[0] Als er 1954 aus dem Dienst entlassen wurde, arbeitete Nikolaj Kovalʼčuk seit über 20 Jahren für die sowjetische Geheimpolizei. Er hatte nicht nur im sowjetischen Russland und der Ukraine, sondern auch in den baltischen Staaten gedient, kurz nachdem diese an die Sowjetunion angegliedert worden waren. Außerdem hatte er zum NKWD-Beraterapparat in Polen und Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg gehört. Der 1902 in Kiew geborene Kovalʼčuk hatte nur zwei Jahre die Oberschule besucht, bevor er zur örtlichen Miliz ging. Von November 1926 bis April 1932 versah er seinen Dienst in der Roten Armee. Während dieser Zeit trat er im November 1927, im Alter von 25 Jahren, der KPdSU bei, nachdem die Niederlage Trotzkis Stalins Position als Diktator gesichert hatte. Kovalʼčuk gehörte zu den Hunderttausenden junger Rekruten, die zwischen 1924 und 1928 in die Partei eintraten. Die Mitgliederzahl der KPdSU wuchs in dieser Zeit von 472 000 auf 1 304 471 an.[1] Im April 1932 wurde Kovalʼčuk für den NKWD rekrutiert, in dem er während des »Großer Terrors« ab 1936 rasch Karriere machte. Im Zweiten Weltkrieg war er beim militärischen Nachrichtendienst der 4. Ukrainischen Front und erlangte den Rang eines Generalleutnants. Ab 1945 arbeitete er an zahlreichen Orten, um Sicherheitsoperationen in den Gebieten zu überwachen, die neu an die Sowjetunion angegliedert wurden bzw. zunehmend unter deren Einfluss standen. Er wirkte als leitender NKWD-Berater im sowjetisch besetzten Deutschland (August 1946–August 1949) und in Polen (Juni 1953–Juli 1953), war in der Ukraine (August 1949–September 1952) und in Lettland (Februar 1953–Mai 1953) stationiert, bevor er seine Karriere in der russischen Stadt Jaroslawl (September 1953–Mai 1954) beendete.[2]
Kovalʼčuks Karriereweg war für einen hochrangigen NKWD-Beamten jener Zeit nicht ungewöhnlich. Eine Untersuchung, welche die Werdegänge von NKWD-Sicherheitsberatern, die nach 1945 in Europa ihren Dienst taten, analysiert hat, zeigt, dass Kovalʼčuk zu einer Generation von Beamten gehörte, die in einem Kontinuum von Krieg und Revolution ausgebildet und befördert worden waren, das die Sowjetunion zwischen dem russischen Bürgerkrieg und dem Zweiten Weltkrieg bis ins Mark erschüttert hatte. Sie hatten hohe Posten inne (die meisten trugen den Titel eines Obersts oder Generals), da die Mehrheit von ihnen während des Großen Terrors und des Zweiten Weltkriegs nicht gezögert hatte, Feinde zu verhaften und ihre Loyalität gegenüber Stalin durch Terror und Gewalt im Inland zu beweisen. Wie Kovalʼčuks Werdegang zeigt, stellten zwei Epochen, die in der Wissenschaft üblicherweise getrennt betrachtet werden – der Große Terror und der Zweite Weltkrieg –, für diejenigen, die sie erlebt hatten, in Wirklichkeit einen kontinuierlichen Zeitraum dar. Als die sowjetischen Sicherheitsberater nach Osteuropa kamen, um den Aufbau der Geheimpolizeien in den neuen kommunistischen Staaten Ostdeutschland, Tschechoslowakei, Polen, Rumänien, Bulgarien, Ungarn und Albanien zu unterstützen, brachten sie ihre konspirative Weltanschauung, ihren operativen und politischen Sprachgebrauch, ihre Vorstellungen von sozialen und politischen Feinden, ihre Auffassung von angemessenen Polizeimethoden und der Berechtigung von Recht und Beweisen mit, die aus dem Terror in der Sowjetunion heraus entstanden und geprägt worden waren. Der Große Terror warf lange Schatten, nicht nur in der Sowjetunion, sondern weltweit bis in die 1950er-Jahre und darüber hinaus.
Die NKWD-Berater kamen mit der durch den Terror und den Sieg im Zweiten Weltkrieg gefestigten Überzeugung nach Europa, dass ihre Version des Kommunismus die beste für alle Länder sei. Sie hegten ein tiefes Misstrauen gegenüber Außenstehenden, insbesondere Deutschen, Polen und Juden – Gruppen, die während des Terrors als Feinde des Sowjetstaates ins Visier geraten waren. Sie waren davon überzeugt, dass eine echte Revolution Gewalt gegen Klassenfeinde und die Rekrutierung von Arbeitern für die höchsten Positionen in Staat und Partei erforderte – so hatten sie es auch zu Hause erlebt.[3] Doch eben diese Eigenschaften und Praktiken, welche die sowjetischen Sicherheitsoffiziere und Berater während Krieg und Terror verinnerlicht hatten, untergruben in vielerlei Hinsicht den Einfluss und die politische Macht der Sowjetunion im Ausland.
Während in der Literatur über die Sowjetisierung Osteuropas und der baltischen Staaten das sowjetische Modell nur selten näher erläutert wird, wirft das Leben der Männer, die es nach Europa brachten, ein Licht auf die in Krieg, Revolution und Terror geschmiedete Version des Kommunismus, welche die Sowjetunion nach dem Zweiten Weltkrieg weltweit exportierte. NKWD-Sicherheitsberater mit einem ähnlichen Hintergrund wie Kovalʼčuk halfen bei der Beratung und Ausbildung von Sicherheitskräften in Albanien, Bulgarien, Ungarn, China, der Mongolei, Rumänien und Nordkorea.[4] Das Thema Sicherheit war ein weites Feld. Am Beispiel Chinas im Jahr 1950 wird deutlich, was alles dazugehörte: die Bekämpfung von Untergrund-Radiostationen, die Grenzüberwachung, der Aufbau einer Miliz und die Entwicklung von neuen Technologien.[5] Ein Dokument aus der Tschechoslowakei, ebenfalls aus dem Jahr 1950, belegt weitere Aufgabengebiete, wie den Aufbau von Abteilungen für Spionageabwehr, den »Kampf gegen Spionage, Subversion und Industriesabotage« sowie die Organisation eines Zettelkataloges und den Aufbau einer Archivabteilung.[6] Die von den Sowjets ausgebildeten Beamten trugen ihrerseits dazu bei, den Sozialismus und sein Sicherheitsmodell während des Kalten Krieges in Ländern Lateinamerikas, Afrikas und Asiens zu verbreiten. Wie Kovalʼčuks »Pilgerfahrt« von Russland in die Ukraine, das Baltikum, nach Ostmitteleuropa und wieder zurück zeigt, waren die Länder und Gebiete unter sowjetischem Einfluss nicht nur durch ihre Ideologie miteinander verbunden, sondern auch durch gemeinsame Beamte, die die Praktiken vereinheitlichten. Die sowjetische Innenpolitik war eng mit der Politik des sozialistischen Weltreichs verbunden.
Die sowjetischen Berater übernahmen vor allem in Sicherheitsfragen eine unterstützende Funktion. Daneben halfen sie aber auch bei Fragen zu Wirtschaft, Militär, Kultur, in Zusammenhang mit der Kommunistischen Partei sowie in den Bereichen Technik, Technologie und Infrastruktur. Wie Norman Naimark für Deutschland zur Zeit der sowjetischen Besatzung untersucht hat, trugen nicht nur die Ideologie, sondern auch die Erfahrungen der sowjetischen Berater mit der Neuen Wirtschaftspolitik, dem ersten Fünfjahresplan, dem sozialistischen Realismus und der Kollektivierung dazu bei, die Grundzüge des Staatsaufbaus in Deutschland festzulegen.[7] Elena Zubkova und Jan Gross haben auf die Ähnlichkeit der »Sowjetisierung« im Ausland, sei es in Osteuropa oder in den baltischen Staaten, mit den Kampagnen gegen Eliten und gesellschaftlich schädliche Elemente in der Sowjetunion hingewiesen.[8] Neuere Studien über sowjetische Berater in den Bereichen Wirtschaft und Technik haben gezeigt, dass sowjetische und lokale Interessen in Ländern wie Albanien und China, die sich selbst als wirtschaftlich rückständig betrachteten, einander oft mehr als nur ähnelten.[9] Während diese Studien auf Übereinstimmungen zwischen der sowjetischen Politik und dem System, das sie ins Ausland exportierten, hinweisen, hat sich bisher noch keine Studie mit dem Werdegang der Berater selbst beschäftigt, die in osteuropäischen Dokumenten oft als schattenhafte Figuren hinter den Kulissen erscheinen. Dieser Artikel möchte einen Beitrag dazu leisten, diese Lücke zu schließen.
