Nicht im Traume dachten sie [»die Demokratien«, M.F.] daran, daß es notwendig sein könnte, sich der Jahrhunderte alten Verbindungen zu erinnern, die Deutschland und Rußland verknüpfen. Gewohnt vom Tage zu leben, dämmerte es ihnen nicht, daß in einer Zeit so
gewaltiger Entscheidungen weitblickende und verantwortungsbewußte Volksführer junger
Nationen Augenblickshindernisse überspringen und die große historische Linie wieder auf-
nehmen können.1
Völkischer Beobachter, 24. August 1939
Noch wenige Monate bevor der Journalist Theodor Seibert diese Zeilen im quasi-regierungsoffiziellen Völkischen Beobachter veröffentlichte, hatte die deutsche Presse die Sowjetunion mit »Kübeln von Jauche überschüttet«, wie Josef Stalin einst durchaus treffend bemerkte.2 Stalin galt der deutschen Presse bis Mai 1939 als »Marionette der Juden« und die UdSSR als »Weltfeind Nr. 1«. Bereits zwei Tage nach der Unterzeichnung des Hitler-Stalin-Pakts musste es den Lesern der Kommentare deutscher Zeitungen hingegen erscheinen, als seien der Antibolschewismus, die antibolschewistische Ideologie, nur ein »Augenblickshindernis« für eine Annäherung gewesen. In Hitler und Stalin hatten sich laut Theodor Seibert zwei »verantwortungsbewusste Volksführer junger Nationen« wiedergefunden.
Für die nationalsozialistische Partei war die Frage nach der Haltung gegenüber dem Bolschewismus eine von entscheidender ideologischer Bedeutung, die man nicht einfach beiseiteschieben konnte; in den Zwanzigerjahren hatte gerade diese Frage beinahe zur Spaltung geführt. Der sogenannte nationalbolschewistische Flügel der Partei befürwortete bereits damals ein Bündnis der »jungen Nationen« Deutschland und UdSSR gegen den Westen.3 Für Hitler und den stark durch russische Emigranten beeinflussten antibolschewistischen Flügel der Partei waren hingegen Antikommunismus, Antibolschewismus und Antisemitismus untrennbar miteinander verbunden und standen im Zentrum der nationalsozialistischen »Weltanschauung«.4 Zu Beginn der Dreißigerjahre hatte sich die radikal antibolschewistische innerparteiliche Strömung durchgesetzt und abweichende Meinungen in dieser Frage wurden nicht mehr geduldet. Gerade der radikale Antibolschewismus entwickelte sich in Kombination mit dem Antisemitismus zum scheinbaren Dreh- und Angelpunkt nationalsozialistischer Ideologie und Propaganda.5
Da sich das Regime in dieser Frage vollkommen eindeutig positionierte und Deutschland damit letztlich in die Katastrophe des Kriegs gegen die UdSSR führte, spielt der Antibolschewismus auch innerhalb der Forschung eine zentrale Rolle. Ernst Noltes These eines kausalen Nexus zwischen russischer Revolution und Nationalsozialismus ist dabei heftig diskutiert und in der Wissenschaft meist abgelehnt worden. Doch selbst wenn Noltes Vereinfachung hinterfragt wurde, bleibt die Untersuchung des Verhältnisses zwischen Antibolschewismus, Antisemitismus, Herrschaftsdynamik und Mobilisierung für die Forschung zentral. Lässt sich der Krieg gegen die UdSSR als ideologischer »Kreuzzug« beschreiben, wie Arno Mayer formuliert?6 Taugen Ideologie und Indoktrination als ein Element der Erklärung der Bereitwilligkeit deutscher militärischer Eliten und einfacher Soldaten, sich im Krieg gegen die UdSSR an Verbrechen noch nie dagewesenen Ausmaßes zu beteiligen? Anders formuliert: Sorgten sich deutsche Soldaten im Krieg in erster Linie um ihr Überleben? Oder hatten sie die antibolschewistische Ideologie zu Beginn des Krieges bereits verinnerlicht, waren sie also Überzeugungstäter?7
Diese Fragen sind in der Forschung kontrovers diskutiert und unterschiedlich beantwortet worden.8 Als ein Element, das scheinbar Unerklärliche, Unfassbare zu beschreiben, dient dabei immer wieder der deutsche Antibolschewismus. Ian Kershaw beispielsweise schreibt: Die »entsetzliche Brutalität des Vernichtungskrieges im Osten war [...] fraglos […] eine Folge des ideologischen Hasses auf den ›jüdischen Bolschewismus‹, mit dem die Deutschen unter dem Naziregime jahrelang indoktriniert worden waren«.9 Diese These setzt voraus, dass die nationalsozialistische antibolschewistische Vorkriegspropaganda wirksam war und zu weit verbreitetem »ideologischen Hass« auf die UdSSR führte. Einzig: Der Moment der Unterzeichnung des Hitler-Stalin-Pakts passt nicht in dieses Bild. Von »ideologischem Hass« ist weder in den Kommentaren des Völkischen Beobachters noch in den unmittelbaren Reaktionen der deutschen Bevölkerung etwas zu9 spüren.10 Theodor Seibert lässt am Tag nach der Unterzeichnung in seinem Kommentar sogar nationalbolschewistische Ideen wieder aufleben: Stalin als verantwortungsbewussten »Volksführer einer jungen Nation« zu bezeichnen, kennzeichnet zumindest ein Versatzstück dieses Gedankenguts.11 Wenn aber der Antibolschewismus als einer der Dreh- und Angelpunkte nationalsozialistischer Ideologie und Vorkriegspropaganda von einem Tag auf den anderen durch nationalbolschewistische Kommentare ersetzt werden konnte, welche Bedeutung hatte dann der Antibolschewismus als ein Element nationalsozialistischer Ideologie für Parteimitglieder und für die Hauptzielgruppe der Propaganda, die deutsche Bevölkerung? Und: Welche Bedeutung hatte der Antibolschewismus für die Mobilisierung, für den Vernichtungskrieg?
