Am 18. Dezember 2001 meldete die Sächsische Staatskanzlei im Medienservice Sachsen: »Wissenschaftsminister Prof. Dr. Meyer verleiht Bundesverdienstkreuz an Prof. Gniza, Dresden […]«. Laut der sich anschließenden Pressemitteilung war Erwin Gniza ab 1953 stellvertretender Direktor des »Instituts für Arbeitsökonomik und Arbeitsschutzforschung« und von 1964 bis 1971 Direktor des »Zentralinstituts für Arbeitsschutz« gewesen. Er hatte nach seiner Emeritierung an der TU Dresden als Lehrbeauftragter gearbeitet und in den 1990er-Jahren an der Wiederbesetzung von Professuren mitgewirkt. Seine wissenschaftlichen Verdienste umreißt die Pressemitteilung folgendermaßen: »Als bahnbrechende Leistung Prof. Dr. Gnizas gilt sein Werk ›Wegetheorie des Arbeitsschutzes‹, mit dem er sich als Nestor der Deutschen Arbeitsschutztheorie einen Namen gemacht hat. Diese Theorie, die in mehr als einhundert Publikationen, darunter Lehrbüchern mit bis zu zehn Auflagen, vorliegt, betont das Primat des Verbesserns der objektiven, technischen und organisatorischen Bedingungen als Ausgangspunkt erfolgreicher Verhütungsstrategien von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten. Die Gedanken fanden Aufnahme in die gesetzlichen Regelungen des Arbeitsschutzes der DDR und wurden auch vom Bundesdeutschen Arbeitsschutz aufgegriffen.«[1]
Bereits im Vorjahr hatte die TU Dresden Gniza die »Ehrenmedaille« »in Anerkennung seiner jahrzehntelangen erfolgreichen Tätigkeit als Hochschullehrer auf den Gebieten der Grundlagen und der Anwendung der Psychologie und seiner Verdienste um den Aufbau eines erweiterten zukunftsfähigen Arbeitsschutzes« verliehen.[2] Und bereits fünf Jahre zuvor hatte – so die Mitteilung der Staatskanzlei – die Bundesanstalt für Arbeitsschutz dem damals 85-Jährigen ein »Ehrenkolloquium« gewidmet.
Der Systemwechsel von 1989/90 hatte Gnizas Geltung als Arbeitsschutzforscher offensichtlich nicht beeinträchtigt. Seine herausgehobene Stellung zu Zeiten des SED-Regimes wird auch im Nachruf, den ihm das Dresdner Universitätsjournal 2006 widmete, nicht weiter problematisiert, ebenso wenig wie der Beginn seiner wissenschaftlichen Karriere in der NS-Zeit.[3] Die Frage drängt sich auf: Wie kam es dazu, dass der Bundespräsident einen mehrfachen Träger des »Vaterländischen Verdienstordens« in der DDR[4] mit dem Bundesverdienstkreuz auszeichnen ließ, dessen Fachgebiet auf den ersten Blick doch eher jenen Disziplinen zuzurechnen ist, die als systemnah und ideologisch überformt galten? Was hatte es mit der Arbeitsschutzwissenschaft der DDR auf sich und warum überstand ihr Renommee unbeschadet das Ende des Kalten Krieges? Wie war es dazu gekommen, dass der SED-Staat ausgerechnet dieses mit dem Wirtschaftsleben aufs Engste verflochtene Forschungsgebiet augenscheinlich mit Erfolg förderte, während er als »Gesamtunternehmer« der ostdeutschen Planwirtschaft so schmählich versagte?
I. Zum historisch-sozialpolitischen Stellenwert des Arbeitsschutzes
Krankheit, Invalidität und Tod infolge von Arbeitsunfällen und krankmachenden Arbeitsbedingungen gehörten neben Arbeitslosigkeit und Wohnungsnot seit der industriellen Revolution zu den Geißeln der Arbeiterexistenz, vor allem wenn sie auf Lohnarbeit in modernen Fabriken beruhte. Der Schutz gegen Unfallgefahren infolge des Einsatzes von Maschinen und des Arbeitens mit gefährlichen Werkzeugen sowie gegen durch verunreinigte Luft und Umgang mit giftigen Stoffen hervorgerufene chronische Erkrankungen war daher schon sehr früh eine zentrale Forderung sozialreformerischer Bewegungen, die seit den 1870er-Jahren durch die radikale Arbeiterbewegung, die katholische Soziallehre, höhere Verwaltungsbeamte oder den Verein für Socialpolitik erhoben wurde.[5] Für den Profit des kapitalistischen Ausbeuters etwa einige Finger oder die ganze Hand, einen Arm oder das Augenlicht und damit die Erwerbsfähigkeit als Handwerker oder Facharbeiter verloren zu haben, bedeutete für die ersten Generationen von modernen Lohnarbeiterinnen und -arbeitern den Absturz in die Armut und die Unfähigkeit, zum Familieneinkommen beizutragen. Lebenslange Abhängigkeit von Almosen und sozialer Ausschluss waren die unweigerliche Folge. Gerade auch darum stellten Arbeitsunfälle und die Frage, wer für ihre Folgen aufkommen sollte, ein hochemotionales Thema dar. Es war, da sich in ihm Millionen traumatischer Erfahrungen verdichteten, fester Bestandteil des kollektiven Gedächtnisses der entstehenden Arbeiterklasse.[6]
Folglich gehörte der Unfallschutz zu den frühesten Feldern staatlicher Sozialpolitik in Deutschland. Eine der klassischen »Säulen« der Bismarckʼschen Reformen bestand 1884 in der Einführung einer für alle Unternehmen ab einer bestimmten Größe obligatorischen Mitgliedschaft in branchenweise organisierten »Berufsgenossenschaften«. Diese privatrechtlich verfassten Zusammenschlüsse sollten die Mitglieder gegen die Risiken der Haftpflicht für die Schäden von Unfällen, die ihre Lohnarbeiter bei der Arbeit erlitten, versichern. Dass eine solche Haftpflicht in Betracht kommen konnte, war seit Mitte des 19. Jahrhunderts unter den Juristen und in der Rechtsprechung zunehmend unstrittig.[7] Die Berufsgenossenschaften entwickelten einerseits Normen zur Ausgestaltung von Arbeitsplätzen und Arbeitsabläufen, die auf eine Minimierung dieses Risikos und damit eine Senkung der aufzubringenden Schadensersatzleistungen abzielten – aber natürlich auch nicht so teuer und aufwendig sein durften, dass sie die internationale Wettbewerbsfähigkeit und die Profite der jeweiligen Branche insgesamt gefährdeten. Andererseits vertraten sie im Auftrag ihrer Mitglieder deren Interessen gegen die von Arbeiterinnen und Arbeitern erhobenen Schadensersatzansprüche. Da die Beschäftigten, anders als bei der im selben Jahrzehnt eingeführten gesetzlichen Kranken- und der Rentenversicherung, nicht selbst zur Berufsgenossenschaft beitrugen, war deren Verwaltung ausschließlich Sache der Unternehmer.
