JHK 2013

Die Kollektivierung westweißrussischer Dörfer zwischen 1944 und 1953. Ein Beispiel für die Integration von annektierten Gebieten unter Stalin

Jahrbuch für Historische Kommunismusforschung | Seite 39-56 | Aufbau Verlag

Autor/in: Małgorzata Ruchniewicz

Forschungsstand und Quellen

Forschungen zum sowjetischen Dorf wurden bisher von Untersuchungen bestimmt, die sich vor allem mit den Problemen der Kollektivierung und Liquidierung der Kulaken in den Zwanziger- und Dreißigerjahren des 20. Jahrhunderts beschäftigen. Auch westliche Forscher widmeten sich schon zu Zeiten der UdSSR diesem Thema.1 Der Zerfall der UdSSR, die Öffnung der Archive, der Wegfall von politischen Restriktionen bezüglich der russischen Historiografie und die Entwicklung der internationalen Zusammenarbeit erweiterten den Wissensstand in der Folge erheblich. Wichtige Quellen wurden zugänglich und sorgten für einen Anstieg der Publikationen.2 Bis dahin waren die zweite Phase der Umgestaltungen auf dem Dorf und deren Auswirkungen auf die Bauern, nach der territorialen Expansion der UdSSR ab Herbst 1939, in der Regel recht oberflächlich und meistens im Rahmen von Beschreibungen allgemeiner Veränderungen in den annektierten Gebieten analysiert worden. Eine Ausnahme bilden die umfangreichen Untersuchungen des deutschen Wissenschaftlers David Feest zur Kollektivierung in Estland.3 Das Beispiel Westweißrusslands kann dazu dienen, den konkreten Verlauf wirtschaftlicher Umgestaltungen auf dem Dorf nach 1944 zu beschreiben. Der dominierende dörfliche und bäuerliche Charakter dieses Gebietes ist darüber hinaus ein Beispiel für die ganzheitliche Sowjetisierung des angeschlossenen Gebietes und seiner Bevölkerung. Die Veränderungen auf dem Dorf sollten nicht nur zur Modernisierung der Bewirtschaftung (von der Führung als Modernisierung des »rückständigen 
Gebietes« gepriesen), sondern auch zur Schaffung des »sowjetischen Menschen« führen. Ideologie und Propaganda spielten dabei eine große Rolle. Die Erweiterung der Forschungsperspektive um die genannten Faktoren, führte schließlich zu einer komplexeren Betrachtungsweise des Dorfes und der Landwirtschaft, die bis dato von der Darstellung wirtschaftlicher Prozesse dominiert worden war.4

Die weißrussischen Archive bieten eine vergleichsweise reiche Quellenbasis. Der zentralistische Charakter der sowjetischen Führung hatte zur Folge, dass die zentralen Organe auch Mitteilungen von lokaler Ebene erhielten und aufbewahrten. Diese reichhaltige Dokumentation, erstellt in den verschiedenen Abteilungen der staatlichen Verwaltung, sowie die Materialien aus den Parteiebenen bilden die Grundlage für diesen Beitrag. Auf Dokumente, die durch den sowjetischen Sicherheitsapparat erstellt wurden, konnte hingegen aufgrund der noch bestehenden, eingeschränkten Zugriffsmöglichkeiten für Wissenschaftler nur in geringem Umfang zurückgegriffen werden. Vor allem wurden Materialien genutzt, die in den Beständen des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Weißrusslands (Abteilungen: Landwirtschaft, Organisation, Frauenfragen, Propaganda und Agitation), des Landwirtschaftsministeriums der Weißrussischen Sozialistischen Sowjetrepublik sowie des Vertreters der Weißrussischen Sowjetrepublik des Rates für Kolchosen bei der Regierung der UdSSR aufbewahrt werden. Ebenso wurden Materialien, die sich auf die Funktionsweise religiöser Gemeinschaften und den Verlauf der Nachkriegsmigration zwischen Polen und der Weißrussischen Sozialistischen Sowjetrepublik beziehen, herangezogen.5

Westweißrussland 1939 bis 1944

Große Bedeutung für die Herausbildung des weißrussischen Staates in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts hatte nach dem 17. September 1939, als die sowjetische Besetzung Ostpolens begann, die Einbindung eines Großteils der nordöstlichen Wojewodschaften der II. Polnischen Republik. Dieses Ereignis wird in der weißrussischen Historiografie als »Vereinigung der weißrussischen Erde« behandelt. Es führte zu einer erheblichen Vergrößerung des Territoriums der Weißrussischen Sozialistischen Sowjetrepublik und damit auch zu einem Bevölkerungszuwachs. Auf die letztliche Größe der territorialen Erwerbungen nahmen spätere Grenzkorrekturen mit den Westrepubliken der UdSSR (Litauen und Ukraine) sowie mit Polen Einfluss. 1944, nach der Verdrängung der Deutschen, wurden die Westgebiete der Weißrussischen Sozialistischen Sowjetrepublik in fünf Bezirke (mit den Hauptstädten Grodno, Wilejka/Maladsetschna, Baranowitschi, Brest und Pinsk) eingeteilt. Aus einem Teil der neuen Gebiete setzte sich auch der Bezirk Polozk (abgeteilt von Witebsk) zusammen, dem neun Kreise aus dem Bezirk Wilejka zugeordnet wurden. Ende der Dreißigerjahre wohnten in diesem Gebiet rund 3,6 Millionen Menschen, darunter etwa eine Million Polen und 300 000 Juden.6 Die polnische Politik gegenüber der weißrussischen Minderheit strebte vor 1939 nach einer schrittweisen nationalen Assimilation. Daneben gab es große soziale und wirtschaftliche Probleme: ein niedriges Wirtschaftsniveau und schwierige, zum Teil primitive Lebensbedingungen. Das Land besaß vorwiegend dörflichen Charakter, die Landwirtschaft bildete die Lebensgrundlage der Bevölkerung. Allerdings war das bäuerliche Eigentum durch vielfältige Zersplitterung und niedrige Rentabilität gekennzeichnet. Es gab großes Landeigentum in Gestalt Tausender Hektar zählender Latifundien, aber auch Güter mittlerer Größe. Ihr Zustand war schlechter als der der Güter in Zentralpolen.7

Bereits während der sowjetischen Okkupation zwischen 1939 und 1941 erlebte das Dorf in dieser Region gewaltige Veränderungen: Ein Teil des Bodens musste an Landlose und Kleinbauern abgegeben werden – die Kollektivierung der Landwirtschaft nahm ihren Anfang. Die Losung von der Befreiung der unterdrückten weißrussischen Bauern von den »polnischen Herren« passte gut zur kommunistischen Propaganda und wurde zumindest anfangs von einem Großteil der Bevölkerung, besonders den Weißrussen, unterstützt.8

Die Jahre des Krieges und zweier Okkupationen, der sowjetischen und der deutschen, waren in diesem Gebiet von großen menschlichen und materiellen Verlusten geprägt. Die Repressionspolitik der sowjetischen Führung gegenüber dem annektierten Territorium sowie die spätere Ausrottungspolitik der deutschen Okkupanten wirkten sich negativ auf die Bevölkerungsbilanz der Westgebiete Weißrusslands aus. Sie führten auch zur Zerschlagung bzw. zur Schwächung der örtlichen Gemeinschaften, zur Dezimierung der Führungsschichten, und sorgten für eine Verstärkung ethnischer Konflikte. Der Bevölkerungsrückgang genauso wie die materiellen Verluste während des letzten Krieges bedeuteten für die Weißrussen schmerzhafte Einschnitte. Die Auswirkungen des Krieges trafen sie schwerer als viele andere. Der sowjetische Terror der Jahre 1939 bis 1941 war gekennzeichnet von Massendeportationen, von denen rund 120 000 Personen betroffen waren. Unter ihnen waren Zivilisten, Angehörige des Militärs und deren Familien, weite Teile der bäuerlichen Bevölkerung, Waldarbeiter, Kriegsgefangene und andere Gefangene – alle »Feinde« der Sowjetmacht, mehrheitlich Polen.9 Zusätzlich wurden wegen antisowjetischer Tätigkeit, Widerstand gegen die Macht oder Zugehörigkeit zu den Vorkriegseliten etwa 38 000 weitere Personen verhaftet. Buchstäblich vom ersten Tag der Okkupation an begann seitens der Deutschen die Ausrottung der jüdischen Bevölkerung – eines der tragischsten Ereignisse für das Gebiet.10 Die Massenrepressionen betrafen Polen wie Weißrussen: die polnische Elite wurde liquidiert, Maßnahmen gegen die Partisanen wurden ergriffen. Die Zivilbevölkerung litt stark unter dem Verdacht, den Untergrund zu unterstützen und musste zahlreiche Opfer bringen.11 Viele wurden zur Zwangsarbeit nach Deutschland gebracht.12 Der Konflikt zwischen dem polnischen Untergrund, der für eine Wiederherstellung der polnischen Staatlichkeit stritt, und den sowjetischen Partisanen sowie der Kampf mit kollaborierenden weißrussischen Gruppierungen forderte viele Todesopfer.13 Eine exakte Zahl der Kriegsopfer zu bestimmen, ist jedoch nicht möglich. Letzte Schätzungen sprechen von 1,4 bis 1,5 Millionen Opfern unter der Zivilbevölkerung in ganz Weißrussland, ohne die Verluste im Westteil der Republik gesondert aufzuführen. Doch viele der Schätzungen scheinen nicht ausreichend gesichert.14

