Die Herrschaft Nikita Chruščëvs gilt als zutiefst widersprüchlich. Sie markiert den Übergang vom Stalinismus zur sowjetischen »Normalität« der 1960er- und 1970er-Jahre, wobei der Nachfolger Stalins nie vollständig mit der Gewalt gebrochen und Normalität nie ganz erreicht hat. Diese vermeintliche Widersprüchlichkeit hat das Verständnis der Entstalinisierung tief geprägt. Lange Zeit wurde die Entstalinisierung als ein politisches Projekt Chruščëvs verstanden und nach dessen Reichweite gefragt. Infolgedessen galt Chruščëv vielen als ein gescheiterter Reformer. Er habe das Land zu liberalisieren versucht, sei aber über die Inkonsequenzen seines Entstalinisierungskurses und die konservativen Beharrungskräfte in der Partei gestürzt.[1]
Die Vorstellung, Nikita Chruščëv habe eine Liberalisierung der Sowjetunion angestrebt, hat ihren Ursprung in der Kennzeichnung seiner Reformen als »Tauwetter« durch Il'ja Ėrenburg, die durchaus die Erfahrungen der sowjetischen Kulturschaffenden widerspiegelte.[2] Im dissidentischen Rückblick von der Brežnev-Zeit auf das »Tauwetter« erscheint dieses erst recht als »Jahre der Freiheit«. Deren Narrative prägten wiederum stark die westliche Historiografie, die vor der Archivrevolution der 1990er-Jahre nur auf wenige Quellen jenseits staatlicher Verlautbarungen zurückgreifen konnte.[3] Allerdings sind sowohl »Entstalinisierung« als auch »Liberalisierung« Fremdzuschreibungen und keine Begriffe, mit denen Chruščëv seine Politik jemals selbst charakterisiert hat. Die neuere Forschung hat zudem den Blick auf die sowjetische Gesellschaft geweitet und betont die Langlebigkeit der stalinistischen Kultur, die sich in politischen Einstellungen und kulturellen Praktiken der Menschen manifestierte, etwa in den argwöhnischen Reaktionen der Bevölkerung gegenüber den Gulag-Heimkehrern.[4] Evgenij Evtušenko hatte dieses Problem bereits 1961 in einem Gedicht auf den Punkt gebracht: Man habe nun zwar Stalin aus dem Mausoleum geholt und in der Erde vergraben, aber – so fragte er – »wie aus Stalins Erben Stalin entfernen?«[5]
Die Erben Stalins im engeren Sinne waren die Kader der Kommunistischen Partei. Umso erstaunlicher ist es, dass die Auswirkungen der Entstalinisierung auf die Partei bislang kaum untersucht worden sind. Dabei hatte Nikita Chruščëv bereits 1953 die Marginalisierung der Partei unter Stalin kritisiert. Schon zu diesem frühen Zeitpunkt kündigte er an, der Partei wieder mehr Gewicht geben zu wollen. Der folgende Beitrag untersucht deshalb die Rolle der Partei in Chruščëvs Entstalinisierungspolitik: Mit welchem Ziel und auf welche Weise versuchte Chruščëv die Partei zu revitalisieren? Wie reagierten die lokalen und regionalen Funktionäre auf diese Politik? Und welche Folgen hatte diese Politik für die Entstalinisierung insgesamt? Dabei soll gezeigt werden, dass der Entstalinisierung eine wichtige Scharnierfunktion im Übergang von Stalins persönlicher Diktatur zur oligarchischen Herrschaftspraxis unter Leonid Brežnev zukam.
I. Die Partei in der politischen Konzeption Chruščëvs
Der XX. Parteitag im Jahr 1956 gilt aufgrund der Geheimrede, die Chruščëv in einer letzten, geschlossenen Sitzung hielt, als Entstalinisierungsparteitag. Zuvor hatte man allerdings zwölf lange Tage über Wirtschaftsfragen diskutiert und den 6. Fünfjahresplan verabschiedet. Die Partei war sich darin einig, dass die regionalen und lokalen Parteiorganisationen stärker am Planungsprozess und der Umsetzung der Vorgaben beteiligt werden sollten. Es war vor allem Nikita Chruščëv, der in seinem Rechenschaftsbericht – und zwar im öffentlichen Teil des Parteitags – Kritik an den Kadern vor Ort übte: »In den leitenden Funktionen gibt es auch solche Leute, die man zur Kategorie der ›beschäftigten Nichtstuer‹ zählen kann. Auf den ersten Blick sind sie sehr aktiv, und sie arbeiten tatsächlich sehr viel, aber ihre Aktivität ist Leerlauf. Sie führen Sitzungen ›bis zum dritten Hahnenschrei‹ durch, galoppieren alsdann durch die Kollektivwirtschaften, schimpfen die Zurückgebliebenen aus, berufen Beratungen ein und halten allgemeine und in der Regel im Voraus geschriebene Reden, rufen dazu auf, ›die Prüfung zu bestehen‹, ›alle Schwierigkeiten zu überwinden‹, ›einen Umschwung herbeizuführen‹, das ›Vertrauen zu rechtfertigen‹ usw. Aber so geschäftig ein solcher Leiter auch ist, am Ende des Jahres stellt sich doch heraus, dass die Sache sich nicht zum Besseren gewendet hat. Der Mensch ist, wie es im Volksmund heißt, ›in Schweiß geraten und hat doch nichts geschafft‹«.[6] Chruščëv kritisiert hier mit beißendem Spott die stalinistische Mobilisierungsdiktatur. Viele Funktionäre seien lediglich Maulhelden, die sich mangels fachlicher Kompetenz in großspurige Ankündigungen und allgemeine Aufrufe flüchteten. Die regionalen Parteiversammlungen übten keine Kontrolle aus, sondern seien zu reinen Inszenierungen verkommen, in denen sich die Parteisekretäre feiern ließen. Es fehle das Verantwortungsbewusstsein, das wieder neu geweckt werden müsse: »Ein großes Übel besteht auch darin, dass sich in der praktischen Tätigkeit vieler Partei- und Sowjetfunktionäre eine verantwortungslose Einstellung zu den übernommenen Verpflichtungen eingebürgert hat. Überprüft man, wie diese oder jene Gebiete, Rayons, Kollektivwirtschaften und Sowjetwirtschaften ihre sozialistischen Verpflichtungen erfüllen, so stellt sich heraus, dass Worte und Taten weit auseinandergehen. Und wird die Erfüllung dieser Verpflichtungen denn überhaupt kontrolliert? Nein, sie wird in der Regel nicht kontrolliert. Niemand ist verantwortlich für die Nichterfüllung von Verpflichtungen, weder materiell noch moralisch. Es muss gesagt werden, dass Presse und Rundfunk bei uns jene preisen, die hohe Verpflichtungen übernehmen, aber schweigen, wenn sie versagen, obwohl für die Erfüllung der übernommenen Verpflichtungen alle Voraussetzungen gegeben waren. Man muss bei den Menschen das Verantwortungsgefühl für ihre Verpflichtungen stärken.«[7]
Diese fundamentale Kritik an den Kadern war nicht neu, sondern knüpfte unmittelbar an die Missbilligung von Bürokratismus an, die bereits unter Stalin regelmäßig artikuliert worden war. Auch Chruščëv hatte in internen Schreiben bereits seit 1954 kritisiert, dass Anordnungen aus Moskau in der Provinz auf Inkompetenz und Angst vor Neuerungen treffen würden. Bürohengste ohne Kontakt zu den Menschen würden sich mit dem bloßen Abschreiben und Weiterreichen der zentralen Direktiven begnügen, anstatt diese den Verhältnissen vor Ort anzupassen und auch tatsächlich umzusetzen.[8]
