»We must formulate and put forward for other nations a much more positive and constructive picture of sort of world we would like to see than we have put forward in [the] past. It is not enough to urge people to develop political processes similar to our own. Many foreign peoples, in Europe at least, are tired and frightened by experiences of past, and are less interested in abstract freedom than in security. They are seeking guidance rather than responsibilities. We should be better able than Russians to give them this. And unless we do, Russians certainly will.«
Telegramm des US-Gesandten in Moskau, George Kennan, an das U.S. State Department, 22. Februar 1946[1]
Der Kalte Krieg und die Expansion des Wohlfahrtsstaates sind zwei prägende Phänomene in Politik und Gesellschaft nach 1945. Während die Auswirkungen von Kriegen auf den Wohlfahrtsstaat,[2] den Aufstieg des Steuerstaates oder die Reformen im Primärbildungswesen bereits gut erforscht sind,[3] wurde dem Verhältnis zwischen dem Kalten Krieg und der Entwicklung des Wohlfahrtsstaates bisher nur wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Zwar haben viele Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf einen Zusammenhang zwischen der bipolaren Systemkonfrontation und Sozialreformen hingewiesen[4] dennoch wurde der Einfluss des Kalten Krieges auf die Entwicklung des Wohlfahrtsstaates mit wenigen Ausnahmen nicht systematisch untersucht.[5]
Wir argumentieren in diesem Beitrag, dass der Kalte Krieg mehr war als ein bloßer geopolitischer Kontextfaktor, in dessen Rahmen sich die Entwicklung des Wohlfahrtsstaates nach 1945 vollzogen hat. Wir diskutieren verschiedene Kausalmechanismen, die einen Erklärungsbeitrag leisten können, wie der Kalte Krieg die Entwicklung des Wohlfahrtsstaates in West und Ost beeinflusst hat. Am bedeutendsten waren der Systemwettbewerb zwischen zwei gegensätzlichen Gesellschafts- und Wirtschaftsmodellen und der damit verbundene Kampf um die »Herzen und Köpfe« der Menschen. Unter dem Dach dieses »Supermechanismus« identifizieren wir fünf nachgelagerte Kausalmechanismen, die sozialpolitische Schub- und Bremseffekte sowie Auswirkungen des Regimewettbewerbs auf die strukturelle Ausgestaltung von Wohlfahrtsstaaten nahelegen.
Allerdings sind dafür fünf wichtige Differenzierungen erforderlich. Erstens beschränken wir uns auf die wirtschaftlich entwickelten Länder der nördlichen Hemisphäre, obwohl uns bewusst ist, dass es sich um einen globalen Konflikt handelte, der im Globalen Süden auch sporadisch heiß wurde. Aufgrund des relativ hohen Industrialisierungsgrades und des damit verbundenen höheren Entwicklungsstands staatlicher Sozialpolitik argumentieren wir jedoch, dass ein Einfluss des Kalten Krieges auf sozialpolitische Entwicklungsdynamiken am ehesten in diesem Teil der Welt zu beobachten ist. Zweitens variierte die Intensität des Kalten Krieges im Zeitverlauf. Meist werden drei Konfliktphasen differenziert: Der frühe Kalte Krieg (ca. 1947–1962), der durch heftige ideologische Konflikte und hohe Militärausgaben gekennzeichnet war; die Zeit der Entspannung in den 1960er- und 1970er-Jahren; schließlich der zweite Kalte Krieg (1980–1989), der durch die sowjetische Invasion in Afghanistan (1979) ausgelöst und durch die Aufrüstungspläne Ronald Reagans forciert wurde. Aufgrund der im Zeitverlauf variierenden Konfliktintensität ist es unwahrscheinlich, dass der Kalte Krieg über Raum und Zeit einen einheitlichen Einfluss auf die Sozialpolitik ausgeübt hat. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die im Folgenden erörterten Mechanismen im Laufe der Zeit von unterschiedlicher Bedeutung waren. Drittens waren einige dieser Mechanismen nur für einen bestimmten Block, andere hingegen systemübergreifend von Bedeutung. Viertens sind diese Mechanismen eng miteinander verwoben und nicht immer empirisch klar voneinander abgrenzbar. Schließlich ist fünftens davon auszugehen, dass sich die Auswirkungen des Kalten Krieges auf die Sozialpolitik programmspezifisch sowie in Abhängigkeit von nationalen bzw. blockspezifischen Problemlagen unterscheiden. Mit der Diskussion verschiedener Kausalmechanismen skizziert dieser Beitrag einen Rahmen für eine systematische Analyse der Effekte des Kalten Krieges auf die Entwicklung des Wohlfahrtsstaates in West und Ost.
I. Der Kalte Krieg und die wohlfahrtsstaatliche Entwicklung: Mögliche Kausalmechanismen
Systemkonkurrenz als Supermechanismus
Der bipolare Regimewettbewerb ist der wichtigste Kausalmechanismus, der die Entwicklung des Wohlfahrtsstaates nach 1945 beeinflusst hat. Der Systemwettbewerb war im Kern ein Kampf um die Herzen und Köpfe der Menschen und damit letztlich um Massenloyalität. Die Rivalität zwischen dem Westen und den kommunistischen Ländern beschränkte sich nicht nur auf die militärische Aufrüstung. Die ideologische Konfrontation zweier diametral entgegengesetzter wirtschaftlicher, sozialer und politischer Regime setzte vielmehr einen umfassenden Systemwettbewerb in Gang, der sich auf nahezu alle Bereiche des politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebens erstreckte.[6] Im Zentrum dieser Systemkonkurrenz stand die Leistungsfähigkeit des jeweiligen Regimes. Dies betraf so unterschiedliche Bereiche wie Sport, Kultur, Wissenschaft, Technologie, Wirtschaftswachstum, Massenkonsum oder Vollbeschäftigung. Ein berühmtes Beispiel ist die »kitchen debate« zwischen Vizepräsident Richard Nixon und dem Ersten Sekretär der Sowjetunion, Nikita Chruščëv, auf der amerikanischen Nationalausstellung in Moskau 1959, wo beide Politiker vor laufender Kamera die Vor- und Nachteile des Kapitalismus und Kommunismus hitzig diskutierten.[7] Drei Jahre zuvor hatte die Sowjetunion einen friedlichen Systemwettbewerb mit dem Kapitalismus ausgerufen, und die kommunistische Führung zeigte sich zuversichtlich, dass der Sozialismus als Sieger aus diesem Wettstreit hervorgehen würde. Wirtschaftliche Entwicklung, Technologieführerschaft, Wohlstand und soziale Sicherheit wurden so zu zentralen Feldern des Regimewettbewerbs, der auch auf der Bühne internationaler Organisationen wie der International Labour Organization (ILO) ausgetragen wurde.[8]
Anerkennung und Unterstützung einer Herrschaftsordnung können entweder durch eine hohe Performanz des politischen Regimes (Output-Legitimität) oder/und die Beteiligung der Bevölkerung am politischen Entscheidungsprozess (Input-Legitimität) generiert werden.[9] Während sich die westlichen Demokratien auf beide Legitimationsquellen stützen konnten, bildete im autoritären Sowjetblock die Performanz des Regimes die alleinige Legitimationsbasis. Sie wurde immer wichtiger, je stärker die Repressionsschrauben angezogen wurden. Denn wie alle Autokratien litten die kommunistischen Regime nicht nur an einer »strukturellen Legitimationslücke«,[10] sondern sahen sich auch mit dem »Dilemma des Diktators« konfrontiert:[11] Autokratien können zwar politische Stabilität mit Repression gewährleisten, allerdings steigt damit auch die Gefahr eines politischen Umsturzes. In der Autokratieforschung wird zwischen zwei Strategien zur Revolutionsabwehr unterschieden.[12] Die erste besteht darin, jene Gruppen zu kooptieren, die für das politische Überleben eines autoritären Regimes essenziell sind. Alternativ kann Output-Legitimität durch die Verbesserung der materiellen und sozialen Lebensbedingungen für die Bevölkerung erzeugt werden. Als Ideokratien, die Gleichheit, Fortschritt, Vollbeschäftigung und umfassende soziale Absicherung versprachen, standen gerade die »kommunistischen Weltanschauungsdiktaturen«[13] diesbezüglich unter besonders hohem Handlungs- und Erfolgsdruck.[14] Die Erfüllung dieses Versprechens war jedoch unweigerlich an eine erfolgreiche wirtschaftliche Entwicklung geknüpft. In der Stalin-Ära sollte dieses Ziel vor allem durch die Weiterentwicklung der Schwerindustrie realisiert werden. Trotz durchaus bemerkenswerter Fortschritte und zunächst hoher Wachstumsraten konnten die kommunistischen Länder jedoch mit der Produktivität der kapitalistischen Volkswirtschaften auf Dauer nicht Schritt halten. Hinzu kam, dass die Sozialpolitik aus ideologischen Gründen zunächst sträflich vernachlässigt wurde und die Konsumgüterproduktion nur nachrangige Bedeutung besaß. Folglich driftete der Lebensstandard in den beiden Blöcken immer weiter auseinander und verschärfte zusammen mit dem massiven Ausbau des westlichen Wohlfahrtsstaates im Kontext des Nachkriegswirtschaftswunders die Legitimationsproblematik in den kommunistischen Regimen. Erst nach dem Tod Stalins im Jahr 1953 wurde in der Sowjetunion und den Ostblockstaaten die Sozialpolitik ausgebaut, wobei die Herrschaftssicherung, innenpolitische Stabilisierungsbestrebungen sowie die im Vergleich zu den westlichen Ländern geringen Sozialleistungen zentrale Handlungsmotive bildeten.[15] Allerdings blieben die Leistungen der nach dem XX. Parteitag der KPdSU (1956) forcierten Sozialpolitik auch in der Chruščëv-Ära auf einem insgesamt bescheidenen Niveau. Allen voran galt das für die Landbevölkerung. Die wachsende Unzufriedenheit und politische Aufstände in mehreren kommunistischen Ländern machten daher weitere Kurskorrekturen notwendig. Leonid Brežnev trieb zum Zweck der Herrschaftslegitimierung den Ausbau der Sozialpolitik weiter voran und versuchte zudem, die Konsumorientierung der Planwirtschaft zu stärken.[16] Auf dem XXIV. Parteitag der KPdSU im Jahr 1971 drängte er auch die Länder im Sowjetblock zum Ausbau und zur Modernisierung ihrer Sozialpolitik.[17] Dies bedeutete jedoch eine schwere ökonomische Bürde für die Planwirtschaften, zumal die Sozialausgaben in den Ostblockländern gemessen am wirtschaftlichen Entwicklungsstand vergleichsweise hoch waren.[18]
Aber auch für die westlichen Demokratien war der Systemwettbewerb eine Herausforderung. Bereits 1946 prognostizierte der ehemalige britische Diplomat und Historiker Edward Carr,[19] dass der Systemwettbewerb die westlichen Länder zu mehr Staatsintervention zwingen werde. Gerade in der unmittelbaren Nachkriegszeit, als große Teile Europas in Trümmern lagen, soziale Not herrschte und die Erinnerung an die Massenarbeitslosigkeit während der »Großen Depression« noch präsent war, stellte ein alternatives Wirtschafts- und Sozialmodell, das Gleichheit, ein Recht auf Arbeit und umfassenden Sozialschutz versprach, eine reelle Bedrohung dar, die die westlichen Regierungen unter Druck setzte, einen neuen Gesellschaftsvertrag für die Nachkriegszeit zu etablieren. Dies spiegelte sich deutlich in dem von den USA initiierten Marshallplan wider, mit dessen Hilfe Wirtschaftswachstum und Stabilität in Westeuropa erreicht werden sollten. Auf nationaler Ebene entwickelten die westeuropäischen Länder umfassende Reformpläne für die Nachkriegszeit, die soziale Sicherheit und Vollbeschäftigung in den Mittelpunkt rückten. Im Vereinigten Königreich begann die Labour-Regierung unter Premierminister Clement Attlee (1945–1951) mit der Planung eines Wohlfahrtsstaates, der auch den Wohnungsbau und einen nationalen Gesundheitsdienst umfasste.[20] In Skandinavien beschritten die dominierenden sozialdemokratischen Parteien neue Wege in ihren Nachkriegsprogrammen,[21] und selbst der dänische Konservative John Christmas Møller erklärte nach seiner Rückkehr aus dem Londoner Exil, dass »wir alle Sozialisten sind«[22] In Westdeutschland wurde währenddessen nach Kriegsende das Konzept der Sozialen Marktwirtschaft entwickelt.
