JHK 2014

Vier Möglichkeiten, die Geschichte der DKP zu erzählen: Politische Erinnerungen ehemaliger DKP-Funktionäre

Jahrbuch für Historische Kommunismusforschung | Seite 29-46 | Metropol Verlag

Autor/in: Knud Andresen

Die Deutsche Kommunistische Partei (DKP) war nach ihrer Gründung im September 1968 in Westdeutschland ein wichtiger Bestandteil des linken Milieus der alten Bundesrepublik. Organisiert von Mitgliedern der illegalen KPD,1 gewann sie viele Mitglieder vor allem aus der zerfallenden Außerparlamentarischen Opposition (APO). Zu ihren besten Zeiten waren rund 40 000 Parteimitglieder in der DKP aktiv.2 Die Partei kann als eine spezifische Ausprägung des linken Milieus der alten Bundesrepublik betrachtet werden, indem sie den orthodoxen Marxismus und das Erbe der KPD vertrat. Trotz parlamentarischer Bedeutungslosigkeit war die DKP nicht ohne Einfluss. Zwar erreichte sie bei Bundestagswahlen niemals mehr als 0,3 Prozent der Stimmen und gewann nur einige kommunale Mandate. Aber an den Universitäten fanden die DKP bzw. ihr Marxistischer Studentenbund (MSB-Spartakus) in den Siebzigerjahren regen Zuspruch. Das Gleiche galt für den Jugendverband Sozialistische Deutsche Arbeiter-Jugend (SDAJ), der sich erfolgreich in der Jugendarbeit engagierte. Für linke Intellektuelle war die DKP in ihren Anfangsjahren durchaus attraktiv.3

Als problematisch erwies sich allerdings die politische Fixierung auf die DDR und die Sowjetunion. Zwar ermöglichte der ressourcenträchtige, aus der DDR finanzierte Apparat mit bis zu 800 Hauptamtlichen eine hohe Kampagnenfähigkeit. Aber mit der dogmatischen Verteidigung der DDR verlor die DKP an Anziehungskraft in den linken Milieus. Sei es die Ausbürgerung Wolf Biermanns 1976 oder die eigentümliche Argumentation, Atomkraftwerke seien in sozialistischen Ländern sicher – gegenüber den Neuen Sozialen Bewegungen war die DKP gewissermaßen hilflos. Dies änderte sich mit der Friedensbewegung Anfang der Achtzigerjahre nur scheinbar. Zwar konnte die DKP den Minimalkonsens der Verhinderung des NATO-Doppelbeschlusses durchsetzen und Kritik an sowjetischer Rüstung als »Antikommunismus« teilweise stigmatisieren. Nicht wenigen erschien daher die Friedensbewegung als größter politischer Erfolg der kleinen Partei.4 Der Einfluss der DKP in der Friedensbewegung, verbunden mit vielen Kontakten zu Nicht-Kommunisten, führte langfristig aber zu einer Destabilisierung der Partei. Für Georg Fülberth, als Politikprofessor in Marburg einer der intellektuellen Aushängeschilder der DKP, markierte die Friedensbewegung eher den Niedergang der DKP, da die Parteimitglieder in offenen Diskussionen neue intellektuelle Anregungen erhielten.5 Dadurch wuchs eine kritische Strömung in der Partei, die sich nach dem Parteitag 1986, als es unter dem Eindruck des Reaktorunglücks in Tschernobyl zu bisher ungewohnten Auseinandersetzungen kam, als »Erneuerer-Strömung« zu sammeln begann und sich 1989 organisierte. Damit kündigte sie das leninistische Fraktionsverbot in einer kommunistischen Partei auf. Ein wichtiger Impuls waren auch die im Zuge der Perestroika aufkommenden Diskussionen um stalinistische Verbrechen, die in der Partei lange Zeit als Propaganda abgetan wurden. Zwar behielten die dogmatischen Traditionalisten, meist als »Bewahrer« bezeichnet, die Mehrheit in den Gremien der Partei, aber Mitte 1989, als die Erneuerer verloren hatten, befand sich die DKP faktisch in der Auflösung. Der Todesstoß kam mit dem Zusammenbruch der DDR und den ausbleibenden finanziellen Transfers. Das Parteiimperium mit eigenen Druckereien, Buchhandlungen, Parteischulen und dem hauptamtlichen Parteiapparat zerfiel; übrig blieb ein Rest von rund zehn Prozent der früheren Mitglieder, häufig aus traditionell kommunistisch eingestellten Familien stammend. Die Begründung für ihren Fortbestand war, dass eine revolutionäre und marxistische Perspektive aus Prinzip aufrechtzuhalten sei.6

Historiografisch ist es ruhig um die Partei geblieben. Dies ist in zweierlei Hinsicht auffällig: zum einen, weil die DKP über Jahrzehnte zum prominentesten Beobachtungsobjekt des westdeutschen Verfassungsschutzes gehörte,7 und zum anderen, weil sie als »Interventionsapparat« der SED in der Bundesrepublik auch im breiten Strom der DDR-Forschung zu finden ist.8 Über die KPD gibt es Studien, die nach dem Parteimilieu fragen.9 Für die DKP ist diese Perspektive bisher kaum aufgegriffen worden, es dominieren politisch-ideologische Auseinandersetzungen. Aber dies ist nur eine Facette der DKP-Geschichte, denn sie ist auch eine der Nachfolgeparteien von 1968. Im Streit um die Folgen der Achtundsechziger-Bewegung hat die Neue Linke in ihren vielen Spielarten von K-Gruppen, Spontis und Alternativen inzwischen in der bundesdeutschen Erinnerungskultur ihren Platz gefunden. Dazu hat auch der Aufstieg der Partei Die Grünen beigetragen, die als mehr oder weniger legitime Erbin der Achtundsechziger-Bewegung gilt.10

Einen wichtigen Beitrag zu dieser Wahrnehmung hat Gerd Koenen mit seinem Buch Das rote Jahrzehnt geleistet. Hier findet die DKP ihren Platz als Teil der linken Gegenkulturen.11 Koenen hat sein Panorama der Linken als Familiengeschichte erzählt. Darin spiegelt sich auch seine eigene Biografie als Funktionär des Kommunistischen Bundes Westdeutschland (KBW) wider: In seinem Großessay greift er durchaus auf Wahrnehmungsmuster der Siebzigerjahre zurück. Biografische Rückblicke von Mitgliedern ehemaliger K-Gruppen oder deren Umfeld sind allerdings eher selten. Teilweise fließen sie, wie bei Koenen, in historische Darstellungen ein,12 teilweise finden sich Beschreibungen der Siebzigerjahre in biografischen Erzählungen von Angehörigen der Achtundsechziger-Bewegung.13 Die meisten Rückblicke stammen von ehemaligen Anhängern terroristischer Gruppen wie der Bewegung 2. Juni oder der Roten Armee Fraktion, die vor allem als Rechtfertigungsschriften angelegt und häufig in Interviewform erfasst sind.14 In einem instruktiven Band sprechen 16 ehemalige Bremer Schülerinnen und Schüler, die zwischen 1950 und 1955 geboren sind, über ihre politische und persönliche Entwicklung. Diese Erzählgemeinschaft hatte sich auf einem gemeinsamen Treffen 2006 konstituiert. Neun der Beteiligten waren in der DKP oder dem MSB. Im gemeinsamen Sprechen über vergangene Zeiten wird die ehemalige Parteimitgliedschaft zu einer möglichen von mehreren Varianten, die ehemalige Achtundsechziger gewissermaßen wählen konnten. Doch am Ende überwiegen die gemeinsamen Erfahrungen.15 Dennoch gehört das Bekenntnis zu einer DKP-Vergangenheit zu den weniger verbreiteten biografischen Statements in bundesdeutschen Medien. Eine politische Scham über die Apologie der DDR scheint zu bewirken, dass ehemalige DKP-Mitglieder mit weniger Selbstbewusstsein als andere Neue Linke über ihre politische Vergangenheit erzählen.