Befriedung und Wiederherstellung der Macht (1944–1947)

Die Rückkehr der Sowjetmacht nach der Vertreibung der Deutschen im Sommer 1944 bedeutete eine neue Phase der Gewalt und Verfolgungen, die sich vor allem gegen die Gegner einer Wiederherstellung der Ordnung von vor 1941, hauptsächlich gegen Polen, aber auch gegen Weißrussen und Ukrainer richtete. Dabei wurden ausnahmslos alle während der Okkupation wegen Staatsverrat Angeklagten, aber auch diejenigen, die beim erneuten Einmarsch der Roten Armee Widerstand geleistet hatten, von den neuen, alten Machthabern erfasst. Doch es dauerte zwei Jahre, bis es dem Sicherheitsapparat gelungen war, die Untergrundorganisationen soweit zu zerschlagen, dass diese die sowjetische Herrschaft in dem Gebiet und auf den von Verwaltungszentren entlegenen bäuerlichen Gehöften nicht mehr gefährden konnten.15 Dennoch kam es bis Anfang der Fünfzigerjahre weiterhin zu bewaffneten Widerstandsakten.16 Darüber hinaus verzichtete die Sowjetmacht auch nicht auf Verfolgungen aufgrund sozialer Herkunft und früherer Tätigkeiten. In den Jahren 1951/52 wurden ehemalige Soldaten der Polnischen Streitkräfte im Westen (II. Korps unter General W. Anders) zusammen mit ihren Familien deportiert, die sich nach Beendigung des Krieges für eine Rückkehr zu ihren Familien entschieden hatten, aber auch Bauern, die der Kategorie der Kulaken zugerechnet wurden, erwartete das gleiche Schicksal. Die Verbannung, der ungefähr 8000 Personen zum Opfer fielen, erreichte jedoch nicht die Ausmaße der Jahre 1940/41.17

Für die Bevölkerungszahl der dörflichen Gebiete war die Umsiedlung der Einwohner nach dem Krieg von weitaus größerer Bedeutung als die Repression. Die Ursache dafür lag vor allem in der neuen Ostgrenze Polens, wie sie Stalin erzwungen hatte. Im September 1944 wurde die Umsiedlung der polnischen Bevölkerung und der überlebenden Juden aus den angegliederten Gebieten in Richtung Westen und der Weißrussen aus Polen festgelegt. Offiziell fanden diese Umsiedlungen natürlich freiwillig statt, aber in Wirklichkeit wurden sie erzwungen. 231 000 Personen, in der Mehrzahl Dorfbewohner, kamen auf diese Weise nach Polen, oft unter großen Schwierigkeiten.18 Der Zustrom ausgesiedelter Weißrussen aus Polen oder Kriegsheimkehrer aus dem Westen, die meisten von ihnen ehemalige Zwangsarbeiter, konnte den Bevölkerungsverlust nicht sofort auffangen. Folglich führte der mit dem Bevölkerugsrückgang verbundene Ausfall von Arbeitskräften dazu, dass die weißrussische Führung den Aussiedlern auf ihrem Weg viele Steine in den Weg legte. Besonders betroffen war die ländliche Bevölkerung. Ein Teil der Polen scheute sich schließlich davor, das eigene Hab und Gut zu verlassen und sich nach Westen in die Ungewissheit aufzumachen. So gelang es der Weißrussischen Sozialistischen Sowjetrepublik bis zum Sommer 1946 nur weniger als die Hälfte der für die Umsiedlung Registrierten zu entlassen.19 Die Verbliebenen, einige Hunderttausend, die meisten von ihnen in der Gegend um Grodno, bildeten eine Minderheitengruppe, deren Status als solcher aber von der sowjetischen Führung nicht anerkannt wurde (viele Polen hatten sich gar nicht für die Ausreise registrieren lassen).20

Aus gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Sicht besaß die sowjetische Politik entscheidenden Einfluss auf die Lage der Bevölkerung in den Dörfern und auf die Landwirtschaft des Westteils der Weißrussischen Sozialistischen Sowjetrepublik. Innenpolitisch bestand das Hauptziel der UdSSR gegenüber der neuen Westgrenze in der Integration des neu gewonnenen Gebietes in den sowjetischen Staat. Die Art und Weise dieses Integrationsprozesses war geprägt von sowjetischen Erfahrungen, die bestimmte regionale Besonderheiten jedoch nicht außer Acht ließen. Dazu gehörte das private bäuerliche Eigentum, das den dörflichen Charakter dominierte, sowie die »Rückständigkeit der Menschen«. Sie wurde mit dem niedrigen Bildungsniveau (es gab viele Analphabeten), aber besonders mit den Auswirkungen der nationalistischen und bürgerlichen Propaganda vor und während des Krieges begründet; mithilfe dieser sollte für eine lebendige Religiosität unter den ansässigen Orthodoxen und Katholiken gesorgt werden, die nationalistische Einstellung der Polen und eines Teils der Weißrussen sollte gefestigt und das Misstrauen und die Feindschaft gegenüber der sowjetischen Gesellschaftsordnung gestärkt werden.21

In den Westbezirken wurde die Integration des Territoriums (das heißt seine Sowjetisierung) in Etappen organisiert: Die Politik, die die Führung des sowjetischen Weißrusslands gegenüber dem Dorf und in der Landwirtschaft in Übereinstimmung mit den Anweisungen der Zentralmacht betrieb, weist in den Jahren des späten Stalinismus zwei Unteretappen aus: von 1944 bis 1947 und von 1948 bis 1953. In den Nachkriegsjahren besaßen die Befriedung und der Aufbau der Machtstrukturen Priorität. Die Massenkollektivierung wurde nicht erneut in Angriff genommen, aber die Reaktivierung von etwa tausend Kolchosen, die schon vor der deutschen Aggression in den Westbezirken bestanden, wurde vorangetrieben. Der Prozess verlief mühsam, vor allem wegen der Ressentiments ehemaliger Kolchosbauern und des geringen Engagements lokaler Behörden. So nahmen 214 Kolchosen bis Ende 1947 ihre Tätigkeit wieder auf. Sie umfassten etwa ein Prozent der bäuerlichen Wirtschaften und waren keinesfalls ein Vorbild oder eine begehrte Alternative für die Bauern. Die individuelle Bewirtschaftung wurde weiterhin klar bevorzugt.

Nach der Vertreibung der Deutschen bestand die Hauptaufgabe darin, die territorialen Machtstrukturen zu etablieren, das Steuersystem zu organisieren und die Pflichtabgaben zu überwachen, die alle ländlichen Wirtschaften, d. h. einige hunderttausend Einheiten betrafen. Während des Krieges bekam der Erwerb von bäuerlichen Lebensmitteln und die Rekrutierung von Arbeitskräften zusätzliche Bedeutung. Die Bauernschaft wurde erneut gezwungen, bestimmte Leistungen zugunsten des Staates, besonders bei der Holzgewinnung, zu erbringen. Jedoch waren die Dörfler oft nur zu einem gewissen Teil bereit, die Kriegsanstrengungen zu unterstützen. Mit Unwillen wurde auf die Mobilisierung für die sowjetische Armee, besonders in den Gebieten, die von Polen bewohnt wurden, reagiert. Die Situation lokaler sowjetischer Verwaltungs- und Parteistrukturen war sehr schwierig. Es fehlte an Kadern, Mitteln, aber auch an Erfahrung. Erfolgreich operierten von 1944 bis1946 in vielen Gebieten antisowjetisch eingestellte Partisanen, die Anschläge auf Gebäude sowjetischer Organe und ihre Funktionäre verübten sowie Einwohner, die sie für Kollaborateure hielten, liquidierten.22 Gewalt und Schrecken waren nach wie vor an der Tagesordnung; skrupellos wurden sie von sowjetischen Beamten gegenüber den Bauern angewandt, davon zeugen viele Anzeigen über Schläge, Beschimpfungen, Drohungen und Plünderungen gegenüber den Bauern in den Archivmaterialien. Nicht selten versuchten Untergrundkämpfer Aktionen, die durch die Territorialorgane angeleitet wurden, zu verhindern und stattdessen Kooperation und Unterstützung der Menschen zu erzwingen.23

Die sowjetische Führung verlor dabei nie die für sie wichtigste Aufgabe aus den Augen: Die Veränderung der Gesellschaftsordnung in Übereinstimmung mit ihren ideologischen Überzeugungen. Ende 1944 wurde die Beschlagnahmung von Teilen des Bodens der größten Bauernwirtschaften in Angriff genommen. Die Größenobergrenze sollte (abhängig von der Region) zehn bis 15 Hektar betragen. Die Liquidierung der größten Bauernwirtschaften, die den Kulaken zugeordnet wurden, sollte die Kollektivierung in Zukunft erleichtern – ein weiterer Schritt auf dem Weg zur Gleichschaltung des bäuerlichen Eigentums. Das zweite Ziel der Landgewinnung von Nutzflächen war deren Verteilung an landlose Bauern sowie die Sicherung der Felder für künftige Kolchosen. Dazu war, ähnlich wie beim Einziehen der Abgaben in Form von Geld und Naturalien, eine genaue Feststellung der jeweiligen Fläche und des realen Besitzstandes des Bauern notwendig. Angesichts des Widerstands der Dorfbewohner (Nichtangabe von Boden und Verstecken von Inventar) und des Fehlens von Kadern sowie der Anfälligkeit für Korruption eines Teils der Beamten, war dies keine leichte Aufgabe. Es wurde festgelegt, dass die größte zulässige Fläche 26 500 Wirtschaften besitzen sollte (im Herbst 1944 bestanden 620 000).24 Bis Mai 1946 wurde etwa 10 000 Wirtschaften Boden weggenommen, insgesamt 85 000 Hektar.25 Allerdings konnte die Aktion bis zur Einführung der Massenkollektivierung nicht beendet werden.