Bevor der Versuch unternommen werden kann, diese Fragen zu beantworten, muss man einen Schritt zurückgehen und die nationalsozialistische antibolschewistische Pressekampagne der Vorkriegszeit etwas näher analysieren. So sind die durchaus vielfältigen Reaktionen auf den Hitler-Stalin-Pakt nur dann zu erklären, wenn bekannt ist, wie die deutsche Presse zuvor über die UdSSR berichtet hatte, auf welche Weise die Deutschen also »indoktriniert wurden«. Dabei ist unzweifelhaft, dass sich ab 1935 allmählich eine antibolschewistische Pressekampagne steigerte, die in einem Schwall antisemitisch-antibolschewistischer Beschimpfungen in den Jahren 1937/1938 kulminierte. Ab Mai 1939 wurde diese Kampagne eingestellt und Ende August ins Gegenteil verkehrt: Aus antibolschewistischer wurde tendenziell neutrale oder gar nationalbolschewistische Propaganda, woran sich auch bis zum Angriff auf die Sowjetunion im Sommer 1941 nichts Grundsätzliches ändern sollte.12 Dieser Umschwung lässt sich recht einfach anhand einer stichprobenartigen Auswertung des »wichtigsten Massenmediums der nationalsozialistischen Gesellschaft«, der Tagespresse, nachweisen.13
Die Grundzüge der Propaganda sind bereits oft beschrieben worden. Die Reduktion auf die wesentlichen Merkmale und Wendepunkte verdeckt jedoch, dass die Propaganda in sich widersprüchlich und der Kommunikationsprozess wesentlich komplexer war: Am Anfang standen die Ziele des nationalsozialistischen Regimes. Außenpolitisch diente die Propaganda dem Schmieden antikommunistischer Koalitionen (dabei ist insbesondere an den sogenannten Antikominternpakt zu denken), innenpolitisch wollte man die Mobilisierung der »Volksgemeinschaft« gegen einen gemeinsamen Feind erreichen.14 Gleichzeitig versuchte eine Vielzahl von Gruppierungen die Sowjetunionpropaganda mit ihren jeweils spezifischen Zielsetzungen zu beeinflussen: Hier sind das Propagandaministerium mit der Unterabteilung Antikomintern, die Pressestelle des Auswärtigen Amts, das Amt Osten unter der Ägide Alfred Rosenbergs, verschiedene Emigrantenorganisationen und sonstige, wirtschaftliche, politische oder militärische Interessenverbände zu nennen.15 In diesem Aufsatz können diese Verflechtungen nicht im Einzelnen nachvollzogen werden, entscheidend ist daran jedoch, dass sich die verschiedenen Interessen und internen Konflikte in den Presseanweisungen und in der deutschen Propaganda niederschlugen. Ohne im Detail zu untersuchen, wer die Presseanweisungen in Auftrag gab oder zu beeinflussen versuchte, sind hier die wesentlichen internen inhaltlichen Meinungsverschiedenheiten recht gut ablesbar. Auch Differenzen zwischen den Weisungsgebern und den Propagandisten sind gerade in den Presseanweisungen zu erkennen.16
Die Analyse der in sich widersprüchlichen antisowjetischen Kampagne der Jahre zwischen 1933 und 1939 soll zur Beantwortung der zentralen, bereits im Titel gestellten Frage führen: Erreichte das Regime mit seiner Propaganda das selbstgesteckte Ziel der Mobilisierung für den Krieg? Dabei kann man davon ausgehen, dass Mobilisierung »Gleichschaltung« voraussetzt. Die Grundlage von Gleichschaltung wiederum ist Eindeutigkeit bzw. ein verbindliches, einheitliches Bild von der UdSSR. Dieses einheitliche Bild musste das Regime mithilfe seiner Propaganda erst erschaffen: In den Zwanzigerjahren, das haben unter anderem die Arbeiten von Gerd Koenen gezeigt, existierte in Deutschland kein einheitlich negatives Russland- oder Sowjetunionbild.17 Gelang es dem Regime also in den Dreißigerjahren, ein einheitliches Bild des Gegners Sowjetunion zu vermitteln und damit bereits in der Vorkriegszeit in breiteren Bevölkerungsschichten »ideologischen Hass« auf die UdSSR zu entfachen?
Phasen einer widersprüchlichen Kampagne
Noch bis zu Beginn des Jahres 1935 wurden die Zeitungen in der täglichen Pressekonferenz beharrlich ermahnt, nicht zu negativ über die UdSSR zu berichten. So musste zum Beispiel das quasi-regierungsoffizielle Parteiorgan Völkischer Beobachter, das unter der Ägide des deutschbaltischen Emigranten und Antibolschewisten Alfred Rosenberg stand, in seiner Radikalität tendenziell gebremst werden.18 Noch erschien es außenpolitisch inopportun, sich die Sowjetunion zum erklärten Feind zu machen.19 Andererseits versuchte die Regierung gleichzeitig, die Veröffentlichung auch nationalbolschewistischen Gedankenguts zu unterbinden. Eine zentrale Bedeutung hatte hierbei der sogenannte Röhm-Putsch, der zur Ausschaltung eines Großteils derjenigen Kräfte führte, die noch immer an einem antikapitalistischen und teilweise nationalbolschewistischen Vokabular festhielten.20 Auch das Verbot der von Ernst Niekisch herausgegebenen Zeitung Widerstand im Dezember 1934 schwächte den Nationalbolschewismus in Deutschland empfindlich.21 Sowohl Antibolschewismus als auch Nationalbolschewismus waren demzufolge unerwünscht, man kann also durchaus von dem Versuch einer ideologischen Entradikalisierung des Verhältnisses zur Sowjetunion sprechen.
Ein deutlicher Umschwung wird ab April 1935 in den Presseanweisungen deutlich. Die Inhalte erwecken den Eindruck, dass diese Kursänderung außenpolitische Ursachen hatte: Das Bemühen der UdSSR, Verträge mit Frankreich zu schließen, war Anlass für erste deutliche propagandistische Angriffe gegen die UdSSR.22 Vermutlich diente die Außenpolitik aber nur als Vorwand für eine zunehmende sowohl ideologisch als auch pragmatisch motivierte »Gleichschaltung« und Propagandisierung der Berichterstattung über die Sowjetunion in den Jahren 1935 bis 1937. Der Ausbruch des Spanischen Bürgerkriegs und die deutsch-sowjetische Verstrickung in eben jenen verstärkten diese Tendenz. Wiederholt wurde die Presse jetzt angewiesen, die Sowjetunion propagandistisch anzugehen; zunehmend wurde auch verlangt, antisemitische Elemente in die Berichterstattung aufzunehmen.23
Man sollte jedoch keineswegs annehmen, dass einige wenige Presseanweisungen genügten, um die Presse »gleichzuschalten«. Erstaunlich ist vielmehr, wie beharrlich das Propagandaministerium mahnen musste, wie oft die Zeitungen kritisiert wurden, bis sie auf den radikal antibolschewistischen Kurs einschwenkten. So wurden die Zeitungen beispielsweise im Mai 1935 in einer Pressekonferenz deutlich dafür gerügt, dass »wieder einmal« die Rede davon sei, dass »Sowjetrussland kein Proletarierstaat mehr sei.«24 Selbst unmittelbar nach dem Nürnberger Parteitag des Jahres 1936, der gemeinhin als erster Höhepunkt der antibolschewistisch-antisemitischen Hetze gilt, hielten sich nicht alle Zeitungen an die Anweisungen. Es sei »vollkommen unerfindlich« wieso nach dem Parteitag eine Meldung, derzufolge in der Sowjetunion derzeit eine antisemitische Strömung herrsche, in die deutschen Zeitungen gelange, hieß es beispielsweise in der Pressekonferenz vom 1. Oktober 1936.25 Im Dezember 1936 wurde kritisiert, dass »immer noch« »falsche« Nachrichten über die Sowjetarmee verbreitet würden. So sei es »natürlich irrsinnig« zu behaupten, dass die Sowjetarmee nicht kommunistisch dächte.26
Die Propagandisten hatten damit zu kämpfen, dass die Ereignisse in der Sowjetunion immer weniger in das ideologische Raster zu passen schienen, das der antibolschewistische Flügel der nationalsozialistischen Partei sich zurechtgelegt hatte: Der Kult um Stalin, die Verfolgung innersowjetischer, auch – laut deutscher Presse – jüdischer Gegner,27 die Aufbruchsstimmung, die Planwirtschaft und die Verwirklichung monumentaler Prestigeprojekte schienen zu bestätigen, dass die Sowjetunion sich zu einem totalitären »Führerstaat« entwickelte. So wurde die Presse auch im Jahr 1937 noch belehrt, dass unter anderem die folgenden Thesen fehlerhaft seien: »1.) Der Bolschewismus in der Sowjet-Union sei eine russische Angelegenheit; er entwickele sich zu einer Art ›Nationalsozialismus‹; Stalin sei der ›Führer‹ Rußlands 2.) Der Bolschewismus habe die ›Weltrevolution aufgegeben‹ … 3.) Der Bolschewismus sei abzulehnen, weil er asiatisch sei.«28 Letzterer Hinweis diente vor allem dazu, jede Abweichung vom antisemitischen Kurs zu vermeiden.29 Auch diese Anweisung musste mehrfach wiederholt werden, bis die Zeitungen sich daran hielten.30
Es wird deutlich, dass derartige Versatzstücke nationalbolschewistischer Ideen erstaunlich lange in der Presse überlebten. Die Vordenker der nationalbolschewistischen Strömung in Deutschland waren also zwar seit dem Röhm-Putsch weitgehend ausgeschaltet, ihr ideologisch gefärbtes Bild von der Sowjetunion spielte aber trotz zahlreicher Ermahnungen in der Presse und das heißt durchaus öffentlich weiter eine Rolle.
