JHK 2021

Kindergartenlektionen aus Osteuropa

Spiel und Nachahmung in der sozialistischen Tschechoslowakei und der Sowjetunion

Jahrbuch für Historische Kommunismusforschung | Seite 69-86 | Metropol Verlag

Autor/in: Cathleen M. Giustino

Natürlich spielten die Menschen in Osteuropa auch während des Kalten Krieges. Doch ist unklar, wie die Menschen in dieser Zeit das Spielen verstanden und erlebten. Welchen Effekt hatte die kommunistische Ideologie auf die Vorstellung vom Spielen? Dieser Aufsatz hat das Ziel, das Wissen über die Geschichte und die Bedeutung des Spielens im sowjetischen Machtbereich zu erweitern. Er untersucht, wie die zeitgenössische Erziehungswissenschaft in der Tschechoslowakei das kindliche Spielen interpretierte und welche pädagogischen Aufgaben sie mit dem Spiel verband. Als konkretes Beispiel wird ein tschechoslowakisches Lehrbuch analysiert, das bei der Ausbildung von Kindergärtnerinnen Anwendung fand und zwischen 1955 und 1977 in mehreren Auflagen erschien.[1] Dieses Buch widmete sich dem kindlichen Spiel und seiner Bedeutung ausführlich.[2] Vieles, was sich hier findet, wurde aus einem Lehrbuch übernommen, das in der Sowjetunion bei der Ausbildung von Kindergärtnerinnen eingesetzt wurde. Die Analyse des tschechoslowakischen Kompendiums und seines sowjetischen Vorbilds liefert somit nicht nur Einblicke in das offizielle sowjetische Denken über das kindliche Spiel und darüber, wie dieses als Mittel zur ideologischen Erziehung genutzt werden sollte. Sie zeigt auch, wie Autorinnen und Autoren in der Tschechoslowakei mit diesem Vorbild umgingen, welche Ideen sie adaptierten, ignorierten oder mit älteren Traditionen, etwa aus der Zwischenkriegszeit, kombinierten.  

            Besondere Beachtung verdient die Frage, wie und warum die osteuropäische Vorschulpädagogik Nachahmung bzw. Imitation als essenziell für das Spielen von Kindern einstufte. Expertinnen und Experten sowohl aus der Sowjetunion als auch aus der sozialistischen Tschechoslowakei – darunter Marie Bartušková, von der in diesem Artikel ausführlich die Rede sein wird – argumentierten, dass Nachahmung den Kern des kindlichen Spiels ausmache. Mimesis sei nicht nur eine angeborene Neigung, sondern ein aktiver Prozess, durch den Vorschulkinder im Alter von bis zu sechs Jahren die Realität erforschten und erführen. Imitation behindere oder unterdrücke die Fantasie und Vorstellungskraft der Kinder keineswegs, vielmehr fördere sie die kindliche Kreativität. Diese Sicht der sozialistischen Erziehungswissenschaft ließ den Kindern Raum für ein relativ unabhängiges Denken und Entscheiden. Freilich geschah dies unter den wachsamen Augen von Kindergärtnerinnen, die sich um die Sicherheit ihrer Zöglinge ebenso kümmerten wie darum, diesen soziale Verantwortung im Sinne der herrschenden Ideologie beizubringen. Wie am Ende des Beitrages näher ausgeführt werden wird, waren diese Vorstellungen von Spiel und Nachahmung weder im Osteuropa der Nachkriegszeit gänzlich neu noch ausschließlich auf den Sozialismus im sowjetischen Einflussbereich beschränkt.

 

 

Marie Bartušková und die Entfaltung der frühkindlichen Erziehung im Kindergarten in der sozialistischen Tschechoslowakei

 

In der Tschechoslowakei stellten Kindergärten – im Tschechischen als mateřské školy, also »Mutterschulen« bezeichnet – eine besondere Art der Vorschule für Kinder im Alter von drei bis sechs Jahren dar. Damit unterschieden sie sich von Kinderkrippen für Säuglinge und Kleinkinder.[3] Zwar reicht die Geschichte der Kindergärten bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts zurück, doch begann ihr Ausbau im großen Stil erst in der sozialistischen Periode. Vor 1945 gab es zum einen private Kindergärten, von denen sich viele in kirchlicher Trägerschaft befanden. Daneben existierten staatliche Einrichtungen. Diese fielen entweder in den Zuständigkeitsbereich der Kommunalverwaltung, einschließlich der Hauptstadt Prag, oder waren dem Bildungsministerium unterstellt, wie etwa die Kindergärten in den überwiegend deutsch besiedelten Grenzgebieten.[4] Als nach der kommunistischen Machtübernahme im Februar 1948 die außerhäusliche Kinderbetreuung massiv ausgebaut wurde, wuchs auch die Nachfrage nach qualifiziertem Personal zur Betreuung und Erziehung der Kinder im Einklang mit der sozialistischen Ideologie.

Marie Bartušková (1900–1978) gehörte zu den wichtigsten Verfechterinnen der Einführung der Hochschulausbildung für Kindergärtnerinnen. Zudem kam ihr eine zentrale Rolle bei der Verbreitung der sowjetischen Sichtweise auf das kindliche Spiel in der sozialistischen Tschechoslowakei zu. Bartušková stammte aus einer südböhmischen Lehrerfamilie. Dieser Hintergrund war entscheidend für ihren Entschluss, Erzieherin zu werden. Ihr Studium war nach damaligen Maßstäben alles andere als gewöhnlich. Von 1920 bis 1922 studierte sie in den Vereinigten Staaten. Sie absolvierte am National Kindergarten and Elementary College in Chicago eines der führenden progressiven Studienprogramme im Bereich frühkindlicher Erziehung und schloss dieses mit einem Diplom ab. Das Programm stützte sich auf die Methoden von Friedrich Fröbel und Maria Montessori.[5] Nach ihrer Rückkehr in die Tschechoslowakei besuchte Bartušková weitere Kurse zum Thema Vorschulerziehung. Nach verschiedenen Stationen als Kindergärtnerin zunächst in Lány, dann in Prag, wo sie Leiterin einer Einrichtung im Stadtviertel Nusle war, wurde Bartušková 1937 zur »Fachinspektorin« der Kindergärten der Stadt ernannt.[6]

Während des Zweiten Weltkrieges und der Okkupation des Landes durch das nationalsozialistische Deutschland blieb Bartušková Kindergarteninspektorin. In dieser Position versuchte sie, das tschechische Vorschulwesen auch weiterhin zu fördern, angesichts der Germanisierungsbemühungen des Prager Stellvertretenden Bürgermeisters Josef Pfitzner keine leichte Aufgabe. Darüber hinaus setzte sie sich dafür ein, das Ansehen und die Bezahlung von Kindergärtnerinnen – der Beruf wurde nahezu ausschließlich von Frauen ausgeübt – zu erhöhen. Ihre fachliche Kompetenz und ihr Einsatz für die Nation sicherten ihr nach dem Krieg und dem Ende der deutschen Besatzung den Respekt einflussreicher Kreise und kamen ihrem beruflichen Aufstieg zugute. 1945 erhielt sie, unter anderem dank der Unterstützung des kommunistischen Bildungsministers Zdeněk Nejedlý, der ein entschiedener Verfechter der Vorschulerziehung in der Tschechoslowakei war, eine Stelle im Bildungsministerium. Bartušková trat in die Kommunistische Partei ein und pries fortan sowohl Nejedlý als auch Lenin in ihren Publikationen.[7]

1946 begann sie an der neu gegründeten Pädagogischen Fakultät der Prager Karls-Universität zu lehren, an der künftige Erzieherinnen fortan eine akademische Ausbildung mit dem Schwerpunkt Vorschulpädagogik absolvieren konnten. Zudem war sie Mitbegründerin der pädagogischen Fachzeitschrift Předškolní výchova (Vorschulische Erziehung), deren Chefredakteurin sie wurde, und bildete sich beständig weiter, u. a. auch mithilfe von Kursen in London und St. Andrews in Schottland. In Prag organisierte sie 1948 die Einsetzung eines Nationalkomitees der World Organization for Early Childhood Education (OMEP), einer neuen internationalen Vereinigung, der Länder von beiden Seiten des Eisernen Vorhangs angehörten. Seit 1946 war Bartušková Mitglied eines Vorbereitungskomitees, mit dessen Hilfe die Organisation gegründet und deren erste internationale Tagung sechs Monate nach der Machtübernahme der Kommunistischen Partei, im August 1948 in Prag durchgeführt werden konnte.[8] 1949 promovierte sie über die ersten Kindertagesstätten in den böhmischen Ländern.[9]