All das war nicht zuletzt auch eine Reaktion auf die kommunistische Propaganda, die Arbeitslosigkeit als systeminhärente Geißel des Kapitalismus und damit als ein Problem brandmarkte, das im Sozialismus aufgrund verstaatlichter Produktionsmittel und eines Rechts auf Arbeit unbekannt sei. Eine spezielle Sozialpolitik sei im Sozialismus nicht nötig. Symbolisch wurde dies im Systemwettbewerb in einigen kommunistischen Ländern durch die Abschaffung der Arbeitslosenversicherung oder, wie 1950 in Ungarn, die Abschaffung des Ministeriums für Volkswohlfahrt untermauert.[23] Zudem wurde der Begriff »Sozialpolitik« in der Stalin-Ära tunlichst vermieden,[24] galt doch der westliche Wohlfahrtsstaat lediglich als eine Lazarettstation des Kapitalismus mit palliativer Wirkung.
Vor diesem Hintergrund führte der britische Historiker Eric Hobsbawm die Expansion des westlichen Wohlfahrtsstaates und die Entstehung des keynesianischen Nachkriegskompromisses maßgeblich auf die kommunistische Bedrohung und den Systemwettbewerb zurück: »All that made Western democracy worth living for its people – social security, the welfare state, a high and rising income for its wage earners […] – is the result of fear. Fear of the poor, and the largest and best organized block of citizens – the workers; fear of an alternative that really existed and that could really spread, notably in the form of Soviet communism. Fear of the system’s own instability. […] Whatever Stalin did to the Russians, he was good for the common people in the West. It is no accident that the Keynes-Roosevelt way of saving capitalism concentrated on welfare and social security, on giving the poor money to spend, and on the central tenet of post-war Western policies – and one specifically targeted to the workers – full employment.«[25]
Demnach hat der Regimewettbewerb im Kalten Krieg nicht nur einen Rüstungswettlauf, sondern auch einen Sozialpolitikwettlauf entfesselt. Empirisch ist dies für die Sozialausgaben nachgewiesen worden, wobei dieser Effekt in der Entspannungsphase der 1970er-Jahre am stärksten war.[26] Dieser parallele Ausgabenanstieg spiegelte nicht zuletzt den Ausbau der sozialen Sicherungssysteme auf beiden Seiten des Eisernen Vorhangs wider.[27] Darüber hinaus wurde gezeigt, dass die kommunistische Bedrohung im Kalten Krieg in den westlichen Ländern zu einer progressiveren Besteuerung und zu mehr Umverteilung führte.[28]
Guns-versus-butter trade-off
Der Wettbewerb um knappe öffentliche Finanzmittel ist ein zweiter kausaler Mechanismus zum Einfluss des Kalten Kriegs auf die Entwicklung des Wohlfahrtsstaates. Der durch den Systemwettbewerb induzierte Druck, die Sozialausgaben und die Verteidigungsausgaben zu erhöhen, erzeugte ein fiskalpolitisches Dilemma. Da es sich beim Kalten Krieg um einen latenten militärischen Konflikt handelte, der mehr als vier Jahrzehnte andauerte und im Globalen Süden sporadisch auch heiß wurde, ist ein crowding-out von Sozialausgaben durch hohe Rüstungsausgaben nicht unwahrscheinlich.[29] Beispielsweise drängten die USA die NATO-Bündnispartner selbst auf Kosten der Sozialausgaben zur Erhöhung des Militäretats. Pointiert bringt dies ein politischer Slogan der Republikaner aus den frühen 1950er-Jahren zum Ausdruck: »No more palookas, bring in the bazookas.«[30] Es muss im Hinblick auf einen möglichen guns-versus-butter trade-off jedoch unterschieden werden: Erstens sind programmspezifische Unterschiede wahrscheinlich, da die regulative und damit kostengünstige Sozialpolitik (z. B. die Arbeitnehmerschutzgesetzgebung) von einer Ressourcenkonkurrenz weit weniger betroffen ist als kostspielige Transferprogramme wie die Alters- und Gesundheitsversorgung. Zweitens spielte die nationale wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eine Rolle. Drittens lassen sich in einzelnen Fällen Wohlfahrtsreformen auf militärische Beweggründe zurückführen. Jennifer Light hat gezeigt, wie Verteidigungsexperten militärische Überlegungen in die Stadtplanung der Nachkriegszeit einbrachten. Auch der sowjetische Start des Satelliten Sputnik 1 im Jahr 1956 veranlasste Vertreter des US-Militärs, auf eine Reform des US-Bildungssystems zu drängen, um den vermeintlichen technologischen Rückstand gegenüber der Sowjetunion aufzuholen.[31] Schließlich variierten die Intensität des Kalten Krieges und damit auch die Militärausgaben im Zeitverlauf. Während die Verteidigungsausgaben in der Frühphase des Kalten Krieges und aufgrund des Koreakrieges sehr hoch waren, gingen sie in den westlichen Demokratien in der Entspannungsphase der 1970er-Jahre merklich zurück (Tabelle 1). In den 1980er-Jahren kam es vereinzelt wieder zu einem Anstieg der Rüstungsausgaben, als die Reagan-Administration ein neues Wettrüsten zur Bekämpfung des »Reichs des Bösen« entfesselte. Die Ausgabenprioritäten für guns und butter dürften daher je nach Intensität des Kalten Krieges und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Volkswirtschaften variiert haben. Wenn überhaupt, dann bestand im westlichen Block lediglich in der Frühphase des Kalten Krieges die Gefahr eines Verdrängungseffekts der Sozialausgaben durch hohe Militärausgaben.
Tabelle 1. Militärausgaben in % des BIP, 1950–1989 (Dekadendurchschnitte)[32]
Land | 1950–59 | 1960–69 | 1970–79 | 1980–89 |
USA | 10,4 | 8,8 | 6,0 | 6,4 |
Frankreich | 6,1 | 5,5 | 3,9 | 4,0 |
Westdeutschland | 3,7 | 4,3 | 3,4 | 3,2 |
Italien | 3,4 | 3,0 | 2,5 | 2,3 |
Kanada | 5,5 | 3,4 | 2,0 | 2,0 |
Großbritannien | 8,8 | 5,9 | 4,8 | 4,8 |
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Schweden | – | 4,0 | 3,4 | 2,8 |
Norwegen | 3,8 | 3,5 | 3,2 | 3,1 |
Dänemark | 2,8 | 2,8 | 2,3 | 2,3 |
Österreich | 1,7 | 1,2 | 1,1 | 1,2 |
Schweiz | 2,8 | 2,6 | 2,1 | 1,9 |
Niederlande | 4,9 | 3,9 | 3,2 | 3,1 |
Belgien | 4,0 | 3,3 | 3,1 | 3,1 |
Finnland | 1,8 | 1,7 | 1,4 | 1,9 |
Irland | 1,4 | 1,4 | 1,6 | 1,7 |
Anmerkungen: Die Militärausgaben sind für die 1950er-Jahre für einige Länder unvollständig, der Durchschnitt bezieht sich daher auf die vorhandenen Datenpunkte.
Demgegenüber war dieser fiskalische Zielkonflikt im Sowjetblock aufgrund der geringen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Planwirtschaften nicht nur viel relevanter, sondern auch für die gesamte Dauer des Kalten Krieges von Bedeutung. Spätestens seit den 1960er-Jahren war klar, dass der Westen in wirtschaftlicher Hinsicht dem sozialistischen Lager überlegen war. Hinzu kam, dass abgesehen von den hohen Rüstungsausgaben im Sowjetblock auch der Repressionsapparat im Inneren erhebliche Finanzmittel erforderte. Allein die Verteidigungsausgaben beanspruchten in der Sowjetunion im Jahr 1952 fast 24 Prozent des Staatshaushalts.[33] Es ist daher kein Zufall, dass der von Chruščëv initiierte Ausbau der Sozialpolitik von Kürzungen bei den Rüstungsausgaben begleitet wurde.[34] Mehr Belege gibt es hingegen dafür, dass der Ausbau der Sozialpolitik von den hohen Militärausgaben gebremst wurde.[35] Die geringe Produktivität der Planwirtschaften stellte die Ostblockstaaten vor einen praktisch nicht zu lösenden Zielkonflikt. Für die Sowjetunion bemerkt etwa der Historiker Stefan Plaggenborg: »Die Sozialpolitik verlangt rasch ins Unermessliche steigende Investitionen und riesige Subventionen bei gleichzeitig sehr hohen Rüstungsausgaben. Vor diesem Hintergrund erklärt sich auch die immer wiederkehrende Debatte über die grundsätzliche Ausrichtung der Planindustrie, das heißt, ob der Produktionsmittelsektor und die Rüstung vor der Konsumgüterindustrie zu fördern seien. Wie immer die Regierung sowie die Wirtschafts- und Planbehörden die Frage drehten und wendeten, das Problem der Effizienzsteigerung blieb bestehen«.[36] Die militärische Aufrüstung der USA in den 1980er-Jahren verstärkte in den kommunistischen Ländern dieses fiskalische Dilemma noch weiter, zumal die Ostblockländer in den 1960er- und 1970er-Jahren begonnen hatten, ihre Sozialpolitik auszubauen, um die wachsenden Legitimationsdefizite zu lindern. Dieser doppelte Ausgabendruck überforderte jedoch spätestens in den 1980er-Jahren die Kommandowirtschaften und trug maßgeblich zum Zusammenbruch des Staatssozialismus bei.
