Skateboarden und Sozialismus – diese beiden Begriffe scheinen aus zwei völlig verschiedenen Welten zu stammen, und tatsächlich liegen die Wurzeln des Skateboardens sowohl geografisch als auch ideologisch weit entfernt vom sowjetisch dominierten Ostblock in Kalifornien. Bereits im Jahr 1927 wurde in den USA ein Rollbrett für Kinder namens Kne-Koster [sic] auf den Markt gebracht,[1] 1936 wurde das erste Patent auf ein Skateboard angemeldet.[2] Weitere Modelle folgten, doch ein derartiges Spielzeug war für viele Familien unerschwinglich, sodass die Kinder auch auf eigene Konstruktionen angewiesen blieben. Alte Rollschuhe, die es in vielen Haushalten gab, dienten als willkommener »Rohstoff«, um Seifenkisten oder Roller zu bauen. Unter diesen Eigenbauten waren auch frühe »Skateboards« – Roller ohne Lenker.[3] Die Entwicklung des Skateboardens zur international ausgeübten Spiel,- Sport- und Jugendkultur verlief in mehreren Wellen, die von den USA ausgingen und mit zeitlicher Verzögerung um die Welt rollten. Dabei lässt sich eine Pendelbewegung zwischen eher offenen, experimentellen, spielerischen Formen und eher geschlossenen, genormten, sportiven Ausprägungen beobachten.[4]
Während das Skaten ein Gefühl von spielerischer Freiheit und Individualität vermittelt, sollten im Sozialismus mithilfe des Sports Eigenschaften wie Disziplin, Kollektivität und Parteilichkeit erlernt werden.[5] Dem amerikanischen »Skate and Create« bzw. »Skate and Destroy«[6] stand ein russisches »Gotow k trudu i oborone« bzw. deutsches »Bereit zur Arbeit und zur Verteidigung« als Motto des Sportabzeichens gegenüber.[7] In der DDR, die bei internationalen Wettbewerben so viele Medaillen wie sonst nur die USA und die Sowjetunion sammelte, wurde Sport diszipliniert und leistungsorientiert betrieben. Mithilfe der »Diplomatie im Trainingsanzug« sollten die Überlegenheit des Sozialismus und die Souveränität des Staats unter Beweis gestellt werden.[8] Während der (west-)deutsche Sportfunktionär Carl Diem den Sport als »eine Erscheinung aus dem größeren Lebensbereich des Spiels« einordnete,[9] sah die DDR in »Körperkultur und Sport« einen Ausdruck der »herrschenden Klasse«. Im Kampf der Arbeiterklasse gegen die kapitalistische Gesellschaft sei mit einer neuen Gesellschaftsordnung auch eine neue, sozialistische Körperkultur entstanden.[10] Im Mittelpunkt der Umgestaltung habe der Kampf gegen einen unpolitischen Sport gestanden. »Dem ›Nur-Sportlertum‹ wurde die Losung ›Jeder Sportler ein Aktivist‹ entgegengesetzt«, erinnerte ein sporthistorisches Standardwerk der DDR.[11]
Die Entwicklung des Skateboardens im Osten lag jedoch Jahrzehnte hinter dem Geschehen im Westen zurück.[12] Am weitesten vorangeschritten war die Entwicklung in der relativ liberalen Tschechoslowakei. 1986 machten tschechoslowakische Skater die internationale Szene mit Spitzenleistungen erstmals auf Osteuropa aufmerksam, und 1987 wurde mit Martin Kopecký ein Tschechoslowake zum Präsidenten der Association of European Skateboarders (AES) gewählt.[13] Aufgrund dieser Erfolge wurde das Skateboarden in der ČSSR auch staatlich gefördert. In der zweiten Hälfte der 1980er-Jahre konnten hier mehrere internationale Wettkämpfe wie die Euroskate ʼ88 stattfinden.[14] [[Abb. 1: Plakat zur Euroskate ’88 in Prag; Abb. 2: DDR-Skater auf der Euroskate ’88 in Prag]]
Auf solche Unterstützung konnten die DDR-Skateboarder nur sehr bedingt zählen. Häufig waren sie erst durch westdeutsche Sportsendungen, wie Aktuelles Sportstudio,[15] oder durch Spielfilme, wie Skateboard Madness,[16] auf die neue, unkonventionelle Sportart aufmerksam geworden. So blieben die ostdeutschen Skateboarder bis zur friedlichen Revolution eine äußerst überschaubare Gruppe von 200 bis 300 Skatern, hauptsächlich in Ost-Berlin,[17] Dresden und Leipzig. Von einer DDR-weiten Szene konnte nur in Ansätzen die Rede sein. Dabei bestand ein starkes Gefälle zwischen Dresden und Leipzig sowie kleineren Städten auf der einen Seite und Berlin auf der anderen Seite, das durch den Westteil der Stadt weitaus besser mit Informationen sowie Materialien versorgt wurde.
Die folgende Darstellung ist eine »Graswurzelgeschichte« der Szene in Dresden, die im Rahmen einer Dissertation untersucht wurde.[18] Wegen der rückständigen, informellen Entwicklung des Skatens in der DDR und aufgrund des informellen Charakters der Sportart ist die Quellenlage zum DDR-Skaten insgesamt äußerst dünn. Dies zeigte sich auch in Dresden. Die Suche nach den Unterlagen der Betriebssportgemeinschaft (BSG) Verkehrsbetriebe Dresden, in der die Dresdner Skateboarder teilweise organisiert waren, blieb ohne Erfolg. Nach Aussage von Knut Drost, der in den 1980er-Jahren stellvertretender Vorsitzender dieser BSG war, sind die Unterlagen in den Wirren der Nachwendezeit im Zuge von mehreren Umzügen verloren gegangen. In den DDR-Medien wurde gelegentlich über das Skateboarden berichtet. Der frühste Artikel über das Skateboarden in Dresden stammt vermutlich aus dem Jahr 1986 und ist im FDJ-Blatt Junge Welt erschienen. Darin wird über einige Dresdner und Leipziger Skateboarder auf dem Verbandstreffen der Rollsportler in Anklam berichtet.[19] Vier Jahre später, also 1990, informierte die Junge Welt ebenso über die erste halboffizielle DDR-Meisterschaft in Dresden,[20] auch einige regionale Tageszeitungen brachten eine kurze Meldung.[21] Daneben waren seit Ende der 1980er-Jahre auch in verschiedenen Sport- sowie Kinder- und Jugendsendungen des Fernsehens der DDR (DDR-FS) Skateboarder zu sehen.[22]
Diese Quellen reichen bei Weitem nicht aus, um die Geschichte des Skateboardens in Dresden zu rekonstruieren. Oral History stellte aus diesem Grund eine unverzichtbare Methode für die hier vorliegende Untersuchung dar.[23] Somit wird hauptsächlich aus der »Froschperspektive« der Zeitzeugen Geschichte geschrieben, die als »Experten ihres Alltages« gelten können.[24] Was entsteht, ist eine Geschichte der eigenen Wahrnehmungen und Deutungen der jugendlichen Skateboarder in den 1980er-Jahren der DDR. Die staatliche Sicht wird im Zuge dessen nur indirekt, aus der Perspektive der Skateboarder, deutlich. Erste Kontakte zu den Zeitzeugen wurden über Skateshops in Ostdeutschland geknüpft, und schließlich konnten zwischen 2004 und 2006 insgesamt sechs Dresdner Skateboarder und ein Sportfunktionär interviewt werden.[25] Wegen der relativen zeitlichen Nähe zu den Ereignissen und des Alters der Zeitzeugen[26] – zum Zeitpunkt des Gesprächs größtenteils 30 bis 40 Jahre – sind ihre Erinnerungen noch recht detailliert und strukturiert. Die Gespräche wurden als halboffene, narrative, lebensgeschichtliche Interviews geführt.[27]
Im Folgenden wird zunächst beschrieben, wie das Skateboarden nach Dresden kam und sich eine eigene Szene entwickelte. Ein besonderes Augenmerk wird auf die Ausrüstung der Skateboarder gelegt, da in der sozialistischen Planwirtschaft zunächst keine Skateboards produziert und verkauft wurden. Anschließend wird die staatliche Reaktion auf die wachsende Dresdner Skateboard-Szene vorgestellt und das Verhalten der Skateboarder zwischen Integration und Abgrenzung analysiert. Der Blick auf die sportliche Entwicklung des Skateboardens in Dresden wird ergänzt durch eine Betrachtung der jugendkulturellen Aspekte der Skateboard-Szene. Abschließend wird eine Deutung des Dresdner Skateboardens im Spannungsfeld von Spiel, Sport und Staat vorgenommen.