Am 21. April 1948, kurz nach der Machtübernahme der Kommunistischen Partei, wurde ein neues Schulgesetz für die Tschechoslowakei verabschiedet. Für Bartušková und ihre Mitstreiterinnen und Mitstreiter war dieses Gesetz ein wichtiger Etappensieg, denn es unterstellte Kindergärten der Zuständigkeit des Ministeriums für Bildung und Aufklärung und damit der zentralstaatlichen Verwaltung.[10] Der Hauptgrund für die Wertschätzung, die der Erziehung von Vorschulkindern hier zum ersten Mal offiziell entgegengebracht wurde, war ihre Relevanz für das Projekt, Jungen und Mädchen zu »neuen Menschen« zu formen. Ein weiterer wichtiger Impuls dafür, die Betreuung von Vorschulkindern staatlich zu organisieren, ging vom ersten Fünfjahresplan der Tschechoslowakei aus. Dieser rechnete mit einem enormen Mehrbedarf an Arbeitskräften für die verstaatlichte Industrie und Landwirtschaft. Das Bild der sozialistischen Frau war das der werktätigen Frau; auch junge Mütter sollten zum Aufbau der Volkswirtschaft beitragen.[11] Ihre Kinder sollten in Kindergärten betreut werden, die der Fünfjahresplan als Orte beschrieb, an denen »das Spiel der Kinder so organisiert ist, dass es die Aktivitäten und Vorgänge an Arbeitsplätzen (…) widerspiegelt, insbesondere die Tätigkeiten der Fabrik- und Baustellenarbeiter, der Landwirte, der Arbeiter im Transportwesen usw.«.[12] Nach der Verabschiedung des neuen Schulgesetzes wuchs das Netz von Kinderkrippen und Kindergärten in der Tschechoslowakei stetig,[13] was wiederum den Bedarf an Kindergärtnerinnen erhöhte. Darauf reagierte 1950 eine weitere Bildungsreform, in deren Zuge landesweit pädagogische Lehranstalten gegründet wurden, an denen künftige Lehrkräfte eine vierjährige Ausbildung durchliefen.[14] [[Abb. 1: Buchcover von Růžena Švábovás Buch über »Einrichtungen für Kinder berufstätiger Frauen«, Prag 1956]]

Die Integration der Kindergärten in das öffentliche Bildungssystem der Tschechoslowakei bedeutete den erfolgreichen Abschluss der institutionellen Arbeit, die für den Ausbau der Vorschulerziehung erforderlich war. Nun hatten Bartušková und ihre Kolleginnen und Kollegen Zeit, sich der Weiterentwicklung theoretischer und konzeptioneller Aspekte der Vorschulerziehung zu widmen. Wie damals üblich, orientierten sie sich dabei primär an der sowjetischen Pädagogik. In der Zwischenkriegszeit war Bartušková oft ins Ausland gereist, unter anderem hatte sie zweimal die Sowjetunion besucht und Kontakte zu Erzieherinnen und Erziehern geknüpft. Ende der 1940er- und Anfang der 1950er-Jahre vertiefte sie diese Beziehungen und ihr Wissen über die sowjetische Vorschulerziehung. Sie schrieb Artikel über die sowjetische Pädagogik, beteiligte sich an den Aktivitäten des neu gegründeten Tschechoslowakisch-Sowjetischen Instituts in Prag und wurde Mitglied der Redaktion der sowjetischen Zeitschrift Pedagogika – psychologie (Pädagogik – Psychologie).[15] All diese Arbeitszusammenhänge nutzte sie, um die Verbreitung sowjetischen pädagogischen Denkens in der Tschechoslowakei zu fördern.

Eine besondere Bedeutung hatte dabei Bartuškovás Arbeit an einer tschechischen Ausgabe sowjetischer Essays zum Thema Vorschulerziehung. Der Sammelband Pedagogika předškolního věku (Vorschulpädagogik) war in der Sowjetunion 1946 zum ersten Mal erschienen. Seine Herausgeberin, Evgeniya Aleksandrovna Flerinová (1889–1952), war die erste Frau, die in der Sowjetunion einen Doktortitel im Bereich der Pädagogik erlangt hatte. Sie und die anderen Autorinnen und Autoren des Bandes arbeiteten am Fachbereich für Vorschulpädagogik am Pädagogischen Staatlichen Institut W. I. Lenin in Moskau. Der Sammelband wurde von den pädagogischen Fakultäten in der Sowjetunion bei der Ausbildung von Kindergärtnerinnen eingesetzt. Die Vorstellungen über die Bedeutung des kindlichen Spiels, die in diesem Band erörtert wurden, sollten jahrzehntelang in der sozialistischen Tschechoslowakei zirkulieren. Bemerkenswerterweise wiesen sie weitreichende Übereinstimmungen mit dem pädagogischen Denken der Zwischenkriegszeit auf.[16]

Die tschechische Übersetzung des Sammelbandes erfuhr zwei Auflagen, die kurz hintereinander herauskamen: Die erste erschien 1950, die zweite 1951, also genau in den Jahren, in denen die Zeitungen voll von Berichten über die stalinistischen »Säuberungsaktionen« waren, die nach sowjetischem Vorbild durchgeführt wurden. Bartušková schrieb die Einleitung zu beiden Ausgaben der Übersetzung. Sie, die den Grundstein für ihre erfolgreiche Karriere mit einem Studium progressiver Vorschulpädagogik im Chicago der 1920er-Jahre gelegt hatte, erklärte nun, dass die Bemühungen um den Aufbau eines »guten Systems der Vorschulerziehung« erst im Rahmen der sozialistischen Gesellschaft begonnen hätten. Die Sowjetunion, die »die erste wirklich wissenschaftliche Pädagogik der frühen Kindheit« hervorgebracht habe, stehe an der Spitze dieser Bestrebungen. Sie rühmte den übersetzten Band als »den ersten Versuch einer allgemeinen Theorie und Praxis der sowjetischen Vorschulpädagogik«. Dass das Werk, wie sie erwähnte, in der Sowjetunion kritisiert wurde, weil es die marxistisch-leninistische Ideologie nicht ausreichend berücksichtigte, tat ihrer Wertschätzung keinen Abbruch. Bartušková schloss mit den Worten: »Das Lehrbuch füllt nicht nur eine riesige Lücke in diesem Bereich [der Vorschulerziehung in der Tschechoslowakei, C. G.], sondern fördert auch die rasche Entwicklung unserer Vorschulerziehung auf der Basis einer guten wissenschaftlichen Grundlage.«[17]

 

 

Spiel und Nachahmung in der Sowjetpädagogik der stalinistischen Ära

 

Die tschechoslowakische Zeitschrift Předškolní výchova, deren Chefredakteurin Bartušková war, druckte eine anerkennende Rezension des Flerinová-Bandes. Als besonders relevant für die tschechoslowakischen Leserinnen und Leser stellte die Rezension das Kapitel über das Spielen heraus. Von der sowjetischen Kinderspielexpertin D. V. Mendžerickoj verfasst, hatte es mit etwa 30 Seiten einen ähnlichen Umfang wie die anderen Kapitel, die sich Themen wie der physischen, rationalen, moralischen und ästhetischen Erziehung widmeten. Mendžerickojs Ausführungen bilden ein typisches Beispiel für die Vorschulpädagogik der stalinistischen Ära. Daher sollen sie hier etwas genauer betrachtet werden.