I. Der Bürgerkrieg und der Große Terror als prägende Erfahrung
Zu Lebzeiten der Männer, die als NKWD-Berater in Ostmitteleuropa tätig waren, hatte sich Russland im Laufe eines Bürgerkrieges von einer Autokratie zu einer Diktatur entwickelt. Der politische Pluralismus in Russland war 1918 zerstört worden, als die Bolschewiki die Menschewiki und die Sozialrevolutionäre verboten hatten. Die ersten freien Wahlen, die viele der Berater miterleben (und mitgestalten) sollten, fanden in Nachkriegsdeutschland statt.[10] Für viele dieser Männer hatte ihre Karriere in der Roten Armee begonnen. Junge Männer, die während des Stalinismus aufstiegen, wurden oft weniger von der Revolution als vielmehr vom Bürgerkrieg und ihren Erfahrungen mit Gewalt, Feinden und militärischer Disziplin geprägt.[11]
Viele von ihnen traten der Geheimpolizei bei, als die Organisation ihre Reihen und Befugnisse während der Kollektivierungsmaßnahmen des ersten Fünfjahresplans erweiterte und für Klassenkämpfe, Massenverhaftungen sowie die Deportation von Bauern verantwortlich war.[12] Ihr beruflicher Aufstieg fiel häufig mit dem Großen Terror zwischen 1936 und 1938 zusammen, in dem schätzungsweise 800 000 Sowjetbürger hingerichtet wurden.[13] Es war üblich, dass junge NKWD-Beamte ab 1937 sehr schnell befördert wurden, als die Rede von »Spionen«, »Feinden« und »konspirativen Verschwörungen« Zeitungen, Parteitage, die Volkskultur insgesamt sowie die exponentiell wachsenden NKWD-Akten beherrschte.[14] Zwischen 1937 und 1938 wurden täglich durchschnittlich 2200 Verhaftungen und 1000 Hinrichtungen vorgenommen,[15] die Befugnisse und Zuständigkeiten der Geheimpolizei wuchsen enorm.[16] Die Entscheidung, in den späten 1930er-Jahren in den NKWD einzutreten oder dort aufzusteigen, bedeutete, wie Lynne Viola hervorhebt, ein »apokalyptisches Denken und eine konspirative Weltsicht anzunehmen, die aus Krieg, Revolution, militaristischer Sprache und Bürgerkrieg erwuchs [...]«.[17] Die Beteiligung an der Gewalt wurde mit staatlichen Auszeichnungen, Beförderungen und Gehaltserhöhungen belohnt.[18] Obwohl der NKWD am Ende des Terrors selbst Massenverhaftungen ausgesetzt war, wuchs die Institution insgesamt und verfügte im Frühjahr 1938 über eine Million Beamte. Dies bedeutete auch eine Aufstockung des Personals in den zentralen und regionalen Organen, deren Größe sich verdoppelte, da die Mitarbeiter der Zivilpolizei, der Bahnpolizei und des Gulag nun ebenfalls dem NKWD zugerechnet wurden.[19]
Diese Entwicklungen bildeten den Nährboden für eine tief verankerte Paranoia in der Organisation. Während einige interne Feinde nach Klassen- oder Volkszugehörigkeit definiert wurden, waren andere gerade in den Institutionen tätig, die die Feinde bekämpfen sollten: NKWD, Kommunistische Partei, Justiz und Staatsanwaltschaft.[20] Die Verhaftung des NKWD-Chefs Nikolaj Ežov im Jahr 1938 löste einen Generationenumbruch im NKWD aus: In der Folge wurden 7372 Offiziere (22 Prozent aller operativen Mitarbeiter) aus dem Dienst entlassen, verhaftet oder hingerichtet und von 14 506 Rekruten ersetzt.[21] Diese Kampagne veränderte das soziale Profil der Institution, da die meisten unter den Neuen junge Russen waren, die aus der Arbeiterklasse oder aus Bauernfamilien stammten. Juden und Polen, vorherrschende Gruppen in der revolutionären Tscheka, wurden fast alle aus dem Dienst entlassen.[22] Die meisten der Männer, die nach 1945 im NKWD dienten, teilten diese grundlegende Erfahrung der Veränderung.
Auch General Ivan Serov hatte zwischen 1928 und 1934 in der Roten Armee gedient. Er trat dem NKWD 1939 bei, als Tausende andere aus dem Dienst entlassen wurden.[23] Er erwies sich als höchst motiviert, die feindlichen Aktivitäten der ehemaligen Sicherheitselite zu »enttarnen«.[24] Zwischen den Jahren 1939 und 1941 war er zunächst in den baltischen Staaten und Ostpolen eingesetzt. 1944 überwachte er die Deportation der Krimtataren.[25] Vom 6. März 1945 bis zum 27. April 1945 war er als Chefberater des NKWD in Polen und vom 4. Juli 1945 bis zum 24. Februar 1947 im sowjetisch besetzten Deutschland. Serovs Werdegang zeigt beispielhaft, welche Auswirkungen die einschneidende personelle Umstrukturierung über zwei Jahrzehnte auf die Geschichte der Institution hatte. Die Umbrüche im NKWD-Personal bedeuteten, dass diejenigen, die neu hinzukamen, Zeugen von Verhaftungen, Folterungen und Hinrichtungen ihrer Vorgesetzten und Vorgänger wegen »unzureichender Wachsamkeit« wurden oder daran teilnahmen – eine Erfahrung, die sie davon abhalten sollte, dieselben »Fehler« zu begehen. Der Große Terror hinterließ auch auf andere Weise seine Spuren in der Organisation. Der Begriff »sozialschädliches Element« wurde eingeführt: Der berüchtigte Befehl 00447 vom 30. Juli 1937 hatte zur Folge, dass 767 397 Sowjetbürger verurteilt und 386 798 von ihnen gemäß den zentralen Quoten hingerichtet wurden.[26]
Ab 1936, als den NKWD Berichte darüber erreichten, dass Spione und Saboteure in die UdSSR eingedrungen seien, die sich als »politische Emigranten und Mitglieder der Bruderparteien getarnt« hätten, bahnte sich eine tiefe Fremdenfeindlichkeit ihren Weg, die in Verhaftungen und Hinrichtungen von Ausländern und der personellen Dezimierung der Kommunistischen Internationale gipfelte.[27] Von der Kaderabteilung der Komintern erhielt der NKWD Hinweise auf über 3000 auf dem Gebiet der UdSSR lebende ausländische Kommunisten. Laut diesen Informationen könne man sich nicht auf die ausländischen Kommunisten verlassen, unter ihnen seien vermutlich »Spione«, »Provokateure« und »Unruhestifter«.[28] Etwa 40 Prozent der zwischen August 1937 und November 1938 in den Kampagnen gegen nationale Minderheiten Verhafteten waren Polen, von denen zwischen 54 000 und 67 000 erschossen wurden.[29] Die Organisation verhaftete 144 000 ethnische Polen und richtete 110 000 von ihnen hin. In den Augen des NKWD waren die Polen eine feindliche Nation, eine Tatsache, die die Einstellung der Agenten nach dem Krieg zwangsläufig beeinflusste. Wie Ivan Serov in einer Notiz an Lavrentij Berija erklärte, misstraute er selbst polnischen Agenten auf der eigenen Seite, da er glaubte, dass die Institution von Agenten der polnischen Heimatarmee (Armia Krajowa, AK) unterwandert sei, die darauf abzielten, »allgemeine Operationen zu stören«.[30] Für die Mitglieder der Kommunistischen Partei Polens gab es kaum Anlass, dem NKWD zu trauen, der viele ihrer Anhänger ermordet hatte.[31] Hunderte von Aktivisten der Kommunistischen Partei Polens waren während des Terrors verhaftet worden, darunter alle Mitglieder des Politbüros.[32] Auch Volksdeutsche gerieten ins Visier des NKWD, insbesondere im Rahmen des NKWD-Befehls 00439: »Operation zur Ergreifung von Repressivmaßnahmen an deutschen Staatsangehörigen, die der Spionage gegen die UdSSR verdächtig sind«. Während des Terrors wurden etwa 55 000 Deutsche verhaftet und 42 000 hingerichtet.[33] 41 der 68 deutschen Kommunisten, die vor Hitler in die UdSSR geflüchtet waren, wurden hingerichtet, darunter sieben Mitglieder des deutschen Politbüros von vor 1933.[34]