Skateboarden in Dresden
Die Geschlossenheit der sozialistischen Erziehung bekam in den 1980er-Jahren immer mehr Risse, und überall in der DDR entwickelten sich Ansätze zu einer jugendlichen Straßenkultur. Dabei spielte insbesondere in Dresden, das wegen seiner Kessellage im Südosten der DDR kein West-Fernsehen empfangen konnte, der amerikanische Spielfilm Beat Street eine entscheidende Rolle.[28] Dem Regime passte dieser Film, der bereits ab dem 14. Juni 1985 in den Kinos der DDR zu sehen war,[29] gut ins Konzept. Zum einen war er von Belafonte Enterprises Inc., der Firma des farbigen und sozialistischen Künstlers Harry Belafonte, produziert worden, zum anderen zeigte er die schwierigen Lebensverhältnisse der Afroamerikaner in der Bronx/New York City.[30] »Das war uns aber scheißegal«, brachte es Zeitzeuge Ralf Ramlich auf den Punkt und fuhr fort: »Die Ruinen gab’s bei uns ja genauso. Bei uns sah es ja nicht wirklich besser aus. Aber die [die afroamerikanischen Jugendlichen, K. R.] hatten bunte Schuhe an, fette Nikes, einen fetten Gettoblaster, eine geile Musik und die haben was daraus gemacht. Und das hat extrem eine Explosion gegeben.«[31]
Der propagandistische Effekt, den sich die Kulturpolitiker von Beat Street erhofft hatten, verkehrte sich ins Gegenteil: »Wenn da einer kam und meinte, das sind die armen Kinder einer unterdrückten Minderheit in Amerika, sagte man: ›Cool, ich will auch ein armes Kind aus Amerika sein.‹«[32] Während Beat Street 1984 in der Bundesrepublik floppte,[33] wurde der Film in der DDR zu einem »heiligen Gral« der Jugend.[34] Der Eintrittspreis für Kinos war mit ca. 25 Pfennig erschwinglich, sodass viele Jugendliche ihn sich so oft ansahen, bis sie den Text mitsprechen konnten.[35] Zwischen 1985 und 1987 – in der DDR liefen die Filme mit weniger Kopien, aber über einen längeren Zeitraum als im Westen – wurden für Beat Street über zwei Millionen Tickets verkauft, womit der Film zu den zehn beliebtesten der DDR zählt.[36] Skateboarder sind in dem Film kaum zu sehen. Viel entscheidender war, »dass die Leute überhaupt begriffen haben: ›Ich kann was Eigenes machen!‹«.[37]
Zunächst nur auf den Straßen und Höfen ihrer Nachbarschaft, begannen auch erste Dresdner Kids mit rollenden Brettern zu experimentieren. Zeitzeuge Georg Franke erinnert sich: »Das ging ziemlich schnell los, dass das eine kleine Suchterscheinung war, dass man permanent sich mit Leuten getroffen hat.«[38] Gerüchte kursierten darüber, was mit einem Rollbrett noch alles möglich sein sollte. Als sich ihre Fahrkünste sehen lassen konnten, wurde der »Goldene Reiter« zum Treffpunkt der Skater.[39] Hier gab es seit einer Sanierung Anfang der 1980er-Jahre einen eleganten, sehr glatten Belag und eine Unterführung für Fußgänger. »Oben hinstellen, runterbrettern was das Zeug hält, Mütter, die schrien, und ältere Leute, die Angst hatten – das war die Situation.«[40] Dresden avancierte mit 30 bis 50 Skateboardern vom »Tal der Ahnungslosen« zu einer Hochburg des Skatens in der DDR.[41] [[Abb. 3: Fußgängertunnel an der »Straße der Befreiung« in Dresden]]
Viele Skater hatten weder die Beziehungen noch das Geld, um sich ein westliches Skateboard beschaffen zu können. Sie waren auf Eigenbauten angewiesen. Wie bereits einige Jahrzehnte zuvor in den USA wurden zunächst vor allem von alten Rollschuhen, die teilweise noch aus der Vorkriegszeit stammten, die Metallrollen abgebaut und unter ein Brett geschraubt. Um die Qualität zu verbessern, kauften sich Ralf Ramlich und Carsten Böhme im An- und Verkauf gebrauchte West-Rollschuhe, die allerdings teurer waren als neue aus dem Osten.
Jede zur Verfügung stehende Vorlage, wie einzelne West-Bretter oder Bilder aus Skateboard-Magazinen, wurde ausgewertet, oftmals abgezeichnet und nachgebaut.[42] Da die Konstruktionen nie lange hielten, musste ständig weitergebaut werden, und Vielfahrer konnten im Laufe eines Sommers auf bis zu acht Skateboards kommen.[43] Zwischen den Leipzigern und den Dresdnern entstand ein regelrechter Wettstreit um das beste Material, der die Entwicklung vorantrieb und bei dem die Dresdner zumeist in Führung lagen.[44] Doch nicht nur die Funktionalität, auch das Erscheinungsbild der Bretter musste stimmen. Mehr und mehr näherten sie sich den amerikanischen Vorbildern an, wurden bunt bemalt und mit Aufklebern versehen.[[Abb. 4: Selbstgebautes Skateboard mit Punker-Bild]]
Im Jahr 1986 kam zur großen Überraschung der Skater ein in der DDR gefertigtes Rollbrett, das Germina Speeder, in die Läden. Hergestellt wurde es kurioserweise vom VEB Schokoladen-Verarbeitungsmaschinen aus Wernigerode, das zum Kombinat Nagema gehörte. Das Germina Speeder kostete 135 Mark,[45] was für DDR-Verhältnisse recht teuer war. Zudem erforderte es viel Ausdauer, eines zu ergattern, wie sich Steffen Kaden erinnert. Zehn- bis zwanzigmal sei er in ein Dresdner Sportgeschäft gegangen, bis er endlich ein Speeder sein Eigen nennen konnte. Qualitativ war das DDR-Rollbrett eine Enttäuschung, aber die Skater verwendeten es als Materiallager, so Lars Kluger: »Das Erste, was du mit dem Ding gemacht hast – du hast das Brett weggeschmissen. Und dann hast du die Achsen abgebaut und die Rollen und hast versucht, damit was zu machen.« Auch Rampen wurden selbst gebaut, wobei der Materialmangel ebenfalls zu kreativen Lösungen zwang. Ralf Ramlich baute seine erste Rampe u. a. aus dem Blech einer alten Kühlschranktür. Zunächst waren es noch einfache Jumpramps, doch bald kamen auch Quaterpipes und Miniramps hinzu.
