JHK 2016

Inhaltsverzeichnis

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Kuriere der Komintern – neue Zugänge zum Geheimapparat des Kommunismus

Morten Møller

Wer waren die geheimen Kuriere der Komintern in den 1930er Jahren? Woher kamen sie? Was transportierten sie in Koffern mit doppeltem Boden, wenn sie regelmäßig die europäischen Grenzen überquerten? Die illegalen Aktivitäten der kommunistischen Bewegung sowohl innerhalb als auch außerhalb Europas ziehen weiterhin die Aufmerksamkeit der Forschung auf sich. Mehr als 70 Jahre nach der Auflösung der Komintern ist das Wissen über die Arbeit im geheimen Verbindungsdienst OMS/S.S. der Komintern jedoch…

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Misstrauen – unausweichliches und zerstörerisches Charakteristikum der Konspiration. Der Fall der Kommunistischen Partei Polens (1918–1938)

Eryk Krasucki

Argwohn und innerparteiliche Konflikte Als sich der bekannte deutsche Soziologe Georg Simmel zu Beginn des 20. Jahrhunderts mit der Soziologie von Geheimbünden beschäftigte, nannte er unter anderem das Bewusstsein von der Andersartigkeit, das Aristokratische, die Existenz eines Kreises von Eingeweihten, Gruppenegoismus, Zentralisierung und Entindividualisierung als deren immanente Merkmale.[1] Diese Begriffe erlauben eine Annäherung an das in der kommunistischen Bewegung entstandene Phänomen…

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Verschwörungsdenken in der politischen Führung Polens im Kalten Krieg. Bierut, Berman, Werfel und der »Prozess der Generäle«

Ute Caumanns

»Man setzte alte, verdiente Kommunisten auf die Anklagebank und unterstellte ihnen, sie seien japanische, türkische und der Teufel weiß was noch für Spione. [...] Man mußte damals schon viel Kraft und Ergebenheit für die Sache aufbringen, um die Sowjetunion trotz aller Entstellungen, Ungerechtigkeiten und Abscheulichkeiten zu lieben.«[1] Jakub Berman hegte, wie es scheint, keine Illusionen. Dennoch übernahm er die ihm übertragene Aufgabe, auf Parteiversammlungen die Moskauer Schauprozesse zu…

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»Was ist denn nun überhaupt mit Stalin los?« Der XX. Parteitag der KPdSU und die Stimmung der Bevölkerung in der DDR

Henrik Bispinck

Die Enthüllungen Chruschtschows über die Verbrechen Stalins auf dem XX. Parteitag der KPdSU im Februar 1956 bedeuteten einen tiefen innenpolitischen Einschnitt für die Sowjetunion. Es hatte Vorboten dieser Entwicklung gegeben, die als »Tauwetter« und »Entstalinisierung« in die Geschichte eingegangen ist. Bereits mit Stalins Tod drei Jahre zuvor schien die Sowjetunion, so Manfred Hildermeier, »aus einer tiefen Erstarrung zu erwachen«.[1] Während in den folgenden Jahren die Diadochen um seine…

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Editorial

Herausgeber

Im Mittelpunkt der diesjährigen Ausgabe steht das Thema »Konspiration und Kommunismus«. Konspiration zählte von Beginn an zu den Grundprinzipien kommunistischer Parteiarbeit. Sie war zunächst das Resultat der politischen Verfolgung, die die politische Linke im ausgehenden 19. Jahrhundert in Europa im Allgemeinen und im zaristischen Russland im Besonderen erfahren hatte. Kommunisten waren gleichzeitig Projektionsfläche für verschwörungstheoretische, vielfach antisemitisch angereicherte…

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Als trotzkistischer Verschwörer an der sowjetischen Botschaft in Berlin: Der »Bucharinist« Sergej Bessonov und der dritte Moskauer Schauprozess

Matthias Bürgel

[*] Die drei großen Moskauer Schauprozesse bildeten von 1936 bis 1938 den öffentlich inszenierten Höhepunkt des Großen Terrors unter Stalins Regie. Im Zentrum des dritten und wichtigsten Schauprozesses gegen den »Block der Rechten und Trotzkisten« vom 2. bis 13. März 1938 standen neben dem abwesenden Trockij, der als größter »Volksfeind« galt, die früheren Politbüromitglieder Nikolaj Bucharin und Aleksej Rykov sowie Christian Rakowski, ein »enger Mitarbeiter« Trockijs aus der Zeit der…