Daraus resultierte von Anfang an eine »schiefe« Schlachtordnung, wenn es darum ging, die Berechtigung der Ansprüche von Arbeiterinnen und Arbeitern nach Arbeitsunfällen zu prüfen. Entscheidend war zunächst die Frage, ob Fehlverhalten der bzw. des Lohnabhängigen den Unfall verursacht oder mitverursacht hatte, und erst wenn dies ausgeschlossen werden konnte, war der Arbeitgeber als haftpflichtig anzusehen. Erst dann galt es zu klären, wie der durch den Unfall eingetretene Schaden zu bemessen war (etwa hinsichtlich der medizinischen Behandlungskosten, des Grades der vorübergehenden oder dauerhaften Erwerbsunfähigkeit). Bei der Frage nach der Verantwortung für Unfälle dominierte, assistiert von der sich seit dem späten 19. Jahrhundert entwickelnden Verhaltenspsychologie und Charakterologie, über Generationen von Unternehmen und Belegschaften hinweg die sogenannte Unfällertheorie.[8] Demnach galten bestimmte Individuen als »unfallgeneigt«: Sie waren ungeschickt, notorisch unaufmerksam, hielten sich nicht an das Alkoholverbot oder waren sprichwörtliche »Pechvögel« – jedenfalls war die Schuld zunächst einmal bei ihnen und ihrer mangelnden Verhaltensadaption an das Fabrikregime zu suchen. Erst wenn diese – dezidiert unternehmerfreundliche – Deutung im Einzelfall offenkundig haltlos war, griff nach damals vorherrschendem Verständnis die vom Sachverständigen festzustellende Haftpflicht des betreffenden Unternehmers, für die dann die Berufsgenossenschaft aufzukommen hatte.
Das Vorherrschen der unternehmerfreundlichen Unfällertheorie bedeutete aber keineswegs, dass nicht gleichzeitig technische und organisatorische Standards für die Gestaltung von Maschinen und Arbeitsabläufen entwickelt wurden, die die Wahrscheinlichkeit von Arbeitsunfällen zu senken geeignet waren. Solche Unfallverhütungsvorschriften zu entwickeln und ihre Einhaltung zu befördern, oblag den Berufsgenossenschaften, die ab 1900 verpflichtet waren, dafür hauptberuflich »Technische Aufsichtsbeamte« zu beschäftigen.[9] Vom Prinzip her haben wir es daher hier mit einem klassischen Fall von durch den Staat »regulierte[r] Selbstregulierung« zu tun:[10] Ein per Gesetz zu schaffender Zusammenschluss privater Rechtspersonen regelt gemeinsame zivilrechtliche Verpflichtungen, ohne dass die staatliche Exekutive selbst daran beteiligt ist.
Bereits seit Mitte des 19. Jahrhunderts übernahmen unmittelbar staatliche Gewerbeaufsichtsbehörden mit ihren Fabrikinspektoren sowohl Kontrollaufgaben des sozialen Arbeitsschutzes, also des Schutzes ganz bestimmter Gruppen wie Kinder und Frauen, als auch Aufgaben der Kontrolle von Anlagen, von denen eine Gefahr für die allgemeine Öffentlichkeit (und nicht lediglich für die in einem Betrieb arbeitenden Menschen) ausging. Im Kaiserreich etablierten sich dann freiwillige Zusammenschlüsse von Unternehmen, die Dampfkesselüberwachungsvereine, die diese Kontrolle im öffentlichen Auftrag durchführten.[11] Daraus gingen später die heute jedem KfZ-Halter in Deutschland vertrauten »Technischen Überwachungsvereine« (TÜV) hervor, die quasihoheitliche Funktionen wahrnahmen und bis heute noch wahrnehmen.
Bei der Durchsetzung der enorm vielfältigen, die Arbeitswelt regulierenden staatlichen Normen, wie etwa das Verbot der Kinderarbeit, die Begrenzung der Frauenarbeit, gesundheitspolizeiliche Auflagen und technische Sicherheit von Anlagen sowie die Haftpflicht für Unfälle und die Unfallverhütung in den Betrieben, entstand in Deutschland ein duales System des Arbeitsschutzes, an dem vielfältige Akteure beteiligt waren: Unternehmer, Sachverständige und Wissenschaftler, staatliche Behörden und Sozialpolitiker sowie zunehmend Funktionäre der organisierten Arbeiterbewegung. Staatliche Exekutivbehörden auf der einen und privatwirtschaftlich organisierte Zusammenschlüsse auf der anderen Seite standen sich dabei in flexiblen Arrangements gegenüber. Ihr Funktionieren erforderte zugleich kompetitives und kooperatives Verhalten, etwa im Ringen um Zuständigkeiten, um das Verhältnis von Interessen der Allgemeinheit und spezifischer Gruppen, sowie um die fortwährende Anpassung an technologische Neuerungen und politisch induzierte Notlagen, wie etwa Krieg und einschneidende Wirtschaftskrisen. Die unübersichtliche Vielfalt von Akteuren und Zuständigkeiten ließ schon in den Jahren der Weimarer Republik unter Experten die Vision einer einheitlichen Gesetzgebung zum Arbeitsschutz entstehen: Sowohl die branchenspezifische Unfallprävention und Regulierung der Unfallschäden als auch die der Gewerbeaufsicht unterstehende Überwachung von gefährlichen Anlagen bis hin zum sogenannten sozialen Arbeitsschutz – all dies sollte, so die Hoffnung von Wissenschaftlern, Praktikern und vor allem auch Gewerkschaftsvertretern, in einem einheitlichen gesetzlichen Rahmen festgelegt werden.[12]
II. Arbeitsschutz in der Systemkonkurrenz
Als Gegenstand staatlicher Politik ist Arbeitsschutz in hohem Maße von Wechselfällen betroffen. In Ausnahmezeiten wird seine Gültigkeit relativiert und teilweise außer Kraft gesetzt – etwa wenn es darum geht, für und in einem »totalen Krieg« die Rüstungsproduktion um jeden Preis zu steigern. Auch während der Aufbauperiode unmittelbar nach Beendigung des Krieges wurden die Standards der Friedenszeit nicht umgehend wieder durchgesetzt, selbst wenn die überkommenen Institutionen recht bald wieder im Sinne der »bürgerlichen« Tradition zu arbeiten begannen. Das galt unmittelbar nach der Kapitulation in Ost wie West. Zugleich bot sich der SED in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) mit der sich bis Ende der 1940er-Jahre hinziehenden Durchsetzung der zentralistisch gesteuerten Planwirtschaft die Gelegenheit, auch den Arbeitsschutz gemäß ihrem Selbstverständnis als Arbeiterpartei von Grund auf neu zu gestalten. Dabei fungierten die von den Kommunisten direkt gelenkten Gewerkschaftsapparate als »Transmissionsriemen« der Parteiherrschaft in die Arbeitswelt. Sie übernahmen umfangreiche Zuständigkeiten bei der Ausgestaltung sozialpolitischer Politikbereiche, einschließlich des Arbeitsschutzes. Diese Umfunktionierung der Gewerkschaften von der eigenständigen Interessenvertretung zu einem der Partei untergeordneten Verwaltungsapparat entsprach dem durch die sowjetische Besatzungsmacht oktroyierten Modell industriegesellschaftlicher Entwicklung.