Die verringerte Anzahl der Bauernhöfe war auch eine Folge der Aussiedlung der polnischen Bevölkerung. Die konfiszierten Felder wurden nur zum Teil an andere Bauern weitergegeben, da man davon ausging, dass ein Teil der Bauern es ablehnen würde, den Boden zu übernehmen, der den Nachbarn weggenommen worden war. Stattdessen wurde das verbliebene Areal dem staatlichen Bodenfundus übereignet und von dort einige Jahre später den Kolchosen übergeben. Weiterhin bestand eine nicht unwesentliche Gruppe von kleinen Wirtschaften mit stark eingeschränkter landwirtschaftlicher Produktion. Die Modernisierung der Landwirtschaft sollte eine neue Art der Bauernwirtschaft hervorbringen, die Kollektivierung. Von der dominierenden ideologischen Perspektive abgesehen, spielten dabei auch ganz praktische Erwägungen eine Rolle. Das Ziel war eine völlige und dauerhafte Integration des neuen westlichen Territoriums in die sowjetische Wirtschaft und Gesellschaft, die bereits in den Dreißigerjahren des 20. Jahrhunderts umgestaltet worden war. Der Erhalt einer doppelten wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Ordnung wäre über einen längeren Zeitraum unmöglich und propagandistisch schädlich gewesen. Der Überschuss an Arbeitskräften, so wurde begründet, würde in Zukunft von der Industrie aufgefangen werden.26 Vor der Massenkollektivierung verblieben noch etwa vier Millionen Hektar Ackerland bei den Bauern. Die sogenannten sozialistischen Wirtschaftsformen, Kolchosen und Sowchosen, verfügten lediglich über rund 80 000 Hektar. Der Staatliche Bodenfundus (Gosfond) zählte 380 000 Hektar.27

Die neue Ausrichtung der Wirtschaftspolitik machte sich 1947 sowohl auf der lokalen Macht-
ebene als auch innerhalb der Bevölkerung bemerkbar. Die Veränderungen betrafen nicht nur die Gebiete Westweißrusslands, sondern das gesamte westliche Grenzgebiet der UdSSR.28 Die weißrussische Führung der Republik war hier eher Ausführende als Mitgestaltende der politischen Linie.29 Bei der Anwendung der neuen Politik gegenüber dem Dorf wurden zu Beginn zwei Instrumente angewandt: Propaganda zur »Überlegenheit des kollektiven Wirtschaftens« und finanzieller Druck. Die Steuerpolitik wurde besonders gegenüber den vermögenderen Schichten des Dorfes verschärft. Das Antlitz des neuen Systems besaß einen eindeutigen »Klassencharakter«, dessen »politischer Hebel die Eingrenzung und Verdrängung des Kulakentums« war. Diese Auffassung hatte in der Historiografie noch bis zum Ende der UdSSR Bestand.30 Die ärmsten Bauernwirtschaften wurden von den Steuern befreit, die Kolchosbauern erhielten Steuerermäßigungen, die reicheren Bauern wurden einer bedingungslosen fiskalen »Drainage« unterzogen.31 Nach wie vor belastete die Bauernhöfe die Pflichtabgabe von landwirtschaftlichen Produkten an den Staat bei drastisch gesenkten Preisen. Infolgedessen war es sehr schwierig, eine Überproduktion zu erreichen, um zu verkaufen, um Bargeld für die Steuer zu erwerben, die Familie oder den Bauernhof zu erhalten. Selbst die reichen Bauern wurden zu Schuldnern und Bankrotteuren. Sie wurden mit Geldstrafen, der Versteigerung ihres Besitzes und Verurteilungen zu Freiheitsstrafen gemaßregelt. Wie groß die Zahl der Kulakenwirtschaften Ende der Vierzigererjahre in den Westbezirken der Weißrussischen Sozialistischen Sowjetrepublik war, ist nicht bekannt. Anfang der Fünfzigerjahre umfassten sie jedoch knapp 2000 Bauernwirtschaften.32

Vollständige Kollektivierung des Dorfes (1948–1953)

Ab 1948 wurde die Kollektivierung beschleunigt. Ende des Jahres bestanden bereits über 900 Kollektivwirtschaften.33 Das reichte den sowjetischen Machthabern aber noch nicht. Für sie waren die Kulaken die Hauptgegner des sozialistischen Umbaus der Landwirtschaft. Allerdings herrschte in den Dörfern allgemein Widerstand. Ein Schock für die Machthaber, denn damit schien sich die Situation von Anfang der Dreißigerjahre zu wiederholen. Der Abgabe von Hab und Gut an die Kolchose stellten sich Gruppen von Halbbegüterten und Teile der ärmeren Bauern entgegen, obwohl die Führung sie privilegiert behandelte und ihnen Aufstiegsmöglichkeiten innerhalb der aufzubauenden neuen Gesellschaftsstruktur einräumte. Im Februar 1949 wurde auf dem 6. Parteitag der KP Weißrusslands die baldige Kollektivierung des weißrussischen Dorfes angekündigt.34 Dieser Beschluss bedeutete gleichzeitig die Anwendung von Gewalt und Einschüchterung. Das Eingreifen von Verwaltung und Partei wurde dabei so offensichtlich, dass lokale Führer sogar mitunter für »primitives Verwaltungshandeln« getadelt wurden.35 Gleichzeitig stellte sich bei Kontrollen häufig heraus, dass viele Kolchosen reine Fiktion waren. Es hatte gar keine Übernahme von Boden, Werkzeugen und Inventar gegeben – auch keine gemeinschaftliche Bestellung der Felder. Erst im März 1950 war die Hälfte der Bauernwirtschaften Teil von Kolchosen.

Die Tatsache, dass dieser Prozess sich derart langwierig gestaltete, war im Frühjahr 1950 der Anlass für eine scharfe Kritik an der weißrussischen Führung, mit dem Ergebnis, dass der Posten des 1. Sekretärs der KP Weißrusslands neu besetzt wurde. Im Dezember desselben Jahres befanden sich nahezu 84 Prozent der Bauernfamilien in Kolchosen.36 Ein Fortschritt, der auf die Konzentration von Mitteln und Kadern in Bezirken mit der heftigsten Gegenwehr zurückzuführen war: Grodno, Baranowitschi und Maladsetschna. Zwei Jahre später lebten 94 Prozent der Bauernfamilien aus den Westbezirken in Kolchosen. Unter den noch existierenden 33 500 Privatwirtschaften bildeten 70 Prozent Einheiten von knapp einem Hektar.37

Das VI. Plenum des ZK der KP Weißrusslands, das vom 12. bis 14. Februar 1951 tagte, benannte als nächstes Ziel nach der erwarteten baldigen formellen Beendigung der Kollektivierung die volle Ausnutzung der Ressourcen der Kolchosen (eher der Kolchosbauern) und damit ihre organisatorisch-wirtschaftliche Konsolidierung. Gleichzeitig wurde über die Schaffung von Kolchosezentren und die teilweise Umsiedlung der Bauern entschieden.38 Kleinere Kolchosen, die reich an Land, Arbeitskräften und Inventar waren, wurden zu einer Einheit verbunden, ihre Arbeit einer wachsenden Mechanisierung angepasst, was die Korrektur des Siedlungsnetzes zur Folge hatte. Zu weit verstreut eingesetzte Arbeitskräfte, der Erhalt von Zufahrtswegen oder die Feldbeete der Kolchosbauern innerhalb der Kolchosflächen wurden als schädlich und unökonomisch bezeichnet. Die Aktion der Zusammenlegung von Kolchosen beschränkte sich dabei nicht nur auf die Westbezirke der Weißrussischen Sozialistischen Sowjetrepublik, sondern wurde in der gesamten UdSSR eingeführt. Im Falle der Westbezirke Weißrusslands schrumpfte die Zahl der Kolchosen bis zum November 1951 auf 4600 Wirtschaften. 1951/52 wurde der Prozess fortgesetzt. Am Ende existierten noch 2263 Wirtschaften. Das waren rund 40 Prozent aller Kolchosen in der Republik.39 Automatisch wuchs die Zahl der Bauernhöfe, die statistisch einen Kolchos bildeten (bis zu 250 Familien).