Der Wohlfahrtsstaat als dritter Weg zwischen Kapitalismus und Kollektivismus
Die bipolare Systemkonkurrenz stärkte im Westen die Legitimität des Wohlfahrtsstaats als Mittelweg zwischen dem Liberalismus US-amerikanischer Prägung und dem sowjetischen Kollektivismus. Das führte jedoch im Westen nicht zu sozialpolitischer Konvergenz, denn die westeuropäischen Länder beschritten unterschiedliche dritte Wege. Auf bürgerlicher Seite entwickelten deutsche Ökonomen wie Wilhelm Röpke und Alfred Müller-Armack in den späten 1940er-Jahren mit dem Konzept der Sozialen Marktwirtschaft einen mittleren Weg, der ordoliberale Vorstellungen in der Wirtschaftspolitik mit sozialpolitischen Maßnahmen zur Einhegung der negativen Folgen des Kapitalismus verknüpfte. Sozialdemokratische Parteien verfolgten in den 1950er-Jahren die Idee eines demokratischen Sozialismus[37] So warb zu Beginn des Kalten Krieges die britische Labour-Regierung unter Verweis auf die zwischen 1946 und 1951 verabschiedeten Wohlfahrtsreformen für einen »europäischen dritten Weg« zwischen den beiden Blöcken.[38] Ganz links traten in Südeuropa die Eurokommunisten in den 1960er-Jahren für eine von Moskau unabhängige, liberalere Version des Kommunismus ein.[39] Der Kalte Krieg war also nicht nur eine ideologische Zwangsjacke, sondern begünstigte insbesondere in Westeuropa auch ideologische Innovationen.
Gleichzeitig wurde dieser mittlere Weg von den westeuropäischen Regierungen zur Eindämmung des Kommunismus instrumentalisiert. Bereits 1951 sah der Politikwissenschaftler und Ökonom Klaus Knorr im europäischen Wohlfahrtsstaat ein Bollwerk gegen den Kommunismus, indem er feststellte, »it is plausible that the democratic welfare state is the most constructive defense of the free world against Communist expansion, for it offers to many societies, rightly or wrongly dissatisfied with the free-enterprise economy they had, an alternative to the attractions of communism«. Knorr warb mit Blick auf eine sozialstaatskritische amerikanische Leserschaft um Verständnis für den europäischen Sozialstaat und forderte, »that, in their schemes for organizing the free world against the Soviet threat, American policymakers should fully recognize this special contribution made by the western European welfare states«.[40] In Europa war eine solche Überzeugungsarbeit nicht notwendig. Politiker wie der deutsche Sozialdemokrat Ludwig Preller erkannten von sich aus die große Bedeutung der Sozialpolitik im Regimewettbewerb, als er 1953 erklärte, dass gerade im Kalten Krieg die Bataillone der besseren Sozialleistungen entschieden. Auch in Nordeuropa war der Wohlfahrtsstaat ein »vital instrument in the cold war struggle against communism«.[41] Die kleinen Länder Nordeuropas haben in enger Zusammenarbeit einen nordischen dritten Weg entwickelt. Geostrategisch waren Dänemark und Norwegen Teil des Westblocks, Schweden war neutral, aber fest in der westlichen Welt verankert, während Finnland aufgrund der Nähe zur Sowjetunion zu Zurückhaltung gezwungen war. Überall wurde aber der nordische Wohlfahrtsstaat bzw. das nordische Wohlfahrtsstaatsmodell als Mittelweg zwischen dem amerikanischen Kapitalismus und dem Kommunismus gesehen – mit klar westlicher Ausrichtung auf Marktwirtschaft und liberale Demokratie. Vor allem die Sozialdemokraten vermarkteten die Idee eines dritten Weges. Dies hatte einerseits innenpolitische Gründe, nämlich die Abgrenzung des »demokratischen Sozialismus« von der kommunistischen Variante des Sozialismus, andererseits spielten außenpolitische Überlegungen eine Rolle, zumal das nordische Wohlfahrtsmodell ab den 1960er-Jahren Bestandteil einer nationalen »Werbestrategie« zur Stärkung des nordischen Einflusses auf der internationalen politischen Bühne war.[42] Mit dem dritten Weg wollten sich die nordischen Länder als Brückenbauer und Vermittler zwischen den Blöcken profilieren. In einem 1953 von allen nordischen Sozialministern gemeinsam herausgegebenen Buch mit dem Titel Freedom and Welfare wurde diese Strategie ausdrücklich in den Kontext des Kalten Krieges gestellt. Dies wurde im Vorwort durch die Bezugnahme auf Freiheit, Demokratie und Menschenrechte klar betont: »All five countries are parliamentary democracies, and it is as free democracies dedicated to the basic humanitarian rights that they have worked and are working today to promote the welfare of their people.«[43]
Selbst innerhalb des kommunistischen Blocks beschritt Titos Jugoslawien in der Wirtschafts- und Sozialpolitik einen dritten Weg, der durch Blockfreiheit und Modernisierung gekennzeichnet war.[44] Dies stieß in Westeuropa auf positive Resonanz, da das jugoslawische Modell als eine Art Sozialismus unter Ausschluss Moskaus angesehen wurde. Jugoslawien wiederum profitierte wirtschaftlich von diesem Sonderweg durch den Zugang zu Krediten bei US-kontrollierten Organisationen wie dem IWF und der Weltbank. Zusammen mit den Rücküberweisungen von Gastarbeitern und der liberaleren Wirtschaftspolitik entstand in den 1960er- und 1970er-Jahren eine sozialistische Konsumgesellschaft. Das im Vergleich zu den Mangelwirtschaften des Ostblocks relativ hohe Wohlstandsniveau machte Jugoslawien zum »westlichste[n] Land des Ostens«.[45]
Sowohl für Jugoslawien als auch für die nordischen Länder gilt jedoch, dass ihr Weg fest in einem der beiden Lager des Kalten Krieges verwurzelt war. Eine Infragestellung der Lagerzugehörigkeit war nicht ohne Risiko. Die Sowjetunion akzeptierte nur widerwillig, dass Jugoslawien »abtrünnig« wurde, und im Falle der DDR 1953, Ungarns 1956 oder der Tschechoslowakei 1968 war die Toleranzgrenze viel niedriger. Im Westen gab es hingegen einen viel größeren Spielraum für die Etablierung starker Wohlfahrtsstaaten, die sich zum Teil deutlich vom eher marktorientierten amerikanischen Modell abhoben. Allerdings geschah dies nicht ohne scharfe Kritik seitens der westlichen Supermacht. Vor allem für die US-Republikaner waren die europäischen Wohlfahrtsstaaten quasi sozialistische Experimente oder Vorboten des Sozialismus.[46] Als der Labour MP und Vater des britischen National Health Service, Aneurin Bevan, im Jahr 1949 die USA besuchte, berichteten US-Medien, dass dieses sozialistische Experiment aus Mitteln des Marshallplans und damit von den US-Steuerzahlern mitfinanziert werde.[47] Auch die nordischen Länder gerieten mehrmals in die Kritik. So bemerkte Präsident Eisenhower im Jahr 1960, dass die nordischen Wohlfahrtsstaaten hohe Selbstmordraten und Drogenmissbrauch begünstigen würden.[48]
Kommunistische Parteien als Antreiber von Sozialstaatsexpansion
Die Präsenz und Aktivitäten kommunistischer Parteien in Westeuropa sind ein weiterer Kausalmechanismus, der den Kalten Krieg mit Sozialpolitik verbindet. Wenn im Einklang mit Hobsbawm die kommunistische Gefahrenabwehr ein Leitmotiv für den Ausbau des westlichen Wohlfahrtsstaates bildete, [49] dann stellen kommunistische Parteien ein wichtiges missing link dar.[50]
Da kommunistische Parteien während des Zweiten Weltkrieges eine führende Rolle im Widerstand gegen den deutschen und italienischen Faschismus spielten,[51] erzielten sie in der unmittelbaren Nachkriegszeit in einer Reihe von westeuropäischen Ländern beachtliche Wahlerfolge (Abbildung 1) und wurden nach Kriegsende vielerorts in nationale Einheitsregierungen eingebunden. Innenpolitisch übten sie Druck auf andere Parteien aus, indem sie die vermeintlichen sozialistischen Errungenschaften priesen und auf umfassende Sozialreformen und Staatsintervention in der Wirtschaftspolitik drängten. Gemeinsam mit der Friedensbewegung und mit Verweis auf den guns-versus-butter trade-off protestierten kommunistische Parteien im frühen Kalten Krieg gegen die Wiederaufrüstung. Kommunistische Parteien nutzen zudem ihre regionalen und lokalen Hochburgen als sozialpolitische Experimentierfelder. Dabei war das Verhältnis zwischen den kommunistischen Parteien und dem westlichen Wohlfahrtsstaat ideologisch durchaus zwiespältig, zumal die kommunistischen Parteiprogramme und Schriften jener Zeit den westlichen Wohlfahrtsstaat als kapitalistisches Märchen, Krankenstation und Reparaturbetrieb des Kapitalismus ablehnten. Obwohl »wahre Wohlfahrt« für alle Bürger unter kapitalistischen Bedingungen unmöglich sei, drängten die Kommunisten dennoch auf umfassende Sozialreformen. Neben ihrer Vertretung in Legislative und Exekutive erfolgte eine kommunistische Einflussnahme auch über Gewerkschaften, zivilgesellschaftliche Organisationen wie die Friedensbewegung sowie durch verdeckte Operationen.
Abbildung 1: Stimmenanteil kommunistischer Parteien bei der ersten nationalen Wahl in der Nachkriegszeit[52]
Die westeuropäischen Regierungen konnten gerade in der krisengeschüttelten Nachkriegszeit solche sozialpolitischen Forderungen nicht ignorieren. Allerdings ist es schwierig, den konkreten Einfluss kommunistischer Parteien auf Sozialreformen nachzuweisen. Fakt ist jedoch, dass ihre die Aktivitäten den Zeitpunkt von Sozialreformen beeinflusst haben. Ein Beispiel ist die umfassende Reform der Alterssicherung in Dänemark im Jahr 1956, die von der sozialdemokratischen Regierung als Folge eines landesweiten Streiks, der die Stellung der Kommunisten innerhalb der Gewerkschaften stärkte, vorangetrieben wurde.