Autobiografien als Quelle

Über die politische Bedeutung(slosigkeit) der DKP sind wir durch die Forschung zwar nicht erschöpfend, jedoch in Grundzügen gut informiert. Aber wie berichten ehemalige DKP-Funktionäre von ihrer Zugehörigkeit? Und wem erzählen sie ihre Lebensgeschichte? Im Sinne einer akteurszentrierten Sicht auf Politikgeschichte sind subjektive Zeugnisse eine hilfreiche Quelle. Warum entschieden sich nach 1968 junge Westdeutsche für die DKP? Was faszinierte sie, und was hielt sie viele Jahre in der Partei?

Es gibt autobiografische Schriften, in denen ehemalige Funktionäre über ihre Entwicklung zum orthodoxen Kommunisten berichten. Die sechs hier besprochenen Werke sind zwischen 2000 und 2011 erschienen, bis auf zwei in kleineren linken Verlagen. Sie stammen – mit einer Ausnahme – von ehemaligen hauptamtlichen Funktionären. Die Autoren sind ausschließlich Männer, was insofern überrascht, da der Anteil von Frauen, auch in leitenden Funktionen, in der DKP hoch war.16 Autobiografische Rückblicke von weiblichen DKP-Mitgliedern sind bei den Recherchen aber nicht bekannt geworden. Die untersuchten Bücher sind keine Autobiografien im klassischen Sinn des Genres, sondern eher politische Erinnerungen mit biografischen Elementen. Vier Erzählstrategien werden darin deutlich: Die überindividuelle Erinnerung an die Partei als Lebensinhalt bei Herbert Mies und Richard Kumpf, zwei Funktionären der FDJ-Generation der DKP. Die schambesetzte Form der Erzählung bei Wilfried Reckert, die Einblicke in das Parteimilieu ermöglichende Erzählung bei Harald Werner und dem einzigen Nicht-Funktionär Richard David Precht und schließlich die Geschichte der DKP als Coming-of-Age-Erzählung bei Adrian Geiges.

Bevor die einzelnen Werke genauer untersucht werden, noch einige Bemerkungen zu Autobiografien als historische Quelle. Sie sind nicht auf Wahrheitstreue hin zu lesen, denn Autobiografien zeichnet aus, dass sie Produkte der Schreibzeit sind, deren Quellenwert für die jeweils beschriebene Zeit prinzipiell kritisch einzuschätzen ist.17 Die gegenwärtige Erzählsituation prägt Darstellungen und Deutungen. Darin sind Erfahrungen im Sinne von gedeuteten Erlebnissen zwar »aufgeschichtet«, unterliegen aber auch beständigen Anpassungsprozessen.18 Autobiografien sind narrative Sinnkonstruktionen, die auch darüber Auskunft geben, was der Verfasser für sagbar hält. Unter Anpassungsprozess ist zu verstehen, dass vor dem Hintergrund der gegenwärtigen Lebenssituation geschrieben wird, genauso wie vor einer gedeuteten politischen und gesellschaftlichen Situation. Bei Autobiografien ehemaliger Kommunisten in der alten Bundesrepublik sind zwei wichtige Merkmale beobachtet worden: Die sogenannte Renegatenliteratur unterscheidet zwischen zwei Gruppen von Adressaten. Zum einen wurde den ehemaligen Genossen versucht zu erklären, warum man nicht mehr in der Partei sei; zum anderen den Lesern in der Bundesrepublik, bei denen man um Verständnis warb, warum man überhaupt Kommunist geworden sei.19 Ein zweites, wichtiges Element war die Aufrechterhaltung der eigenen Identität gegenüber der Partei.20 Konflikte oder die Kindheit hatten die Funktion, »eine Geschichte der eigenen Individualität zu konstituieren, die über die Bindung der Partei hinausgeht und diese überwindet«.21

Für die hier behandelten Autobiografien trifft das erste Merkmal nur noch eingeschränkt zu. Nach dem Zusammenbruch der DDR fehlte die übermächtige Partei, gegenüber der sich die Autoren zu rechtfertigen gehabt hätten. In den Vordergrund rückte vielmehr, die eigene kommunistische Vergangenheit einem Publikum zu erklären, das sich immer weniger deren Bedeutung bewusst war. Bei allen Autoren spielt die eigene Individualität neben der Partei eine wichtige Rolle. Während die älteren Funktionäre Mies und Kumpf sich immer noch an die Partei klammern, entheben sich die jüngeren Funktionäre jeglicher Pathosformeln. Sie verfassen Selbstverständigungsschriften, in denen auch ein eigenes Erstaunen über die frühere Arbeit zum Ausdruck kommt.

Überindividuelle Erinnerungen und die Partei als Lebensinhalt: 
Herbert Mies und Richard Kumpf

Als Herbert Mies, Parteivorsitzender der DKP von 1973 bis 1990, 2009 seine Autobiografie veröffentlichte, waren die wenigen Rezensenten sich einig, dass er die »Parteibrille« nicht abgelegt habe.22 1929 in Mannheim geboren, war er nach dem Krieg Mitglied der KPD und der FDJ geworden. Von 1947 bis 1949 auf der Parteihochschule Karl Marx in der SBZ ausgebildet, wurde er Mitglied im Zentralbüro der westdeutschen FDJ und schließlich Vorsitzender der bereits 1951 in der Bundesrepublik verbotenen Organisation. Er siedelte in die DDR um und studierte von 1956 bis 1959 in Moskau. Seit 1954 Mitglied im Zentralkomitee der KPD, war Mies ab 1963 Kandidat und Sekretär des Politbüros der KPD und 1968 als leitender Funktionär an den Gründungen von SDAJ und DKP maßgeblich beteiligt. Zuerst als stellvertretender, ab 1973 dann als Vorsitzender prägte er die Politik der DKP. Bis heute hält Mies an der unverbrüchlichen Treue zur Sowjetunion fest. Deren Verschwinden lässt ihn aber nicht allein zurück. Zwar betont er, wie auch Egon Krenz, der das Vorwort zu Mies’ Autobiografie verfasste, dass die Beschäftigung mit der Vergangenheit nachfolgenden Generationen Anregungen geben soll.23 Aber vor allem hat Mies wohl für die wenigen noch verbliebenen orthodoxen Kommunisten im Land geschrieben.

Dreh- und Angelpunkt von Mies’ Autobiografie Mit einem Ziel vor Augen (Verlag am Park in der edition ost) ist der Zusammenbruch der DDR 1989: Während die DKP ebenso wie die DDR auseinanderfielen, erlitt Mies Weihnachten 1989 einen Herzinfarkt. Mit dieser Parallelisierung von persönlichem und politischem Infarkt leitet er einen Abschnitt über sein Leben nach 1990 ein: Mies zog mit seiner Frau von Düsseldorf, dem Sitz des Parteivorstandes der DKP, in seine Geburtsstadt Mannheim. In die Stadt sei er zurückgekehrt, weil ein jeder seine Heimat brauche. Bei der Gelegenheit erwähnt Mies, dass Erich Honeckers Besuch seines Geburtsortes Wiebelskirchen 1987 auf eine Anregung von ihm zurückgegangen sei. Die Anekdote benutzt Mies nicht, um mit seinem Einfluss zu kokettieren. Vielmehr will er damit eine zu gering geachtete Heimatverbundenheit als einen politischen Fehler der DKP kritisieren.24 Die Rückkehr nach Mannheim habe ihn zu seinen Wurzeln geführt. Dieses Motiv greift er auch im letzten Satz des Buches wieder auf: »An der Basis setzte ich mich für meine Ideale ein. Hier wurde ich noch gebraucht.«25 Mies misst bei der Erzählung seiner Lebensgeschichte, die er nach der Einführung chronologisch erzählt, seiner Bindung an die Mannheimer Heimat eine besondere Bedeutung zu. Dadurch bringt er seine politische Arbeit in ein privates Kontinuum. Die Niederlage, die er analysieren möchte, wird durch diese Bindung relativiert, denn Mies beharrt damit auf seiner spezifischen Eigenständigkeit und zugleich auf der Eigenständigkeit der DKP gegenüber der SED. Der von ihm oft bemühte Heimatbegriff hat aber noch eine zweite Funktion: Er ist Metapher für die Partei und für die kommunistische Weltbewegung, und diese politische Heimat ist ihm im religiösen Sinne heilig.