Die SED sah sich bekanntlich als politische Avantgarde der Arbeiterklasse, insbesondere des Industrieproletariats, und versprach, eine revolutionäre Umgestaltung des Wirtschaftslebens einzuleiten, in der die Interessen der arbeitenden Menschen Vorrang hatten. Arbeitsschutz im unmittelbaren Interesse der Werktätigen stand dabei ganz oben und erlangte folgerichtig in der ersten Verfassung der DDR mit Art. 15, »Die Arbeitskraft wird vom Staat geschützt«, den Rang einer Verfassungsnorm. Artikel 18 lautete: »Die Republik schafft unter maßgeblicher Mitbestimmung der Werktätigen ein einheitliches Arbeitsrecht, eine einheitliche Arbeitsgerichtsbarkeit und einen einheitlichen Arbeitsschutz. Die Arbeitsbedingungen müssen so beschaffen sein, daß die Gesundheit, die kulturellen Ansprüche und das Familienleben der Werktätigen gesichert wird.[…]«[13] Eine vergleichbare explizite Norm über den Arbeitsschutz enthält das Grundgesetz (GG) der Bundesrepublik nicht, auch wenn Art. 2, Abs. 2, Satz 1 GG (»Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit«) durchaus auch als Rechtsgrundlage für staatliche Eingriffe und Auflagen zugunsten von Arbeitsschutzmaßnahmen interpretiert wurde.[14] Genau in diesem Unterschied zwischen konkreten Politikzielen im Rang von Verfassungsnormen, deren Verwirklichung mangels eines unabhängigen Verfassungsgerichts ausschließlich im Belieben der Staatspartei lag, und einer Generalklausel, deren Verwirklichung von unabhängigen Gerichten überprüft werden konnte, manifestierte sich von Anfang an der Systemgegensatz des Kalten Krieges und die Konkurrenz auch auf diesem Gebiet der Sozialpolitik.
In der SBZ/DDR galt es nun, die Vision eines institutionell vereinheitlichten Arbeitsschutzes »aus einem Guss« zu verwirklichen. Das herkömmliche Neben- und Miteinander von staatlicher Gewerbeaufsicht und Berufsgenossenschaft ersetzte die SED durch die Schaffung einer staatlichen Einheitsversicherung und auf allen Ebenen des Staatsaufbaus angesiedelte Ämter und Abteilungen für Arbeitsschutz, denen zunächst auch die Aufgaben der technischen Überwachung oblagen. Die eigentlichen Normen und Regelwerke, die diese Einrichtungen durch Kontrollen vor Ort durchzusetzen hatten, knüpften aber in weiten Teilen an die »bürgerlichen« Überlieferungen an. Auch blieben Elemente der Selbstüberwachung in den »volkseigenen« Betrieben, die vereidigte Sachverständige beschäftigten, erhalten. Neu war hingegen die auf allen Ebenen geforderte Mitwirkung von Vertreterinnen und Vertretern aus der Arbeiterschaft. In allen Betrieben waren Arbeitsschutzkommissionen zu bilden, in denen insgesamt mehr als 10 000 von den Industriegewerkschaften des FDGB angeleitete Arbeitsschutzinspektoren ehrenamtlich über die Einhaltung der Arbeitsschutznormen wachten. Durch die Eingliederung der staatlichen Arbeitsschutzämter und -abteilungen in Verwaltungen der Gewerkschaften entstand ab 1950 ein zunehmend professionalisierter Instanzenzug von hauptamtlichen Arbeitsschutzexpertinnen und -experten, der mit dieser »Massenbasis« eng zusammenarbeitete.[15]
Dieser neue, ganz dem »Aufbau des Sozialismus« verpflichtete Arbeitsschutz bedurfte einer wissenschaftlichen Grundlage, die bislang verstreute Wissensgebiete systematisch zusammenführte. Die Tradition der an der Technischen Hochschule, ab 1961 Technischen Universität, Dresden begründeten Arbeitswissenschaft bot dafür die idealen Voraussetzungen. Hier war schon in den 1920er-Jahren, inspiriert durch die Pioniere der Gestaltpsychologie Charlotte und Karl Bühler, mit dem Institut für »Psychotechnik« eine neuartige Verbindung von Psychologie und Arbeitswissenschaft entstanden.[16] Auch nachdem die Bühlers nach Wien (und später ins US-Exil) gezogen waren, und nach den Entlassungen eines jüdischen und eines tschechischen Psychologieprofessors 1933 arbeitete der Mitarbeiter des Psychotechnischen Instituts Werner Straub, der im November 1933 das »Bekenntnis der Professoren an den deutschen Universitäten und Hochschulen zu Adolf Hitler« unterzeichnet hatte, weiterhin auf dem Gebiet der psychologischen Eignungstests und bildete wissenschaftlichen Nachwuchs aus. Dazu gehörte auch der 1937 promovierte Erwin Gniza. Straubs und Gnizas Tätigkeiten für das Heer während des Krieges standen 1946 bzw. 1947 einer Weiterbeschäftigung an der Technischen Hochschule Dresden nicht im Wege, im Gegenteil. Straub amtierte von 1947 bis 1949 als deren Rektor, und noch heute ist der für die beste Abschlussarbeit im Fach Psychologie vergebene Preis der TU Dresden nach ihm benannt. Der mittlerweile habilitierte Gniza wurde nach ersten einschlägigen Veröffentlichungen 1953 zum stellvertretenden Direktor eines außerhalb der TU Dresden gegründeten Instituts für Arbeitsschutz bestellt.[17]
Während die politische Führung der DDR dem Arbeitsschutz von Beginn an zu Sichtbarkeit und öffentlichem Gewicht verhalf, figurierte er in der bundesdeutschen Politik zwei lange Jahrzehnte als nachrangige Aufgabe.[18] Die Wirtschafts- und Sozialpolitik der frühen Bundesrepublik hielt am herkömmlichen dualen System fest, das direkte staatliche Eingriffe in private Unternehmen minimierte, auf Gruppeninteressen etwa der niedergelassenen Ärzte Rücksicht nahm und ansonsten gemäß dem Subsidiaritätsprinzip den Sozialpartnern die Aushandlung von Standards des Arbeitsschutzes überließ. Hier und da finden sich bei Erörterungen von Arbeitsschutzfragen auch Hinweise auf die so ganz andere Entwicklung in der SBZ/DDR,[19] was gemäß der Logik der innerdeutschen Systemkonkurrenz ausgereicht haben dürfte, das Festhalten an »bürgerlichen« Traditionen zu legitimieren. Lediglich im Bereich des Schutzes bestimmter Arbeitnehmergruppen lässt sich eine aktive politische Gestaltung des Arbeitsschutzes erkennen,[20] die aber vor allem an der Reproduktion patriarchalischer Normen und Rollenmuster ausgerichtet war.
Erst in den Jahren der sozialliberalen Koalition von 1969 bis 1982 stieg die »Humanisierung des Arbeitslebens« – so der Name eines umfangreichen von der Bundesregierung initiierten und finanzierten Forschungsprogramms – und damit auch der Arbeitsschutz in den Rang eines »sozialpolitischen Leitthema[s]« auf, das in den Regierungserklärungen von Willy Brandt und Helmut Schmidt an herausragender Stelle Erwähnung fand. [21] Der Antritt der konservativ-liberalen Koalition unter Helmut Kohl brachte dann wieder die für »bürgerliche« Regierungen charakteristische Nachrangigkeit dieses Politikfeldes.[22]
III. Arbeitsschutz in der DDR: Einholen, ohne zu überholen?
Das Arbeitsschutzwesen der DDR, wie es sich im Laufe der 1950er- und 1960er-Jahre entwickelte, weist einige Charakteristika auf, die man für sich genommen und in ihrer Zeit gesehen als zukunftsweisend bewerten kann. Vieles davon existierte jedoch vor allem »auf dem Papier«, da die chronisch ineffiziente volkseigene Industrie den hehren Ansprüchen einer wissenschaftlichen Durchdringung der Arbeitsprozesse nicht genügen konnte. Zu den in der Arbeitswelt wirksamen Veränderungen gegenüber der kapitalistischen Zeit gehört zweifellos die in den Betrieben angesiedelte umfassende staatliche medizinische Versorgung, die sowohl Arbeitsschutzbelange als auch Aufgaben der allgemeinen Gesundheitsvorsorge wahrzunehmen hatte.[23] Hier soll aber das Augenmerk auf in der DDR entwickelte Konzepte des technischen Arbeitsschutzes gelegt werden.