Dieser Kritik aus dem Zentrum waren zahlreiche Beschwerden aus den Regionen des Landes vorausgegangen. Seit 1952 und vermehrt seit Stalins Tod am 5. März 1953 gingen Schreiben beim Zentralkomitee ein, die von Erschöpfungserscheinungen aus den lokalen und regionalen Parteiorganisationen berichteten: Parteiveranstaltungen seien schlecht besucht und fänden teilweise nur noch unregelmäßig statt, unter den Parteikadern herrsche Apathie und es gebe erste Anzeichen eines moralischen Verfalls. Die regionalen Parteifunktionäre seien häufig sogar unfähig, auf Parteiversammlungen zu ideologischen oder wirtschaftlichen Fragen Stellung zu nehmen. Trotz dieser Missstände wage es aber niemand, Kritik zu üben. Vielmehr werde die Lage überall schöngeredet.[9] Der stellvertretende ZK-Abteilungsleiter für Partei-, Gewerkschafts- und Komsomolangelegenheiten, Jakov V. Storožev, brachte in seinem Bericht an Chruščëv vom 15. April 1954 die aus allen Regionen gemeldeten Probleme zusammenfassend auf den Punkt: Es gebe zu viele Direktiven und zu viele Gremiensitzungen, es werde zu viel am Schreibtisch gearbeitet und zu wenig in den Betrieben oder auf den Kolchosen nach dem Rechten gesehen, und vor allem: Keiner wolle Verantwortung übernehmen, sondern schiebe diese einfach auf den Nächsten weiter.[10] Auch die Tauwetter-Literatur kritisierte die Blockadehaltung einer verantwortungsscheuen Verwaltung: Der innovative Ingenieur, dessen segensreiche Initiativen an einem bornierten Bürokraten scheiterten, war ein zentraler Topos in Il'ja Ėrenburgs Erzählung Tauwetter aus dem Jahr 1954 oder in Vladimir Dudincevs Roman Der Mensch lebt nicht vom Brot allein von 1956.[11] Chruščëv machte Stalin posthum für diese Apathie der Kader verantwortlich. Stalin habe die innerparteiliche Demokratie verletzt und ergebene Parteifunktionäre seien zu Opfern seines willkürlichen Unterdrückungsapparats geworden. Die Massenrepressalien – so Chruščëv in seiner Geheimrede – hätten die Partei zutiefst verunsichert: »Man darf auch nicht daran vorbeigehen, dass infolge der zahlreichen Verhaftungen von Partei-, Sowjet- und Wirtschaftsfunktionären viele unserer Mitarbeiter ängstlich zu arbeiten begannen, übermäßige Vorsicht an den Tag legten, sich vor allem Neuen, ja vor dem eigenen Schatten fürchteten, dass sie weniger Initiative in der Arbeit zu zeigen begannen.«[12] Krankhafter Argwohn habe sich zwischen den Kommunisten breitgemacht, Verleumder und Karrieristen hätten Auftrieb erhalten. An die Stelle von innerparteilicher Diskussion sei »das nackte Administrieren« getreten, das »Vertuschen von Fehlern und das Schönfärben der Realität«. Es wimmele – so Chruščëv – von »Speichelleckern, Lobhudlern und Betrügern«.[13]
Wie konnte man die Partei aus dieser Schockstarre befreien? Chruščëv setzte an drei Stellen an. Erstens stellte er die Kontrolle der Partei über die staatlichen Organe wieder her, insbesondere über den Geheimdienst. Der Geheimdienst musste sich ein ziviles Image zulegen und sich fortan als Ordnungshüter in den Diensten der Partei inszenieren. Die Lubjanka sollte kein Haus des Schreckens mehr sein, sondern eine staatliche Sicherheitsbehörde.[14]
Zweitens folgte Chruščëv einer Analyse von Michail Suslov, Politbüromitglied und Chefideologe der Partei, der aus den zahlreichen Berichten lokaler Parteiorganisationen das Fazit gezogen hatte: Die persönliche Verantwortung jedes einzelnen regionalen und lokalen Parteifunktionärs müsse gestärkt werden, indem er die Verantwortung für die Durchführung der ihm auferlegten Aufgaben zu übernehmen habe.[15] Es galt, den Albdruck, der auf dem Land lag, zu nehmen, und die Menschen wieder zu aktivieren. Dabei handelte es sich nicht um eine »Schein-Partizipation«, wie dies mit Blick auf das sowjetische Eingabewesen formuliert worden ist.[16] Gesellschaftliche Teilhabe war im autoritären Politikverständnis Chruščëvs nicht verankert, er dachte in Kategorien wie »Pflichterfüllung« und »Verantwortungsgefühl«.
Nach bolschewistischer Auffassung konnte eine Aktivierung des Landes nur die Partei als Vorreiterin aller gesellschaftlichen Entwicklungen übernehmen. Doch die Partei war durch die permanenten Säuberungen der Stalin-Zeit selbst gelähmt. Deren Indienstnahme setzte voraus, ihren Kadern die Angst vor der Verantwortung zu nehmen. Denn aus der Angst, Fehler zu machen und für diese persönlich einstehen zu müssen, agierten die Partei- und Wirtschaftskader in den engen Bahnen der erhaltenen Anordnungen, scheuten jegliche Eigeninitiative und versuchten Mängel zu vertuschen, anstatt sie zu beheben. Die Nachfolger Stalins standen also vor dem Problem, zunächst die Partei und dann alle Werktätigen wieder zu aktivieren. Nikita Chruščëv tat dies, indem er die Massengewalt beendete, die Straflager öffnete und bei seinen Auftritten signalisierte, dass eine neue, offenere Diskussionskultur herrsche. Den arg zurückhaltenden Funktionären einer Betriebsparteiversammlung in Moskau rief er etwa 1955 zu, sie sollten keine Angst mehr haben, schließlich sei Stalin ja tot.[17]
Das wichtigste Signal an die Partei war die Geheimrede.[18] Chruščëv ging es dabei weniger um eine moralische Aufarbeitung der Verbrechen Stalins oder eine Legitimation seiner eigenen Herrschaft.[19] Sein Anliegen bestand vielmehr darin, die Herrschaftsfähigkeit der Partei wiederherzustellen. Dies verbirgt sich hinter dem Euphemismus von der »innerparteilichen Demokratie«, deren Verletzung er Stalin vorwarf.[20] Es ging Chruščëv um die Wiederherstellung der Leninʼschen Parteidiktatur und dies war mit übervorsichtigen Bürokraten unmöglich. Die Geheimrede sollte der Partei die Angst nehmen und die Kader aus ihrer Lähmung befreien. Deshalb wurde die Rede, die ja eigentlich nicht geheim war, sondern nur in einer geschlossenen Sitzung des Parteitages gehalten wurde, im Anschluss an alle regionalen und lokalen Parteiorganisationen verschickt, dort verlesen und mit den Parteimitgliedern diskutiert.[21] Dabei zeigten sich einmal mehr die schweren Defizite der lokalen und regionalen Parteikader, die in den Diskussionen über die Geheimrede mit der Parteibasis häufig überfordert waren und bei einem unvorhergesehenen Verlauf der Debatte geradezu hilflos reagierten. Die Parteiführung in Moskau registrierte die Berichte von diesen Versammlungen sehr aufmerksam.[22]