Die Passagen, in denen er seine Aktivitäten in der FDJ, KPD und in der Illegalität schildert, nehmen mit über zweihundert Seiten den größten Raum ein. Demgegenüber sind die Beschreibungen seiner Tätigkeiten als Vorsitzender der DKP eher knapp gehalten. Mies vermerkt, dass er zwei Kapitel mit den Überschriften »Streiflichter aus der Arbeit als Parteivorsitzender« und »Reisen in den Sozialismus und internationale Bekanntschaften« auf Empfehlung des Verlages gestrichen habe. Ob darin jedoch mehr als nur Anekdoten enthalten gewesen wären, muss offenbleiben. Mies legt Wert auf seine Verschwiegenheit. Er wolle nur Fakten darlegen, aber keine »Enthüllungen und Diffamierungen«.26 Folgt man seinem Verständnis von Fakten, bleibt er seiner Linie treu. Die finanzielle und politische Abhängigkeit der DKP von der SED bestreitet Mies und reduziert an vielen Stellen seine eigene Rolle: So sei die SDAJ im Mai 1968 auf Initiative Jugendlicher gegründet worden, denen er »beratend« zur Seite gestanden habe.27 Tatsächlich war Mies die operativ treibende Kraft und resümierte in einem Schreiben nach der Gründung, die Linie sei »im Wesentlichen richtig und so, wie von uns konzipiert«.28

Der alte Parteijargon und ein hölzerner Stil prägen seine Darstellung. Sein Erzählhorizont wird von der allmächtigen Partei beschränkt. Das Dilemma der DKP war nach Mies’ Ansicht, dass sie die DDR als den fortschrittlichen Teil Deutschlands ansah, aber die Bundesrepublik ihre Heimat gewesen sei.29 Seine Fiktion von der Eigenständigkeit der DKP unterstreicht Mies anhand einer weiteren Anekdote: Bei einem Besuch in Moskau 1986 habe Erich Honecker das Wort ergriffen und in Anwesenheit von Mies und dem Vorsitzenden der Berliner SEW (Sozialistische Einheitspartei West-Berlins), Horst Schmitt, betont, dass die deutschen Kommunisten mit einer Stimme sprächen und Herbert Mies dem ZK der SED angehören würde. Mies widersprach, und Generalsekretär Gorbačёv habe gelächelt.30 Mies versteht solche Anekdoten als Kritik an der SED. Aber sein eigentliches Erklärungsmuster der Niederlage ist das des Verrats, den er für den Untergang der sozialistischen Länder wie der DKP ausmacht. Der welthistorische Schurke ist dabei Gorbačёv, in den Mies anfänglich Hoffnung setzte, während er ihn heute als Totengräber des Sozialismus sieht. Dieses Denkmuster gilt auch für die innerparteilichen Kämpfe. Die Erneuerer wollten die Partei zerstören, während Mies von sich behauptet, immer auf Ausgleich bedacht gewesen zu sein. Anfang 1989, so behauptet er, habe die DKP die »politische Handlungsfähigkeit« zurückgewonnen – als Belege nennt er Demonstrationen für die 35-Stundenwoche und die anstehenden Ostermärsche –, wenn die Erneuerer nicht alles zerstört hätten.31

Ähnlich wie Mies entwirft Richard Kumpf seine Autobiografie Alarmtauchen im Krieg (Pahl-Rugenstein Verlag), die bereits im Jahr 2000 erschien. Kumpf, der 1922 in Ulm geboren wurde und im Januar 2013 verstorben ist, gehörte wie Mies der FDJ-Generation in der DKP an. Im Zweiten Weltkrieg Soldat bei der Kriegsmarine, trat er 1946 der KPD bei und wurde Kreisvorsitzender der FDJ in Hannover. Kumpf beginnt seinen Rückblick mit »Kindheit und Jugendjahre«. Aus sozial prekären Verhältnissen stammend, prägte ihn der Einfluss seiner Mutter und seines Stiefvaters, die, so Kumpf, NS-Gegner gewesen sind. Sein großer Bildungshunger führt ihn zum Marxismus. Die Vermischung von politischem und privatem Geschehen beschreibt Kumpf anschaulich anhand des Kennenlernens seiner ersten Ehefrau 1949. Er schreibt dabei weniger über seine Ehefrau selbst als vielmehr darüber, dass sie aus einer traditionell kommunistischen Familie stamme. Das Paar heiratet in FDJ-Uniform. Private Begebenheiten erwähnt Kumpf sonst kaum und wenn, sind sie mit politischen Ereignissen vermischt.32

1949 wurde Kumpf Landesvorsitzender der FDJ in Niedersachsen, später Mitglied im Zentralbüro und 1955 – als er bereits in Ost-Berlin lebte – Nachfolger von Herbert Mies als Vorsitzender der FDJ. 1959 – Gründe nennt Kumpf dafür nicht – beendete er die Jugendarbeit und studierte ab 1960 in Moskau. Allerdings bedeutete dies keinen Aufstieg im KPD-Apparat. Er wurde Abteilungsleiter und begann 1966 ein Philosophiestudium, das er 1970 mit einer Promotion abschloss. Während dieser Zeit muss Kumpf den Kontakt zum Führungszirkel der KPD verloren haben. Zumindest behauptet er, sich im Spätsommer 1968 auf einem Kongress in Offenbach für den Aufbau einer sozialistischen Partei ausgesprochen zu haben, bis andere Kader ihn mit der Sprengung des Treffens beauftragt hätten, da die Gründung der DKP vorbereitet werden sollte.33 An anderer Stelle beschreibt Kumpf, dass er bereits im Frühjahr 1968 von der Kaderabteilung gefragt worden sei, welche Funktion er in einer kommunistischen Partei in der Bundesrepublik übernehmen wolle, am Ende aber keine Funktion zugewiesen bekommen habe. Als Grund vermutet er, dass einige Genossen ihn nicht in einer führenden Funktion haben wollten. Dies ist für ihn zugleich ein Beleg, dass der Sozialismus am »menschlichen Faktor« zugrunde gegangen sei, denn Machtspielchen seien »eine der vielen subjektiven Erscheinungen in der Personalpolitik« gewesen.34 1970 erhielt Kumpf den Auftrag, den Vorsitz der in Wuppertal angesiedelten Marx-Engels-Stiftung zu übernehmen. Klaglos zog er mit seiner zweiten Ehefrau und deren Kindern in den Westen.

Die Tätigkeit war offenbar eine Art »Abschiebeposten« für Kumpf. Die Passagen über die Marx-Engels-Stiftung sind knapp gegenüber den ausführlich beschriebenen Aktivitäten als FDJ-Kader. Als Höhepunkt nennt Kumpf den Besuch der sowjetischen Kosmonautin Valentina Tereškova 1976 neben dem des Sowjetpolitikers und ehemaligen Partisanengenerals Panteleimon K. Ponomarenko. Den Besuch Ponomarenkos 1981 nimmt Kumpf zum Anlass, seine angebliche Distanz zum Dogmatismus zu skizzieren. Er sei dafür angegriffen worden, dass es kritische Diskussionen über die Sowjetunion gab.35 Solch kleinere Absetzungen gegenüber dem Dogmatismus verteilt Kumpf an mehreren Stellen im Text und offenbart damit zugleich tiefsitzende stalinistische Vorstellungen. Die Verfolgung von KPD-Funktionären wie Kurt Müller 1950 erwähnt Kumpf, um ein »Demokratiedefizit« in der KPD auszumachen, gibt aber einschränkend zu bedenken, dass damals »äußerste Disziplin« erforderlich gewesen sei, um das Überleben der Partei zu sichern, dabei komme es eben zu »Ungerechtigkeiten«. Er bagatellisiert die Verfolgungsschicksale und bekennt seine eigene Hingabe an die Partei.36