Trugen die Skater anfangs noch funktionale Kleidung, wie robuste Hosen und Trainingsanzüge, legten sie bald immer mehr Wert auf größtmögliche Ähnlichkeit mit der westlichen Skater-Mode. Da diese in der DDR aber nicht zu bekommen war, wurde auch die Kleidung von den Skatern in liebevoller Handarbeit bearbeitet. Hosen wurden aufgetrennt, umgenäht und bemalt. Alles sollte möglichst bunt und neonfarben aussehen. Besonders beliebt waren die Symbole von Titus,[46] die mithilfe von Stempeln, Schablonen und Textilfarbe auf die Kleidung übertragen wurden.[47] Die beliebtesten Schuhe der Skater waren knöchelhohe Stoffschuhe aus China, mit einer halbwegs brauchbaren Sohle, die wegen ihrer Ähnlichkeit zu dem amerikanischen Turnschuhklassiker Chucks (Converse All Star Chuck Taylor) auch »China-Chucks« genannt wurden. Sie waren weiß, wurden aber bunt bemalt, ziemlich preiswert, aber schwer zu bekommen.[48] [[Abb. 5: Erste Jumpramp in Dresden; Abb. 6: Zwei Dresdner Skateboarder]]
Zwischen Integration und Distinktion
Durch ihr unübersehbares und unüberhörbares Treiben wurden die Skater schnell zu einer öffentlichen Provokation. Besonders die Situation am »Goldenen Reiter« verlangte nach einer Lösung. »Die Dresdner Stadtführung hatte erkannt, dass es da immer 30 Skater gibt, und da war das Ziel natürlich klar: Die können ja nicht immer auf der Straße der Befreiung rumfahren und die Leute terrorisieren, und so freien Sport kann es ja auch nicht geben, weil Sport gibt es nur im sozialistischen Verein.«[49]
In allen Städten, in denen es größere Szenen gab, versuchten lokale Sportfunktionäre, die Skater von der Straße zu holen und in die vorhandenen Strukturen einzubinden. Dresden war die erste Stadt, in der die Skater in eine Betriebssportgemeinschaft integriert werden sollten. Aus diesem Anlass wurde, vermutlich zum ersten Mal überhaupt in der DDR, über das Skaten berichtet. Das FDJ-Blatt Junge Welt verkündete: »Die Schar der Skateboard-Anhänger in der DDR ist zweifellos groß genug, um ein Netz von Sektionen knüpfen zu können. In Leipzig und Berlin, das steht bereits fest, sollen die nächsten Skateboard-Zentren entstehen.«[50] Lobend wurde hervorgehoben, dass sich die Dresdner »Sportfreunde« bereits zu ihrem »ersten Arbeitseinsatz« in einer BSG verabredet hätten.
Tatsächlich nahmen die Skater ein Angebot der BSG Verkehrsbetriebe Dresden an, und am 16. September 1986 wurde eine eigene Sektion Rollsport gegründet.[51] »Eigentlich war das ein Highlight und unvorstellbar, dass das ging, dass das genehmigt wurde, weil es eine amerikanische Sportart war, und damit wollte keiner [in offizieller Position, K. R.] was zu tun haben.«[52] Der amerikanische Ursprung des Sports sollte in der Betriebssportgemeinschaft allerdings möglichst verschleiert werden. »Skaten war ausländisch. Das war kein sozialistischer Begriff. Und da durften wir sie [die Sektion, K. R.] nur Rollsport nennen«, erinnerte sich der damals stellvertretende Vorsitzende, Knut Drost.[53] Für die Skater gab es jedoch klare Unterschiede, auf die sie Wert legten. Als Rollbrettfahrer wurden Anfänger bezeichnet, die sich nur Abhänge hinunterrollen ließen. Wer schon besser war, bezeichnete sich selbstbewusst als Skateboardfahrer.[54] Diese Sprachpraxis ließ sich kaum verhindern und wurde teilweise auch von den DDR-Medien übernommen. Schon 1986 war in der Jungen Welt von »Skateboard-Artisten« zu lesen,[55] und Ende 1987 waren nicht nur Bilder von Skateboards, sondern stand auch das Wort »Skateboards« auf dem Titelblatt des Heimwerker-Magazins Practic.[56]
Die Skater bekamen bestimmte Hallenzeiten zugewiesen, und das Training konnte beginnen. Lars Kluger und Steffen Kaden, die zu den Ältesten gehörten, übernahmen das Training, und entsprechend ihren Vorerfahrungen aus anderen Sportarten begannen sie mit Kniebeugen und Bankhüpfen, was bei den Skatern aber kaum auf Begeisterung stieß, denn »das war auch schon wieder so das alte System und so ’ne aufgedrückte Doktrin, so im klassischen Stil das durchzuziehen, wie’s alle machen, mit Begrüßung und Strammstehen oder so. So lief’s ja im Sportunterricht ab.«[57] Der systematische Trainingsbetrieb ließ sich nicht lange aufrechterhalten, und schon fuhren die Skater einfach nach Lust und Laune.[58] Da die Parkettböden aber trotz der teilweise ausgelegten Filzmatten zusehends unter dem Skaten litten, mussten die Hallen immer wieder gewechselt werden.
Der Versuch der Skateboarder, mit Unterstützung der Sektion Rollsport der BSG auf einem verwilderten städtischen Grundstück in der Innenstadt einen asphaltierten Skateplatz einzurichten, scheiterte am Widerstand der Stadtverwaltung.[59] Laut dem stellvertretenden BSG-Vorsitzenden Knut Drost war dieser auf die Herkunft des Skateboardens zurückzuführen. »Erst mal, in DDR-Zeiten eine Halfpipe zu kriegen oder so was, war ja unmöglich. Es war ja keine geliebte Sportart, diese neuen, ›neumodischen‹, die waren ja gar nicht so gewollt, und damit gab es auch keine Mittel und keine Förderung (...). Es war schon überall so, na ja, ›Skater, das sind doch hier, Amis‹.«[60]
Dennoch bot die Betriebssportgemeinschaft den Skatern viele Vorteile, und besonders der Dresdner Sektionsleiter Gerd Tacke machte sich um das Skaten verdient. Zum Beispiel organisierte er 1987 in der Greizer Sportschule Kurt Rödel einen einwöchigen Übungsleiterlehrgang für Skateboarder aus der ganzen DDR. Nur offizielle Übungsleiter erhielten in der Sektion die Erlaubnis zur Ausbildung Jugendlicher.[61] Bei den Prüfungen der Skater bestand allerdings das Problem, dass sich kein Funktionär mit dieser Sportart auskannte und es keine passenden Prüfungsfragen gab.[62]
Andere Skater nahmen den Greizer Lehrgang weniger ernst. Ihnen erschien er eher als ein »Deckmantel«, um Abgesandte aus anderen Städten kennenzulernen.[63] Besonders die drei anwesenden Ost-Berliner beeindruckten die Skater aus der Provinz, da sie damals teilweise schon Bretter aus dem Westen besaßen und relativ schwierige Tricks, wie Ollies,[64] Impossibles[65] oder Boneless Ones[66], beherrschten, die den Dresdnern bis dahin völlig unbekannt waren. »Die waren uns schon Meilen wieder voraus, weil die halt mehr Kontakt zu den Westlern hatten«, so der Dresdner Carsten Böhme über die Skater aus der Hauptstadt. [[Abb. 7: Ollie Airwalk« in Berlin]]
Über die BSG wurden die Skater auch für zahlreiche öffentliche Auftritte engagiert, z. B. in der Kindershow Brückenmännchen, die jedes Jahr im Dresdner Kulturpalast stattfand, oder für bunte Abende in der Karl-Marx-Städter Stadthalle, womit sie sich ein kleines Taschengeld verdienen konnten.[67] Die größte Veranstaltung, bei der Skater auftraten, war 1987 die 750-Jahr-Feier von Berlin. Acht bis zehn Dresdner Skater sowie einige Berliner standen eine Woche lang mit vielen »Show-Sternchen« der DDR auf der Bühne.
