Gedenkstätte

Gedenkstätte für die Opfer der Repression „Kurapaty“, Minsk, Belarus

Gedenkstein und Gedenkkreuze, Foto: Bundesstiftung Aufarbeitung

Die Gedenkstätte Kurapaty liegt am nördlichen Stadtrand von Minsk. Hier befindet sich ein Gräberfeld, auf dem Zehntausende Menschen zwischen 1937 und 1941 durch die sowjetische Geheimpolizei hingerichtet wurden. Nach der Annexion der ehemals polnischen Gebiete in Westbelarus im Herbst 1939 durch die Sowjetunion setzten erneut Massenexekutionen ein. Betroffen waren vor allem Angehörige der polnischen sozialen, militärischen und politischen Eliten, die in das Zentralgefängnis der BSSR nach Minsk verbracht und anschließend zu tausenden in Kurapaty erschossen und anonym verscharrt wurden. Nach dem Rückzug der deutschen Truppen und der Befreiung von Minsk durch die sowjetische Armee im Sommer 1944 begannen Angehörige der sowjetischen Geheimpolizei mit der Beseitigung einiger Gräber. Die eingesunkenen Massengräber wurden teilweise aufgefüllt und das Gelände aufgeforstet. In den 1960er Jahren erfolgte der Bau einer Straße sowie einer Gaspipeline durch das Gräberfeld. Die im Zuge dieser Arbeiten aufgefundenen sterblichen Überreste wurden beseitigt. In den 1970er Jahren entstand eine Neubausiedlung, die bis unmittelbar an Kurapaty heranreichte. Das Waldstück wurde zu einem beliebten Naherholungsort für die Anwohner.

In den 1970er Jahren bestätigten Berichte von Zeitzeugen aus den umliegenden Dörfern die Existenz der Massengräber. In der Zeit von Glasnost und Perestroika wurden sie einer breiten Öffentlichkeit bekannt. Im Mai 1988 konnte ein kleines Team von Archäologen mit Genehmigung der Militärstaatsanwaltschaft erste Suchgrabungen durchführen. Ihr in Auszügen veröffentlichter Bericht holte die bis dahin tabuisierten Verbrechen zurück in das öffentliche Bewusstsein. Die Vereinigung „Martyraloh Belarusi“ trat für eine unabhängige Aufarbeitung der stalinistischen Vergangenheit ein. Die Staatsmacht reagierte auf diese Entwicklung mit Repressionen. Allerdings zwang der zunehmende Machtverfall die Staats- und Parteiführung im Frühjahr 1989 einzulenken und die Verbrechen auch offiziell anzuerkennen. Dem Gräberfeld wurde der Status eines nationalen Mahnmales zugesprochen und im Januar 1989 ein vom Ministerrat der BSSR initiierter Gedenkstein errichtet. Die ersten Gedenkzeichen, ein sechs Meter hohes Holzkreuz, wurden unter der Anteilnahme von etwa 50.000 Menschen in einer Prozession nach Kurapaty getragen und dort eingesegnet. Im Frühjahr 1990 begann die provisorische Umgestaltung des Geländes. Gegenüber dem Märtyrerkreuz wurde eine Hinweistafel aufgestellt und Kreuze auf den einzelnen Grabstellen errichtet. 1991 änderte die Regierung ihren Kurs. Die Toten von Kurapaty wurden nun zu Opfern der Deutschen Wehrmacht erklärt, was durch weitere Suchgrabungen zweielsfrei widerlegt wurde. Die stalinistischen Verbrechen traten in den Hintergrund. Dies änderte sich im Herbst 2001, als auf einen Präsidialerlass hin die Erweiterung der durch das Gräberfeld führenden Straße in Angriff genommen wurde. Die „Initiative zur Bewahrung von Kurapaty“ („Za utrawannje Kurapaty“) und die Vereinigung „Jugend für Kurapaty“ protestierten dagegen. Es kam zu gewaltsamen Auseinandersetzungen, aber der Bau konnte nicht verhindert werden. Als Zugeständnis wurde eine Unterführung angelegt, durch die das Gräberfeld heute zu erreichen ist. Verschiedene Organisationen, Religionsgemeinschaften sowie Angehörige der Opfer regten die Aufstellung zahlloser neuer Kreuze an. Bis heute bemühen sich Vereinigungen und Parteien in Belarus um die Umgestaltung des Areals in eine nationale Gedenkstätte. Bislang scheiterte dieses Vorhaben am Widerstand des Staates. Dennoch steht der Name Kurapaty in weiten Teilen der belarussischen Gesellschaft als Synonym für die Verbrechen des Stalinismus.

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