Rezension

Richard Crossmann, Arthur Koestler u.a. (Hrsg): The god that failed, dt. Augabe: Ein Gott, der keiner war

Rezensent: Sebastian Voigt

Buchcover von Arthur Koestler, Richard Crossmann u.a. (Hrsg): The god that failed.

“The value of this book is not that its authors showed themselves outstanding, but that they were typical. It is a truly contemporary book; it shows how at the moment Europeans of this kind regard Communism.” So endet die Rezension in der „New York Times“ vom Januar 1950. Die englische Fassung erschien 1949, die deutsche wurde ein Jahr später unter dem Titel „Ein Gott, der keiner war“ veröffentlicht. Zusammengestellt hat es der Labour Parlamentsabgeordnete Richard Crossmann. Es versammelt Aufsätze von sechs ehemaligen Kommunisten, die ihren Weg zum und ihre Abwendung vom Kommunismus beschreiben: von dem Italiener Iganzio Silone, dem Franzosen André Gide, dem Briten Stephen Spender, den Amerikanern Louis Fischer und Richard Wright sowie dem in Budapest geborenen Arthur Koestler. Die meisten waren Mitglieder der Kommunistischen Partei oder zumindest Sympathisanten, arbeiteten als Journalisten oder waren Funktionäre in der Kommunistischen Internationale. Sie waren geprägt vom sozialen Elend nach der Krise 1929, von rassistischer oder antisemitischer Diskriminierung und dem Erstarken des Faschismus. Alle strebten nach einer Gesellschaft ohne Ausbeutung. Die Emanzipation des Proletariats und die Befreiung aller Individuen im Kommunismus hielten sie für den historischen Fortschritt. In der Sowjetunion erblickten sie die Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Viele ignorierten oder leugneten zunächst die stalinistischen Verbrechen. Insofern repräsentieren sie linke Intellektuelle ihrer Zeit, wie es in der „New York Times“ hieß. Zugleich sind sie aber mehr: begnadete Schriftsteller, die ohne Scheu ihren Weg beschreiben, der sie zu Kommunisten und dann zu Antikommunisten werden ließ. Die Gründe für den Bruch waren die stalinistischen Schauprozesse, der Dogmatismus der KP, die als Ersatzkirche wirkte, oder das Eingeständnis der realen Verhältnisse in der Sowjetunion, die jeder Vorstellung einer befreiten Menschheit Hohn sprachen. Auch wenn das Buch nicht aus dem Kontext des Kalten Krieges und eines omnipräsenten Antikommunismus zu lösen ist, bleibt die Lektüre ein intellektueller Gewinn für jeden, der sich mit dem Kommunismus auseinandersetzt. Die Aufsätze lassen den heutige/n Leser/in verstehen, welche Überzeugungen Intellektuelle bewogen, sich dem Kommunismus zu verschreiben. Außerdem wird die Enttäuschung über den Widerspruch zwischen den hehren Zielen und dem realen Verlauf nachvollziehbar, die den Bruch letztlich unausweichlich machte.

Informationen über den Rezensenten:

Sebastian Voigt, Dr., wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Zeitgeschichte München – Berlin, Fellow am Institut für Soziale Bewegungen und Lehrbeauftragter an der Ruhr-Universität Bochum. Veröffentlichte u.a.: Der jüdische Mai `68. Pierre Goldman, Daniel Cohn-Bendit und André Glucksmann im Nachkriegsfrankreich (2., durchges. Auflage 2016).

Bibliografische Angabe

Richard Crossmann, Arthur Koestler u.a. (Hrsg): The god that failed, New York: Harper 1949. (dt. Augabe: Ein Gott, der keiner war, Wien, u.a.: Europa Verlag 1950.