Bei solchen Veranstaltungen fielen die Skateboarder aus dem Rahmen. Wenn sie selbst gestaltete Skater-Mode, wie z. B. T-Shirts mit Totenköpfen,[68] trugen, blieben Probleme nicht aus. Die Veranstalter wollten »Einheitskleidung, am besten noch mit dem Logo des Sportvereins (...). Da haben wir uns eigentlich immer gegen gesträubt.«[69] Besonders wenn Veranstaltungen, an denen Skater teilnahmen, im Fernsehen übertragen wurden,[70] war der Spielraum gering. »Bis zuletzt wurde immer alles zensiert und geguckt, dass da ja nicht zu viel Westen dabei ist.«[71] Solche Auftritte seien daher für die Skater eine zwiespältige Angelegenheit gewesen.
Trotz vieler schöner Erlebnisse, die im Rahmen der Betriebssportgemeinschaft möglich wurden, waren die Dresdner Skater in der Sektion Rollsport nicht besonders integriert und wurden von den traditionellen Sportlern eher belächelt, erinnert sich Knut Drost. Der Graben, der die Skater von vielen BSG-Mitgliedern trennte, war nicht zu übersehen: »Das hat überhaupt nicht zusammengepasst. Man wollte auch nichts voneinander wissen. Die von uns nicht, und wir erst recht nicht von denen.«[72] Beim 30-jährigen Jubiläum des Deutschen Rollsport-Verbandes (DRSV) prallten die unterschiedlichen Ansichten der traditionellen Rollsportler und der Skateboarder aufeinander. »Da waren so ein paar altvordere BSG-Funktionäre, denen wir ein Dorn im Auge waren, zu wild waren, zu unerzogen, zu unangepasst. Und da gab es dann eben auch mal richtig Stress und Ärger.«[73] Steffen Kaden vermutet, dass man die Skater als Aushängeschild nutzen wollte, um zu zeigen, wie offen und tolerant die DDR sei. Ein Beleg für diese Einschätzung findet sich im Rahmen eines Abkommens der DDR mit Finnland über visafreien Reiseverkehr vom 1. Oktober 1987.[74] Um bei jungen Finnen für einen nun möglichen Besuch in der DDR zu werben, wurde bereits im September 1988 eine Broschüre publiziert, in der Skateboarder bei artistischen Tricks zu sehen waren und in finnischer Sprache auf die Skate-Szenen in Berlin, Leipzig und Dresden verwiesen wurde.[75] Doch die Skater hätten die BSG ihrerseits auch nur als Mittel zum Zweck genutzt, so Kaden, insbesondere um an eine Fläche für den Winter zu gelangen. Der Treffpunkt der Skater blieb trotz der offiziellen Trainings- und Hallenzeiten der »Goldene Reiter«, wo sie teilweise fünf bis sechs Stunden pro Tag verbrachten.[76]
Zum Skaten gehörte aber nicht nur das Fahren allein, sondern das gesamte Auftreten. Die Skater strebten nicht nach Uniformität, sondern nach Individualität. Für viele von ihnen bestand der Reiz besonders darin, etwas Ungewöhnliches zu machen: »Das waren schon ein bisschen individuelle Typen, die halt nicht großartig machen würden, was jeder macht.«[77] Das DDR-Skaten wies, wie in den 1980er-Jahren das internationale Skateboarden allgemein, eine besondere Nähe zum Punk auf. Diese ergab sich einfach aus dem Skaten an sich, so Ralf Ramlich: »Wenn sich da jemand (...) über eine Distanz von zehn Metern irgendwo schmeißt und nicht genau wissen kann, selbst wenn er es gut drauf hat, ob er es schafft oder nicht, gehört schon ein gewisser Punk dazu. Also ein gewisser Mut und auch eine Kopflosigkeit, das durchzuziehen.«[78] Eine spezielle Schutzausrüstung war in der DDR nicht erhältlich, sodass höchstens Volleyball-Schoner zum Einsatz kamen. Gepflegter und abgesicherter Sport, wie ihn die Gesellschaft fördere, sei zwar nicht so gefährlich, so Ramlich, aber dafür gehe der Punk verloren. [[Abb. 8: Dresdner Skateboarder in Karl-Marx-Stadt]]
Durch die gemeinsame Inspirationsquelle Beat Street entstand in der DDR auch frühzeitig eine Verbindung zwischen Skatern und Anhängern des Hip-Hop,[79] die sich auf internationaler Ebene erst im Laufe der 1990er-Jahre vollzog. »In diesem Film kam eben auch freies Lebensgefühl [zum Ausdruck, K. R.], man tanzte auf der Straße. Man sprühte was ans alte Haus, und Ruinen hatten wir hier selber genug. Also kam mir da die Idee, könnte man eigentlich auch selber was dransprühen«, so Lars Kluger.
Mit Ausnahme von Berlin waren die Szenen in der DDR noch nicht sehr ausdifferenziert, und in Dresden waren Punker, Hip-Hopper, Skateboarder und andere Gruppierungen eng untereinander vernetzt. Breakdance oder Skaten eröffnete inmitten der sozialistischen Tristesse eine andere Welt der Selbstbestimmung und der Kreativität, die mit dem Westen assoziiert wurde: »Skaten war, denk ich, die Möglichkeit, in dieser DDR ein kleines Stück westlichen Lebensstil zu pflegen. Zumindest was man sich unter westlichem Lebensstil vorstellen konnte.«[80] Diese Abgrenzung funktionierte auf verschiedene Art und Weise. Ganz im Sinne von Wolf Biermanns »Keiner tut gern tun, was er tun darf – was verboten ist, das macht uns grade scharf!«[81] galt auch für die Skater: »Alles, was im Osten konträr war zu dem ganzen System, das hat gereizt.«[82]
Die DDR-Jugend der 1980er-Jahre habe sich wegen der vielen Missstände stark mit politischen Fragen beschäftigt, so Lars Kluger. Der Spaß habe aber auf jeden Fall im Mittelpunkt gestanden, und vor allem den Jüngeren habe es an politischem Bewusstsein gefehlt.[83] Auch Lars Kluger will die Skater nicht generell als politische Oppositionelle einstufen, betont aber, dass es durchaus Mut verlangt habe, dem Staat durch sein äußeres Auftreten seine Ablehnung zu zeigen. Carsten Böhme sieht in dem scheinbar unpolitischen Verhalten der Skater wie auch anderer Jugendgruppen eine politische Dimension: »Wie inoffiziell demonstrieren gegen die Politik. Das hat was Aufmüpfiges halt, anders sein.«[84]
Skateboarden als Sport: Wettkämpfe
Die Kunst des Skateboardens entfaltete sich in Dresden auf ähnliche Art und Weise wie in den USA, allerdings im Zeitraffer. Insbesondere durch die Euroskate ʼ88 in Prag beschleunigte sich die Entwicklung. Für Ralf Ramlich war diese Europameisterschaft fast schon ein Erweckungserlebnis: »Damit war alles klar. Damit waren wir sofort auf dem Level, was eigentlich geht.« Eine öffentliche Halfpipe im Prager Luna-Park wurde für die Dresdner Skater zu einem magischen Anziehungspunkt. Sie machten teilweise sogar Urlaub auf einem nahen gelegenen Zeltplatz, um in dieser Halfpipe fahren zu können.[85]
Langsam entstanden Freestyle,[86] Vert-[87] und Street-Skaten, wofür allerdings breitere, stabilere Decks sowie Achsen benötigt wurden.[88] Die Skater fuhren bereits einfache Airs[89] in der Halfpipe und kein Trick sei nach der Wende völlig neu für sie gewesen, so die Zeitzeugen.[90] Manchem Berliner kam das Niveau der Sachsen aber auch Anfang 1989 noch rückständig vor.[91] Dresdner Passanten hingegen, welche die Skater beobachteten, waren von deren Kunststücken fasziniert. Ollies beispielsweise konnten sie sich zumeist nicht erklären und vermuteten, das Brett sei an den Schuhen festgeklebt oder gar magnetisch, so Böhme.[92]