Die NKWD-Berater trugen auch einen besonderen Wortschatz nach Ostmitteleuropa. Dieser war bestimmt von Begriffen wie »Spion«, »Geständnis«, »Volksfeind«, »Komplott«, »Verschwörung«, »versteckte Feinde« oder »Verwurzelung im feindlichen Milieu« (внедрятся во вражескую среду) und hatte die Berater in den späten 1930er-Jahren geprägt. Insbesondere der zuletzt genannte Begriff war ein Abbild ihrer operativen Methoden. Mit ihm wurden langfristige Operationen bezeichnet, bei denen Agenten das Privatleben und das soziale Milieu von Verdächtigen infiltrierten. Auch die Bezeichnung »Trotzkist« wurde in Europa wieder eingeführt. Als die Kräfte der osteuropäischen Geheimpolizei angewiesen wurden, Einheiten zur Aufdeckung von Trotzkisten zu bilden, sorgte dies manchmal für Verwirrung, da Trotzki in den kommunistischen Bewegungen schon lange keinen Einfluss mehr hatte.[35] In 72 Prozent der Fälle, die von sowjetischen Militärtribunalen in Ostdeutschland verhandelt wurden, wurden die Angeklagten nach Artikel 58 des sowjetischen Strafgesetzbuches angeklagt, der die Verhaftung von Personen ermöglichte, die an konterrevolutionären Aktivitäten beteiligt waren. Straftatbestände wie »Sabotage«, »Agitation« und »Konterrevolution« wurden in Ostdeutschland neu eingeführt.[36] Ähnlich verhielt es sich auch in den baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen, die 1940 und 1941 gewaltsam von der Sowjetunion annektiert wurden. Hier wurde der NKWD angewiesen, in den ersten Monaten der sowjetischen Besatzung »konterrevolutionäre Elemente« zu enttarnen.[37]
Die Berichte von NKWD-Beamten über die Wahlen deuten darauf hin, dass sie diese mit allem anderen als einem friedlichen Wettbewerb zwischen politischen Parteien verbanden. Dimitri Nikitin, ein leitender NKWD-Berater in Deutschland, der 1926 in die OGPU eingetreten und ab 1939 schnell befördert worden war, beschrieb seine Beobachtungen des Vorwahlkampfes im sowjetisch besetzten Deutschland im Jahr 1946 mit Worten, die eher an einen Bürgerkrieg als an einen Wahlkampf erinnern.[38] Da er die Politik der KPD und der sowjetischen Besatzungsbehörden für richtig hielt, empfand er Kritik daran als einen staatsfeindlichen Akt. Für ihn waren Wahlen ein Kampf zwischen Richtig und Falsch, zwischen der »richtigen« und der »feindlichen« Seite, zwischen fortschrittlichen und reaktionären Kräften. Die Christlich Demokratische Union (CDU), so behauptete er, betreibe »offen Propaganda gegen die Sozialistische Einheitspartei, um die Bevölkerung zu täuschen und eine Mehrheit bei den Wahlen zu erreichen«. Er hielt fest, dass seine Agenten (die, wie aus dem Bericht hervorgeht, diese Parteien infiltriert hatten) eine Gruppe ehemaliger Sozialdemokraten aufgedeckt hätten, die geheime Treffen abhielten, um einen Kampf gegen die Sozialistische Einheitspartei (SED) zu führen.[39] Er interpretierte ein Treffen in der Wohnung eines SPD-Kandidaten als Verschwörung. Versuche nichtkommunistischer politischer Parteien, Wahlstrategien zu entwerfen, wurden sogleich als Konspiration dargestellt. Kritik an der Staatspolitik vonseiten der CDU und der FDP galt per se als »feindliche Äußerung«, welche die SED »kompromittierte« oder »reaktionäre« Standpunkte zum Ausdruck brachte.[40]
Die sowjetischen Berater sahen ihre Aufgabe grundsätzlich darin, diejenigen zu entlarven, die die Umsetzung des sowjetischen Modells verhinderten. Der Widerwille der örtlichen Bevölkerung, den Terror mitzutragen oder Ermittlungen von hochrangigen Beamten abzuwenden, wurde als Beweis für subversive Aktivitäten gedeutet. Dies war auch in der Tschechoslowakei der Fall, als die NKWD-Berater Michail Lichačёv und Nikolaj Makarov dort im Herbst 1949 eintrafen. Lichačёv war 1913 als Sohn einer armen Bauernfamilie geboren worden und trat Ende 1935 in den NKWD ein. In den Jahren 1938 bis 1945 machte er in der Organisation Karriere.[41] Makarov trat im Oktober 1929 in die OGPU und 1935 in den NKWD ein.[42] Bevor er vom 25. Dezember 1951 bis zum 22. Juni 1954 nach Ostdeutschland entsandt wurde, tat er in der Tschechoslowakei Dienst. Die Eindrücke, welche die beiden in der Tschechoslowakei gewannen, werden in einem Bericht vom März 1950 deutlich. In Prag leisteten sie »Hilfe« bei Ermittlungen und sammelten »Beweise für feindliche Aktivitäten unter hochrangigen Mitgliedern der tschechoslowakischen Regierung«.[43] Sie »bestätigten«, dass der ehemalige Außenminister und slowakische Staatsbürger Vladimír Clementis im Rahmen einer bürgerlich-nationalistischen Verschwörung subversiv tätig gewesen sei. Sie waren der Ansicht, dass der Fall Clementis beweise, dass man den lokalen Sicherheitskräften nicht trauen könne, hätten diese ihn doch nicht aufgedeckt. Lichačёv und Makarov äußerten sich besorgt über das Militär, das durch »reaktionäre Elemente« »verseucht« sei – eine Analyse, die angesichts der Rolle des NKWD bei der Aufdeckung subversiver Aktivitäten in der Roten Armee im eigenen Land nicht überrascht.
Die Annahme, dass sich Feinde oder »unerwünschte Elemente« in den kommunistischen Parteien, dem Militär und den staatlichen Institutionen versteckt hielten, galt als selbstverständlich. Die Berater waren dazu da, »subversive Aktivitäten« (подрывная деятельность) und »feindliche Komplotte« (раскрывать замыслы врага) aufzudecken. Institutionen in Europa wurden als durch Feinde »verseucht« (засоренный) bezeichnet. In Deutschland seien sie durch ehemalige Nazis »verseucht«, in der Tschechoslowakei durch nichtkommunistische politische Parteien. Abhilfe könne nur geschaffen werden, indem Tausende von Mitarbeitern ausgeschlossen würden – eine Haltung, die dem allgemeinen Bestreben der Entnazifizierungskampagnen der Nachkriegszeit entsprach. Die NKWD-Berichte waren gespickt mit Beschreibungen über »unzuverlässige Elemente« (ненадежные элементы), ein Begriff, mit dem lokale Beamte bezeichnet wurden, die sich kommunistischen Parteien angeschlossen hatten, sich aber – nach Meinung der Sowjets – nicht voll und ganz der Sache verschrieben hatten. Die Einbettung einer solchen Sprache in die sowjetische Erfahrung – sowohl die Fachterminologie des NKWD als auch die Sprache, die auf Begriffen wie »Feind« und »Verschwörung« basierte und damals den öffentlichen Diskurs beherrschte – machte die Übertragung des Begriffs »Bolschewik« auf die neuen Länder zu einem schwierigen Unterfangen.[44] Da es für Begriffe, die während des Großen Terrors in der Sowjetunion entstanden waren, in anderen Ländern kaum lokale Entsprechungen gab, wurde eine Flut von Russizismen in die offizielle Terminologie der europäischen Kommunisten übernommen. Die Sprache sorgte dafür, dass die Differenzen zwischen den Sowjets und den Einheimischen in gewisser Weise anhielten.[45] Derartige Probleme traten auch in den baltischen Staaten auf, wo die Konflikte um die Sprache politischen Ursprungs waren und anhaltende Differenzen zwischen den Einheimischen und den Russischsprachigen schufen, die in Protesten und Widerstandsbewegungen mündeten, die bis zum Zusammenbruch der Sowjetunion fortbestanden.[46]
Wenn man das Russische und insbesondere sein Feind-Vokabular, das typisch für den Stalinismus war, als ein Indiz für die Fremdartigkeit der Sowjetunion nimmt, gilt dies auch für das von den Sowjets importierte Narrativ, das ebenso vom Terror beeinflusst war wie die Institutionen und das Personal der Sowjetunion. Der Terror prägte Stalins »Meistererzählung« über die Sowjetunion und den Weltkommunismus. Die NKWD-Agenten hatten einen russlandzentrierten Kommunismus verinnerlicht, der von »feindlicher Infiltration, Spionen sowie inneren und äußeren Feinden« bedroht war. Da die Geschichte der Kommunistischen Partei der Sowjetunion (Bolschewiki): Kurzer Lehrgang während des Großen Terrors geschrieben wurde – zum Teil, um diesen zu erklären und zu rechtfertigen –, stellte sie den Kampf gegen die Feinde in den Mittelpunkt der kommunistischen Weltsicht.[47] Aus europäischer Sicht etwas befremdlich, wurde die Komintern aus der Geschichte der sozialistischen Revolution herausgeschrieben. Den europäischen Kommunisten konnte das völlige Fehlen von Verweisen auf wichtige europäische Marxisten, die in den 1920er-Jahren zum Aufbau des Weltkommunismus beigetragen hatten, nicht entgehen. Stalin persönlich hatte solche Hinweise aus dem Kurzlehrgang gestrichen, weil eine große Zahl von Komintern-Agenten als Spione und Saboteure hingerichtet worden waren. Mit der Auslöschung der Komintern verlor der Marxismus seine Wurzeln in den europäischen Gesellschaften, Kulturen und nationalen Bewegungen und wurde zu einem ausländischen Exportartikel gemacht.