»Schutzgüte«
Gefährliche Arbeitsinstrumente vom einfachen Werkzeug bis zur komplexen Maschine können durch nachträglich angebrachte Vorkehrungen für die damit Arbeitenden sicherer gemacht werden. Rationeller ist es aber, bei der Entwicklung neuer Geräte die Sicherheit ihres Gebrauchs von vornherein einzuplanen. Dieser Grundgedanke liegt dem Konzept der »Schutzgüte« zugrunde. Ähnliches war mit dem bereits in den 1920er-Jahren in der Fachwelt diskutierten Vorschlag eines gesetzlichen »Maschinenschutzes« beabsichtigt worden. § 4 der Arbeitsschutzverordnung (ASVO) der DDR vom 25. Oktober 1951 bestimmte: »Produktionsmittel dürfen nur nach den fortschrittlichen sicherheitstechnischen Erkenntnissen hergestellt, instand gesetzt und in einem den jeweiligen Arbeitsschutzanordnungen entsprechenden Zustand angeboten und in den Verkehr gebracht werden.«[24] Damit wurde die Verantwortung für die »vorausschauende Gefahrenabwehr« beim Einsatz von Produktionsmitteln den Herstellern und insbesondere den für diese arbeitenden Ingenieuren und Konstrukteuren zugewiesen.[25]
Systematisch ausgearbeitet hat den Begriff der Schutzgüte der Ingenieur Erhard Möhler: Seine erstmals 1956 veröffentlichte Abhandlung Der Einfluss des Ingenieurs auf den Arbeitsschutz bestimmte die Schutzgüte als eine gleichrangige neben mehreren erforderlichen und nachweisbaren Eigenschaften – »Funktionsgüte«, »Technologiegüte«, »Gestaltgüte«, »Lösungsgüte« – eines Produktionsmittels; eine Eigenschaft, die vor der Zulassung entsprechender Maschinen und Arbeitswerkzeuge in einer »Arbeitsmittelkarte« zu dokumentieren[26] und gemäß einem Ministerratsbeschluss ab 1956 durch Erteilung von Güte- oder Prüfzeichen zu zertifizieren war.[27] Die »Arbeitsschutzanordnung 3. – Schutzgüte von Maschinen, Werkzeugen und anderen Betriebsmitteln –« legte 1961 unter »Konstruktionsanforderungen« an erster Stelle fest, dass Erstere »so konstruiert und hergestellt sein [sollen], daß Gefährdungen der Werktätigen bzw. Erschwernisse durch Bedienung, Unterhaltung und Instandsetzung ausgeschlossen sind«.[28] Die Verantwortlichkeit für die Gewährleistung dieser Eigenschaften erstreckte sich gemäß weiteren Verordnungen auch auf die Leitungen der Betriebe und in diesen eigens zu bildenden »Schutzgütekommissionen«.[29]
»Zwei-Wege-Theorie«
Im Konzept der Schutzgüte, das laut Lutz Wienhold einen »Paradigmenwechsel« in der Strategie des Arbeitsschutzes in der DDR darstellte,[30] war bereits das Prinzip der zweiten hier vorzustellenden theoretischen Hervorbringung der DDR-Arbeitswissenschaft angelegt: die bereits erwähnte »Wegetheorie des Arbeitsschutzes« von Erwin Gniza.[31] Demnach bestand der erste Weg in an die am Produktionsprozess Beteiligten zu richtenden »[p]ersönliche[n] (subjektive[n]) Anforderungen, durch deren Erfüllung die Möglichkeit der Schädigung verringert oder beseitigt werden soll«. Den zweiten Weg stellten »[d]ingliche (objektive) Veränderungen, durch die die Gefährdung beseitigt oder der Kausalzusammenhang ›Gefährdung – Schädigung‹ unterbrochen werden soll«, dar. Aus der Überlegenheit des zweiten Wegs schlussfolgerte Gniza eine Rangfolge der Maßnahmen und Mittel zu Unfallverhütung: an vorderster Stelle die durch technische Gestaltung unmittelbar gegebene Sicherheit der Arbeitsmittel, gefolgt von sicherheitstechnischen Maßnahmen unterschiedlicher Reichweite, und erst dann, zuletzt, die »persönlichen Anforderungen«.
Das Prinzip der »Schutzgüte« und die »Wegetheorie« ergänzten sich unmittelbar, indem die vorausschauend auf Gefahrenabwehr ausgerichtete Konstruktion der Arbeitsmittel, also die »Schutzgüte«, dem Hauptweg der Unfallverhütung durch technische Gestaltung und Sicherheitstechnik entsprach.[32] Das sozialhistorisch Innovative dieser Konzepte lag in der konsequenten Negation der Unfällertheorie, die Arbeitgebern seit Generationen Argumente dafür geliefert hatte, die Schuld an Unfällen zunächst bei den Unfallopfern zu suchen. Nun wurde die Beweislast umgekehrt: Der Betrieb muss dokumentieren, dass die Anwendung der Produktionsmittel und die Organisation der Produktion intrinsisch sicher sind.