Es stellt sich dabei die Frage, inwieweit dieses Abweichen von der antibolschewistischen Generallinie als interner Protest gegen den »Westkurs« der Regierung gedeutet werden kann. Dabei ist zu beachten, dass – soweit nachvollziehbar – vor allem dezidiert nationalsozialistische Zeitungen der Abweichung in der Berichterstattung über die Sowjetunion bezichtigt wurden. Insbesondere der Angriff verstieß wiederholt gegen die antibolschewistischen Richtlinien.31 Gerade den Mitarbeitern dieser Zeitung dürften die ideologischen Implikationen der Sowjetunionberichterstattung und die grundsätzliche Haltung der Regierung in diesem Zusammenhang jedoch bekannt gewesen sein. Hier kann man also durchaus von einer innerparteilichen Kritik an der Regierungsposition sprechen.32 Wenn man die Presse insgesamt betrachtet, so ist bemerkenswert, auf wie wenig Begeisterung die antibolschewistische Pressekampagne stieß. In den Pressekonferenzen wurde wiederholt angemerkt, dass die Redaktionen sich nicht genug für dieses Thema erwärmten. Auffallend häufig wurden den Zeitungen »schärfste« Sanktionen für den Fall angedroht, dass sie sich nicht in ausreichendem Maße an der antibolschewistischen Kampagne beteiligten.33 Von einer allgemeinen antibolschewistischen Grundstimmung in den Redaktionen oder gar von Begeisterung für den antibolschewistischen Kurs der Regierung kann daher keineswegs die Rede sein.
Besonders interessant ist das Verhältnis zwischen interner Kommunikation und öffentlicher Propaganda: Intern waren die Moskauer Ereignisse bekannt und die Propagandisten waren sich durchaus der ideologischen Implikationen bewusst. Gleichzeitig sollte sich die Propaganda in den Jahren 1937/1938 nach außen immer weiter radikalisieren. Gerade die geforderte Ideologisierung machte eine halbwegs faktengetreue Berichterstattung immer unmöglicher. Die Berichte aus der UdSSR erscheinen deshalb zunehmend unglaubwürdig und widersprüchlich. So hieß es bereits 1937 in einer Presseanweisung: »An manchen Stellen faenden sich wieder allerhand Meldungen ueber Sowjetrußland, von denen man nicht recht sagen koenne, ob sie war oder falsch seien. Die Grundlagen der neulich geruegten Nachrichten [...] habe man inzwischen noch einmal nachgeprüft und festgestellt, daß sie recht truebe gewesen seien. Wenn man dann solche Nachrichten groß herausbringe, dann glaube schließlich ueberhaupt niemand mehr etwas von den Nachrichten ueber Sowjetrußland.«34 Schon allein das »ueberhaupt niemand« deutet darauf hin, dass den Propagandisten durchaus bewusst war, dass es ihnen nicht gelang, die gewünschte Eindeutigkeit in der Sowjetunionpropaganda zu erreichen.
Trotz aller vorübergehenden internen Widerstände erreichte die Propaganda in den Jahren 1937/1938 – auf dem Höhepunkt des Krieges in Spanien – eine geradezu groteske ideologisch antisemitisch-antibolschewistische Übersteigerung. Die schrille Propaganda diente dabei nicht nur der innenpolitischen Mobilisierung, sondern sollte auch im Ausland gehört werden: Das nationalsozialistische Regime versuchte, gegen Volksfrontpolitik und kollektive Sicherheit Partner im Geiste des Antikommunismus zu gewinnen. Die antibolschewistische Propaganda wurde dabei gezielt eingesetzt, um die Sowjetunion international zu isolieren. Die Propaganda der Jahre von 1936 bis 1939 stand also im Zeichen einer Proliferation der propagandistischen Ziele und Adressaten, sowie einer damit gewollt einhergehenden Radikalisierung.
Die Unklarheit, an wen die Propaganda sich eigentlich wandte, trug dazu bei, dass sie immer weniger nachvollziehbar oder verifizierbar wurde. Intern hieß es im Juni 1937: »Im ganzen muesse – dies selbstverstaendlich besonders vertraulich – gesagt werden, daß die Meldungen ueber die russischen Verhaeltnisse unzuverlaessig seien und dass man genaue Kenntnis nur in geringem Umfange besitze.«35 Der Einfluss antikommunistischer Emigrantenvereinigungen, obskurer Informanten und rassistischer Sektierer vom Schlage eines Alfred Rosenberg wurde zunehmend unübersehbar. In derlei sektiererischen Veröffentlichungen wimmelte es von Widersprüchen und Ungereimtheiten. Verschiedene Emigrantenorganisationen buhlten um die Aufmerksamkeit der führenden nationalsozialistischen Politiker; auch der Zwist zwischen Joseph Goebbels’ »Antikomintern« und Alfred Rosenbergs »Amt Osten« blieb nicht ohne Auswirkungen. Revisionistische, nationalkonservative, rassistische, völkische, prorussische, antirussische, proukrainische, propolnische, antipolnische, antisemitische, antibolschewistische und expansionistische Konstrukte verbanden sich zu einem komplexen, ständig wandelbaren, in sich vollkommen widersprüchlichen Geflecht. Je nach Opportunität wurde die ohnehin eklektische Ideologie angepasst, wobei vor allem ein gemeinsamer Nenner zunächst erhalten blieb: Der Antibolschewismus in Verbindung mit dem Antisemitismus hielt die Berichterstattung der deutschen Presse über Osteuropa und die Sowjetunion scheinbar zusammen.36
So widersprüchlich die antibolschewistische Pressekampagne auch gewesen sein mag, vollkommen unübersehbar wurde dies erst mit dem politischen Umschwung des Jahres 1939. Besonders bemerkenswert ist dabei, dass es nicht etwa bei einer neutralen Haltung blieb, sondern dass diese von einem ideologischen Extrem ins andere umschlug. Obwohl in der Pressekonferenz die klare Anweisung ausgegeben wurde, dass »ueber weltanschauliche Fragen, die zwischen Kommunismus und Nationalsozialismus liegen, nichts gesagt werden« sollte,37 lebten beispielsweise im Völkischen Beobachter, der zu diesem Zeitpunkt auflagenstärksten deutschen Zeitung, nationalbolschewistische Tendenzen wieder auf. Der eingangs erwähnte Leiter des Auslandsressorts, Theodor Seibert, schrieb zahlreiche Kommentare, in denen er die Regierungspolitik ideologisch zu begründen versuchte: Die »jungen«, »sozialistischen«, »totalitären«, »revolutionären« Nationen des Kontinentes – Italien, Spanien, Deutschland und auch das ostasiatische Japan – hätten sich zusammengetan gegen das »alte«, »reaktionäre«, »demokratische«, »kapitalistisch-plutokratische« England, schrieb er.38 Angesichts derartiger Kommentare ist es kaum verwunderlich, dass viele Zeitgenossen – insbesondere aus der internationalen Arbeiterbewegung – in große Verwirrung gestürzt wurden. Zwar ahnten viele, dass der Pakt ein taktisches Manöver war, die Zweifel konnte dies aber nicht vertreiben. Da deutsche Zeitungen – insbesondere das Sprachrohr der Regierung, der Völkische Beobachter – ganz unmissverständlich versuchten, das Bündnis mit der Sowjetunion auch weltanschaulich zu rechtfertigen, verzweifelten auf beiden Seiten die jeweiligen treuen Anhänger an der einstweiligen scheinbaren Konvergenz der Systeme.39
Der Versuch, Eindeutigkeit herzustellen, war angesichts der politischen Wandlungen und angesichts der innerparteilich unterschiedlichen Ansichten mit Bezug auf die Sowjetunion von Beginn an zum Scheitern verurteilt. Anstatt ein einheitliches, verbindliches Bild von der Sowjetunion zu propagieren, hatten sich die Propagandisten in ihrem antibolschewistischen Eifer in unauflösliche Widersprüche verstrickt. Der endgültig entscheidende Widerspruch ergab sich mit der Unterzeichnung des Paktes mit der UdSSR. Welchen Eindruck, welche Wirkung hatte die widersprüchliche Pressekampagne aber hinterlassen?