Ausgeprägter als Mies verbindet Kumpf seine Erinnerungen mit Relativierungen der DDR. Beide deutschen Staaten versucht er gleichzusetzen. So erwähnt er die Erschießung des FDJ-Mitgliedes Philipp Müller bei einer Demonstration 1952 in Essen, um prinzipielle Unterschiede zwischen der DDR und der Bundesrepublik aufzuzeigen. Müller sei in den Rücken geschossen worden, ein »vorsätzliches Verbrechen«, so Kumpf. Dagegen sei an der DDR-Grenze jedem klar gewesen, dass Schusswaffengebrauch möglich sei, trotzdem seien Grenzsoldaten dafür verurteilt worden. Sein Resümee: »Braucht man noch mehr Unterricht, um den Klassencharakter der beiden deutschen Staaten zu begreifen?«37

Relativierungen und Rechtfertigungen prägen seine Lebensgeschichte. Als treue Parteisoldaten verteidigen Kumpf wie Mies ihre Identität als Kommunisten. Der Zusammenbruch der DDR sei für ihn ein »Schock« gewesen, so Kumpf. Jedoch sei diese Entwicklung für einen echten Kommunisten nur Ansporn, noch intensiver zu arbeiten.38 Es gelingt ihm und anderen, die Marx-Engels-Stiftung durch Spenden und Mieteinnahmen fortzuführen. Dabei zeigt sich, wie eng der Adressatenkreis von Kumpf ist. Er verwahrt sich gegen Vorwürfe, mit der Aufnahme eines PDS-Mitgliedes in den Vorstand der Stiftung sei der »einheitliche Charakter des Marxismus« zugunsten eines Pluralismus aufgegeben worden.39

Die Darstellung der DKP, wie sie durch Herbert Mies und Richard Kumpf erfolgt, sorgt für wenig Widerhall. Die von ihnen behauptete persönliche Integrität als standhafte Kommunisten geht mit Deutungsmustern des Kalten Krieges einher. Beide schreiben über ihre lebenslange Bindung an die Kommunistische Partei, aus der sich ihre Identität bis an ihr Lebensende speist. Diese Deutung wird marginal bleiben, denn Auslassungen, Verdrehungen und zuweilen Spott hervorrufende Relativierungen werden kaum Nachhall erzeugen.

Die Vergangenheit als schambesetzte Erzählung – der erschütterte Rückblick von Wilfried Reckert

Die hauptamtlichen Funktionäre, die nach 1968 der DKP beigetreten waren, schreiben über ihre Erfahrungen in einem gänzlich anderen Ton als Mies und Kumpf als Vertreter der FDJ-Generation. Keiner hält die Parteifahne hoch, allen geht es darum, sich selbst und anderen zu erklären, warum sie der Partei lange Zeit die Treue hielten. Ihr Adressat ist ein breiteres Publikum, vor allem aber wohl ihre politische Generationskohorte.

Eine zuweilen quälende Inspektion seiner Vergangenheit unternimmt Wilfried Reckert in seinem 2006 erschienenen Rückblick Kommunismus-Erfahrung (LIT-Verlag).40 Reckert, 1949 in Koblenz geboren, wurde 1968 Mitglied der SDAJ und trat 1969 der DKP bei. Er stammt aus einem Beamtenhaushalt und politisierte sich in Abgrenzung zu seinen Eltern. Bald SDAJ-Vorsitzender in Koblenz, wurde er Mitglied der Landesgeschäftsführung der SDAJ in Rheinland-Pfalz. Seit 1969 studierte Reckert auf Lehramt zuerst in Bonn, dann in Koblenz. Nach dem Staatsexamen 1973 fand er aus politischen Gründen keine Anstellung. Reckert nennt dies als einen wichtigen Grund für den Schritt in die Hauptamtlichkeit und für eine weitere Radikalisierung.41 So wurde er Sekretär für internationale Beziehungen beim Bundesvorstand der SDAJ in Dortmund. 1977 war Reckert Delegationsleiter des Halbjahreslehrgangs an der Komsomolhochschule in Moskau und wurde 1982 Sekretär für Öffentlichkeitsarbeit beim Bezirkssekretariat der DKP Rheinland-Pfalz. 1986/87 besuchte er den Jahreslehrgang an der Parteischule Franz Mehring in Biesdorf (DDR). Zu diesem Zeitpunkt hatte jedoch bereits ein »Abnabelungsprozess« eingesetzt, er rechnete sich der Erneuerer-Strömung zu und wurde dennoch nach seiner Rückkehr 1987 Kreisvorsitzender der DKP in Mainz. 1989 habe er sich langsam aus der Hauptamtlichkeit gelöst, indem er private Deutschkurse anbot und in einer Kindertagesstätte arbeitete, so Reckert. Im Februar 1990 trat er zusammen mit dem Bezirkssekretariat Rheinland-Pfalz geschlossen aus der DKP aus. Danach begann sein »bürgerliches Leben«, wie Reckert es nennt. Er studierte Sozialpädagogik an der Fachhochschule in Bochum und promovierte 1996 an der Universität Bielefeld. Seit 1999 lebt er in Gelsenkirchen, wo er als Senioren- und Behindertenbeauftragter arbeitet.42

Im ersten Drittel schildert Reckert seine Entwicklung zum hauptamtlichen Funktionär, dann folgen die im Titel angegebenen analytischen Reflexionen. Darin – immer wieder mit Rückbindungen an sein eigenes Leben – versucht Reckert, Totalitarismus und die Gewalterfahrungen des 20. Jahrhunderts theoretisch und im letzen Abschnitt psychoanalytisch zu erklären. So ist er bestrebt, seine eigene Faszination und Hingabe zu rationalisieren, vor allem die »Entindividualisierung« in der Partei habe auch für ihn gegolten; sie nahm ihm Entscheidungen ab und stützte ihn psychisch.43

Die Aufarbeitung seiner DKP-Zugehörigkeit sei in mehreren Phasen verlaufen, so Reckert. Nach 1990 wollte er von Politik überhaupt nichts mehr wissen, dann folgte eine Phase voller »Hass« auf die DKP, der sich schließlich gegen ihn selbst richtete: »Wenn ich ein solcher Idiot war, bin ich es dann nicht auch geblieben?«, fragte er sich. In dieser Phase habe er das Manuskript begonnen, in dem es viel um Totalitarismus und ihn selbst als Versager ging. Diese Zeit sei für ihn wichtig gewesen, um die Vergangenheit hinter sich lassen zu können. Jene Passagen habe er später noch überarbeitet, aber das Motiv, über die theoretische Auseinandersetzung sich selbst zu suchen, findet sich im Text immer wieder.44 Für Reckert ist seine Tätigkeit in der DKP an vielen Stellen mit Scham besetzt. Er bezeichnet sich als »deformiert« durch die DKP, möchte über seine »Taten« schreiben. Er wirft sich eine Gläubigkeit vor, die sich durch Fundamentalismus und Totalitarismus auszeichnen würde. Da er kurze Zeit Mitglied der katholischen Jugend gewesen war, verortet er seine fundamentalistische Gläubigkeit noch vor seinen Parteieintritt. In dieser, auch gegen sich selbst gerichteten Schärfe ist sein Buch eine Ausnahme. Wilfried Reckert möchte seine früheren Aktivitäten, wie er schreibt, nicht denunzieren. Die Anlage seiner Arbeit zeigt vielmehr das Bemühen, über eine allgemeine Analyse auch sich selbst zu verstehen. Dabei nennt er das Schweigen über die NS-Verbrechen als wichtiges Motiv seiner politischen Sozialisation. Er wollte mit der DKP auf der richtigen Seite stehen.