Zur gleichen Zeit, Mitte der 1950er-Jahre, dominierte in der Bundesrepublik noch ungebrochen die arbeitgeberfreundliche Unfällertheorie.[33] Nicht nur die Politik vernachlässigte im Westen Deutschlands den Arbeitsschutz. Bis ins nächste Jahrzehnt »fehlte [es] auch an einer vertieften wissenschaftlichen Durchdringung, systematischen Aufarbeitung des gesamten Aufgabenfeldes und auch an dogmatischen Klärungen«.[34] Es sollte bis zum Juni 1968 dauern, bevor sich Bundestag und Bundesrat nach langwierigen Verhandlungen auf eine der »Arbeitsschutzanordnung […] Schutzgüte […]« vergleichbare gesetzliche Regelung, das Gesetz über technische Arbeitsmittel (Maschinenschutzgesetz), einigen konnten.[35] Bei der Begründung der ersten Vornorm zu seiner Umsetzung wiesen die Autoren auch auf das Schutzgüte-Konzept von Erhard Möhler hin.[36]
Dass die DDR in der Hochphase des Kalten Krieges auf dem wissenschaftlichen Spezialgebiet der Arbeitsschutzforschung ihrem Systemrivalen ebenbürtig, wenn nicht überlegen war, sagt allerdings wenig über die spezifische Wirksamkeit dieser Konzepte in der schnöden Wirklichkeit aus. Der intellektuelle Vorsprung auf diesem Spezialgebiet verhinderte jedenfalls nicht, dass die DDR-Volkswirtschaft im direkten Vergleich mit jener der Bundesrepublik dauerhaft ins Hintertreffen geriet und die Vision vom Einholen, geschweige denn vom Überholen, sich zunehmend als Schimäre erwies. Nicht ohne Grund betitelte der ostdeutsche Sicherheitsingenieur Lutz Wienhold seine erste umfangreiche Darstellung zum Thema mit Zwischen Anspruch und Wirklichkeit.[37] Die Zahlen für statistisch erfasste Arbeitsunfälle blieben in Ost und West während der Nachkriegsjahrzehnte hoch und sanken erst in den 1970er- und 1980er-Jahren. Dabei lagen vergleichbare Indikatoren wie etwa die berichteten Zahlen der Arbeitsunfälle je 1000 Vollarbeiterinnen und Vollarbeiter für die Bundesrepublik immer deutlich über denen der DDR, so etwa für 1955 bei 97 gegenüber 50 Beschäftigten, für 1965 bei 106 gegenüber 45, für 1975 bei 76 gegenüber 33 und für 1986 bei 55 gegenüber 24.[38] Der direkte Vergleich dieser Zeitreihen ist wegen der konstitutiven Unterschiede der beiden Beschäftigungssysteme etwa hinsichtlich des Anteils der Frauen in Lohnarbeit, der Arbeitsintensität und arbeitsmedizinischer Schutzmaßnahmen außerordentlich kompliziert.[39] Zugleich dürfte der langfristige Trend der Senkung um mehr als 50 Prozent in beiden Volkswirtschaften realistisch sein.
Unbestritten ist hingegen unter Fachleuten, dass vieles von dem, was Arbeitswissenschaftler in der DDR verhältnismäßig früh wissenschaftlich begründet und SED-Gesetzgeber in verbindlichen Normen festgelegt hatten, weitgehend nur auf dem Papier Bestand hatte, im Produktionsalltag aber ignoriert wurde. So entsprach, wie ich an einigen Einzelstudien zu großen Industrieunfällen nachweisen konnte, die betriebsinterne Stellung der Sicherheitsingenieure bis zum Ende der DDR eben nicht dem geforderten Prinzip der unmittelbaren Zuordnung zum jeweiligen staatlichen Leiter. Das begrenzte ihre Vetomacht bei Entscheidungen, die die Produktionssicherheit berührten; ähnlich erging es auf den unteren Ebenen der Hierarchie den zahlreichen ehrenamtlichen Sicherheitsinspektorinnen und -inspektoren.[40] Gegen den gebieterischen Vorrang der Planerfüllung um jeden Preis konnten sich beide Gruppen weder gegenüber dem Management noch den Produktionsarbeitern durchsetzen; es galt auch hier wie in der gesamten volkseigenen Industrie das Prinzip der »organisierten Verantwortungslosigkeit«.[41] Verbittert bilanziert Wienhold am Ende seiner monumentalen Geschichte des Arbeitsschutzes in der DDR: »Die progressive Arbeitsschutz-Theorie der DDR war zu einem künstlichen Paradies verkommen, weil sie in der politischen und praktischen Wirklichkeit nicht nachhaltig Fuß fassen konnte.«[42]
Zu den notorischen Schwächen der DDR-Industrie zählte, je älter sie wurde, der Mangel an avancierter Überwachungs- und Steuerungstechnologie, die große Anlagen nicht nur produktiver, sondern – im Sinne des Gnizaʼschen »Hauptwegs« der Unfallverhütung – auch sicherer macht. Die Werktätigen arbeiteten an veralteten Maschinen, deren »Schutzgüte« schon lange nicht mehr dem Stand der Technik entsprach. Zum Ausgleich dafür investierte die SED im Zeichen der Honeckerʼschen »Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik« in den Nebenweg der Unfallverhütung. Aufklärungskampagnen für »Ordnung, Sicherheit und Sauberkeit« am Arbeitsplatz und gründliches »Antihavarietraining« sollten die Arbeiterinnen und Arbeiter lehren, den Gefährdungen zunehmend auf Verschleiß produzierender, schon seit Langem abgeschriebener Maschinenparks auszuweichen.[43] Das mag, neben den in den 1980er-Jahren endemischen Produktionsunterbrechungen wegen Reparaturen und fehlender Vorprodukte, zu den kontinuierlich gesunkenen Arbeitsunfallzahlen beigetragen haben.
IV. Die Vereinigung
Die Übernahme ist eine der bekanntesten Darstellungen der Transformation der ostdeutschen Gesellschaft infolge der Vereinigung beider deutscher Staaten betitelt.[44] Es handelt sich nicht um eine zeitgenössische Polemik, sondern um die Bilanz eines Historikers, bei der die »Übernahme« von Betrieben, Verwaltungen und Ämtern in Ostdeutschland durch westdeutsche Unternehmer, Beamte und Politiker im Zentrum steht. Dieser Prozess ging bekanntlich einher mit der im Einigungsvertrag zwischen der Bundesrepublik und der DDR festgelegten Übertragung des Wirtschafts-, Sozial- und Rechtssystems der Bundesrepublik auf die am 3. Oktober 1990 beigetretenen neuen Bundesländer. Von DDR-eigenen Hervorbringungen sollte dabei nichts übrig bleiben.
Der Arbeitsschutz mit seinen Normen ist eines der wenigen Politikfelder, auf dem dies nicht funktionierte, zumindest nicht ganz. Dass es in der DDR keineswegs an validen wissenschaftlichen Erkenntnissen und Methoden zur Bewertung und Vermeidung von Risiken am Arbeitsplatz und in der Produktion mangelte, war in der westdeutschen Fachwelt wohlbekannt.[45] Ebenso bekannt war, dass die Bundesrepublik auf diesem Politikfeld im westeuropäischen Vergleich seit Jahren hinterherhinkte. Infolge der 1986 beschlossenen Einheitlichen Europäischen Akte der Mitgliedsländer der Europäischen Gemeinschaft (EG) konnte diese ab 1987 verbindliche Rahmenrichtlinien erlassen, die auf die Schaffung und das Funktionieren des Binnenmarktes ausgerichtet waren, was auch die Harmonisierung von Sicherheitsvorschriften und die Festlegung von Mindeststandards beim Arbeitsschutz einschloss. Zwei Jahre später verabschiedete der Europäische Rat die »Richtlinie über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer bei der Arbeit«. Diese Rahmenrichtlinie ging von einem weiten Arbeitsschutzbegriff aus, der Unfallverhütung, Prävention von Berufskrankheiten und Abwehr arbeitsbedingter Gesundheitsgefahren sowie generell »die menschengerechte Gestaltung der Arbeit« in allen Betrieben, ob privat oder öffentlich, ob Industrie, Landwirtschaft oder Dienstleistungssektor, umfasste.[46] Die Umsetzung dieser auch als »Grundgesetz des betrieblichen Arbeitsschutzes« apostrophierten Vorgabe in nationales Recht machte in Deutschland die Zusammenfassung der bislang nebeneinander bestehenden gesetzlichen Grundlagen und Normen in eine übergreifende einheitliche gesetzliche Regelung erforderlich[47] – genau das, wovon Expertinnen und Experten in Verwaltungen, Gewerkschaften, Berufsverbänden, aber weniger in Unternehmerverbänden schon seit der Weimarer Republik geträumt hatten.