Obwohl die sowjetischen Berater in der Sprache, der Weltanschauung und dem Narrativ des Terrors verharrten, wurde die in der Sowjetunion in den Jahren 1937/1938 ausgeübte Gewalt in Europa nie reproduziert. Dies lag zum einen an der Zurückhaltung, dem Zögern und dem passiven Widerstand der lokalen kommunistischen Funktionäre; zum anderen daran, dass die Periode des Stalinismus in Europa nicht so lange anhielt wie in der Sowjetunion. Im Gegensatz zu drei Jahrzehnten in der Sowjetunion, dauerte sie hier etwa sechs Jahre (1948–1954). Die Erinnerung an den Terror blieb komplex. Schließlich hatte Stalin selbst die »Exzesse« verurteilt, die örtlichen NKWD-Führer beschuldigt, es »zu weit getrieben« zu haben, und die Hauptfigur, Nikolaj Ežov, aus der Geschichte und dem öffentlichen Gedächtnis getilgt. Als Stalin 1949 mit osteuropäischen Führern über die Staatssicherheit sprach, erwähnte er Ežov mit keinem Wort.[48] Im offiziellen sowjetischen Geschichtsbewusstsein gab es zwei Interpretationen des Terrors. Während Stalin einerseits die Stärke und den Triumph des stalinistischen Regimes demonstrierte, stand er andererseits für eine Periode der Gewalt, die in den Händen machthungriger NKWD-Offiziere außer Kontrolle geriet. Das polnische Politbüromitglied Hilary Minc warnte die Polnische Vereinigte Arbeiterpartei (Polska Zjednoczona Partia Robotnicza, PZPR) Ende 1949 davor, eine weitere »Jeschowschtschina« (Ежовщина) zu beginnen – ein negativer Begriff für den Terror im sowjetischen Sprachgebrauch.[49] Dies ist ein Beispiel für den Interpretationsspielraum oder sogar die immensen Lücken im Kern des sowjetischen Modells.
II. Der NKWD und der Zweite Weltkrieg
Der Terror war für die sowjetischen Berater nicht die einzige prägende Erfahrung. Alle waren im Dienst befördert worden, während sie im Zweiten Weltkrieg an den Fronten von Stalingrad, der Ukraine, Weißrussland, Deutschland, Polen und anderen Orten gekämpft hatten. Einige hatten den Nürnberger Prozess verfolgt oder an den Entnazifizierungsverfahren in Nachkriegsdeutschland teilgenommen. Diese Erfahrungen erklären zum Teil ihre Besessenheit, die Grenzen des Landes vor ausländischen Angriffen zu sichern. Sie prägten auch ihren Blick auf den wachsenden Einfluss der Sowjetunion in Europa, der als Entschädigung für die enormen zivilen und militärischen Opfer, die Verwüstungen und das Massensterben auf dem Weg nach Berlin betrachtet wurde.[50] Der Sieg im Zweiten Weltkrieg hatte dem stalinistischen Regime auch innenpolitisch ein noch nie dagewesenes Ansehen verschafft und schien für viele die Opfer von Gewalt, Terror und Bürgerkrieg in den 1930er-Jahren zu rechtfertigen.[51] Für den NKWD trug die starke Überzeugung, dass sich das sowjetische System während des Krieges bewährt hatte, zu der Ansicht bei, dass die Osteuropäer es bis ins Detail nachahmen sollten.
Der NKWD hatte auch im Krieg eine besondere Rolle, eine, die den Kampf an der Front mit der Fortsetzung des Kampfes gegen vermeintliche Feinde in den eroberten Gebieten, der Roten Armee und den nach dem Krieg an die Sowjetunion angegliederten Gebieten (Westukraine, Weißrussland, baltische Staaten) verband. Bis 1945 hatten diese Männer ihre gesamte berufliche Laufbahn in militärisch geprägten Institutionen verbracht, sei es in der Roten Armee, im NKWD oder im militärischen Nachrichtendienst SMERSch. Durch die ununterbrochene Kriegserfahrung waren sie »Befehl und Gehorsam, strenge Disziplin und Unanfechtbarkeit eines Kommandos« gewöhnt und hatten die Überzeugung gewonnen, dass es notwendig sei, Feinde, Verräter und Deserteure zu vernichten.[52] Bald nach dem Einmarsch der Nationalsozialisten in die Sowjetunion nahm der NKWD seine »nationalen« Operationen wieder auf. Hunderttausende Wolgadeutsche wurden nach Sibirien und Kasachstan verbannt.[53] Derartige Operationen wurden auch auf die neuen Gebiete ausgedehnt. Als die Sowjets die baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen annektierten, deportierte der NKWD schätzungsweise 118 599 Litauer, 52 541 Letten und 32 540 Esten nach Sibirien, Zentralasien und in den hohen Norden.[54] Auch die Polen wurden erneut zur Zielscheibe. Schätzungsweise 300 000 Polen wurden aus den von der Sowjetunion annektierten Gebieten deportiert.[55] Im April und Mai 1940 richtete der NKWD 21 857 Polen hin – ein Kriegsverbrechen, das vom sowjetischen Staat lange geleugnet und als Massaker von Katyn bekannt wurde.[56]
Der Umbruch im NKWD hatte bewirkt, dass Juden zugunsten von Russen aus der Organisation verdrängt worden waren. Die Zahl der Juden im NKWD sank von 38,54 Prozent im Jahr 1934 auf 3,92 Prozent im Jahr 1939, eine Verschiebung, die die russische Identität der Organisation stärkte.[57] Bald nach dem Krieg, insbesondere in den Jahren 1948/1949, leitete Stalin eine Reihe antisemitischer Kampagnen gegen prominente jüdische Ärzte und Intellektuelle ein. Zu den neuen Feindbildern gehörten »wurzellose Kosmopoliten« und »Zionisten«.[58] Diese Kampagnen beeinflussten die sowjetischen Berater in Osteuropa. 1949 deuteten die Sowjets an, dass sie von den Tschechoslowaken erwarteten, den Begriff »wurzelloser Kosmopolitismus« zur »tschechoslowakischen Realität« zu machen, ein Begriff, der im parteiinternen Terror in der Tschechoslowakei und im Prozess gegen den Generalsekretär Rudolf Slánský erhebliche Bedeutung erlangte.[59] Die Sowjets erfassten sorgfältig jene Juden, die die höchsten Posten der osteuropäischen kommunistischen Parteien und Staaten innehatten.[60] Der Prozess gegen Rudolf Slánský, der 1952 in der Tschechoslowakei mit tatkräftiger Unterstützung von NKWD-Beratern inszeniert wurde und von starker antisemitischer Rhetorik geprägt war, war als Wegbereiter für einen Prozess gegen jüdische Ärzte in Moskau geplant, der jedoch nie stattfand.[61]
Obwohl der Krieg in der Sowjetunion ein Gefühl der Solidarität gegen den gemeinsamen Feind hervorrief, hatte er wenig Einfluss auf die Überzeugung des NKWD, dass sich in den sowjetischen Institutionen Feinde versteckt hielten. Während des Großen Terrors hatte der NKWD die Zahl der Soldaten in der Roten Armee dezimiert und führende Offiziere aus der Zeit des Bürgerkriegs vertrieben, verhaftet oder hinrichten lassen. Während des Zweiten Weltkriegs überwachte der NKWD die Rote Armee und verhaftete Offiziere und Soldaten, die als potenziell untreu galten, darunter auch solche, die in deutsche Gefangenschaft geraten waren.[62] Manchmal wurden NKWD-Agenten zum SMERSch versetzt.[63] In der Gründungsurkunde des NKWD wurde seine Rolle im »Kampf gegen Treulosigkeit und den Verrat am Vaterland in den Einheiten und Dienststellen der Roten Armee« (Desertieren auf die Seite des Feindes, Verstecken von Spionen und allgemein die Unterstützung des Feindes) hervorgehoben, sowie bei der Überprüfung von Militärangehörigen und anderen Personen, die sich in Gefangenschaft befunden hatten und vom Feind eingekreist worden waren.[64] Zur Abschreckung führte der NKWD willkürliche Hinrichtungen von als Deserteure eingestuften Rotarmisten durch, manchmal vor den Augen ihrer Einheiten.[65]
Ein Dokument, das die Spannungen – oder Ressentiments – zwischen dem NKWD und der Roten Armee offenlegt, stammt aus dem sowjetisch besetzten Deutschland von Oktober 1945: Ein sowjetischer Militärkommandant meldete das ungebührliche Verhalten zweier NKWD-Agenten, die in Gewahrsam genommen worden waren, nachdem sie in betrunkenem Zustand eine Schlägerei vor einem Arbeiterclub begonnen hatten.[66] Die NKWD-Agenten griffen die Militäroffiziere, die sie festhielten, an und bedrohten sie, indem sie sagten: »Ich habe schon für die Entlassung von mehr als einem Militärkommandanten gesorgt.« Weiterhin bezeichneten sie alle Anwesenden als »verdächtige Personen«. Einer der Agenten rief wiederholt den Namen von Ivan Serov, der, so drohte er, sie »lehren« würde, keine NKWD-Mitglieder zu verhaften. Diese Schilderungen sagen viel darüber aus, wie die NKWD-Beamten ihre Machtstellung gegenüber der Roten Armee ausnutzten und welche Ängste mit den Namen ihrer Vorgesetzten verbunden waren. Der Bericht beschreibt diesen als »einen von mehreren Fällen«, in denen NKWD-Mitarbeiter ungerechtfertigte Verhaftungen vornahmen, das Eigentum deutscher Bürger beschlagnahmten oder ihre Position zur persönlichen Bereicherung oder für Erpressungen im sowjetisch besetzten Deutschland nutzten. Nach dem Krieg unterzog der NKWD sowjetische Staatsbürger und Kriegsgefangene, die aus Europa ins Land zurückkehrten, einer strengen Kontrolle, um »Spione« und »Verräter« in den eigenen Reihen aufzuspüren – ein Prozess, bei dem Hunderttausende von Heimkehrern verhaftet wurden.[67]
III. Fallstudie: Der sowjetische Geheimdienst und die tschechoslowakische Revolution
Moskau erhielt seine Informationen nicht nur vom NKWD, sondern auch von sowjetischen Diplomaten, Pressekorrespondenten und Vertretern der panslawischen Bewegung, die sich aus dienstlichen Gründen in der jeweiligen Region aufhielten. Das Material, das sie nach Moskau schickten, soll hier näher analysiert werden. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der kommunistischen Machtübernahme in der Tschechoslowakei im Jahr 1948. Stalin erhielt seine Informationen über Osteuropa nach dem Zweiten Weltkrieg von Pressekorrespondenten der TASS, von Journalisten der Prawda oder der Iswestija;[68] von Beamten, die die panslawische Organisation vertraten, und von sowjetischen Diplomaten.[69] Dies zeigt, dass die durch den Terror vermittelte Mentalität nach dem Zweiten Weltkrieg in allen sowjetischen Institutionen im Ausland Einzug gehalten hat. Die Zahl der sowjetischen Botschaften, die eine Schlüsselrolle beim Sammeln von Informationen im Ausland gespielt hatten, war während des Terrors dezimiert worden.[70] Die neuen Beamten waren oft einsprachig und in der Kunst der Diplomatie ungeschult, jedoch hatten sie enge Verbindungen zum sowjetischen Geheimdienst.[71] Ihre Dokumente zeugen von einem mangelnden Verständnis – ja sogar einem Kulturkonflikt – zwischen den europäischen und sowjetischen Vorstellungen vom Kommunismus.