Aber Reckert gibt auch Hinweise, die helfen, das kommunistische Milieu der DKP über allgemeine Deduktionen zu verstehen. Seine SDAJ-Gruppe in Koblenz war auch eine jugendkulturelle Erscheinung: »Wir trafen uns an der Wende der 60er und 70er Jahre täglich und hörten Rockmusik, schmusten und tanzten miteinander, diskutierten, verteilten Pamphlete, tranken Lambrusco, sangen amerikanische Protestsongs und schauten, dass wir attraktive Partner(innen) fanden.«45 Die DDR wurde kritisch gesehen, was sich erst mit dem Aufstieg in höhere Funktionen und den damit verbundenen Schulungen änderte. Es galt ein simpler Klassenstandpunkt: »Bist du für die Arbeiterklasse oder für die Bourgeoisie?« Mit dieser Dichotomie sei er heute noch in der Lage, Artikel für das DKP-Zentralorgan Unsere Zeit (UZ) zu schreiben.46 Gleichzeitig war Politik ein Rausch, der ihn Entbehrungen hinnehmen ließ. Der Verdienst als hauptamtlicher Funktionär lag bei rund 1000 DM. Zum Schluss habe er etwa so viel wie ein Erzieher verdient. Dies entsprach kaum der Arbeitszeit: Erst 1987, nach siebzehn Jahren politischen Aktivismus, begann Reckert, sich einmal die Woche einen Abend und ein Wochenende im Monat freizunehmen. Neben der politischen Umorientierung war dieser Schritt in ein selbst gestaltetes Privatleben ein wichtiger Punkt der Abnabelung. Damit dürfte Reckert für viele ehemalige Funktionäre sprechen, die sich nach 1990 neue politische und soziale Bezüge suchten.

Einblicke in das Parteimilieu – der distanzierte Blick bei Harald Werner und Richard David Precht

Was bei Reckert eher nur angedeutet wird, steht bei Harald Werner im Vordergrund: die Deutung der DKP als ein Parteimilieu, dessen Angehörige um 1968 politisiert wurden, bald um die eigene Ideologie kreisten und schließlich nicht mehr in der Lage waren, neue Impulse aufzugreifen.47

Werner, 1940 in Berlin geboren, hatte Stahlbauschlosser gelernt und ließ sich zum Werbetexter umschulen. Er arbeitete als freier Journalist und zog 1965 mit seiner Familie ins niedersächsische Nordenham. Als Juso- und SPD-Mitglied rechnete er sich zur APO und gründete 1967 einen Kinderladen mit. Aufgrund politischer Differenzen wurde ihm 1970 von der Nordwest-Zeitung gekündigt. Daraufhin begann Werner an der Universität Oldenburg ein Studium der Sozialwissenschaften und promovierte 1977 in Soziologie. 1983 wurde ihm aus politischen Gründen der Lehrauftrag an der Universität Oldenburg entzogen. In der Folge gelang es ihm nicht, eine Anstellung als Wissenschaftler an einer anderen Universität zu bekommen.

Werner war 1972 in die Partei eingetreten. Einige seiner DKP-Kontakte hatten ihn für die Partei gewonnen. Nach seinem »Berufsverbot« 1983 wurde Werner hauptamtlicher Kreisvorsitzender der DKP in Oldenburg, einer lokalen Hochburg mit rund 500 Mitgliedern; 1981 zog die DKP mit 7,1 Prozent in das Oldenburger Rathaus ein. 1987 für ein Jahr an die Parteischule in Biesdorf delegiert, bekam er anschließend nicht den versprochenen Posten. Stattdessen engagierte er sich als Erneuerer. Werner gehört zu den wenigen DKP-Funktionären, die sich noch 1990 der PDS anschlossen. Dort war er gewerkschaftspolitischer Sprecher und gehörte von 2007 bis 2012 dem Parteivorstand der Partei Die Linke an.

Aus zwei Perspektiven blickt Werner auf sein Leben zurück. Der Titel seines Buches, Offene Fragen in der geschlossenen Abteilung (PapyRossa-Verlag), nimmt Bezug auf die Parteischule der DKP in Biesdorf in der Nähe von Ost-Berlin. Das Gebäude lag abgeschirmt auf dem Gelände einer Klinik für psychisch Kranke.48 Dorthin war Werner Ende 1986 delegiert worden, nachdem er als Kreisvorsitzender in Oldenburg abgelöst worden war. Er wurde also nicht, wie ursprünglich geplant, nach Moskau geschickt, sondern zur Bewährung, wie er vermutet, nach Biesdorf. Die Ereignisse und Diskussionen in diesem Jahr bilden den ersten Erzählstrang. Parallel dazu schildert er in biografischen Rückblicken seine politische Entwicklung. Kindheit und Jugend spielen bei ihm nur eine untergeordnete Rolle. Werner betont vor allem sein politisches Engagement in der Gewerkschaftsjugend, bei den Jusos und schließlich in der APO. Er ist Teil eines linken Milieus in Nordenham und Oldenburg, in dem zwar Offenheit gegenüber der DDR herrschte, aber auch viele Vorbehalte existierten. Werner thematisiert häufiger seine Distanz zur DDR. Diese hätten sie zwar politisch verteidigt, aber niemand aus seinem späteren Parteiumfeld hätte dort leben wollen. Das Parteimilieu in Oldenburg war akademisch geprägt. So sei auch die Betriebsgruppe bei der AEG intensiv betreut worden, aber als Kreisvorsitzender verfasste Werner überwiegend die Artikel der Betriebszeitung, da die wenigen Mitglieder im Betrieb nicht dazu kamen. Er und die anderen Mitglieder hätten auch Sozialarbeit in sozialen Brennpunktvierteln geleistet, Weihnachtsbäume verkauft oder Ferienfahrten in die DDR organisiert. Politischen Zuspruch erhielten sie aber kaum, die Mitglieder und Wähler »konzentrierten sich auf die Innenstadt mit ihren Szenevierteln, wo die Friedenstaube auf den Fenstern klebte und der Arbeiteranteil unter der Fünf-Prozent-Hürde lag«. Engagement zeigten vor allem diejenigen, die »wir großherzig ›lohnabhängige Mittelschichten‹ nannten: Lehrer vor allem, auch angestellte Ärzte und Juristen und jede Menge Beamte des Mittleren Dienstes«.49 Es war die Generation der Achtundsechziger, die das Parteileben prägte, so Werner.

Mit Werners Interesse an den Neuen Sozialen Bewegungen begann ein Abrücken von der starren Konzentration auf die Arbeiterklasse. Als Grund für dieses neu entstandene Interesse nennt er sein Engagement gegen einen Autobahnzubringer in Oldenburg 1983. Es seien aber nur wenige gewesen, die sich mit Umweltschützern an der Besetzung des Bauplatzes beteiligten; für andere Kommunisten sei das Engagement nur eine »Spaßnummer« gewesen, da mit der Rettung der Rohrdommel nicht die Monopolbourgeoisie gefährdet werde.50

Das Jahr in Biesdorf schildert Werner als von harten Fraktionskämpfen und bizarren Unterwerfungsritualen geprägt. Er und andere Erneuerer plädierten dafür, die ökologische Bedrohung als den Beginn einer neuen Epoche zu sehen, während die Bewahrer an dem Primat des Klassenkampfes festhalten wollten. Die Maskerade der konspirativen Schulung im Osten – auch gegenüber Freunden waren die Kursteilnehmer gehalten, eine Legende über einen Auslandsaufenthalt zu erfinden – wurde konterkariert, als der Lehrgang geschlossen als Gruppe von Aufbauhelfern für das Pressefest der Parteizeitung Unsere Zeit 1987 nach Dortmund entsandt wurde. Sie erhielten Kontaktverbot gegenüber Bekannten und durften nur gemeinsam auftreten, was von den meisten nicht mehr ernst genommen wurde.51 Der von Werner beschriebene Verfall der Partei war nicht allein eine ideologische Frage. Es ging auch um offene Diskussionen und um individuelle Freiheiten in einem engen Milieu. Die Bewahrer hielten vor allem zur psychischen Stabilität an den dogmatischen Normen fest. Eine Tatsache, die sich sowohl bei Werner als auch bei Reckert als kennzeichnendes Motiv der zerfallenden Partei ausmachen lässt.