In Frankreich hatte die Kommunistische Partei die Verantwortung für das Ministerium für Arbeit und soziale Sicherheit, als die Reformen verabschiedet wurden, die den Grundstein für den Wohlfahrtsstaat der Nachkriegszeit legten. Die Kommunisten beanspruchten damals eine führende Rolle bei der Weiterentwicklung und Verteidigung des Wohlfahrtsstaates. Als sie sich 1947 aus der Regierung der nationalen Einheit zurückzogen, bildete die Verwaltung der zentralen und lokalen Wohlfahrtseinrichtungen (z. B. Sozialversicherungs- und Familienbeihilfekassen) einen Streitpunkt zwischen den politischen Parteien und den prokommunistischen und christlichen Gewerkschaften.[53] Auch Italiens einflussreiche Kommunistische Partei schied 1947 aus der Regierung aus. Der Zeitraum von 1947 bis 1958 war von harten politischen Auseinandersetzungen geprägt, die stark von der Logik des Kalten Krieges beeinflusst waren. Die antikommunistische zentristische Regierungskoalition implementierte moderate Sozialreformen (z. B. Landreform und sozialer Wohnungsbau) nicht zuletzt mit dem Ziel, einen Wahlerfolg der Kommunisten zu verhindern.[54] Allerdings war die Lagerbildung zwischen den Kommunisten und den Regierungsparteien nicht immer eindeutig. So verabschiedeten die Christdemokraten und Sozialisten 1970 eine umfassende, von den Kommunisten aber heftig bekämpfte Reform des Arbeitsrechts, während die Sozialdemokraten und Kommunisten die Einrichtung des Nationalen Gesundheitsdienstes im Jahr 1978 forcierten, der damals zu den wenigen universalistischen Gesundheitssystemen in Westeuropa zählte.[55] Diese Maßnahmen trugen nicht zuletzt zu einer strukturellen Umgestaltung des italienischen Wohlfahrtsstaates bei.[56] Auf lokaler Ebene verfolgten die Kommunisten in ihren Wahlhochburgen einen reformistischen Ansatz, der auch sozialpolitische Initiativen wie den Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen beinhaltete.[57] Diese lokalen Initiativen dienten als Laboratorium für die nationale Politik und füllten überdies wichtige Lücken des italienischen Wohlfahrtsstaates.
Selbst als kleine oppositionelle Minderheitenpartei konnten die Kommunisten Druck auf Sozialreformen ausüben. So verfolgten sie in Dänemark die Strategie, Sozialreformen aus dem Parteiprogramm der Sozialdemokraten vorzuschlagen, was die sozialdemokratische Regierung in die zwiespältige Lage brachte, entweder die »kommunistischen« Vorschläge zu unterstützen oder ihre eigenen Reformideen aufgrund fehlender Mittel abzulehnen.[58]
Seit den 1970er-Jahren ließ der Einfluss der kommunistischen Parteien jedoch allmählich nach. Chruščëvs Geheimrede auf dem XX. Parteitag der KPdSU in Moskau 1956 und die folgenden Militärinterventionen in Ungarn (1956) und der Tschechoslowakei (1968) delegitimierten die kommunistischen Parteien in den meisten westlichen Ländern, was ihren politischen Einfluss drastisch reduzierte.[59]
Kalter Krieg und wohlfahrtsstaatliche Strukturen: Der Einfluss des Antikommunismus auf die ideologische Neuausrichtung von Parteien und politische Koalitionsbildungsprozesse
Der rasche Zerfall der alliierten Militärkoalition nach dem Sieg über Nazideutschland und die zunehmenden Spannungen zwischen den Supermächten, die schließlich in den Kalten Krieg mündeten, veränderten die Stellung der kommunistischen Parteien in den politischen Systemen Westeuropas grundlegend. Das Aufflammen des Antikommunismus im beginnenden Kalten Krieg führte zusammen mit den vielfältigen kommunistischen Propagandaaktivitäten zur Ausgrenzung und/oder Unterdrückung westlicher kommunistischer Parteien. Nun gewannen alte Narrative, die ihre Loyalität zur liberalen Demokratie infrage stellten und kommunistische Parteien als trojanisches Pferd der Sowjetunion betrachteten, wieder an Bedeutung. 1947 war das annus horribilis für den Kommunismus in Westeuropa.[60] In Frankreich, Italien, Belgien, Österreich und Luxemburg wurden die Kommunisten entweder aus der Regierung verbannt oder zogen sich aus eigenen Stücken zurück. In Dänemark und Norwegen geschah dies bereits 1945. In Island traten die Kommunisten 1946 als Reaktion auf die Einrichtung eines US-Luftwaffenstützpunktes aus der Regierung aus, während sich die finnischen Kommunisten 1948 aus der Regierung verabschiedeten. In anderen Ländern wurden kommunistische Parteien verboten. Dies war neben den faschistischen Diktaturen in Spanien und Portugal sowie Griechenland nach dem Bürgerkrieg auch in Westdeutschland (1956) der Fall.
Der durch den Kalten Krieg entfesselte Antikommunismus in der westlichen Welt hatte zwei wichtige politische Auswirkungen, die indirekt Niederschlag in der strukturellen Ausgestaltung des Wohlfahrtsstaates nach 1945 fanden. Zum einen trug der Antikommunismus zur ideologischen Neuausrichtung der europäischen Massenparteien bei, zum anderen beeinflusste er in weiterer Folge die politischen Koalitionsbildungsprozesse in Ländern mit Verhältniswahlrecht. Politische Koalitionsbildungsprozesse spielen in der vergleichenden Wohlfahrtsstaatsforschung für die Erklärung von Unterschieden in der strukturellen Architektur von Wohlfahrtsstaaten und den davon abgeleiteten Wohlfahrtsstaatstypologien eine zentrale Rolle.[61] Neben dem kommunistischen Wohlfahrtsmodell (und seinen Untervarianten) unterscheidet die vergleichende Wohlfahrtsstaatsforschung traditionell zwischen drei bzw. unter Berücksichtigung des südeuropäischen Sozialstaatsmodells zwischen vier Welten des Wohlfahrtskapitalismus.[62] Diese Modelle kamen erst nach dem Zweiten Weltkrieg zur vollen Entfaltung und wir argumentieren in diesem Abschnitt, dass der Kalte Krieg dabei indirekt eine Rolle spielte.
Maßgeblich dafür war, dass der Kalte Krieg und der damit einhergehende Antikommunismus eine ideologische Neuausrichtung der europäischen Massenparteien beförderten, die im Folgenden in allen westlichen Demokratien mit Verhältniswahlrecht die politischen Koalitionsbildungsprozesse beeinflusste. Diese programmatische Rekalibrierung gewann vor allem in den 1950er- und 1960er-Jahren an Dynamik. Insbesondere beschleunigte die Polarisierung des Kalten Krieges die Entmarxifizierung der westlichen Sozialdemokratie. Typische Beispiele sind das Bad Godesberger Programm der SPD von 1959 sowie die revisionistischen Tendenzen innerhalb der britischen Labour Party, die die soziale Gleichheit und den Wohlfahrtsstaat zu den wesentlichen Zielen eines demokratischen Sozialismus erkor.[63] Sozialdemokratische Parteien und ihre Wählerschaft sahen den Wohlfahrtsstaat als ein Instrument aus dem Arsenal der Demokratie, um den kommunistischen Gegenspielern etwas entgegenzusetzen, während er in wirtschaftlicher Hinsicht als Mittel zur Stabilisierung des Kapitalismus betrachtet wurde.[64] Auch die politische und militärische Westintegration sowie die Marktwirtschaft erfuhren nun eine breitere Unterstützung durch die Sozialdemokraten, während angesichts der kommunistischen Bedrohung die Unterstützung für den Wohlfahrtsstaat auch im bürgerlichen Lager zunahm. Der Antikommunismus schürte also einen ideologischen Revisionismus innerhalb der sozialdemokratischen und bürgerlichen Parteien, sodass ungeachtet aller Konflikte über seine konkrete Ausgestaltung lagerübergreifend ein Grundkonsens über den Wohlfahrtsstaat entstand.[65] Diese programmatische Neuausrichtung in Verbindung mit den traumatischen Erfahrungen des Krieges und der Weltwirtschaftskrise verringerte die ideologischen Unterschiede zwischen den Sozialdemokraten und den bürgerlichen Parteien. Auf dem europäischen Kontinent ebnete dies den Weg für eine politische Koalition aus Christ- und Sozialdemokraten (meist mit den Sozialdemokraten als Juniorpartner), die den raschen Ausbau des Wohlfahrtsstaates entlang der tradierten bismarckschen Strukturen vorantrieb.[66] Auch in Nordeuropa kam es zwischen den Sozialdemokraten und den bürgerlichen Parteien im Kontext des Kalten Krieges zu einer Annäherung.[67] Der Kalte Krieg festigte und verbreiterte dort die klassenübergreifende Koalition zwischen Sozialdemokraten und Agrarparteien, die in den 1930er-Jahren vor dem Hintergrund der Großen Depression und schwerer Spannungen zwischen dem reformistischen und dem radikalen Flügel der Arbeiterbewegung entstanden war.