Anfang der Fünfzigerjahre besaßen die Kolchosen in den Westbezirken der Weißrussischen Sozialistischen Sowjetrepublik somit beinahe das ganze urbare Land. Die ökonomische Unabhängigkeit der Bauernfamilien, die Grundlagen ihrer Autonomie gegenüber dem Staat existierten damit nicht mehr. In den Augen der Machthaber unterlagen die Daseinsbedingungen der Bauern einer revolutionären und positiven Veränderung. Diese sollte auch in Übereinstimmung mit dem ideologischen Bewusstsein der Bauernmassen einhergehen, die sich in aktive sowjetische Bürger verwandeln sollten. In den Augen der Bauern jedoch bedeutete der Erfolg der Politik des Staates für sie selbst nichts weiter als fortschreitende Verarmung und Abhängigkeit und war mit der Erfüllung aller negativen Stereotype bezüglich der UdSSR verbunden.

Die Haltung der Dorfbevölkerung gegenüber der Kollektivierungskampagne offenbart – trotz Ähnlichkeit in der Form – bei näherer Analyse weitreichende Unterschiede. Zum Teil kann dies mit der Nationalität der örtlichen Bevölkerung zusammenhängen. Im Gebiet um Grodno wuchs die Anzahl der Kolchosen besonders langsam; erst im Spätsommer 1950 gelang es, die Mehrzahl der Bauernwirtschaften in Kolchosen unterzubringen. Hier lebte eine große Zahl der katholisch-polnischen Bevölkerung. Noch im Dezember 1950 gehörten im Bezirk des Grenzgebietes Sopockin weniger als 20 Prozent der Bauern den Kolchosen an. Doch der Prozess zur Schaffung von Kollektivwirtschaften beschleunigte sich durch Propaganda und ruinierende Steuern und durch die Anwendung von direktem und indirektem Zwang gegenüber breiten dörflichen Schichten. Dabei kam es jedoch nicht zu gewaltsamem Widerstand, wie er von den Ereignissen Anfang der Dreißigerjahre aus sowjetischen Dörfern bekannt war. Die Grundstrategie der weißrussischen Bauernschaft bestand im passiven Widerstand. Wenn möglich, wurden Dorfversammlungen, auf denen die Pläne der Kollektivierung behandelt wurden, sabotiert, man verzögerte unter verschiedenen Vorwänden die Abgabe der Unterschrift. Wenn die Bauernschaft dem Druck nicht standhalten konnte, verkaufte sie besonders wertvolle Teile ihres Inventars (z. B. Pferde oder Kühe), um sie nicht der Kolchose geben zu müssen. Wenn alle Formen des Einspruchs nichts nutzten und der Bauer sich in einen Kolchosbauern verwandelte, wurde die Strategie den neuen Bedingungen angepasst: Man vermied oder beschränkte die Arbeit auf den Kolchosfeldern, scherte sich nicht um eine gute Produktivität und ließ jegliche Sorge um das Kolchoseigentum vermissen.40 Die Kontrollberichte aus den Kolchosen sind voll von Beschreibungen über Verschwendungen, Vernachlässigungen und Gleichgültigkeit der Kolchosbauern gegenüber den Wirtschaftsergebnissen.41 Die Sabotage der Bauern ging sehr oft mit fehlender Leitungskompetenz durch die Kolchosvorsitzenden einher – die wirtschaftliche Katastrophe war unaufhaltsam. Die von den Kadern lauthals verkündete Mechanisierung blieb aufgrund fehlender Landmaschinen und Elektrizität vorerst Propaganda.42 Am leichtesten war es, das Dorf mit einer Welle von Lektionen, Versammlungen und Propagandavorträgen zur Überlegenheit der Kollektivwirtschaft gegenüber der individuellen Bauernwirtschaft und dem vermeintlich hohen Lebensniveau der sowjetischen Kolchosbauern zu überrollen.

Die frisch gebackenen Kolchosbauern, die sich von dem ihnen auferlegten Status distanzierten, strebten einen maximal effizienten Anbau auf dem ihnen zugeteilten individuellen Land (0,3 – 0,6 Hektar je nach Gebiet) an. Dort pflegten sie die alten bäuerlichen Tugenden und schreckten auch nicht vor der illegalen Vergrößerung des Bodens zurück. Periodisch angesetzte Razzien der Vorgesetzten sollten dem entgegenwirken.43 Einige Mitglieder der Bauernfamilien suchten zeitweise Beschäftigung außerhalb des Dorfes, besonders die Männer. Die Hauptarbeitskräfte in den Kolchosen – auch aufgrund von Kriegsverlusten – waren grundsätzlich Frauen, was die Arbeitsproduktivität zusätzlich minderte. Im Laufe der Zeit und aufgrund der fortschreitenden Industrialisierung Weißrusslands nahm die ohnehin andauernde Emigration vom Dorf in die Stadt als Ausdruck der Flucht vor der Armut in den Kolchosen noch an Bedeutung zu.44

Der Aufbau einer neuen Landwirtschaftsordnung hielt auch für die dortige Bevölkerung Möglichkeiten des Aufstiegs bereit. Ein Teil der Bauernschaft sah eine Chance, sich in der neuen Hierarchie der dörflichen Macht und nicht nur wie bisher in Stellungen als Vorsitzende der Dorfräte oder zahlreicher Dorfdelegierter, sondern auch als Kolchosvorsitzende oder Brigadiere in der Kolchosverwaltung zu etablieren. Es entstand eine neue Elite im kollektivierten Dorf. Um aufzusteigen, musste man eine politische Schulung durchlaufen, nach deren Bestehen einem der Status eines Kandidaten oder Mitglieds der Kommunistischen Partei verliehen wurde. Im untersuchten Zeitraum war der Zulauf der dörflichen Bevölkerung in die Parteistruktur jedoch nur schwach und ihre Rolle in Entscheidungspositionen gering. Der Großteil der Kolchos-Parteizellen konnte nur Dank der Aktivitäten von Kommunisten, die nicht aus dem jeweiligen Dorf stammten, sondern dorthin zur Arbeit delegiert wurden, aufrecht erhalten werden.45 Dabei handelte es sich zumeist um Bewohner der Westbezirke: Auch wenn sie sich trotz eines niedrigen Bildungsniveaus für ein politisches Engagement entschieden hatten, wurden sie diskriminiert, von der Macht beargwöhnt und auch nach vielen Jahren der Zugehörigkeit den Funktionären, die aus den Ostrepubliken oder aus anderen Teilen der UdSSR delegiert waren, nachgeordnet.

Diesen Kaderimport gab es schon seit 1945. Der Umbau des Dorfes benötigte qualifizierte Kader, deren Schulungen und Aufstieg durch örtliche Kräfte nicht zu befriedigen war. Darüber hinaus entwickelte sich neben politischen Schulungen auch die landwirtschaftliche Bildung, die Ausbildung von Mechanikern und Kolchoskadern. Dennoch wurde auf diese Weise keine ausreichende Anzahl von Personen gewonnen, die die verschiedenen Stellen besetzen konnten. Die in der Regel mangelhafte Vorbereitung der Kolchosvorsitzenden schlug sich negativ auf die Arbeit der Wirtschaften nieder. Die Unfähigkeit zu führen, das Fehlen von Führungsautoritäten der Kolchosen, ihre untergeordnete Position gegenüber den sowjetischen Funktionären sowie eine große Fluktuation waren somit auch die wichtigsten Gründe für den beklagenswerten Zustand der neu gegründeten Kolchosen.46

Hinzu kamen eine nicht ausreichende materielle Basis der jungen Wirtschaften und eine Insuffizienz in den Maschinen-Traktoren-Stationen, die den Kolchosen die Wartung mit modernsten Mitteln der Landwirtschaftstechnik sichern sollten. Doch die miserablen Ergebnisse der Bewirtschaftung der Kolchosen waren auch eine Folge der von oben angeordneten Veränderungen auf dem Dorf sowie der schwachen Vorbereitung der Kampagne über ihre Anfangsetappe hinaus. Die frisch gebackenen Kolchosbauern sahen sich zusammen mit ihrem Vorsitzenden den vielen konkreten Problemen allein gegenüber. Das spätere Funktionieren des Kolchos weckte oft schon nicht mehr das Interesse der Bezirksorgane, was wiederum die Zentralmacht bemängelte. War doch der Mechanismus der wiederholten Kontrolle charakteristisch für sowjetische Verhältnisse. Dazu gehörten das Vorhalten von Fehlern und Nachlässigkeiten, die öffentliche Selbstkritik der Schuldigen sowie die Herausgabe von Aufträgen zu deren sofortiger Beseitigung, die jedoch nie zu einer dauerhaften Besserung führten.