Nach verschiedenen Wettkämpfen in Ost-Berlin, insbesondere der inoffiziellen DDR-Meisterschaft 1988, fand am 26. und 27. Mai 1990 erstmals eine Meisterschaft in Dresden statt. Ausrichter war die Sektion Rollsport der BSG Verkehrsbetriebe Dresden. Der Wettkampf fand auf der Rollkunstlauffläche am »Ostragehege« in den Disziplinen Hochsprung, Free- sowie Streetstyle statt.[93] Dem Sieger winkten selbstgebaute Pokale aus einer Skateboard-Achse,[94] und sogar ein Preisgeld.[95] Vor einigen hundert Zuschauern gingen insgesamt 41 Skater an den Start.[96] Mit Carsten Böhme gewann erstmals ein Dresdner einen Wettkampf, wenn auch »nur« in der etwas altmodischen Disziplin Hochsprung.[97]
Das Medienecho auf die Veranstaltung war erstaunlich groß. Eine Woche zuvor hatte die Dresdner Sächsische Zeitung schon auf den Contest hingewiesen,[98] und wenige Tage nach dem Wettkampf berichteten gleich mehrere regionale sowie nationale Blätter in Text und Bild.[99] Die Junge Welt schrieb auf ihrem Titelblatt »Skateboard – Roll on! DDR-Brettartisten ermitteln erstmals ihre Besten«.[100] Der Tenor der Artikel war stets positiv, nur in den Sächsischen Neuesten Nachrichten wurde kritisch angemerkt, die Organisatoren sollten stärker den Rollsport-Verband miteinbeziehen.[101] Vermutlich mangels Kooperation mit dem Verband durfte auch dieser Wettbewerb nicht als DDR-Meisterschaft bezeichnet werden. Der Aufforderung zur stärkeren Beteiligung des DRSV wurde von Steffen Kaden trotzdem eine indirekte Absage erteilt, als er der Jungen Welt mit Blick auf die inoffizielle DDR-Meisterschaft 1988 in Berlin sagte: »Diesmal wollten wir uns nicht wieder bevormunden lassen.«[102] In den Zeitungsberichten war dennoch häufig von der »Meisterschaft« die Rede, und in der Erinnerung der meisten Zeitzeugen genießt der Dresdner Wettkampf 1990 die Stellung der ersten und letzten DDR-Meisterschaft.
Als im Zuge der friedlichen Revolution ein neues Vereinsgesetz geschaffen wurde, zögerten die Dresdner Skateboarder nicht lange. Am 16. September 1990 gründeten sie mit 15 bis 20 Personen den Skate Union Dresden e. V. Gründungsmitglied Steffen Kaden erklärt die Motivation der Skater: »Wir wollten selbst das Ding in die Hand nehmen und uns nicht von irgendwelchen BSG-Fuzzis da in irgendeiner Form weiter reinreden lassen.«[103] Auf einem Schulhof bekamen sie eine Fläche zum Fahren, auf der sie ihre erste Miniramp bauten. Lars Kluger: »Das ist für mich Leben. Meine Dinge, meine Ideen selber in die Tat umsetzen.«[104] [[Abb. 9: Erste Miniramp in Dresden]]
Skateboarden als Spiel?
Friedrich Schiller schrieb in seinen Briefen Über die ästhetische Erziehung des Menschen (1795), im Spiel könne dieser das »Schöne« erfahren, hier könne er »ganz Mensch« sein.[105] Skateboarden ist eine ganzheitliche, ästhetische Bewegung, aber es ist nicht primär geistig, sondern ein körperliches Bewegungsspiel, und Schiller hat sich ausdrücklich nicht auf »physische« Spiele bezogen.[106] Ein Jahr nach Schillers Briefen erschien mit den Spielen zur Übung und Erholung des Körpers und Geistes ein Klassiker der modernen Leibeserziehung. Sein Autor, der Lehrer und Philanthrop Johann Christoph Friedrich GutsMuths, beschrieb darin ganz konkret die unterschiedlichsten Bewegungsspiele aus seiner pädagogischen Praxis für die Praxis. Ihm ging es nicht um eine idealistisch gedachte Freiheit des Geistes wie Schiller, sondern um nützliche körperliche Fähigkeiten für das praktische Leben.[107] Dieser Gedanke blieb im deutschen Turnen und für den Turnunterricht an deutschen Schulen im 19. Jahrhundert prägend. Das Skateboarden hingegen, das keine direkte Nutzanwendung für das praktische Leben zeigt, lässt sich deshalb nicht in diese Tradition stellen.
Eine andere Entwicklungslinie des Spiels hat seinen Ursprung im 18. Jahrhundert in den sports and games der englischen Aristokratie und des Großbürgertums. Reiten, Boxen, Rudern, Tennis, Rugby, Fußball und weitere Sportarten nahmen hier ihren Anfang. Um Wettkämpfe austragen zu können, wurden die zunehmend populären Sportspiele ab dem 19. Jahrhundert immer stärker geregelt und organisiert. Gleichzeitig exportierten die Briten ihre sports and games in die ganze Welt. Einen internationalen Höhepunkt sollten sie in den modernen Olympischen »Spielen« finden, die der französische Baron und erste IOC-Präsident Pierre de Coubertin ins Leben rief. Das Skateboarden ist international, aber gleichzeitig auf viele lokale Szenen mit eigenen Ausrichtungen verteilt. Große und kleine Wettkämpfe wurden seit seinem Entstehen organisiert, konnten sich jedoch nie langfristig etablieren.
Diese kurze Gegenüberstellung lässt deutlich werden, dass sich das Skateboarden im hier untersuchten Zeitraum kaum mit den historischen Kategorien von Spiel und Sport erfassen lässt. Während sich der traditionelle, ernsthafte »E-Sport«[108]– seine Organisationsformen, seine Sportanlagen, seine Trainingsmethoden, seine Leistungsmessung, sein Taktikverständnis etc. – seit dem 18. Jahrhundert immer weiter ausdifferenzierte, erlebte das offene Straßenspiel einen Niedergang. Ab den 1970er-Jahren breiteten sich aber – häufig ausgehend von den USA – zunehmend sogenannte Neue Spiele bzw. unterhaltsamer »U-Sport« aus,[109] darunter Skateboarden, BMX-Radfahren oder Streetball, die den öffentlichen Raum zurückeroberten und einen verlaufsorientierten, experimentierenden und fließenden Charakter hatten.[110]
Zum besseren Verständnis der »Neuen Spiele« wurde in der Sportwissenschaft insbesondere auf das Kategoriensystem des französischen Soziologen Roger Caillois zurückgegriffen,[111] der vier Grundtypen von Spielen unterscheidet: Alea (Glücksspiele), Mimikry (Verstellungsspiele), Ilinx (rauschhafte Spielerlebnisse) und Agon (Wettkampf). Die Ausübung dieser Typen bewegt sich auf einer Skala von Paidia, dem unbekümmerten, wilden Spielen, bis Ludus, dem geregelten Spielen.[112] Die Entwicklung des Skateboardens in den USA lässt viele unterschiedliche Elemente dieses Kategoriensystems erkennen.[113]
Einen ganz eigenen Charakter erhielt das Skateboarden unter den Bedingungen des Staatssozialismus. Es wurden viel Zeit und Mühe darauf verwendet, die für die Zeitzeugen nur in Umrissen erkennbare westliche Bewegungs- und Jugendkultur nachzuempfinden (Mimikry). Bei der Suche nach einem geeigneten Gelände, sei es einer Turnhalle im Winter, einem öffentlichen Platz oder gar einer Halfpipe, spielten auch Glück oder das Schicksal eine Rolle (Alea). Gleiches gilt für das hohe Verletzungsrisiko bei Sprüngen etc., das für die Zeitzeugen ein Teil des »Punks« beim Skateboarden ausmachte. Wenn es dann gegen jede Wahrscheinlichkeit gelang, z. B. in einer Prager Halfpipe zu skaten und sich nicht zu verletzen, dürften rauschhafte Erlebnisse garantiert gewesen sein (Ilinx). In Dresden war aber auch noch der Hochsprung populär, der sich für eine klare Leistungsmessung besonders gut eignete (Agon). Aus dem DDR-Sport war den Zeitzeugen ein strukturiertes, systematisches Training vertraut, das sie zunächst mit Übungsleitern in Turnhallen übernahmen (Ludus), doch schnell stellte sich eine eher ungeregelte, spontane Herangehensweise ein (Paidia).