Während kommunistische Parteien fast überall in Westeuropa mit dem Einsetzen des Kalten Krieges massiv an Wählerstimmen verloren, stellten Finnland, Italien und Frankreich Ausnahmen dar. Finnland war aufgrund des Krieges mit und der Nähe zur Sowjetunion ein Sonderfall. Mit dem Waffenstillstandsabkommen wurde 1944 das bisherige Verbot der Kommunistischen Partei aufgehoben, und die Kommunisten spielten danach eine bedeutende Rolle in der Innenpolitik, was in den späten 1960er-Jahren in einer Volksfrontregierung gipfelte.[68] In Italien und Frankreich lieferten sich Sozialdemokraten und Kommunisten einen erbitterten Wettstreit um die Vorherrschaft im linken Lager. Die Spaltung der politischen Linken und die Präsenz starker kommunistischer Parteien hatte aber beträchtliche Auswirkungen auf die strukturelle Ausgestaltung der Sozialpolitik. Vor allem der italienische Fall ist hier besonders instruktiv. Der Kalte Krieg und die damit verbundene Einmischung der USA in die italienische Innenpolitik sorgten dafür, dass der Partito Comunista Italiano aus der Regierung der nationalen Einheit ausgeschlossen und jahrzehntelang auf die Oppositionsbank verbannt wurde. Dies verschaffte der Democrazia Cristiana eine langfristige hegemoniale Position in der Innenpolitik. Der Kalte Krieg konservierte somit die nach dem Ersten Weltkrieg entstandene extreme Polarisierung im italienischen Parteiensystem.[69] Die Folge waren heftige politische Auseinandersetzungen zwischen dem von der Christdemokratie angeführten Regierungsblock und einer starken kommunistischen Opposition, die im außerparlamentarischen Raum von militanten kommunistischen Gewerkschaften unterstützt wurde. Die zur Konfliktbewältigung gewählten Problemlösungsroutinen erklären maßgeblich die strukturellen Besonderheiten des südeuropäischen Wohlfahrtsstaatsmodells. Dazu gehören ein hoher Beschäftigungsschutz für meist männliche Kernbelegschaften, die starke berufsgruppenspezifische Fragmentierung der sozialen Sicherungssysteme, das Fehlen einer sozialen Grundsicherung, sehr hohe Renten mit geringen Zugangsbarrieren als Folge von politischem Klientelismus und Patronage, ein hoher Familismus und konflikthafte industrielle Beziehungen.[70]
In den USA festigte der Kalte Krieg wiederum das traditionelle liberale Sozialmodell. Der grassierende Antikommunismus trug dazu bei, dass das große Sozialstaatsversprechen der Kriegszeit in Gestalt von Präsident Roosevelts »Second Bill of Rights« (1944) nach Kriegsende weitgehend unerfüllt blieb, obwohl sich Präsident Truman zu diesem Zeitpunkt für einen massiven Ausbau des Sozialstaates einsetzte und dies nicht zuletzt mit dem Systemwettbewerb begründete: »It is especially important to strengthen our social-security system at this critical time, when the false claim is constantly being made that democratic societies cannnot protect their people from the economic and social uncertainties of modern civilization.«[71] Die panikartige red scare bremste in den späten 1940er- und den 1950er-Jahren den Ausbau des Wohlfahrtsstaates nicht nur in ideologischer, sondern auch in praktischer Hinsicht, da der McCarthyismus auch reformorientierte Beamte in der Staatsverwaltung ins Visier nahm.[72] In den 1960er-Jahren wurde diese Repressionsphase überwunden und mit Präsident Lyndon B. Johnsons »Krieg gegen die Armut« erfolgte nun auch ein Ausbau der Sozialpolitik.[73]
Im kommunistischen Block waren politische Koalitionsbildungsprozesse hingegen bedeutungslos. Die politische Entwicklung war vielmehr durch die Beseitigung der Demokratie und die Herausbildung eines kommunistischen Herrschaftsmonopols geprägt. Sowjetrussland und die neuen Volksdemokratien in Osteuropa wurden formell oder de facto von einer einzigen Partei kontrolliert. Die Ablösung der Nachkriegskoalitionen zwischen Sozialdemokraten und Kommunisten durch kommunistische Einparteienregime ebnete in den späten 1940er-Jahren den Weg für die Kollektivierung und die Sowjetisierung der Sozialpolitik, auch wenn diese zunächst nicht offiziell als solche bezeichnet wurde. Der Aufstieg der kommunistischen Diktaturen ging mit einer tiefgreifenden strukturellen Umgestaltung der Wohlfahrtsstaaten in den staatssozialistischen Ländern einher.[74]
Politikdiffusion im Kalten Krieg
Beide Blöcke waren Zonen intensiver Politikdiffusion, wodurch die räumliche Ausbreitung von Policies über klassische Diffusionsmechanismen wie Zwang, Lernen und Nachahmung, aber auch durch Finanzhilfen forciert wurde. Dies gilt neben der Sozialpolitik vor allem für die Wirtschaftspolitik, aber auch für viele Bereiche der Gesellschaftspolitik. Beide Großmächte waren zentrale Akteure und Vorbilder. Vor allem zu Beginn des Kalten Krieges fanden Politiktransfer und transnationale Politikdiffusion jedoch hauptsächlich blockintern statt, was zu einer scharfen Abgrenzung der Sozial- und Wirtschaftsmodelle zwischen den Blöcken beitrug und den Systemwettbewerb intensivierte.
In wirtschaftlicher Hinsicht restrukturierte der Kalte Krieg die internationale Wirtschaftsordnung und prägte auf diese Weise in hohem Maße die ökonomischen Grundlagen für den Ausbau des Wohlfahrtsstaates sowie den public-private mix der sozialen Sicherheitssysteme. Im westlichen Lager bildeten Marktwirtschaft und Freihandel die Eckpfeiler eines Wirtschaftssystems, das Wirtschaftswachstum und Wohlstand für alle schaffen sollte. Im Gegensatz dazu verfolgte das sozialistische Lager eine stark staatszentrierte Modernisierungsstrategie, basierend auf zentraler Planwirtschaft und öffentlichem Eigentum. In beiden Lagern setzte sich die Hegemonialmacht auf der internationalen Bühne aktiv für die jeweilige Wirtschaftsordnung ein. So unterstützen die USA im frühen Kalten Krieg sehr aktiv die Ausbreitung und Stabilisierung der Marktwirtschaft, wobei den Bretton-Woods-Institutionen wie Internationaler Währungsfonds und Weltbank sowie den GATT-Vereinbarungen eine wichtige Rolle zukam. Da nach Einschätzung der USA die vom Krieg zerrütteten europäischen Volkswirtschaften kurzfristig nicht in der Lage waren, einen Modernisierungsprozess aus eigener Kraft durchzusetzen, entwickelten die Vereinigten Staaten eine umfassende Strategie für den wirtschaftlichen Wiederaufbau in Europa. Maßgeblich hierfür war der Kalte Krieg, zumal Armut und materielle Not sowohl in Europa als auch im Globalen Süden als Nährboden für die Ausbreitung des Kommunismus gesehen wurden. Der 1948 von den Vereinigten Staaten finanzierte Marshallplan zielte zwar auf die Beschleunigung des Wiederaufbaus in Europa, im Wesentlichen ging es aber um politische Stabilisierung und den Ausbau internationaler Zusammenarbeit zur Eindämmung des Kommunismus in Kontinentaleuropa.[75] Zwar wird in der Literatur die Bedeutung des Marshallplans bei der Ankurbelung des wirtschaftlichen Aufschwungs auch kritisch gesehen und auf Konflikte zwischen den USA und den europäischen Partnern bei der Umsetzung des Plans hingewiesen.[76] Dennoch trug er wesentlich zur inneren Konsolidierung des »Westens« bei und unterstrich zudem das Interesse der USA an der sozioökonomischen Stabilisierung Westeuropas.[77] Darüber hinaus setzte der Marshallplan weitere Prozesse in Gang, die während des goldenen Zeitalters des westlichen Kapitalismus die europäischen Staaten stabilisierten: die Einbindung von Gewerkschaften und Arbeiterparteien in den Staat, den Ausbau des Wohlfahrtsstaates und den Prozess der europäischen Integration.[78] Die Schaffung eines gemeinsamen europäischen Marktes beförderte Produktivitätssteigerungen, industrielle Modernisierung und Beschäftigung und führte über eine höhere Kaufkraft zur Verbesserung des Lebensstandards der Arbeitnehmer. Infolgedessen verzeichneten die westeuropäischen Länder ein außergewöhnlich hohes Wirtschaftswachstum, das wiederum eine entscheidende Voraussetzung für den Ausbau des Sozialstaates bildete.
Auf der anderen Seite des Eisernen Vorhangs sahen sich auch die Volksdemokratien in der unmittelbaren Nachkriegszeit mit großen wirtschaftlichen Problemen konfrontiert. Einige Länder wie die DDR hatten sogar die Last der Kriegsschulden gegenüber der Sowjetunion zu tragen. Die USA luden zwar alle europäischen Länder zur Teilnahme am Marshallplan ein, die osteuropäischen Länder mussten dieses Angebot jedoch ablehnen. Der 1949 gegründete Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe (COMECON) bildete die sowjetische Antwort auf den Marshallplan. Diese Organisation mit Sitz in Moskau förderte den transnationalen Informationsfluss zwischen sowjetischen Experten und ihren Kollegen in den Mitgliedstaaten sowie die Koordinierung der nationalen Planungs- und Wirtschaftspolitiken im Sowjetblock.[79] Nach Einführung des kollektivistischen Wirtschaftsmodells konzentrierten sich die osteuropäischen Länder zunächst auf die Schwerindustrie und durchliefen ähnlich wie ihre kapitalistischen Pendants eine Phase wirtschaftlicher Modernisierung. Allerdings konnten die Planwirtschaften, die Produktion und Eigentum der öffentlichen Hand überließen und Güter und Dienstleistungen zentral zuteilten, langfristig nicht mit der wirtschaftlichen Entwicklung im Westen mithalten.
Diese beiden gegensätzlichen Wirtschaftssysteme und die zu Beginn des Kalten Krieges unternommenen Versuche zur wirtschaftlichen Stabilisierung und Förderung des Wirtschaftswachstums bildeten in beiden Blöcken die Grundlage für den Ausbau und die Umstrukturierung staatlicher Sozialpolitik. Obwohl Wohlfahrtsstaaten nationale Institutionen sind und durch nationale Gesetzgebung geschaffen wurden, haben sie sich nicht unabhängig von ihrer Systemumwelt entwickelt, sondern wurden auch durch transnationales Lernen, Leistungsvergleiche, Wettbewerb und Zwang geprägt. Wie bei der Wirtschaftspolitik fand die Diffusion von Sozialpolitik jedoch während des frühen Kalten Krieges blockintern statt und war im Ostblock von größerer Bedeutung, weil hier mit Zwang ein im Westen unbekannter Mechanismus für Politikdiffusion zur Anwendung kam. Aus diesem Grund und weil die Expansion des westlichen Wohlfahrtsstaates in den bereits vor dem Kalten Krieg etablierten Bahnen verlief, waren die Unterschiede in der Sozialpolitik im Westen viel größer.[80] Im Gegensatz dazu beförderte der Regimewechsel im sozialistischen Block die Herausbildung einer ähnlichen Sozialpolitik, zumal diese einer Außensteuerung durch die Sowjetunion unterlag. Diese beinhaltete einen mehr oder weniger zwangsweisen Politiktransfer, wie etwa die stalinistische Umstrukturierung der osteuropäischen Sozialversicherungssysteme in den späten 1940er- und frühen 1950er-Jahren zeigt. Auch der Ausbau der Sozialpolitik nach Stalins Tod erfolgte im Ostblock im Gleichklang. Das Ende der Stalin-Ära beendete auch die Abschottung der beiden Blöcke und wurde schließlich in der Entspannungsphase gänzlich überwunden, als Sozialpolitikexperten nun blockübergreifend im Rahmen internationaler Organisationen wie der ILO in Austausch treten konnten.[81] Auch wenn Vertreter aus beiden Blöcken in der ILO vertreten waren, verhärtete die Systemkonfrontation die sozialpolitischen Unterschiede. Insgesamt forcierte die ILO die Verbreitung des westlichen Modells sozialer Sicherheit, wobei sie im Kalten Krieg hauptsächlich im Globalen Süden aktiv war.[82]
Während die Sowjetunion aktiv auf die Sozialpolitik im Ostblock Einfluss nahm, spielten die USA als sozialpolitischer Impulsgeber im Westen keine Rolle. Ein Politiktransfer aus den USA nach Europa war selten und blieb auf Bereiche wie Sozialarbeit, öffentliche Gesundheit und Familienberatung beschränkt.[83] Bedeutender war hingegen, dass die USA nach 1945 zu einem gesellschaftspolitischen Modernisierungsmodell für Westeuropa wurden. Dazu gehörte etwa die Propagierung des »American Way of Life«. So meinte ein amerikanischer Geschäftsmann, »dass ein Supermarkt viele Ismen aufwiegen kann«.[84] Die Amerikanisierung Westeuropas umfasste ein breites Spektrum von Themen wie die Konsumgesellschaft, Geschlechter- und Familienrollen,[85] Jugendkultur und Religion. Sie führte aber nicht zu Politikkonvergenz, da diese externen Einflüsse mit bereits bestehenden nationalen Traditionen verschmolzen und konkurrierten. Allerdings ist das Zusammenwachsen des Westens ohne die allgemeine Akzeptanz der USA als Hegemon und in gewissem Maße auch als Vorbild kaum vorstellbar. Dies ist in der sogenannten Amerikanisierungsliteratur gut untersucht,[86] die sich nicht nur auf den kulturellen Einfluss der USA konzentriert, sondern auch amerikanische Einflüsse auf das Konsumverhalten, die industrielle Produktion und Organisation oder die Sozialwissenschaften in der Zeit des Kalten Krieges beleuchtet.[87] Wichtige sozialwissenschaftliche Disziplinen wie Ökonomie, Soziologie, Politikwissenschaft und Sozialpsychologie wurden in der Zeit nach 1945 auf der Grundlage amerikanischer Theorien und Methoden durch wissenschaftlichen Austausch und die Übersetzung von Lehrbüchern etabliert und weiterentwickelt.[88] Diese Disziplinen bildeten das wissenschaftliche Rückgrat jener Sozialpolitikexperten und Beamten, die Sozialreformen planten und implementierten. So wurde in Dänemark 1958 nach amerikanischem Vorbild das sehr einflussreiche dänische Institut für Sozialforschung an der Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Politik gegründet, um eine starke wissenschaftsbasierte Politikgestaltung und -planung zu ermöglichen.