Die Kollektivierung der weißrussischen Landwirtschaft bedeutete eine weitere Verschlechterung der dörflichen Lebensbedingungen der Bevölkerung sowie ein Absenken der Erträge aus der landwirtschaftlichen Produktion.47 Nichtsdestotrotz war sie ein wichtiger Teil des Integrationsprozesses des weißrussischen Territoriums, Symbol für die Übergangszeit und Folge des Doppelcharakters, der sich aus der wirtschaftlichen Ordnung ergab. Die Kollektivierung führte zu einer tiefen Veränderung der gesellschaftlichen Struktur im Dorf und schuf die Möglichkeit einer breiten und tiefen Einwirkung auf die dörfliche Bevölkerung im Sinne des sowjetischen Geistes.

Die Bauern waren natürlich seit Beginn der sowjetischen Herrschaft in diesem Gebiet ein Gegenstand propagandistisch-agitatorischer Anstrengungen. Ziel war das Erreichen einer erfolgreichen Einflussnahme auf die »arbeitende Bauernschaft«, damit sie zur Überzeugung käme, dass nur »der sowjetische Staat auf die Freundschaft der Völker baut, den Arbeitenden in den Westbezirken völlige Freiheit, materiellen Wohlstand und schnelle kulturelle Entwicklung garantiert«. Die Propagandaarbeit sollte in den Augen der Bevölkerung den antikommunistischen nationalen Untergrund (weißrussisch und polnisch) bloßstellen. Seine Anhänger sollten als »Söldner der deutschen Okkupanten, als Mittäter ihrer Verbrechen am weißrussischen Volk« sowie als »Agenten Hitlerdeutschlands, den Verrätern des Volkes« dargestellt werden.48 Zu Beginn der Kollektivierungskampagne war das Hauptthema der Propaganda die zeitgleiche Abrechnung mit den auferlegten Lasten (verstanden als Grundaufgabe der Bürger), die Teilnahme der Bevölkerung an der »sowjetischen Demokratie« durch Propagierung der sowjetischen Ordnung und die gemeinsame Teilnahme an Wahlen zu den Räten auf verschiedenen Ebenen sowie die Einbeziehung der Bauernschaft in die Werke und den Personenkult um Josef Stalin. Die Indoktrination wurde nicht nur in Form politischer Propaganda realisiert, sondern war fester Bestandteil von Bildungs- und Kulturinstitutionen. Die Botschaft sollte, so dachte die Führung, das geistige Niveau der Bevölkerung anheben, sie auf der Ebene des gesellschaftlichen Lebens aktivieren, sie einbinden in den Kreis der Aktivitäten und Erlebnisse des »sowjetischen Menschen«. In der Propagandaarbeit mit der Landbevölkerung wurden alle verfügbaren Mittel, darunter Radio und Kino, genutzt. Mit Blick auf die örtlichen Bedingungen setzte man am häufigsten auf die Presse und direkte Zusammenkünfte mit der Bevölkerung in Form zahlreicher Lesungen, Vorträge, Gespräche und Versammlungen.49 In die Agitationsarbeit sollten nach Möglichkeit Vertreter aus dem örtlichen Milieu einbezogen werden: Die dörfliche Intelligenz und einige Vertreter der Bauernschaft, die nach entsprechender Schulung das sogenannte Dorfaktiv, ein Fundament der Macht in der bäuerlichen Gesellschaft schaffen sollten. Die sowjetischen Propagandaarbeiter schätzten den Effekt dieser Tätigkeit hoch ein. Dennoch scheint es, dass ohne Unterstützung vonseiten der Verwaltung, der Parteistrukturen und des Sicherheitsapparats die Durchführung dieser Aufträge der Zentralmacht, ob mit wirtschaftlichen oder politischen Zielen verbunden, nicht möglich gewesen wäre. Zahlreiche Anstrengungen wurden unternommen, um den Einfluss auf das dörfliche Milieu ständig zu verstärken. Dem diente Anfang der Fünfzigerjahre bei den Maschinen-Traktoren-Stationen der Westbezirke die Berufung von politischen Abteilungen, die besonders nach der Gründung eines Kolchos die Propagandaarbeit unter den Bauern entwickeln sollten.50 Die Machthaber bemühten sich, besonders auf die junge Generation einzuwirken. Die Bauernjugend wurde in den Komsomol aufgenommen. Man war bestrebt, für die Organisation der Freizeit auch auf dem Dorf Zentren sozialistischer Kultur zu schaffen, die mit den Einflüssen von Religion und traditionellen Werten rivalisierten. Es entstanden Lesestuben, Zirkel des Amateurschaffens und sportliche Wirkstätten. Alles wurde mit politischen Inhalten angefüllt, und doch blieben die beabsichtigten Ergebnisse aus.51

Bei der Indoktrination der dörflichen Gesellschaft kam den Landfrauen besondere Bedeutung zu, denn sie stellten die Mehrheit der Arbeitskräfte. Gleichzeitig wurden sie auch als Hort rückwärtsgerichteter Ansichten betrachtet. Ihre benachteiligte Stellung sei – so das Kalkül – dank der erfolgreichen Politik des Staates verändert worden und mache es möglich, aus ihnen ergebene Frauen und sowjetische Patriotinnen zu machen. Man bemühte sich, eine Frauenbewegung durch Delegierten-Räte zu schaffen, über denen die territorialen Parteikomitees wachten. Den Bauern wurde ein neuer Typ der fortschrittlichen Weiblichkeit vorgestellt: ländliche Aktivistinnen, aufopferungsvolle Kolchosbäuerinnen, kinderreiche Mütter und letztendlich Traktoristinnen und Landwirtschaftsmechanikerinnen.52 Die Frauenbewegung wies auch in anderen Bereichen des kontrollierten und streng reglementierten gesellschaftlichen Lebens charakteristische Schwächen auf. Sie war abhängig von äußerlichen Anreizen seitens der Parteistruktur und den Zielen, die durch den Staat vorgegeben waren, untergeordnet. Die ländlichen Delegierten waren ganz einfach ein weiterer »Transmissionsriemen«. Das wurde besonders während der Phase der Kollektivierung deutlich.53 Die Emanzipation der Landfrauen war in der Wahrnehmung des Dorfes nur ein weiterer Angriff auf das bisherige Wertesystem, die gesellschaftliche Hierarchie und Tradition. Als gewaltiger Konkurrent im Wettlauf um die Herzen und Köpfe der ländlichen Bevölkerung der Westbezirke galten die russisch-orthodoxe und die katholische Kirche. Vor allem letztere wurde als sehr gefährlich und antisowjetisch angesehen.54 Bereits nach dem Krieg unternahmen die Machthaber Anstrengungen – die nicht vollständig zu den gewünschten Ergebnissen führten –, die religiösen Institutionen sowie das religiöse Leben der Bevölkerung dem bestehenden Recht der UdSSR unterzuordnen. Ende 1945/Anfang 1946 gab es in diesem Gebiet über 200 aktive katholische und russisch-orthodoxe Kirchen.55 Parallel zur Kollektivierungskampagne begann der entschiedene Kampf gegen die Religion. Mit besonderer Härte wurde gegen den Katholizismus vorgegangen. Davon zeugen zahlreiche Verhaftungen von Vertretern der Geistlichkeit dieser Glaubensrichtung, die Schließung von Kirchen und ihre Nutzung als Getreidelager. Anfang 1952 bestanden 149 registrierte katholische Gemeinschaften, aber es gab nur halb so viele Priester.56

Die Mehrheit der Bevölkerung arbeitete im ländlichen Milieu. Der Staat schaffte die Kinder-Katechese ab, grenzte die Möglichkeit der Teilnahme an religiösen Praktiken und die Beziehung zu Priestern generell ein und entwickelte eine atheistische Propaganda. Die Verarmung des Kolchosdorfes schwächte die materielle Grundlage der Existenz der Gemeinden und ihrer Geistlichen. Ein Teil der Gemeinschaften hatte Schwierigkeiten mit der Bezahlung der Kirchensteuer und Versicherung, von der Existenzsicherung des Geistlichen ganz zu schweigen. Besonders schmerzlich zu spüren bekam dies der russisch-orthodoxe Klerus mit seinen oft zahlreichen Familienangehörigen. Die Bauern, die ihrer Freizeit und Transportmittel beraubt waren, mussten nun auch ihre Teilnahme an Gottesdiensten einschränken. Den Machthabern gelang es zudem, mindestens einen Teil der Geistlichen zu zwingen, ihre kirchliche Arbeit dem erforderlichen Arbeitsrhythmus in den Kolchosen anzupassen, was im Falle der russisch-orthodoxen Kirche einfacher war, weil deren Bischöfe in der Regel die Anweisungen der Macht erfüllten. Gegenüber den katholischen Priestern konnten die Machthaber dieses Druckmittel nicht anwenden, da es auf dem Gebiet der UdSSR keine Glaubenshierarchie gab.