Überlegungen zur Wirkung der antibolschewistischen Vorkriegspropaganda
Der Historiker Ian Kershaw geht davon aus, dass Propaganda vor allem dann wirksam war, wenn sie auf bereits bestehende Einstellungen aufbauen konnte.40 Da Kershaw von einem antibolschewistischen Grundkonsens in Deutschland ausgeht, folgert er, dass die Ausnutzung der antikommunistischen Hysterie eine der populärsten Handlungen des Regimes gewesen sei.41 In seinem Standardwerk über Geschichtsinterpretationen und Kontroversen zum NS-Staat behauptet er dementsprechend, dass die entsetzliche Brutalität des »Vernichtungskrieges im Osten [...] fraglos […] eine Folge des ideologischen Hasses auf den ›jüdischen Bolschewismus‹«, gewesen sei, »mit dem die Deutschen unter dem Naziregime jahrelang indoktriniert worden waren.«42 Damit vertritt Kershaw mit wissenschaftlichen Argumenten eine These, die in der Nachkriegszeit entstanden ist und der Rechtfertigung begangener Verbrechen diente. So behauptete der berüchtigte SS-Obergruppenführer Erich von dem Bach-Zelewski nach dem Krieg in Nürnberg: »Wenn man jahrelang predigt, jahrzehntelang predigt, daß die slawische Rasse eine Unterrasse ist, daß die Juden überhaupt keine Menschen sind, dann muß es zu einer solchen Explosion kommen.«43
Zu dieser Behauptung, der Kershaw in dieser Zuspitzung auf die Rechtfertigung begangener Kriegsverbrechen sicher nicht zustimmen würde, die aber so oder so ähnlich immer noch von einigen Historikern übernommen wird,44 sind folgende Anmerkungen zu machen: Kershaw übersieht in seiner Interpretation, dass im deutschen politisch rechten Lager in den Zwanzigerjahren eine innenpolitisch scharf antikommunistische Haltung, aber gleichzeitige außenpolitische Offenheit gegenüber der Sowjetunion weit verbreitet waren.45 Dies hatte einerseits natürlich mit der gemeinsamen deutsch-sowjetischen Ablehnung des Versailler Vertrags zu tun, andererseits – wie Gerd Koenen gezeigt hat – auch mit einer Faszination für den russischen irrationalen »Seelenmenschen«, für die Tatkraft, Rücksichtslosigkeit und autoritäre Zielstrebigkeit der Bolschewiki, für Revolution und staatlich geplante Wirtschaft als Alternative zu dem vom Westen auferlegten Gesellschaftsmodell.46 Donal O’Sullivan kommt in seiner Untersuchung der Bilder von der Sowjetunion und Russland in der deutschen Sowjetunionliteratur der Zwanzigerjahre jedenfalls zu dem Schluss: »Die schärfsten Gegner des Bolschewismus und der sowjetischen Gesellschaftsordnung waren in Deutschland die Sozialdemokraten und die katholische Kirche. [...] Keine andere Partei (von der NSDAP abgesehen, in der es aber auch Bewunderung für Stalin gab) grenzte sich so entschieden vom Kommunismus ab wie die SPD.«47
Allerdings war das sozialdemokratische Russlandbild keineswegs rassistisch, und während man die katholische Kirche zwar durchaus als antibolschewistisch bezeichnen kann, schloss dies jedoch nicht in gleicher Weise wie bei der SPD auch eine althergebrachte russophobe Einstellung mit ein. Im Gegenteil, es herrschte sogar eine gewisse Faszination für die russische Mystik und die Festigkeit des Glaubens bei vielen Russen trotz Revolution und Unterdrückung.48 Die Auswertung der Presseanweisungen der Vorkriegszeit hat zudem gezeigt, dass die Redakteure deutscher Zeitungen sich selbst nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten keineswegs für die antibolschewistische Pressekampagne begeisterten. Damit ist Ian Kershaws Argument, dass es einen von den Nationalsozialisten ausgenutzten antikommunistisch-antibolschewistischen Konsens gegeben habe, der sich auf die angeblich weit verbreitete »Russophobie« habe stützen können, zumindest fragwürdig.
Kershaw behauptet weiterhin, dass die Deutschen bereits vor dem Krieg »jahrelang« mit dem Feindbild vom »jüdischen Bolschewismus« »indoktriniert« worden seien. Auch dieses Argument kann nicht zu überzeugen: Zwar mag es angehen, dass ein SS-Obergruppenführer wie von dem Bach-Zelewski bereits »jahrzehntelang« antibolschewistisches Schrifttum las – die nationalsozialistische Pressekampagne dauerte allerdings nur etwa vier Jahre (von 1935 bis 1939). Die Auswertung der Presseanweisungen hat zudem gezeigt, dass die Berichterstattung lange Zeit in sich widersprüchlich blieb und dass auch in den Redaktionen der deutschen Zeitungen wenig Begeisterung für den Kurs der Regierung vorherrschte. Mindestens bis 1937 war die Presse deshalb keineswegs »gleichgeschaltet« und nur zwei Jahre (von 1937 bis 1939) war die Propaganda eindeutig antibolschewistisch. Von einer »jahrzehntelangen« Indoktrination kann somit keine Rede sein.
