Hugo Huppert: Die angelehnte Tür. Bericht von einer Jugend / Wanduhr im Vordergrund. Stationen eines Lebens / Schach dem Doppelgänger. Anläufe der Reifezeit
Obwohl der österreichische Schriftsteller Hugo Huppert 13 Lyrikbände, fünf Reportagenbücher und eine dreibändige Werkausgabe mit Gedichten, Poemen, ausgewählter Prosa und Publizistik veröffentlicht hat, ist er heute zumeist nur als Nachdichter Wladimir Majakowskis bekannt. Den sowjetischen Revolutionsdichter hatte Huppert im Jahr 1928 kennengelernt, nachdem er – zu Beginn der Weltwirtschaftskrise – in die Sowjetunion emigriert war. Nach Wien sollte er erst 1945 wieder zurückkehren, als Major der Roten Armee im Zuge der Befreiung Österreichs vom Hitlerfaschismus. 1949 rückkommandiert, lebte er bis 1956 gezwungenermaßen in Moskau und Tbilissi.
Hupperts bleibendes Verdienst besteht im kongenialen Nachdichten fremdsprachiger Texte, in seiner „poetischen Treuhänderschaft“ (Martin Reso) für Majakowski, Pasternak, Twardowski und Wosnessenski, wurde doch der „Kontinent sowjetischer Lyrik“ den deutschsprachigen LeserInnen vor allem durch Hugo Huppert erschlossen.
Von 1974 an konzentrierte sich Huppert ganz darauf, seinen Lebensweg als Dichter und politischer Mensch zu erzählen. Zwischen 1976 und 1979 erschienen drei Bände dieses Unternehmens, das von einer Jugend im alten Österreich berichtet, „Stationen eines Lebens“ in der sowjetischen Emigration darstellt und „Anläufe der Reifezeit“ in den Jahren 1939 bis etwa 1956 beschreibt. Seine dreibändige Autobiographie erschien nicht zufällig im Mitteldeutschen Verlag in Halle, denn Huppert wurde im vom Kalten Krieg geprägten Kulturleben Österreichs kaum zur Kenntnis genommen. Große Anerkennung und verlegerische Betreuung fand sein künstlerisches und journalistisches Schaffen hingegen in der DDR.
Für die internationale Kommunismusforschung besteht der Wert von Hupperts Erinnerungen in den detailreichen Schilderungen seiner Begegnungen mit hunderten Persönlichkeiten des politischen und kulturellen Lebens vor allem im sowjetischen Exil und in den Jahren des kulturellen Wiederaufbaus in Wien von 1945 bis 1949. Huppert, der stets kräftig zu polarisieren wusste, geizt in seinem Panorama von Bekanntschaften und Konfrontationen auch nicht mit Emotionen und Aversionen gegenüber vielen Zeitgenossen, die seinen Weg kreuzten. Dies führte zu mitunter vehementen Reaktionen. So musste Huppert beleidigende Aussagen über den Komponisten Marcel Rubin in einer öffentlichen Erklärung zurücknehmen. „Wären alle Angerempelten zum Kadi gelaufen, würde es im Strafbezirksgericht Wien 1 zu einer kommunistischen Massenversammlung gekommen sein“, witzelte Bruno Frei in einer Glosse über Hupperts Memoirenwerk.
Die dreibändige Autobiographie umfasst 1971 Seiten, Lesefaulen sei also der einbändige Auswahlband empfohlen, der 1987 mit dem Titel „Einmal Moskau und zurück“ sowohl im Mitteldeutschen Verlag als auch im Globus-Verlag der KPÖ erschienen ist.
Informationen über den Rezensenten:
Manfred Mugrauer, Mag. phil., wissenschaftlicher Sekretär der Alfred Klahr Gesellschaft (Wien), Mitarbeiter des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstandes (Wien).Veröffentlichungen zur Politikgeschichte und Kulturpolitik der Kommunistischen Partei Österreichs, u. a.: Die Politik der KPÖ in der Provisorischen Regierung Renner. Innsbruck/Wien/Bozen 2006; Hg.: 90 Jahre KPÖ. Studien zur Geschichte der Kommunistischen Partei Österreichs. Wien 2009.
Bibliografische Angabe
Hugo Huppert: Die angelehnte Tür. Bericht von einer Jugend. Halle 1976 ; Wanduhr im Vordergrund. Stationen eines Lebens, Halle 1977; Schach dem Doppelgänger. Anläufe der Reifezeit, Halle, Leipzig: Mitteldeutscher Verlag 1979.