            Der erste Abschnitt des sowjetischen Kapitels, das dem Spiel gewidmet ist, trägt den Titel »Das Wesen und die Bedeutung des Spiels«. Darin erläutert Mendžerickoj, dass sowjetische pädagogische Experten das Spielen als festen Bestandteil der Kindheit identifiziert hätten, oder, anders gesagt, dass Kinder von Natur aus zum Spielen prädisponiert seien. Entsprechend beginnt der Abschnitt mit den Worten: »Spiel ist ein unentbehrlicher Begleiter der Kindheit. Jedes Kind sehnt sich danach zu spielen und widmet sich dem Spiel mit Begeisterung.« Diese enge Beziehung zwischen Spiel und Kind wurde in keiner Weise als das Produkt der Erziehung oder als eine soziale Konstruktion gesehen, sondern als angeboren dargestellt. Kinder spielen, so die sowjetische Expertin, weil sie durch das Spiel an den Aktivitäten der Erwachsenen teilhaben und mehr über sie erfahren könnten. Mendžerickoj schreibt: »Wir erklären das Bedürfnis des Kindes zu spielen mit seinem Bemühen, aktiv am Leben der Erwachsenen teilzunehmen. Das Spielen ist für ein Kind eine Möglichkeit, am Leben teilzunehmen und es kennenzulernen.«[18]

            Im selben Abschnitt geht Mendžerickoj auf das Argument der mimetischen Qualität des Kinderspiels ein. Sie stellt fest: »Im Spiel manifestiert sich die typisch kindliche Neigung zur Nachahmung. Im Spiel ahmen Kinder Erwachsene aus ihrer Umgebung, Tiere sowie die Bewegung eines Zuges, eines Autos und einer Straßenbahn nach.« Diese angeborene Neigung zur Nachahmung sei Teil »der Psychologie des spielenden Kindes«.[19] Es muss betont werden, dass Mendžerickoj in der Nachahmung ausdrücklich nicht nur ein mechanisches, stumpfes Kopieren des Lebens sah. Ihre Theorie stand also nicht für einen blinden Gehorsam gegenüber dem sozialistischen Realismus der stalinistischen Ära. In ihrer Konzeption des Kinderspiels war Kreativität ein fester Bestandteil des mimetischen Prozesses. Indem Vorschulkinder die Welt um sich herum imitierten, setzten sie ihre Fantasie und Vorstellungskraft ein und lernten etwas über die Welt. Sie bedurften allerdings einer Orientierungshilfe, um den Kontakt zur Realität nicht zu verlieren. »Bei richtiger Erziehung lenkt die Fantasie das Kind nicht von der Realität ab; im Gegenteil, sie [die Fantasie, C. G.] trägt dazu bei, dass das Kind sie [die Realität, C. G.] besser versteht«, schreibt Mendžerickoj.[20] Somit ließen diese Auffassungen von Spiel, Nachahmung und Kreativität Raum für relativ unabhängiges Denken oder Handeln. Diese Einsicht wirft Fragen auf, die für das Verständnis der Produktion und Reproduktion sozialistischer Werte und Ideologie in Osteuropa wichtig sind.

Der zweite Abschnitt des Kapitels ist mit »Kreative Spiele« überschrieben und betrifft einen Bereich, auf den Mendžerickoj sich spezialisiert hatte.[21] In diesem Abschnitt entwickelt sie ihre Gedanken zu Nachahmung und Kinderspiel weiter. Die Tätigkeiten der Erwachsenen, die Kinder in ihrer Umgebung beobachteten, könnten beeinflussen, was und wie diese spielten. Kinder von Kolchosearbeiterinnen und -arbeitern bauten Schweine- und Hühnerhöfe. Kinder, die an Flussschleusen lebten, beluden Dampfschiffe. Auch bedeutende gesellschaftliche Ereignisse könnten einen Effekt auf den Inhalt und den Ablauf des Kinderspiels haben. Mendžerickojs Aussagen lassen vermuten, dass die Parteiideologie potenziell, aber eben nicht notwendigerweise durch das Kinderspiel gefördert und eingeschärft werden könne. Sie ruft also nicht plump zur Indoktrination auf, geht aber von einer möglichen ideologischen Verwendung des Spiels aus, wenn sie feststellt, dass Kinder besonders gern Soldaten in der Roten Armee spielten. Doch selbst in diesem Kontext muss der Stolz auf die Opfer, die sowjetische Soldaten während des Zweiten Weltkrieges erbracht haben, nicht bedeuten, dass die Nachahmung von Soldaten der Roten Armee für Kinder deswegen attraktiv wäre, weil sie sich für die Ideologie begeistern. Denn für alle Aktivitäten, die Mendžerickoj in diesem Abschnitt aufführt, galt, dass Kinder sie imitierten, weil sie diese an Erwachsenen beobachtet hatten. Darüber hinaus ahmten sie aber auch Autos, Flugzeuge, Pferde und Bären nach. Auch wenn ihre Imitationen nicht stets präsize und akkurat seien, »sind sie immer ausdrucksstark, weil die Erfahrung des Spiels aufrichtig ist und ein Kind eine hohe Fähigkeit zur Nachahmung hat«, so Mendžerickoj.[22]

Wenn Kinder belebte und unbelebte Gegenstände sowie Aktivitäten in der Welt um sie herum kreativ nachahmten, setzten sie Bewegungen, Gesten und Sprache ebenso ein wie ihre Fantasie und Vorstellungskraft. Gleiches gelte für materielle Gegenstände, vor allem Spielzeug. Wenn Kinder mit Spielzeug spielten, zeigten sie zum Beispiel eine »Neigung, Gegenständen nicht vorhandene Eigenschaften zuzuschreiben und einen Gegenstand gegen einen anderen auszutauschen. Stangen und Zylinder aus Baumaterialien dienen nicht nur dem Bauen. Sie stehen für Holz und Eis, sogar für Brot. Ein Türmchen kann eine Milchflasche sein, aber auch eine Lampe oder ein medizinischer Schlauch. Ringe sind Süßigkeiten, Brezeln und Eiscreme.«[23]

Einerseits bewertet Mendžerickoj das kreative Potenzial von Nachahmung und Spiel also überaus positiv. Andererseits macht sie ihre Leserschaft, die mit der Ausbildung künftiger Kindergärtnerinnen betraut war, auf die potenziellen Gefahren aufmerksam, die drohen konnten, wenn Fantasie und Vorstellungskraft freier Lauf gelassen würde. Im Abschnitt »Kreative Spiele« kommt sie auf die pädagogische Leitung kreativer Spiele zu sprechen. Zunächst stellt sie fest, dass diese Leitung »auf dem Verständnis der Psychologie des Kinderspiels und dem Respekt für die Kreativität der Kinder beruhen muss«. Außerdem müssten »Erzieherinnen in der Lage sein, die Unmittelbarkeit im Kinderspiel zu bewahren, um die Schöpfungen der kindlichen Fantasie zu erhalten«. Dazu bedürfe es einiger direkter Eingriffe in das Spiel, bei denen jedoch sensibel vorzugehen sei, »um die Initiative des Kindes nicht zu unterdrücken«.[24]

Die Anleitung von kindlichem Spiel betreffe im Wesentlichen drei Aspekte: Die Lehrkraft müsse Einfluss auf den Inhalt des Spiels haben, bei der Umsetzung der Spielziele helfen und die Kinder bei der Organisation des Spiels unterstützen. Was den Spielinhalt betreffe, könne sie Einfluss nehmen, indem sie geeignetes Spielzeug und andere Gegenstände, wie etwa Kostüme auswähle und gegebenenfalls sogar selbst herstelle. Da Kinderspiele manchmal »negative Seiten des Lebens darstellen und schlechte Gefühle manifestieren«, könne es notwendig sein, zu intervenieren und die Kinder abzulenken. Mendžerickoj, die sonst eher auf der theoretischen Ebene bleibt, illustriert diese sowjetische Theorie des Spiels und ihre Anwendung in der Praxis mit einem einzigen Beispiel: Sie berichtet von einem Fall, in dem zwei Mädchen versuchten, ihre Puppen in einem von zwei Jungen gebauten Brunnen zu ertränken. Die Lehrkraft schritt ein, um die Mädchen dazu zu bewegen, die Puppen mit Rettungsgürteln aus bunten Ringen aus dem Wasser zu ziehen. Anschließend ermunterte sie sie, die Puppen medizinisch zu versorgen. Mit dieser erfolgreichen Intervention habe sie dem Spiel die pädagogisch richtige Richtung gegeben. Sei es aber nicht möglich, Kinder von einem unangemessenen kreativen Spiel weg hin zu einem produktiven kreativen Spiel zu führen, müsse das unangemessene Spiel beendet werden, so Mendžerickoj.[25]

 

 

Ideen zu Spiel und Nachahmung  in der sozialistischen Tschechoslowakei

 