Kershaws Nachkriegsargument, die Deutschen seien »jahrelang« propagandistisch auf den »Vernichtungskrieg« vorbereitet worden, ist jedoch insoweit zuzustimmen, als die nationalsozialistische Propaganda tatsächlich durchgängig stark antisemitisch gefärbt war.49 Dieses Feindbild war jedoch extrem wandelbar und konnte mal auf die kapitalistischen Westmächte, mal auf die bolschewistische Sowjetunion angewendet werden. In diesem Sinn ist der Antisemitismus eher als eine Art »ideologischer Metapher« zu verstehen, die nicht ausschließlich mit der Sowjetunion und dem Bolschewismus verbunden war, sondern zur Diffamierung jedes Gegners eingesetzt werden konnte. In diesem Sinne wäre zunächst einmal zu klären, wie wirksam die antisemitische Propaganda war, eine Frage, die unter Historikern heftig umstritten ist.50
Erich von dem Bach-Zelewski ging jedoch nach dem Krieg in seiner Rechtfertigung der begangenen Verbrechen noch weiter: Er behauptete, auch »jahrzehntelang« »Predigten« darüber gehört zu haben, dass die »slawische Rasse« eine »Unterrasse« sei. Möglicherweise spielte von dem Bach-Zelewski damit auf die Werke und Reden Alfred Rosenbergs oder Adolf Hitlers an, die er als Nationalsozialist vermutlich gelesen hatte. Ansonsten galt für die deutsche Propaganda bis 1939 aber grundsätzlich, dass sie sich nicht gegen Russen oder Slawen, sondern gegen Juden richten sollte. Der Journalist Fritz Sänger paraphrasierte die Richtlinie folgendermaßen: »Wir seien nicht gegen die Russen, sondern hätten sogar viel Sympathien für das russische Volk, das unter der jüdisch-bolschewistischen Unterdrückung zu leiden habe. Wir seien gegen die Sowjets. Das gelte für Spanien und überall, wo Bolschewisten seien. Dies müsse auch in den Leitartikeln beachtet werden.«51 Die Zeitungen berichteten demzufolge von einer Unterdrückung der russischen, ukrainischen und sonstigen Völker der UdSSR durch »die Juden«. Das nationalsozialistische Deutschland habe es sich zur Aufgabe gemacht, diese Völker vom »jüdischen Joch« zu befreien. Die Propaganda war also durchaus stark antisemitisch, aber nicht auch antirussisch oder allgemein antislawisch. Dabei spielten zwar negative Stereotype und deutsch-nationalistisches Überlegenheitsdenken eine Rolle, von antislawischer Untermenschenpropaganda kann jedoch keine Rede sein.52
Ein letztes Argument gegen die Vermutung, bereits die Vorkriegspropaganda habe die deutsche Bevölkerung effektiv auf den Vernichtungskrieg vorbereitet, ergibt sich aus der Reaktion der Leser deutscher Zeitungen auf den Hitler-Stalin-Pakt. Obwohl unter anderem der regierungsoffizielle Völkische Beobachter im August 1939 von radikal antibolschewistischer auf tendenziell nationalbolschewistische Propaganda umschwenkte, regte sich – von einigen Ausnahmen abgesehen auch innerparteilich – kaum Protest.53 Man kann dies damit erklären, dass das Regime soeben erfolgreich einen Krieg abgewendet hatte, der für Deutschland böse hätte enden können. Man kann dies aber auch mit der unzureichenden antibolschewistischen Indoktrination erklären. So zeigt der Hitler-Stalin-Pakt vor allem eines deutlich: Dass es letztlich für die Ausübung nationalsozialistischer Herrschaft gleichgültig war, ob das Regime sich antibolschewistisch gab oder sich mit dem Bolschewismus verbündete und dabei im zentralen Parteiorgan nationalbolschewistische Propaganda verbreitete. Die Reinhaltung der angeblich einheitlichen nationalsozialistischen Ideologie spielte für die Popularität des Regimes eine geringere Rolle als die Dynamik, die Hitler mit der Entscheidung für ein Bündnis mit der UdSSR erneut unter Beweis stellte.54 Den Krieg gegen Polen konnte Hitler jedenfalls ganz ohne ideologisch antibolschewistische Untermalung anzetteln.
Fazit
Konnten also Antikommunismus bzw. Antibolschewismus als mobilisierende und legitimierende Ideologie Voraussetzung sein, um den brutalen »Vernichtungskrieg« gegen die UdSSR anzuzetteln?55 Drei Gründe, so habe ich versucht in diesem Aufsatz zu zeigen, sprechen dagegen:
Erstens: Die deutsche Haltung gegenüber der Sowjetunion war auch im Lager der politischen Rechten zumindest in der Vorkriegszeit keineswegs so eindeutig, wie oft in der Forschung angenommen wurde. Bislang wurden diese Untertöne weitgehend ignoriert: Während die deutschen Russland- und Sowjetunionbilder der Zeit der Weimarer Republik bereits ausführlich erforscht sind, geht die Forschung für die Dreißigerjahre von einem relativ einheitlichen deutschen Antibolschewismus aus.56 Auch wenn Gerd Koenen in seiner Studie über den »Russlandkomplex« bereits auf die merkwürdige Inkonsequenz und Widersprüchlichkeit der deutschen Haltungen gegenüber der Sowjetunion hingewiesen hat, liegt bisher noch keine ausführliche Untersuchung dieses Themas vor.57 Die Auswertung der Presseanweisungen der Vorkriegszeit hat deutlich gezeigt, dass das nationalsozialistische Regime damit zu kämpfen hatten, dass das deutsche Russlandbild und auch das Bild, das sich die deutsche Rechte von der russischen Revolution und dem Bolschewismus zurechtgelegt hatte, keineswegs so eindeutig war, wie nach der Katastrophe des Zweiten Weltkriegs oft angenommen wurde. Auch innerparteilich war die Begeisterung für den antibolschewistischen »Westkurs« der Regierung nicht besonders groß.
Zweitens: Die Pressekampagne gegen die UdSSR war in sich widersprüchlich, die Begeisterung der angeblich »gleichgeschalteten« deutschen Presse für die antibolschewistische Ideologisierung war überaus gering. Dies führte dazu, dass antibolschewistische Sektierer im Umkreis Alfred Rosenbergs zunehmend an Einfluss auf die Presseberichterstattung gewannen. Die sektiererische Radikalität der Propaganda der Jahre von 1937 bis 1939 – so darf man wohl annehmen – erhöhte ihre Wirksamkeit keineswegs.58
Drittens: Der Zweite Weltkrieg begann im Zeichen des Hitler-Stalin-Paktes und damit ganz ohne antibolschewistische Propaganda. So wurden bereits im Krieg gegen Polen – dem »Auftakt zum Vernichtungskrieg« (Jochen Böhler) – Ghettos und Konzentrationslager errichtet, ohne dass der Antikommunismus dabei eine besondere Rolle gespielt hätte.59 Auch die Mobilisierung gegen die UdSSR verlief weitgehend ohne eine propagandistisch-antibolschewistische Vorbereitung (da Deutschland bis 1941 ja offiziell noch Verbündeter der UdSSR war). Für Mobilisierung und Brutalisierung war der Antibolschewismus in den ereignisreichen Jahren 1939 bis 1941 irrelevant.
Die These, dass antibolschewistische Propaganda und Ideologie kaum zur Mobilisierung beitrugen, provoziert anschließende – hier unbeantwortet gebliebene – Fragen: Welche Rolle spielte die antibolschewistische Ideologie im Krieg? In welchem Verhältnis standen vorgefasste Meinungen und Dispositionen zu Indoktrinationsversuchen? Wie stark war unter einfachen Soldaten der Glaube daran, in einem gerechten Krieg, in einem »Kreuzzug« zu kämpfen? Welche Rolle spielte dies für individuelle Entscheidungen?60 Nicht zuletzt: In welchem Verhältnis stand die Vorkriegspropaganda – von der dieser Aufsatz handelt – zur Propaganda des Krieges? Dabei wäre es sicher falsch zu argumentieren, dass die antibolschewistische Vorkriegspropaganda vollkommen spurlos an ihrer Zielgruppe, der deutschen Bevölkerung, vorbeigegangen sei. So ist zu vermuten, dass die ideologischen Versatzstücke, die in der Vorkriegszeit noch recht unvermittelt nebeneinanderstanden, allen Beteiligten – wie Hannes Heer formuliert – »Legitimationsangebote« lieferten, die eine Mehrheit – das hat die Auseinandersetzung mit den Verbrechen der Wehrmacht gezeigt – auch annahm.61 So führte die Tatsache, dass die Propaganda extrem widersprüchlich, verwirrend und nicht verifizierbar war, zu einer extremen Unkenntnis und Fehleinschätzung des Gegners und öffnete Tür und Tor für die Wiederbelebung stereotyper Vorstellungen. Gerade dies sollte sich dann im Krieg als besonders fatal erweisen.62
1 Dr. Theodor Seibert: Die neue Ordnung, in: Völkischer Beobachter, Norddeutsche Ausgabe vom
24. August 1939, S. 1.
2 Zitiert in: Internationaler Gerichtshof Nürnberg: Der Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher vor
dem Internationalen Militärgerichtshof, Nürnberg 1947, Bd. X, S. 354.