Die sowjetischen Berichte über die Ereignisse in der Tschechoslowakei während und nach der kommunistischen Machtübernahme im Februar 1948 sind alles andere als enthusiastisch in Bezug auf den neuen kommunistischen Staat.[72] Nach Gesprächen mit lokalen Kommunisten und Aktivisten in den böhmischen Ländern, Mähren und der Slowakei bezeichnete ein sowjetischer Vertreter der panslawischen Bewegung die revolutionären Räte der tschechoslowakischen Kommunisten als chaotisch und äußerte sich beunruhigt über den »Mangel an Klarheit« bezüglich ihrer Rolle nach dem Februar.[73] Die Aktionskomitees waren in der Tat improvisiert und das tschechoslowakische System bestand 1948 aus mehreren Machtbasen in den Regionalregierungen, intellektuellen Kreisen, persönlichen Netzwerken und zivilgesellschaftlichen Organisationen. Im Jahr 1949 behauptete ein sowjetischer Beobachter, der für die TASS arbeitete, dass die Führung der Kommunistischen Partei der Tschechoslowakei (KSČ) gegenüber den Feinden des Sozialismus nachsichtig gewesen sei und es versäumt habe, eine echte Revolution durchzuführen. Sie hätten den Sieg »ohne ernsthaften Kampf und ohne Blutvergießen errungen, ein Sieg der Versammlungen und Demonstrationen«.[74] Während es für die Tschechoslowaken zum Aufbau des kommunistischen Staates gehörte, die Reihen der Partei zu erweitern, auf die Symbole des früheren Regierungssystems zurückzugreifen und ehemaligen politischen Rivalen den Eintritt in die KSČ zu ermöglichen, beunruhigten solche Tendenzen die Sowjets, die argumentierten, dass ehemalige Mitglieder nichtkommunistischer politischer Parteien »zweifelhafte politische Elemente« seien. Die Zulassung von Mitgliedern nichtkommunistischer politischer Parteien zur KSČ bedeutete auch, dass Einheimische auf diese Weise ihre Position im Staatsdienst oder in der Verwaltung behalten konnten. Der sowjetische Vertreter beschrieb den Februarumsturz der Kommunistischen Partei weniger als Klassenkampf, denn als politischen Kampf. In der Tat wurde damit eher der politische Pluralismus des Landes bekämpft als die ungerechte Verteilung des Wohlstands oder die sozialen Strukturen insgesamt. Erst die »stalinistische« Revolution, die von den Beratern ab Ende 1949 mit vorangetrieben wurde, führte zu einer Umverteilung des Eigentums und zur Förderung von Frauen und Minderheiten im politischen Lager.[75] Der sowjetische Beobachter unterschätzte jedoch die Bedeutung des Jahres 1948 im tschechoslowakischen Kontext. Während der politische Pluralismus in der Sowjetunion nur oberflächlich verwurzelt gewesen war und wenig Bedeutung gehabt hatte, war er ein integraler Bestandteil der tschechoslowakischen Politik und Kultur.
Ein Streitpunkt zwischen beiden Seiten war die Rolle der Intellektuellen in der Revolution. Der sowjetische Beobachter, der von der antiintellektuellen Kampagne in der Sowjetunion beeinflusst war, kritisierte 1948 die Rolle der Intellektuellen in der Tschechoslowakei: »Den Intellektuellen mangelt es an Verständnis für die inneren Vorgänge und sie leiden unter einem erschreckenden Maß an ideologischer Verwirrung bei der Beurteilung der subversiven Aktivitäten der rechten Parteien und ihrer Anführer.« Sein Begriff für »ideologische Verwirrung« war разброд, ein russisches Wort, das im Kern »in verschiedene Richtungen wandern« bedeutet. Für die sowjetischen Beamten gab es nur eine einzige, vom Zentrum vorgegebene Deutung der Ideologie. Für die Tschechoslowaken war sie dagegen ein Ausgangspunkt für Diskussionen, Meinungsverschiedenheiten und sogar für heftige Auseinandersetzungen über Denkschulen. Das »tschechoslowakische Modell« setzte eine wichtige Rolle der Intellektuellen voraus.[76] Die sowjetische Kritik an den tschechoslowakischen Intellektuellen wurde im Laufe der Zeit immer schärfer, weil man merkte, dass sie nicht bereit waren, Andrej Ždanovs Angriffe auf sowjetische Literatur, Theater und die Kulturschaffenden Anna Achmatova und Michail Zoščenko im Jahr 1946 zu akzeptieren.[77]
Mit der Dauer des Kalten Krieges nahm auch die Feindseligkeit in den sowjetischen Berichten über die Tschechoslowakei zu. Ein TASS-Korrespondent in Prag wetterte im Mai 1949 gegen die Beziehungen des Landes zum Westen. Er führte den Einfluss des Westens darauf zurück, dass es den Tschechoslowaken nicht gelungen sei, eine echte Revolution durchzuführen. Die KSČ wurde für ihre mangelnde Entschlossenheit bei der Unterdrückung politischer Feinde verurteilt, durch die sich der amerikanische Einfluss im Land auf zweierlei Weise verbreitet habe. Erstens seien die politischen Feinde ins Exil gegangen und hätten ihre Aktivitäten im Ausland fortgesetzt, anstatt getötet zu werden. Zweitens seien die tschechoslowakischen Institutionen mit Personen besetzt, die über Reichtum und Verbindungen zum Westen verfügten: »Unternehmer, Kaufleute und Millionäre, die in der neuen Republik Reichtum angehäuft haben, sind geblieben. Reaktionäre Beamte sind geblieben (viele wurden zwar aus dem Dienst entlassen, durften aber in den Ruhestand gehen). Reaktionäre Generäle und Offiziere sind im Militär und im Nationalen Sicherheitsdienst geblieben. Kurzum, die Amerikaner haben eine breite, im Grunde genommen alte, aber illegale Basis behalten, um ihre subversiven Aktivitäten gegen die Volksdemokratien und die Sowjetunion fortzusetzen.«[78] Er zeichnete ein völlig übertriebenes Bild von den Unruhen in der Tschechoslowakei und behauptete, dass es gegen den Februarumsturz Widerstand in Form von regierungsfeindlichen Flugblättern gegeben habe – was sogar zutraf. Er schloss daraus schnell auf die »wahrscheinliche« Möglichkeit einer größeren Verschwörung: »Die Tatsachen sprechen dafür, dass reaktionäre Kräfte von Propaganda und Agitation zu aggressiveren Formen des Kampfes übergehen.« Er war davon überzeugt, dass es notwendig sei, auch kleine Widerstandshandlungen im Keim zu ersticken, bevor sie zu größeren würden. Er fügte hinzu, dass die Tschechen über einen »traditionellen Widerstandsgeist« verfügten, den diese Flugblätter offenbar provozieren würden.[79]
Die Sowjets, tief verwurzelt in antiwestlichen Überzeugungen, lehnten die Übernahme westlicher Praktiken durch die tschechoslowakischen Kommunisten zur Gestaltung ihres Systems ab.[80] Ende 1949 wurde Prag daher dazu gedrängt, eine »Isolationskampagne« durchzuführen,[81] um die kulturellen und außenpolitischen Verbindungen zum Westen zu kappen. Doch viele der untergeordneten Sicherheitsbehörden setzten sie nicht um, und außerhalb von Prag hatte sie wenig Erfolg.[82] Die tschechoslowakische Revolution wurde als gescheitert betrachtet. Der sowjetische Beobachter beschrieb den tschechoslowakischen »nationalen Weg zum Sozialismus« folgendermaßen: »Die Verfechter des ›tschechoslowakischen Weges zum Sozialismus‹ versuchen, neue sozialistische Inhalte in alte bürgerlich-demokratische Formen zu pressen. Das Alte wird nicht zerstört, sondern bewahrt und modernisiert. [...] Nach wie vor werden bei öffentlichen Auftritten des Präsidenten feierliche Trompetenstöße gespielt. Zusätzlich zu seiner Residenz im Schloss hat der Präsident ein Schloss auf dem Lande. Seine Frau praktiziert die gleichen Rituale (wie z. B. die Schirmherrschaft über die Gesellschaft des Roten Kreuzes und wohltätige Zwecke) wie zuvor. Die neuen Minister leben wie die alten in Villen mit Bediensteten und fahren nicht in einheimischen Fahrzeugen (die übrigens nicht schlecht sind), sondern in ausländischen Autos. Sie lassen sich bei öffentlichen Anlässen ununterbrochen fotografieren. Äußerlich verhalten sie sich wie die alten Minister. Ein tschechischer Bürger (und Tschechen neigen zum Philistertum) oder ein durchschnittlicher Mensch, der sich all dies ansieht, könnte sich nun fragen: Was hat sich eigentlich geändert?«[83]
Nach der Lektüre dieser Berichte und der Furcht, Sorge und Panik, die sie hervorriefen, ist es nicht verwunderlich, dass die Sowjets darauf bestanden, Berater in die Tschechoslowakei zu entsenden, um mehr Druck innerhalb der Kommunistischen Partei und des Staates zu erzeugen. Die sowjetische Kritik an den Tschechoslowaken, insbesondere an den Beziehungen des Landes zum Westen und dem politischen Charakter des Februarumsturzes, beruhte darauf, dass man die Beweise selektiv auswertete und bewusst oder unbewusst dazu neigte, Beweise zu sammeln, die eine bestimmte Weltsicht stützten, und gleichzeitig jene zu ignorieren, die dem entgegenstanden.