1953 wurde in der Tschechoslowakei die Regelstudienzeit für Kindergärtnerinnen an den noch nicht lange bestehenden Lehranstalten von vier auf drei Jahre verkürzt. Diese Reform hatte vor allem pragmatische Gründe: Sie zielte darauf, die Zahl der qualifizierten Erzieherinnen schneller zu erhöhen. Um den Anforderungen gerecht zu werden, die mit der reduzierten Ausbildungszeit einhergingen, wurde ein neues tschechoslowakisches Lehrbuch für die Ausbildung von Kindergärtnerinnen auf den Weg gebracht. Auch an der Konzeption und Realisierung dieses Kompendiums war Bartušková als Redakteurin und Autorin eines Kapitels beteiligt.[26] Das Buch wurde am 5. April 1955 vom Bildungsministerium genehmigt und noch im selben Jahr veröffentlicht. Der Band trug den Titel Pedagogika předškolního věku: Učební text pro pedagogické školy pro vzdělání učitelek mateřských škol (Vorschulpädagogik: Ein Lehrbuch für pädagogische Lehreinrichtungen zur Ausbildung von Kindergärtnerinnen) und erschien bis 1976 in sechs tschechischen (1955, 1956, 1957, 1964, 1969, 1976) und sieben slowakischen Ausgaben (1956, 1958, 1961, 1964, 1970, 1972, 1977). Auch gab es mindestens eine ungarische Ausgabe.

Jede Ausgabe des Lehrbuchs enthielt Beiträge verschiedener tschechoslowakischer Vorschulexpertinnen und -experten (in der Mehrzahl Frauen). In einigen Ausgaben blieben die Autorinnen und Autoren anonym, in anderen wurden sie namentlich genannt, je nach politischer Stimmungslage. Bartuškovás Sammelband eignet sich besonders gut dafür, die Bedeutung des Spielens in der sozialistischen Tschechoslowakei verständlich zu machen, denn einerseits werden in ihm explizit Spiel und Kreativität diskutiert, andererseits war er in der Ausbildung von Generationen von Erzieherinnen weit verbreitet. Darüber hinaus liefert der Band aufgrund seiner inhaltlichen Parallelen zu dem oben diskutierten sowjetischen Lehrbuch Anhaltspunkte für die Verbreitung von Ideen innerhalb der Ostblockstaaten.

Bereits der Haupttitel stimmt mit dem des sowjetischen Bandes überein, auch wenn Bartuškovás Band noch einen Untertitel trägt. Außerdem wurden viele der Über- und Unterüberschriften aus dem sowjetischen Lehrbuch übernommen, so etwa im Abschnitt über das Spiel. Trotz der Ähnlichkeiten in Bezug auf Titel, Kapitelnamen, Abschnittsüberschriften und einige Inhalte unterscheidet sich der tschechoslowakische Band aber an einigen Stellen von der sowjetischen Publikation. Seine Beiträge entwerfen das Bild eines »fortgeschritteneren sozialistischen Landes« und arbeiten zugleich eigenes Wissen heraus.

            Die erste Ausgabe des tschechoslowakischen Bandes ist in sieben Abschnitte mit jeweils separaten Kapiteln unterteilt. Aber im Gegensatz zum sowjetischen Band und in Übereinstimmung mit dem kollektivistischen Arbeitsethos in der sozialistischen Tschechoslowakei wird nicht angegeben, welche Passagen von wem verfasst worden sind. Der vierte Teil des Bandes heißt »Die Instrumente der Vorschulerziehung«, und hier findet sich das Kapitel »Spiel«. Während die Autorin in der Ausgabe von 1955 nicht namentlich genannt wird, geht aus den anderen Ausgaben hervor, dass Bartušková das Kapitel geschrieben hat.

Die Autorin eröffnet das Kapitel mit einer Diskussion über »Das Wesen des Spiels«, ein Untertitel, der dem im sowjetischen Lehrbuch sehr ähnlich ist. Sie gibt einen Einblick in die offizielle tschechoslowakisch-sozialistische Sicht auf das Spiel von Kindern. Zunächst weist sie auf die Unterschiede zwischen dem Spiel von Kleinkindern und jenem von Kindergartenkindern hin. Für Kleinkinder sei das Spiel »vor allem die einfache Handhabung von Gegenständen. Kinder testen deren Eigenschaften, ändern deren Standort und versuchen, auf sie einzuwirken.« Mit zunehmendem Alter ändere sich allerdings die inhaltliche Substanz des Spiels. Es werde nun zu einem Versuch, die Welt der Erwachsenen mithilfe von Gegenständen zu imitieren. Die Autorin schreibt: »Allmählich werden diese Handlungen komplizierter, weil das Kind die Aktivitäten der Erwachsenen mit Dingen, Materialien, Geräten und Werkzeugen nachahmt.« Genau wie Flerinová argumentiert also auch die erste Ausgabe des tschechoslowakischen Bandes von 1955 mit Mimesis als der treibenden Kraft im kindlichen Spiel.

Es gibt jedoch einen wichtigen Unterschied: So ist im tschechoslowakischen Band nicht die Rede davon, dass Kinder auch Tiere oder Fahrzeuge imitieren.[27] Die Aufmerksamkeit richtet sich ganz auf Kinder, die beim Spielen die Arbeit Erwachsener nachahmen. Mit dieser Betonung der Verbindungen zwischen Spiel und Arbeit, einschließlich der zukünftigen Arbeit der Kinder, entspricht das Verständnis des Kinderspiels in Bartuškovás Lehrbuch stärker der Ideologie des Arbeiterstaates als das sowjetische Werk. Im Prozess der Nachahmung ist das tschechoslowakische »Kind« über den sowjetischen »Erwachsenen« hinausgewachsen.[28]

Im Anschluss finden sich weitere Anhaltspunkte für die Betonung des Spiels als Imitation der Erwachsenenarbeit. Das Spiel der Kindergartenkinder sei »den Aktivitäten der Erwachsenen noch ähnlicher [als das der Kleinkinder, C. G.]«, insbesondere der Arbeit der Erwachsenen. »Sie versuchen, sich wie Eltern oder andere Erwachsene zu verhalten, deren Arbeit sie kennen.« Das Spiel sei wichtig, so Bartušková, um Kinder auf das Arbeitsleben vorzubereiten. Das Spiel »lehrt Kinder die körperliche und geistige Anstrengung, die für die Arbeit notwendig ist«.[29] Spiel sei »Erziehung zur Arbeit«, schreibt Bartušková in einem späteren Abschnitt mit dem Titel »Die psychologische Bedeutung des Spiels«.[30]

Der Nachdruck, der auf das Kinderspiel als Imitation der Erwachsenenarbeit gelegt wurde, wurde in der Ausgabe von 1955 durch eine amtlich genehmigte Liste von Spielzeugen noch einmal verstärkt, in deren Besitz alle Kindergärten sein sollten (der sowjetische Band enthält keine solche Liste). Die Liste ist für einen Gruppenraum mit 30 Kindern konzipiert und in zwei Teile gegliedert. Der erste Teil besteht aus grundlegend notwendigen Spielsachen; der zweite Teil listet Gegenstände auf, die hinzugefügt werden sollten, sobald die Grundausstattung vorhanden war.

Beide Teillisten enthalten Spielzeuge, die Kinder dazu anregen sollen, die Arbeit von Erwachsenen nachzuahmen, wobei der zweite Teil eine größere Vielfalt an mimetischen Möglichkeiten bietet. Zu den grundlegenden Spielsachen, über die jeder Kindergarten verfügen sollte, gehörten zum Beispiel Holzbausteine und Figuren, verschiedene Fahrzeuge, darunter ein Traktor, zehn Holzpuppen und zwölf Zelluloidpuppen, Puppenkleidung, zwei bis drei Puppenwagen, fünf Körbe oder Betten für die Puppen, Küchenmöbel, Küchenutensilien und ein Ofen, zwei Besen mit Kehrblech, ein Bügeleisen und ein Bügelbrett. Zusätzliche Spielsachen waren weitere Bausätze, darunter ein Technostav-Holzbaukasten, eine 45 Zentimeter große Puppe mit passender Kleidung, ein Spielzeugladen, eine Waschmaschine und zwei Telefone. Über diese Liste arbeitsinspirierter Spielzeuge hinaus gibt es auch eine Liste »didaktischer Spielzeuge«, die Puzzles und Spielzeuge enthält, die auseinandergenommen und wieder zusammengesetzt werden können, sowie eine weitere Liste für Gartenspielzeug und Turnhilfen, darunter Bälle in verschiedenen Größen.[31] Inwieweit Kindergärten in der Tschechoslowakei tatsächlich mit diesen Spielsachen ausgestattet wurden, ist hier nicht bekannt. Angesichts der wirtschaftlichen Herausforderungen und der Betonung der Schwerindustrie in den Volkswirtschaften des Ostblocks ist ein Mangel in vielen Einrichtungen allerdings wahrscheinlich.