3 Zu diesem Thema siehe u. a. Otto-Ernst Schüddekopf: Nationalbolschewismus in Deutschland, 1918–1933, Frankfurt a. M. 1973.
4 Zum Einfluss russischer Emigranten siehe Michael Kellogg: The Russian Roots of Nazism. White Émigrés and the Making of National Socialism, 1917–1945, Cambridge 2005. Für eine Zusammenfassung der Diskussion über die zentralen Elemente und allgemeiner über die Bedeutung der nationalsozialistischen »Weltanschauung« siehe Ian Kershaw: Der NS-Staat. Geschichtsinterpretationen und Kontroversen
im Überblick. Erweiterte und bearbeitete Neuausgabe, 4. Aufl. Reinbek bei Hamburg 2006.
5 Die ausführlichste Zusammenfassung der wesentlichen inhaltlichen Elemente nationalsozialistischer Vorkriegspropaganda bietet immer noch Jutta Sywottek: Mobilmachung für den totalen Krieg. Die propagandistische Vorbereitung der deutschen Bevölkerung auf den Zweiten Weltkrieg, Opladen 1976.
6 Arno Mayer: Der Krieg als Kreuzzug. Das Deutsche Reich, Hitlers Wehrmacht und die »Endlösung«, Reinbek bei Hamburg 1989.
7 Für eine Diskussion mit Bezug auf die Wehrmacht siehe die beiden klassischen Studien: Manfred Messerschmidt: Die Wehrmacht im NS-Staat. Zeit der Indoktrination, Hamburg 1969 und Omer Bartov: Hitlers Wehrmacht. Soldaten, Fanatismus und die Brutalisierung des Krieges, Reinbek bei Hamburg 1999, insbes. S. 163–266.
8 Siehe Christian Hartmann u. a. (Hg.): Verbrechen der Wehrmacht. Bilanz einer Debatte, München 2005, insbesondere den Beitrag von Krisztián Ungváry.
9 Kershaw: Der NS-Staat (Anm. 4), S. 104. Eine ähnliche, allerdings stärker auf das Russlandbild bezogene These vertritt z. B. Wolfram Wette, indem er schreibt, dass das nationalsozialistische »Rußlandbild« mit seinen »unvergleichlich negativen und aggressiven Zügen [...] der ideelle beziehungsweise ideologische Motor für jene historisch beispiellose Auseinandersetzung, die wir als ›Vernichtungskrieg‹ bezeichnen«
10 gewesen sei. Siehe ders.: Das Rußlandbild in der NS-Propaganda. Ein Problemaufriß, in: Hans-Erich Volkmann (Hg.): Das Rußlandbild im Dritten Reich, Köln u. a. 1994, S. 55–78, hier S. 57. Siehe auch ausführlich Wolfram Wette: Die Wehrmacht. Feindbilder, Vernichtungskrieg, Legenden, Frankfurt a. M. 2002, S. 14–35. Kershaw und Wette formulieren sehr zugespitzt, sehen aber keineswegs – auch wenn es in den Zitaten so scheinen mag – die Propaganda als alleinige Ursache der Brutalität des Vernichtungskriegs. Für eine allgemeine Diskussion des Verhältnisses von Vernichtungskrieg zu Ideologie und Propaganda siehe auch Messerschmidt: Wehrmacht im NS-Staat und Bartov: Hitlers Wehrmacht (Anm. 7). Im Übrigen gibt es auch gegenteilige Ansichten, wie z. B. in einem viel diskutierten, meist abgelehnten Buch von Jörg Friederich, in dem dieser unter anderem nachzuweisen versucht, dass die Ideologie für die Brutalisierung im Krieg kaum eine Rolle gespielt habe. Siehe Jörg Friedrich: Das Gesetz des Krieges.
Das deutsche Heer in Rußland, München 1996.
10 Siehe hierzu: Moritz Florin: Der Hitler-Stalin-Pakt in der Propaganda des Leitmediums.
Der »Völkische Beobachter« über die UdSSR im Jahre 1939, Münster u. a. 2009, S.143–159.
11 Der in der Folge immer wieder verwendete Begriff »nationalbolschewistisch« wird hier im weitesten Sinne für Strömungen innerhalb und außerhalb der nationalsozialistischen Partei verwendet, die eine Koopera-
tion mit der Sowjetunion aus ideologischen Motiven befürworteten. In diesem Zusammenhang tauchen immer wieder folgende Versatzstücke eines nationalbolschewistischen Sowjetunionbildes auf: Russland sei – wie Deutschland und im Gegensatz zum »Westen« – eine »junge Nation«, die russische Revolution
sei eine »nationale« »russische« Revolution, Stalin sei ein »junger Volksführer«, usw.
12 Siehe Elke Vagts: Die nationalsozialistische Pressepolitik gegenüber der Sowjetunion in der Zeit des Hitler-Stalin-Paktes von 1939 bis 1941, Phil. Diss., Berlin 1993.
13 Siehe Karl Christian Führer: Die Tageszeitung als wichtigstes Massenmedium der Nationalsozialistischen Gesellschaft, in: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft 55 (2007), H. 5, S. 411–434. Als Beispiel für eine Auswertung der Tagespresse siehe Florin: Der Hitler-Stalin-Pakt (Anm. 10).
14 Siehe Ian Kershaw: How Effective Was Nazi Propaganda?, in: David Welch: Nazi Propaganda. The Power and the Limitations, London u. a. 1983, S. 182.
15 Siehe Jürgen Wilke: Presseanweisungen im zwanzigsten Jahrhundert. Erster Weltkrieg, Drittes Reich, DDR, Köln u. a. 2007, S. 125 f. Zur Pressestelle des Auswärtigen Amtes siehe Peter Longerich: Propa-
gandisten im Krieg. Die Presseabteilung des Auswärtigen Amtes unter Ribbentrop, München 1987.
Zum Amt Osten unter der Ägide Alfred Rosenbergs siehe u. a. Ernst Piper: Alfred Rosenberg. Hitlers Chefideologe, München 2005. Zu ukrainischen Emigranten in Deutschland siehe aktuell Frank
Golczewski: Deutsche und Ukrainer, 1914–1939, Paderborn 2010. Eine Studie zur sogenannten Antikomintern steht noch aus. Zum Russlandbild, bzw. der Russlandpropaganda im Dritten Reich
siehe auch Volkmann (Hg.): Das Rußlandbild (Anm. 9).
16 Die erhaltenen Presseanweisungen liegen als Edition für die gesamte Vorkriegszeit vor. Sie wurden aber bisher noch nicht systematisch zu verschiedenen Aspekten ausgewertet: NS-Presseanweisungen der Vorkriegszeit. Edition und Dokumentation (im Folgenden: NSPV), 7 Bde. (mit Teilbdn.), hg. v.
Hans Bohrmann und Gabriele Toepser-Ziegert, München u. a. 1984–2001.
17 Siehe Gerd Koenen: Der Russland-Komplex. Die Deutschen und der Osten 1900–1945, München 2005.
18 Lars Jockheck hat anhand der Polenberichterstattung des Völkischen Beobachters den Übergang vom »Kampfblatt« zur »Regierungszeitung« analysiert. Siehe Lars Jockheck: Der »Völkische Beobachter« über Polen 1932–1934. Eine Fallstudie zum Übergang vom »Kampfblatt« zur »Regierungszeitung«, Hamburg 1999.