Um die ängstlichen und überforderten Parteikader nicht weiter zu verunsichern, stellte Chruščëv die Partei auch als das eigentliche Opfer des Stalinʼschen Terrors dar, den er ausschließlich auf Stalins Persönlichkeit zurückführte: Dessen Verfolgungswahn, dessen Launen und dessen grobe Umgangsformen hätten dazu geführt, dass die Partei sich ihm unterworfen habe. Und dann machte sich Chruščëv auch noch öffentlich über Stalin lustig, indem er etwa behauptete, dieser habe im Zweiten Weltkrieg militärische Operationen auf einem Globus geplant![23] Die gewünschte Reaktion auf seine Rede konnte man kurze Zeit später in der Zeitung lesen. Die Prawda eröffnete unmittelbar nach dem XX. Parteitag eine Artikelserie, in der einfache Parteimitglieder über Missstände in ihren Betrieben oder Parteiorganisationen berichteten. Niemand – so behauptete die Prawda – habe nunmehr Angst, einen Beschwerdebrief an die Zeitung zu schreiben und diesen auch mit seinem Namen zu unterzeichnen, jeder könne jetzt offen Kritik am Verwaltungsapparat oder an der Betriebsleitung üben.[24]
Dies berührt bereits den dritten Punkt auf Chruščëvs Agenda zur Revitalisierung der Partei. Durch Kritik und Selbstkritik sollten die Funktionäre wieder stärker von den werktätigen Massen und der Parteibasis kontrolliert werden, um dem grassierenden Bürokratismus Einhalt zu gebieten: »Das Zentralkomitee hat die Parteiorganisation zur allseitig entfalteten Kritik und Selbstkritik, zur kritischen Einschätzung der Ergebnisse der geleisteten Arbeit, zum entschlossenen Kampf gegen Selbstbetrug, Prahlerei und Überheblichkeit aufgerufen. Viele Mängel, gegen die wir jetzt einen Kampf führen, hätten wir nicht gehabt, hätten sich nicht seinerzeit in einzelnen Teilen der Partei Stimmungen der Selbstzufriedenheit breitgemacht und hätte es nicht Versuche gegeben, die tatsächliche Sachlage zu beschönigen. Prinzipielle und offene Kritik und Selbstkritik – das ist der richtige Weg zur weiteren Stärkung der Partei, zur raschesten Behebung der Mängel, zu neuen Erfolgen an allen Abschnitten des kommunistischen Aufbaus.«[25]
Chruščëv knüpft hier an das ursprüngliche Verständnis von Kritik und Selbstkritik an, das sich im Stalinismus zu einer individuellen Selbstbezichtigung gewandelt hatte. Zunächst verstanden die Kommunisten darunter die erlaubte, konstruktive, notwendige, wohlmeinende, kameradschaftliche Kritik, die sich von der verbotenen, destruktiven, unnötigen, böswilligen Kritik der Opposition und des Klassenfeindes absetzte. Selbstkritik in diesem Sinne meinte, dass sich die Arbeiterklasse selbst kritisierte, und gerade die Kritik an Parteifunktionären und Staatsbürokratie die Verbindung der Partei mit den Massen aufrechterhalte.[26]
Auch in dieser Hinsicht meldete die Prawda unmittelbar nach der Beendigung des XX. Parteitages Vollzug, indem sie über die neuen Formen der Partizipation berichtete. Parteisekretäre schilderten nun, wie sie sämtliche Parteiresolutionen vor ihrer Verabschiedung zunächst mit den Menschen diskutierten. Mehr Menschen als jemals zuvor strömten in die Parteiveranstaltungen, um an den offen und kontrovers geführten Diskussionen teilzunehmen. Ein Bezirksparteisekretär aus Baschkirien zog daraus den Schluss: Alle Parteifunktionäre sollten lernen, auf die Stimme der Volksmassen zu hören. Andere Artikel berichteten von einem neuen Betriebsklima in ihren Fabriken: Seien auf den betrieblichen Parteiversammlungen früher endlose Reden gehalten worden, die nur aus allgemeinen Floskeln bestanden hätten, so könnten Arbeiter und Ingenieure nun offen Probleme im Produktionsprozess ansprechen, und sie würden nicht nur angehört, sondern ihre Lösungsvorschläge häufig auch aufgegriffen und umgesetzt. Diese offene Gesprächskultur habe dafür gesorgt, dass die betrieblichen Parteiversammlungen nun stark frequentiert seien und selbst parteilose Betriebsangehörige an ihnen teilnehmen würden.[27]
Auch wenn diese lancierten Berichte eher einem Wunschbild als der Realität entsprochen haben mögen, weisen sie darauf hin, wie sich die Parteiführung nach dem XX. Parteitag politische und wirtschaftliche Entscheidungsprozesse vorstellte: im gemeinsamen Ringen aller Beteiligten um die sachlich beste Lösung von Problemen. Doch wie reagierten die regionalen Parteiorganisationen tatsächlich auf diese Inanspruchnahme von oben? Wie ging man in der sowjetischen Provinz mit diesen neuen Möglichkeiten, aber auch neuen Erwartungen um?
II. Die Reaktionen der regionalen Parteifunktionäre
Jüngere Untersuchungen haben gezeigt, dass die Reaktionen auf die Geheimrede sehr unterschiedlich ausfielen. Etlichen Teilnehmern regionaler Parteiversammlungen, auf denen die Rede diskutiert wurde, ging die Abrechnung mit Stalin viel zu weit, andere forderten, nun auch die Verbrechen seiner Helfershelfer im Politbüro zu untersuchen.[28] Doch wie veränderte sich die Diskussionskultur in der Partei auf längere Sicht?
Nach der Geheimrede nahm die Diskussionsbeteiligung der Basis merklich zu. Viele einfache Parteimitglieder bezogen Chruščëvs Stalin-Kritik nicht nur auf den Diktator, sondern bedienten sich seiner Argumente in Auseinandersetzungen mit hohen Parteifunktionären oder Betriebsleitern vor Ort. So warf eine Parteiversammlung in Kasachstan ihrem Ersten Gebietsparteisekretär vor, er habe die kollegiale Führung im Parteibüro zerstört. Sein Führungsstil sei arrogant, schon den zweiten Parteisekretär kenne er nicht beim Namen, ganz zu schweigen von den Kolchosvorsitzenden. Zudem sei er beratungsresistent, berufe keine Sitzungen des Gebietsparteikomitees mehr ein und würde Andersdenkende einschüchtern.[29] Vielerorts beklagten sich nun einfache Parteimitglieder, dass die örtliche Parteiführung ihre Fehler verschleiere und auf Kritik mit unverhohlenen Drohungen reagiere.[30] Diese Kritik am Führungsstil ging häufig mit dem Vorwurf anderer schwerwiegender Verfehlungen einher, insbesondere der Bereicherung am Volkseigentum, Schwarzmarktgeschäften und eines verschwenderischen Lebensstils. Einfache Parteimitglieder kritisierten die Privilegien der Nomenklatura, vor allem private Datschen, große Limousinen mit Chauffeur, Spezialgeschäfte und spezielle Krankenhäuser. Auf einer Parteiversammlung in Samara erregte die Nachricht den Saal, dass jährlich eine Million Rubel für die Bewachung der Datschen einiger regionaler Parteifunktionäre ausgegeben werde: »Halten sich unsere Gebietsparteisekretäre für Sergej Kirov?«, fragte ein kritisches Parteimitglied.[31] Wiederholt wurden die »groben« Umgangsformen von führenden Parteifunktionären beklagt, womit die jeweiligen Verfasser einen zentralen Begriff aus der Geheimrede übernahmen, mit dem Chruščëv Stalins Umgangsformen charakterisiert hatte.[32] Eine derartige Stigmatisierung hoher Parteifunktionäre als »kleine Stalins«, die noch dazu korrupt seien, blieb in der Regel nicht ohne Folgen: Stellten sich die Vorwürfe als richtig heraus, enthob das ZK die Beschuldigten ihrer Posten oder versetzte sie in abgelegene Regionen.