Fotos in der 1955 erschienenen Ausgabe des von Bartušková bearbeiteten Lehrbuchs zeigen Spielzeuge, mit denen Kinder die Arbeit von Erwachsenen nachahmen konnten. Zu sehen sind Kinder, die sich den miteinander zusammenhängenden Aktivitäten des Spielens bei der Arbeit und der Arbeit im Spiel widmen. Neben den offiziellen Einblicken in die visuelle und materielle Welt des Kinderspiels in der sozialistischen Tschechoslowakei werfen die Bilder auch Fragen nach den Geschlechterrollen und dem Spiel in Kindergärten auf. So zeigt eines der Bilder zum Beispiel ein hübsch frisiertes Mädchen in einer gebügelten Schürze, das mit einem kindgerechten Wäschetrog und einem Waschbrett sowie einem als verschmutzt vorgestellten Kleidungsstück »spielt«. Hier diente das spielerische Nachahmen der Reproduktion der traditionellen weiblichen Hausarbeit in einer Zeit, in der immer mehr Frauen in den Arbeitsmarkt eintraten und die Doppelbelastung durch bezahlte Arbeit und unbezahlte Familienpflichten erlebten. Ein anderes Bild deutet auf eine gewisse Verwischung der Geschlechterrollen durch die spielerische Arbeit hin. Eine Gruppe von Kindern bearbeitet Sand auf einer imaginären Baustelle, wobei eines von ihnen einen großen Spielzeugkran bedient. Das lange Haar, das das Gesicht eines Kindes teilweise bedeckt, gehört zum Kopf eines kleinen Mädchens, das eine »Arbeit« verrichtet, die gemeinhin als Männerarbeit angesehen wurde. [[Abb. 2: Mädchen »spielt« mit Wäschetrog und Waschbrett; Abb. 3: Jungen und Mädchen »auf der Baustelle«]]

Eine ausführliche Analyse weiterer Fotos und Artikel über Geschlecht und Spiel, die in der Zeitschrift Předškolní výchova zu finden sind, kann an dieser Stelle nicht geleistet werden. Eine erste Sichtung legt aber nahe, dass trotz einer gewissen Aufweichung der Grenzen zwischen Arbeiten, die als »typisch männlich« oder »typisch weiblich« galten, der Schwerpunkt auf der Bestätigung traditioneller Rollen lag.

Bartušková erklärt die mimetische Qualität des Kinderspiels damit, dass es das Ergebnis der kindlichen Bemühungen sei, die Wirklichkeit zu verstehen, »die es umgibt und kraftvoll auf das Kind einwirkt«.[32] Wie bereits erwähnt, hieß es im sowjetischen Lehrbuch ganz ähnlich: »Das Spielen ist für ein Kind eine Möglichkeit, am Leben teilzunehmen und es kennenzulernen.«[33] Sowohl das sowjetische als auch das tschechoslowakische Lehrbuch schildert den Akt des Kindes, mit dem es die Aktivitäten der Erwachsenen imitiert, als natürlich, als eine Tat, die inhärent oder von Natur aus zum Charakter junger Menschen gehört (was auch dafür spricht, dass keine Diskussion darüber stattfindet, ob die mimetische Eigenschaft des Kinderspiels das Ergebnis der Erziehung oder ein kulturelles Konstrukt ist).

In ihrem Lehrbuch von 1955 strich Bartušková also die Nachahmung von Erwachsenen als Funktion des kindlichen Spiels heraus. Wie bereits im Fall des sowjetischen Bandes mag das auch hier nicht wie eine Ermunterung zu Kreativität erscheinen. Dennoch verwendet Bartušková in der Diskussion über das kindliche Spiel und das dazugehörige Spielzeug eine Sprache der Kreativität und der damit verbundenen Fähigkeiten zu Imagination und Fantasie. So erkennt sie beispielsweise, dass ein Kind, wenn es bei der Nachahmung erwachsener Aktivitäten keine realen Gegenstände benutzen kann, oft »nach Ersatzobjekten sucht, die durch dessen Fantasie an den imaginierten Zustand angepasst werden«. Sie schreibt, dass Kinder beim Spielen »die Realität nicht nur reflektieren und tief emotional erleben, sondern diese auch transformieren«.[34]

Darüber hinaus enthält das tschechoslowakische Lehrbuch genau wie das sowjetische einen Abschnitt mit dem Titel »Kreative Spiele«. Zu Beginn des Abschnitts bekräftigt Bartušková, dass »das Spiel eine unabhängige Aktivität des Kindes auf der Grundlage von Imitation ist«. Kurz darauf führt sie dann jedoch aus, dass sich im kindlichen Spiel Nachahmung und Fantasie vermischten und dieses daher von Natur aus kreativ sei. Sie schreibt: »Die Fantasie [der Kinder, C. G.] basiert auf dem, was sie sehen und hören. Im Spiel wandeln Kindern ihre Sicht von der Wirklichkeit schöpferisch ab. So entstehen kreative Spiele.«[35]

In Anlehnung an den sowjetischen Band unterscheidet Bartušková zwischen zwei Typen von Spielen. Kreative Spiele seien Spielarten, die »die Kinder selbst erschaffen«. Sie stünden im Gegensatz zu einer zweiten Art von Spielen, nämlich »regelgeleiteten Spiele[n]«. Diese »wurden vorher entwickelt, haben gleichbleibende Inhalte und präzise Regeln«. Bartušková betont, dass auch »kreative Spiele« Regeln haben (ein Standpunkt, den auch der sowjetische Band vertritt), Kinder diese jedoch selbst »im Laufe des Spiels und mit Rücksicht auf den sich entwickelnden Inhalt des Spiels sowie die Organisation seines Ablaufs und in dem Bemühen, im Spiel ein gesetztes Ziel zu erreichen« erstellen.[36]

Ähnlich dem sowjetischen Band enthält auch das tschechoslowakische Lehrbuch ein Unterkapitel, das künftigen Kindergärtnerinnen Empfehlungen zur Anleitung des kreativen Spiels gibt. Er heißt: »Wie eine Lehrerin kreative Spiele leitet«. Der Abschnitt zeigt, wieder ähnlich dem sowjetischen Band, Methoden auf, mit denen sich Erzieherinnen auf das kreative Spiel vorbereiten sollen. Im Gegensatz zum sowjetischen Lehrbuch liefert das tschechoslowakische Pendant eine nuanciertere Diskussion darüber, wie zu intervenieren sei, wobei zwischen direkter und indirekter Einflussnahme unterschieden wird. Konkrete Beispiele für Kinderspiele, wie etwa die Geschichte der Mädchen, die Puppen in einem von Jungen gebauten Brunnen ertränken, finden sich hier nicht. Stattdessen werden Vorschläge gemacht, wie im Fall von Kindern, die zögern oder nur ungern spielen, eingegriffen werden kann. Zu den Vorschlägen gehört, mit dem Kind zu spielen, eine auffordernde Frage zu stellen, an ein Spiel zu erinnern, das dem Kind in der Vergangenheit Spaß gemacht hat, oder Spielzeuge vorzubereiten, die zum Spielen anregen.[37]

Darüber hinaus widmet sich das tschechoslowakische Lehrbuch verstärkt der Frage, wie die Kindergärtnerin bei der Anleitung kreativer Spiele freundschaftliche Beziehungen zwischen den Kindern fördern kann. Bartušková rät, die Erzieherin solle einer Lektion des bedeutenden sowjetischen Pädagogen Anton Semënovič Makárenko (1888–1939) folgen, der argumentiert, dass es »im Spiel notwendig ist, den Kindern nur so lange Handlungsfreiheit zu gewähren, wie das Spiel korrekt abläuft«. In diesem Sinne bestand das Spielen nicht einfach darin, dass Kinder durch Nachahmung etwas über Arbeit lernten. Es half auch bei der Vermittlung sozialer Verantwortung. Im kreativen Spiel sollten alle Kinder die folgenden Regeln lernen und befolgen: »Das Spielzeug gehört allen und alle Kinder haben ein Recht darauf«. »Alle Kinder haben das gleiche Recht, über die Wahl des Spiels zu entscheiden und darin eine Hauptrolle zu spielen«. »Alle strittigen Fragen müssen richtig und gerecht gelöst werden«.[38] In einem Arbeiterstaat, der die Kollektivität betonte, waren diese Spielregeln sicherlich ideologisch nützlich, aber sie waren nicht unbedingt exklusiv sozialistisch oder nur für den Sozialismus wertvoll.