Trotz dieser Verluste, die beide Religionen erlitten hatten, ist es bemerkenswert, dass es bis 1953 keine deutliche Abkehr der Bevölkerung von der Religion, von der traditionellen Weltanschauung und dem mit dem liturgischen Kalender verbundenen Lebensstil gab. Die religiösen Praktiken wurden beibehalten, wenngleich sie zeitweise eingeschränkt wurden oder ihre Form veränderten. In den Kolchosen wurde allenfalls eine verstärkte Abwesenheit der Kolchosbauern zu den Feiertagen bemerkt.

Am Ende des Stalinismus erreichte der Umbau des westweißrussischen Dorfes seinen Abschluss, obwohl gesellschaftliche und geistige Veränderungen noch nicht vollendet waren.57 Die Umwandlung der Bauern in vom Staat abhängige Mitglieder leistungsschwacher Produktionskollektive war ein Wendepunkt, der, verspätet durch den deutsch-sowjetischen Krieg, eine Vereinheitlichung beider Teile der Sowjetischen Weißrussischen Republik bewirkte. Um dieses Ziel zu erreichen, wurden die sowjetischen Erfahrungen der Dreißigerjahre des 20. Jahrhunderts zugrundegelegt, die trotz aller negativen Auswirkungen als unverrückbares Vorbild für die Gebiete galten, die nach 1944 dauerhaft in die UdSSR eingegliedert wurden.

Aus dem Polnischen übersetzt von Daniela Fuchs-Frotscher


1 Siehe Moshe Lewin: Russian Peasants and Soviet Power. A Study of Collectivization, New York 1968.

2 Als Beispiele für die Publikation von Primärquellen siehe Н. Н. Покровский (ред.): Политбюро и крестьянство: Высылка, спецпоселение 1930-1940 [N. N. Pokrowski u. a.: Das Politbüro und die Bauern: Deportationen und Sonderansiedlung 1930–1940], Band 1–2, Moskau 2005–2006; А. Берелович и В. Данилов (ред.): Советская деревня глазами ОГПУ-НКВД. Документы и материалы [A. Berelowicz/W. Danilow (Hg.): Das sowjetische Dorf im Auge von OGPU – NKWD. Dokumente und Materialien], Band 3, Teil 1–3, Moskau 2003–2005; »Тянут с мужика последние жилы ...» Налоговая политика в деревне (1928-1937 гг.). Сборник документов и материалов [»Sie fordern von den Bauern ihr Letztes …«. Steuerpolitik gegenüber dem Dorf (1928–1937). Dokumenten- und Materialsammlung], Moskau 2007; Трагедия советской деревни. Коллективизация и раскулачивание. Документы и материалы [Tragödie des sowjetischen Dorfes. Kollektivierung und Entkulakisierung. Dokumente und Materialien], Band 1–5, Moskau 1999–2006; История сталинского Гулага. Конец 1920-х первая половина 1950-х [Geschichte des Stalin-Gulag. Ende der Zwanziger- bis zur ersten Hälfte der Fünfzigerjahre], Band 1–6, Moskau 2004; Н. Л. Побол и П. М. Полян (ред.): Сталинские депортации 1928–1953. Документы [N.L. Pobol/P.M. Polian (Hg.): Stalins Deportationen. Dokumente], Moskau 2005. Die Anzahl der Arbeiten, die das Problem als Ganzes oder teilweise behandeln, ist groß. Beispielhaft seien genannt: Н. А. Ивницкий, Судьба раскулаченных в СССР [N.A. Iwnickij: Das Schicksal der Entkulakisierten in der UdSSR], Moskau 2004; Sheila Fitzpatrick: Stalin’s peasant. Resistance and survival in the russian village after collectivization, New York 1994; Beatrice Fransworth/Lynne Viola (Hg.): Russian Peasant Women, New York 1992. Auch die deutsche Historiografie befasste sich intensiv mit diesem Thema. Siehe u. a. Helmut Altrichter: Die Bauern von Tver. Vom Leben auf dem russischen Dorfe zwischen Revolution und Kollektivierung, München 1984; Stephan Merl: Sozialer Aufstieg im sowjetischen Kolchossystem der 30er Jahre? Über das Schicksal der bäuerlichen Parteimitglieder, Dorfsowjetvorsitzenden, Posteninhaber in Kolchosen, Mechanisatoren und Stachanowleute, Berlin 1990; Diana Siebert: Bäuerliche Alltagsstrategien in der Belarussischen SSR (1921–1941). Die Zerstörung patriarchalischer Familienwirtschaft, Stuttgart 1998; Markus Wehner: Bauernpolitik im proletarischen Staat. Die Bauernfrage als zentrales Problem der sowjetischen Innen-
politik 1921–1928, Köln 1998.

3 Siehe David Feest: Zwangskollektivierung im Baltikum. Die Sowjetisierung des estnischen Dorfes 1944–1953, Köln 2007.

4 In der weißrussischen Historiografie gibt es Arbeiten, die sich mit dem Problem der Umgestaltung des Dorfes beschäftigen. In der Regel behandeln sie das Westgebiet Weißrusslands jedoch sehr oberflächlich. Eine Ausnahme ist die Arbeit von V. A. Belozorovič. Aber in Hinblick auf die Art und Weise der Analyse ist sie weit davon entfernt, das Thema auszuschöpfen. Siehe В. А. Белозорович: Западнобелоруская деревня в 1939–1953 годах [V. A. Belozorovič: Das westweißrussische Dorf in den Jahren 1939–1953], Grodno 2004. Die Arbeiten aus der sowjetischen Zeit sind gegenwärtig nur von geringem wissenschaft-
lichen Wert.

5 Ein Ergebnis des von der Autorin von 2002 bis 2008 durchgeführten Forschungsprojekts ist das Buch: Wieś zachodniobiałoruska. Wybrane aspekty [Das westweißrussische Dorf. Ausgewählte Aspekte], Wrocław 2010.

6 Siehe Piotr Eberhardt: Przemiany narodowościowe na Białorusi [Nationale Veränderungen in Weißrussland], Warschau 1994, S. 99. Die Daten beruhen auf Schätzungen. Das letzte allgemeine Verzeichnis wurde während der II. Polnischen Republik 1931 angefertigt. Außerdem herrschte in den östlichen Wojewodschaften teilweise nationale Selbstbestimmung. Dies ist auch ein Grund dafür, warum die Religion von so großer Bedeutung war. Mehr über dieses Gebiet, seine Bevölkerung, seine Wirtschaft und politischen Probleme, siehe bei Werner Benecke: Die Ostgebiete der Zweiten Polnischen Republik, Köln 1999; Eleonora Kirwiel: Kresy Północno-Wschodnich Rzeczypospolitej Polskiej w latach 1918–1939. Oblicze polityczne [Die nordöstlichen Grenzgebiete der Polnischen Republik in den Jahren 1918–1939. Politisches Antlitz], Lublin 2011.

7 Siehe M. Mieszczankowski: Struktura agrarna Polski międzywojennej [Die Agrarstruktur Polens in der Zwischenkriegszeit], Warschau 1960, S. 174–202.

8 Siehe Krzysztof Jasiewicz: Zagłada polskich Kresów. Ziemiaństwo polskie na Kresach Północno-Wschodnich Rzeczpospolitej pod okupacją sowiecką 1939–1941 [Der Untergang der polnischen Grenzgebiete. Polnische Gutsbesitzer aus den nordöstlichen Grenzgebieten der Republik unter sowjetischer Okkupation 1939–1941], Warschau 1997, S. 87–102, 239–256. Marek Wierzbicki: Polacy i Białorusini w zaborze sowieckim. Stosunki polsko-białoruskie na ziemiach północno-wschodnich II Rzeczypospolitej pod okupacją sowiecką 1939–1941 [Polen und Weißrussen unter sowjetischer Annexion. Polnisch-weißrussische Beziehungen in den nordöstlichen Gebieten der II. Republik unter sowjetischer Okkupation 1939–1941], Warschau 2000, S. 286 f.

9 Siehe Małgorzata Ruchniewicz: Stosunki narodowościowe w latach 1939–1948 na obszarze tzw. Zachodniej Białorusi [Die nationalen Beziehungen in den Jahren 1939–1948 auf dem Gebiet des sog. Westweißrusslands], in: Stanisław Ciesielski (Hg.): Przemiany narodowościowe na Kresach Wschodnich II Rzeczypospolitej 1931–1948 [Nationale Veränderungen in den östlichen Grenzgebieten der II. Republik 1931–1948], Toruń 2003, S. 262–273.

10 Siehe Christian Gerlach: Kalkulierte Morde. Die deutsche Wirtschafts- und Vernichtungspolitik in Weißrußland 1941 bis 1944, Hamburg 1999, S. 503–747. Siehe auch Shalom Cholawsky: The Jews of Belarussia during World War II, Amsterdam 1998; Генацыд у другой сусветнай вайне. Праблемы даследавання (у памяць ахвяр Трасцянца) [Genozid während des Zweiten Weltkrieges. Forschungsprobleme], Minsk 2003.