Im Zuge von Chruščëvs Geheimrede fand also ein punktueller Elitenwechsel statt, und es wurden insbesondere jene regionalen Parteifunktionäre ersetzt, die sich durch Selbstherrlichkeit hervorgetan hatten oder denen man dies zumindest glaubhaft vorwerfen konnte. Trotz derartiger Fälle des erfolgreichen Aufbegehrens regionaler Parteiorganisationen gegen ihre Führungen kann nicht von einer Demokratisierung der Partei gesprochen werden. Im Gegenteil: Waren in den ersten Jahren nach der Geheimrede die Erfolgsaussichten auf die Ablösung von Parteikadern durchaus hoch, sanken die Chancen bereits Ende der 1950er-Jahre wieder. Die Protokolle der regionalen Parteikonferenzen zeigen, dass es den führenden Funktionären zunehmend gelang, Kritik an ihrer Person als überzogen, völlig unbegründet oder gar als »konterrevolutionär« zu brandmarken. In Penza verhinderte die örtliche Parteiführung etwa die Aufführung eines Kinofilms, der Funktionäre als korrupt und inkompetent darstellte und sie der Lächerlichkeit preisgab.[33] Es sind aber auch Fälle überliefert, in denen die Parteifunktionäre mithilfe der örtlichen Miliz und Staatsanwaltschaft unliebsame Kritiker vor Gericht brachten.[34]
Wer sich in der Provinz an der Macht halten wollte, der musste nun gut vernetzt sein. Unter Stalin galten regionale Netzwerke als konkurrierende Machtzentren und potenzielle Opposition. Lediglich während des Krieges duldete der Diktator eine Dezentralisierung seines Herrschaftsapparats, da flexiblere Entscheidungsstrukturen zur Landesverteidigung beitrugen. Nach dem Krieg gerieten die Machtzentren jenseits der Kremlmauern rasch erneut ins Visier und wurden mit Gewalt zerschlagen. 1949 ging Stalin gegen die Leningrader Partei wegen »separatistischer Tendenzen« vor, und 1951 musste der Geheimdienstchef Lavrentij Berija in der »Mingrelischen Affäre« seine eigene regionale Machtbasis in Georgien auflösen.[35] Aus diesem Grund war es in diesen Jahren ratsam gewesen, sich zum autonomen Herrscher über die Partei und damit als regionales Abbild Stalins zu stilisieren. Nach der Geheimrede war es hingegen Erfolg versprechender, sich mit den einflussreichen Personen der Wirtschaft, der Sicherheitsorgane, der Justiz und auch der Medien vor Ort gut zu stellen, um einer Kritik der Basis nicht ungeschützt ausgesetzt zu sein.[36]
Die Sekretäre der regionalen Parteiorganisationen waren also gut beraten, weniger »grob« zu ihren Genossen zu sein. Deshalb machten sie sich durch Wohltaten beliebt. Die Mangelwirtschaft bot seit jeher viele Möglichkeiten, sich Freunde zu machen, etwa durch die Bevorzugung bei der Wohnungsvergabe oder mit einer kleinen Datscha am Stadtrand. Auch nahm die Verleihung von Auszeichnungen in der zweiten Hälfte der 1950er-Jahre exorbitant zu. Statt herausragender Stoßarbeiter wurden nun pauschal sämtliche Betriebsangehörige für ihre Leistung ausgezeichnet oder Veteranen ein Orden für die bloße Teilnahme am Krieg verliehen. Allein im Jahr 1956 wurden 358 000 Personen für ihre Verdienste im Krieg ausgezeichnet, ohne dass sie irgendeine bemerkenswerte Tat vollbracht hatten.[37] Gab es keinen Anlass für die Auszeichnung einflussreicher Akteure, wurde ein solcher einfach erfunden. In Tjumen verlieh etwa die lokale Parteiorganisation den Redakteuren der Tjumenskaja Prawda 1958 eine Medaille zum 50-jährigen Bestehen der Zeitung, obwohl diese eigentlich erst seit 14 Jahren existierte.[38]
Waren regionale Netzwerke unter Stalin in Verruf geraten, blühten sie nun wieder auf. Allerdings nutzten die örtlichen Parteifunktionäre die Möglichkeiten einer dezentralisierten Staatswirtschaft ganz anders, als es sich ihr Erster Sekretär vorgestellt hatte. Chruščëv hatte in seinem Rechenschaftsbericht auf dem XX. Parteitag ein klares Leitbild vorgegeben: »In unsere Partei treten die Menschen nicht ein, um persönliche Vorteile zu erlangen, sondern um das große Ziel, den Aufbau des Kommunismus, zu verwirklichen. Der führende Kern der Partei ist keine durch persönliche Beziehungen oder gegenseitigen Vorteil verbundene Gruppe von Menschen, sondern ein tätiges Kollektiv von leitenden Genossen, deren Beziehungen sich auf prinzipieller ideologischer Grundlage aufbauen, die weder gegenseitige Nachsicht noch persönliche Feindschaft zulässt.«[39]
Die Berichte aus den lokalen und regionalen Parteiorganisationen zeichnen allerdings ein ganz anderes Bild. Die landwirtschaftlichen Betriebe in Rjasan hatten in den 1950er-Jahren die Planvorgaben für die Fleischproduktion nur zur Hälfte erfüllt. Um diesen Misserfolg zu verschleiern, kauften die staatlichen Kolchosen das zur Planerfüllung fehlende Fleisch auf den freien Bauernmärkten hinzu: und zwar zu einem höheren Preis, als sie es als staatlicher Betrieb anschließend weiterverkaufen konnten! Zum Ausgleich des Defizits musste der Rjasaner Gebietssowjet bei der sowjetischen Staatsbank einen Kredit über 234 Millionen Rubel aufnehmen. Die lokalen Kreisparteikomitees beteiligten sich an diesem Betrug ebenso wie das Gebietsparteikomitee. Es wurde ein ganzes System von falschen Rechnungen und fiktiven Quittungen aufgedeckt, das diese Zukaufpraxis geschickt verschleiert hatte. Die örtliche Staatsanwaltschaft hatte Anzeigen unterschlagen, und die Zeitungsredaktionen hatten kritische Leserbriefe nicht veröffentlicht, sondern an das Gebietsparteikomitee weitergeleitet, das die Verfasser ausfindig machte und von der Miliz einschüchtern ließ.[40]
Diese »Rjasaner Fleischaffäre« war kein Einzelfall, sondern wurde in dieser Zeit vielmehr zu einer gängigen Praxis. Das ZK deckte seit Anfang der 1960er-Jahre zunehmend Fälle auf, in denen Kolchosen, die den Plan nicht erfüllt hatten, die fehlende Menge auf Bauernmärkten oder von anderen Kolchosen, die den Plan übererfüllt hatten, zu überhöhten Preisen zukauften.[41] Diese Zukaufpraxis nahm immer größere Ausmaße an, und bald glichen ganze Regionen ihre schlechten Bilanzen durch Zukäufe in Überschussregionen aus.[42] In der industriellen Produktion waren die Verhältnisse nicht anders. Hier kauften Betriebe zu erhöhten Preisen dringend benötigte Vorprodukte, die in anderen Betrieben jenseits des Produktionsplans hergestellt wurden.[43] Die örtlichen Parteifunktionäre nutzten somit die im Zuge der Dezentralisierung vorgenommene Kompetenzverlagerung von zentralen Behörden auf die regionalen Parteiorgane und die Volkswirtschaftsräte (sovnarchozy) auf Republikebene, um im Interesse ihrer Region, ihres Kreises oder ihrer Kolchose, und damit natürlich auch im Interesse ihrer eigenen politischen Karriere zu handeln. Eine Folge der Dezentralisierung war somit nicht nur die erwünschte Flexibilisierung der Staatswirtschaft, sondern auch ein zunehmender »Lokalpatriotismus«, da die regionalen Leitungs- und Kontrollorgane in einer Mangelwirtschaft vor allem ihre regionalen Interessen sahen und danach handelten.[44]
