Rezension

Bruno Schoch: Die internationale Politik der italienischen Kommunisten

Rezensent: Francesco di Palma

Cover von Bruno Schoch: Die internationale Politik der italienischen Kommunisten. (Studien der Hessischen Stiftung für Friedens- und Konfliktforschung). Frankfurt am Main / New York: Campus Verlag, 1988.

Als das hier besprochene Buch erschien, steckte die einst politisch einflussreichste und mitgliederstärkste KP Westeuropas, der PCI, in der schwersten Krise ihrer Geschichte. Nach dem Tode des langjährigen charismatischen Generalsekretärs Enrico Berlinguer im Juni 1984 hatten die ideologischen Differenzen zwischen den Parteiflügeln an Intensität zugenommen und die Politik des Römer Vorstands lahmgelegt. Im Winter 1991 hörte der PCI formell zu bestehen auf. Schoch führt den Leser in den allmählichen Prozess der politischen Verselbstständigung der italienischen Genossen gegenüber Moskau ab Mitte der 1960er-Jahre ein und arbeitet die Gründe und Hintergründe heraus, welche die Suche nach einem „dritten Weg“ – später „Eurokommunismus“ genannt – zwischen real existierendem Sozialismus und Sozialdemokratie inspirierten und erst möglich machten. Dabei beleuchtet der Autor ausführlich die internen Flügelkämpfe, die im Zuge dieser ideologischen Wende aufkamen und die Innenpolitik der Partei maßgeblich prägten. Mit dem Vorhaben, parlamentarische Demokratie und Kommunismus, das Bekenntnis zum NATO-Bündnis und den Verbleib in der durch die Sowjetunion gesteuerten sozialistischen Weltgemeinschaft miteinander in Einklang zu bringen, verbanden die italienischen „Genossen“ eine grundsätzliche Demokratisierung nationaler und supranationaler Institutionen Westeuropas. Das Scheitern dieses hoch ambitionierten Konzepts leitete gleichsam das politische Ende des PCI während der 1980er-Jahre ein. Schoch konturiert den Prozess überzeugend und bettet ihn in einen gesamteuropäischen Kontext ein. Er macht vor allem zwei sich gegenseitig bedingende Faktoren dafür verantwortlich. Innenpolitisch führte die langjährige Duldung einer Minderheitsregierung unter Federführung der Christdemokraten (Democrazia Cristiana – DC), der sogenannte compromesso storico, zu einer schärferen Opposition radikalerer Parteifunktionäre gegen den Vorstand; die außenpolitische Annäherung etwa an die SPD und die französische Sozialdemokratie um François Mitterand verunsicherte breite Teile der angestammten kommunistischen Wählerschaft allmählich und entfremdete diese von der Parteibasis. Schochs Buch, das durch stilistische Eleganz sowie durch die Fülle an analysierten Quellen besticht, gehört nach wie vor zu den besten Studien über die Außenpolitik des PCI in der späten Phase des Kalten Krieges.

Informationen über den Rezensenten:

Dr. Francesco Di Palma, Historiker, Lehrbeauftragter am Friedrich-Meinecke-Institut der Freien Universität Berlin. Forschungsschwerpunkte: SED/DDR-Geschichte, Sozialismus und Kommunismus in Europa, Jüdische Geschichte, Bürgertumsforschung. Zahlreiche Publikationen u.a. zu den Außenbeziehungen der SED/DDR zu Italien und Frankreich.

Bibliografische Angabe

Bruno Schoch: Die internationale Politik der italienischen Kommunisten, in: Studien der Hessischen Stiftung für Friedens- und Konfliktforschung, Frankfurt am Main / New York: Campus Verlag 1988.