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Das 4. illegale Zentralkomitee der KPÖ 1942 – ein Konstrukt der Wiener Gestapo

Hans Schafranek

Unter Zeitgenossen, aber auch in breiten Kreisen der Publizistik nach 1945 wurde häufig ein Bild gezeichnet und tradiert, dem zufolge die Gestapo als »allmächtig« und »allgegenwärtig« erscheint. Ersteres trifft sicherlich in einem hohen Maße zu. Die Gestapo ordnete massenhaft Hinrichtungen und Einweisungen in Konzentrationslager an, sie konnte nach Belieben Häftlinge ganz oder teilweise der Justiz entziehen oder nach dem Ende einer vom Gericht verhängten Haftstrafe wieder für unbeschränkte Zeit…

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»Schwierige Völkerfreundschaft im Norden«. Die Freundschaftsgesellschaften mit der DDR in den skandinavischen Ländern im Fokus der Nachrichtendienste Dänemarks, Norwegens und Schwedens

Thomas Wegener Friis/Astrid Carlsen/Nils Abraham

Die Aufarbeitung der DDR-Geschichte stößt seit Jahren in den skandinavischen Staaten Dänemark, Schweden und Norwegen auf großes Interesse.[1] Im Fokus der bisherigen wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit den Beziehungen der skandinavischen Länder[2] zum sozialistischen deutschen Staat stand bisher vor allem die Analyse der vielfältigen Bemühungen der DDR um politische Anerkennung vor 1973. Doch sowohl in der Bundesrepublik Deutschland als auch in den skandinavischen Nachbarländern ist kaum…

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Relaunch: International Newsletter of Communist Studies Online

Bernhard H. Bayerlein/Gleb J. Albert

Der International Newsletter of Communist Studies Online ist auf eine neue Internet-Plattform umgezogen. Dank der Nutzung des Open Journal Systems erfüllt der International Newsletter nun die Ansprüche der Leserschaft an ein modernes Open-Access-Periodikum. So sind einzelne Beiträge direkt abrufbar und erfahren durch die Anbindung an internationale Publikationsdatenbanken mehr Aufmerksamkeit, darüber hinaus lassen sich die Beiträge einzelner Autorinnen und Autoren über ein entsprechendes…

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»Ich bin mir keiner parteifeindlichen Handlung bewusst …« Anmerkungen zur Biografie des KPD-Spitzenfunktionärs Wilhelm Hein

Andreas Herbst

[1]»Gewaltige Heerschau gegen den Faschismus!«, so überschrieb die Rote Fahne am 26. Januar 1933 ihren Bericht über die Demonstration Zehntausender Anhänger und Mitglieder der KPD, die am Vortag stattgefunden hatte.[2] Martialisch waren die Losungen im Vorfeld: »Parole: Bülowplatz«, »Rotes Berlin! Heraus!« oder »Tretet an, antifaschistische Kolonnen des roten Berlins«.[3] Es sollen minus 18 Grad in Berlin gewesen sein, als der Aufmarsch vor dem Karl-Liebknecht-Haus am 25. Januar 1933 gegen 16:30…

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»On His Majestyʼs Secret Service«: Heinz Felfe und seine nachrichtendienstliche Tätigkeit für den britischen Geheimdienst gegen die KPD (1947–1950)

Bodo Hechelhammer

Am 6. November 1961 wurde in der Zentrale des Bundesnachrichtendienstes (BND) in Pullach der Mitarbeiter Heinz Felfe (1918–2008) als sowjetischer Spion verhaftet. Zehn Jahre lang war der frühere Kriminalkommissar, ehemalige SS-Obersturmführer im Sicherheitsdienst des Reichsführers-SS (SD) und Mitarbeiter im Reichssicherheitshauptamt (RSHA) für den BND und dessen Vorgängerorganisation, die »Organisation Gehlen«, tätig gewesen: zuletzt in leitender Funktion im Bereich der…

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Konspiration als Selbst- und Fremdtäuschung. Das Netzwerk »Neu Beginnen« vor und nach 1945

Tobias Kühne

Zu den vielen linken Organisationen und Gruppen, die unter konspirativen Bedingungen Widerstand gegen den Nationalsozialismus leisteten, gehörte auch »Neu Beginnen«. Eine Besonderheit dieses Netzwerks liegt jedoch darin, dass die Beteiligten schon vor 1933 und auch nach 1945 konspirativ arbeiteten. Geheimhaltung war bei Neu Beginnen nicht nur eine organisatorische Notwendigkeit angesichts des nationalsozialistischen Verfolgungsdrucks, sondern vielmehr Teil der kollektiven und persönlichen…