Die Dezentralisierung von Entscheidungen bot nicht nur Anreize für eine interessengeleitete regionale Wirtschaftspolitik auf Basis groß angelegter Bilanzfälschungen, sondern auch für Nepotismus und Vetternwirtschaft. 1959 zeichnete ein ZK-Mitglied ein besorgniserregendes Bild von den Verhältnissen in der usbekischen Parteiorganisation. Der Erste Sekretär der usbekischen Partei würde nicht nur sämtliche Posten mit engen Freunden besetzen, sondern er dulde auch die Wiederbelebung nationalistischer Einstellungen. Kommunistische Parteifunktionäre würden öffentlich in nationaler Tracht auftreten, wobei derartige Trachten in sowjetischen Textilfabriken gar nicht mehr hergestellt würden. Es sei davon auszugehen, dass es Betriebe gebe, die nach Schichtende heimlich diese traditionellen Kleidungsstücke fertigten. Auch der antireligiöse Kampf würde nicht mit dem nötigen Engagement geführt. Die Imame könnten unbehelligt ihre Propaganda verbreiten, sodass sich die Zahl der religiösen Gemeinschaften von 94 im Jahre 1956 auf 194 im Jahr 1958 mehr als verdoppelt habe.[45]
Vergleichbare Vorkommnisse wurden aus allen Gegenden des Imperiums gemeldet. In Lettland würden Russen konsequent benachteiligt, da auf allen Ebenen eine nationalistische Kaderpolitik betrieben würde. Die lettische Parteiorganisation hatte die Kenntnis des Lettischen zur Voraussetzung für die Übernahme eines Parteiamtes gemacht. Hochrangige Funktionäre würden auf Parteiversammlungen nationalistische Standpunkte vertreten, die sich zuweilen auch durch eine scharfe antirussische Note auszeichneten.[46] So habe sich die lettische Parteiführung etwa gegen einen weiteren Ausbau der regionalen Schwerindustrie ausgesprochen, da man den Zuzug von noch mehr russischen Arbeitern verhindern wollte.[47] In Aserbaidschan wiederum hatte die Parteiführung den Beschluss gefasst, Aserbaidschanisch zur Staatssprache zu machen. In Moskau registrierte man derartige Berichte mit Entsetzen.[48]
Chruščëv wollte mit der Dezentralisierung der Entscheidungsprozesse die regionalen Parteifunktionäre in die Verantwortung nehmen. Die notwendige Kontrolle sollte dabei durch die Möglichkeit der Parteibasis, offen Kritik zu üben, gewährleistet sein. Doch die regionale Interessenpolitik verselbständigte sich und führte an der Peripherie des Imperiums zu politischen Eigenständigkeitsbestrebungen.
Als Chruščëv klar wurde, dass eine Kontrolle der Partei von unten nicht funktionierte, wählte er einen anderen Weg. 1961 führte er ein Rotationssystem ein, das die Tätigkeit von Staats- und Parteifunktionären auf drei Amtszeiten beschränkte. Er rechtfertigte diesen äußerst unpopulären Schritt damit, dass eine zu starke Machtkonzentration bei einzelnen Funktionären zu unterbinden sei. Auf diese Weise hatte er einen permanenten Elitentausch ohne »Parteisäuberung« institutionalisiert.[49] Ein Jahr später spaltete er die Partei in einen industriellen und einen landwirtschaftlichen Flügel mit jeweils eigenen Strukturen auf. Auch dies sollte der Herausbildung weitverzweigter Netzwerke entgegenwirken.[50] Als Chruščëv auch noch ankündigte, im Parteipräsidium einen großen Personalwechsel vorzunehmen, hatte er den Bogen überspannt. Am 14. Oktober 1964 stürzte das ZK seinen Ersten Sekretär und ersetzte ihn durch Leonid Brežnev.[51]
III. Schlussbemerkung
Nikita Chruščëv wollte Stalins persönliche Diktatur beenden und zur Leninʼschen Parteidiktatur zurückkehren. Die zeitweilige Dezentralisierung während des Zweiten Weltkriegs hatte gezeigt, dass man sich auf die Parteikader durchaus verlassen konnte. Chruščëv räumte deshalb den regionalen Entscheidungsträgern mehr Spielräume ein: Er glaubte an die Partei und die Fähigkeiten ihrer Kader. Doch seine Vorstellung von einer Partei selbstloser Revolutionäre war eine Illusion. Die Partei bestand inzwischen aus Personen, die im Zuge der Stalinʼschen Repressalien Karriere gemacht hatten. Sie hatten sich im Krieg bewährt und waren im Spätstalinismus in der Hierarchie weiter aufgestiegen. Von Beginn an waren diese Kader darin geübt, sich zu vernetzen und zugleich nicht in zu starke Abhängigkeiten zu geraten. Als Chruščëv die Macht nach unten verlagerte, wurde aus diesen regionalen Netzwerken eine multipolare Oligarchie. Genau diese multipolare Oligarchie stürzte Chruščëv in dem Moment, als dieser ihre Macht wieder beschneiden wollte. Zum ersten Mal hatte das ZK gegen seinen Ersten Sekretär gestimmt. Stalins Erben hatten den Enkel Lenins gestürzt und sich damit auch ein Stück weit selbst von Stalin befreit.
Der Nachfolger Chruščëvs war ein typischer Repräsentant dieser Parteioligarchie. Leonid Brežnev war Kopf eines mächtigen Clans aus dem Osten der Ukraine. Er war mit der Devise »Vertrauen in die Kader« angetreten und übernahm fortan die Rolle eines Moderators, der seine Entscheidungen erst nach einem langwierigen Prozess des Interessenausgleichs zwischen den Eliten des Landes traf.[52] Der Klientelismus wurde unter seiner Ägide zum regionalen Herrschaftsprinzip, das einerseits zur Stabilität beitrug, andererseits Korruption und Nepotismus weiter aufblühen ließ.[53] Erst Michail Gorbačëv forderte die Kader wieder heraus. Er hatte aus dem Scheitern Chruščëvs gelernt. Das Anwachsen regionaler Netzwerke zu einer mächtigen Oligarchie war nur unter den Bedingungen einer fehlenden Öffentlichkeit möglich, und genau deshalb waren für Gorbačëv Perestroika und Glasnost untrennbar miteinander verbunden.[54]
Die Entstalinisierung war also keine bloße Taktik und diente nicht nur der Herrschaftslegitimation. Wäre es Chruščëv allein um die Macht gegangen, hätte er wohl kaum die Partei nach deren (vermeintlicher) Revitalisierung gegen sich aufgebracht, vermutlich hätte er sie noch nicht einmal revitalisiert. Die Entstalinisierung war aber auch keine Liberalisierung oder gar Demokratisierung der Sowjetunion, so wie der westliche Blick im Kalten Krieg dies gerne zu erkennen glaubte. Chruščëv stand fest auf dem Boden der stalinistischen Politik der Jahre 1928 bis 1936, also der Zeit vor dem Großen Terror. Er hielt die Kollektivierung der Landwirtschaft und eine Industrialisierung im Eiltempo für das Fundament des Sozialismus. Die Neulandkampagne und andere Großprojekte führte er in stalinistischer Manier durch.[55] Und er warf den innerparteilichen Gegnern Stalins noch in der Geheimrede vor, sie seien in der Tat Feinde des Leninismus gewesen und Stalin habe sie zu Recht bekämpft. Die vielfältigen Widersprüche der Entstalinisierung sind somit nicht auf den angeblich sprunghaften Charakter Chruščëvs zurückzuführen, sie waren vielmehr politischer Natur und in der Logik des sowjetischen Systems mit der dominierenden Rolle der Kommunistischen Partei angelegt.