Die NKWD-Berater witterten in allem Intrigen, Verschwörungen, Widerstand und Unruhen. Aus diesem Grund beschlossen sie, die Verhaftung einheimischer Beamter in Ostmitteleuropa voranzutreiben – zur Verblüffung dieser Beamten, die glaubten, sie hätten Moskaus Anweisungen genau befolgt. Der parteiinterne Terror untergrub den Einfluss der Sowjetunion in der Region, verbreitete Angst und Misstrauen, schadete der Autorität, die sich die Sowjets durch ihre Opfer im Zweiten Weltkrieg erworben hatten, und legte ihre Informationsnetze in der Region lahm. Die Sowjets schädigten ihre Informationsbasis, indem sie die einheimische Bevölkerung veranlassten, Informationen zu verbergen und quasi »zweisprachig« zu werden. Seit dem parteiinternen Terror der späten 1940er-Jahre betrachteten die örtlichen Informanten sowjetische Vertreter nicht mehr nur als Berater, Diplomaten oder Lehrer des »Modells«, sondern als Verbindungsleute Moskaus, gegenüber denen sie ihre Glaubwürdigkeit, Loyalität und ihren Hass auf den Feind unter Beweis stellen mussten – eine Tendenz, welche die von ihnen gelieferten Informationen inhaltlich verzerrte. Die Unterschiede zwischen den sowjetischen und den lokalen Vorstellungen vom Kommunismus traten zutage, wenn verschiedene Wertvorstellungen und Vermutungen aufeinanderprallten, über die nie ausführlich gesprochen oder die nie richtig verstanden wurden, da die Tschechoslowaken nicht in die internen Berichte der Sowjets eingeweiht waren. Die Meinungsverschiedenheiten bezogen sich nicht auf allgemeine Ziele wie die »Verwirklichung des Sozialismus«, sondern auf zahllose Fragen der Auslegung, der Methoden und der Organisation. So mächtig die sowjetischen Berater auch waren, ihre Forderung, das sowjetische Modell bis ins kleinste Detail nachzubilden, machte viele Aspekte davon für die Kommunisten im Ausland unverständlich, die sich oft schon vor dem Beginn des Hochstalinismus kommunistischen Bewegungen angeschlossen hatten und in ihrem eigenen nationalen Kontext argumentierten und planten.
IV. Fazit: Information und Terror
Die beruflichen und persönlichen Erfahrungen der sowjetischen Berater, die nach dem Zweiten Weltkrieg nach Ostmitteleuropa kamen, waren zutiefst von Gewalt, militärischer Disziplin und Krieg geprägt. Während die meisten Mitglieder dieser Gruppe grundlegende Erfahrungen teilten, verlief ihr weiterer Werdegang nach 1953 recht unterschiedlich. Die Chruščëv-Ära war eine Zeit großer Unsicherheit.[84] Einige Beamte, wie Viktor Abakumov und Michail Lichačёv, wurden 1954 zusammen mit Berija hingerichtet. Ivan Serov setzte seine Karriere als Vorsitzender des KGB in den Jahren 1954 bis 1958 fort und führte die Säuberung von 18 000 seiner Kollegen aus der Organisation an. Diejenigen, die, insbesondere nach 1956, aus dem Dienst entlassen worden waren, wurden wegen »Verstößen gegen die sozialistische Rechtsordnung« angeklagt. Andere wurden unter Serovs Nachfolger beseitigt.[85] Einige setzten ihren Dienst für den KGB in der Sowjetunion, in Osteuropa oder, während einer neuen Welle des sowjetischen Einflusses in der Welt nach 1953, sogar in Ländern der Dritten Welt wie Kuba fort.
In diesem Artikel wird die These vertreten, dass die sowjetischen Sicherheitsberater 1945 mit einer bestimmten Version des »sowjetischen Modells« in Europa ankamen, die tief von ihren Erfahrungen und ihrer Ausbildung während des Großen Terrors und des Zweiten Weltkriegs geprägt war. Der Große Terror erhielt auf diese Weise ein »zweites Leben« in Europa, da er in den Weltanschauungen der Berater, den institutionellen Praktiken, der Sprache, dem offiziellen Narrativ des stalinistischen Regimes und dem institutionellen Bewusstsein der Agenten, die in diesem Regime ausgebildet und gefördert worden waren, verankert war. Feindbilder aus der Sowjetunion der späten 1930er-Jahre, seien es Intellektuelle, Juden, bürgerliche Nationalisten oder Anhänger des Westens, wurden in Osteuropa »wiederentdeckt«. Innerhalb der Sowjetunion nahmen die Berater eine zentrale Rolle bei der Annexion der baltischen Staaten und der östlichen Grenzgebiete Polens in den Jahren 1940 und 1941 ein, Gebiete, die einen ähnlichen Prozess der »Sowjetisierung« durchliefen wie Osteuropa.[86] Der Werdegang dieser Männer hilft zu verstehen, warum die Verbreitung des Kommunismus so eng mit Terror und Völkermord verbunden war, eine Tatsache, die der kommunistischen Ideologie allgemein zugeschrieben wird.[87] Was dem Rest der Welt vermittelt wurde, war die Interpretation einer Ideologie, die sich in der gewalttätigsten Periode der sowjetischen Geschichte entwickelt hatte.
Während sich dieser Artikel darauf konzentriert, welche Auswirkungen die Entwicklungen jener Jahre auf die Sicherheitskräfte gehabt haben, deuten ähnliche Studien über sowjetische Wirtschafts- oder Militärberater auf weitere Verbindungen zwischen den sowjetischen Inlandserfahrungen und der Version des Kommunismus hin, die nach 1945 gelehrt, erfahren und übernommen wurde. Zu dem Zeitpunkt, als der Kommunismus ins Ausland exportiert wurde, war er bereits mehr als nur eine Ideologie. Er war eine Diktatur, in welcher der Marxismus, genauer gesagt der Marxismus-Leninismus-Stalinismus, in Praktiken und institutionelle Formen eingebettet war. Die sowjetischen Berater brachten eine brutale Form der Herrschaft mit, die sich zwar auf den ersten Blick als mächtig, auf lange Sicht jedoch als kurzsichtig erwies. Schließlich waren die Gebiete, die sie dem Sowjetimperium einverleibt hatten, seien es die baltischen Staaten oder osteuropäische Länder, die mit der UdSSR verbunden waren, letztendlich diejenigen, welche die Sowjetmacht 1989 und 1991 zu Fall brachten.
Aus dem Englischen übersetzt von Alexei Khorkov und Indra Holle-Chorkov
[0] Dieser Beitrag erschien erstmals in der Zeitschrift »Kritika« und wurde mit geringfügigen Änderungen übernommen und übersetzt: Molly Pucci: The Soviets Abroad: The NKVD, Intelligence, and State Building in East-Central Europe after World War II, in: Kritika. Explorations in Russian and Eurasian History 23 (2022), H. 3, S. 553–580.
[1] Siehe Leonard Shapiro: The Communist Party of the Soviet Union, London 1960, S. 309.
[2] Siehe Nikita Petrov: Kto rukovodil organami gosbezopasnosti, 1941–1954 [Wer leitete die Organe der Staatssicherheit? 1941–1954], Moskva 2010, S. 431–432.
[3] Siehe Sheila Fitzpatrick: Stalin and the Making of a New Elite, 1928–1939, in: Slavic Review 38 (1979), H. 3, S. 377–402.
[4] Siehe Petrov: Kto rukovodil organami gosbezopasnosti (Anm. 2), S. 39 f.