11 Zum Alltagsleben während der Okkupation in diesen Gebieten, siehe Alexander Brakel: Unter Rotem Stern und Hakenkreuz: Baranowicze 1939 bis 1944. Das westliche Weißrussland unter sowjetischer und deutscher Besatzung, Paderborn 2009; Bernhard Chiari: Alltag hinter der Front. Besatzung, Kollaboration und Widerstand in Weißrußland 1941–1944, Düsseldorf 1998; Babette Quinkert: Propaganda und Terror in Weißrussland 1941–1944. Die deutsche »geistige Kriegsführung« gegen Zivilbevölkerung und Partisanen, Paderborn 2009.

12 Siehe E. Mironowicz/S. Tok´c/R. Radzik: Zmiana struktury narodowościowej na pograniczu polsko-białoruskim w XX. wieku [Die Veränderung der Nationalitätenstruktur im polnisch-weißrussischen Grenzgebiet im 20. Jahrhundert], Białystok 2005, S. 85.

13 Siehe Zygmunt Boradyn: Niemen rzeka niezgody. Polsko-sowiecka wojna partyzantka na Nowogródczyźnie 1943–1944 [Njemen – ein Fluss der Zwietracht. Der polnisch-sowjetische Partisanenkrieg im Nawahradaker Gebiet 1943–1944], Warschau 1999, S. 85.

14 Siehe Памяць Белорусии 1941–1945. Республиканская книга [Das Gedächtnis Weißrusslands 1941–1945. Das Republikbuch], Minsk 2005.

15 Berichte über die Tätigkeit von Untergrundgruppen finden sich recht zahlreich in den Materialien untergeordneter Parteiorgane. Beispielsweise: Bericht zum Thema der Untergrundtätigkeit im Bezirk Brest im Zeitraum von Juli bis November 1944, in: Национальный архив Республики Беларусь/Nationalarchiv der Republik Belarus (im Folgenden: NARB), f. 4p, оp. 29, d. 32, Bl. 59–63. Information über Fakten terroristischer Tätigkeit von Banden im Bezirk Polozk, in: NARB, f. 4p, op. 29, d. 42, Bl. 42. Information über Tätigkeit von weißen Banditen im Rajon Woronow im Bezirk Grodno vom 21. Januar 1945, in: NARB, f. 4p, op. 29, d. 42, Bl. 8. Bericht über terroristische Akte im Bezirk Grodno vom 
2. April 1945, in: Государственный архив области Гродненской/Staatsarchiv des Bezirks Grodno, 
f. 1171, op. 1, d. 25, Bl. 53. Siehe auch Andrzej Chmielarz: Likwidacja podziemia polskiego na Nowogródczyźnie i Wileńczyźnie (lipiec 1944 – lipiec 1945) [Die Liquidierung des Untergrunds im Gebiet von Nawahradak und Vilnius (Juli 1944 – Juli 1945)], in: Z dziejów Armii Krajowej na Nowogródczyźnie i Wileńczyźnie (1941–1945) [Zur Geschichte der Heimatarmee im Gebiet von Nawahradak und Vilnius (1941–1945)], Studie, Warschau 1997.

16 Siehe Rafał Wnuk: Polska konspiracja antysowiecka na Kresach Wschodnich II RP w latach 1939–1941 
i 1944–1952 [Die polnische antisowjetische Konspiration in den östlichen Grenzgebieten der 
II. Polnischen Republik in den Jahren 1939–1941 und 1944–1952], in: Krzysztof Jasiewicz (Hg.): Tygiel narodów. Stosunki społeczne i etnicze na dawnych ziemiach wschodnich Rzeczypospolitej 1939–1953 [Der Schmelztiegel der Völker. Gesellschaftliche und ethnische Beziehungen in den ehemaligen Ostgebieten der Republik 1939–1953], Warschau 1992, S. 229–246. Siehe auch Кузнецов, Карательные органы на Беларуси (1944–1953) [Die Straforgane in Weißrussland 1944–1953], »Беларусь у ХХ стагоддзи« (2004), H. 3, in: www.homoliber.org./ru/xx/xx030112.html, ges. am 18. Dezember 2012; 
W. Materski/A. Paczkowski (Hg.): Dok 5, in: NKWD o Polsce i Polakach. Rekonesans archiwalny [NKWD über Polen und die Polen. Archivalische Erkundung], Warschau 1996, S. 100; И. А. Валаханович: Антисоветское подполье на территории Беларуси в 1944–1953 гг. [I. A. Walachanowicz: Antisowjetischer Untergrund in Weißrussland 1944–1953], Minsk 2002, S. 128.

17 Siehe Information an den Vorsitzenden des Ministerrates der Weißrussischen Sozialistischen Sowjetrepublik K. Mazurov vom 26. April 1956, in: NARB, f. 4, op. 62, d. 450, Bl. 708 f.; Ю. Грибовский, Судьба бывших военнослужащих армии Андерса – репатриантов в Беларусь [Ju. Grybowskij: 
Das Schicksal der ehemaligen Soldaten der Anders-Armee – Rückkehrer in Weißrussland] (2003), H. 2, in: www.homoliber.org./ru/xx/xx020110.html, ges. am 18. Dezember 2012.

18 Siehe Verzeichnis des Büros des Hauptvertreters für Evakuierung des Ministerrates der Weißrussischen Sozialistischen Sowjetrepublik vom 10. Juli 1946, in: NARB, f. 788, op.1, d. 23, Bl. 28.

19 Siehe ebd., Bl. 27.

20 Siehe Piotr Eberhardt: Polska ludność kresowa. Rodowód, liczebność, rozmieszczenie [ Die polnische Bevölkerung im Grenzgebiet. Herkunft, Zahlen, Verteilung], Warschau 1998, S. 75–78.

21 Nach der Vertreibung der Deutschen aus diesem Gebiet berichteten sowjetische Armeeführer über ihre Gespräche mit Bauern, in denen diese u. a. ihre Furcht vor der Einführung der Kollektivierung ausdrückten. »Das Hauptproblem, das die Bauern im befreiten Gebiet Westweißrusslands beschäftigt, ist die Frage, ob es Kolchosen geben wird oder nicht«, fasste ein Offizier nach einem Treffen mit der Bevölkerung im August 1944 seine Eindrücke zusammen. Siehe Schreiben von Oberst Griška an General Telegin vom 
26. August 1944, in: NARB, f. 4p, op. 29, d. 61, Bl. 110.

22 Siehe И. А. Валаханович: Антисоветское подполье (Anm. 16).

23 Information über die Situation im Bezirk Grodno vom 11. April 1945, in: NARB, f. 4p, op. 29, d. 62, Bl. 16.

24 Siehe Information über die Missstände in der Abteilung Erfüllung der Beschlüsse des Ministerrates der Weißrussischen Sozialistischen Sowjetrepublik und des ZK der Kommunistischen Partei Weißrusslands vom 21. November 1944, in: NARB, f. 4p, op. 28, d. 184, Bl. 10.

25 Siehe ebd.

26 Siehe Schreiben des Sekretärs des ZK der Kommunistischen Partei Weißrusslands B. P. Ponomarienko vom 21. Juli 1945 über die Mängel bei der Organisation der Beschaffung von Arbeitskräften, in: NARB, f. 4p, op. 29, d. 102, Bl. 73 f.

27 Siehe Information über die Missstände in der Abteilung Erfüllung der Beschlüsse des Ministerrates der Weißrussischen Sozialistischen Sowjetrepublik und des ZK der Kommunistischen Partei Weißrusslands vom 21. November 1944, in: NARB, f. 4p, op. 28, d. 184, Bl. 13.

28 Siehe Feest: Zwangskollektivierung (Anm. 3).

29 In den Archiven fanden sich keinerlei Materialien, die auf einen selbstständigen Vorschlag in Bezug auf die Entwicklung der Landwirtschaft im Westgebiet der Republik hindeuteten.

30 Siehe История советского крестьянства [Geschichte der sowjetischen Bauern], Bd. 4, Moskau 1988, S. 141.

31 Siehe Dokument 52, in: Аграрные преобразования в молодечненской области 1944–1953. Документы [Die Veränderungen auf dem Agrarsektor im Maladsetschna-Bezirk 1944–1953. Dokumente], Minsk 2003, S. 158.

32 Siehe Information an den Vorsitzenden des Ministerrates der Weißrussischen Sozialistischen Sowjet-
republik K. Mazurov vom 26. April 1956, in: NARB, f. 4, op. 62, d. 450, Bl. 708 f.

33 Vor dem deutschen Angriff auf die UdSSR wurde das Bestehen von 1115 Kolchosen notiert. Ein Teil von ihnen wurde erst in den letzten Wochen berufen, funktionierte aber faktisch nicht. Siehe Information aus der Abteilung Landwirtschaft des ZK der Kommunistischen Partei Weißrusslands vom 13. Dezember 1944, in: NARB, f. 4, op. 46, d. 106, Bl. 3.

34 Siehe А. П. Белязо: Беларуская веска у пасляваенныя гады (1945–1950) [A. P. Bieliazo: 
Das weißrussische Dorf in der Nachkriegszeit (1945–1950)], Minsk 1974, S. 143 f.