Eine andere Perspektive, aber mit einer ähnlichen Grundaussage wie Werner, nimmt Richard David Precht in seinem Buch Lenin kam nur bis Lüdenscheid (Claassen Verlag) ein.52 Precht, 1964 geboren, war kein Mitglied der DKP, sondern schreibt aus der kindlichen und jugendlichen Perspektive in einer Familie, die zum DKP-Umfeld in Solingen gehörte. Seine Eltern, aus Hannover nach Solingen gezogen, waren Sympathisanten der APO. Zu ihren eigenen drei Kindern adoptierten sie 1969 und 1971 Waisenkinder aus Vietnam. Precht schildert seine kindliche Neugier auf die DDR, die antiautoritären Erziehungsmaßnahmen seiner Eltern und die Familienurlaube in Dänemark. 1974 besuchte er zusammen mit seiner Schwester ein Kinderlager der Jungen Pioniere in Lüdenscheid und andere Angebote für Kinder im Umfeld der DKP. Seine kindliche und jugendliche Begeisterung verbindet Precht mit politischen Situationsbeschreibungen. Vor allem aber faszinierten ihn der Zukunftsoptimismus und die rationale Gewissheit des DKP-Milieus. Der Bruch kam erst mit dem Aufschwung der Partei Die Grünen und der Friedensbewegung. Nicht mehr Rationalität und Überlegenheit, sondern Angst und düstere Zukunftsvisionen seien nun vorherrschend geworden, die Precht nicht ansprachen.53 Die Siebzigerjahre als abgeschlossene Epoche charakterisiert Precht anhand einer Begegnung mit dem ehemaligen amerikanischen Verteidigungsminister Alexander Haig 1997 in der Deutschen Botschaft in Washington. Precht weigerte sich, ihm die Hand zu geben, und Haig umarmte ihn freundschaftlich und sprach von den guten alten Zeiten. Haig »zementierte […] mit seiner Geste genau jene endgültige Historizität des politischen Widerstands, die er in seinen Worten so überschwänglich bedauerte«.54 Precht beschreibt sein Erwachsenwerden als Abgesang auf zwei politische Jahrzehnte, in denen das Milieu der DKP eine feste Größe darstellte. Sein Buch kam 2008 als Dokumentarfilm in die Kinos und hat die größte Wirkung aller hier behandelten Darstellungen gehabt. Sein unaufgeregter Stil und die jugendliche Perspektive machten dies möglich.

Die DKP als Coming-of-Age-Erzählung – Adrian Geiges und seine Weltrevolution im Schwarzwald

Eine gänzlich andere Coming-of-Age-Geschichte veröffentlichte 2007 Adrian Geiges mit Wie die Weltrevolution einmal aus Versehen im Schwarzwald begann (Eichborn Verlag). Hierbei handelt es sich um eine populäre Version der Lebensgeschichte. Geiges dankt seiner Literaturagentin, die ihm geholfen habe, das Buch so zu schreiben, dass es für »ein breites Publikum« interessant sei.55 Er betont, dass er Aspekte, die ihm nicht relevant erschienen, habe wegfallen lassen und manchmal »real existierende Personen zu einer« verdichtet habe.56 Damit ruft Geiges natürlich quellenkritische Skepsis hervor, da in vielen Passagen fiktive Elemente erkennbar sind.

Geiges, 1960 geboren, gehört zu einer späten Nachfolgegeneration der Achtundsechziger, wenn man ihn überhaupt noch in diesen Zusammenhang stellen möchte. Aufgewachsen in Staufen im Breisgau, entwickelt er sich vom »schüchternen Außenseiter« zum Anführer der Linken in seiner Stadt. Bereits diese Stilisierung vermengt Geiges mit sexuellen Komponenten. Dass er als »Bürgerschreck« galt, hält er für ungerechtfertigt, da er »sexuell […] sehr zurückhaltend« gewesen sei.57 Mit zwölf las er die Mao-Bibel, wandte sich aber der Sowjetunion zu, die er für »[k]onsequent links« hielt. Er wurde Mitglied der SDAJ und trat mit 16 Jahren der DKP bei. Nach dem Abitur entschied er sich, Berufsrevolutionär zu werden. Er wurde an die Jugendhochschule der FDJ in Bogensee delegiert, danach begann er eine Lehre als Großhandelskaufmann bei dem DKP-Plattenverlag pläne in Dortmund. Schließlich arbeitete Geiges als hauptamtlicher Redakteur für Elan und reiste als eine Art Chefreporter häufiger nach Moskau. 1989 verließ er die SDAJ und arbeitete ab 1990 als Reporter für das RTL-Magazin Explosiv (im Buch: Knall). Während dieser Zeit erlebte er den Zusammenbruch der Sowjetunion mit; 1992 wechselte Geiges nach China, wo er zeitweilig als Geschäftsführer für den Bertelsmann-Verlag (im Buch: Elpermann) den chinesischen Markt zu erobern versuchte.

Geiges’ Biografie erinnert an den linken Zeitgeist der Siebzigerjahre, der viele Jugendliche begeisterte. Berufsrevolutionär zu werden, hätte seine Fantasie beflügelt. Die Praxis war ärmer. Er beschreibt, wie er mit anderen im Wettbewerb ständig Abonnenten für die Elan oder Mitglieder für die SDAJ zu gewinnen versuchte.58 Diese Mitgliederkampagnen, von der SDAJ seit 1978 als Wettbewerbe organisiert, führten nur kurzzeitig zu einer Steigerung der Mitgliederzahlen, da viele Neuaufnahmen nur Karteileichen waren. Jedoch sind solche Hinweise auf das Parteimilieu der Hauptamtlichen vollständig überlagert von immer wiederkehrenden sexualisierten Beschreibungen, die dem Muster folgen, dass der schüchterne Geiges im Geschlechterkampf verliert. Dieses Motiv bestimmt auch die Darstellung der Zeit an der Jugendhochschule, politische Aspekte bleiben im Hintergrund. Es sei verboten gewesen, dass SDAJ-Mitglieder intime Kontakte mit anderen Kursteilnehmern eingingen. Außer ihm habe sich aber niemand daran gehalten. Mit der Figur der sächsischen FDJ-Sekretärin Sandy erfindet Geiges nicht nur eine unerfüllte Liebesgeschichte, sondern auch eine andere DDR: »Nicht die alten Herren im Politbüro repräsentierten die DDR, die SED. Die netten, kritischen Leute hier an der Jugendhochschule verkörperten die Zukunft der DDR. Und Sandy war die netteste, kritischste und schönste von ihnen. Ihr Körper verkörperte die DDR, von der ich träumte.«59 Sandy blieb die Achtzigerjahre hindurch seine Sehnsucht, verknüpft mit einer Dreiecksgeschichte: Sein Freund Kalle Maschmann aus Freiburger Tagen war mit ihm auf der Jugendhochschule und wurde später als Bewahrer sein erbitterter Gegner. Maschmann habe mit Sandy geschlafen und ihre späteren Briefe nie beantwortet. Aufgrund der Kontaktaufnahme in den Westen sei Sandy aus der FDJ ausgeschlossen worden und schließlich nach Moskau gezogen. Bevor es aber zu einem Treffen zwischen ihr und Geiges kommt, wird Sandy 1991 ermordet.60 Die Struktur der Erzählung ist symptomatisch für Geiges’ Erzählmuster. Die Geschichte von Sandy kann in ihrer symbolischen Überfrachtung nur als fiktiv verstanden werden: Sandy ist die von Geiges erträumte DDR, die sich in ihrem Körper manifestiert. Dieser Körper wird von dem Betonkopf Maschmann nicht nur geschändet, er ist auch verantwortlich für ihren sozialen Abstieg und der Versetzung nach Moskau und damit indirekt für ihre Ermordung. Der Betonkopf verrät nicht nur seine Liebe, sondern ist auch für das Ende des Sozialismus verantwortlich. Damit markiert Geiges seine eigene Position zugleich als die eines Zuschauers, der weiterhin der schüchterne Junge von einst bleibt.