Der sozialistische Staat war für die Dresdner Skateboarder kein primärer Bezugspunkt. Zustimmung oder gar Unterstützung hatten sie von ihm nicht zu erwarten, aber sie waren auch keine politisch motivierten Widerstandskämpfer. In der DDR sollten alle Bürgerinnen und Bürger einem organisierten, leistungsorientierten Sport nachgehen, um »bereit für Arbeit und Verteidigung« zu sein. In diesem Sinne wurde von staatlicher Seite versucht, auch das Skateboarden in die Sportstrukturen zu integrieren (Ludus) und in einen leistungs- und wettkampforientierten Sport (Agon) umzudeuten, doch die Unterschiede zwischen der DDR-Sportkultur und den Skateboardern waren zu groß. Die Dresdner Skater entwickelten einen spielerischen Umgang mit den lokalen Institutionen und Akteuren, die sie trotz ihrer Distanz zum Sozialismus und der DDR – wo möglich – ohne große ideologische Bedenken für ihre Zwecke nutzten. Auch dabei war ihr Verhalten eher von Alea und Paidia geprägt als von Agon und Ludus. Zufall und Spontaneität spielten eine größere Rolle als strategisches Kräftemessen. Gerade darin lag ihre Opposition begründet: Als Anhänger einer von Alea, Ilinx und Paidia geprägten Jugendkultur gerieten sie in dem »ludisch-agonistischen« Staat, der dem Massensport das Motto »Bereit zur Arbeit und zur Verteidigung« gab und im Leistungssport eine »Diplomatie im Trainingsanzug« betrieb, automatisch in eine oppositionelle Rolle.[114] Auch im Sozialismus galt, was Iain Borden für die kapitalistische Gesellschaft feststellte: »Skateboarders’ actions are neither a significant force nor a real threat to established ideologies. Its mode of critique (...) is ironic – weak yet ever defiantly aggressive.«[115]
Dreißig Jahre nach dem Zusammenbruch der DDR ist Skateboarden gegen zum Teil erheblichen Widerstand aus der Szene olympisch geworden. Es wird mit Spannung erwartet, wie es sich bei den auf das Jahr 2021 verschobenen Spielen in Tokio präsentiert.
Verzeichnis der Zeitzeugen
Beuth, Lars, geb. 1975, aufgewachsen in Halle, Skater seit ca. 1985, Lehre im Handwerk, Inhaber eines Skateshops.
Böhme, Carsten, geb. 1972, aufgewachsen in Dresden, Skater seit 1984, DDR-Meister im Hochsprung 1990, Gründungsmitglied des Skate Union Dresden e. V., ehemaliger Inhaber eines Skateshops, selbstständiger Messe- und Ladenbauer.
Drost, Knut, geb. 1946, aufgewachsen in Dresden, Dipl.-Ing. Ökonom, Angestellter der Verkehrsbetriebe Dresden, Rentner, stellv. Vorsitzender der BSG Verkehrsbetriebe Dresden (1980–1990), Vorsitzender der Sportgemeinschaft Dresdner Verkehrsbetriebe e. V. (seit 1991).
Franke, Georg, geb. 1972, Skater seit 1984, Gründungsmitglied des Skate Union Dresden e. V., Industriemechaniker, Abitur, lange Reise nach Indien, Fachhochschulstudium zum technischen Geräteausrüster (TGA).
Hartmann, Lu, geb. 1973, aufgewachsen in Halle, Skater seit 1982, 1988 Ausreise nach West-Berlin, BWL-Studium, ehemaliger Mitinhaber eines Skateshops in Berlin, SAP-Berater, Programmierer und Surfer.
Kaden, Steffen, geb. 1970, aufgewachsen in Dresden, Skater seit 1984, Mitgründer und Schatzmeister des Skate Union Dresden e. V. (1990–1997), Dipl.-Ingenieur, Verlagsangestellter, seit 1999 im Stadtrat von Dresden (CDU).
Kluger, Lars-Detlef, geb. 1970, aufgewachsen in Dresden, Skater seit 1984, Wehrdienst im MfS-Wachregiment Feliks E. Dzierzynski, Mitgründer und Vorsitzender des Skate Union Dresden e. V. (1990–1997), Berufsschullehrer, seit 1999 im Stadtrat von Dresden (CDU).
Ramlich, Ralf, geb. 1972, aufgewachsen in Dresden, Skater und BMXer seit 1984, Abitur, zahlreiche Reisen nach Nordamerika und Afrika, selbstständiger Messe- und Ladenbauer.
Schubert, Thorsten »Goofy«, geb. 1969, aufgewachsen in Leipzig, Skater seit 1981, »Skatevater von Ostdeutschland«, Breakdancer, Diskotheker, Kommunikationselektriker, ehemaliger Inhaber eines Skateshops, Aufbau des Leipziger Jugendzentrums Conne Island, seit 2001 Organisator des »Brettkampfs«, einer ostdeutschen Wettkampf-Serie für Skateboarderinnen und Skateboarder.
Vick, Thomas, geb. 1972, aufgewachsen in Dresden, Skater seit 1985, Lehre im Schienenfahrzeugbau, Mitgründer und Vorstandsmitglied des Skate Union Dresden e. V. (1990–2000), Aufzugsmonteur, Kampfrichter.
[1] Trash, in: Thrasher 12 (1981), H. 5, S. 73.
[2] Rhyn Noll: Skateboard. Retrospective. A Collector’s guide, Atglen 2000, S. 4 f.
[3] Ebd., S. 18 f.
[4] Iain Borden: Skateboarding and the City. A Complete History, London 2019.
[5] Margot Schwidtmann/Heinz Budzisch: Körperkultur und Sport der jungen Generation unter dem Aspekt der Anforderungen der wissenschaftlich-technischen Revolution in der entwickelten sozialistischen Gesellschaft. Gedanken und Probleme, Feststellungen und Vorschläge als Beitrag zur weiteren Auswertung des X. Parteitags der SED, in: Theorie und Praxis der Körperkultur 31 (1982), S. 361–369.
[6] Russ Howell: Gymnastics Meets Freestyle, in: Michael Brooke (Hg.): The Concrete Wave. The History of Skateboarding, 6. Aufl. Toronto, Los Angeles 2003, S. 83.
[7] Hajo Bernett (Hg.): Körperkultur und Sport in der DDR. Dokumentation eines geschlossenen Systems, Schorndorf 1994, S. 77.
[8] Gunter Holzweißig: Diplomatie im Trainingsanzug. Sport als politisches Instrument der DDR in den innerdeutschen und internationalen Beziehungen, München 1981.
[9] Carl Diem: Wesen und Lehre des Sports und der Leibeserziehung, 5. Aufl. Berlin 1969, S. 3.