[1] Siehe u. a. Donald Filtzer: Die Chruschtschow-Ära. Entstalinisierung und die Grenzen der Reform in der UdSSR, 1953–1964, Mainz 1995, S. 94 ff.; Manfred Hildermeier: Geschichte der Sowjetunion 1917–1991. Entstehung und Niedergang des ersten sozialistischen Staates, München 1998, S. 803 f.; Stephan Merl: Entstalinisierung, Reformen und Wettlauf der Systeme 1953–1964, in: Stefan Plaggenborg (Hg.): Handbuch der Geschichte Russlands, Bd. 5, 1945–1991. Vom Ende des Zweiten Weltkriegs bis zum Zusammenbruch der Sowjetunion, Stuttgart 2002–2003, S. 175–318, hier S. 228–233 und 314–318.
[2] Siehe Robert Hornsby: Protest, Reform and Repression in Khrushchev’s Soviet Union, Cambridge 2013, S. 29 f.; Nancy Condee: Cultural Codes of the Thaw, in: William Taubman/Sergej Khrushchev/Abbott Gleason (Hg.): Nikita Khrushchev, New Haven/London 2000, S. 160–176; Dirk Kretzschmar: Die sowjetische Literaturpolitik 1953–1991, in: Stefan Plaggenborg (Hg.): Handbuch der Geschichte Russlands, Bd. 5: 1945–1991 – Vom Ende des Zweiten Weltkriegs bis zum Zusammenbruch der Sowjetunion, Stuttgart 2002–2003, S. 1153–1197, hier S. 1153–1160; Karen Laß: Vom Tauwetter zur Perestroika. Kulturpolitik in der Sowjetunion 1953–1991, Köln u. a. 1999, S. 26–28.
[3] Siehe Ludmilla Alexeyeva/Paul Goldberg: The Thaw Generation. Coming of Age in the Post-Stalin Era, Pittsburgh 1993, S. 4 f.; Steven V. Bittner: The Many Lifes of Khrushchev’s Thaw. Experience and Memory in Moscow’s Arbat, Ithaca 2008, S. 5–7.
[4] Siehe Susanne Schattenberg: Von Chruščev zu Gorbačev – Die Sowjetunion zwischen Reform und Zusammenbruch, in: Neue Politische Literatur 55 (2010), H. 2, S. 255–284, hier S. 278; Miriam Dobson: Khrushchevʼs Cold Summer. Gulag Returnees, Crime, and the Fate of Reform after Stalin, Ithaca 2009.
[5] Siehe Jörg Baberowski: Verbrannte Erde. Stalins Herrschaft der Gewalt, München 2012, S. 509–511, hier S. 510.
[6] Rechenschaftsbericht des Zentralkomitees der KPdSU an den 20. Parteitag. Referat von Nikita S. Chruschtschow, gehalten am 14. Februar 1956, Berlin (Ost) 1956, S. 138.
[7] Ebd.
[8] Schriftliche Mitteilung N. S. Chruščëvs an das Präsidium des ZK der KPdSU vom 19.1.1954, in: Regional’naja politika N. S. Chruščëva. ZK KPSS i mestnye partijnye komitety 1953–1964gg. [Die Regionalpolitik Nikita Chruščëvs. Das ZK der KPdSU und die örtlichen Parteikomitees 1953–1964], hg. v. Oleg V. Chlevnjuk u. a., Moskau 2009, S. 100–103.
[9] Siehe Yoram Gorlizki: Party Revivalism and the Death of Stalin, in: Slavic Review 54 (1995), H. 1, S. 1–22, hier S. 4–6.
[10] Bericht des stellvertretenden Leiters der Abteilung für Partei-, Gewerkschafts- und Komsomolangelegenheiten beim ZK der KPdSU, Ja. V. Storožev, an N. S. Chruščëv vom 15.1.1953, in: Regional’naja politika (Anm. 8), S. 92–100.
[11] Ilʼja Ėrenburg: Ottepelʼ, Moskau 1954 (dt. Übersetzung: Tauwetter, Berlin 1957); Vladimir Dudincev: Ne chlebom edinym, Moskau 1956 (dt. Übersetzung: Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, Hamburg 1957).
[12] Die Geheimrede Chruschtschows. Über den Personenkult und seine Folgen, Berlin 1990, S. 74.
[13] Ebd.
[14] Siehe Jörg Baberowski: Wege aus der Gewalt. Nikita Chruschtschow und die Entstalinisierung 1953–1964, in: Ulrich Bielefeld/Heinz Bude/Bernd Greiner (Hg.): Gesellschaft – Gewalt – Vertrauen. Jan Philipp Reemtsma zum 60. Geburtstag, Hamburg 2012, S. 401–437, hier S. 421.
[15] Bericht des ZK-Sekretärs M. A. Suslov an das Präsidium des ZK der KPdSU [vor dem 14. 9. 1957], in: Regional’naja politika (Anm. 8), S. 117–119. Beschluss des Zentralkomitees der KPdSU vom 14. Februar 1957, in: Boris Meissner: Russland unter Chruschtschow, München 1960, S. 284–288. Zu Chruščëvs Politik der Dezentralisierung siehe Merl: Entstalinisierung, Reformen und Wettlauf der Systeme (Anm. 1), S. 228–232; William J. Thompson: Industrial Management and Economic Reform under Khrushchev, in: William Taubman/Sergej Khrushchev/Abbott Gleason (Hg.): Nikita Khrushchev, New Haven/London 2000, S. 138–159.
[16] Stephan Merl: Politische Kommunikation in der Diktatur. Deutschland und die Sowjetunion im Vergleich, Göttingen 2012, S. 82–100; ders.: Political Communication under Khrushchev. Did the Basic Modes Really Change after Stalin’s Death?, in: Thomas M. Bohn/Rayk Einax/Michel Abeßer (Hg.): De-Stalinisation reconsidered. Persistence and Change in the Soviet Union, Franfurt a. M./New York 2014, S. 65–92.
[17] Rede Chruščëvs auf der Parteiversammlung der Fabrik Nr. 23 am 11. 8. 1955, in: Nikita Sergeevič Chruščëv – Dva cveta vremeni. Dokumenty iz ličnogo fonda N. S. Chruščëva [Nikita Sergeevič Chruščëv – Zwei Farben der Zeit. Dokumente aus dem persönlichen Bestand Nikita Chruščëvs], hg. v. Natal’ja G. Tomlinina, 2 Bde., Moskau 2009, Bd. 1, S. 549–556, hier S. 555.