An dieser Stelle ist es nicht möglich, alle Ausgaben des von Bartušková herausgegebenen Lehrbuchs für die Ausbildung zukünftiger Kindergärtnerinnen zu untersuchen. Eine erste Durchsicht der Ausgabe, die 1969, also ein Jahr nach der Niederschlagung des Prager Frühlings, veröffentlicht wurde, deutet auf den Bestand der Vorstellungen zu Spiel und Mimesis hin, die sich in der Ausgabe von 1955 finden. Bartušková präsentiert das Spiel erneut als eine natürliche, angeborene Neigung von Kindern. Ferner plädiert sie für die mimetische Qualität des kindlichen Spiels und erklärt: »Inhalt und Form des Spiels werden durch das Leben und die Arbeit der Erwachsenen bestimmt. Wie die Wirklichkeit, die das Kind umgibt, wie die Gesellschaft, in der das Kind lebt, so sind auch seine Spiele.« Imitation wird weiterhin als förderlich für die Kreativität dargestellt. Bartušková beschreibt zum Beispiel, wie Kindergartenkinder Gegenstände zur Nachahmung von Erwachsenenaktivitäten verwenden, und fügt hinzu, dass ihre Fantasie mit »Ersatzobjekten« arbeite, wenn keine »realen Gegenstände« zur Verfügung stünden.[39]

Die letzten Ausgaben des von Bartušková herausgegebenen Lehrbuchs erschienen ein bzw. zwei Jahre vor ihrem Tod im Jahr 1978 (1976 in tschechischer Sprache, 1977 in slowakischer Sprache).[40]

 

Die Nicht-Spezifizität und längere Ideengeschichte von Spiel und Nachahmung

 

Um ihr Argument des mimetischen Charakters des Kinderspiels im sowjetischen Lehrbuch zu untermauern, bediente sich Mendžerickoj der Ideen Konstantin Dmitrievič Ušinskijs (1823–1871), eines angesehenen Pädagogen des 19. Jahrhunderts, der als Vater der wissenschaftlichen Pädagogik in Russland gilt. Sie erinnerte sich daran, wie Ušinskij die Handlungen von Kindern beschrieben hatte, die beim Spielen Erwachsene nachahmen: »Die Puppe des einen Mädchens kocht, näht, wäscht und bügelt; die Puppe eines zweiten Mädchens prahlt mit ihrem Sofa, begrüßt Gäste und eilt ins Theater oder besucht es; die Puppe eines dritten Mädchens schlägt die Bediensteten, hortet und zählt das Geld.«[41] Diese Passage von Ušinskij ist nicht nur aufgrund der Bandbreite der mimetischen Aktivitäten, die sie benennt, interessant. Sie ist auch wertvoll, weil Mendžerickoj darin Belege für ihre Theorie des Spiels und der Mimesis von einem Experten des 19. Jahrhunderts heranzieht, der nicht nur vor dem Zweiten Weltkrieg gelebt hat, sondern auch vor der bolschewistischen Revolution und der Gründung der Sowjetunion. Diese Passage legt die Vermutung nahe, dass die sowjetische Vorschultheorie der Nachkriegszeit über Spiel und Nachahmung Teil eines über lange Zeit entwickelten Denkens war, das bis in die Zeit vor der kommunistischen Parteiherrschaft in der Sowjetunion zurückreicht. Mendžerickojs Inanspruchnahme von Ušinskij zeigt, dass die enge Verbindung zwischen Spiel und Nachahmung nicht der sowjetischen Pädagogik entstammt und nicht ausschließlich ein Merkmal des Sozialismus war.

Die 1955 erschienene Ausgabe des von Bartušková herausgegebenen Lehrbuchs enthält keine Hinweise auf Diskussionen über den Zusammenhang zwischen Kinderspiel und Imitation in der Tschechoslowakei vor 1945. Dabei existierte solch eine Traditionslinie durchaus. Das beweist etwa Ida Jarníkovás Werk für Kindergärtnerinnen und Kindergartenleiterinnen aus dem Jahr 1926: Školy mateřské: Jejich význam, účel a organisace, jakož i úřední předpisy (Kindergärten: Ihre Bedeutung, ihr Zweck und ihre Organisation sowie behördliche Vorschriften).

Jarníková (1879–1965) war eine aktive progressive Pädagogin in Prag, die Artikel und Bücher über die Vorschulpädagogik veröffentlichte.[42] In ihrer Publikation aus dem Jahr 1926 schreibt sie: »Das Hauptprinzip [des Vorschulunterrichts, C. G.] lautet: individuelle Entwicklung mit Blick auf das gesellschaftliche Zusammenleben und die soziale Verantwortung.«[43] Wie schon Friedrich Fröbel (1782–1852) vor ihr sprach auch sie von der »Beschäftigung [zaměstnání] der Kinder«. Mit »Beschäftigung« waren sämtliche Aktivitäten gemeint, wobei das Spielen die Hauptbeschäftigung der Kinder war.[44] Jarníková entwickelte zwar keine eigene Theorie des Spiels, erwähnte solche Theorien aber. Sie stellte etwa fest, dass Kindern eine Form der »ursprünglichen spielerischen Beschäftigung« zu eigen wäre, die Kindergärtnerinnen »unangetastet lassen« und nicht stören sollten, es sei denn, es bestehe Verletzungsgefahr. Ansonsten »beobachtet die Lehrkraft nur, äußert Interesse, berät und hilft«.[45] Diese leitende Rolle der Lehrkraft aus einem Lehrbuch der Zwischenkriegszeit ähnelt den Thesen der oben untersuchten sowjetischen und tschechoslowakischen Lehrbücher aus der Nachkriegszeit. Das wiederum deutet darauf hin, dass diese Ideen zeitlich und räumlich weiterverbreitet und eben nicht nur für den Sozialismus in Osteuropa charakteristisch waren.

Jarníková kommt in ihrem Buch auch ausdrücklich auf das Thema Mimesis zu sprechen. Es gebe »Beschäftigungen, durch die [das Kind, C. G.] Nachahmung und Kreativität kultiviert«.[46] Hier scheint sich Jarníkovás Idee der Nachahmung nicht mit der sozialistischen Konzeption zu decken. Die Passage legt nahe, dass Nachahmung für sie ein erlerntes Verhalten ist, während die Argumente in den Lehrbüchern der Sowjetunion und der sozialistischen Tschechoslowakei sie als einen natürlichen Teil der Psychologie des Kindes darstellen. Auch Maria Montessori (1870–1952) verstand die Imitation als ein angeborenes Verhalten. Tschechoslowakische Expertinnen und Experten für Vorschulpädagogik, darunter auch Jarníková, waren mit den Ideen der italienischen Pädagogin, die ursprünglich Ärztin war, vertraut. Vielleicht kannten sie auch Montessoris berühmte Aussage, die sie 1913 in New York machte: »Imitation is the first instinct of the awakening mind.«[47]

Weitere Forschung ist nötig, um die tschechoslowakische Rezeption der Theorien Montessoris und die Ideen anderer Befürworterinnen und Befürworter einer progressiven Vorschulerziehung in Europa und den Vereinigten Staaten vor 1945 zu beleuchten.[48] Auch ein Vergleich des Verständnisses von Mimesis und Spiel in Ost und West nach 1945 kann erst auf der Basis weiterer Studien unternommen werden. Nur so ließe sich mehr über die Spezifität oder Nicht-Spezifität pädagogischer Theorien über den nicht ganz so eisernen Eisernen Vorhang hinweg während des Kalten Krieges erfahren.[49] Aber bereits die wenigen hier präsentierten Nachweise zeigen, dass tschechoslowakische Pädagoginnen und Pädagogen schon vor dem Zweiten Weltkrieg eine Diskussion darüber führten, welche Bedeutung der Nachahmung im Spiel von Vorschulkindern zukommt. Die Ideen, die sie formulierten, waren zwar nicht identisch mit der Spiel- und Mimesis-Theorie der Nachkriegszeit, aber sie trugen dazu bei, den Boden für die Verbreitung und Rezeption dieser Argumentation während der sozialistischen Periode zu bereiten.