Treibende Kraft des grenzüberschreitenden Ideen- und Politikaustauschs waren große amerikanische Stiftungen wie die Rockefeller und die Ford Foundation. Hinzu kamen das Fulbright-Programm, die technischen Programme im Rahmen des Marshallplans sowie zahlreiche bilaterale Hilfs- und Austauschprogramme. Sie ermöglichten führenden Sozialwissenschaftlern, politischen Entscheidungsträgern, Politikern und Experten einen Besuch in den USA und erleichterten umgekehrt US-Experten den Besuch in Europa. Dieser Einfluss amerikanischer Stiftungen begann zwar bereits in der Zwischenkriegszeit, aber gerade in der Zeit des Kalten Krieges bildeten diese Stiftungen zusammen mit den von der US-Regierung initiierten Programmen ein breites Geflecht an Einrichtungen, die einen engen Dialog und Politiktransfer zwischen den USA und der westlichen Welt ermöglichten.
Auch innerhalb des kommunistischen Lagers gab es einen bedeutenden Transfer von Ideen, Modellen und Expertise. Dieses Netzwerk erstreckte sich auf die osteuropäischen Länder, China sowie später auf die neuen unabhängigen Länder. Die Sowjetisierung Osteuropas erfolgte schrittweise und dieser Prozess umfasste nicht nur die Umsetzung des sowjetischen Wirtschafts- und Politikmodells, sondern gründete auch auf einer Soft-Power-Strategie, die die Verbreitung sowjetischer Kultur, Technologie und Lebensweise förderte.[89] Außerhalb Europas versuchten die kommunistischen Führer, den sowjetischen Sozialismus an die nationalen Gegebenheiten anzupassen. Dies war zunächst in Maos China der Fall.[90] Zur Förderung dieses Prozesses schuf die UdSSR internationale Organisationen, um die osteuropäischen und neuen unabhängigen Länder im Globalen Süden bei der sozialistischen Planung und industriellen Entwicklung zu unterstützen.[91]
Eine blockübergreifende Diffusion stand während des Kalten Krieges größtenteils im Widerspruch zur Schwarz-weiß-Logik dieser Periode. Es gibt jedoch auch Beispiele für einen systemübergreifenden Austausch und Dialog in bestimmten Bereichen wie Handel, Bildung und Wissenschaft,[92] der sich auch auf wohlfahrtsbezogene Themen ausgewirkt haben könnte. Allerdings muss gerade im Kontext des Systemwettbewerbs auch eine negative Politikdiffusion im Blick behalten werden. Gemeint ist hier nicht ein Politiktransfer, sondern eine Abgrenzung und Verdammung von Policies des Gegenübers.[93] Dies wurde nicht zuletzt im Fall der beiden deutschen Staaten deutlich, wo die politischen Entscheidungsträger die Entwicklungen im anderen Land genau beobachteten und die Abgrenzung von der Sozialpolitik des Gegenübers von hoher symbolischer Bedeutung war.[94]
II. Fazit
Wir haben in diesem Beitrag argumentiert, dass der Kalte Krieg ein kausaler Faktor ist, der die Entwicklung der Sozialpolitik auf beiden Seiten des Eisernen Vorhangs auf vielfältige, jedoch indirekte Weise beeinflusst hat. Ein Einfluss des Kalten Kriegs ist sowohl für die Sozialgesetzgebung und in weiterer Folge die Sozialausgaben als auch für die strukturelle Ausgestaltung des Wohlfahrtsstaates plausibel. Wir haben einen »Supermechanismus« und fünf damit in Zusammenhang stehende Submechanismen identifiziert, die Aufschluss darüber geben, wie der Regimewettbewerb die Sozialpolitik beeinflusst hat. Wie nachstehende Tabelle 2 zeigt, variiert jedoch die Bedeutung dieser Mechanismen über Raum und Zeit. So sind einige Mechanismen nur für einen bestimmten Block relevant, während andere systemübergreifend von Bedeutung waren. Schließlich hängt die Relevanz einiger Mechanismen von der Intensität des bipolaren Konflikts ab, sodass von zeitvarianten Effekten auszugehen ist. Die Einträge in dieser Tabelle sind allerdings als vorläufige Hypothesen zu verstehen. Die Gesamtbetrachtung legt aber nahe, dass der Kalte Krieg für die Sozialpolitik in den staatssozialistischen Ländern von ungleich größerer Bedeutung war als für die westlichen Marktwirtschaften. In einem nächsten Schritt werden systematische Analysen benötigt, um diese Hypothesen empirisch zu überprüfen.
Tabelle 2: Kausalmechanismen und ihre Bedeutung im Überblick
Mechanismus | Effekt auf Sozialpolitik | 1950er | 1960er | 1970er | 1980er |
Systemkonkurrenz (Outputlegitimation) | Schubeffekt | W + O | (W) + O | O | O |
Guns-and-butter trade-off | Bremseffekt | W, O | O | O | O, (W) |
Druck kommunistischer Parteien | Schubeffekt | W | (W) | (W) |
|
Ideologische Neuausrichtung und Koalitionsbildungs- prozesse | Struktureffekt | W | W | (W) |
|
Politikdiffusion | Struktureffekt | W, O | W, O | W + O | W + O |
Dritte Wege | Struktureffekt | W | W, O | W, O |
|
Anmerkungen: W = Westliche Länder; O = Ostblock; ( ) = schwacher Effekt, + = blockübergreifendes Phänomen
[1] George Kennan’s ›Long Telegram‹, February 22, 1946, History and Public Policy Program Digital Archive, National Archives and Records Administration, Department of State Records (Record Group 59), Central Decimal File, 1945–1949, 861.00/2-2246; abgedruckt in US Department of State (Hg.): Foreign Relations in the United States, 1946, Vol. VI: Eastern Europe; The Soviet Union, Washington, D.C. 1969, S. 696–709, digitalarchive.wilsoncenter.org/document/116178.
[2] Siehe Herbert Obinger/Klaus Petersen/Peter Starke: Warfare and Welfare. Military Conflict and Welfare States Development in Western Countries, Oxford 2018; Herbert Obinger/Carina Schmitt: The Impact of the Second World War on Postwar Social Spending, in: European Journal of Political Research 57 (2018), H. 2, S. 496–517; Herbert Obinger/Carina Schmitt: World War and Welfare Legislation in Western Countries, in: Journal of European Social Policy 30 (2020), H. 3, S. 261–274; Richard M. Titmuss: War and Social Policy, in: Richard M. Titmuss: Essays on the Welfare State, 2. Aufl., London 1948, S. 75–87.
[3] Siehe Philippe Aghion/Xavier Jaravel/Torsten Persson/Dorothée Rouzet: Education and Military Rivalry, in: Journal of the European Economic Association 17 (2019), H. 2, S. 376–412; Kenneth Scheve/David Stasavage: The Conscription of Wealth: Mass warfare and the demand for progressive taxation, in: International Organization 64 (2010), H. 4, S. 529–561.
[4] Siehe z. B. Christoph Boyer: Lange Entwicklungslinien europäischer Sozialpolitik im 20. Jahrhundert. Eine Annäherung, in: Archiv für Sozialgeschichte 49 (2009), S. 25–62; Edward H. Carr: The Soviet Impact on the Western World, New York 1946; Eric Hobsbawm: Goodbye To All That, in: Marxism Today (October 1990), S. 18–23; Tomasz Inglot: Welfare States in East Central Europe, 1919–2004, New York 2008, S. 312; Ramesh Mishra: Social Policy in the Postmodern World. The Welfare State in Europe by Comparison with North America, in: Catherine Jones (Hg.): Perspectives on the Welfare State in Europe, London 1993, S. 18–42.
[5] Siehe z. B. Hans Günter Hockerts: West und Ost – Vergleich der Sozialpolitik in den beiden deutschen Staaten, in: Zeitschrift für Sozialreform 55 (2009), H. 1, S. 41–56; Tomasz Inglot: Western Welfare during the Cold War: condemnation, competition, and creative learning, in: Journal of International and Comparative Social Policy 29 (2013), H. 3, S. 241–257; Michele Mioni/Klaus Petersen: Cold War and Social Protection in Burma and Malaysia, in: Carina Schmitt (Hg.): From Colonialism to International Aid, Cham 2020, S. 45–77; Herbert Obinger/Carina Schmitt: Guns and Butter? Regime Competition and the Welfare State during the Cold War, in: World Politics 63 (2011), H. 2, S. 246–270; Klaus Petersen: The Early Cold War and the Western Welfare State, in: Journal of International and Comparative Social Policy 29 (2013), H. 3, S. 226–240; André A. Sant’Anna/Leonardo Weller: The Threat of Communism during the Cold War. A Constraint to Income Inequality?, in: Comparative Politics 52 (2020), H. 3, S. 359–381.
[6] Odd Arne Westad: The Global Cold War, Cambridge 2005.
[7] Siehe Sarah Phillips/Shane Hamilton: The Kitchen Debate and Cold War Consumer Politics: A Brief History with Documents, Boston 2014.