Im letzten Drittel seines Buches wendet sich Geiges seinen Aktivitäten in China zu. Das oben beschriebene Muster setzt er dabei fort, häufiger ins Pornografische abgleitend. Fast alle Beschreibungen sind mit sexuellen Aspekten angereichert, es geht um seine Besuche bei Prostituierten und Affären mit Töchtern des kommunistischen Adels. Das Buch bietet trotz seiner offensiv eingesetzten fiktionalen Elemente eine spezifische Deutung der DKP-Geschichte. Es ist eine Mischung aus politischer Pornografie und Verklärung, in der es allein um Geiges’ Selbstbewusstsein geht. Politische Diskussionen sind schematisch dargestellt. Die Mischung von sex and crime mag Verbreitung finden, aber die DKP ist hierfür nur eine Bühne.

Fazit

Autobiografien bleiben für die politische Geschichtsforschung eine ambivalente Quelle. Die vorgestellten Erinnerungen zeichnet aus, dass sie vor einer gewissen Leere rekapituliert werden – die frühere Partei mit spezifischen Verständigungsformen existiert nur noch als kleiner Rest, der nur noch für die Mies’ und Kumpfs eine Bedeutung hat. Harald Werner und Wilfried Reckert versuchen, sich selbst und anderen ehemals politisch Aktiven das Engagement zu erklären. Adrian Geiges zielt auf eine populäre Verbreitung, politisch nachvollziehbare Vermittlung ist nicht sein Anliegen. Richard David Precht hingegen versucht, ein Panorama des roten Jahrzehnts zu entfalten – weit über das frühere Milieu hinaus.

Die Autoren bieten verschiedene Zugänge, um sich der DKP zu nähern. Mies und Kumpf bestätigen negativ die Zuschreibung der DKP als Interventionsapparat der DDR. Zwar versuchen sie, mit Distanzierungen und Absetzungen die DKP als eigenständige westdeutsche Partei zu präsentieren, aber widerlegen sich nahezu ständig selbst. Auch das Gegenstück, der schamvolle Rückblick von Wilfried Reckert, verblasst etwas. Die von Reckert bemühten »Taten« sind vor der kommunistischen Gewaltgeschichte des 20. Jahrhunderts vergleichsweise bedeutungslos. Als hauptamtlicher Funktionär war er kein Agent im Geheimauftrag, sondern ein emsiger Parteiarbeiter, der fast zwanzig Jahre lang mit politischem Aktivismus andere Lebensbereiche überdeckte. Obwohl er es stets anklingen lässt, ist es weniger eine individuelle Schuld, die ehemalige DKP-Mitarbeiter abzutragen haben. Es erscheint wie ein später Versuch, gegen Deformationen nun in Wahrheit zu leben. Geiges’ Bemühen, sein Leben als Hauptamtlicher als Coming-of-Age-Geschichte zu erzählen, befreit ihn von politischen Dimensionen wie auch sozialen Verbindungen. Sein Versuch, das leninistische Taktieren mit einem enthemmten chinesischen Kapitalismus und dem Zynismus der westdeutschen Medienbranche als moralische Verkommenheit zu parallelisieren, erscheint eher wie eine spezifische Form von persönlicher Exkulpation.

Harald Werner und Richard David Precht versuchen, weniger über sich selbst Rechenschaft abzulegen, als vielmehr die Umstände des Parteimilieus zu skizzieren. Werner kann dabei auf eine politische Prägung zurückgreifen, die älter als seine DKP-Mitgliedschaft ist. Er kommt als Gewerkschafter und APO-Aktivist bereits mit Skepsis zur DKP, die schließlich zum Bruch mit dem Dogmatismus führt. Precht, der die Gnade der späten Geburt besitzt, gelingt es, durch seine spezifische Perspektive nicht Verführung, sondern eine Faszination des Rationalen und des historischen Optimismus zu schildern.

Das Bild von der DKP kann durch diese subjektiven Selbstzeugnisse erweitert werden. Neben politisch-ideologischen Deutungen wird erkennbar, dass es auch ein Parteimilieu war, dessen Angehörige eigene Gestaltungsräume hatten. Harald Werner vermutet, dass ein »illusionäre(s) Gemeinschaftsdenken« ihn so lange an die Partei gebunden habe.61 Dies trifft auch für die anderen jüngeren Autoren zu, die alle bis 1989 in der Partei blieben. Rudolf van Hüllen hat darauf hingewiesen, dass die Formung der Kader in der DKP immer nur in Teilen gelang.62 Zwar durchschritten alle Funktionäre die umfangreichen Schulungen, aber bei den jüngeren Funktionären werden schon vor 1990 Brüche und Zweifel deutlich, die oft durch die ironischen Wendungen über die eigene Parteiarbeit zum Ausdruck gebracht werden. Während van Hüllen dafür allgemein die »Prägekräfte freier Gesellschaften« annahm, verlegen die jüngeren Funktionäre ihre Zweifel in ihre eigene Biografie und greifen auf ihre Identität vor dem Parteieintritt zurück. Die Faszination der DKP speiste sich bei ihnen nur bedingt aus einer Faszination für die DDR als vielmehr aus einem Lebensumfeld, in dem die DKP eine politische und eine soziale Option war. Um dieses Umfeld tiefer zu erkunden, sollte sich der Blick auch auf ihre lokalen und betrieblichen Aktivitäten richten, um die Bindungen des Einzelnen besser verstehen zu können.

1 Es ist in der Literatur unstrittig, dass die DKP sich 1968 aus dem Personal der illegalen KPD – geschätzte 6000 bis 7000 Personen – zusammensetzte und die KPD nur aus taktischen Gründen bis 1971 existierte. Siehe Manfred Wilke/Hans-Peter Müller/Marion Brabant: Die Deutsche Kommunistische Partei (DKP). Geschichte, Organisation, Politik, Köln 1990, S. 75; Georg Fülberth: KPD und DKP 1945–1990. Zwei kommunistische Parteien in der vierten Periode kapitalistischer Entwicklung, 2. Aufl. Heilbronn 1992, S. 117–120.

2 Meist wird in der Literatur auf den Unterschied zwischen den Angaben der DKP und den Beobachtungen des bundesdeutschen Verfassungsschutzes hingewiesen. Das Bundesamt für Verfassungsschutz beobachtete einen Höchststand von 42 000 Mitgliedern in den Jahren 1977 und 1978 sowie 1986; die DKP selbst informierte über ständig steigende Mitgliederzahlen: 57 802 Mitglieder im Jahr 1986; 1988 sei jedoch ein Rückgang auf 47 513 Mitglieder zu verzeichnen gewesen. Angaben nach: Wilke/Müller/Brabant: Deutsche Kommunistische Partei (Anm. 1), S. 75. Eine Mitgliederzahl von 40 000 nennt auch mit einem Beleg von Herbert Mies: Jürgen Schröder: Die Westarbeit der SED am Beispiel der DKP, in: Materialien der Enquete-Kommission Aufarbeitung von Geschichte und Folgen der SED-Diktatur in Deutschland, Band V/3: Deutschlandpolitik, innerdeutsche Beziehungen und internationale Rahmenbedingungen, hg. vom Deutschen Bundestag, Baden-Baden 1995, S. 2294–2330, S. 2307.

3 Siehe für die Diskussion um linke Kultur Anfang der Siebzigerjahre Detlef Siegfried: Time is on my side. Konsum und Politik in der westdeutschen Jugendkultur der 60er Jahre, Göttingen 2006, S. 709–723.

4 Diese Deutung ist ausgeprägt bei Michael Roik: Die DKP und die demokratischen Parteien 1968–1984, Paderborn u. a. 2006, S. 15 f.

5 Siehe Fülberth: KPD und DKP (Anm. 1), S. 161.

6 Siehe dazu den programmatischen Sammelband von Heinz Stehr/Rolf Priemer (Hg.): 25 Jahre DKP. Eine Geschichte ohne Ende, Essen 1993.