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Thälmanns Gegenspieler: Hugo Urbahns in der frühen Hamburger KPD

Marcel Bois

Es war eine kleine Sensation, die im September 1928 im Berliner Karl-Liebknecht-Haus geschah: Das Zentralkomitee (ZK) der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) trat zusammen und beschloss, den Parteivorsitzenden all seiner Funktionen zu entheben. Für einen kurzen Moment sah es so aus, als sei die politische Karriere von Ernst Thälmann beendet. Der Grund für die drastische Maßnahme war eine Korruptionsaffäre innerhalb der Hamburger KPD. In deren Zentrum stand der Parteifunktionär John…

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Verzeichnis der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Jahrbuchs für Historische Kommunismusforschung 2016

Nils Abraham Dr. phil., geb. 1972 in Hamburg. Studium der Geschichtswissenschaft, Politikwissenschaft, Skandinavistik und Rechtswissenschaft an der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald sowie der Geschichtswissenschaft und Ethnologie an der Universität Uppsala, Schweden. 2001 Philosophie Magisterexamen (Master of Arts) an der Universität Uppsala. 2006 Promotion an der Philosophischen Fakultät der Universität Greifswald, Titel der Dissertation: »Die politische Auslandsarbeit der DDR in…

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Widerstand als Farce? V-Männer in der illegalen KPD in Breslau 1935-1939

Udo Grashoff

Zur Geschichte des kommunistischen Widerstands in Schlesien ist bisher kaum geforscht worden. In der Bundesrepublik spielte der Widerstand von Kommunisten gegen den Nationalsozialismus, wenn überhaupt, eine marginale Rolle,[1] in der DDR endete dessen Erforschung, von wenigen Ausnahmen abgesehen, an der »Oder-Neiße-Friedensgrenze«. Das Desiderat wurde durch neuere Publikationen nicht wettgemacht.[2] Für die nachfolgende Darstellung muss eine knappe Skizze über die Situation der Breslauer KPD…

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Der geheime Informant in der Zentrale der Kommunistischen Partei Finnlands

Kimmo Rentola

Im Januar 1956 erhielt die für den Staatsschutz zuständige finnische Sicherheitspolizei (Supo, Suojelupoliisi) erstmals Insiderinformationen aus dem inneren Zirkel der Kommunistischen Partei Finnlands (SKP, Suomen kommunistinen puolue).[1] Dies bedeutete einen wichtigen Durchbruch, denn der im Jahre 1949 neu gegründeten Supo war es in den ersten fünf Jahren ihrer Existenz lediglich gelungen, lückenhafte und auf Gerüchten beruhende Berichte über kommunistische Aktivitäten zu beschaffen.[2] Erste…

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Der Freund meines Feindes ist mein Feind. Die Kommunistische Partei Österreichs im Visier amerikanischer und britischer Nachrichtendienste 1945–1955

Dieter Bacher

Am Morgen des 10. Februar 1950 erwartete die Mitarbeiter der Parteizentrale der Kommunistischen Partei Österreichs (KPÖ) im 10. Wiener Gemeindebezirk eine böse Überraschung – offenbar war in der Nacht zuvor in ihr Büro eingebrochen worden. Der oder die Einbrecher hatten ein Fenster geöffnet, die Aktenschränke durchwühlt und die Mitgliederkartei des Bezirks entwendet. Neben den mehr als überdeutlichen Spuren der Verwüstung hatten der oder die Einbrecher auch, offenbar aus Versehen, einen Schal…

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Anwälte zwischen Politik und Recht. Zur Rolle der Verteidigung in den politischen Prozessen gegen Kommunisten in der Bundesrepublik Deutschland der 1950er Jahre

Jens Niederhut

Ein politischer Prozess ist nach Otto Kirchheimers klassischer Definition dadurch gekennzeichnet, dass er »unmittelbar zu einem Faktor im Kampf um die politische Macht wird«.[1] Eine politische Strafjustiz dient demnach insofern als Mittel in der politischen Auseinandersetzung, als eine politische Opposition mit dem Strafrecht bekämpft wird. Wesentliches Merkmal einer politischen Justiz ist, dass Menschen nicht wegen konkret begangener Straftaten, sondern wegen einer spezifischen politischen…