[8] Siehe Sandrine Kott: ILO, Social Justice and Communist Worlds. Competitions, Rivalries and Convergences, in: Le Mouvement Social 263 (2018), H. 2, S. 139–151.
[9] Siehe Fritz W. Scharpf: Regieren in Europa. Effektiv und demokratisch?, Frankfurt a. M. 1999.
[10] Manfred G. Schmidt: Legitimation durch Performanz? Zur Output-Legitimität in Autokratien, in: Totalitarismus und Demokratie 9 (2012), H. 1, S. 85.
[11] Ronald Wintrobe: The Political Economy of Dictatorship, Cambridge 1998.
[12] Siehe Bruce Bueno de Mesquita/James D. Morrow /Randolph Siverson/Alastair Smith: Political Institutions, Policy Choice and the Survival of Leaders, in: British Journal of Political Science 32 (2002), H. 4, S. 559–590; Carl Henrik Knutsen/Magnus Rasmussen: The Autocratic Welfare State: Old Age Pensions, Credible Commitments, and Regime Survival, in: Comparative Political Studies 51 (2018), H. 5, S. 659–695; Stefan Wurster: Autokratische Varianten des Wohlfahrtsstaates, in: Herbert Obinger/Manfred G. Schmidt (Hg.): Handbuch Sozialpolitik, Wiesbaden 2019, S. 315–333.
[13] Siehe Jurij Aksjutin: Der XX. Parteitag der KPdSU, in: Hermann Weber u. a. (Hg.): Jahrbuch für Historische Kommunismusforschung 1996, Berlin 1996, S. 36–68; Manfred G. Schmidt: Legitimitätsprobleme im Sozialismus. Die Sozialpolitik in der Deutschen Demokratischen Republik, in: Uwe Backes/Günther Heydemann/Clemens Vollnhals (Hg.): Staatssozialismen im Vergleich. Staatspartei – Sozialpolitik – Opposition, Göttingen 2019, S. 261–281.
[14] Siehe Andrea Chandler: Welfare and Social Justice in the USSR’s Final Years, in: dies.: Democracy, Gender, and Social Policy in Russia, London 2013, S. 21–33.
[15] Siehe Galina Ivanova/Stefan Plaggenborg: Entstalinisierung als Wohlfahrt. Sozialpolitik in der Sowjetunion 1953–1970, Frankfurt a. M. 2015.
[16] Siehe Susanne Schattenberg: Kommunismus an der Macht. Herrschaftslegitimation von Lenin bis Gorbatschow, in: Andreas H. Apelt/Robert Grünbaum/Heike Tuchscheerer (Hg.): Der lange Schatten des Kommunismus. 100 Jahre Russische Revolution und das kommunistische Erbe Europas, Berlin 2018, S. 88 f.
[17] Siehe Inglot: Welfare States in East Central Europe, 1919–2004 (Anm. 4), S. 165; Mark B. Smith: The Withering away of the Danger Society: The Pension Reforms of 1956 and 1964 in the Soviet Union, in: Social Science History 39 (2015), H. 1, S. 129–148; siehe dazu auch den Beitrag von Maria Ignatova-Pfarr/Carina Schmitt in diesem Band.
[18] Siehe Francis G. Castles: Whatever Happened to the Communist Welfare State?, in: Studies in Comparative Communism 19 (1986), H. 3–4, S. 213–226.
[19] Carr: The Soviet Impact on the Western World (Anm. 4), S. 113.
[20] Siehe Paul Addison: The Road to 1945. British Politics and the Second World War, Chippenham 1994, Kapitel X.
[21] Siehe Niels Wium Olesen: Planer for velfærd. Sammenlignende studier af de nordvesteuropæiske socialdemokratiers efterkrigsprogrammer [Pläne für Wohlfahrt. Vergleichende Studien zu den Nachkriegsprogrammen der Sozialdemokratien in Nordwesteuropa], in: Den Jyske Historiker 82 (1998), S. 62–91.
[22] Zit. nach Klaus Petersen: Legitimität und Krise. Die politische Geschichte des dänischen Wohlfahrtsstaates 1945–1973, Berlin 1998, S. 61 f.
[23] Siehe Tibor Valuch: Staatssozialismus – Sozialpolitik – Legitimation. Ungarn im mittelosteuropäischen Vergleich 1945 bis 1989, in: Backes/Heydemann/Vollnhals (Hg.): Staatssozialismen im Vergleich (Anm. 13), S. 215.
[24] Siehe Heinz Lampert: Theorie und Praxis der Sozialpolitik der DDR, in: Arbeitsberichte zum Systemvergleich Nr. 13, herausgegeben von der Forschungsstelle zum Vergleich wirtschaftlicher Lenkungssysteme, Philipps-Universität Marburg 1989.
[25] Hobsbawm: Goodbye To All That (Anm. 4), S. 21. Für ein ähnliches Argument siehe auch Magnus B. Rasmussen/Carl Henrik Knutsen: Reforming to Survive. The Bolshevik origins of social policy, Cambridge 2022.
[26] Siehe Obinger/Schmitt: Guns and Butter? (Anm. 5) S. 246–270.
[27] Siehe Nate Breznau: Dimension of Welfare State Attitudes: The Cold War and Cultural Causes, Paper presented at the 3rd ESS International Users Conference, July 13–15th 2016, Lausanne, Switzerland, 2018; Tomasz Inglot: Western Welfare States Watched from the East during the Cold War: condemnation, competition, and creative learning, in: Journal of International and Comparative Social Policy 29 (2013), H. 3, S. 241–257; Valuch: Staatssozialismus – Sozialpolitik – Legitimation (Anm. 23), S. 246–270.
[28] Siehe Sant’Anna/Weller: The Threat of Communism (Anm. 5), S. 359–381.
[29] Insbesondere zwischen Politikwissenschaftlern und historisch interessierten Ökonomen gibt es zur Frage, ob die Militärausgaben die Sozialausgaben verdrängt haben, eine lange Debatte, ohne dass jedoch ein Konsens erreicht wurde. Siehe z. B. Harold Wilensky: The Welfare State and Equality, Berkeley 1975; David A. Caputo: New Perspectives on Public Policy Implications of Defense and Welfare Expenditures in four Modern Countries: 1950–1970, in: Policy Sciences 6 (1975), S. 423–446; William K. Domke/Richard C. Eichenberg/Catherine M. Kelleher: The Illusion of Choice: Defense and Welfare in Advanced Industrial Countries, 1948–1978, in: American Political Science Review 77 (1983), H. 1, S. 19–35; Robert Higgs: The Cold War Economy: Opportunity, Costs, Ideology, and the Politics of Crisis, in: Explorations in Economic History 31 (1994), H. 3, S. 283–312.
[30] Zit. nach Petersen: The Early Cold War (Anm. 5), S. 230.
[31] Siehe Jennifer Light: From Warfare to Welfare. Defense Intellectuals and Urban Problems in Cold War America, Baltimore 2003.
[32] Daten aus: Spalte 2: SIPRI Military Expenditure Database, www.sipri.org/databases/milex (ges. am 12. Juni 2021); Spalten 3–5: Thomas R. Cusack: Sinking Budgets and Ballooning Prices: recent developments connected to military spending, in: Francis G. Castles (Hg.): The Disappearing State? Cheltenham 2007, S. 103–132, hier S. 108.
[33] Siehe Ivanova/Plaggenborg: Entstalinisierung als Wohlfahrt (Anm. 15), S. 67.
[34] Siehe Aksjutin: Der XX. Parteitag der KPdSU (Anm. 13), S. 37 f.
[35] Siehe Ivanova/Plaggenborg: Entstalinisierung als Wohlfahrt (Anm. 15), S. 126, 142.
[36] Stefan Plaggenborg: Sozialpolitik in der Sowjetunion 1975–1991: Ein Beitrag zum Untergang, in:
Backes/Heydemann/Vollnhals (Hg.): Staatssozialismen im Vergleich (Anm. 13), S. 45–59.
[37] Siehe Donald Sassoon: One Hundred Years of Socialism. The West European Left in the Twentieth Century, London 1996.
[38] Siehe Ettore Costa: The Labour Party, Denis Healey and the International Socialist Movement, London 2018.
[39] Siehe Sassoon: One Hundred Years of Socialism (Anm. 37).
[40] Klaus Knorr: The European Welfare State in the Atlantic System, in: World Politics 3 (1951), H. 4, S. 417–449, hier S. 448.
[41] Niels Finn Christiansen/Pirljo Markkola: Introduction, in: Niels Finn Christiansen/Klaus Petersen/Nils Edling/Per Haave (Hg.): The Nordic Model of Welfare. A Historical Reappraisal, Kopenhagen 2006, S. 9–29.
[42] Rasmus Mariager/Klaus Petersen: Socialdemokratiet og forholdet til DKP under den tidlige kolde krig [Die Sozialdemokratie und das Verhältnis zur DKP im frühen Kalten Krieg], in: Arbejderhistorie 4 (2004), S. 55–76.
[43] George R. Nelson (Hg.): Freedom and Welfare. Social Patterns in the Northern Countries, Copenhagen 1953, S. II.
[44] Siehe Ann Lane: Yugoslavia. When Ideals Collide, New York 2004.
[45] Zit. nach Wolfgang Höpken: Jugoslawien 1970–1989: »Pfadbesonderheiten« und allgemeine Krise des Sozialismus, in: Backes/Heydemann/Vollnhals (Hg.): Staatssozialismen im Vergleich (Anm. 13), S. 493.
[46] Siehe Jonathan Bell: Social Politics in a Transoceanic World in the Early Cold War Years, in: Historical Journal 53 (2010), H. 2, S. 401–421.
47 Siehe z. B. »Bookies Flourish in British System«, in: Los Angeles Times vom 24. August 1949; »U.S. Talks May Fix Election in Britain«, in: Los Angeles Times vom 9. September 1949; »Is America a Welfare State, Too?«, in: The Hartford Courant vom 18. September 1949. Siehe auch Bell: Social Politics in a Transoceanic World in the Early Cold War Years (Anm. 46) und Petersen: The Early Cold War (Anm. 5), S. 232.
[48] Melvin Tumin: Velferdssstat og moral. En granskning av »Eisenhower hypotesen« [Wohlfahrtsstaat und Moral. Eine Untersuchung der »Eisenhower-Hypothese«], in: Tidsskrift for Samfunnsforskning 2 (1961), H. 1, S. 1–16.
[49] Siehe Hobsbawm: Goodbye To All That (Anm. 4), S. 18–23.
[50] Siehe Sant’Anna/Weller: The Threat of Communism (Anm. 5), S. 359–381.
[51] Siehe Nikolas Dörr: Die kommunistische Bewegung Westeuropas. Entstehung, Entwicklung und Gegenwart, in: Apelt/Grünbaum/Tuchscheerer (Hg.): Der lange Schatten (Anm. 16), S. 50–75.
[52] Daten aus Donald Sassoon: The Rise and Fall of West European Communism 1939–48, in: Contemporary European History 1 (1992), H. 2, S. 152.