7 Siehe Gerhard Hirscher/Armin Pfahl-Traughber (Hg.): Was wurde aus der DKP? Beiträge zur Geschichte und Gegenwart der extremen Linken in Deutschland, Brühl 2008.

8 Der Begriff Interventionsapparat bei Wilke/Müller/Brabant: Deutsche Kommunistische Partei (Anm. 1), S. 247; siehe auch Schröder: Westarbeit der SED (Anm. 2).

9 Siehe Till Kössler: Abschied von der Revolution. Kommunisten in Westdeutschland 1945–1968, Düsseldorf 2005; als lokale Studie Hendrik Bunke: Die KPD in Bremen 1945–1968, Köln 2001.

10 Eine frühe politologische Deutung hierzu: Andrei S. Markovits/Philip S. Gorski: Grün schlägt rot. Die deutsche Linke nach 1945, Hamburg 1997.

11 Siehe Gerd Koenen: Das rote Jahrzehnt. Unsere kleine deutsche Kulturrevolution 1967–1977, Köln 2001, S. 262–276.

12 So der deutliche, biografisch geprägte Furor bei Götz Aly: Unser Kampf. 1968 – ein irritierter Blick zurück, Frankfurt a. M. 2008. Zu verweisen ist auch auf die vielen Kommentare von Christian Semler in der Zeitung taz. die tageszeitung, in denen er immer wieder Bezug auf seine Zeit als Vorsitzender der KPD-AO nahm und seine totalitäre Täuschung betonte.

13 Siehe Dieter Kunzelmann: Leisten Sie keinen Widerstand! Bilder aus meinem Leben, Berlin 1998; Ulrike Heider: Keine Ruhe nach dem Sturm, Hamburg 2001.

14 Siehe das journalistisch aufgearbeitete Buch von Till Meyer: Staatsfeind. Erinnerungen, Hamburg 1998; Inge Viett: Nie war ich furchtloser. Autobiographie, Hamburg 1997. Als Gesprächsbände: Angelika Holderberg (Hg.): Nach dem bewaffneten Kampf. Ehemalige Mitglieder der RAF und Bewegung 2. Juni sprechen mit Therapeuten über ihre Vergangenheit, Gießen 2007; Ralf Reinders/Ronald Fritzsch: Die Bewegung 2. Juni: Gespräche über Haschrebellen, Lorenzentführung, Knast, Berlin 1995.

15 Siehe Irmela Hannover/Cordt Schnibben: I Can’t Get No. Ein paar 68er treffen sich wieder und rechnen ab, Köln 2007.

16 Zum Beispiel waren von 34 Führungskräften der DKP zwischen 1984 und 1989 zwölf weiblich. Eigene Auszählung nach: Wilke/Müller/Brabant: Deutsche Kommunistische Partei (Anm. 1), S. 102.

17 Siehe Dagmar Günther: ›And now for something completely different‹. Prolegomena zur Autobiographie als Quelle der Geschichtswissenschaft, in: Historische Zeitschrift 272 (2001), Heft 1, 
S. 25–61.

18 Siehe Ulrike Jureit: Erfahrungsaufschichtung: Die diskursive Lagerung autobiographischer Erinnerungen, in: Magnus Brechtken (Hg.): Life Writing and Political Memoir – Lebenszeugnisse und Politische Memoiren, Göttingen 2012, S. 225–242.

19 Siehe Hermann Kuhn: Bruch mit dem Kommunismus. Über autobiographische Schriften von Ex-Kommunisten im geteilten Deutschland, Münster 1990, S. 305.

20 Siehe ebd., S. 306 f.

21 Michael Rohrwasser: Der Stalinismus und die Renegaten. Die Literatur der Exkommunisten, Stuttgart 1991, S. 95.

22 Zitat bei Manfred Nabinger in: Szyllas Lesezeichen – Literatur in Mannheim, Heidelberg und der Kurpfalz, 20.12.2009, in: lesezeichen.szylla.net/herbert-mies-mit-einem-ziel-vor-augen/997, ges. am 4. Juni 2013. Siehe Christian Klemm: Zwischen allen Stühlen, in: Neues Deutschland vom 10. Dezember 2009.

23 Herbert Mies: Mit einem Ziel vor Augen. Vom Jung- zum Altkommunisten, Erinnerungen, Berlin 2009, S. 12.

24 Ebd., S. 19 f.

25 Ebd., S. 344.

26 Ebd., S. 11.

27 Ebd., S. 256.

28 Brief von Axel [d. i. Herbert Mies] an Arnold [d. i. Max Reimann] und Albert [d. i. Willi Mohn], Abschrift, 7. Mai 1968, in: Bundesarchiv, BY 1, 4061.

29 Mies: Mit einem Ziel (Anm. 23), S. 291.

30 Ebd., S. 298 f. Diese Anekdote hatte Mies bereits 1993 in einem Aufsatz beschrieben, aber eingeschränkt, Honecker habe gesagt, Mies würde dem Politbüro der SED »faktisch« angehören. Siehe Herbert Mies: Die DKP im Spannungsfeld von Unabhängigkeit und ›Abhängigkeit‹, in: Stehr/Priemer: 25 Jahre DKP (Anm. 6), S. 69–78, S. 75.

31 Mies: Mit einem Ziel (Anm. 23), S. 328.

32 Richard Kumpf: Alarmtauchen im Krieg. Untertauchen im Kalten Krieg. Ein Kommunist berichtet über sein Leben, Bonn 2000, S. 95.

33 Siehe ebd., S. 180.

34 Ebd., S. 184.

35 Ebd., S. 222.

36 Ebd., S. 93.

37 Ebd., S. 104.

38 Ebd., S. 241.

39 Ebd., S. 239.

40 Siehe Wilfried Reckert: Kommunismus-Erfahrung. Zwanzig Jahre als DKP-Funktionär. Analytische Reflexionen, Münster 2006.

41 Siehe ebd., S. 39.

42 Siehe ebd., S. 11.

43 Siehe ebd., S. 109.

44 Siehe ebd., S. 7.

45 Ebd., S. 51.

46 Ebd., S. 28.

47 Siehe Harald Werner: Offene Fragen in der geschlossenen Abteilung. Das erfolgreiche Scheitern einer Kaderperspektive, Köln 2011.

48 Die Franz-Mehring-Schule war 1969 als Schulungsort für die DKP ins Leben gerufen worden, die drei vorherigen KPD-Schulungsheime wurden aufgegeben. Exakte Teilnehmerzahlen sind nicht mehr zu ermitteln, der Verfassungsschutz vermutete bis zu 4000 Teilnehmer. Siehe zu den Angaben: Rudolf van Hüllen: Die mißlungene Aufzucht des Kaders. Das Scheitern der ideologischen Zurichtungsanstalten von KPD und DKP, in: Armin Pfahl-Traughber/Monika Rose-Stahl (Hg.): Festschrift zum 25-jährigen Bestehen der Hochschule des Verfassungsschutzes und für Andreas Hübsch, Brühl 2007, S. 143–176, S. 159 f.

49 Beide Zitate in: Werner: Offene Fragen (Anm. 47), S. 100 f.

50 Ebd., S. 103.

51 Siehe ebd., S. 108–110.

52 Siehe Richard David Precht: Lenin kam nur bis Lüdenscheid. Meine kleine deutsche Revolution, Berlin 2005; Zitiert nach der Taschenbuchausgabe, Berlin 2011.

53 Ebd., S. 309.

54 Ebd., S. 314.

55 Adrian Geiges: Wie die Weltrevolution einmal aus Versehen im Schwarzwald begann: Mein Leben zwischen Mao, Che und anderen Models, Frankfurt a. M. 2007, S. 315.

56 Ebd., S. 4.

57 Alle Zitate ebd., S. 9.

58 Siehe ebd., S. 69–75.

59 Ebd., S. 52.

60 Siehe ebd., S. 146–148; S. 186 f. und S. 189–193.

61 Werner: Offene Fragen (Anm. 47), S. 113.

62 Siehe van Hüllen: Die mißlungene Aufzucht des Kaders (Anm. 48), S. 148 f.

Inhalt – JHK 2014

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