Folglich war es in der sozialistischen Tschechoslowakei, wie schon in der sowjetischen Pädagogik der Nachkriegszeit, unter Expertinnen und Experten weder radikal neu, dem Zusammenhang zwischen Kindern und Nachahmung Aufmerksamkeit zu schenken, noch handelte es sich dabei um einen Ansatz, der allein im sozialistischen Ostblock Anwendung fand. Dass die Theorie über das kindliche Spiel in einem in der Tschechoslowakei veröffentlichten Buch erschien, war nicht das Ergebnis einer erzwungenen Migration von Ideen aus dem Zentrum der Macht in einen untergeordneten Staat; es war nicht einfach das Produkt eines Satelliten-»Kindes«, das die Arbeit eines supermächtigen »Erwachsenen« imitierte. Die sowjetische Theorie vom kindlichen Spiel und das tschechoslowakische Vorkriegsverständnis von Kindern und ihren Aktivitäten verhielten sich komplementär zueinander. Die Verbreitung und Rezeption von Interpretationen des Spiels aus dem sowjetischen Lehrbuch ist Teil einer Kontinuität, die mit den progressiven tschechoslowakischen Ideen zur Kindergartenerziehung verbunden ist. Zustimmung statt Zwang und Konvergenz statt Spaltung helfen, die Geschichte dieses spezifischen Beispiels für das Denken der stalinistischen Ära in der sozialistischen Tschechoslowakei zu erklären. Forschungsbedarf besteht hinsichtlich der Anwendung und Erfahrung dieser Kindergartenlektionen über das Spiel in Kindergärten und Vorschulklassen während der sozialistischen Periode. Besondere Aufmerksamkeit verdient dabei die Frage, inwieweit die Fantasie und Kreativität ohne ideologische Fesseln bei sehr jungen Bürgerinnen und Bürgern in Osteuropa gezielt oder unabsichtlich gefördert wurden. Schließlich wurden damit sowohl die Produktion und Reproduktion sozialistischer Werte als auch die wahrgenommenen und realen Handlungsmöglichkeiten beeinflusst.

 


[1] Zur Verwendung der weiblichen Form »Kindergärtnerinnen« im tschechoslowakischen Kontext siehe auch Anm. 14.

[2] Bislang gibt es keine Studie, die Ideen und Theorien über das kindliche Spiel in der sozialistischen Tschechoslowakei untersucht. Zu Publikationen über Spielzeug in der sozialistischen Tschechoslowakei gehören: Tereza Bruthansová: Libuše Niklová, Prag 2010; Cathleen M. Giustino: Simply Child’s Play? Toys, Ideology, and the Avant-Garde in Socialist Czechoslovakia before 1968, in: Megan Brandow-Faller (Hg.): Childhood by Design: Toys and the Material Culture of Childhood, New York 2018, S. 173–192. Weiterführende Literatur zur Geschichte von Kindern und Jugendlichen in der sozialistischen Tschechoslowakei: Christiane Brenner/Karl Braun/Tomáš Kasper (Hg.): Jugend in der Tschechoslowakei: Konzepte und Lebenswelten, 1918–1989, München 2015; Jiří Knapík (Hg.): Dětí, mládež a socialismus v Československu v 50. a 60 letech [Kinder, Jugendliche und Sozialismus in der Tschechoslowakei der 1950er- und 1960er-Jahre], Opava 2015.

[3] Ida Jarníková: Školy mateřské: Jejich význam, účel a organizace, jakož i úřední předpisy [Kindergärten: Ihre Bedeutung, ihr Zweck und ihre Organisation sowie behördliche Vorschriften], Prag 1926, ist ein von einer Kindergartenpädagogin geschriebenes Buch aus der Zwischenkriegszeit. Es beschäftigt sich mit den Zielen und der Organisation von Kindergärten. Die Autorin erklärt darin, dass der Begriff »Mutterschule« (mateřská škola) auf das Werk eines tschechischen Pädagogen des 17. Jahrhunderts, Jan Ámos Komenský, zurückgeht. Das Wort »Kindergarten« hingegen sei durch den deutschen Pädagogen Friedrich Fröbel im 19. Jahrhundert geprägt worden und entspreche »voll und ganz dem Ziel unserer Mutterschulen«. Ebd., S. 7.

[4] 1923 gab es in den böhmischen Ländern insgesamt 1229 Vorschuleinrichtungen. 596 von ihnen waren öffentlich, die übrigen waren privat. Von diesen 1229 Institutionen waren 966 Kindergärten, 207 Kindertagesstätten und 56 Kinderkrippen. Von den 966 Kindergärten wiederum waren 507 unter tschechischer Leitung, 443 unter deutscher und 16 unter polnischer. Der slowakische Teil des neuen Staates zählte 18 Kindergärten, davon 12 slowakische, 2 deutsche und 4 mehrsprachige. Zahlen nach: Předškolní výchova. K 80. výročí narození PhDr. Marie Bartuškové [Vorschulische Erziehung. Zum 80. Geburtstag von Dr. Marie Bartušková], Prag 1980, S. 7.

[5] Einzelheiten zur Geschichte des National Kindergarten and Elementary College unter: www.nl.edu/about/history/ (ges. am 3. Juni 2020). Eine Kopie des Jahrbuchs von 1922 mit einem kleinen Artikel von Bartušková über studentische Arbeiten in Prag befindet sich unter: digitalcommons.nl.edu/cgi/viewcontent.cgi (ges. am 30. Dezember 2020).

[6] Předškolní výchova (Anm. 4), S. 512. Wichtige Kapitel in diesem Band wurden von Věra Mišurcová und Marie Fottová verfasst, ebenfalls führende Expertinnen auf dem Gebiet der Vorschulpädagogik. In dem Buch heißt es, dass Bartuškovás Unterlagen im Besitz ihrer Schwester, Zděnka Bartušková, seien. Ich konnte diese Dokumente jedoch nicht finden.

[7] Das genaue Datum ihres Parteieintritts ist nicht bekannt, aber wahrscheinlich erfolgte er vor der Erstellung einer Lenin rühmenden Broschüre von 1949, an der sie beteiligt war. Siehe V. I. Lenin: Rusko-české pásmo k 25. výročí úmrtí V. I. Lenina pro školy I. stupně [Die russisch-tschechische Zone am 25. Todestag von V. I. Lenin für Grundschulen], Prag 1949.

[8] Informationen über die frühe Geschichte der OMEP und des Engagements Bartuškovás für diese internationale Vereinigung finden sich im Bericht »World Organization for Early Childhood Education: The First Ten Years, 1948–1958«, unter: worldomep.org/index.php (ges. am 30. Dezember 2020).

[9] Předškolní výchova (Anm. 4), S. 5–12.

[10] Das Gesetz findet sich in: Zákon ze dne 21. dubna 1948 o základní úpravě jednotného školství (školský zákon) [Gesetz vom 21. April 1948 über die Grundregelung der einheitlichen Bildung (Schulgesetz)] Nr. 95, veröffentlicht am 10. Mai 1948, in: Věstník Ministerstva školství a osvěty [Bulletin des Ministeriums für Bildung und Aufklärung] vom 15. Mai 1948, Bd. 2, Ordner 9, S. 184198. Eine englische Übersetzung von Teilen des Gesetzes findet sich in: Marie Bartušková: Nursery Schools in Czechoslovakia, Prag 1948, S. 1316.