[53] Siehe Paul Dutton: The Origins of the French Welfare State. The Struggle for Social Reform in France 1914–1947, Cambridge 2004.
[54] Siehe Emmanuele Bernardi: La riforma agraria in Italia e gli Stati Uniti. Guerra fredda, Piano Marshall e interventi per il Mezzogiorno negli anni del centrismo degasperiano [Bodenreform in Italien und den Vereinigten Staaten. Kalter Krieg, Marshallplan und Interventionen für den Mezzogiorno in den Jahren des Zentrismus von Degasperi], Bologna 2006.
[55] Siehe Chiara Giorgi/Ilaria Pavan: Le lotte per la salute in Italia e le premesse della riforma sanitaria. Partiti, sindacati, movimenti, percorsi biografici (1958–1978) [Gesundheitskonflikte in Italien und die Voraussetzungen für eine Gesundheitsreform. Parteien, Gewerkschaften, Bewegungen, Lebenswege (1958–1978)], in: Studi Storici 60 (2019), H. 2, S. 417–456.
[56] Siehe Maurizio Ferrera/Valeria Fargion/Matteo Jessoula: Alle radici del welfare all’italiana. Origini e futuro di un modello sociale squilibrato [Die Wurzeln der italienischen Wohlfahrt. Ursprünge und Zukunft eines unausgewogenen Sozialmodells], Marsilio 2012.
[57] Siehe Patrizia Battilani/Francesa Fauri: Il welfare locale dagli anni Cinquanta agli anni Ottanta: Bologna e Verona a confronto [Lokale Wohlfahrt von den 1950er- bis zu den 1980er-Jahren: Vergleich zwischen Bologna und Verona], in: Patrizia Battilani/Corrado Benassi (Hg.): Consumare il Welfare. L’esperienza italiana del secondo Novecento [Wohlfahrtsgesellschaft. Die italienische Erfahrung in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts], Bologna 2013, S. 111–148.
[58] Petersen: Legitimität und Krise (Anm. 22). S. 124-126.
[59] Siehe Dörr: Die kommunistische Bewegung Westeuropas (Anm. 51), S. 50–75.
[60] Sassoon: The Rise and Fall of West European Communism (Anm. 52), S. 153.
[61] Siehe Gøsta Esping-Andersen: The Three Worlds of Welfare Capitalism, Cambridge 1990; Torben Iversen/David Soskice: Electoral Institutions and the Politics of Coalitions: Why some democracies redistribute more than others, in: American Political Science Review 100 (2006), H. 2, S. 165–181; Philip Manow: Electoral Rules, Class Coalitions and Welfare State Regimes, or How to Explain Esping-Andersen with Stein Rokkan, in: Socio-Economic Review 7 (2009), S. 101–121.
[62] Siehe Esping-Andersen: The Three Worlds of Welfare Capitalism (Anm. 61); Maurizio Ferrera: ›The Southern Model‹ of Welfare in Social Europe, in: Journal of European Social Policy 6 (1996), H. 1, S. 17–37.
[63] Siehe Anthony Crosland: The Future of Socialism, London 1956.
[64] Norman Ginsburg: Class, Capital, and Social Policy, London 1979; Ian Gough: The Political Economy of the Welfare State, London 1979.
[65] Siehe Charles Maier: In Search of Stability, Cambridge 1987, S. 161.
[66] Siehe Manow: Electoral Rules (Anm. 61), S. 101–121.
[67] Siehe Petersen: The Early Cold War (Anm. 5), S. 230.
[68] Siehe Osmo Jussila/Seppo Hentilä/Jukka Nevakivi: Finlands politiska historia 1809–1999 [Die politische Geschichte Finnlands 1809–1999], Esbo 2000.
[69] Siehe Maurizio Ferrera: Italy. Wars, Political Extremism, and the Constraints to Welfare Reform, in: Obinger/Petersen/Starke: Warfare and Welfare (Anm. 2), S. 99–126.
[70] Siehe Ferrera: ›The Southern Model‹ (Anm. 62), S. 17–37; Philip Manow: Workers, Farmers, and Catholicism: a History of Political Class Coalitions and the South-European Welfare State Regime, in: Journal of European Social Policy 25 (2015), H. 1, S. 32–49.
[71] Harry Truman: Message from the President of the United States transmitting Recommendations relative to Extending and Broadening our Social Security System, House of Representatives, 80th Congress: 2nd Session, 1948, Washington, D.C., S. 4.
[72] Siehe Landon R.Y. Storrs: The Second Red Scare and the Unmaking of the New Deal Left, Princeton 2013; siehe auch zur Rolle von »business groups«: Kim Phillips-Fein: Invisible Hands. The Making of the Conservative Movement from the New Deal to Reagan, New York 2009.
[73] Siehe Nils Gilman: The Cold War and the Welfare State, in: The American Interest, 4. December 2017, www.the-american-interest.com/2017/12/04/cold-war-welfare-state/ (ges. am 9. Mai 2023); siehe auch Alice O’Connor: Poverty Knowledge. Social Science, Social Policy, and the Poor in Twentieth-Century U.S. History, Princeton, New Jersey 2001.
[74] Siehe Hockerts: West und Ost – Vergleich (Anm. 5), S. 41–56; Inglot: Welfare States in East Central Europe (Anm. 4); Alexandru-Murand Mironov: Wirtschafts- und Sozialpolitik in Rumänien, in: Backes/Heydemann/Vollnhals (Hg.): Staatssozialismen im Vergleich (Anm. 13), S. 327–346; Valuch: Staatssozialismus – Sozialpolitik – Legitimation (Anm. 23); Alexander Vezenkov: Sozialpolitik im kommunistischen Bulgarien, in: Backes/Heydemann/Vollnhals (Hg.): Staatssozialismen im Vergleich (Anm. 13), S. 389–407.
[75] Siehe Benn Steil: The Marshall Plan: Dawn of the Cold War, New York 2017.
[76] Siehe David W. Ellwood: The Shock of America: Europe and the Challenge of the Century, Oxford 2012; Alan Milward: The Reconstruction of Western Europe 1945–51, London 1984.
[77] Siehe William Hitchcock: The Marshall Plan and the Creation of the West, in: Melvyn P. Leffler/Odd Arne Westad (Hg.): Origins (= The Cambridge History of the Cold War, Bd. 1), Cambridge 2010, S. 154–174.
[78] Siehe Alan Milward: The European Rescue of the Nation-State, Los Angeles 1992.
[79] Siehe Jenny Brine (Hg.): COMECON: The Rise and Fall of an International Socialist Organization, New Brunswick 1992; Sara Lorenzini: The Socialist Camp and the Challenge of Economic Modernization in the Third World, in: Norman Naimark/Silvio Pons/Sophie Quinn-Judge (Hg.): The Socialist Camp and the World Power (= The Cambridge History of Communism, Bd. 2), Cambridge 2017, S. 341–363.
[80] Siehe Esping-Andersen: The Three Worlds (Anm. 61).
[81] Siehe Michael Christian/Sandrine Kott/Ondřej Matějka: International Organizations in the Cold War: The Circulation of Experts Beyond the East-West Divide, in: Studia Territorialia 1 (2017), H. 17, S. 35–60; Astrid Heidin: Cold War Isomorphism: Communist Regimes and the West European Model of Worker Participation, in: European Journal of Cultural and Political Sociology 3 (2016), H. 2–3, S. 201–242; Inglot: Western Welfare States (Anm. 27), S. 241–257.
[82] Siehe Daniel Maul: The International Labour Organizations. 100 Years of Global Social Policy, Oldenburg 2019.
[83] Siehe Klaus Petersen/John Stewart/Michael Kuur Sørensen (Hg.): American Foundations and the European Welfare States, Odense 2012; Henriette Buus: Indretning og efterretning. Rockefeller Foundations indflydelse på den danske velfærdsstat 1920–1970 [Organisation und Information. Der Einfluss der Rockefeller-Stiftung auf den dänischen Wohlfahrtsstaat 1920–1970], Kopenhagen 2008.
[84] Zit. nach Victoria de Grazia: Irresistible Empire, America’s Advance Through Twentieth-Century Europe, Boston 2006, S. 176.
[85] So wurde beispielsweise das goldene Zeitalter der Hausfrau bzw. des traditionellen Familienmodells in den 1950er-Jahren nicht zuletzt durch amerikanische Ideale und die moralische Panik der Amerikaner über Erosion traditioneller Familienwerte befördert. Dies beeinflusste auch die familienpolitischen Debatten in Westeuropa, siehe Donna Alvah: Unofficial Ambassadors: American Families Overseas and the Cold War, 1946–1965, New York 2007; siehe auch Elaine Tyler May: Homeward Bound: American Families in the Cold War Era, New York 2017.
[86] Siehe Mel van Elteren: Americanism and Americanisation. A Critical History of Domestic and Global Influence, Jefferson 2006.
[87] Siehe Volker Berghahn: The Americanization of West German Industry, 1945–1973, Cambridge 1986; de Grazia: Irresistible Empire (Anm. 84).
[88] Siehe Petersen/Stewart/Sørensen (Hg.): American Foundations (Anm. 83); Heike Rausch: US-amerikanische »Scientific Philanthropy« in Frankreich, Deutschland und Großbritannien zwischen den Weltkriegen, in: Geschichte und Gesellschaft 33 (2007), H. 1, S. 33 u. 73–98.
[89] Siehe Norman Naimark: The Sovietization of Eastern Europe, 1944–1953, in: Leffler/Westad (Hg.): Origins (Anm. 77), S. 175–197.
[90] Siehe Thomas Bernstein: The Socialist Modernization of China Between Soviet Model and National Specificity 1949–1960s, in: Naimark/Pons/Quinn-Judge (Hg.): The Socialist Camp and the World Power (Anm. 79), S. 196–219.
[91] Siehe Andreas Hilger: Communism, Decolonization and the Third World, in: Naimark/Pons/Quinn-Judge (Hg.): The Socialist Camp and the World Power (Anm. 79).
[92] Siehe Jari Eloranta/Jari Ojala (Hg.): East-West Trade and the Cold War, in: Jyväskyä Studies in Humanities 36 (2005), S. 11–19; Christian/Kott/Matějka: International Organizations in the Cold War (Anm. 81), S. 35–60.
[93] Siehe Inglot: Western Welfare States (Anm. 27), S. 241–257.
[94] Siehe Hockerts: West und Ost – Vergleich (Anm. 5), S. 41–56; Peter Hübner: Die deutsch-deutsche Sozialstaatskonkurrenz nach 1945, in: Martin Sabrow (Hg.): Die Krise des Sozialstaates, Helmstedt 2007, S. 25–61; Herbert Obinger/Shinyong Lee: The Cold War and the Welfare State in Divided Korea and Germany, in: Journal of International and Comparative Policy 29 (2013), H. 3, S. 258–275.