[10] Walter Sieger: Die sozialistische Körperkultur als historisch neue Qualität, in: Günther Wonneberger (Hg.): Körperkultur und Sport in der DDR. Gesellschaftswissenschaftliches Lehrmaterial, Berlin (Ost), S. 14–73, hier S. 34.
[11] Wolfgang Eichel u. a. (Hg.): Geschichte der Körperkultur in Deutschland 1945–1961, Bd. IV, Berlin (Ost) 1967.
[12] Jörg Ludewig: Das waren die Achtziger, in: Monster Skateboard Mag 9 (1990), H. 4, S. 74–77, hier S. 75.
[13] Ders.: Europameisterschaft Prag 1988, in: Monster Skateboard Mag 7 (1989), H. 36, S. 32–39, hier S. 33.
[14] Simon Safránek: King Skate, Tschechien 2018.
[15] Interview: Claus Grabke, in: Monster Skateboard Mag, 7 (1988), H. 32, S. 28–40, hier S. 30.
[16] Julian Pena: Skateboard Madness, USA 1980. Er wurde unter dem deutschen Titel »Skateboard-Fieber« am 30. November 1985 im ZDF ausgestrahlt.
[17] Kai Reinhart: Concrete Carving on the Berlin Wall, in: Konstantin Butz/Christian Peters (Hg.): Skateboard Studies, London 2018, S. 130–150.
[18] Ders.: »Wir wollten einfach unser Ding machen«. DDR-Sportler zwischen Fremdbestimmung und Selbstverwirklichung, Frankfurt a.M. 2010.
[19] A. Götze: Rollenstudium auf dem Brett, in: Junge Welt vom 26. August 1986.
[20] Jens Weinreich: Skateboard – Roll on! DDR-Brettartisten ermittelten erstmals ihren Besten, in: Junge Welt vom 29. Mai 1990, S. 1.
[21] Skater erstmals um Titel, in: Sächsische Zeitung vom 22. Mai 1990; P. Tendler: Skateboard-Meisterschaft: Premiere auf Rollen, in: Sächsische Neueste Nachrichten vom 29. Mai 1990; Meisterhafte Sätze im Ostragehege, in: Sächsische Zeitung vom 31. Mai 1990; P. Tendler: Flug auf Rädern. Skateboard-Meisterschaft in Dresden, in: Dresdner Morgenpost 1990 [genaues Datum unbekannt, Artikel liegt dem Autor als Kopie vor].
[22] Bruno Kleberg: Wennschon – Dennschon. Außergewöhnliches und Amüsantes, DDR-F-1, 14. März 1987 [Erstausstrahlung (im Folgenden: EAS)]. Hans-Joachim Wolfram moderiert journalistische Unterhaltungssendung mit DDR-Thematik und außergewöhnlichen Rekorden; Gerhard Adolph: Sport – Spiel – Spaß, DDR-F, 25. April 1987 [EAS]. Impressionen von der Bühne am Anton-Saefkow-Platz; Vanadis Ulbricht: Wie wär’s?, DDR-F-1, 22. September 1987 [EAS]. Kindersendung über Hobbys, Spiele und Basteleien; Harald Becker: Elf 99, DDR-F-2, 31. Oktober 1989 [EAS]. Nachrichten, Sportberichte, Musikvideos, Serien; P. Mikuta: Landesjournal Sachsen-Anhalt. Länder life, DDR-F-2, 9. Juli 1990 [EAS]. Bericht von einer Skateboard-Show.
[23] Kai Oral History in der (Sport-)Geschichte, in: Emanuel Hübner/Kai Reinhart (Hg.): Sport – Geschichte – Pädagogik. Festschrift zum 60. Geburtstag von Michael Krüger, Hildesheim 2015, S. 267–285.
[24] Lutz Niethammer: »Die Jahre weiß man nicht, wo man die heute hinsetzen soll.« Faschismuserfahrung im Ruhrgebiet, Berlin, Bonn 1983, S. 20.
[25] Siehe Verzeichnis der Zeitzeugen am Ende des Beitrages.
[26] Bei den interviewten Zeitzeugen handelt es sich ausschließlich um Männer. Im Rahmen der Studie zum DDR-Skaten traten keine aktiven ostdeutschen Skateboarderinnen in Erscheinung. Dresden bildet hier also keine Ausnahme.
[27] Alexander von Plato: Zeitzeugen und die historische Zunft. Erinnerung, kommunikative Tradierung und kollektives Gedächtnis in der qualitativen Geschichtswissenschaft – ein Problemaufriss, in: BIOS 13 (2000), H. 1, S. 5–29, hier S. 21 f.
[28] Stan Lathan: Beat Street, USA 1984.
[29] Rosemary Stott: Entertained by the class enemy: cinema programming policy in the German Democratic Republic, in: Diana Holmes/Alison Smith (Hg.): 100 years of European cinema, Manchester 2000, S. 27–39, hier S. 36.
[30] Rosemary Stott: Zwischen Sozialkritik und Blockbuster. Hollywood-Filme in den Kinos der DDR zwischen 1970 und 1989, in: Uta Andrea Balbier/Christiane Rösch (Hg.): Umworbener Klassenfeind. Das Verhältnis der DDR zu den USA, Berlin 2006, S. 144–159, hier S. 145, 148.
[31] Die »explosive« Wirkung amerikanischer Popkultur hatte sich bereits im »Rock-’nʼ-Roll-Fieber« und in den »Rock-’nʼ-Roll-Krawallen« im Jahre 1958 gezeigt, auf welche die DDR mit Verboten und der Kreation eines eigenen Tanzes, dem Lipsi, reagierte (Wiebke Janssen: »Heute, tanzen alle jungen Leute, im Lipsi-Schritt, nur noch im Lipsi-Schritt ...« SED und Jugend in den fünfziger Jahren, in: Hallische Beiträge zur Zeitgeschichte 6 [1999], S. 58–74). Aber weder Verbote noch DDR-konforme Alternativen konnten die Jugend von ihrer Begeisterung für westliche Popmusik abbringen (Michael Rauhut: Rock in der DDR 1964–1989, Bonn 2002).
[32] DJ André Langenfeld, in: Sebastian Krekow/Jens Steiner (Hg.): Bei uns geht einiges. Die deutsche HipHop-Szene, 2. Aufl. Berlin 2002, S. 243–252, hier S. 246.
[33] Niels Robitzky: Von Swipe zu Storm. Breakdance in Deutschland, Hamburg 2000, S. 23 f.
[34] DJ André Langenfeld (Anm. 32), S. 246.
[35] Robitzky: Von Swipe zu Storm (Anm. 33), S. 24.
[36] Stott: Entertained by the class enemy (Anm. 29), S. 36.
[37] Interview von Kai Reinhart mit Ralf Ramlich am 28. Oktober 2004.
[38] Interview von Kai Reinhart mit Georg Franke am 27. Oktober 2004.
[39] So wurde in der Szene ein zentraler Dresdner Platz an der Straße der Befreiung mit einer vergoldeten Reiterstatue des sächsischen Kurfürsten Friedrich August I. (August der Starke) bezeichnet.
[40] Interview von Kai Reinhart mit Steffen Kaden am 27. Oktober 2004; siehe auch Meisterhafte Sätze im Ostragehege (Anm. 21).
[41] Interview von Kai Reinhart mit Lars-Detlef Kluger am 26. Oktober 2004; Interview von Kai Reinhart mit Lu Hartmann am 19. November 2004; Interview Franke (Anm. 38); Interview von Kai Reinhart mit Lars Beuth am 4. Oktober 2004 und Interview von Kai Reinhart mit Thomas Vick am 26. Oktober 2004.
[42] Interview von Kai Reinhart mit Carsten Böhme am 6. Oktober 2004.
[43] Interview Kaden (Anm. 40).