19 Siehe u. a. Walter Laqueur: Deutschland und Rußland, Berlin 1966, S. 187 f.
20 Siehe Michael Pittwald: Ernst Niekisch. Völkischer Sozialismus, nationale Revolution, deutsches Endimperium, Köln 2002, S. 75–77.
21 Ebd., S. 74.
22 Siehe Presseanweisung vom 6. April 1935, in: NSPV, ZSg. 102/1/63 (1) und Presseanweisung vom
4. Mai 1935, in: NSPV, ZSg. 102/1/65 (2).
23 Siehe ebd.; Presseanweisung vom 14. Mai 1935, in: NSPV, ZSg. 101/5/156/Nr. 1316; Presseanweisung vom 26. Juli 1935, in: NSPV, ZSg. 102/1/88 (1).
24 Presseanweisung vom 4. Mai 1935, in: NSPV, ZSg. 102/1/65 (2), Hervorhebung des Autors.
25 Presseanweisung vom 1. Oktober 1936, in: NSPV, ZSg.102/3/96/51.
26 Presseanweisung vom 12. Dezember 1936, in: NSPV, ZSg. 101/8/409/Nr. 1361.
27 Dass in der Sowjetunion auch Politiker jüdischer Herkunft dem Terror zum Opfer fielen, war vor allem deshalb nicht zu verheimlichen, da die Presse angewiesen war, die jüdische Herkunft eines Politikers besonders hervorzuheben. So wurde z. B. für Grigorij Zinov’ev zur Kennzeichnung seiner Herkunft der Name »Sinowjew-Apfelbaum« verwendet.
28 Die ausführlichste Anweisung zur Berichterstattung ist abgedruckt in: Bianca Pietrow-Ennker:
Die Sowjetunion in der Propaganda des Dritten Reiches. Das Beispiel der Wochenschau findet sich in: Militärgeschichtliche Mitteilungen 46 (1989), H. 2, S. 97. Siehe auch: Presseanweisung vom
6. Februar 1937, in: NSPV, Nr. 325, ZSg 101/9/99-101/Nr. 189.
29 Gerd Koenen erklärt dies damit, dass der asiatische Charakter auf das Stalin’sche System besser zu passen schien und sich auch leichter mit positiven Konnotationen verbinden ließ. Letzteres erscheint jedoch im Zusammenhang mit der rassistischen nationalsozialistischen Ideologie nur wenig überzeugend. Siehe Koenen: Russlandkomplex (Anm. 17), S. 416.
30 Siehe Presseanweisung vom 8. Februar 1937, in: NSPV, Nr. 338, ZSg. 102/4/89/36 (3) und Pressean-
weisung vom 11. Februar 1937, in: NSPV, ZSg 102/9/117/Nr. 221. Am 26. Februar 1937 hieß es in einer Anweisung zum Thema »Bolschewismus und Judentum«, es sei bekannt, »daß immer noch einige Kreise in Deutschland von […] [der] antisemitischen Propaganda nichts wissen wollten«. Siehe Presse-
anweisung vom 26. Februar 1937, in: NSPV, Nr. 501, ZSg. 102/4/139/(1). In insgesamt acht weiteren Anweisungen bis August 1937 wurde von den Zeitungen gefordert, die Propagandaaktion gegen Juden
in der Sowjetunion fortzusetzen. Allgemein wurde die Berichterstattung über die Sowjetunion häufig kritisiert. Im Juni wurde sogar gedroht, dass, wenn sich in diesem Zusammenhang nichts ändere, nur noch die Agenturmeldungen des Deutschen Nachrichtenbüros (DNB) abgedruckt werden dürften.
Siehe Presseanweisung vom 11. Juni 1937, in: NSPV, ZSg. 101/9/433/Nr. 739. Auch diese Anweisung wurde im Juli und im Oktober wiederholt.
31 Siehe Presseanweisung vom 6. Februar 1937, in: NSPV, ZSg. 101/9/101/Nr.190.
32 Man könnte dies als Beleg für die »Polykratie« des Systems (Hans Mommsen) lesen. Andererseits sollte man in diesem Zusammenhang Hitler nicht lediglich als von innerparteilichen Strömungen Getriebenen betrachten. Ideologische Differenzen, die innerparteilich immer wieder aufbrachen, eröffneten vielmehr Optionen, die sich Hitler – wie z. B. im Rahmen des Hitler-Stalin-Paktes – spontan zunutze machen konnte.
33 Siehe u. a. Presseanweisung vom 20. August 1936, in: NSPV, ZSg. 102/3/30/36 (5) und Presseanweisung vom 21. August 1936, in: NSPV, ZSg. 101/8/111/Nr. 859.
34 Presseanweisung vom 4. Februar 1937, in: NSPV, ZSg. 102/4/113 (2).
35 Presseanweisung vom 11. Juni 1937, in: NSPV, ZSg. 102/5/374/54 (6).
36 Ich habe dies in einer Arbeit über die Sowjetunionberichterstattung des Jahres 1939 exemplarisch nachzuweisen versucht. Siehe Florin: Der Hitler-Stalin-Pakt (Anm. 10), S. 76–80, S.101–105, S.131–136.
37 Presseanweisung vom 22. August 1939, in: NSPV, Nr. 2862, ZSg. 102/18/395/26.
38 Insgesamt veröffentlichte Seibert von der Unterzeichnung des Paktes bis zum Jahresende 1939
23 Kommentare, in denen er das aktuelle Weltgeschehen und insbesondere die deutsch-sowjetische Annäherung ausführlich kommentierte. Siehe insbesondere Th[eodor] S[eibert]: Das Recht wird siegen, in: Völkischer Beobachter, Norddeutsche Ausgabe, 27. August 1939, S. 1.
39 Zur sowjetischen Seite siehe Bernhard Bayerlein: »Der Verräter, Stalin, bist Du!« Vom Ende der linken Solidarität (= Archive des Kommunismus – Pfade des XX. Jahrhunderts, Bd. 4), Berlin 2008.
Zur deutschen Seite siehe Florin: Der Hitler-Stalin-Pakt (Anm. 10), S. 145–159.
40 Siehe Kershaw: How Effective (Anm. 14), S. 184. Kershaw befindet sich dabei auf einer Linie mit den Erkenntnissen der Kommunikationswissenschaft, siehe Klaus Merten: Struktur und Funktion von Propaganda, in: Publizistik 45 (2000), H. 2, S. 143–162.
41 Ebd., S. 192.
42 Kershaw: Der NS-Staat (Anm. 4), S. 104.
43 Zitiert in: Wolfram Wette: »Rassenfeind«. Die rassistischen Elemente in der deutschen Propaganda
gegen die Sowjetunion, in: Hans-Adolf Jacobsen/Oleg Prudkov (Hg.): Deutsch-russische Zeitenwende. Krieg und Frieden 1941–1995, Baden-Baden 1995, S. 175–201, hier S. 175.
44 Wolfram Wette schreibt zu diesem Zitat von dem Bach-Zelewskis: »Daß es diese Kausalität [zwischen Ideologie und Vernichtung, M.F.] in der Tat gegeben hat, dürfte auch kaum zu bestreiten sein. Insofern haben wir eine durchaus einleuchtende Erklärung für den Zusammenhang von NS-Propaganda und der Praxis des Vernichtungskrieges gegen Juden und Slawen vor uns.« Ebd.
45 Siehe Laqueur: Deutschland und Rußland (Anm. 19), S. 143 f.
46 Siehe Koenen: Russlandkomplex (Anm. 17).
47 Donal O’Sullivan: Furcht und Faszination. Deutsche und britische Rußlandbilder, 1921–1933,
Köln 1996, S. 322. Siehe auch Koenen: Russlandkomplex (Anm. 17).