[5] Siehe Decision of the Politburo of the TsK VKP(b). On assistance to organs of state security of the People’s Republic of China, 6 November 1950, zit. nach: David Shearer/Vladimir Khaustov: Stalin and the Lubianka: A Documentary History of the Political Police and Security Organs in the Soviet Union, 1922–1953, New Haven 2015, S. 163.
[6] Decision of the Politburo of TsK VKP(b) on sending MGB advisers to Czechoslovakia, 21 December 1950, zit. nach: Shearer/Khaustov: Stalin and the Lubianka (Anm. 5), S. 283.
[7] Siehe Norman Naimark: The Russians in Germany, Cambridge 1995, S. 467.
[8] Siehe Elena Zubkova: Pribaltika i Kreml’, 1940–1953 [Das Baltikum und der Kreml, 1940–1953], Moskva 2008; Jan Gross: Revolution from Abroad: the Soviet Conquest of Poland’s Western Ukraine and Western Belorussia, Princeton 2002.
[9] Siehe Austin Jersild: The Sino-Soviet Alliance: An International History, Chapel Hill 2014; Elidor Mehilli: From Stalin to Mao: Albania and the Socialist World, Ithaca 2017, S. 132.
[10] Siehe Marc Jansen: A Show Trial under Lenin: The Trial of the Socialist Revolutionaries, The Hague 1982, S. 3.
[11] Siehe Sheila Fitzpatrick: The Civil War as a Formative Experience, Washington, D. C. 1981, S. 2.
[12] Ab 1922 »Obedinënnoe gosudarstvennoe politečeskoe upravlenie«, Vereinigte staatliche politische Verwaltung, OGPU; ab 1934 »Narodnyj komissariat vnutrennych del«, Volkskommissariat für innere Angelegenheiten, NKWD. Siehe Shearer/Khaustov: Stalin and the Lubianka (Anm. 5), S. 4.
[13] Siehe Norman Naimark: Stalin’s Genocides, Princeton 2010, S. 111.
[14] Siehe Evgenia Ginzburg: Journey into the Whirlwind, New York 1967, S. 26.
[15] Siehe Stephen Kotkin: Stalin: Waiting for Hitler, 1929–1941, New York 2017, S. 649.
[16] Siehe Shearer/Khaustov: Stalin and the Lubianka (Anm. 5), S. 9.
[17] Lynne Viola: Stalinist Perpetrators on Trial, Oxford 2019, S. 173.
[18] Siehe Kotkin: Stalin: Waiting for Hitler (Anm. 15), S. 668.
[19] Ebd., S. 736.
[20] Ebd., S. 580.
[21] Siehe Viola: Stalinist Perpetrators on Trial (Anm. 17), S. 69. Laut Viola wurden 3830 bzw. 62 Prozent der führenden operativen Beamten ersetzt, darunter die Hälfte der Leiter der NKWD-Bezirksbüros in Moskau.
[22] Siehe Naimark: Stalin’s Genocides (Anm. 13), S. 86.
[23] Siehe Nikita Petrov: Pervyj predsedatel’ KGB: Ivan Serov [Der erste Vorsitzende des KGB: Ivan Serov], Moskva 2005, S. 15–17.
[24] Ebd., S. 19; Ivan Serov: Zapiski iz čemodana. Tajnye dnevniki pervogo predsedatelja KGB [Notizen aus dem Koffer: Die geheimenTagebücher des ersten KGB-Vorsitzenden], Moskva 2016, S. 20.
[25] Siehe Anne Applebaum: Iron Curtain: The Crushing of Eastern Europe, 1944–1956, New York 2012, S. 215.
[26] Siehe Naimark: Stalin’s Genocides (Anm. 13), S. 67.
[27] Siehe William Chase: Enemies within the Gates? The Comintern and the Stalinist Repression, 1934–1939, New Haven 2001, S. 105.
[28] Ebd., S. 162.
[29] Siehe Andrzej Paczkowski: Poland, the ›Enemy Nation‹, in: Stéphane Courtois u. a. (Hg.): The Black Book of Communism: Crimes, Terror, Repression, Cambridge 1999, S. 363–367 [dt. Ausgabe: Das Schwarzbuch des Kommunismus. Unterdrückung, Verbrechen und Terror, München/Zürich 1998].
[30] Soobčenie narodnogo komissara vnutrennych del SSSR L.P. Berii narodnomu komissaru inostrannych del V.M. Molotovu o chode osvoboždenija pol’skich grazdan iz mest zaključenija, ssylki i specposelenii NKVD [Mitteilung des Volkskommissars für Innere Angelegenheiten der UdSSR L. P. Berija an den Volkskommissar für Auswärtige Angelegenheiten, V. M. Molotov über den Verlauf der Freilassung der polnischen Staatsbürger aus Gefängnissen, der Verbannung und Spezialsiedlungen des NKWD], in: A. F. Noskova/T. V. Volokitina/G. P. Muraško/D. A. Ermakova (Hg.): NKVD i pol’skoe podpol’e, 1944–1945: Po »Osobym papkam« I. V. Stalina [Der NKVD und der polnische Untergrund, 1944–1945: Nach den »besonderen Akten« I. V. Stalins], Moskva 1994, S. 40.
[31] Siehe Marci Shore: Caviar and Ashes: A Warsaw Generation’s Life and Death in Marxism, 1918–1968, New Haven 2006.
[32] Siehe Jan de Weydenthal: The Communists of Poland, Stanford 1978, S. 31.
[33] Siehe Kotkin: Stalin: Waiting for Hitler (Anm. 15), S. 672.
[34] Ebd., S. 662.
[35] Siehe »Spravka o nedostatkach agenurno-operativnoj raboty organov obščestvennoj bezopasnoti [Bericht über die Mängel in der operativen Arbeit der Organe der Staatssicherheit, 8.7.1951], Instytut Pamięci Narodowej/Institut für Nationales Gedenken (im Folgenden: IPN) BU 01988-1.
[36] Siehe Ulrich Weissgerber: Giftige Worte der SED-Diktatur: Sprache als Instrument von Machtausübung und Ausgrenzung in der SBZ und der DDR, Berlin 2010, S. 94–284.
[37] Amir Weiner/Aigi Rahi-Tamm: »Getting to Know You«, in: Kritika: Explorations in Russian and Eurasian History 13 (2012), H. 1, S. 18.
[38] Siehe Pis’mo nacal‘nika opersektora MVD SSSR po provincii Meklenburg i Zapadnaja Pomeranija D.M. Nikitina načal’nika provincii M.A. Skosyrevu ob itogach vyborov v nemeckie organy samoupravlenija provincii, 24. 9. 1946 [Brief des Leiters des Operativen Sektors des MWD (Innenministerium) der UdSSR für die Provinzen Mecklenburg und Westpommern D. M. Nikitin an den Provinzleiter M. A. Skoryrev über die Ergebnisse der Wahlen zur deutschen Provinzverwaltung, 24. September 1946], zit. nach: Zacharov (Hg.): SVAG i nemeckie organy samoupravlenija, 1945–1949: Sbornik dokumentov, [SMAD und die deutschen Verwaltungsorgane, 1945–1949: Dokumentensammlung], Moskva 2006, S. 190 f.
[39] Die Wahl fand kurz nach der Vereinigung der Kommunistischen Partei (KPD) und der Sozialdemokratischen Partei (SPD) zur Sozialistischen Einheitspartei (SED) im April 1946 statt. Die Sowjets hatten diesen Zusammenschluss mitorganisiert und förderten weiterhin den Einfluss der KPD in der SED.
[40] Pis’mo načal’nika Opersektora MVD SSSR (Anm. 38), S. 190 f.
[41] Siehe Petrov: Kto rukovodil organami gosbezopasnosti (Anm. 2), S. 548.
[42] Ebd., S. 568 f.
[43] Soprovoditel’noe pis’mo V. S. Abakumova V. M. Molotovu s priloženiem soobščenija sotrudnikov MGB SSSR M. T. Lichačeva i N. I. Makarova o rabote čechoslovackich organov bezopasnosti«, 16. 3. 1950 [Begleitschreiben von V. S. Abakumov an V. M. Molotov mit der beigefügten Mitteilung der MGB-Mitarbeiter M.T. Lichačev und N. I. Makarov über die Arbeit der tschechoslowakischen Sicherheitsorgane, 16. 3. 1950], in: T. V. Volokitina u. a. (Hg.): Vostočnaja Evropa v dokumentach rossijskich archivov 1944–1953, tom II [Osteuropa in Dokumenten russischer Archive 1944–1953, Band II], Moskva 1997, S. 285–287.
[44] Siehe Stephen Kotkin: Magnetic Mountain: Stalinism as a Civilization, Berkley 1997.
[45] Eines von vielen Beispielen war eine Prüfung für Offiziere des Korps für innere Sicherheit in Polen im Jahr 1947, die, wie es in einem kritischen Bericht heißt, »zu viele Russismen« enthielt. Es sei schwierig, dies zu vermeiden, lautete die Antwort, da »unsere Dozenten nach russischen Vorschriften geschult sind«. Brief an den Leiter des KBW [Korpus Bezpieczeństwa Wewnętrznego, Internes Sicherheitskorps], 24. März 1947, IPN BU 578/513.
[46] Siehe Zubkova: Pribaltika i Kreml’ (Anm. 8), S. 158.
[47] Ebd., S. 6.