[11] Siehe z. B. Růžena Švábová: Zařízení pro děti zaměstnaných žen: Příručka pro funkcionáře závodních výborů a pro zaměstnance jeslí, mateřských škol, družin mládeže a školních jídelen [Einrichtungen für Kinder berufstätiger Frauen: Ein Handbuch für die Mitglieder des Wettbewerbsausschusses und Mitarbeiter von Kinderkrippen, Kindergärten, Jugendclubs und Schulkantinen], Prag 1956.

[12] Pětiletý plán ve výchovně a vyučovací práci škol mateřských a škol I.-III. stupně [Fünfjahresplan in der Bildungs- und Unterrichtsarbeit von Kindergärten und Schulen, Jahrgangsstufe 13], in: Věstník Ministerstva školství, věd a umění [Bulletin des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kunst] vom 15. Februar 1949, Bd. 5, Ordner 3, S. 34.

[13] In den Jahren 1945/1946 gab es in der Tschechoslowakei 2509 Kindergärten, die von 109 241 Kindern besucht wurden; 1955/1956 gab es 6310 Kindergärten mit 236 254 Kindern; 1965/1966 waren die Zahlen auf 7569 Kindergärten und 330 084 Kinder angewachsen. Statistiken aus V. Kováříček (Hg.): Dokumenty k vývoji zařízení předškolní výchovy a k vzdělání učitelek mateřských škol [Dokumente zur Entwicklung von Vorschuleinrichtungen und zur Ausbildung von Kindergärtnerinnen], Olomouc 1972, S. 99.

[14] Siehe Marie Fottová: Nová úprava vzdělání učitelek mateřských škol [Neue Regelung der Kindergärtnerinnenausbildung], in: Předškolní výchova [Vorschulische Erziehung] (1950), H. 4/10, S. 255. Sowohl in dieser Reform als auch in anderen Regierungsdokumenten, die sich auf Lehrkräfte in Kindergärten bezogen, wurde stets die weibliche Form für Erzieherin/Lehrerin (učitelka) verwendet. Diese Tätigkeit wurde also eindeutig als eine Arbeit gesehen, die ganz überwiegend von Frauen ausgeübt wurde.

[15] Eine Liste ihrer Veröffentlichungen zur sowjetischen Pädagogik, die meisten davon Buchbesprechungen, findet sich in Předškolní výchova (Anm. 4), S. 9399.

[16] Ein weiteres Werk Flerinovás, das ins Tschechische übersetzt wurde, ist: E. A. Flerinová: Vliv výchovy a vyučování na rozvoj dětské tvořivosti [Der Einfluss von Bildung und Lehre auf die Entwicklung der kindlichen Kreativität], Prag 1950.

[17] E. A. Flerinová (Hg.): Pedagogika předškolního věku [Vorschulpädagogik], 2. Aufl., Prag 1951, S. 5 f.

[18] Ebd., S. 108 f.

[19] Ebd., S. 109.

[20] Ebd.

[21] Zu diesem Thema schrieb Mendžerickoj auch ein Buch, das in slowakischer Übersetzung erschienen ist: D. V. Mendžerická: Tvorivé hry v materskej škole [Kreative Spiele im Kindergarten], Bratislava 1955.

[22] Flerinová: Pedagogika předškolního věku (Anm. 17), S. 118.

[23] Ebd.

[24] Ebd., S. 124 f.

[25] Ebd., S. 125.

[26] Marie Bartušková: Osnovy a učebnice pedagogiky předškolního věku [Lehrpläne und Lehrbücher der Vorschulpädagogik], in: Pedagogika: Časopis pro vědy o vzdělávání a výchově 4 (1954), H. 5–6, S. 391401.

[27] Es wird erwähnt, dass Kinder so tun, als seien Stühle Autos, das ist jedoch nicht zu vergleichen damit, dass Kinder so tun, als seien sie selbst die Fahrzeuge. Siehe Marie Bartušková (Hg.): Pedagogika předškolního věku: Učební text pro pedagogický školy pro vzdělání učitelek mateřských škol [Vorschulpädagogik: Lehrtext für pädagogische Schulen zur Ausbildung von Kindergartenpädagoginnen], Prag 1955, S. 89.

[28] Ebd., S. 85 f.

[29] Ebd., S. 86.

[30] Ebd., S. 88.

[31] Ebd., S. 270–272.

[32] Ebd., S. 86.

[33] Flerinová: Pedagogika předškolního věku (Anm. 17), S. 109.

[34] Bartušková: Pedagogika předškolního věku (Anm. 27), S. 86.

[35] Ebd., S. 89.

[36] Ebd., S. 88.

[37] Ebd., S. 92 f.

[38] Ebd., S. 94.

[39] Marie Bartušková (Hg.): Pedagogika předškolního věku: Učební text pro pedagogický školy pro vzdělání učitelek mateřských škol [Vorschulpädagogik: Lehrtext für pädagogische Schulen zur Ausbildung von Kindergartenpädagoginnen], Prag 1969, S. 172.

[40] Weitere Recherchen sind notwendig, um zu überprüfen, ob die Vorstellungen, die Bartušková über das Spiel und die Nachahmung von Kindern in der tschechoslowakischen Vorschulpädagogik in Umlauf gebracht hatte, danach weiter unverändert übernommen oder revidiert wurden. Eine kurze Prüfung eines 1985 veröffentlichten und am Fachbereich für Pädagogik an der Philosophischen Fakultät der J. E. Purkyně Universität in Brno verwendeten Ratgebers für Lehrerinnen und Lehrer lässt erkennen, dass auch weiterhin von einer engen Beziehung zwischen Spiel und Nachahmung ausgegangen wurde, auch wenn das Verständnis von dieser Beziehung einer genaueren Analyse bedürfte. Siehe Lili Monatová: Předškolní výchova [Vorschulische Erziehung], Prag 1985, S. 75–84.

[41] Flerinová: Pedagogika předškolního věku (Anm. 17), S. 109.

[42] Informationen über Jarníková finden sich in der Studie von Kateřina Pokorná: Česká mateřská škola v historické perspektivě konce XIX. a první poloviny XX. Století [Der tschechische Kindergarten aus der historischen Perspektive des späten 19. Jahrhunderts und der ersten Hälfe des 20. Jahrhunderts], Diplomarbeit an der Karls-Universität, Fakultät für Bildungswissenschaften, Abteilung Grundschulbildung, Prag 2006.

[43] Jarníková: Školy mateřské (Anm. 3), S. 13.

[44] Jarníkovás weitere Arbeiten behandeln das Konzept der Beschäftigung von Kindern ausführlicher. Siehe beispielsweise dies.: Jak zaměstnáme a pobavíme děti [Wie wir Kinder beschäftigen und unterhalten], Prag 1918, und Výchovný program mateřských škol: Přehled výchovných prostředků a jak jich užívati ve výchově malých dětí vyšla [Das Bildungsprogramm der Kindergärten: Ein Überblick über die pädagogischen Mittel und deren Einsatz in der Kleinkinderziehung], Prag 1927.

[45] Jarníková: Školy mateřské (Anm. 3), S. 14.

[46] Ebd.

[47] Zit. n. New York Tribune vom 16. Dezember 1913, in: Gerald L. Gutek/Patricia A. Gutek: Bringing Montessori to America: S. S. McClure, Maria Montessori and the Campaign to Publicize Montessori Education, Tuscaloosa, Ala. 2016, S. 142.

[48] Jarníkovás Beachtung von Montessori zeigt sich in: Ida Jarníková: Výchovný program (Anm. 44). Dort listet sie alle Merkmale auf, die Kindergärtnerinnen sich von ihren Kindern wünschen, darunter auch »kreative und mimetische Aktivität«, S. 5. Eine Diskussion verschiedener nicht tschechischer Theoretiker des Kinderspiels, darunter Montessori, findet sich in František Šeracký: K psychologii dětské hry [Zur Psychologie des Kinderspiels], in: Otokar Chlup (Hg.): Mateřská škola: Sborník přednašek o škole mateřské [Kindergarten: Vorgehensweisen im Kindergarten], Prag 1928, S. 172180.

[49] Eine führende Studie über Spielzeug in den Vereinigten Staaten während des Kalten Krieges ist Amy F. Ogata: Designing the Creative Child: Playthings and Places in Midcentury America, Minneapolis, Mn. 2013. Darin scheint Innovation entscheidender für die Erfahrung des Kinderspiels und die Entwicklung der Kreativität zu sein als Imitation.

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