Im Arbeitsschutzrecht der DDR war einiges von dem, was die europäische Richtschnur vorgab, schon enthalten. Folglich hieß es im Kapitel VII des Einigungsvertrages, »Arbeit, Soziales, Familie, Frauen, Gesundheitswesen und Umweltschutz«, u. a.: »Es ist Aufgabe des gesamtdeutschen Gesetzgebers […] den öffentlich-rechtlichen Arbeitsschutz in Übereinstimmung mit dem Recht der Europäischen Gemeinschaften und dem damit konformen Teil des Arbeitsschutzrechts der Deutschen Demokratischen Republik zeitgemäß neu zu regeln.«[48] DDR-Normen fanden weiterhin Anwendung und sollten »damit als Ergänzung zum Regelwerk der anerkannten Regeln der Technik in der Bundesrepublik weiterhin zur Verfügung stehen«.[49] Insbesondere der auf spezifische Gewerbe zugeschnittene Anwendungsbereich der westdeutschen Gewerbeordnung stand im Gegensatz zur Rahmenrichtlinie, wohingegen die Anwendungsbereiche gemäß Arbeitsschutzrecht der DDR und der Rahmenrichtlinie weitgehend identisch waren.
Lutz Wienhold bewertet diese Berücksichtigung des ostdeutschen Arbeitsschutzes im Einigungsvertrag folgendermaßen: »Hierin kam auch Wertschätzung für die in der DDR vorgenommene Rechtsordnung zum Arbeitsschutz zum Ausdruck. Das geschlossene Vorschriftenwerk mit seiner Systematik fand im Prozess der Verhandlungen zur Einheit Deutschlands durchaus Anerkennung.«[50] Daher traf die beiden wichtigsten Forschungseinrichtungen der DDR auf diesem Gebiet, das Zentralinstitut für Arbeitsmedizin der DDR und das Zentralinstitut für Arbeitsschutz, auch nicht – wie so viele andere staatliche Einrichtungen der DDR – die umstandslose Abwicklung, sie wurden vielmehr in Strukturen der Bundesrepublik integriert und fungieren seitdem als Abteilungen von Bundeseinrichtungen.[51]
V. Fazit
Heute lebt und arbeitet die gesamtdeutsche Bevölkerung seit mehr als einem Vierteljahrhundert im Geltungsbereich eines einheitlichen Regelwerks, das den hohen, von der Europäischen Union vorgegebenen Standards entspricht. Dass in das nach langen Vorarbeiten und politischem Ringen am 7. August 1996 vom Deutschen Bundestag verabschiedete »Gesetz über die Durchführung von Maßnahmen des Arbeitsschutzes zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Beschäftigten bei der Arbeit (Arbeitsschutzgesetz)«[52] – und sei es auch nur indirekt – Erfahrungen und Kenntnisse aus der DDR eingeflossen sind, war und ist allenfalls sehr wenigen eingeweihten Expertinnen und Experten bekannt.
Vorsichtig kommentierte diesen Zustand 1999 die Autorin eines der ersten nach der Vereinigung verfassten Bücher über den Arbeitsschutz der DDR: »Es scheint inzwischen doch etwas in Vergessenheit geraten zu sein, bzw. es wird verdrängt, daß bestimmte Bereiche der DDR-Sozialpolitik vor, aber auch noch zur Zeit der Wende, sofern sie Beachtung fanden, nicht nur in negativem Licht betrachtet wurden. Vor allem für Experten aus den westlichen Gewerkschaften hatten die gesetzlichen Grundlagen des DDR-Arbeitsschutzes gewissermaßen Vorbildcharakter.«[53]
Die diesbezügliche Unkenntnis in der breiteren Öffentlichkeit ist vermutlich weniger auf »Vergessen« als auf – durchaus auch absichtsvolle – Ignoranz zurückzuführen.[54] Übernahmen von institutionellem und regulatorischem Know-how durfte es in den ersten Jahren nach 1990 nur von West nach Ost geben. Das Arbeitsschutzsystem der DDR befindet sich dabei in guter Gesellschaft: Ähnlich verhielt es sich mit den Polikliniken im Gesundheitssystem, der flächendeckenden Versorgung mit Kindertagesstätten und dem an der rechtlichen Gleichstellung der Geschlechter ausgerichteten Scheidungsrecht. Nur allzu schnell galt für diese von der SED-Diktatur implementierten, aber dennoch praxistauglichen Strukturelemente des DDR-Alltags, was ein gewerkschaftsnahes Institut bereits 1990 befürchtet hatte: »Eine Reihe organisatorischer Strukturen und materieller Leistungen in der DDR entsprechen langjährigen Forderungen zu sozialpolitischen Reformen, wie sie vor allem von den Gewerkschaften und der SPD formuliert worden sind. Sollen sie nun deswegen verschwiegen oder vergessen werden, weil sie in der diskreditierten DDR existieren?«[55]
Die Antwort der tonangebenden Zeitgenossen war ein entschiedenes »Ja«. Auch die Geschichte des Arbeitsschutzes, genauer der Arbeitsschutzwissenschaft und der Konzepte des Arbeitsschutzes, gehört mithin zur Rubrik des sattsam bekannten »Nicht alles in der DDR war schlecht« – oder wie der Kanzler der deutschen Einheit schon in frühen 1990er-Jahren in einem vertraulichen Gespräch bekannte: »Der Gedanke, dass alles bei uns richtig war, und bei denen alles falsch, ist idiotisch.«[56] Anfang des 21. Jahrhunderts konnte das vereinigte Deutschland in aller Offenheit zu dieser bahnbrechenden Einsicht stehen und den Nestor der DDR-Arbeitsschutzwissenschaft, Erwin Gniza, mit dem Bundesverdienstkreuz auszeichnen.
[1] »Wissenschaftsminister Prof. Dr. Meyer verleiht Bundesverdienstkreuz an Prof. Gniza, Dresden, und Prof. Bigl, Leipzig«, in: Medienservice Sachsen vom 18. Dezember 2001, https://archive.ph/20120914001220/http:/www.medienservice.sachsen.de/medien/news/4912 (ges. am 3. Februar 2023).
[2] »Ehrenmedaille an Professor Erwin Gniza«, in: Universitätsjournal. Zeitung der TU Dresden vom 10. Oktober 2000, 11 (2000), H. 15, S. 8, https://tu-dresden.de/tu-dresden/newsportal/ressourcen/dateien/universitaetsjournal/uj_pdfs/uj_2000/UJ15-00.pdf?lang=de (ges. am 3. Februar 2023).
[3] Siehe Peter Richter: Nestor der Dresdner Psychologie gestorben. Gedenken an Professor Erwin Gniza, in: Dresdner Universitätsjournal vom 10. Oktober 2006, 17 (2006), H. 16, S. 8, https://tu-dresden.de/tu-dresden/newsportal/ressourcen/dateien/universitaetsjournal/uj_pdfs/uj_2006/UJ16-06.pdf?lang=de (ges. am 3. Januar 2023).
[4] Siehe Neues Deutschland vom 7. Oktober 1960 (»in Bronze«) und vom 31. Juli 1970 (»in Silber«).