[48] Siehe Marc Jansen/Nikita Petrov: Stalin’s Loyal Executioner: People’s Commissar Nikolai Ezhov, 1895–1940, Stanford 2002, S. x.
[49] Pis’mo B.Z. Lebedeva I. V. Stalinu ob ocenke K. K. Rokossovskim situacii v rukovodstve PORP, nojabr’skogo plenuma CK PORP, nastroenii pol’skich rabočich i krest’jan I dr.«, 26. 2. 1950 [Brief von B. Z. Lebedev an I. V. Stalin über die Einschätzung von K. K. Rokossovski zur Lage in der Führung der PZPR, des Novemberplenums des Zentralkomitees der PZPR und zur Stimmung der polnischen Arbeiter und Bauern, 26. 2. 1950], in: Volokitina u. a. (Hg.): Vostočnaja Evropa v dokumentach rossijskich archivov 1944–1953, Tom II (Anm. 43), S. 311.
[50] Siehe Vladislav M. Zubok: A Failed Empire: The Soviet Union in the Cold War from Stalin to Gorbachev, Chapel Hill 2007, S. 8.
[51] Siehe Elena Zubkova: Russia after the War: Hopes, Illusions and Disappointments, Alabama 1998, S. 32.
[52] Ebd., S. 19.
[53] Siehe Amy Knight: Beria: Stalin’s First Lieutenant, Princeton 1993, S. 126.
[54] Siehe Naimark: Stalin’s Genocides (Anm. 13), S. 89.
[55] Siehe Jan T. Gross: Revolution from Abroad: the Soviet Conquest of Poland’s Western Ukraine and Western Belorussia, Princeton 2002.
[56] Siehe Piotr Kosicki: »The Katyń Massacres of 1940«, 8. September 2008, http://www.sciencespo.fr/mass-violence-war-massacre-resistance/en/document/katyn-massacres-1940 (ges. am 8. November 2022).
[57] Siehe Viola: Stalinist Perpetrators on Trial (Anm. 17), S. 21.
[58] Zubkova: Russia after the War (Anm. 51), S. 136.
[59] Siehe Volokitina u. a.: Vostočnaja Evropa v dokumentach rossijskich archivov, Tom II: 1944–1953 (Anm. 43), Fußnote 2, S. 87.
[60] Siehe »Pis’mo V. Lebedeva A. Ja. Vyšinskomu o položenii v rukovodstve PORP«, 10. 7. 1949 [Brief von V. Lebedev an A. Ja. Vyšinskij über die Situation in der Führung der PZPR, 10. 7. 1949], in: Volokitina u. a. (Hg.): Vostochnaja Evropa v dokumentach rossiiskich archivov, Tom II: 1944–1953 (Anm. 43), S. 177 f.
[61] Siehe Knight: Beria (Anm. 53), S. 169.
[62] Ebd., S. 113.
[63] Siehe Shearer/Khaustov: Stalin and the Lubianka (Anm. 5), S. 255.
[64] Ebd., S. 256.
[65] Ebd., S. 257.
[66] Siehe O nepravel‘noj rabote mestnoj opergruppy organov NKVD – Raport voennogo komendanta g. Kosvic V. H. Gordienko načal’niku komendantskoj služby SVA provincii Saksonija G. D Muchinu o protivozakonnych dejstvijach rabotnikov mestnoj opergruppy NKVD v otnošenii rabotnikov voennoj komendatury u apparata burgomistra, 31. 10. 1945 [Über die fehlerhafte Arbeit der lokalen operativen Gruppe der NKWD-Organe. Bericht des Militärbefehlshabers der Stadt Koswitz (Coswig?) V. Gordienko an den Leiter der SVA der Provinz Sachsen G. Mukhin über ungesetzliche Handlungen von Mitarbeitern der örtlichen operativen Gruppe des NKWD gegenüber den Mitarbeitern der Militärkommandantur und dem Apparat des Bürgermeisters, 31. 10. 1945], zit. nach: Zacharov (Hg.): SVAG i nemeckie organy samoupravleniia, 1945–1949 (Anm. 38).
[67] Siehe Geoffrey Roberts: Stalin’s Wars: From World War to Cold War, 1939–1953, New Haven 2015, S. 332.
[68] Siehe »Pismo predstavitelja Sovinformburo V. Sokolovskogo i korrespondenta gazety ‘Izvestija’ v Pol’še M. Jarovogo V. G. Grigor’janu o nedostatkach v propagande pol’skoj storonoj peredovogo opyta sovetskich rabočich i dejaltel’nosti sovetov v SSSR, 3. 11. 1950« [Brief des Vertreters des Informationsbüros V. Sokolovski und des Korrespondenten der Zeitung »Iswestija« in Polen M. Jarov an V.G. Grigor‘jan über Mängel in der Propaganda der polnischen Seite bezüglich der fortschrittlichen Erfahrungen der sowjetischen Arbeiter und die Aktivitäten der Sowjets in der UdSSR, 3. 11. 1950], in: T. V. Volokitina u. a.: Sovecskii faktor v vostočnoj evrope [Der sowjetische Einfluss in Osteuropa], Moskva 1999, S. 395.
[69] Die sowjetischen Berater machten den Tschechen klar, dass 70 bis 80 Prozent der Botschaftsmitarbeiter auch Geheimdienstmitarbeiter sein sollten. Siehe Karel Kaplan: Sovětští poradci v Československu, 1949–1956 (Ústav pro soudobé dějiny AV ČR 1993) [Sowjetische Berater in der Tschechoslowakei, 1949–1956 (Institut für Zeitgeschichte der Tschechischen Republik 1993)], S. 39 f. Volokitina u. a. (Hg.): Vostočnaja evropa v dokumentach rossijskich archivov 1944–1953, Tom II (Anm. 43); T. V. Volokitina u. a. (Hg.): Soveckii faktor v vostočnoj evrope 1944–1953 [Der sowjetische Einfluss in Osteuropa 1944–1953], Bd. 2, Moskva 2002.
[70] Siehe Kotkin: Stalin: Waiting for Hitler (Anm. 15), S. 664.
[71] Ebd., S. 852.
[72] Ein lesenswerter Bericht über den Februar 1948 in der Tschechoslowakei: Karel Kaplan: Pět kapitol o únoru [Fünf Kapitel über den Februar], Brno 1997.
[73] »Informacionnaja zapiska otvetstvennogo sekretarja Obščeslavjanskogo komiteta I. N. Medvedeva v CK VKP(b) o vnutripolitičeskom položenii v Čechoslovakii posle fevral’skogo krizisa 1948«, 29. 3. 1948 [Informationsnotiz des Sekretärs des Panslawischen Komitees I. N. Medvedev an das ZK der VKP(b) über die innenpolitische Lage in der Tschechoslowakei nach der Februarkrise 1948, 29. 3. 1948], S. 806–811.
[74] »Zapiska korespondenta TASS v Prage V.S. Medova o vnutripolitičeskoj situacii v Čechoslovakii«, 17. 5. 1949 [Notiz des TASS-Korrespondenten in Prag V. S. Medov über die innenpolitische Lage in der Tschechoslowakei vom 17. 5. 1949], in: Volokitina u. a.: Vostočnaja evropa v dokumentach rossijskich archivov 1944–1953, Tom II (Anm. 43), S. 114.
[75] Siehe Molly Pucci: A Revolution in a Revolution: the Secret Police and the Origins of Stalinism in Czechoslovakia, in: East European Politics and Societies 32 (2018), H. 1, S. 3–22.
[76] Siehe Bradley Abrams: The Struggle for the Soul of the Nation: Czech Culture and the Rise of Communism, Lanham 2004, S. 51 f.; Jiří Kocian/Markéta Devátá: Únor 1948 v Československu nástup komunistické totality a proměny společnosti [Februar 1948 in der Tschechoslowakei: Der Beginn des kommunistischen Totalitarismus und die Veränderungen in der Gesellschaft], Praha 2011.
[77] Siehe Zapiska korespondenta TASS v Prage V.S. Medova o vnutripolitičeskoj situacii v Čechoslovakii (Anm. 74).
[78] Ebd.
[79] Es wurde der Ausdruck »tradicionnyj duch soprotivlenie« verwendet, wobei unklar ist, woher dieser stammt. Ebd., S. 111 f.
[80] Ebd., S. 115.
[81] Milan Bárta: Akce »Isolace«. Snaha Státní bezpečnosti omezit návštěvnost zastupitelských úřadů kapitalistických států [Aktion »Isolation« – ein Versuch der tschechoslowakischen Sicherheitsbehörden, Besuche in Botschaften kapitalistischer Länder einzuschränken], in: Pamět a dějiny 2 (2008), H. 4, S. 41–50.
[82] Siehe Zapiska korespondenta TASS v Prage V.S. Medova o vnutripoliticheskoi situatsii v Chekhoslovaki (Anm. 74), S. 44.
[83] Ebd., S. 111 f.
[84] Siehe Julie Fedor: Russia and the Cult of State Security: the Chekist Tradition from Lenin to Putin, London 2011, S. 30.
[85] Ebd.
[86] Siehe Zubkova: Pribaltika i Kreml’ (Anm. 8), S. 6.
[87] Siehe dazu Courtois u. a. (Hg.): Schwarzbuch (Anm. 29).