshauptarchiv L. Person, vom Sächsischen Staatsarchiv Leipzig A. Brekle und vom Thüringischen Staatsarchiv Meiningen N. Moczarski. Meinem Kollegen H.-R. Sandvoß gilt mein besonderer Dank, außerdem danke ich A. Vatlin / Moskau, W. Hedeler und J. Mayer, beide Berlin, D. Nelles / Wuppertal, Jouko Jokisalo / Oulo und W. Mensing / Bonn für ihre Hilfe bei den Recherchen und für Auskünfte.

11 Heinrich Wiatrek – Kommunist oder »Überläufer«, in: Jahrbuch für Historische Kommunismusforschung, Berlin 2002, S. 336 – 357.

12 In der Literatur gibt es unterschiedliche Angaben darüber, wie stark die Lehrgänge besetzt waren; so schreibt Bernd Kaufmann, dass am ersten Lehrgang 36 Kursanten teilnahmen; die Liste dazu enthält aber nur 20 Namen. Karl Blödorn und Friedrich Wetzel sprechen in ihren Vernehmungen von 40 Teilnehmern in ihren Lehrgängen.

13 So von Alfred Adolph, Franz Blume, Hermann Dünow, Heinrich Fomferra, Hermann Gartmann, Paul Gräf, Willy Hans, Karl Horn, Willi Kaiser, Karl Langowski, Rudolf Lehmann, Konrad Mannshardt, August Mayer, Walter Muth, Otto Niebergall, Karl Plesse, Julius Schätzle, Ernst Schilling, Martin Schmidt, Arno Schönherr, Karl Schuster, Richard Staimer, Heinrich Studer, Stanislaus Switalla, Hermann Totzki, Karl Tuttas und Willy Zimmerlich.

14 SAPMO-BArch, RY 1 / 88 Bl. 18.

15 Stand der kommunistischen und marxistischen Bewegung Anfang 1934. Hrsg. vom Geheimen Staatspolizeiamt, Berlin, Februar 1934, S. 11 ff.

16 Sassning, Ronald: Thälmann, Wehner, Kattner, Mielke. Schwierige Wahrheiten, in: Utopie kreativ, April 2000, Heft 114.

17 Sassning, Ronald: Thälmann, Dünow, Wehner, Mewis – Bilder mit Radierungen. Vom Kippenberger-Apparat zum IM-System Mielkes, in: Utopie kreativ, Mai – Juni 2000, Heft 115 /116. Grundmann, Siegfried: Richard Großkopf und die kommunistische Paßfälscherorganisation, in: IWK 2004, Heft 4, S. 423 – 464.

18 SAPMO-BArch, SgY 39 1940 Erinnerungen von Christina Kjossewa (d. i. Änne Kerff), Bl. 220.

19 BArch, ZC 5291 Bd. 4, Bl. 61– 63 Vernehmung von Friedrich Wetzel, Bl. 67– 69 Vernehmung von Karl Blödorn; siehe auch die Schilderung von Verhören durch Bruno Retzlaw-Kresse, der als Mitarbeiter von Karl Blödorn in Berlin verhaftet wurde, in: Illegalität – Kerker – Exil. Erinnerungen aus dem antifaschistischen Kampf, Berlin 1980, S. 66 ff.

20 Wilhelm Bahnik, Alfred Bartel, Franz Bauer, Max Becher, Michael Blöth, Heinrich Bohne, Albert Denz, Rudolf Dietze, Walter Ehlen, Theophil Faller, Willi Glatzer, Kurt Granzow, Walter Griesbach, Theodor Hespers, Willi Illner, Ewald Jahnen, Michael Kaczmierzak, Otto Koll, Werner Kowalski, Erich Küsel, Innocens Rehm, Karl Rosteck, Kurt Schadrowski, Heinrich Reichelt, Christian Robbens, Rudolf Schwarz, Josef Steidle und Wilhelm Tebarth.