35 Die gravierendsten Vorfälle wurden im ZK der Kommunistischen Partei Weißrusslands erörtert und manchmal wurde eingegriffen: Information über die Ergebnisse der Arbeitskontrolle durch die sowjetischen Organe des Bezirks Maladsetschna zum Vorgehen bei der Kollektivierung vom 3. November 1949, in: NARB, f. 4p, op. 46, d. 439, Bl. 244; Beschluss des Büros des Rajonkomitees der Kommunistischen Partei Weißrusslands vom 17. Juni 1949, in: NARB, f. 4p, op. 51, d. 1454, Bl. 154 f.; Bericht über den Stand des Kolchosaufbaus im Bezirk Brest vom 8. April 1949, in: NARB, f. 4p, op. 46, d. 398, Bl. 45 f.; Dokument 96, in: Аграрные преобразования (Anm. 31), S. 255; Beschluss des Büros des Rajonkomitees der Kommunistischen Partei Weißrusslands zur Verletzung des sowjetischen Rechts im Rajon Smorgon im Bezirk Maladsetschna vom 4. Juli 1950, in: NARB, f. 4p, op. 81, d. 318, Bl. 9; Schreiben an den Sekretär des ZK der Kommunistischen Partei Weißrusslands B. Zakrudaev wegen Verletzung der Freiwilligkeit bei der Bildung von Kolchosen im Rajon Lida vom 4. Mai 1949, in: NARB, f. 4p, op. 46, d. 392, Bl. 95–98.

36 Siehe statistische Berichte über die Fortschritte bei der Kollektivierung, in: NARB, f. 4p, op. 46, d. 444, Bl. 71–77; NARB f. 7, op. 3, d. 1116, Bl. 35–41, 169.

37 Siehe Dokument 120, in: Аграрные преобразования (Anm. 31), S. 313.

38 Siehe Bericht vom Plenum des ZK der Kommunistischen Partei Weißrusslands vom 12. bis 14. Februar 1951, in: NARB, f. 4p, op. 20, d. 271, Bl. 5–35.

39 In der gesamten UdSSR schrumpfte die Zahl der Bauernhöfe in den Jahren 1950 bis 1953 von 255 000 auf 94 000.

40 Siehe Information über die Teilnahme von arbeitsfähigen Kolchosbauern an der Kolchosarbeit in den Westbezirken der Weißrussischen Sozialistischen Sowjetrepublik in den Jahren 1948–1949, in: NARB, 
f. 915, op. 2, d. 47, Bl. 286.

41 Siehe Information an den Sekretär des ZK der Kommunistischen Partei Weißrusslands B. Zakrudaev vom 28. April 1950, in: NARB, f. 4p, op. 46, d. 450, Bl. 57–60; Information über Fälle von Verenden von Tieren in Kolchosen der Rajons Miadziol und Smorgon vom 12. Januar 1952, in: NARB, f. 4p, op. 46, 
d. 617, Bl. 131 f. Bericht über Untersuchungsergebnisse zu Vorkommnissen von massenhaftem Verrecken von Vieh in den Rajons Luninez und Logischin im Bezirk Pinsk vom 5. Januar 1953; ebd., Bl. 61–63.

42 Siehe Information über die Frühjahrsaussaat im Bezirk Grodno vom 22. April 1950, in: NARB, f. 7, 
op. 3, d. 1137, Bl. 77; Bericht über die organisatorisch-wirtschaftliche Lage der Kolchosen in den Westbezirken der Weißrussischen Sozialistischen Sowjetrepublik vom November 1951, in: NARB, f. 4p, op. 46, d. 488, Bl. 227.

43 Siehe Information über die Kontrollergebnisse durch die Organe im Rajon Luninez im Bezirk Pinsk vom 31. August 1949, in: NARB, f. 4p, op. 46, d. 39, Bl. 305; Information über den Stand des Kampfes gegen die Verletzung des Statuts der landwirtschaftlichen Genossenschaft in den Kolchosen der Weißrussischen Sowjetischen Sowjetrepublik vom 25. August 1950, in: NARB, f. 7, op. 3, d. 1153, Bl. 62–65.

44 Am Beispiel Grodno, der größten Stadt dieses Teils der Republik beschrieb Felix Ackermann diese Erscheinung. Siehe Felix Ackermann: Vom Dorf nach Grodno. Die Sowjetisierung Westweißrusslands als Akkulturationsprozess dörflicher Migranten, in: Thomas Bohn (Hg.): Von der »europäischen Stadt« zur »sozialistischen Stadt« und zurück? Urbane Transformationen im östlichen Europa des 20. Jahrhunderts, München 2009, S. 335–359; Felix Ackermann: Palimpsest Grodno. Nationalisierung, Nivellierung und Sowjetisierung einer mitteleuropäischen Stadt 1919–1991, Wiesbaden 2010, S. 254–258.

45 Siehe Schreiben der Abteilung Landwirtschaft des ZK der Kommunistischen Partei Weißrusslands an den 1. Sekretär des ZK der Kommunistischen Partei Weißrusslands Patoličev vom Dezember 1951, in: NARB, f. 4p, op. 47, Bd. 345, Bl. 14.

46 Siehe Dokument 95, in: Аграрные преобразования (Anm. 31), S. 252; Information über die wirtschaftliche Tätigkeit der Kolchosen im Kreis Grodno 1951, in: NARB, f. 4p, op. 46, d. 564, Bl. 24 f.

47 Im Republikmaßstab wurde die Flächensaat von 1941 erst 1953 erreicht.

48 Dokument 4, in: Освобождëнная Беларусь январь – декабрь 1945 [Das befreite Weißrussland. Januar – Dezember 1945], Bd. 2, Minsk 2005, S. 23–25.

49 Diese Aktivität wurde akribisch in Berichten von verschiedenen Ebenen der Verwaltung beschrieben. Zum Beispiel: Information über den Stand der massenpolitischen Arbeit unter der Dorfbevölkerung des Bezirkes Polozk vom April 1947, in: NARB, f. 4p, op. 29, d. 570, Bl. 253 f.; Bericht an den Sekretär des ZK der KP Weißrusslands W. Tomaševič über die massenpolitische Arbeit im Zusammenhang mit dem 10. Jahrestag der Vereinigung Weißrusslands 1949, in: NARB, f. 4p, op. 47, Bd. 198, Bl. 1–10; Bericht über die massenpolitische und Propagandaarbeit in den Westbezirken der Weißrussischen Sozialistischen Sowjetrepublik im Zusammenhang mit der Kollektivierung der Landwirtschaft 1950, in: NARB, f. 4p, op. 47, d. 224, Bl. 200 f.

50 Siehe Information über die Arbeit der Politabteilungen der MTS in den Westbezirken der Weißrussischen SSR, in: NARB, f. 4p, op. 46, d. 480, Bl. 1–25; Bericht über die Arbeit der Politabteilungen der Maschinen-Traktoren-Stationen (vor dem 9. Januar 1951), in: NARB, f. 4p, op. 62, d. 199, Bl. 1 f.

51 Siehe Beschluss des Büros des ZK der KP Weißrusslands »Über die Unzulänglichkeiten in der Arbeit der dörflichen Grundorganisationen des Komsomol in den Westbezirken der Weißrussischen SSR« vom 
22. August 1950, in: NARB, f. 4p, op. 81, d. 340, Bl.10 f.

52 Propagierte Rollen und Frauengestalten werden in Minibiografien beförderter und geschulter Bauernfunktionärinnen deutlich, aber auch in Themen von Vorlesungen und Gesprächen für Dorfbewohnerinnen. Siehe weiter Berichte der Abteilungen in den einzelnen Bezirken der Weißrussischen SSR (NARB, f. 4p, op. 49).

53 Siehe Information über den Stand der massenpolitischen Arbeit unter den Frauen im Rajon Lida und Sopockin im Bezirk Grodno in den Jahren 1946–1947, in: NARB, f. 4p, op. 49, d. 16, Bl. 23; Bericht über die massenpolitische und kulturelle Arbeit unter den Frauen im Bezirk Brest nach dem Stand vom 
1. Januar 1950, in: NARB, f. 4p, op. 49, d. 23, Bl. 16 f.

54 Über die sowjetische Politik gegenüber dem Katholizismus in Weißrussland siehe Е. С. Ярмусик: Католический костëл в 1945–1990 в годах [E. S. Jarmusik: Die katholische Kirche in den Jahren 1945–1990], Grodno 2006 .

55 Siehe statistische Information über die Registrierung von Kirchen und Bethäusern in den Jahren 1945–1946, in: NARB, f. 951, op. 2, d. 2, Bl. 34–40; Bericht des Beauftragten des Rates für Religiöse Kulte in der Weißrussischen SSR für 1945, in: NARB, f. 952, op. 2, d. 2, Bl. 275.

56 Siehe Bericht über den Stand und die Tätigkeit religiöser Gemeinschaften auf dem Gebiet der Weiß-
russischen SSR im IV. Quartal 1951, in: NARB, f. 952, op. 2, d. 28, Bl. 199.

57 Über seinen weiteren Verlauf siehe Rayk Einax: Entstalinisierung in Weißrussland 1953–1965 (Maschinenschriftliche Dissertation, verteidigt 2011).

Inhalt – JHK 2013

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