Im Bereich Lesen finden Sie einen kommentierten Querschnitt von Büchern und Online-Ressourcen zur Geschichte des Kommunismus.
Die umfangreiche wissenschaftliche Literatur wird in der Unterkategorie Analyse gesammelt und ausgehend von wichtigen Autorinnen und Autoren sowie für die Forschung relevanten Werken laufend erweitert. Thematisch und methodisch unterschiedliche Ansätze werden berücksichtigt und inhaltlich ausgerichtete Websites vorgestellt.
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Die Biografien und Autobiografien kommunistischer Führer, Politiker und Oppositioneller werden bei Biografien eingeführt und immer in kurzen Texten angeteasert und mit Rezensionen verlinkt. Romane und Erzählungen finden Sie bei Belletristik, wo zunächst Neuerscheinungen eingepflegt werden.
Bei LiesMich! sind die Kurzrezensionen renommierter Wissenschaftler, Historiker und Journalisten versammelt, die Ihre „Lieblingsbücher“ zur Kommunismusgeschichte vorstellen. Die Rezensionen stellen neue und alte Forschungsliteratur, Biografien und Romane vor, die es immer wieder wert sind, gelesen zu werden.
Mario Keßler: Ruth Fischer. Ein Leben mit und gegen Kommunisten (1895-1961)
Ruth Fischer hat das Alleinstellungsmerkmal, als bisher einzige Frau an der Spitze einer Massenpartei der Arbeiterbewegung gestanden zu haben. 1924/25 führte sie die Kommunistische Partei Deutschlands und wirkte an deren Unterordnung unter die Kommunistische Partei der Sowjetunion mit. Von Stalinisten und Nationalsozialisten verfolgt, entwickelt sich die Kommunistin zu einer leidenschaftlichen Antikommunistin und sucht in ihren letzten Lebensjahren Anschluss an die undogmatische Linke. Das "dramatische Leben der Kommunistin und Antikommunistin" (S. 7) beginnt 1895 in Leipzig, wo sie als Elfriede Maria Fischer geboren wird. 1897 und 1898 kommen in Wien die beiden Brüder Gerhart und Hanns Eisler zur Welt. Die drei Geschwister gehen in Wien zur Schule, schließen sich der Freideutschen Jugend an und engagieren sich im "Sprechklub sozialistischer Schüler". Seit dem Wintersemester 1914/15 studiert Elfriede Eisler an der Wiener Universität "Pädagogik, Wirtschaftswissenschaften, Philosophie und Psychologie, ohne das Studium abzuschließen" (S. 35) und heiratet 1915 ihren Kommilitonen Paul Friedländer. 1917 wird der Sohn Gerhard Friedländer geboren. 1919 verlässt sie Wien und arbeitet im Parteiapparat der KPD. Sie trennt sich von ihrem Mann und nimmt den Namen Ruth Fischer an. "Sie ergänzte den Geburtsnamen ihrer Mutter um den gegenüber Elfriede weniger 'teutonisch' klingenden Namen Ruth." (S. 74) Gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten Arkadij Maslow arbeitet sie sich bis an die Spitze der Kommunistischen Partei vor. Die Stunde der "Frontfrau der KPD" (S. 132) schlägt nach dem von der Kommunistischen Partei der Sowjetunion initiierten und gescheiterten Putschversuch im Oktober 1923. 1924 wird sie Vorsitzende des Politischen Sekretariats der KPD und Mitglied des Deutschen Reichstags und 1926 mit Maslow zusammen aus dem Politischen Büro der KPD entfernt und aus der Partei ausgeschlossen. Sie flieht 1933 in die USA und arbeitet als Kommunismus-Expertin mit US-Geheimdiensten zusammen. Maslow ist dieser Weg versperrt, der unter ungeklärten Umständen in Kuba stirbt. Ruth Fischer wird 1947 US-Staatsbürgerin und veröffentlicht 1948 ihr Buch "Stalin and German Communism". Zwei Jahre später erscheint die deutsche Fassung. 1956 geht sie zurück nach Europa und lebt bis zu ihrem Tod 1961 in Paris. In seiner Biografie der bemerkenswertesten Frau der internationalen Kommunismus-Geschichte hat Mario Keßler die vielen politischen Wandlungen dieser Frau mit den historischen Ereignissen um sie herum verbunden.
Informationen über den Rezensenten:
Kurt Schilde, Dr. phil., geboren 1947, Studium der Betriebswirtschaft und Soziologie in Berlin, 1994 Promotion in Neuerer Geschichte an der Technischen Universität Berlin zur Jugendopposition gegen den Nationalsozialismus. Forschungen und Publikationen zur Geschichte des Nationalsozialismus und Kommunismus. Wissenschaftlicher Mitarbeiter u.a. am Zentrum für Antisemitismusforschung der Technischen Universität Berlin, an der Universität Siegen und aktuell freier Mitarbeiter der Gedenkstätte Deutscher Widerstand in Berlin.
Bibliografische Angabe
Mario Keßler: Ruth Fischer. Ein Leben mit und gegen Kommunisten (1895-1961) (Zeithistorische Studien, 51), Köln/Weimar/Wien: Böhlau 2013.