21 Johann Liebers, Rudolf Margies, Wilhelm Marker, Wilhelm Peschky, Emil Pietzuch, Erwin Riess, Leon Roth, Georg Schmitt und Franz Schubert.

22 Z. B. Kurt Banse, Otto Fabian, Theodor Harsmann, Fritz Kießling, Otto Raimann, Johann Schäberle, Friedrich Schlupp, Willi Thomas, Ferdinand Voetter. Für weitere Hinweise zum Schicksal der Kursanten ist der Autor sehr dankbar.

23 Waack, William: Die vergessene Revolution. Olga Benario und die deutsche Revolte in Rio, Berlin 1994; Smith, Michael: Foley. The spy who saved 10 000 jews, London 1999 sowie schriftliche Mitteilung von Wilhelm Mensing vom 4. 1. 2006.

24 SAPMO-BArch, DY 30 IV 2/11 / v. 2971.

25 SED-Kaderakte Paul Gräf im Thüringischen Staatsarchiv Meiningen.

26 Siehe Feuchtwanger: Der militärpolitische Apparat (Anm. 2).

27 Sächsisches Staatsarchiv Leipzig, SED SamKa, Nr. 266 Kaderakte Rudolf Lehmann.

28 Kaufmann u. a., Der Nachrichtendienst der KPD (Anm. 3), S. 323 f.

29 Russisches Staatsarchiv für soziale und politische Geschichte (RGASPI), 495-205-7232, Kaderakte P. 
Wallendorf. Dank auch an die Stadtarchive in Weinheim und Viernheim.

30 SAPMO-BArch, RY 1 / 88 Bl. 348.

31 Kurzbiografie in Weber / Herbst: Deutsche Kommunisten (Anm. 1), S. 405 f.

32 BArch, ZC 5291 Bd. 4, Bl. 68 f.

33 BArch, ZC 5291 Bd. 9, Bl. 6 RS.

34 Otto, Wilfriede: Erich Mielke – Biographie. Aufstieg und Fall eines Tschekisten, Berlin 2000, S. 37 ff.; Jochen von Lang: Erich Mielke. Eine deutsche Karriere, Berlin 1991.

35 Schmeitzner, Mike: Ein deutscher Tschekist der ersten Stunde: Sepp Gutsche und der Aufbau der Sicherheitsapparate in der SBZ / DDR, in: Timmermann, Heiner (Hrsg.): Das war die DDR. DDR-Forschung im Fadenkreuz von Herrschaft, Außenbeziehungen, Kultur und Souveränität, Münster 2004, S. 167–197.

36 SAPMO-BArch, RY 1 / 88, Bl. 148 f.

37 LAB A Rep 358-02, Nr. 157 176 und 15 177 (Gnadenheft Michael Klause, Sterbeurkunde). Irrtümlich schreibt Jochen von Lang, dass sich Klauses Spur als Angehöriger der SS-Bewährungseinheit Dirlwanger im April 1943 am Mittelabschnitt der Ostfront verliert (Erich Mielke, Anm. 34, S. 38). Auch Götz Aly irrt, wenn er schreibt, dass Klause am 7. 2. 1942 in Plötzensee hingerichtet wurde. Siehe Aly: Der Jahrhundertprozeß. Erich Mielke, die Morde auf dem Berliner Bülowplatz und die deutsche Strafjustiz. In: Jansen, Christian / Niethammer, Lutz / Weisbrod, Bernd (Hrsg.): Von der Aufgabe der Freiheit. Politische Verantwortung und bürgerliche Gesellschaft im 19. und 20. Jahrhundert, Berlin 1995, S. 549 – 563, hier S. 562.

38 Weber / Herbst: Deutsche Kommunisten (Anm. 1), S. 29 f.

39 SAPMO-BArch, SgY 30/0665, Bl. 32.

40 Tuttas, Karl: Einer von jenen. Erinnerungen, Halle / Leipzig 1980, S. 223.

41 U. a. Michael Blöth, Willi Illner, Ewald Jahnen und Kurt Schadrowski.

Inhalt – JHK 2008

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