[5] Siehe Dietrich Bethge/Lutz Wienhold: Arbeitsschutz, in: Bundesministerium für Arbeit und Soziales und Bundesarchiv (Hg.): Geschichte der Sozialpolitik in Deutschland seit 1945, 11. Bde., Baden-Baden 2001–2008 (im Folgenden: BMAS: 2001–2008); Band 2/1: 1945–1949. Die Zeit der Besatzungszonen. Sozialpolitik zwischen Kriegsende und der Gründung zweier deutscher Staaten, hg. v. Udo Wengst, Baden-Baden 2001 (im Folgenden: Bethge/Wienhold: 1945–1949), S. 213–263, hier S. 216.
[6] Siehe Gerhard A. Ritter/Klaus Tenfelde: Arbeiter im Deutschen Kaiserreich, Bonn 1992, S. 372–389.
[7] Siehe Deutschland, Großbritannien und Italien vergleichend Julia Moses: Das Jahrhundert des Unfalls. Risiko und Arbeit in transnationaler Perspektive, in: Amerigo Carus/Birgit Metzger (Hg.): Grenzen der Sicherheit. Unfälle, Medien und Politik im Deutschen Kaiserreich, Göttingen 2022, S. 34–54.
[8] Siehe John Chynoweth Burnham: Accident prone. A history of technology, psychology, and misfits of the machine age, Chicago u. a. 2009.
[9] Wolfgang Ayaß: Einleitung, in: ders. (Bearb.): Die Revision der Unfallsversicherungsgesetze und die Praxis der Unfallversicherung (= Hansjoachim Henning/Florian Tennstedt [Hg.], Quellensammlung zur Geschichte der deutschen Sozialpolitik 1867 bis 1914, III. Abteilung: Ausbau und Differenzierung der Sozialpolitik seit Beginn des Neuen Kurses [1890–1904], 2. Bd.), Darmstadt 2009, S. (XV–XLII) XXXIII.
[10] Wolfgang Ayaß: Regulierte Selbstregulierung in den Berufsgenossenschaften der gesetzlichen Unfallversicherung, in: Peter Collin u. a. (Hg.): Regulierte Selbstregulierung im frühen Interventions- und Sozialstaat, Frankfurt a. M. 2009 (= Moderne Regulierungsregime. Studien zur europäischen Rechtsgeschichte: Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für europäische Rechtsgeschichte Frankfurt am Main, Bd. 2), S. 123–145.
[11] Siehe Ina vom Feld: Staatsentlastung im Technikrecht. Dampfkesselgesetzgebung und -überwachung in Preußen 1813–1914, Frankfurt a. M. 2007 (= Recht in der industriellen Revolution, Bd. 5).
[12] Siehe Bethge/Wienhold: 1945–1949 (Anm. 5), S. 219.
[13] Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik vom 7. Oktober 1949, Art. 15, 18, https://www.verfassungen.de/ddr/verf49.htm (ges. am 16. Juli 2023), siehe analog dazu Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik vom 9. April 1968, Art. 35, https://www.verfassungen.de/ddr/verf68-i.htm.
[14] Siehe Lutz Wienhold (unter Mitarbeit von Dietrich Bethge): Arbeitsschutz, in: BMAS: 2001–2008 (Anm. 5), Bd. 3: 1949–1957. Bundesrepublik Deutschland. Bewältigung der Kriegsfolgen, Rückkehr zur sozialpolitischen Normalität, hg. v. Günther Schulz, Baden-Baden 2005, S. 229–265, hier S. 229 f. (im Folgenden: Wienhold/Bethge: 1949–1957); »Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG)«, SVG-Wiki, https://www.svg.de/svg-wiki/artikel/arbeitsschutzgesetz-arbschg (ges. am 4. Januar 2023).
[15] Siehe dazu Lutz Wienhold: Arbeitsschutz in der DDR. Kommunistische Durchdringung fachlicher Konzepte, Hamburg 2014, Kap. 2.4 Organisatorische und rechtliche Neuordnungen [von 1945–1949, T. L.], S. 91–125; und Kap. 3.3 Der Aufbau des Arbeitsschutzes in der DDR, S. 161–196.
[16] Siehe Dominik Schrage: Psychotechnik und Radiophonie. Subjektkonstruktionen in artifiziellen Wirklichkeiten 1918–1932, München 2001.
[17] Siehe die Einträge »Gniza, Erwin« und »Straub, Werner« in: Uwe Wolfradt/Elfriede Billmann-Mahecha/Armin Stock (Hg.): Deutschsprachige Psychologinnen und Psychologen 1933–1945: ein Personenlexikon, ergänzt um einen Text von Erich Stern, Wiesbaden 2015.
[18] Siehe Wienhold/Bethge: 1949–1957 (Anm. 14), S. 263; Dietrich Bethge: Arbeitsschutz, in: BMAS: 2001–2008 (Anm. 5), Bd. 4: Bundesrepublik Deutschland 1957–1966. Sozialpolitik im Zeichen des erreichten Wohlstandes, hg. v. Michael Ruck/Marcel Boldorf, Baden-Baden 2007 (im Folgenden: Bethge 1957–1966), S. 199.
[19] Siehe Bethge/Wienhold: 1945–1949 (Anm. 5), S. 232, 234; Wienhold/Bethge: 1949–1957 (Anm. 14) S. 236.
[20] Ebd., S. 252–263.
[21] Siehe Dietrich Bethge: Arbeitsschutz, in: BMAS: 2001–2008 (Anm. 5), Bd. 5: 1966–1974. Bundesrepublik Deutschland. Eine Zeit vielfältigen Aufbruchs, hg. v. Günter Hockerts (im Folgenden: Bethge: 1966–1974), S. 277–330, hier S. 285 (»sozialpolitisches Leitthema«), 280 f. (Regierungserklärungen Brandt 1969 und 1973); Dietrich Bethge: Arbeitsschutz, in: BMAS 2001–2008 (Anm. 5), Bd. 6: 1974–1982. Bundesrepublik Deutschland. Neue Herausforderungen, wachsende Unsicherheiten, hg. v. Martin H. Geyer, Baden-Baden 2008, S. 270–308, hier S. 270 (Regierungserklärungen Schmidt 1974, 1976 und 1980).
[22] Siehe Dietrich Bethge: Arbeitsschutz, in: BMAS 2001–2008 (Anm. 5), Bd. 7: 1982–1989. Bundesrepublik Deutschland. Finanzielle Konsolidierung und institutionelle Reform, hg. v. Manfred G. Schmidt, Baden-Baden 2005 (im Folgenden: Bethge: 1982–1989), S. 200–235, hier S. 200–202.
[23] Siehe Wienhold: Durchdringung (Anm. 15), S. 201–209, 277–280, 350–359, 407–412.
[24] Zit. nach ebd., S. 640.
[25] Ebd., S. 209.
[26] Siehe Erhard Möhler: Der Einfluss des Ingenieurs auf die Arbeitssicherheit, Berlin 1956, hier 2. Aufl. 1962, insbes. S. 64–85.
[27] Wienhold: Durchdringung (Anm. 15), S. 210.
[28] Arbeitsschutzordnung 3. – Schutzgüte von Maschinen, Werkzeugen und anderen Betriebsmitteln – vom 1. August 1961, in: Gesetzblatt der Deutschen Demokratischen Republik, T. II, Nr. 54 vom 23.08.1961, S. 339 f., hier S. 339; zit. nach ddrgbl.mkrst.net/data/DDR-GBl%201961%20II.pdf (ges. am 17. Juli 2023).