48 Laut Heribert Smolinsky existierte in der katholischen Kirche der Wunsch nach Überwindung der Kirchenspaltung bei gleichzeitiger Bewunderung der russischen Mystik. Denn trotz der Verfolgung von Priestern und Gläubigen bestehe im russischen Volk die Religiosität weiter. Siehe Heribert Smolinsky:
Das katholische Rußlandbild in Deutschland nach dem Ersten Weltkrieg und im Dritten Reich, in: Volkmann (Hg.): Das Rußlandbild (Anm. 9), S. 322–342, hier S. 323, S. 325 und Donal O’Sullivan:
Furcht und Faszination (Anm. 47), S. 253. Über die ebenfalls ambivalente, teilweise von nationalbolschewistischem Gedankengut beeinflusste Haltung der evangelischen Kirche siehe Kurt Meier: Sowjetrußland im Urteil der evangelischen Kirche (1917–1945), in: Volkmann (Hg.): Das Rußlandbild (Anm. 9), S. 285–321, hier S. 296–298, S. 308 f.
49 Peter Longerich macht zwar Schwankungen aus, insgesamt wurde der Antisemitismus jedoch kontinuierlich propagiert. Peter Longerich: »Davon haben wir nichts gewusst«. Die Deutschen und die Judenver-
folgung, 1933–1945, München 2006, S. 314.
50 U. a. kommen Ian Kershaw, Sarah Gordon und Peter Longerich zu dem Schluss, dass in der deutschen Bevölkerung, abgesehen von einer kleinen radikalen Minderheit, weitgehend »Indifferenz« in der »Judenfrage« vorherrschend gewesen sei. Otto Dov Kulka hat u. a. versucht, dies zu widerlegen. Siehe
Ian Kershaw: Antisemitismus und Volksmeinung. Reaktionen auf die Judenverfolgung, in: Martin Broszat/Elke Fröhlich/Hartmut Mehringer (Hg.): Herrschaft und Gesellschaft im Konflikt (= Bayern in der NS-Zeit, Bd. 2), München u. a. 1979, S. 281–348; Sarah Gordon: Hitler, Germans and the »Jewish Question«, Princeton 1984; Peter Longerich: Davon (Anm. 49); Otto Dov Kulka: »Public Opinion« in Nazi Germany and the »Jewish Question«, in: Michael Marrus (Hg.): The Nazi Holocaust. Historical Articles on the Destruction of European Jews, Bd. 5/1: Public Opinion and Relations to the Jews in Nazi Europe, London 1989, S. 115–138. Eine weitere Diskussion betrifft die Frage, inwieweit – unabhängig von der Propaganda – von einer ideologischen Disposition gesprochen werden kann, die sich dann im Krieg fatal auswirkte. Diese Frage ist im Zusammenhang mit der Goldhagen-Kontroverse diskutiert worden, und anschließend auch im Zusammenhang mit der Wehrmachtsausstellung. Für eine Diskussion der Begriffe Disposition und Situation siehe u. a. Hannes Heer: Tote Zonen. Die deutsche Wehrmacht an der Ostfront, Hamburg 1999, S. 97–109, S. 159–167. Siehe auch Hartmann u. a. (Hg.): Verbrechen (Anm. 8).
51 Presseanweisung vom 11. Juni 1937, ZSg. 110/5/84-85.
52 Siehe Florin: Hitler-Stalin-Pakt (Anm. 10), S. 59–62, S. 101–105.
53 Ebd., S. 150–155.
54 Hitler befand sich im Jahre 1939 dank der unblutigen außenpolitischen Erfolge auf dem Höhepunkt seiner Popularität. Siehe z. B. Ian Kershaw: Der Hitler-Mythos. Führerkult und Volksmeinung, Stuttgart 1999. Auch neuere Studien haben an dieser Auffassung nichts Grundsätzliches geändert, auch wenn stärker betont wird, dass der Kriegsbeginn im September 1939 keineswegs Begeisterung hervorrief und die Popularität Hitlers eher zurückging. Siehe zum Beispiel den Versuch einer »historischen Demoskopie« in: Götz Aly: Volkes Stimme. Skepsis und Führervertrauen im Nationalsozialismus, Frankfurt a. M. 2006.
55 Siehe Kershaw: Der NS-Staat (Anm. 4), S. 104.
56 Siehe z. B. Volkmann (Hg.): Das Rußlandbild (Anm. 9).
57 Siehe Koenen: Russlandkomplex (Anm. 17), S. 272.
58 Die Annahme, dass die Radikalität der Propaganda ihre Wirksamkeit keineswegs erhöhte, ist in der Forschung vor allem im Zusammenhang mit der antisemitischen Propaganda vermutet worden.
Siehe David Bankier: Die öffentliche Meinung im Hitler-Staat. Die »Endlösung« und die Deutschen.
Eine Berichtigung, Berlin 1995, S. 28. Zur Frage der Wirksamkeit der Propaganda siehe auch Daniel Mühlenfeld: Zur Bedeutung der NS-Propaganda für die Eroberung staatlicher Macht und die Sicherung politischer Loyalität, in: Christian Braun/Michael Mayer/Sebastian Weitkamp (Hg.): Deformationen der Gesellschaft. Neue Forschungen zum Nationalsozialismus, Berlin 2008, S. 93–118.
59 Siehe Jochen Böhler: Auftakt zum Vernichtungskrieg. Die Wehrmacht in Polen 1939, Frankfurt a. M. 2006.
60 Dies sind Fragen, die im Zusammenhang mit der Ausstellung zu den Verbrechen der Wehrmacht bereits diskutiert worden sind, siehe Hartmann: Verbrechen (Anm. 8).
61 Siehe Heer: Tote Zonen (Anm. 50).
62 Einen ähnlichen Gedanken formuliert z. B. Wette: Wehrmacht (Anm. 9), S. 31 f. Siehe auch Florin: Hitler-Stalin-Pakt (Anm. 10), S. 158 f.
Hoffmanns Antikommunistische Bildtafeln, Juli 1937.
Die Bildtafel ist auf dem Höhepunkt der antibolschewistischen Pressekampagne entstanden. Bemerkenswert ist, wie sehr die Propagandisten den Nationalsozialismus zum »Beschützer der europäischen Kultur« und hierbei vor allem der Christenheit stilisierten.
Die Parole der Woche, Parteiamtliche Wandzeitung der NSDAP, 26. Mai bis 1. Juni 1938.
Die Propagandisten bemühten sich darum, den Terror in der Sowjetunion propagandistisch einzuordnen. Der Antisemitismus trat dabei in den Hintergrund, die Schauprozesse wurden von den Propagandisten nicht analysiert oder ideologisch eingeordnet.
Polen, Brześć Litewski (heute Brest in Weißrussland). Deutsch-sowjetische Siegesparade, deutsche und sowjetische Offiziere im Gespräch. 22. September 1939.
Diese Fotografie verdeutlicht das Ausmaß der Annäherung. Derartige Abbildungen wurden allerdings nicht in der deutschen Presse veröffentlicht, der Vorbeimarsch deutscher und sowjetischer Truppen wurde lediglich vermeldet, so am 24. September 1939 auf Seite eins des Völkischen Beobachters.
Karikatur vom 28. September 1939 auf Seite zwei des Schwarzen Korps unter dem Titel: »Die Einkreisung. Ein Meisterstück der englischen Diplomatie«.
Die Karikatur drückt einen Gedanken aus, der auch in den gleichzeitig erscheinenden Kommentaren der Zeitungen immer wieder auftauchte: Dass Deutschland sich in eine Koalition mit den anderen »totalitären« Staaten gegen »die Demokratien« begeben habe, dass der Hitler-Stalin-Pakt also den Aufbruch in ein ganz neues politisches Zeitalter bedeute.