[44] Interview Hartmann (Anm. 41) und Böhme (Anm. 42) sowie mit Thorsten Schubert am 25. Oktober.
[45] Götze: Rollenstudium auf dem Brett (Anm. 19).
[46] »Skatepapst« Titus Dittmann aus dem westfälischen Münster prägte das deutsche und internationale Skateboarden seit den 1980er-Jahren mit verschiedenen Unternehmen (z. B. Titus AG), Fachzeitschriften (z. B. »Münster Monster Magazin«) und Veranstaltungen (z. B. Monster Mastership).
[47] Interview Franke (Anm. 38) und Böhme (Anm. 42).
[48] Interview Kluger (Anm. 41) und Böhme (Anm. 42).
[49] Interview Kaden (Anm. 40).
[50] Götze: Rollenstudium auf dem Brett (Anm. 19).
[51] Ebd.
[52] Interview Böhme (Anm. 42).
[53] Viele Ostdeutsche verstanden das unbekannte Wort Skaten allerdings auch einfach nicht richtig und sprachen z. B. vom »Skieten«. Siehe Interview Böhme (Anm. 42).
[54] Interview Kaden (Anm. 40).
[55] Götze: Rollenstudium auf dem Brett (Anm. 19).
[56] Skateboard-Fahren, in: Practic 21 (1987), H. 3, S. 106–109.
[57] Interview Böhme (Anm. 42).
[58] Interview Ramlich (Anm. 37).
[59] Interview von Kai Reinhart mit Knut Drost am 18. November 2004.
[60] Ebd.
[61] Interview Kluger (Anm. 41).
[62] Interview Böhme (Anm. 42) und Franke (Anm. 38).
[63] Interview Schubert (Anm. 44).
[64] Ein Sprung mit dem Skateboard unter den Füßen ohne Zuhilfenahme der Hände.
[65] Tricks, bei denen sich das Brett nach einem »Ollie« in der Luft 360 Grad über die Breitenachse dreht.
[66] Ein Absprung mit einem Fuß vom Boden, bei dem das Brett mit einer Hand festgehalten wird.
[67] Interview Beuth (Anm. 41) und Kluger (Anm. 41).
[68] Interview Franke (Anm. 38).
[69] Interview Vick (Anm. 41).
[70] Siehe Anm. 22.
[71] Interview Böhme (Anm. 42).
[72] Interview Franke (Anm. 38).
[73] Interview Kaden (Anm. 40).
[74] Behörde für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (BStU), Ministerium für Staatssicherheit (MfS), Abt. X, Nr. 802.
[75] Vapaa-ajanharrastus [Freizeit/Hobby], in: DDR-Revue (1988), H. 9, o. S.
[76] Interview Franke (Anm. 38) und Vick (Anm. 41).
[77] Ebd.
[78] Interview Ramlich (Anm. 37).
[79] Bereits seit Anfang der 1980er-Jahre hatte es erste Versuche mit Breakdance in der DDR gegeben (Spaiche [Jens Ihlenfeldt]: Realness manifestiert man nicht durch Aussage, sondern durch Taten, in: Krekow/Steiner [Hg.]: Bei uns geht einiges [Anm. 32], S. 129–137, hier S. 129). Besonders die West-Sendung »Electric Boogie« regte damals viele Jugendliche zur Nachahmung an (Interview Schubert [Anm. 44]). Mit »Beat Street« entstand ein regelrechter Breakdance-Boom, immer mehr Jugendliche versuchten sich als Breaker, Rapper oder Sprüher, und es entstand eine Szene von etwa tausend Hip-Hoppern in der DDR (Dynamike: Rap in der DDR, in: Krekow/Steiner [Hg.]: Bei uns geht einiges [Anm. 32], S. 103–128, hier S. 107).
[80] Interview Kluger (Anm. 41).
[81] Wolf Biermann: Alle Lieder, Köln 1991 [1964], S. 161.
[82] Interview Böhme (Anm. 42).
[83] Interview Ramlich (Anm. 37).
[84] Interview Böhme (Anm. 42).
[85] Interview Ramlich (Anm. 37), Kaden (Anm. 40) und Vick (Anm. 41).
[86] Kunst- und Figurenfahren.
[87] Abkürzung für »vertical skating«: Fahren an steilen/senkrechten Wänden.
[88] Interview Franke (Anm. 38), Kluger (Anm. 41) und Kaden (Anm. 40).
[89] Abkürzung für die »aerial« genannten Sprung- bzw. Flugmanöver.
[90] Interview Böhme (Anm. 42), Ramlich (Anm. 37) und Vick (Anm. 41).
[91] Reinhart: Concrete Carving (Anm. 17).
[92] Interview Böhme (Anm. 42).
[93] Sportpark am Ostragehege, im Volksmund kurz Ostragehege genannt. Dort hatte der Dresdner Sportclub 1944 die vorläufig letzte Deutsche Fußballmeisterschaft gewonnen. In den 1960er- und 1970er-Jahren war die Anlage weiter ausgebaut und für zahlreiche sportliche Großveranstaltungen genutzt worden.
[94] Interview Böhme (Anm. 42).
[95] Weinreich: Skateboard – Roll on! (Anm. 20), S. 1.
[96] Ebd.; Meisterhafte Sätze im Ostragehege (Anm. 21).
[97] Tendler: Skateboard-Meisterschaft (Anm. 21).
[98] Skater erstmals um Titel (Anm. 21).
[99] Tendler: Flug auf Rädern (Anm. 21); Meisterhafte Sätze im Ostragehege (Anm. 21).
[100] Weinreich: Skateboard – Roll on! (Anm. 20), Titelblatt.
[101] Tendler: Skateboard-Meisterschaft (Anm. 21).
[102] Weinreich: Skateboard – Roll on! (Anm. 20), S. 1.
[103] Interview Kaden (Anm. 40).
[104] Interview Kluger (Anm. 41).
[105] Friedrich Schiller: »Über die ästhetische Erziehung des Menschen«. Sämtliche Werke. Auf der Grundlage der Originaldrucke hrsg. von Gerhard Fricke und Herbert G. Göpfert, Bd. 1–5, 3. Aufl. München 1962, S. 617.
[106] Ebd., S. 645.
[107] Johann Christoph Friedrich GutsMuths: Spiele zur Übung und Erholung des Körpers und Geistes. Für die Jugend, ihre Erzieher und alle Freunde unschuldiger Jugendfreuden, Schnepfenthal 1796, S. 2.
[108] Eckehart Velten Schäfer/Thomas Alkemeyer: Skateboarding und die Pop-Werdung des Sportsubjekts, in: Hubertus Busche u. a. (Hg.): Kultur – interdisziplinäre Zugänge, Wiesbaden 2018, S. 81–100, S. 81 f.
[109] Ebd.
[110] Gunter Gebauer u. a.: Treue zum Stil. Die aufgeführte Gesellschaft, Bielefeld 2004, S. 25.
[111] Ebd., S. 120; Martin Stern: Stil-Kulturen – Performative Konstellationen von Technik, Spiel und Risiko in neuen Sportpraktiken, Bielefeld 2010, S. 79.
[112] Roger Caillois: Die Spiele und die Menschen. Maske und Rausch, Frankfurt a.M. 1982.
[113] Veith Kilberth: Das Olympische Skateboard-Terrain zwischen Subkultur und Versportlichung, in: Jürgen Schwier/Veith Kilberth (Hg.): Skateboarding zwischen Subkultur und Olympia, Bielefeld 2018, S. 57–80, S. 64 f.
[114] Eine differenzierte historisch-philosophische Analyse findet sich bei Kai Reinhart: »Wir wollten einfach unser Ding machen« (Anm. 18).
[115] Iain Borden: Skateboarding, Space and the City: Architecture and the Body, Oxford 2006, S. 248.