[18] Zur Genese der Geheimrede siehe Vladimir P. Naumov: Zur Geschichte der Geheimrede N. S. Chruščevs auf dem XX. Parteitag der KPdSU, in: Forum für osteuropäische Ideen- und Zeigeschichte 1 (1997), H. 1, S. 137–177.
[19] Jörg Baberowski deutet die Entstalinisierung als ein »moralisches Projekt« und die Geheimrede Chruščëvs als eine Befreiung von der moralischen Last seiner Mittäterschaft, siehe Baberowski: Wege aus der Gewalt (Anm. 14), S. 406 und S. 412 f. Nach Stephan Merl war Chruščëv von reinem Machtkalkül getrieben und habe den Betroffenen lediglich gemimt, siehe Stephan Merl: Berija und Chruščëv: Entstalinisierung oder Systemerhalt? Zum Grunddilemma sowjetischer Politik nach Stalins Tod, in: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht 52 (2001), S. 484–506, hier S. 494.
[20] Die Geheimrede Chruschtschows (Anm. 12), S. 8 f.
[21] Siehe Susanne Schattenberg: ›Democracy‹ or ›Despotism‹? How the Secret Speech was Translated into Everyday Life, in: Polly Jones (Hg.): The Dilemmas of De-Stalinization. Negotiating Cultural and Social Change in the Khrushchev Era, London/New York 2007, S. 64–79, hier S. 65–69.
[22] Siehe Polly Jones: From the Secret Speech to the Burial of Stalin. Real and Ideal Responses to De-Stalinization, in: dies.: The Dilemmas of De-Stalinization (Anm. 21), S. 41–63, hier S. 44 ff.
[23] Die Geheimrede Chruschtschows (Anm. 12), S. 52.
[24] Siehe Schattenberg: ›Democracy‹ or ›despotism‹ (Anm. 21), S. 68.
[25] Rechenschaftsbericht des ZK der KPdSU an den 20. Parteitag (Anm. 6), S. 132.
[26] Siehe Lorenz Erren: »Selbstkritik« und Schuldbekenntnis. Kommunikation und Herrschaft unter Stalin (1917–1953), München 2008, S. 93–134.
[27] Siehe Schattenberg: ›Democracy‹ or ›despotism‹ (Anm. 21), S. 67.
[28] Siehe Cynthia Hooper: What Can and Cannot Be Said: Between the Stalinist Past and New Soviet Future, in: Slavonic and East European Review 86 (2008), H. 2, S. 306–327, hier S. 314.
[29] Bericht des zweiten Sekretärs des ZK der KP Kasachstans, N. N. Rodionov, an das ZK der KPdSU vom 20.1.1960, in: Regional’naja politika (Anm. 8), S. 186–189.
[30] Bericht der Abteilung Parteiorgane des ZK der Unionsrepubliken an das Sekretariat des ZK der KPdSU vom 5. 8. 1955, in: Regional’naja politika (Anm. 8), S. 74–78; Bericht der Abteilung Parteiorgane des ZK der RSFSR an das Sekretariat des ZK der KPdSU vom 5. 1. 1955, in: ebd., S. 79–81; Bericht des stellvertretenden Leiters der Abteilung Parteiorgane des ZK an den ZK-Sekretär M. M. Sevast’janov vom 15. 11. 1955, in: ebd., S. 81–85; Sitzungsprotokoll des VII. Plenums des Gebietskomitees des Sverdlovsker Komsomol vom 26. 10. 1955, in: Obščestvo i vlast’. Rossijskaja provincija 1917–1985. Sverdlovskaja oblast’. Dokumenty i materialy [Gesellschaft und Macht. Die russische Provinz 1917–1985. Das Sverdlovsker Gebiet. Dokumente und Materialien], Bd. 2: 1941–1985, Ekaterinburg 2006, S. 331–357.
[31] Siehe Hooper: What Can and Cannot Be Said (Anm. 28), S. 322.
[32] Bericht der Abteilung Parteiorgane des ZK der Unionsrepubliken an das ZK-Sekretariat der KPdSU vom 5. 8. 1955, in: Regional’naja politika (Anm. 8), S. 74–78; Bericht des zweiten Sekretärs des ZK der KP Kasachstans, N. N. Rodionov, an das ZK der KPdSU vom 20. 1. 1960, in: ebd., S. 186–189; Rede des ZK-Sekretärs der KP Usbekistans, M. A. Abdurazakov, auf dem ZK-Plenum der KP Usbekistans am 14. 3. 1959, in: ebd., S. 211–222.
[33] Bericht des Ersten Sekretärs des Gebietsparteikomitees (Land) von Penza, L. B. Ermin, an das ZK der KPdSU vom 20. 10. 1964, in: Regional’naja politika (Anm. 8), S. 530 f.
[34] Siehe Rede des Vorsitzenden des Ministerrates der Aserbaidschanischen Sowjetrepublik, V. Ju. Achundov, auf dem ZK-Plenum der Aserbaidschanischen KP am 7. 7. 1959, in: Regional’naja politika (Anm. 8), S. 236–251.
[35] Siehe Bernd Bonwetsch: Die »Leningrad-Affäre« 1949–1951. Politik und Verbrechen im Spätstalinismus, in: Deutsche Studien 28 (1990), S. 306–322; Jelena Subkowa: Kaderpolitik und Säuberungen in der KPdSU (1945–1953), in: Hermann Weber/Ulrich Mählert (Hg.): Terror. Stalinistische Parteisäuberungen 1936–1953, Paderborn u. a. 1998, S. 187–236; Oleg Chlevnjuk: Die sowjetische Wirtschaftspolitik im Spätstalinismus und die »Affäre Gosplan«, in: Osteuropa 50 (2000), S. 1031–1047; Yoram Gorlizki/Oleg Khlevniuk: Cold Peace. Stalin and the Soviet Ruling Circle, 1945–1953, Oxford 2004.
[36] Siehe Oleg V. Chlevnjuk: Regional’naja vlastʼ v SSSR v 1953 – konce 1950-ch godov. Ustrojčivostʼ i konflikty [Die regionale Macht in der UdSSR von 1953 bis Ende der 1950er-Jahre. Widerstandsfähigkeit und Konflikte], in: Otečestvennaja istorija (2007), H. 3, S. 31–49; Nikolai Mitrokhin: The Rise of Political Clans in the Era of Nikita Khrushchev, in: Jeremy Smith/Melanie Ilic (Hg.): Khrushchev in the Kremlin. Policy and Government in the Soviet Union, 1953–1964, London/New York 2011, S. 26–40, hier S. 26.
[37] Siehe Brief des ZK der KPdSU an die ZK der Unionsrepubliken, der Kreis-, Gebiets-, Stadt- und Rajonskomitees vom 20. 1. 1959, in: Regional’naja politika (Anm. 8), S. 181–185.
[38] Ebd.
[39] Rechenschaftsbericht des ZK der KPdSU an den 20. Parteitag (Anm. 6), S. 130.
[40] Bericht des Ersten Parteisekretärs des Rjasaner Gebietskomitees, K. N. Grišin, an das Büro das ZK der KPdSU [nicht früher als der 28. 11. 1960], in: Regional’naja politika (Anm. 8), S. 261–264; Bericht des stellvertretenden Leiters der landwirtschaftlichen Abteilung des ZK der KPdSU, P. Semenov, an das Büro des ZK der KPdSU vom 28. 11. 1960, in: ebd., S. 265–272; Sitzungsprotokoll des Büros des ZK der KPdSU vom 2./3. 12. 1960, in: ebd., S. 272–311. Zur Genese und Funktionsweise des mehrere Hundert Personen umfassenden Netzwerkes in Rjazan siehe Yoram Gorlizki: Scandal in Riasan. Networks of Trust and the Social Dynamics of Deception, in: Kritika 14 (2013), H. 2, S. 243–278.