[29] Siehe Arbeits- und Brandschutzanordnung 3/1 – Schutzgüte der Arbeitsmittel und Arbeitsverfahren – vom 20. Juli 1966, in: GBl. DDR T. II, Nr. 87, vom 12.08.1966, S. 563–566, hier S. 563 f., zit. nach https://ddrgbl.mkrst.net/data/DDR-GBl%201966%20II.pdf (ges. am 17. Juli 2023).
[30] Wienhold: Durchdringung (Anm. 15), S. 210.
[31] Erwin Gniza: Zur Theorie der Wege der Unfallverhütung, in: Arbeitsökonomik und Arbeitsschutz 1 (1957), H. 1, S. 62–76.
[32] Siehe die Darstellung in: Gestaltungskonzepte zur Arbeitssicherheit in der DDR, in: sifa-sibe.de: Informationsportal, Fachzeitschriften, Akademie, 15. Juni 2012, https://www.sifa-sibe.de/fachbeitraege/archiv-si/gestaltungskonzepte-zur-arbeitssicherheit-in-der-ddr/#slider-intro-1 (ges. am 17. Juli 2023).
[33] Siehe Wienhold/Bethge: 1949–1957 (Anm. 14), S. 240.
[34] Bethge: 1957–1966 (Anm. 18), S. 199.
[35] Bethge: 1966–1974 (Anm. 21), S. 290–295.
[36] Siehe Wienhold: Durchdringung (Anm. 15), S. 173, Fn. 58.
[37] Ders.: Zwischen Anspruch und Wirklichkeit: Historischer Abriss zum Arbeitsschutz in der SBZ/DDR, Köln 2011; ders.: Durchdringung (Anm. 15) stellt eine überarbeitete Fassung dieser Publikation dar.
[38] Siehe für die Bundesrepublik: Deutscher Bundestag, 11. Wahlperiode, Drucksache 11/8165 vom 22.10.1990, Bericht der Bundesregierung über den Stand der Unfallverhütung und das Unfallgeschehen in der Bundesrepublik Deutschland (Unfallverhütungsbericht 1989), Tabelle 1 Entwicklung der Arbeitsunfälle ab 1949, S. 86; für die DDR: André Steiner/Matthias Judt/Thomas Reichel: Statistische Übersichten zur Sozialpolitik in Deutschland seit 1945: Bd. SBZ/DDR, Bonn 2006, S. 140.
[39] Siehe D. Szewczyk/M. Schweres: Zur Einschätzung der Lage des Arbeitsschutzes im Beitrittsgebiet (NBL). Teil 1, in: Sicherheitsingenieur 22 (1991), H. 10, S. 1–4; Teil 2, Sicherheitsingenieur 22 (1991) H. 11, S. 5–8.
[40] Siehe Thomas Lindenberger: Havarie. Die sozialistische Betriebsgemeinschaft im Ausnahmezustand, in: Thomas Lindenberger/Martin Sabrow (Hg.): German Zeitgeschichte. Konturen eines Forschungsfeldes, Göttingen 2016, S. 242–264; Thomas Lindenberger: Governing the State of Emergency: Large Industrial Accidents in Communist East Germany, in: Marsha Siefert (Hg.): Labor in State Socialist Europe, 1945–1989. Contributions to a History of Work (= Work and Labor – Transdisciplinary Studies for the 21st Century), Budapest 2020, S. 219–243.
[41] Siehe – den ungarischen Ministerpräsidenten András Hegedüs zitierend – Rudolf Bahro: Die Alternative: Zur Kritik des realexistierenden Sozialismus, Köln 1977, S. 134.
[42] Wienhold: Durchdringung (Anm. 15), S. 444.
[43] Siehe dazu im Einzelnen Thomas Lindenberger: Places of Risk on the Site of Socialist Modernity. Fighting Industrial Accidents until the GDR Was No More, in: Martin H. Geyer (Hg.): Sites of Modernity – Places of Risk. Risk and Security in Germany since the 1970s, New York/Oxford 2023, S. 67–88.
[44] Ilko-Sascha Kowalczuk: Die Übernahme. Wie Ostdeutschland Teil der Bundesrepublik wurde, München 2019.
[45] Siehe zum Beispiel Manfred Schweres: Arbeitswissenschaft(en) in der DDR: Tiefe Kluft zwischen Theorie und heutiger Praxis. Herausforderung für die Forschungsförderung, in: Sozialer Fortschritt 39 (1990), H. 8, S. 173–179.
[46] Bethge: 1982–1989 (Anm. 22), S. 210–212.
[47] Ebd., S. 212.
[48] Vertrag zwischen der Deutschen Demokratischen Republik und der Bundesrepublik Deutschland über die Herstellung der Einheit Deutschlands – Einigungsvertrag – vom 31. August 1990, Kapitel VII Arbeit, Soziales, Familie, Frauen, Gesundheitswesen und Umweltschutz, Art. 30, Abs. 2 , zit. nach https://www.verfassungen.de/ddr/einigungsvertrag90-i.htm (ges. am 21. Juli 2023).
[49] Fritz Kochan: Arbeitsschutz im Prozeß der deutschen Wiedervereinigung, in: Fritjof Kunz/Joachim Michas/Fritz Kochan (Hg.): Arbeitnehmerhaftung, Kündigung und Arbeitsschutz (= Beiträge zu den Berichten der Kommission für die Erforschung des sozialen und politischen Wandels in den neuen Bundesländern e. V., Bd. 6.2), Wiesbaden 1997, S. 227–286.
[50] Wienhold: Durchdringung (Anm. 15), S. 434.
[51] Siehe Kochan: Arbeitsschutz im Prozeß (Anm. 49), S. 281 f.
[52] Siehe dazu Dietrich Bethge: Arbeitsschutz, in: BMAS: 2001–2008 (Anm. 5), Bd. 11: 1989–1994. Bundesrepublik Deutschland. Sozialpolitik im Zeichen der Vereinigung, hg. v. Gerhard A. Ritter, Baden-Baden 2007, S. 425–427.
[53] Ylva Eriksson-Kuchenbuch: Die Entwicklung des Arbeitsschutzes in der DDR, Dortmund 1999, S. 11 f.
[54] Über das heillose Gewirr von Halbwahrheiten, wechselseitigen Projektionen, Besserwisserei und Ahnungslosigkeit in der Vereinigungsgesellschaft siehe Thomas Lindenberger: Wahrheitsregime und Unbehagen an der Vergangenheit. Ein Versuch über die Unaufrichtigkeiten beim deutsch-deutschen Zusammenwachsen, in: Marcus Böick/Constantin Goschler/Ralph Jessen (Hg.): Jahrbuch Deutsche Einheit 2020, Berlin 2020, S. 73–94.
[55] Zit. nach Eriksson-Kuchenbuch: Die Entwicklung (Anm. 53), S. 15. Siehe auch Gerhard Bäcker/Johannes Steffen: Sozialunion: Was soll wie vereinigt werden? Sozialpolitische Probleme des ökonomischen und politischen Umbruchs in der DDR und Anforderungen des Einigungsprozesses, in: WSI-Mitteilungen 43 (1990), H. 5, S. 265–281, hier S. 272.
[56] So berichtete es der US-amerikanische Historiker Fritz Stern über ein Gespräch mit Helmut Kohl. Siehe Helmut Schmidt/Fritz Stern: Unser Jahrhundert: Ein Gespräch, München 2010, S. 187.