[41] Rede des Abteilungsleiters für Parteiorgane des ZK der KPdSU, M. T. Efremov, auf dem Plenum des Kirover Gebietsparteikomitees am 12. 2. 1961, in: Regional’naja politika (Anm. 8), S. 311–319; Bericht des Instrukteurs der Abteilung für Parteiorgane des ZK für die Unionsrepubliken, F. Arzumanjan, an das ZK der KPdSU [nicht früher als der 8. 3. 1961], in: ebd., S. 319–325; Bericht des Ersten Parteisekretärs des Rostover Gebietsparteikomitees, A. V. Basov, an das ZK der KPdSU vom 15. 3. 1961, in: ebd., S. 326–329; Bericht des Ersten Sekretärs des Vladimirer Gebietsparteikomitees, M. M. Majorov, an das ZK der KPdSU vom 29. 3. 1961, in: ebd., S. 329–332; Bericht des verantwortlichen Kontrolleurs des Komitees für Parteikontrolle beim ZK der KPdSU, S. A. Vologžanin, [nicht früher als der 31. 3. 1961], in: ebd., S. 332–339; Bericht des Instrukteurs der Abteilung für Parteiorgane der ZK der Unionsrepubliken und des Instrukteurs der landwirtschaftlichen Abteilung der ZK der Unionsrepubliken an das ZK der KPdSU vom 3. 4. 1961, in: ebd., S. 339–344; Bericht des Leiters der Zentralen Statistikverwaltung der UdSSR, V. N. Starovskij, an den Ministerrat der UdSSR vom 3. 4. 1961, in: ebd., S. 344–353; Rede des Inspekteurs des ZK der KPdSU, I. G. Kovalʼ, auf dem ZK-Plenum der KP Tadschikistans am 11. 4. 1961, in: ebd., S. 353–365; Bericht des Generalstaatsanwalts der UdSSR, R. A. Rudenko, an das ZK der KPdSU vom 24. 6. 1961, in: ebd., S. 365–368.
[42] Siehe Anordnung des Büros des ZK der KPdSU vom 1. 11. 1969, in: Regional’naja politika (Anm. 8), S. 251–254; anonymer Brief an N. S. Chruščëv vom 26. 11. 1960, in: ebd., S. 254–261.
[43] Siehe Alena V. Ledeneva: Russia’s Economy of Favours. Blat, Networking and Informal Exchange, Cambridge 1998, S. 25–27.
[44] Hierzu sind zahlreiche Beispiele überliefert, siehe u. a.: Bericht des Sekretärs des Penzaer Gebietsparteikomitees, S. M. Butuzov, und des Vorsitzenden des Penzaer Volkswirtschaftsrats, L. L. Terent’ev, an den ZK-Sekretär A. B. Aristov vom 21. 5. 1959, in: Regional’naja politika (Anm. 8), S. 369–370; Bericht des Vorsitzenden des Ministerrats der RSFSR, D. S. Poljanskij, an N. S. Chruščëv vom 31. 7. 1959, in: ebd., S. 370–375; Bericht des Leiters der Zentralen Statistikverwaltung, V. N. Starovskij, an den Ministerrat der UdSSR vom 6. 10. 1959, in: ebd., S. 375–404; Bericht des Leiters der Zentralen Statistikverwaltung, V. N. Starovskij, an den Ministerrat der UdSSR vom 28. 11. 1959, in: ebd., S. 404–410; Bericht des Vorsitzenden des Rostover Volkswirtschaftsrates, P. Abroskin, an den stellvertretenden Vorsitzenden des Ministerrats der UdSSR, A. N. Kosygin, vom 29. 12. 1959, in: ebd., S. 410–414; Bericht des Vorsitzenden des Ministerrats der RSFSR, D. S. Poljanskij, und des Vorsitzenden der Kontrollkommission des Ministerrates der UdSSR, G. V. Enjutin, vom 22. 3. 1961, in: ebd., S. 415–417; Bericht der Abteilung für Parteiorgane des ZK der Unionsrepubliken an das Sekretariat des ZK der KPdSU vom 26. 6. 1961, in: ebd., S. 418–424; Bericht des Staatsanwaltes der RSFSR, B. V. Kravcov, an das Büro des ZK der KP der RSFSR vom 15. 9. 1962, in: ebd., S. 424–427. Siehe zu diesem Phänomen auch Thompson: Industrial Management (Anm. 15), S. 142.
[45] Rede des ZK-Sekretärs der KP Usbekistans, M. A. Abdurazakov, auf dem ZK-Plenum der KP Usbekistans am 14. 3. 1959, in: Regional’naja politika (Anm. 8), S. 211–222.
[46] Siehe Bericht der ZK-Kommission und des Komitees für Parteikontrolle an das ZK-Sekretariat der KPdSU vom 8.6.1959, in: Regional’naja politika (Anm. 8), S. 223–232.
[47] Siehe Bericht des ZK der KP Lettlands an das ZK der KPdSU vom 15.12.1960, in: Regional’naja politika (Anm. 8), S. 233–235.
[48] Siehe Rede des Vorsitzenden des Ministerrats der Aserbaidschanischen SSR, V. Ju. Achundov, auf dem ZK-Plenum der KP Aserbaidschans am 7. 7. 1959, in: Regional’naja politika (Anm. 8), S. 236–551.
[49] Siehe Alexander Titov: The 1961 Party Programme and the Fate of Khrushchev’s Reforms, in: Melanie Ilic/Jeremy Smith (Hg.): Soviet State and Society under Nikita Khrushchev, London/New York 2009, S. 8–25; William A. Clark: Khrushchev’s ›Second‹ First Secretaries. Career Trajectories after the Unification of Oblast Party Organisations, in: Kritika 14 (2013), H. 2, S. 279–312.
[50] Siehe Alexander Titov: The Central Committee apparatus under Khrushchev, in: Jeremy Smith/Melanie Ilic (Hg.): Khrushchev in the Kremlin. Policy and Government in the Soviet Union, 1953–1964, London/New York 2011, S. 41–60, hier S. 54–56.
[51] Siehe Merl: Entstalinisierung, Reformen und Wettlauf der Systeme (Anm. 1), S. 250 f.
[52] Zum Führungsstil Brežnevs siehe Susanne Schattenberg: Leonid Breschnew. Staatsmann und Schauspieler im Schatten Stalins, Köln/Weimar/Wien 2017, S. 295–326.
[53] Siehe John P. Willerton: Patronage and Politics in the USSR, Cambridge 1992; Yoram Gorlizki: Too much Trust. Regional Party Leaders and Local Political Networks under Brezhnev, in: Slavic Review 69 (2010), H. 3, S. 676–700; Susanne Schattenberg: Trust, Care, and Familiarity in the Politburo. Brezhnev’s Scenario of Power, in: Kritika 16 (2015), H. 4, S. 835–858.
[54] Siehe Archie Brown: Der Gorbatschow-Faktor. Wandel einer Weltmacht, Frankfurt a. M., Leipzig 2000, S. 212–215; Helmut Altrichter: Russland 1989. Der Untergang des sowjetischen Imperiums, München 2009, S. 23–29; William Taubman: Gorbatschow. Der Mann und seine Zeit. Eine Biographie, München 2018, S. 291–303.
[55] Siehe Merl: Entstalinisierung, Reformen und Wettlauf der Systeme (Anm. 1), S. 215–225.